Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...
Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ... Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...
die nicht um Freundschaft zu bitten wagt. Will man einen Freund haben, so muss man auch für ihn Krieg führen wollen: und um Krieg zu führen, muss man Feind sein können. Man soll in seinem Freunde noch den Feind ehren. Kannst du an deinen Freund dicht herantreten, ohne zu ihm überzutreten? In seinem Freunde soll man seinen besten Feind haben. Du Page Break id='ZaI' KGW='VI-1.68' KSA='4.72' sollst ihm am nächsten mit dem Herzen sein, wenn du ihm widerstrebst. Du willst vor deinem Freunde kein Kleid tragen? Es soll deines Freundes Ehre sein, dass du dich ihm giebst, wie du bist? Aber er wünscht dich darum zum Teufel! Wer aus sich kein Hehl macht, empört: so sehr habt ihr Grund, die Nacktheit zu fürchten! Ja, wenn ihr Götter wäret, da dürftet ihr euch eurer Kleider schämen! Du kannst dich für deinen Freund nicht schön genug putzen: denn du sollst ihm ein Pfeil und eine Sehnsucht nach dem Übermenschen sein. Sahst du deinen Freund schon schlafen, — damit du erfahrest, wie er aussieht? Was ist doch sonst das Gesicht deines Freundes? Es ist dein eignes Gesicht, auf einem rauhen und unvollkommnen Spiegel. Sahst du deinen Freund schon schlafen? Erschrakst du nicht, dass dein Freund so aussieht? Oh, mein Freund, der Mensch ist Etwas, das überwunden werden muss. Im Errathen und Stillschweigen soll der Freund Meister sein: nicht Alles musst du sehn wollen. Dein Traum soll dir verrathen, was dein Freund im Wachen thut. Ein Errathen sei dein Mitleiden: dass du erst wissest, ob dein Freund Mitleiden wolle. Vielleicht liebt er an dir das ungebrochne Auge und den Blick der Ewigkeit. Das Mitleiden mit dem Freunde berge sich unter einer harten Schale, an ihm sollst du dir einen Zahn ausbeissen. So wird, es seine Feinheit und Süsse haben. Bist du reine Luft und Einsamkeit und Brod und Arznei deinem Freunde? Mancher kann seine eignen Ketten nicht lösen und doch ist er dem Freunde ein Erlöser. Bist du ein Sclave? So kannst du nicht Freund sein. Bist du ein Tyrann? So kannst du nicht Freunde haben. Allzulange war im Weibe ein Sclave und ein Tyrann versteckt. Page Break id='ZaI' KGW='VI-1.69' KSA='4.73' Desshalb ist das Weib noch nicht der Freundschaft fähig: es kennt nur die Liebe. In der Liebe des Weibes ist Ungerechtigkeit und Blindheit gegen Alles, was es nicht liebt. Und auch in der wissenden Liebe des
Weibes ist immer noch Überfall und Blitz und Nacht neben dem Lichte. Noch ist das Weib nicht der Freundschaft fähig: Katzen sind immer noch die Weiber, und Vögel. Oder, besten Falles, Kühe. Noch ist das Weib nicht der Freundschaft fähig. Aber sagt mir, ihr Männer, wer von euch ist denn fähig der Freundschaft? Oh über eure Armuth, ihr Männer, und euren Geiz der Seele! Wie viel ihr dem Freunde gebt, das will ich noch meinem Feinde geben, und will auch nicht ärmer damit geworden sein. Es giebt Kameradschaft: möge es Freundschaft geben! Also sprach Zarathustra. Page Break id='ZaI' KGW='VI-1.70' KSA='4.74' Aphorism id='ZaI-Text-15' kgw='VI-1.70' ksa='4.74' Von tausend und Einem Ziele. Viele Länder sah Zarathustra und viele Völker: so entdeckte er vieler Völker Gutes und Böses. Keine grössere Macht fand Zarathustra auf Erden, als gut und böse. Leben könnte kein Volk, das nicht erst schätzte; will es sich aber erhalten, so darf es nicht schätzen, wie der Nachbar schätzt. Vieles, das diesem Volke gut hiess, hiess einem andern Hohn und Schmach: also fand ich's. Vieles fand ich hier böse genannt und dort mit purpurnen Ehren geputzt. Nie verstand ein Nachbar den andern: stets verwunderte sich seine Seele ob des Nachbarn Wahn und Bosheit. Eine Tafel der Güter hängt über jedem Volke. Siehe, es ist seiner Überwindungen Tafel; siehe, es ist die Stimme seines Willens zur Macht. Löblich ist, was ihm schwer gilt; was unerlässlich und schwer, heisst gut, und was aus der höchsten Noth noch befreit, das Seltene, Schwerste, — das preist es heilig. Was da macht, dass es herrscht und siegt und glänzt, seinem Nachbarn zu Grauen und Neide: das gilt ihm das Hohe, das Erste, das Messende, der Sinn aller Dinge. Wahrlich, mein Bruder, erkanntest du erst eines Volkes Noth und Land und Himmel und Nachbar: so erräthst du wohl das Gesetz seiner Überwindungen und warum es auf dieser Leiter zu seiner Hoffnung steigt. Page Break id='ZaI' KGW='VI-1.71' KSA='4.75' „Immer sollst du der Erste sein und den Andern vorragen: Niemanden soll deine eifersüchtige Seele lieben, es sei denn den
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Weibes ist immer noch Überfall <strong>und</strong> Blitz <strong>und</strong> Nacht neben dem<br />
Lichte.<br />
Noch ist das Weib nicht der Fre<strong>und</strong>schaft fähig: Katzen sind<br />
immer noch die Weiber, <strong>und</strong> Vögel. Oder, besten Falles, Kühe.<br />
Noch ist das Weib nicht der Fre<strong>und</strong>schaft fähig. Aber sagt mir,<br />
ihr Männer, wer von euch ist denn fähig der Fre<strong>und</strong>schaft?<br />
Oh über eure Armuth, ihr Männer, <strong>und</strong> euren Geiz der Seele!<br />
Wie viel ihr dem Fre<strong>und</strong>e gebt, das will ich noch meinem Feinde<br />
geben, <strong>und</strong> will auch nicht ärmer damit geworden sein.<br />
Es giebt Kameradschaft: möge es Fre<strong>und</strong>schaft geben!<br />
Also sprach Zarathustra.<br />
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Aphorism id='ZaI-Text-15' kgw='VI-1.<strong>70</strong>' ksa='4.74'<br />
Von tausend <strong>und</strong> Einem Ziele.<br />
Viele Länder sah Zarathustra <strong>und</strong> viele Völker: so entdeckte<br />
er vieler Völker Gutes <strong>und</strong> Böses. Keine grössere Macht fand<br />
Zarathustra auf <strong>Er</strong>den, als gut <strong>und</strong> böse.<br />
Leben könnte kein Volk, das nicht erst schätzte; will es sich<br />
aber erhalten, so darf es nicht schätzen, wie der Nachbar schätzt.<br />
Vieles, das diesem Volke gut hiess, hiess einem andern Hohn<br />
<strong>und</strong> Schmach: also fand ich's. Vieles fand ich hier böse genannt<br />
<strong>und</strong> dort mit purpurnen Ehren geputzt.<br />
Nie verstand ein Nachbar den andern: stets verw<strong>und</strong>erte sich<br />
seine Seele ob <strong>des</strong> Nachbarn Wahn <strong>und</strong> Bosheit.<br />
Eine Tafel der Güter hängt über jedem Volke. Siehe, es ist seiner<br />
Überwindungen Tafel; siehe, es ist die Stimme seines Willens<br />
zur Macht.<br />
Löblich ist, was ihm schwer gilt; was unerlässlich <strong>und</strong> schwer,<br />
heisst gut, <strong>und</strong> was aus der höchsten Noth noch befreit, das Seltene,<br />
Schwerste, — das preist es heilig.<br />
Was da macht, dass es herrscht <strong>und</strong> siegt <strong>und</strong> glänzt, seinem<br />
Nachbarn zu Grauen <strong>und</strong> Neide: das gilt ihm das Hohe, das<br />
<strong>Er</strong>ste, das Messende, der Sinn aller Dinge.<br />
Wahrlich, mein Bruder, erkanntest du erst eines Volkes Noth<br />
<strong>und</strong> Land <strong>und</strong> Himmel <strong>und</strong> Nachbar: so erräthst du wohl das<br />
Gesetz seiner Überwindungen <strong>und</strong> warum es auf dieser Leiter zu<br />
seiner Hoffnung steigt.<br />
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„Immer sollst du der <strong>Er</strong>ste sein <strong>und</strong> den Andern vorragen:<br />
Niemanden soll deine eifersüchtige Seele lieben, es sei denn den