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Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

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Aber Blut ist der schlechteste Zeuge der Wahrheit; Blut vergiftet<br />

die reinste Lehre noch zu Wahn <strong>und</strong> Hass der Herzen.<br />

Und wenn Einer durch's Feuer geht für seine Lehre, — was<br />

beweist diess! Mehr ist's wahrlich, dass aus eignem Brande die<br />

eigne Lehre kommt!<br />

Schwüles Herz <strong>und</strong> kalter Kopf: wo diess zusammentrifft, da<br />

entsteht der Brausewind, der „<strong>Er</strong>löser“.<br />

Grössere gab es wahrlich <strong>und</strong> Höher-Geborene, als Die, welche<br />

das Volk <strong>Er</strong>löser nennt, diese hinreissenden Brausewinde!<br />

Und noch von Grösseren, als alle <strong>Er</strong>löser waren, müsst ihr, meine<br />

Brüder, erlöst werden, wollt ihr zur Freiheit den Weg finden!<br />

Niemals noch gab es einen Übermenschen. Nackt sah ich Beide,<br />

den grössten <strong>und</strong> den kleinsten <strong>Menschen</strong>: —<br />

Allzuähnlich sind sie noch einander. Wahrlich, auch den Grössten<br />

fand ich — allzumenschlich!<br />

Also sprach Zarathustra.<br />

Page Break id='ZaII' KGW='VI-1.116' KSA='4.120'<br />

Aphorism id='ZaII-Text-5' kgw='VI-1.116' ksa='4.120'<br />

Von den Tugendhaften.<br />

Mit Donnern <strong>und</strong> himmlischen Feuerwerken muss man zu<br />

schlaffen <strong>und</strong> schlafenden Sinnen reden.<br />

Aber der Schönheit Stimme redet leise: sie schleicht sich nur<br />

in die aufgewecktesten Seelen.<br />

Leise erbebte <strong>und</strong> lachte mir heut mein Schild; das ist der<br />

Schönheit heiliges Lachen <strong>und</strong> Beben.<br />

Über euch, ihr Tugendhaften, lachte heut meine Schönheit.<br />

Und also kam ihre Stimme zu mir „sie wollen noch — bezahlt<br />

sein!“<br />

Ihr wollt noch bezahlt sein, ihr Tugendhaften! Wollt Lohn für<br />

Tugend <strong>und</strong> Himmel für <strong>Er</strong>den <strong>und</strong> Ewiges für euer Heute<br />

haben?<br />

Und nun zürnt ihr mir, dass ich lehre, es giebt keinen Lohn- <strong>und</strong><br />

Zahlmeister? Und wahrlich, ich lehre nicht einmal, dass Tugend<br />

ihr eigener Lohn ist.<br />

Ach, das ist meine Trauer: in den Gr<strong>und</strong> der Dinge hat man<br />

Lohn <strong>und</strong> Strafe hineingelogen — <strong>und</strong> nun auch noch in den<br />

Gr<strong>und</strong> eurer Seelen, ihr Tugendhaften!<br />

Aber dem Rüssel <strong>des</strong> Ebers gleich soll mein Wort den Gr<strong>und</strong><br />

eurer Seelen aufreissen; Pflugschar will ich euch heissen.<br />

Alle Heimlichkeiten eures Grun<strong>des</strong> sollen an's Licht; <strong>und</strong><br />

wenn ihr aufgewühlt <strong>und</strong> zerbrochen in der Sonne liegt, wird<br />

auch eure Lüge von eurer Wahrheit ausgeschieden sein.

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