04.11.2013 Aufrufe

Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

w<strong>und</strong>erten. Zarathustra aber sah ihm immer mit Lächeln in's<br />

Gesicht, als er so hart redete, <strong>und</strong> schüttelte dazu schweigend<br />

den Kopf.<br />

„Du thust dir Gewalt an, du Berg-Prediger, wenn du solche<br />

harte Worte brauchst. Für solche Härte wuchs dir nicht der<br />

M<strong>und</strong>, nicht das Auge.<br />

Auch, wie mich dünkt, dein Magen selber nicht: dem<br />

widersteht all solches Zürnen <strong>und</strong> Hassen <strong>und</strong> Überschäumen.<br />

Dein Magen will sanftere Dinge: du bist kein Fleischer.<br />

Vielmehr dünkst du mich ein Pflanzler <strong>und</strong> Wurzelmann.<br />

Vielleicht malmst du Körner. Sicherlich aber bist du fleischlichen<br />

Freuden abhold <strong>und</strong> liebst den Honig.“<br />

„Du erriethst mich gut, antwortete der freiwillige Bettler,<br />

mit erleichtertem Herzen. Ich liebe den Honig, ich malme auch<br />

Körner, denn ich suchte, was lieblich m<strong>und</strong>et <strong>und</strong> reinen Athem<br />

macht:<br />

— auch was lange Zeit braucht, ein Tag- <strong>und</strong> Maul-Werk<br />

für sanfte Müssiggänger <strong>und</strong> Tagediebe.<br />

Am weitesten freilich brachten es diese Kühe: die erfanden<br />

Page Break id='ZaIV' KGW='VI-1.333' KSA='4.337'<br />

sich das Wiederkäuen <strong>und</strong> In-der-Sonne-Liegen. Auch enthalten<br />

sie sich aller schweren Gedanken, welche das Herz blähn.“<br />

— „Wohlan! sagte Zarathustra: du solltest auch meine<br />

Thiere sehn, meinen Adler <strong>und</strong> meine Schlange, — ihres Gleichen<br />

giebt es heute nicht auf <strong>Er</strong>den.<br />

Siehe, dorthin führt der Weg zu meiner Höhle: sei diese<br />

Nacht ihr Gast. Und rede mit meinen Thieren vom Glück der<br />

Thiere, —<br />

— bis ich selber heimkomme. Denn jetzt ruft ein Nothschrei<br />

mich eilig weg von dir. Auch fin<strong>des</strong>t du neuen Honig bei mir,<br />

eisfrischen Waben-Goldhonig: den iss!<br />

Jetzt aber nimm flugs Abschied von deinen Kühen, du<br />

W<strong>und</strong>erlicher! Lieblicher! ob es dir schon schwer werden mag.<br />

Denn es sind deine wärmsten Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Lehrmeister!“ —<br />

„— Einen ausgenommen, den ich noch lieber habe, antwortete<br />

der freiwillige Bettler. Du selber bist gut <strong>und</strong> besser noch<br />

als eine Kuh, oh Zarathustra!“<br />

„Fort, fort mit dir! du arger Schmeichler! schrie Zarathustra<br />

mit Bosheit, was verdirbst du mich mit solchem Lob <strong>und</strong><br />

Schmeichel-Honig?“<br />

„Fort, fort von mir!“ schrie er noch Ein Mal <strong>und</strong> schwang<br />

seinen Stock nach dem zärtlichen Bettler: der aber lief hurtig<br />

davon.<br />

Page Break id='ZaIV' KGW='VI-1.334' KSA='4.338'

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!