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Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

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mich! Aber wo sind meine Thiere? Heran, heran, mein Adler <strong>und</strong><br />

meine Schlange!<br />

Sagt mir doch, meine Thiere: diese höheren <strong>Menschen</strong> insgesammt<br />

—riechen sie vielleicht nicht gut? Oh reine Gerüche<br />

um mich! Jetzo weiss <strong>und</strong> fühle ich erst, wie ich euch, meine<br />

Thiere, liebe.“<br />

— Und Zarathustra sprach nochmals: „ich liebe euch, meine<br />

Thiere!“ Der Adler aber <strong>und</strong> die Schlange drängten sich an ihn,<br />

als er diese Worte sprach, <strong>und</strong> sahen zu ihm hinauf. Solchergestalt<br />

waren sie zu drei still beisammen <strong>und</strong> schnüffelten <strong>und</strong><br />

schlürften mit einander die gute Luft. Denn die Luft war hier<br />

draussen besser als bei den höheren <strong>Menschen</strong>.<br />

Page Break id='ZaIV' KGW='VI-1.366' KSA='4.3<strong>70</strong>'<br />

2.<br />

Kaum aber hatte Zarathustra seine Höhle verlassen, da erhob<br />

sich der alte Zauberer, sah listig umher <strong>und</strong> sprach: „<strong>Er</strong> ist<br />

hinaus!<br />

Und schon, ihr höheren <strong>Menschen</strong> — dass ich euch mit diesem<br />

Lob- <strong>und</strong> Schmeichel-Namen kitzle, gleich ihm selber —<br />

schon fällt mich mein schlimmer Trug- <strong>und</strong> Zaubergeist an,<br />

mein schwermüthiger Teufel,<br />

— welcher diesem Zarathustra ein Widersacher ist aus<br />

dem Gr<strong>und</strong>e: vergebt es ihm! Nun will er vor euch zaubern,<br />

er hat gerade seine St<strong>und</strong>e; umsonst ringe ich mit diesem<br />

bösen Geiste.<br />

Euch Allen, welche Ehren ihr euch mit Worten geben mögt,<br />

ob ihr euch „die freien Geister“ nennt oder „die Wahrhaftigen“<br />

oder „die Büsser <strong>des</strong> Geistes“ oder „die Entfesselten“ oder „die<br />

grossen Sehnsüchtigen“ —<br />

— euch Allen, die ihr am grossen Ekel leidet gleich<br />

mir, denen der alte Gott starb <strong>und</strong> noch kein neuer Gott in<br />

Wiegen <strong>und</strong> Windeln liegt, — euch Allen ist mein böser Geist<br />

<strong>und</strong> Zauber-Teufel hold.<br />

Ich kenne euch, ihr höheren <strong>Menschen</strong>, ich kenne ihn, — ich<br />

kenne auch diesen Unhold, den ich wider Willen liebe, diesen<br />

Zarathustra: er selber dünkt mich öfter gleich einer schönen<br />

Heiligen-Larve,<br />

— gleich einem neuen w<strong>und</strong>erlichen Mummenschanze, in<br />

dem sich mein böser Geist, der schwermüthige Teufel, gefällt:<br />

— ich liebe Zarathustra, so dünkt mich oft, um meines bösen<br />

Geistes Willen. —<br />

Aber schon fällt der mich an <strong>und</strong> zwingt mich, dieser<br />

Geist der Schwermuth, dieser Abend-Dämmerungs-Teufel: <strong>und</strong>,<br />

wahrlich, ihr höheren <strong>Menschen</strong>, es gelüstet ihn —<br />

— macht nur die Augen auf! — es gelüstet ihn, nackt zu<br />

kommen, ob männlich, ob weiblich, noch weiss ich's nicht: aber<br />

er kommt, er zwingt mich, wehe! macht eure Sinne auf!

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