04.11.2013 Aufrufe

Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

wild <strong>und</strong> fremd sein wirst:<br />

„—wild <strong>und</strong> fremd auch noch, wenn sie dich lieben: denn<br />

zuerst von Allem wollen sie geschont sein!<br />

„Hier aber bist du bei dir zu Heim <strong>und</strong> Hause; hier kannst<br />

du Alles hinausreden <strong>und</strong> alle Gründe ausschütten, Nichts<br />

schämt sich hier versteckter, verstockter Gefühle.<br />

„Hier kommen alle Dinge liebkosend zu deiner Rede <strong>und</strong><br />

schmeicheln dir: denn sie wollen auf deinem Rücken reiten. Auf<br />

jedem Gleichniss reitest du hier zu jeder Wahrheit.<br />

„Aufrecht <strong>und</strong> aufrichtig darfst du hier zu allen Dingen reden:<br />

Page Break id='ZaIII' KGW='VI-1.228' KSA='4.232'<br />

<strong>und</strong> wahrlich, wie Lob klingt es ihren Ohren, dass Einer<br />

mit allen Dingen — gerade redet!<br />

„Ein Anderes aber ist Verlassensein. Denn, weisst du noch,<br />

oh Zarathustra? Als damals dein Vogel über dir schrie, als du<br />

im Walde stan<strong>des</strong>t, unschlüssig, wohin? unk<strong>und</strong>ig, einem Leichnam nahe: —<br />

„— als du sprachst: mögen mich meine Thiere führen! Gefährlicher<br />

fand ich's unter <strong>Menschen</strong>, als unter Thieren: — Das<br />

war Verlassenheit!<br />

„Und weisst du noch, oh Zarathustra? Als du auf deiner Insel<br />

sassest, unter leeren Eimern ein Brunnen Weins, gebend <strong>und</strong><br />

ausgebend, unter Durstigen schenkend <strong>und</strong> ausschenkend:<br />

„— bis du endlich durstig allein unter Trunkenen sassest<br />

<strong>und</strong> nächtlich klagtes „ist Nehmen nicht seliger als Geben? Und<br />

Stehlen noch seliger als Nehmen?“ — Das war Verlassenheit!<br />

„Und weisst du noch, oh Zarathustra? Als deine stillste<br />

St<strong>und</strong>e kam <strong>und</strong> dich von dir selber forttrieb, als sie mit bösem<br />

Flüstern sprach „Sprich <strong>und</strong> zerbrich!“ —<br />

„— als sie dir all dein Warten <strong>und</strong> Schweigen leid machte<br />

<strong>und</strong> deinen demüthigen Muth entmuthigte: Das war Verlassenheit!“<br />

—<br />

Oh Einsamkeit! Du meine Heimat Einsamkeit! Wie selig <strong>und</strong><br />

zärtlich redet deine Stimme zu mir!<br />

Wir fragen einander nicht, wir klagen einander nicht, wir<br />

gehen offen mit einander durch offne Thüren.<br />

Denn offen ist es bei dir <strong>und</strong> hell; <strong>und</strong> auch die St<strong>und</strong>en<br />

laufen hier auf leichteren Füssen. Im Dunklen nämlich trägt<br />

man schwerer an der Zeit, als im Lichte.<br />

Hier springen mir alles Seins Worte <strong>und</strong> Wort-Schreine auf.:<br />

alles Sein will hier Wort werden, alles Werden will hier von<br />

mir reden lernen.<br />

Da unten aber — da ist alles Reden umsonst! Da ist Vergessen<br />

<strong>und</strong> Vorübergehn die beste Weisheit: Das — lernte<br />

ich nun!<br />

Page Break id='ZaIII' KGW='VI-1.229' KSA='4.233'

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!