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Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

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eignen Augen sehn!<br />

„Sie sind Alle wieder fromm geworden, sie beten, sie<br />

sind toll!“ — sprach er <strong>und</strong> verw<strong>und</strong>erte sich über die Maassen.<br />

Und, fürwahr!, alle diese höheren <strong>Menschen</strong>, die zwei Könige,<br />

der Papst ausser Dienst, der schlimme Zauberer, der freiwillige<br />

Bettler, der Wanderer <strong>und</strong> Schatten, der alte Wahrsager, der<br />

Gewissenhafte <strong>des</strong> Geistes <strong>und</strong> der hässlichste Mensch: sie lagen<br />

Alle gleich Kindern <strong>und</strong> gläubigen alten Weibchen auf den<br />

Knien <strong>und</strong> beteten den Esel an. Und eben begann der hässlichste<br />

Mensch zu gurgeln <strong>und</strong> zu schnauben, wie als ob <strong>etwas</strong> Unaussprechliches<br />

aus ihm heraus wolle; als er es aber wirklich bis zu<br />

Worten gebracht hatte, siehe, da war es eine fromme seltsame<br />

Litanei zur Lobpreisung <strong>des</strong> angebeteten <strong>und</strong> angeräucherten<br />

Esels. Diese Litanei aber klang also:<br />

Amen! Und Lob <strong>und</strong> Ehre <strong>und</strong> Weisheit <strong>und</strong> Dank <strong>und</strong><br />

Preis <strong>und</strong> Stärke sei unserm Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit!<br />

— Der Esel aber schrie dazu I-A.<br />

<strong>Er</strong> trägt unsre Last, er nahm Knechtsgestalt an, er ist<br />

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geduldsam von Herzen <strong>und</strong> redet niemals Nein; <strong>und</strong> wer seinen<br />

Gott liebt, der züchtigt ihn.<br />

— Der Esel aber schrie dazu I-A.<br />

<strong>Er</strong> redet nicht: es sei denn, dass er zur Welt, die er schuf,<br />

immer Ja sagt: also preist er seine Welt. Seine Schlauheit ist es,<br />

die nicht redet: so bekömmt er selten Unrecht.<br />

— Der Esel aber schrie dazu I-A.<br />

Unscheinbar geht er durch die Welt. Grau ist die Leib-Farbe,<br />

in welche er seine Tugend hüllt. Hat er Geist, so verbirgt<br />

er ihn; Jedermann aber glaubt an seine langen Ohren.<br />

— Der Esel aber schrie dazu I-A.<br />

Welche verborgene Weisheit ist das, dass er lange Ohren<br />

trägt <strong>und</strong> allein Ja <strong>und</strong> nimmer Nein sagt! Hat er nicht die<br />

Welt erschaffen nach seinem Bilde, nämlich so dumm als möglich?<br />

— Der Esel aber schrie dazu I-A.<br />

Du gehst gerade <strong>und</strong> krumme Wege; es kümmert dich wenig,<br />

was uns <strong>Menschen</strong> gerade oder krumm dünkt. Jenseits von Gut<br />

<strong>und</strong> Böse ist dein Reich. Es ist deine Unschuld, nicht zu wissen,<br />

was Unschuld ist.<br />

— Der Esel aber schrie dazu I-A.<br />

Siehe doch, wie du Niemanden von dir stössest, die Bettler<br />

nicht, noch die Könige. Die Kindlein lässest du zu dir kommen,<br />

<strong>und</strong> wenn dich die bösen Buben locken, so sprichst du einfältiglich<br />

I-A.<br />

— Der Esel aber schrie dazu I-A.<br />

Du liebst Eselinnen <strong>und</strong> frische Feigen, du bist kein Kostverächter.<br />

Eine Distel kitzelt dir das Herz, wenn du gerade

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