Leseprobe e-commerce Magazin 2013/05
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Szene keep o n t o p titelinterview<br />
„Es gibt keine Blaupause für gute<br />
Cross-Channel-Konzepte“<br />
von Dunja Koelwel<br />
Wer eine neutrale Instanz in Sachen Beratung und Forschung zur Zukunft des Onlinehandels sucht, kommt<br />
am ECC Köln nicht vorbei. Im Interview verrät Geschäftsführer Dr. Kai Hudetz aktuelle Trends.<br />
→ ecm Seit über 13 Jahren forschen<br />
Sie im Bereich E-Commerce. Eine der<br />
wichtigs ten Weiterentwicklungen vom<br />
reinen Onlinehandel dürfte derzeit wohl<br />
die Entwicklung zum Cross-Channel Management<br />
sein. Was hat man eigentlich<br />
unter Cross-Channel zu verstehen? Was<br />
sind hier die drei größten Herausforderungen<br />
für den Handel?<br />
Dr. Kai Hudetz: Unter Cross-Channel verstehen<br />
wir die kundenorientierte Verknüpfung<br />
von Angeboten zwischen verschie<br />
denen Vertriebskanälen eines Unternehmens.<br />
Im Blickpunkt steht dabei die<br />
Verzahnung von Onlinehandel und stationärem<br />
Handel. Zumeist handelt es sich<br />
um stationäre Händler, die einen zusätzlichen<br />
Online-Shop aufbauen, inzwischen<br />
mutieren auch zahlreiche frühere reine<br />
Online-Händler zu Cross-Channel-Händlern,<br />
indem sie stationäre Filialen eröffnen,<br />
denken wir etwa an Lascana, Cyberport<br />
oder MyMuesli.<br />
Cross-Channel-Management stellt für<br />
stationäre Händler eine große Herausforderung<br />
dar. Am wichtigsten ist meines Erachtens<br />
ein grundsätzliches Umdenken<br />
beim Personal vom Geschäftsführer oder<br />
Vorstand bis hin zum Verkaufspersonal<br />
im Stationärgeschäft. Cross-Channel-Management<br />
bedeutet, dem Kunden kanalübergreifende<br />
Mehrwerte zu bieten. Nur<br />
wenn sowohl die Unternehmensführung<br />
als auch das Verkaufspersonal dies realisieren,<br />
kann das Cross-Channel-Management<br />
erfolgreich funktionieren.<br />
Als zweite Herausforderung, die eng<br />
mit der ersten zusammenhängt, möchte<br />
│ Dr. Kai Hudetz ist seit August 2009 Geschäftsführer des IFH Institut für Handelsforschung,<br />
Köln und des dort angesiedelten ECC, das er seit seiner Gründung im Oktober 1999 leitet.<br />
Seit 1996 realisiert er im IFH Köln Forschungs- und Beratungsprojekte in unterschiedlichsten<br />
Handelsbranchen. Im Jahr 2003 wurde Dr. Hudetz in den Beirat des BMWi-Förderprojekts<br />
PROZEUS (Prozesse und Standards), im Mai 2007 in den Beirat des Projekts „E-Business<br />
Market-Watch – The Retail Industry“ der Europäischen Union berufen. Dr. Hudetz ist<br />
Gastdozent an verschiedenen Hochschulen, insbesondere der Europäischen Fachhochschule<br />
Brühl, der Universität St. Gallen und der Berufsakademie Heidenheim.<br />
ich die Anreizsysteme nennen. Klassische<br />
Provisionssysteme orientieren sich am<br />
Erfolg im jeweiligen Kanal und fördern<br />
damit Kanalegoismen. Warum soll ein Fili<br />
alleiter einen Kunden auf den Online-<br />
Shop aufmerksam machen, wenn er ausschließlich<br />
auf seinen stationären Umsatz<br />
provisioniert wird? Er profitiert dann nicht<br />
davon und wird vermutlich Angst haben,<br />
dass der Kunde häufiger online bestellt<br />
und seltener in seinen Laden kommt.<br />
Als dritte Herausforderung ist sicherlich<br />
die ganzheitliche Sicht auf den<br />
Kunden zu nennen. Bei der Zusammenführung<br />
von Kundendaten aus dem statio<br />
nären Handel und denen aus dem Online-Shop<br />
gibt es einige technische und<br />
auch rechtliche Hürden. Die zielorientierte<br />
Nutzung von Kundendaten wird eine<br />
der zentralen Erfolgskriterien der Zukunft<br />
sein. Je mehr der Händler über den Kunden<br />
weiß, desto besser – unabhängig ob<br />
online oder offline. Viele stationäre Händler<br />
müssen erst lernen, Kundeninformationen<br />
für eine kanalübergreifende kundenindividuelle<br />
Ansprache zu nutzen.<br />
→ ecm Wie groß ist die Bedeutung des<br />
Cross-Channel-Trends im E-Commerce?<br />
Welche Entwicklung erwarten Sie?<br />
Dr. Kai Hudetz: Ich denke, die Relevanz von<br />
Cross-Channel für den Handel kann man<br />
nicht unterschätzen. Für den künftigen<br />
Erfolg eines stationären Händlers wird es<br />
entscheidend sein, eine kunden orientierte<br />
Cross-Channel-Strategie zu entwickeln<br />
und umzusetzen. Es gibt einige Experten<br />
und vermeintliche Experten, die vom sterbenden<br />
Handel sprechen oder davon,<br />
dass Cross-Channel Quatsch sei. Ein Blick<br />
in die USA oder nach Großbritannien zeigt<br />
aber, dass das Gegenteil der Fall ist. Wir<br />
sehen dort, dass jede Menge stationäre<br />
Händler ihre Marktposition durch Cross-<br />
Channel-Angebote stärken, angefangen<br />
bei Walmart über Sears, Asos, House of<br />
Fraser bis hin zu Tesco und John Lewis.<br />
Von erfolgreichen Herstellern wie Apple,<br />
Nespresso oder Adidas ganz zu schweigen,<br />
die alle Cross-Channel-Aktivitäten<br />
forcieren. Ich erwarte, dass auch Pure-<br />
Play-Enthusiasten in den nächs ten Jahren<br />
erkennen, dass es sich bei der Diskussion<br />
über Cross-Channel um eine reine Phantomdiskussion<br />
handelt. Der Kunde ist online<br />
wie offline unterwegs, da liegt es nahe,<br />
dass das Händler mit intelligenten<br />
Cross-Channel-Konzepten ausnutzen.<br />
Dem Kunden die Wahl lassen, ob der online<br />
bestellt oder sta tionär kauft, ob er et-<br />
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