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Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

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du stumm zu mir sprichst, offenbar in deiner Weisheit:<br />

Oh wie erriethe ich nicht alles Schamhafte deiner Seele! Vor<br />

der Sonne kamst du zu mir, dem Einsamsten.<br />

Wir sind Fre<strong>und</strong>e von Anbeginn: uns ist Gram <strong>und</strong> Grauen<br />

<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong> gemeinsam; noch die Sonne ist uns gemeinsam.<br />

Wir reden nicht zu einander, weil wir zu Vieles wissen —:<br />

wir schweigen uns an, wir lächeln uns unser Wissen zu.<br />

Bist du nicht das Licht zu meinem Feuer? Hast du nicht die<br />

Schwester-Seele zu meiner Einsicht?<br />

Zusammen lernten wir Alles; zusammen lernten wir über uns<br />

zu uns selber aufsteigen <strong>und</strong> wolkenlos lächeln: —<br />

— wolkenlos hinab lächeln aus lichten Augen <strong>und</strong> aus<br />

Page Break id='ZaIII' KGW='VI-1.204' KSA='4.208'<br />

meilenweiter Ferne, wenn unter uns Zwang <strong>und</strong> Zweck <strong>und</strong> Schuld<br />

wie Regen dampfen.<br />

Und wanderte ich allein: wes hungerte meine Seele in<br />

Nächten <strong>und</strong> Irr-Pfaden? Und stieg ich Berge, wen suchte ich<br />

je, wenn nicht dich, auf Bergen?<br />

Und all mein Wandern <strong>und</strong> Bergsteigen: eine Noth war's nur<br />

<strong>und</strong> ein Behelf <strong>des</strong> Unbeholfenen: — fliegen allein will<br />

mein ganzer Wille, in dich hinein fliegen!<br />

Und wen hasste ich mehr, als ziehende Wolken <strong>und</strong> Alles,<br />

was dich befleckt? Und meinen eignen Hass hasste ich noch, weil<br />

er dich befleckte!<br />

Den ziehenden Wolken bin ich gram, diesen schleichenden<br />

Raub-Katzen: sie nehmen dir <strong>und</strong> mir, was uns gemein ist, —<br />

das ungeheure unbegrenzte Ja- <strong>und</strong> Amen-sagen.<br />

Diesen Mittlern <strong>und</strong> Mischern sind wir gram, den ziehenden<br />

Wolken: diesen Halb- <strong>und</strong> Halben, welche weder segnen lernten,<br />

noch von Gr<strong>und</strong> aus fluchen.<br />

Lieber will ich noch unter verschlossnem Himmel in der<br />

Tonne sitzen, lieber ohne Himmel im Abgr<strong>und</strong> sitzen, als dich,<br />

Licht-Himmel, mit Zieh-Wolken befleckt sehn!<br />

Und oft gelüstete mich, sie mit zackichten Blitz-Gold-drähten<br />

festzuheften, dass ich, gleich dem Donner, auf ihrem<br />

Kessel-Bauche die Pauke schlüge: —<br />

— ein zorniger Paukenschläger, weil sie mir dein Ja! <strong>und</strong><br />

Amen! rauben, du Himmel über mir, du Reiner! Lichter! Du<br />

Licht-Abgr<strong>und</strong>! — weil sie dir mein Ja! <strong>und</strong> Amen! rauben.<br />

Denn lieber noch will ich Lärm <strong>und</strong> Donner <strong>und</strong> Wetter-Flüche,<br />

als diese bedächtige zweifelnde Katzen-Ruhe; <strong>und</strong> auch<br />

unter <strong>Menschen</strong> hasse ich am besten alle Leisetreter <strong>und</strong> Halb- <strong>und</strong><br />

Halben <strong>und</strong> zweifelnde, zögernde Zieh-Wolken.<br />

Und „wer nicht segnen kann, der soll fluchen lernen!“<br />

— diese helle Lehre fiel mir aus hellem Himmel, dieser Stern<br />

steht auch noch in schwarzen Nächten an meinem Himmel.<br />

Ich aber bin ein Segnender <strong>und</strong> ein Ja-sager, wenn du nur

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