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Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

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an Höfen? Und der Könige ganze Tugend, die ihnen übrig blieb,<br />

— heisst sie heute nicht: Warten-können?“<br />

Also sprach Zarathustra.<br />

Page Break id='ZaIV' KGW='VI-1.305' KSA='4.309'<br />

Aphorism id='ZaIV-Text-4' kgw='VI-1.305' ksa='4.309'<br />

Der Blutegel.<br />

Und Zarathustra gieng nachdenklich weiter <strong>und</strong> tiefer, durch<br />

Wälder <strong>und</strong> vorbei an moorigen Gründen; wie es aber Jedem<br />

ergeht, der über schwere Dinge nachdenkt, so trat er unversehens<br />

dabei auf einen <strong>Menschen</strong>. Und siehe, da sprützten ihm mit<br />

Einem Male ein Weheschrei <strong>und</strong> zwei Flüche <strong>und</strong> zwanzig<br />

schlimme Schimpfworte in's Gesicht: also dass er in seinem<br />

Schrecken den Stock erhob <strong>und</strong> auch auf den Getretenen noch<br />

zuschlug. Gleich darauf aber kam ihm die Besinnung; <strong>und</strong> sein<br />

Herz lachte über die Thorheit, die er eben gethan hatte.<br />

„Vergieb, sagte er zu dem Getretenen, der sich grimmig erhoben<br />

<strong>und</strong> gesetzt hatte, vergieb <strong>und</strong> vernimm vor Allem erst<br />

ein Gleichniss.<br />

Wie ein Wanderer, der von fernen Dingen träumt, unversehens<br />

auf einsamer Strasse einen schlafenden H<strong>und</strong> anstösst,<br />

einen H<strong>und</strong>, der in der Sonne liegt:<br />

— wie da Beide auffahren, sich anfahren, Todfeinden<br />

gleich, diese zwei zu Tod <strong>Er</strong>schrockenen: also ergieng es uns.<br />

Und doch! Und doch — wie wenig hat gefehlt, dass sie einander<br />

liebkosten, dieser H<strong>und</strong> <strong>und</strong> dieser Einsame! Sind sie doch<br />

Beide— Einsame!“<br />

— „Wer du auch sein magst, sagte immer noch grimmig der<br />

Getretene, du trittst mir auch mit deinem Gleichniss zu nahe,<br />

<strong>und</strong> nicht nur mit deinem Fusse!<br />

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Siehe doch, bin ich denn ein H<strong>und</strong>?“ — <strong>und</strong> dabei erhob<br />

sich der Sitzende <strong>und</strong> zog seinen nackten Arm aus dem Sumpfe.<br />

Zuerst nämlich hatte er ausgestreckt am Boden gelegen, verborgen<br />

<strong>und</strong> unkenntlich gleich Solchen, die einem Sumpf-Wilde auflauern.<br />

„Aber was treibst du doch!“ rief Zarathustra erschreckt, denn<br />

er sahe, dass über den nackten Arm weg viel Blut floss, — was<br />

ist dir zugestossen? Biss dich, du Unseliger, ein schlimmes<br />

Thier?

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