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Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

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mehr noch dem Lächeln, das an einem Blick erstirbt!<br />

Aber diess Wort will ich zu meinen Feinden reden: was ist<br />

alles <strong>Menschen</strong>-Morden gegen Das, was ihr mir thatet!<br />

Böseres thatet ihr mir, als aller <strong>Menschen</strong>-Mord ist; Unwiederbringliches<br />

nahmt ihr mir: — also rede ich zu euch, meine<br />

Feinde!<br />

Mordetet ihr doch meiner Jugend Gesichte <strong>und</strong> liebste W<strong>und</strong>er!<br />

Meine Gespielen nahmt ihr mir, die seligen Geister! Ihrem<br />

Gedächtnisse lege ich diesen Kranz <strong>und</strong> diesen Fluch nieder.<br />

Diesen Fluch gegen euch, meine Feinde! Machtet ihr doch mein<br />

Ewiges kurz, wie ein Ton zerbricht in kalter Nacht! Kaum als<br />

Aufblinken göttlicher Augen kam es mir nur, — als Augenblick!<br />

Also sprach zur guten St<strong>und</strong>e einst meine Reinheit „göttlich<br />

sollen mir alle Wesen sein.“<br />

Da überfielt ihr mich mit schmutzigen Gespenstern; ach, wohin<br />

floh nun jene gute St<strong>und</strong>e!<br />

„Alle Tage sollen mir heilig sein“ — so redete einst die Weisheit<br />

meiner Jugend: wahrlich, einer fröhlichen Weisheit Rede!<br />

Aber da stahlt ihr Feinde mir meine Nächte <strong>und</strong> verkauftet sie<br />

zu schlafloser Qual: ach, wohin floh nun jene fröhliche Weisheit?<br />

Einst begehrte ich nach glücklichen Vogelzeichen: da führtet<br />

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ihr mir ein Eulen-Unthier über den Weg, ein widriges. Ach, wohin<br />

floh da meine zärtliche Begierde?<br />

Allem Ekel gelobte ich einst zu entsagen: da verwandeltet ihr<br />

meine Nahen <strong>und</strong> Nächsten in Eiterbeulen. Ach, wohin floh da<br />

mein edelstes Gelöbniss?<br />

Als Blinder gieng ich einst selige Wege: da warft ihr Unflath<br />

auf den Weg <strong>des</strong> Blinden: <strong>und</strong> nun ekelte ihn <strong>des</strong> alten Blinden-Fusssteigs.<br />

Und als ich mein Schwerstes that <strong>und</strong> meiner Überwindungen<br />

Sieg feierte: da machtet ihr Die, welche mich liebten, schrein,<br />

ich thue ihnen am wehesten.<br />

Wahrlich, das war immer euer Thun: ihr vergälltet mir meinen<br />

besten Honig <strong>und</strong> den Fleiss meiner besten Bienen.<br />

Meiner Mildthätigkeit sandtet ihr immer die frechsten Bettler<br />

zu; um mein Mitleiden drängtet ihr immer die unheilbar Schamlosen.<br />

So verw<strong>und</strong>etet ihr meine Tugend in ihrem Glauben.<br />

Und legte ich noch mein Heiligstes zum Opfer hin: flugs stellte<br />

eure „Frömmigkeit“ ihre fetteren Gaben dazu: also dass im<br />

Dampfe eures Fettes noch mein Heiligstes erstickte.<br />

Und einst wollte ich tanzen, wie nie ich noch tanzte: über<br />

alle Himmel weg wollte ich tanzen. Da überredetet ihr meinen<br />

liebsten Sänger.<br />

Und nun stimmte er eine schaurige dumpfe Weise an; ach, er<br />

tutete mir, wie ein düsteres Horn, zu Ohren!<br />

Mörderischer Sänger, Werkzeug der Bosheit, Unschuldigster!<br />

Schon stand ich bereit zum besten Tanze: da mordetest du mit<br />

deinen Tönen meine Verzückung!

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