04.11.2013 Aufrufe

Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

gebläht <strong>und</strong> zitternd vor dem Ungestüm <strong>des</strong> Win<strong>des</strong>?<br />

Page Break id='ZaII' KGW='VI-1.131' KSA='4.135'<br />

Dem Segel gleich, zitternd vor dem Ungestüm <strong>des</strong> Geistes,<br />

geht meine Weisheit über das Meer — meine wilde Weisheit!<br />

Aber ihr Diener <strong>des</strong> Volkes, ihr berühmten Weisen, — wie<br />

könntet ihr mit mir gehn! —<br />

Also sprach Zarathustra.<br />

Page Break id='ZaII' KGW='VI-1.132' KSA='4.136'<br />

Aphorism id='ZaII-Text-9' kgw='VI-1.132' ksa='4.136'<br />

Das Nachtlied.<br />

Nacht ist es: nun reden lauter alle springenden Brunnen. Und<br />

auch meine Seele ist ein springender Brunnen.<br />

Nacht ist es: nun erst erwachen alle Lieder der Liebenden. Und<br />

auch meine Seele ist das Lied eines Liebenden.<br />

Ein Ungestilltes, Unstillbares ist in mir; das will laut werden.<br />

Eine Begierde nach Liebe ist in mir, die redet selber die Sprache<br />

der Liebe.<br />

Licht bin ich: ach, dass ich Nacht wäre! Aber diess ist meine<br />

Einsamkeit, dass ich von Licht umgürtet bin.<br />

Ach, dass ich dunkel wäre <strong>und</strong> nächtig! Wie wollte ich an den<br />

Brüsten <strong>des</strong> Lichts saugen!<br />

Und euch selber wollte ich noch segnen, ihr kleinen Funkelsterne<br />

<strong>und</strong> Leuchtwürmer droben! — <strong>und</strong> selig sein ob eurer<br />

Licht-Geschenke.<br />

Aber ich lebe in meinem eignen Lichte, ich trinke die Flammen<br />

in mich zurück, die aus mir brechen.<br />

Ich kenne das Glück <strong>des</strong> Nehmenden nicht; <strong>und</strong> oft träumte<br />

mir davon, dass Stehlen noch seliger sein müsse, als Nehmen.<br />

Das ist meine Armuth, dass meine Hand niemals ausruht vom<br />

Schenken; das ist mein Neid, dass ich wartende Augen sehe <strong>und</strong><br />

die erhellten Nächte der Sehnsucht.<br />

Oh Unseligkeit aller Schenkenden! Oh Verfinsterung meiner<br />

Page Break id='ZaII' KGW='VI-1.133' KSA='4.137'<br />

Sonne! Oh Begierde nach Begehren! Oh Heisshunger in der Sättigung!<br />

Sie nehmen von mir: aber rühre ich noch an ihre Seele? Eine<br />

Kluft ist zwischen Geben <strong>und</strong> Nehmen; <strong>und</strong> die kleinste Kluft<br />

ist am letzten zu überbrücken.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!