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Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

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Monde gleicht ihr!<br />

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Zur Verachtung <strong>des</strong> Irdischen hat man euren Geist überredet,<br />

aber nicht eure Eingeweide: die aber sind das Stärkste an euch!<br />

Und nun schämt sich euer Geist, dass er euren Eingeweiden zu<br />

Willen ist <strong>und</strong> geht vor seiner eignen Scham Schleich- <strong>und</strong><br />

Lügenwege.<br />

„Das wäre mir das Höchste — also redet euer verlogner Geist<br />

zu sich — auf das Leben ohne Begierde zu schaun <strong>und</strong> nicht gleich<br />

dem H<strong>und</strong>e mit hängender Zunge:<br />

„Glücklich zu sein im Schauen, mit erstorbenem Willen, ohne<br />

Griff <strong>und</strong> Gier der Selbstsucht — kalt <strong>und</strong> aschgrau am ganzen<br />

Leibe, aber mit trunkenen Mon<strong>des</strong>augen!“<br />

„Das wäre mir das Liebste, — also verführt sich selber der<br />

Verführte — die <strong>Er</strong>de zu lieben, wie der Mond sie liebt, <strong>und</strong><br />

nur mit dem Auge allein ihre Schönheit zu betasten.<br />

„Und das heisse mir aller Dinge unbefleckte <strong>Er</strong>kenntniss,<br />

dass ich von den Dingen Nichts will: ausser dass ich vor<br />

ihnen da liegen darf wie ein Spiegel mit h<strong>und</strong>ert Augen.“ —<br />

Oh, ihr empfindsamen Heuchler, ihr Lüsternen! Euch fehlt die<br />

Unschuld in der Begierde: <strong>und</strong> nun verleumdet ihr drum das<br />

Begehren!<br />

Wahrlich, nicht als Schaffende, Zeugende, Werdelustige liebt<br />

ihr die <strong>Er</strong>de!<br />

Wo ist Unschuld? Wo der Wille zur Zeugung ist. Und wer<br />

über sich hinaus schaffen will, der hat mir den reinsten Willen.<br />

Wo ist Schönheit? Wo ich mit allem Willen wollen muss;<br />

wo ich lieben <strong>und</strong> untergehn will, dass ein Bild nicht nur Bild<br />

bleibe.<br />

Lieben <strong>und</strong> Untergehn: das reimt sich seit Ewigkeiten. Wille<br />

zur Liebe: das ist, willig auch sein zum Tode. Also rede ich zu<br />

euch Feiglingen!<br />

Aber nun will euer entmanntes Schielen „Beschaulichkeit“<br />

heissen! Und was mit feigen Augen sich tasten lässt, soll „schön“<br />

getauft werden! Oh, ihr Beschmutzer edler Namen!<br />

Aber das soll euer Fluch sein, ihr Unbefleckten, ihr<br />

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Rein-<strong>Er</strong>kennenden, dass ihr nie gebären werdet: <strong>und</strong> wenn ihr auch breit<br />

<strong>und</strong> trächtig am Horizonte liegt!<br />

Wahrlich, ihr nehmt den M<strong>und</strong> voll mit edlen Worten: <strong>und</strong><br />

wir sollen glauben, dass euch das Herz übergehe, ihr Lügenbolde?<br />

Aber meine Worte sind geringe, verachtete, krumme<br />

Worte: gerne nehme ich auf, was bei eurer Mahlzeit unter den<br />

Tisch fällt.<br />

Immer noch kann ich mit ihnen — Heuchlern die Wahrheit

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