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Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

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Dem Gesindel giengen wir aus dem Wege, allen diesen<br />

Schreihälsen <strong>und</strong> Schreib-Schmeissniegen, dem Krämer-Gestank,<br />

dem Ehrgeiz-Gezappel, dem üblen Athem —: pfui, unter dem<br />

Gesindel leben,<br />

— pfui, unter dem Gesindel die <strong>Er</strong>sten zu bedeuten! Ach,<br />

Ekel! Ekel! Ekel! Was liegt noch an uns Königen!“ —<br />

„Deine alte Krankheit fällt dich an, sagte hier der König<br />

zur Linken, der Ekel fällt dich an, mein armer Bruder. Aber du<br />

weisst es doch, es hört uns Einer zu.“<br />

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Sofort erhob sich Zarathustra, der zu diesen Reden Ohren<br />

<strong>und</strong> Augen aufgesperrt hatte, aus seinem Schlupfwinkel, trat<br />

auf die Könige zu <strong>und</strong> begann:<br />

„Der Euch zuhört, der Euch gerne zuhört, ihr Könige, der<br />

heisst Zarathustra.<br />

Ich bin Zarathustra, der einst sprach: „Was liegt noch an<br />

Königen!“ Vergebt mir, ich freute mich, als Ihr zu einander sagtet:<br />

„Was liegt an uns Königen!“<br />

Hier aber ist mein Reich <strong>und</strong> meine Herrschaft: was<br />

mögt Ihr wohl in meinem Reiche suchen? Vielleicht aber fandet<br />

Ihr unterwegs, was ich suche: nämlich den höheren<br />

<strong>Menschen</strong>.“<br />

Als Diess die Könige hörten, schlugen sie sich an die Brust<br />

<strong>und</strong> sprachen mit Einem M<strong>und</strong>e: „Wir sind erkannt!<br />

Mit dem Schwerte dieses Wortes zerhaust du unsres Herzens<br />

dickste Finsterniss. Du entdecktest unsre Noth, denn siehe! Wir<br />

sind unterwegs, dass wir den höheren <strong>Menschen</strong> fänden —<br />

— den <strong>Menschen</strong>, der höher ist als wir: ob wir gleich Könige<br />

sind. Ihm führen wir diesen Esel zu. Der höchste Mensch<br />

nämlich soll auf <strong>Er</strong>den auch der höchste Herr sein.<br />

Es giebt kein härteres Unglück in allem <strong>Menschen</strong>-Schicksale,<br />

als wenn die Mächtigen der <strong>Er</strong>de nicht auch die ersten <strong>Menschen</strong><br />

sind. Da wird Alles falsch <strong>und</strong> schief <strong>und</strong> ungeheuer.<br />

Und wenn sie gar die letzten sind <strong>und</strong> mehr Vieh als<br />

Mensch: da steigt <strong>und</strong> steigt der Pöbel im Preise, <strong>und</strong> endlich<br />

spricht gar die Pöbel-Tugend „siehe, ich allein hin Tugend!“ —<br />

Was hörte ich eben? antwortete Zarathustra; welche Weisheit<br />

bei Königen! Ich bin entzückt, <strong>und</strong>, wahrlich, schon gelüstet's<br />

mich, einen Reim darauf zu machen: —<br />

— mag es auch ein Keim werden, der nicht für Jedermanns<br />

Ohren taugt. Ich verlernte seit langem schon die Rücksicht auf<br />

lange Ohren. Wohlan! Wohlauf!<br />

(Hier aber geschah es, dass auch der Esel zu Worte kam: er<br />

sagte aber deutlich <strong>und</strong> mit bösem Willen I-A.)<br />

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