Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...
Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ... Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...
gutgefütterten, berühmten Weisen, — die Zugthiere. Immer nämlich ziehen sie, als Esel — des Volkes Karren! Nicht dass ich ihnen darob zürne: aber Dienende bleiben sie mir und Angeschirrte, auch wenn sie von goldnem Geschirre glänzen. Und oft waren sie gute Diener und preiswürdige. Denn so spricht die Tugend „musst du Diener sein, so suche Den, welchem dein Dienst am besten nützt! „Der Geist und die Tugend deines Herrn sollen wachsen, dadurch dass du sein Diener bist: so wächsest du selber mit seinem Geiste und seiner Tugend!“ Und wahrlich, ihr berühmten Weisen, ihr Diener des Volkes! Ihr selber wuchset mit des Volkes Geist und Tugend — und das Volk durch euch! Zu euren Ehren sage ich das! Page Break id='ZaII' KGW='VI-1.130' KSA='4.134' Aber Volk bleibt ihr mir auch noch in euren Tugenden, Volk mit blöden Augen, — Volk, das nicht weiss, was Geist ist! Geist ist das Leben, das selber in's Leben schneidet: an der eignen Qual mehrt es sich das eigne Wissen, — wusstet ihr das schon? Und des Geistes Glück ist diess: gesalbt zu sein und durch Thränen geweiht zum Opferthier, — wusstet ihr das schon? Und die Blindheit des Blinden und sein Suchen und Tappen soll noch von der Macht der Sonne zeugen, in die er schaute, — wusstet ihr das schon? Und mit Bergen soll der Erkennende bauen lernen! Wenig ist es, dass der Geist Berge versetzt, — wusstet ihr das schon? Ihr kennt nur des Geistes Funken: aber ihr seht den Ambos nicht, der er ist, und nicht die Grausamkeit seines Hammers! Wahrlich, ihr kennt des Geistes Stolz nicht! Aber noch weniger würdet ihr des Geistes Bescheidenheit ertragen, wenn sie einmal reden wollte! Und niemals noch durftet ihr euren Geist in eine Grube von Schnee werfen: ihr seid nicht heiss genug dazu! So kennt ihr auch die Entzückungen seiner Kälte nicht. In Allem aber thut ihr mir zu vertraulich mit dem Geiste; und aus der Weisheit machtet ihr oft ein Armen- und Krankenhaus für schlechte Dichter. Ihr seid keine Adler: so erfuhrt ihr auch das Glück im Schrecken des Geistes nicht. Und wer kein Vogel ist, soll sich nicht über Abgründen lagern. Ihr seid mir Laue: aber kalt strömt jede tiefe Erkenntniss. Eiskalt sind die innersten Brunnen des Geistes: ein Labsal heissen Händen und Handelnden. Ehrbar steht ihr mir da und steif und mit geradem Rücken, ihr berühmten Weisen! — euch treibt kein starker Wind und Wille. Saht ihr nie ein Segel über das Meer gehn, geründet und
gebläht und zitternd vor dem Ungestüm des Windes? Page Break id='ZaII' KGW='VI-1.131' KSA='4.135' Dem Segel gleich, zitternd vor dem Ungestüm des Geistes, geht meine Weisheit über das Meer — meine wilde Weisheit! Aber ihr Diener des Volkes, ihr berühmten Weisen, — wie könntet ihr mit mir gehn! — Also sprach Zarathustra. Page Break id='ZaII' KGW='VI-1.132' KSA='4.136' Aphorism id='ZaII-Text-9' kgw='VI-1.132' ksa='4.136' Das Nachtlied. Nacht ist es: nun reden lauter alle springenden Brunnen. Und auch meine Seele ist ein springender Brunnen. Nacht ist es: nun erst erwachen alle Lieder der Liebenden. Und auch meine Seele ist das Lied eines Liebenden. Ein Ungestilltes, Unstillbares ist in mir; das will laut werden. Eine Begierde nach Liebe ist in mir, die redet selber die Sprache der Liebe. Licht bin ich: ach, dass ich Nacht wäre! Aber diess ist meine Einsamkeit, dass ich von Licht umgürtet bin. Ach, dass ich dunkel wäre und nächtig! Wie wollte ich an den Brüsten des Lichts saugen! Und euch selber wollte ich noch segnen, ihr kleinen Funkelsterne und Leuchtwürmer droben! — und selig sein ob eurer Licht-Geschenke. Aber ich lebe in meinem eignen Lichte, ich trinke die Flammen in mich zurück, die aus mir brechen. Ich kenne das Glück des Nehmenden nicht; und oft träumte mir davon, dass Stehlen noch seliger sein müsse, als Nehmen. Das ist meine Armuth, dass meine Hand niemals ausruht vom Schenken; das ist mein Neid, dass ich wartende Augen sehe und die erhellten Nächte der Sehnsucht. Oh Unseligkeit aller Schenkenden! Oh Verfinsterung meiner Page Break id='ZaII' KGW='VI-1.133' KSA='4.137' Sonne! Oh Begierde nach Begehren! Oh Heisshunger in der Sättigung! Sie nehmen von mir: aber rühre ich noch an ihre Seele? Eine Kluft ist zwischen Geben und Nehmen; und die kleinste Kluft ist am letzten zu überbrücken.
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gutgefütterten, berühmten Weisen, — die Zugthiere.<br />
Immer nämlich ziehen sie, als Esel — <strong>des</strong> Volkes Karren!<br />
Nicht dass ich ihnen darob zürne: aber Dienende bleiben sie<br />
mir <strong>und</strong> Angeschirrte, auch wenn sie von goldnem Geschirre<br />
glänzen.<br />
Und oft waren sie gute Diener <strong>und</strong> preiswürdige. Denn so<br />
spricht die Tugend „musst du Diener sein, so suche Den, welchem<br />
dein Dienst am besten nützt!<br />
„Der Geist <strong>und</strong> die Tugend deines Herrn sollen wachsen, dadurch<br />
dass du sein Diener bist: so wächsest du selber mit seinem<br />
Geiste <strong>und</strong> seiner Tugend!“<br />
Und wahrlich, ihr berühmten Weisen, ihr Diener <strong>des</strong> Volkes!<br />
Ihr selber wuchset mit <strong>des</strong> Volkes Geist <strong>und</strong> Tugend — <strong>und</strong> das<br />
Volk durch euch! Zu euren Ehren sage ich das!<br />
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Aber Volk bleibt ihr mir auch noch in euren Tugenden, Volk<br />
mit blöden Augen, — Volk, das nicht weiss, was Geist ist!<br />
Geist ist das Leben, das selber in's Leben schneidet: an der<br />
eignen Qual mehrt es sich das eigne Wissen, — wusstet ihr das<br />
schon?<br />
Und <strong>des</strong> Geistes Glück ist diess: gesalbt zu sein <strong>und</strong> durch<br />
Thränen geweiht zum Opferthier, — wusstet ihr das schon?<br />
Und die Blindheit <strong>des</strong> Blinden <strong>und</strong> sein Suchen <strong>und</strong> Tappen<br />
soll noch von der Macht der Sonne zeugen, in die er schaute, —<br />
wusstet ihr das schon?<br />
Und mit Bergen soll der <strong>Er</strong>kennende bauen lernen! Wenig<br />
ist es, dass der Geist Berge versetzt, — wusstet ihr das schon?<br />
Ihr kennt nur <strong>des</strong> Geistes Funken: aber ihr seht den Ambos<br />
nicht, der er ist, <strong>und</strong> nicht die Grausamkeit seines Hammers!<br />
Wahrlich, ihr kennt <strong>des</strong> Geistes Stolz nicht! Aber noch weniger<br />
würdet ihr <strong>des</strong> Geistes Bescheidenheit ertragen, wenn sie<br />
einmal reden wollte!<br />
Und niemals noch durftet ihr euren Geist in eine Grube von<br />
Schnee werfen: ihr seid nicht heiss genug dazu! So kennt ihr auch<br />
die Entzückungen seiner Kälte nicht.<br />
In Allem aber thut ihr mir zu vertraulich mit dem Geiste; <strong>und</strong><br />
aus der Weisheit machtet ihr oft ein Armen- <strong>und</strong> Krankenhaus<br />
für schlechte Dichter.<br />
Ihr seid keine Adler: so erfuhrt ihr auch das Glück im Schrecken<br />
<strong>des</strong> Geistes nicht. Und wer kein Vogel ist, soll sich nicht über<br />
Abgründen lagern.<br />
Ihr seid mir Laue: aber kalt strömt jede tiefe <strong>Er</strong>kenntniss. Eiskalt<br />
sind die innersten Brunnen <strong>des</strong> Geistes: ein Labsal heissen<br />
Händen <strong>und</strong> Handelnden.<br />
Ehrbar steht ihr mir da <strong>und</strong> steif <strong>und</strong> mit geradem Rücken,<br />
ihr berühmten Weisen! — euch treibt kein starker Wind <strong>und</strong><br />
Wille.<br />
Saht ihr nie ein Segel über das Meer gehn, geründet <strong>und</strong>