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Thomas Ueberall<br />

Die Eingliederung von Menschen mit<br />

Körperbehinderungen in das<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben<br />

Erste Staatsexamensar<strong>bei</strong>t<br />

––– 2001 –––<br />

<strong>föpäd</strong>.<br />

<strong>net</strong><br />

www.foepaed.<strong>net</strong>


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Quellenangabe für diese Veröffentlichung:<br />

Ueberall, Thomas: Die Eingliederung von Menschen mit Körperbehinderungen in das<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben.<br />

Online im Inter<strong>net</strong>: URL: http://www.foepaed.<strong>net</strong>/volltexte/ueberall/eingl-arb.<strong>pdf</strong>.


INHALTSVERZEICHNIS<br />

EINLEITUNG .................................................................................................................. 7<br />

1. ZUR BEDEUTUNG VON ARBEIT UND BERUF ................................................. 9<br />

1.1. GEDANKEN ZUM BERUFSANFANG .................................................................. 9<br />

1.2. ARBEIT UND BERUF ALS TEIL MENSCHLICHEN LEBENS ........................... 10<br />

1.2.1. Begriffliche Überlegungen und Funktionen von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> ....................................... 10<br />

1.2.2. <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> als materielle Existenzsicherung.............................................................. 11<br />

1.3. ARBEIT UND BEHINDERUNG .......................................................................... 12<br />

1.3.1. Integration durch Rehabilitation.......................................................................... 12<br />

1.3.2. Der Stellenwert von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> für behinderte Menschen ......................................... 14<br />

1.3.3. Erwartungen Behinderter an ihre <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> ............................................................. 15<br />

1.4. ALTERNATIVEN ZUR BERUFLICHEN ARBEIT................................................ 16<br />

1.4.1. <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit und ihre Auswirkungen.............................................................. 16<br />

1.4.2. Eigenar<strong>bei</strong>t, Laienar<strong>bei</strong>t, Muße .......................................................................... 17<br />

1.4.3. Ehrenamtliche <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> .......................................................................................... 18<br />

1.4.4. Bewertung .......................................................................................................... 18<br />

2. DIE BESCHÄFTIGUNGSSITUATION SCHWERBEHINDERTER<br />

MENSCHEN....................................................................................................... 20<br />

2.1. SCHWERBEHINDERUNG - GRUNDLAGEN UND PERSONENKREIS ............ 20<br />

2.2. SCHWERBEHINDERTE UND DER ARBEITSMARKT ...................................... 21<br />

2.2.1. Die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit Schwerbehinderter.............................................................. 21<br />

2.2.2. Veränderungen auf dem <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt................................................................ 22<br />

2.2.3. Vorbehalte gegenüber der Beschäftigung Schwerbehinderter ........................... 22<br />

2.2.4. Individuelle Faktoren <strong>bei</strong> der beruflichen Eingliederung ..................................... 23<br />

2.2.5. Kritik an den beruflichen Ausbildungsmaßnahmen für Behinderte..................... 25<br />

2.2.6. Beschäftigungsstrukturen für Schwerbehinderte auf dem allgemeinen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt ....................................................................................................... 25<br />

2.2.7. Auswirkungen auf die Werkstätten für Behinderte.............................................. 26


3. GESETZLICHE GRUNDLAGEN DER BERUFLICHEN EINGLIEDERUNG...... 29<br />

3.1. DAS SCHWERBEHINDERTENGESETZ ........................................................... 29<br />

3.1.1. Grundlagen des Schwerbehindertengesetzes.................................................... 29<br />

3.1.2. Die Aufgaben der Hauptfürsorgestelle und der Bundesanstalt für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> ........... 30<br />

3.1.3. Die Beschäftigungspflicht der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber und ihre bisherigen Wirkungen ........ 31<br />

3.1.4. Gesetzesänderung und deren Bewertung.......................................................... 31<br />

3.2. DAS DRITTE BUCH SOZIALGESETZBUCH..................................................... 33<br />

3.2.1. Leistungen an <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer .............................................................................. 33<br />

3.2.2. Leistungen an <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber ................................................................................. 34<br />

3.2.3. Leistungen an Träger ......................................................................................... 35<br />

3.3. DAS REHABILITATIONSANGLEICHUNGSGESETZ ........................................ 35<br />

3.4. DAS BUNDESSOZIALHILFEGESETZ............................................................... 37<br />

3.5. DAS BERUFSBILDUNGSGESETZ UND DIE HANDWERKSORDNUNG ......... 38<br />

4. BERUFSVORBEREITUNG................................................................................ 40<br />

4.1. BEHINDERUNG UND BERUFSWAHL .............................................................. 40<br />

4.1.1. Die Situation von jungen Menschen mit Körperbehinderungen <strong>bei</strong><br />

Verlassen der Schule ......................................................................................... 40<br />

4.1.2. Das Zusammenwirken von Schule und Berufsberatung..................................... 41<br />

4.2. BERUFSVORBEREITUNG IN DER SCHULE.................................................... 43<br />

4.2.1. Berufsvorbereitung im Unterricht, <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzerkundungen und<br />

Betriebspraktika.................................................................................................. 43<br />

4.2.2. Berufsvorbereitung durch die Berufsberatung des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samtes ....................... 45<br />

4.3. BERUFSVORBEREITUNG NACH BEENDIGUNG DER REGULÄREN<br />

SCHUZEIT ......................................................................................................... 48<br />

4.3.1. Das Berufsvorbereitungs- und das Berufsgrundbildungsjahr ............................. 48<br />

4.3.2. Förderlehrgänge und der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich der WfB ................................ 49<br />

4.3.3. Bewertung .......................................................................................................... 52


5. BERUFSAUSBILDUNG..................................................................................... 53<br />

5.1. DIE BERUFSBILDUNGSWERKE ...................................................................... 53<br />

5.1.1. Allgemeine Grundlagen...................................................................................... 53<br />

5.1.2. Aufnahme und Ausbildung ................................................................................. 54<br />

5.1.3. Wohnen, Freizeit und begleitende Reha-Fachdienste........................................ 55<br />

5.1.4. Der Übergang auf den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt................................................................... 55<br />

5.2. DIE BERUFSFÖRDERUNGSWERKE ............................................................... 56<br />

5.2.1. Allgemeine Grundlagen...................................................................................... 56<br />

5.2.2. Aufnahme und Ausbildung ................................................................................. 57<br />

5.2.3. Begleitende Reha-Fachdienste .......................................................................... 58<br />

5.3. DIE BETRIEBLICHE AUSBILDUNG NACH DEM DUALEN SYSTEM ............... 58<br />

5.3.1. Behinderung und betriebliche Ausbildung .......................................................... 58<br />

5.3.2. Merkmale der betrieblichen Ausbildung ............................................................. 59<br />

5.4. DIE BERUFSAUSBILDUNG IN ÜBERBETRIEBLICHEN EINRICHTUNGEN.... 60<br />

5.5. DIE SCHULISCHE BERUFSAUSBILDUNG....................................................... 61<br />

5.6. BEHINDERUNG UND STUDIUM....................................................................... 61<br />

6. SPEZIFISCHE ARBEITSMÖGLICHKEITEN UND BEGLEITENDE<br />

UNTERSTÜTZUNGSMASSNAHMEN ............................................................... 63<br />

6.1. DIE WERKSTATT FÜR BEHINDERTE.............................................................. 63<br />

6.1.1. Wichtige gesetzliche Grundlagen der WfB - das Schwerbehindertengesetz<br />

und die Werkstättenverordnung.......................................................................... 63<br />

6.1.2. Die Struktur der WfB .......................................................................................... 66<br />

6.2. TAGESFÖRDERSTÄTTEN................................................................................ 68<br />

6.2.1. Grundlagen und Struktur .................................................................................... 68<br />

6.2.2. Förderschwerpunkte........................................................................................... 69<br />

6.2.3. Bewertung und Möglichkeiten der Weiterentwicklung ........................................ 69<br />

6.3. INTEGRATIONSPROJEKTE.............................................................................. 71<br />

6.3.1. Entstehungshintergrund ..................................................................................... 71<br />

6.3.2. Gesetzliche Grundlagen..................................................................................... 71<br />

6.3.3. Merkmale und Perspektiven............................................................................... 72


6.3.4. Verbesserungsmöglichkeiten ............................................................................ 73<br />

6.4. INTEGRATIONSFACHDIENSTE ....................................................................... 74<br />

6.4.1. Geförderter Personenkreis ................................................................................. 74<br />

6.4.2. Schwerpunkte der Tätigkeit................................................................................ 75<br />

6.4.3. Weitere wichtige Regelungen............................................................................. 76<br />

6.5. ARBEITSASSISTENZ ........................................................................................ 78<br />

ZUSAMMENFASSUNG................................................................................................ 80<br />

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS .................................................................................... 82<br />

QUELLENVERZEICHNIS............................................................................................. 83


EINLEITUNG<br />

50 000 neue <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze für Schwerbehinderte bis zum Jahresende 2002 - dieses<br />

Ziel hat sich die Bundesregierung mit dem veränderten Schwerbehindertengesetz<br />

gestellt, welches am 01.10.2000 in Kraft getreten ist. Unterstützt wird sie da<strong>bei</strong> von der<br />

Bundesanstalt für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>, der EU, den Hauptfürsorgestellen, den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geberverbänden,<br />

den Gewerkschaften und den Sozialverbänden. Gleichzeitig wurde zum Zeitpunkt des<br />

Inkrafttretens des Gesetzes eine große Kampagne gestartet, die die Öffentlichkeit in den<br />

Medien (z.B. im Inter<strong>net</strong> unter www.jobs-fuer-schwerbehinderte.de), mittels Plakaten<br />

oder Broschüren über das neue Gesetz und die beabsichtigte Zielsetzung informieren<br />

soll.<br />

Mit diesem Vorhaben wird eine Problematik deutlich, die heute für viele Menschen, egal<br />

ob behindert oder nicht behindert, von großer Bedeutung ist - das Finden eines <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes.<br />

Bestehen hier<strong>bei</strong> bereits <strong>bei</strong> vielen nicht behinderten Menschen Schwierigkeiten,<br />

so trifft dies für Menschen mit Behinderungen noch verstärkt zu, wovon auch die<br />

Notwendigkeit der erwähnten Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung Schwerbehinderter<br />

zeugt.<br />

Besitzt dies jedoch auch eine Bedeutung für die Schule? Müssen sich auch die Lehrer<br />

mit dieser Thematik beschäftigen? Recht schnell lassen sich diese Fragen eigentlich mit<br />

"ja" beantworten. Der Wechsel von der Schule ins Berufsleben vollzieht sich nicht als<br />

abruptes Ereignis, <strong>bei</strong> dem <strong>bei</strong>de Bereiche nicht miteinander in Beziehung stehen, sondern<br />

es ist ein längerer Prozess, der bereits in der Schulzeit sorgsam vorbereitet werden<br />

muss. Nach vielen Jahren des Schulbesuchs stehen die Schüler nun vor einem bedeutenden<br />

Einschnitt in ihrem bisherigen Leben. Doch neben den üblichen Überlegungen<br />

zu Berufswahl, Art der Ausbildung, Verfassen von Bewerbungen usw., kommen <strong>bei</strong> behinderten<br />

Jugendlichen noch weitere Aspekte hinzu:<br />

Welche beruflichen Möglichkeiten stehen aufgrund der Behinderung zur Verfügung?<br />

Lässt sich der Traumberuf realisieren?<br />

Welche Anforderungen stellen die verschiedenen Ausbildungsangebote?<br />

Können vorhandene Einschränkungen für die Ausübung des Berufs durch begleitende<br />

Hilfsmaßnahmen gemindert oder ausgeglichen werden?<br />

Diese Überlegungen, die bereits während des Schulbesuchs zu treffen sind, ließen sich<br />

noch fortsetzen.<br />

Doch selbst wenn eine Ausbildung aufgenommen und erfolgreich absolviert werden<br />

konnte, besteht danach eine große Hürde im Finden einer festen Anstellung. Besonders<br />

Stellengesuche auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt bleiben trotz vorhandener Qualifikationen<br />

der Behinderten, politischen Bekenntnissen von Regierung, Parteien oder Organisationen<br />

sowie gesetzlichen Regelungen häufig ohne Erfolg. Für viele Menschen mit<br />

Körperbehinderungen bleibt somit oftmals nur als einziger Ausweg die Beschäftigung in<br />

einer Werkstatt für Behinderte (WfB), wo<strong>bei</strong> die dortige Tätigkeit aber nicht immer den<br />

tatsächlichen Leistungsmöglichkeiten der jeweiligen Personen entspricht und sich für sie<br />

ein Gefühl der Unterforderung einstellen kann.<br />

Andererseits sind aber Beruf und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> auch aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.<br />

Vor allem Menschen mit sehr schweren und mehrfachen Behinderungen haben<br />

meist keine Aussicht auf eine Tätigkeit auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt. Aber<br />

selbst die Werkstatt für Behinderte bleibt ihnen oftmals verschlossen. Wie soll ihr weiterer<br />

Lebensverlauf nach Beendigung des Schulbesuchs aussehen? Endet die Förderung<br />

mit dem Verlassen der Schule oder gibt es auch für sie entsprechende <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>s- und Be-<br />

7


schäftigungsangebote? Ist denn aber der Besitz eines <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes für Behinderte<br />

wirklich so wichtig?<br />

Mit Hilfe dieser Gedanken zu Beginn meiner <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> sollen einige wichtige Gesichtspunkte<br />

<strong>bei</strong> der Eingliederung von Menschen mit Körperbehinderungen in das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben<br />

angesprochen werden, auf die ich im weiteren Verlauf noch ausführlicher<br />

eingehen werde. Zur Behandlung dieses Themas möchte ich die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> in sechs größere<br />

Abschnitte gliedern und da<strong>bei</strong> folgende Aspekte bear<strong>bei</strong>ten:<br />

- Der erste Teil umfasst Überlegungen zum Stellenwert von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> und Beruf in unserer<br />

Gesellschaft und betrachtet die Bedeutung dieses Bereiches sowohl für nicht behinderte<br />

als auch für behinderte Menschen. Gleichzeitig sollen aber auch mögliche Alternativen<br />

zur Erwerbsar<strong>bei</strong>t thematisiert werden.<br />

- Im zweiten Abschnitt werde ich näher auf die derzeitige Beschäftigungssituation<br />

Schwerbehinderter eingehen und da<strong>bei</strong> auch strukturelle Veränderungen auf dem <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt<br />

darstellen. Aufgrund dieser Erkenntnisse sollen Folgen dieser Entwicklungen<br />

auf die Chancen von Schwerbehinderten einen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz zu erhalten und entsprechende<br />

Auswirkungen auf die Werkstatt für Behinderte (WfB) abgeleitet werden.<br />

- Der dritte Abschnitt <strong>bei</strong>nhaltet wichtige gesetzliche Grundlagen, die die berufliche<br />

Eingliederung ermöglichen sollen und gibt Auskunft über die Finanzierung und die<br />

Formen der Trägerschaft dieser Leistungen.<br />

- Die Berufsvorbereitung steht im Mittelpunkt des sich daran anschließenden vierten<br />

Teils. Da <strong>bei</strong> sollen, neben besonderen Gesichtspunkten der Berufswahl, sowohl Aspekte<br />

der schulischen Berufsvorbereitung im Unterricht oder über Praktika als auch<br />

vorbereitende Maßnahmen, die das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt vermittelt (z.B. Berufsvorbereitungsjahr,<br />

Förderlehrgänge oder der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich der WfB), vorgestellt werden.<br />

- Mit den Möglichkeiten zur Ausbildung von körperbehinderten Jugendlichen möchte ich<br />

mich im fünften Abschnitt dieser <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> beschäftigen und hier<strong>bei</strong> z.B. auf die Ausbildung<br />

in Berufsbildungs- und Berufsförderungswerken, die betriebliche Ausbildung oder<br />

das Studium eingehen.<br />

- Abschließend stelle ich im sechsten Teil spezielle <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smöglichkeiten für schwerbehinderte<br />

Menschen vor. Neben der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> in der Werkstatt für Behinderte wird auch die<br />

Möglichkeit der Tätigkeit für Körperbehinderte in sogenannten teilgeschützten Einrichtungen<br />

(Integrationsprojekten) thematisiert. Ebenso sollen auch Chancen für Menschen<br />

mit sehr schweren Behinderungen auf eine <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeit vorgestellt werden.<br />

Ein wichtiger Aspekt hier<strong>bei</strong> sind auch begleitende Unterstützungsmaßnahmen, die die<br />

behinderten Beschäftigten in Anspruch nehmen können, um ihnen die Eingliederung<br />

auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt zu erleichtern.<br />

8


1. ZUR BEDEUTUNG VON ARBEIT UND BERUF<br />

1.1. GEDANKEN ZUM BERUFSANFANG<br />

Im Leben der Menschen in unserer Gesellschaft spielen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> und Beruf eine<br />

große Rolle. Mit dieser Bedeutung wird jeder von uns im Laufe seines Lebens zu verschiedenen<br />

Zeiten auf positive, aber häufig auch auf negative Weise konfrontiert.<br />

Schon jüngere Kinder äußern sich auf ihre Art zu ihren Berufswünschen und orientieren<br />

sich damit an den Erwachsenen. Sie wachsen mit der beruflichen Tätigkeit ihrer Eltern<br />

auf und erfahren sie mit zunehmenden Alter immer bewusster. Der Tagesablauf der<br />

Kinder wird zu einem großen Teil durch den Tagesablauf der Eltern bestimmt, welcher<br />

sich wiederum aus den Erfordernissen der beruflichen Tätigkeit herleitet. Besondere<br />

Rhythmen und Gegebenheiten, aber auch größere Einschnitte, die den gewohnten Tagesablauf<br />

verändern, sind da<strong>bei</strong> zusätzliche Aspekte. Hier<strong>bei</strong> sind z.B. Wochenende,<br />

Urlaub, Schichtar<strong>bei</strong>t, Überstunden, berufliche Reisen und Fortbildungen, Wechsel des<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes oder die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit der Eltern als wohl größter Einschnitt zu nennen.<br />

Die Schule als wichtiger Lernort der Kinder hat eine bedeutende Funktion zur Vergabe<br />

von Zugangschancen zu bestimmten Berufen, welches schon <strong>bei</strong> den verschiedenen<br />

Schularten deutlich wird, deren Struktur und die zu erwerbenden Abschlüsse für die<br />

Schüler auch gleichzeitig unterschiedliche Berufswahlmöglichkeiten darstellen. Gleichermaßen<br />

besitzt der Lernort Schule auch eine wichtige Bedeutung hinsichtlich der<br />

Berufsvorbereitung der Schüler, welches z.B. Aspekte <strong>bei</strong> der Bewerbung um einen<br />

Ausbildungsplatz (Bewerbungsschreiben, Eignungstests, Vorstellungsgespräch), aber<br />

auch Einblicke in das Berufs- und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben, über Betriebserkundungen und Praktika<br />

umfasst (vgl. 4.1. und 4.2.1.).<br />

Der erworbene Schulabschluss bedingt den Zugang zu den verschiedenen Ausbildungsmöglichkeiten<br />

und bildet eine wichtige Grundlage für die weitere berufliche Zukunft.<br />

Die Art der Berufsausbildung ist somit eine Fortsetzung des Prozesses, für den<br />

die Weichen schon in der Schule gelegt werden. Die betriebliche Ausbildung, das Lernen<br />

an einer Fachschule oder das Fachhochschul- bzw. Hochschulstudium bedeuten<br />

aber nicht nur die Weiterführung der in der Schule gelegten Grundlagen, sondern sie<br />

stellen den Beginn für einen neuen Zeitabschnitt dar, der über mehrere Jahrzehnte das<br />

Leben der Menschen begleiten wird. Darüber hinaus bildet der erworbene Abschluss<br />

der Berufsausbildung eine wichtige Voraussetzung für den erfolgreichen Einstieg in das<br />

Berufsleben und ist wiederum gleichzeitig die Basis für bestimmte Aspekte, die mit dem<br />

erlernten Beruf eng im Zusammenhang stehen und die weitere berufliche Zukunft betreffen.<br />

Hier sind z.B. Aspekte wie Art der Tätigkeiten, die mit dieser Berufsausbildung ausübbar<br />

sind, berufliche Weiterqualifizierung und beruflicher Aufstieg (Karriere) oder aber<br />

auch die Verdienstmöglichkeiten zu nennen.<br />

Dem Thema "Beruf" kommt also bereits in den ersten 20 bis 25 Lebensjahren eines<br />

Menschen ein großer Stellenwert zu. Da<strong>bei</strong> stellen die hier getroffenen Überlegungen<br />

eigentlich nur den Idealfall dar. Auftretende Schwierigkeiten und Einschränkungen, wie<br />

ein fehlender Schul- oder Ausbildungsabschluss, Probleme <strong>bei</strong>m Finden einer Ausbildungsstätte<br />

bzw. eines <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes, der Abbruch der Ausbildung oder eine Behinderung,<br />

womit ich mich in dieser <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> eingehender beschäftigen werde, können die beschriebenen<br />

Verläufe so hürdenreich gestalten, dass sie für die Betroffenen sehr frustrierend<br />

wirken und ihre Zukunft weit weniger hoffnungsvoll erscheinen lassen.<br />

9


1.2. ARBEIT UND BERUF ALS TEIL DES MENSCHLICHEN LEBENS<br />

Nachdem ich zunächst den Einfluss von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> und Beruf vor allem hinsichtlich des<br />

Berufsvorbereitungsprozesses in Kindheit, Jugend und frühem Erwachsenenalter einführend<br />

darstellen wollte, möchte ich im folgenden Kapitel stärker deren Bedeutung für<br />

den berufstätigen Menschen selbst herausar<strong>bei</strong>ten.<br />

1.2.1. Begriffliche Überlegungen und Funktionen von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong><br />

Zunächst seien einige begriffliche Überlegungen vorangestellt. Stadler (1989, S.<br />

251) versucht die <strong>bei</strong>den Begriffe "Beruf" und "<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>" folgendermaßen zu definieren.<br />

Unter Beruf versteht er "ein Bündel von Tätigkeiten (...), die ein Mensch innerhalb eines<br />

Sozialverbandes als Aufgabe erfüllt; mit ihm werden Rechte und Pflichten verbunden.<br />

Die Berufsausübung dient der Sicherung des Lebensunterhalts." Weitere Merkmale von<br />

Beruf sind außerdem der Erwerb spezifischer Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />

sowie das Vorhandensein von Personen zur theoretischen und praktischen Vermittlung<br />

von Berufskenntnissen.<br />

Im Gegensatz dazu sieht er <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> als "jede Tätigkeit (...), deren erster Zweck in der E-<br />

xistenzsicherung von Menschen besteht." <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> bleibt "äußerlich (...) und gilt als bloße<br />

Verrichtung zum Erwerb materieller Güter" (ebd.).<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> als reine materielle Existenzsicherung zu betrachten, ist meiner Meinung nach<br />

etwas zu einseitig. Sicherlich kommt dem genannten Aspekt eine wichtige Rolle zu,<br />

doch zunächst ist zu bedenken, dass <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> nicht nur die berufliche Tätigkeit <strong>bei</strong>nhaltet,<br />

sondern <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> beeinflusst unser <strong>gesamte</strong>s Leben, sie ist ein grundlegender Bestandteil.<br />

Die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> im Garten, Heimwerken, das Engagement in der Kirche, Vereinen und Gruppen,<br />

viele <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>en im Haushalt, Hobbys usw. sind Tätigkeiten, die nicht unmittelbar der<br />

eigenen menschlichen Existenzsicherung dienen und im beruflichen Kontext der jeweiligen<br />

Personen stehen, aber sich zweifellos als "<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>" bezeichnen lassen.<br />

Ich denke, dass die folgenden Überlegungen von Jahoda (1986, zitiert nach Krueger<br />

1993, S. 12) dies noch verdeutlichen. Sie ist der Meinung, es werden "in der Umgangssprache<br />

wie auch in der sozialwissenschaftlichen Literatur <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> und Erwerbstätigkeit<br />

oft als gleichbedeutend verwendet." Krueger (1993, S. 12) ergänzt:<br />

"Zudem gilt <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> wesentlich als Lohnar<strong>bei</strong>t. (...) Man spricht von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>, meint aber den<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz."<br />

Entsprechend differenzierter versucht Schubert (1996, S. 511) <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> zu charakterisieren.<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> hat demnach folgende Funktionen:<br />

" · materielle Existenzsicherung,<br />

· Tagesstrukturierung,<br />

· Bestimmung von Status und sozialer Identität,<br />

· Vermittlung von Lebenssinn und '-freude',<br />

· Erweiterung des sozialen Horizonts sowie<br />

· Gelegenheit zur Selbstverwirklichung und Weiterentwicklung der Persönlichkeit."<br />

10


1.2.2. <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> als materielle Existenzsicherung<br />

Obwohl diese aufgeführten Aspekte den Begriff "<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>" umfassender darstellen<br />

und auf verschiedene andere Bereiche von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> eingehen, ist festzustellen: <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> als<br />

Sicherung der menschlichen Existenz mit Hilfe der beruflichen Tätigkeit - diese Bedeutung<br />

von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> ist für mich die Ursache für den hohen Stellenwert, den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> und Beruf<br />

immer noch besitzen. Trotz zahlreicher Überlegungen, die teilweise schon vor vielen<br />

Jahren getroffen wurden (vgl. 1.4.), ist eine Alternative für die überwältigende Mehrzahl<br />

der Bevölkerung nicht absehbar.<br />

Im Gegenteil, je mehr über Sparmaßnahmen in allen Bereichen, das langsame<br />

Zurückziehen des Sozialstaates und das Beschränken staatlicher Leistungen zur<br />

Absicherung minimaler Lebensbedürfnisse debattiert wird, ist in anderer Richtung eine<br />

zunehmende Bedeutung der Eigenverantwortung und Eigenbeteiligung der Bevölkerung<br />

(Beispiele: unterschiedliche Leistungen von Krankenversicherungen, Gesundheitsvorsorge,<br />

Beteiligung an kurativen und rehabilitativen Maßnahmen; private<br />

Altersvorsorge als Ergänzung der gesetzlichen Rentenversicherung; Übernahme der<br />

Pflegeversicherungs<strong>bei</strong>träge durch die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer) zu beobachten. Da diese<br />

Erfordernisse alle finanzieller Art sind, stellt sich die Frage, auf welche Weise die<br />

Menschen diese Mittel aufbringen sollen, wenn sie sie nicht durch ihre berufliche<br />

Tätigkeit Hinsichtlich erwerben der Forderung können. nach einer privaten Altersvorsorge wird auch deutlich, dass<br />

die Zahlungen von Lohn und Gehalt nicht nur der Sicherung aktueller Notwendigkeiten<br />

und der Erfüllung von persönlichen Wünschen dienen, sondern darüber hinaus auch für<br />

die Lebensperiode nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben von steigender Bedeutung<br />

sind, da das Verhältnis zwischen berufstätiger Bevölkerung und der Anzahl der<br />

Rentner aufgrund von steigender Lebenserwartung und zurückgehender Kinderzahl sich<br />

immer mehr auseinander bewegt. Beispielsweise erhöht sich nach der 7. koordinierten<br />

Bevölkerungsvorausberechnung wahrscheinlich die Zahl der 70-79jährigen Menschen in<br />

den alten Bundesländern von 4,14 Millionen (1990) auf 6,68 Millionen (2030) bzw. in<br />

den neuen Bundesländern von 0,92 Millionen (1990) auf 1,59 Millionen (2030). Im Gegensatz<br />

dazu sinkt die Zahl der Angehörigen der jüngeren Generation, d.h. der Kinder<br />

und der sich im erwerbsfähigen Alter befindlichen Menschen. Gab es im Jahre 1990 in<br />

den alten Bundesländern noch 10,39 Millionen Kinder im Alter von 0-15 Jahren, so werden<br />

es im Jahre 2030 vermutlich nur noch 7,77 Millionen sein. Bezüglich der neuen<br />

Bundesländer sinkt die Anzahl der Kinder dieses Altersbereiches von 3,29 Millionen im<br />

Jahre 1990 auf 1,66 Millionen im Jahre 2030 (vgl. Rothgang 1997, S. 334 / 335). Die<br />

eigene private Altersvorsorge wird also stark an Bedeutung zunehmen und damit<br />

gleichzeitig das Interesse an qualifizierten, "finanzstarken" Berufen, die es erlauben,<br />

entsprechende Rücklagen zu bilden, da von staatlicher Seite nur noch eine Grundsicherung<br />

(Leistungen aus Pflegeversicherung und gesetzlicher Rentenversicherung) in den<br />

kommenden Jahrzehnten zu erwarten ist.<br />

Weitere Bereiche, die für den Aspekt "<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> als materielle Existenzsicherung" eine Bedeutung<br />

aufweisen, sind z.B. der Wandel der Familienstrukturen oder der Konsumdruck<br />

innerhalb der Gesellschaft. Die Zunahme von Lebenspartnerschaften, Ein-Eltern-<br />

Familien, Scheidungen, Ein-Personen-Haushalten führt auch zur wachsenden Bedeutung<br />

des Einkommens und der beruflichen Tätigkeit zur Absicherung des eigenen Lebensunterhalts<br />

bzw. der nächsten Angehörigen, da ein größerer familiärer und finanzieller<br />

Rückhalt nicht mehr gegeben ist. Gleichsam werden hiermit erneut die Auswirkungen<br />

auf das Rentenalter erkennbar. Das Schwinden der Familienstrukturen, wo die jüngere<br />

Generation sich um ihre Eltern im Alter oder <strong>bei</strong> Pflegebedürftigkeit kümmert, zeigt wie-<br />

11


derum die Bedeutung der eigenen finanziellen Vorsorge, um sich für auftretende Erfordernisse<br />

(z.B. Pflegebedürftigkeit, Heimplatz im Altenheim) abzusichern und somit auch<br />

den Stellenwert von beruflicher <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>.<br />

Doch die Menschen haben nun nicht die Absicht, in ständiger Askese zu leben, nur um<br />

für das Rentenalter finanzielle Vorsorge treffen zu können. Auf der einen Seite sind<br />

auch schon während des erwerbsfähigen Alters viele Verpflichtungen vorhanden, die mit<br />

dem Aufbringen von finanziellen Mitteln verbunden sind (z.B. Wohnkosten, Versicherungen<br />

und Steuern, Nahrung, Mobilität, Beruf sowie die Sicherung des Lebensunterhalts<br />

und der schulischen Ausbildung der Kinder). Andererseits werden durch die Medien,<br />

die Werbung, soziale Gruppierungen und andere Einflüsse <strong>bei</strong> den Menschen<br />

Konsumbedürfnisse geweckt (z.B. Mode, Technik, Auto, Einrichtungsgegenstände, Reisen<br />

und Freizeit), die zwar nicht unmittelbar zur Sicherung der eigenen menschlichen<br />

Existenz erforderlich sind, aber den Einsatz zusätzlicher Geldmittel erfordern und damit<br />

die Bedeutung des finanziellen Aspekts der beruflichen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> weiter erhöhen.<br />

Die anderen Funktionen von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>, die Schubert angeführt hatte (vgl. 1.2.1.), treten<br />

meiner Meinung nach leider zu oft in den Hintergrund, da anhand der getroffenen Überlegungen<br />

ersichtlich wurde, dass <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> zu einem großen Teil mit beruflicher Tätigkeit<br />

und finanziellen Notwendigkeiten in Verbindung gebracht wird. Allenfalls die Aspekte<br />

"Status und soziale Identität" und "Selbstverwirklichung" scheinen von ähnlicher Bedeutung<br />

zu sein, doch dies gilt wiederum vor allem auch für die berufliche <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> und den<br />

genannten Aspekten haftet meiner Ansicht nach in diesem Zusammenhang eher ein<br />

negatives Bild an.<br />

Bestimmten Berufen werden Wertungen hinsichtlich ihres Stellenwertes und Ansehens<br />

in der Gesellschaft zugeord<strong>net</strong>, so dass eine qualitative Abstufung des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes<br />

und des Berufes entsteht, womit eine Tätigkeit mehr wert als die andere erscheint. Gerade<br />

im Hinblick auf die Beschäftigung behinderter Menschen scheint dies nachdenkenswert.<br />

So wichtig und bedeutsam auch die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, die Möglichkeit<br />

der Verwirklichung individueller Interessen im Beruf oder die zielstrebige Durchsetzung<br />

der persönlichen Lebensplanung hier<strong>bei</strong> auch sein kann, vielleicht liegt häufig<br />

zu viel Betonung auf "selbst" und soziale Aspekte, die mit der eigenen Tätigkeit im Zusammenhang<br />

stehen, treten in den Hintergrund.<br />

1.3. ARBEIT UND BEHINDERUNG<br />

1.3.1. Integration durch Rehabilitation<br />

Die Integration behinderter Menschen in das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben mit Hilfe von Maßnahmen<br />

der beruflichen Rehabilitation stellt einen wichtigen Bereich innerhalb der Bemühungen<br />

um Integration Behinderter in die Gesellschaft und der Normalisierung ihrer Lebensumstände<br />

dar. Zu bedenken ist, dass Rehabilitation nicht nur den beruflichen Aspekt<br />

<strong>bei</strong>nhaltet, sondern "Rehabilitation umfasst da<strong>bei</strong> die Gesamtheit aller Maßnahmen<br />

medizinischer, schulisch-pädagogischer, beruflicher und sozialer Art, die erforderlich<br />

sind, um für den Behinderten die bestmöglichen körperlichen, seelischen und sozialen<br />

Bedingungen zu schaffen. Diese sollen ihn befähigen, aus eigener Kraft einen möglichst<br />

normalen Platz in der Gesellschaft zu behalten oder wiederzuerlangen" (Bundesar<strong>bei</strong>tsgemeinschaft<br />

für Rehabilitation 1994, S. 233).<br />

Hier möchte ich aber anmerken, dass im letzten Satz dieser Definition der Anschein erweckt<br />

wird, als wenn die behinderte Person bereits in der Gesellschaft integriert ist bzw.<br />

12


war. Davon kann <strong>bei</strong> einem großen Teil der Behinderten in unserem Land aber nun<br />

wahrlich nicht die Rede sein! Diesem Aspekt wird die Bundesanstalt für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> (im Folgenden<br />

BAFA genannt; 1997, S. 224) in ihrer Darstellung der Bedeutung der beruflichen<br />

Rehabilitation meiner Ansicht nach besser gerecht:<br />

"Die berufliche Rehabilitation behinderter junger Menschen hat vor allem die berufliche<br />

Integration, die dauerhafte Eingliederung in <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> und Beruf, zum Ziel. Dies ist zugleich<br />

wesentlicher Bestandteil der sozialen und gesellschaftlichen Integration."<br />

Nachdem die Ermöglichung des Schulbesuchs für alle behinderten Kinder einen wichtigen<br />

Schritt hin zur Integration und Normalisierung bereitete und in der Gegenwart sogar<br />

bereits vielfältigste Beispiele für eine Integration der Kinder auch an allgemeinen Schulen<br />

zu verzeichnen sind, bedeutet für mich das Verlassen der Schule und der Beginn<br />

eines neuen Lebensabschnittes für den weiteren Lebensverlauf der behinderten Menschen<br />

eine entscheidende Stufe in der Fortsetzung des Integrations- und Normalisierungsprozesses.<br />

Die Schule ist ja nicht nur eine Institution, die der reinen Wissensvermittlung<br />

dient, sondern sie ist gleichzeitig auch ein Ort des Zusammenseins von Gleichaltrigen<br />

und Erwachsenen, von Behinderten und Nicht-Behinderten, der Ort, der den<br />

Schülern vielfältige Aspekte der Erweiterung des persönlichen Horizonts nahe bringt,<br />

der die Herausbildung von Selbstständigkeit und von Fähigkeiten zur Lebensbewältigung<br />

fördert sowie auch eine Art Rhythmisierung und Strukturierung des täglichen Lebens<br />

darstellt. Und diese Aspekte besitzen gerade <strong>bei</strong> Menschen mit Behinderungen<br />

eine wichtige Bedeutung, auch in deren späteren Leben.<br />

Je größer die behinderungsspezifischen Einschränkungen und der notwendige Hilfebedarf<br />

sind (z.B. <strong>bei</strong> Menschen mit schweren Mehrfachbehinderungen), desto größer ist<br />

auch die Erfordernis für eine Hilfe <strong>bei</strong> der Strukturierung des alltäglichen und zukünftigen<br />

Lebens. Die Personen, die sich zur Leistung dieser Hilfe entscheiden (egal ob auf<br />

privater oder professioneller Ebene), sollten sich der großen Verantwortung <strong>bei</strong> dieser<br />

Tätigkeit bewusst sein, die nicht zum Nachteil der Betroffenen geschehen darf.<br />

Die Integration in das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben mit ihren umfangreichen Schritten hinsichtlich der<br />

Vorbereitung und Durchführung, die ich im späteren Verlauf dieser <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> noch ausführlicher<br />

darstellen werde (vgl. 4., 5., 6.), bietet eine große Chance, die in der Schule begonnenen<br />

Förderungsmaßnahmen, die erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse der<br />

Schüler, die Möglichkeiten an sozialen Kontakten usw. zu erhalten und zu erweitern.<br />

Doch gleichzeitig sind hier aber auch kritische Überlegungen zu treffen. Möglicherweise<br />

tragen diese Bestrebungen dazu <strong>bei</strong>, die vorherrschende (Über-) Bewertung von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong><br />

als berufliche Tätigkeit zur materiellen Existenzsicherung weiter zu festigen, da diese<br />

gesellschaftliche Sichtweise auch den behinderten Menschen als fertiger Orientierungsmaßstab<br />

vermittelt wird. Damit werden auch <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smöglichkeiten und Lebensführung<br />

der behinderten Menschen beeinflusst, da deren Durchführung an gewisse Voraussetzungen<br />

und Normen gebunden ist. Sie betreffen auch die Leistungsmöglichkeiten<br />

der Behinderten und aufgrund dessen kann ihnen somit der Zugang zu bestimmten Tätigkeiten,<br />

aber auch hinsichtlich einer selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung<br />

einerseits ermöglicht, andererseits jedoch verwehrt werden. Die Integrationsbemühungen<br />

verlaufen auf diesem Bereich meiner Meinung nach zu einseitig, nämlich nach<br />

den Maßstäben der Nicht-Behinderten, so dass ein wechselseitiger Austausch zu <strong>bei</strong>der<br />

Seiten Vorteil noch zu wenig stattfindet.<br />

Somit bleiben alternative Formen der Lebensgestaltung, auch hinsichtlich der Bedeutung<br />

des Faktors "<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>", nicht nur für die Behinderten, sondern für die <strong>gesamte</strong> Gesell-<br />

13


schaft nur eine Randerscheinung und Chancen zu deren Akzeptanz oder größeren<br />

Verbreitung werden auf grund des gesamt-gesellschaftlichen Drucks vergeben (vgl.<br />

1.2.2. und 1.4.).<br />

1.3.2. Der Stellenwert von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> für behinderte Menschen<br />

Zunächst lässt sich hierzu feststellen, dass <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> für Behinderte, meines Erachtens<br />

nach, häufig eine noch größere Bedeutung als für nicht behinderte Menschen aufweist.<br />

Vor allem werden vielfältigere Aspekte von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> deutlich, die auf die behinderten<br />

Menschen einen großen Einfluss bewirken. Gerade die leider zu oft im Hintergrund stehenden<br />

Funktionen von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> (vgl. 1.2.1.), wie z.B. "Tagesstrukturierung", "Vermittlung<br />

von Lebenssinn und -freude", "Erweiterung des sozialen Horizonts" oder aber auch<br />

"Weiterentwicklung der Persönlichkeit" können für behinderte Beschäftigte bewusst oder<br />

unbewusst ein großer Anreiz zur Ausübung einer Tätigkeit sein. Hier<strong>bei</strong> sind besonders<br />

auch die individuellen Lebensumstände zu berücksichtigen. Gerade für Menschen, die<br />

in einer anregungsarmen Umgebung leben (Pflegeheime), nur über wenig Sozialkontakte<br />

verfügen oder aufgrund ihrer Behinderung in ihrer Selbstständigkeit stark eingeschränkt<br />

und auf umfangreichere Unterstützung angewiesen sind, bedeuten <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sund<br />

Beschäftigungsangebote eine wichtige Möglichkeit zur persönlichen Lebensgestaltung.<br />

Wie ich selbst in einem Pflegeheim erleben konnte (viele Bewohner des Wohnbereichs<br />

sind körperbehindert und ar<strong>bei</strong>ten in einer Werkstatt für Behinderte), kann es dann sogar<br />

durchaus vorkommen, dass Feiertage oder Urlaub nicht immer als positiv angesehen<br />

werden, da <strong>bei</strong> fehlenden Angeboten oder anderen Strukturierungsmöglichkeiten,<br />

der veränderte Tagesablauf nicht selten zu Langeweile oder zu Erscheinungen wie<br />

Frust und Gereiztheit führt und der baldige <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbeginn wieder her<strong>bei</strong>gesehnt wird.<br />

Die Gestaltung eines individuellen Tagesablaufs mit Hilfe der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> kann für die Behinderten<br />

eine Selbstbestätigung und die Ermöglichung eines vergleichbaren Lebensverlaufs<br />

mit nicht behinderten Beschäftigten darstellen. Einen wichtigen Stellenwert können<br />

auch vor- und nachbereitende Ereignisse und Tätigkeiten erhalten, die teilweise zwar<br />

auch sonst vorkommen, aber durch die Verbindung mit der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> einen deutlichen<br />

Wertzuwachs erhalten. Hier lassen sich z.B. Aspekte wie besondere Aufstehzeit, die<br />

Morgentoilette, das Frühstück oder die Fahrt zur <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sstelle mit dem Fahrdienst oder<br />

öffentlichen Verkehrsmitteln nennen, die der Vorbereitung der eigentlichen Tätigkeit dienen.<br />

Ebenso gilt dies für die Rückfahrt, für eventuelle Maßnahmen, die die Körperpflege<br />

aufgrund der beruflichen Tätigkeit betreffen und natürlich für den Begriff "Feierabend".<br />

All dies wird somit mit Bedeutung gefüllt und trägt zur Förderung des eigenen Selbstwertgefühls<br />

<strong>bei</strong>.<br />

Ähnlicher Bedeutung kommt der sozialen Komponente von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> zu. Die gemeinsame<br />

Tätigkeit mit behinderten und nicht behinderten Kollegen, das Entstehen von Freundschaften,<br />

möglicherweise sogar auch Partnerschaften zwischen den Kollegen, das Gestalten<br />

von Feierlichkeiten und Festen, Ausflüge und andere Veranstaltungen (dies bezieht<br />

sich vor allem auf die geschützte Beschäftigung in Werkstätten für Behinderte) tragen<br />

zur Erweiterung der sozialen Kontaktmöglichkeiten <strong>bei</strong>. Der Erfahrungsbereich der<br />

Menschen, der oftmals aufgrund ihrer Behinderung stark eingeschränkt ist, kann mit Hilfe<br />

der eigentlichen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeit, parallel verlaufenden Lernangeboten, aber auch mit<br />

Freizeitaspekten, die mit der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sstelle im Zusammenhang stehen, erweitert werden.<br />

Die damit mögliche Anknüpfung an begonnene Lernprozesse bzw. deren Fortsetzung<br />

durch den Erwerb neuer Kenntnisse und Fähigkeiten erlaubt so, dass eine weiterfüh-<br />

14


ende Förderung für die behinderten Menschen gesichert ist und nicht das Verlassen<br />

der Schule in dieser Hinsicht auch das Ende jeglicher Förderung und Entwicklungsmaßnahmen<br />

bedeutet (vgl. auch Bordel / Butzke 1989, S. 25 / 26 und Schubert 1996,<br />

S. 511 / 512).<br />

Trotz allem, eines bleibt sowohl <strong>bei</strong> behinderten Menschen als auch <strong>bei</strong> Nicht-<br />

Behinderten gleich (vgl. Schubert 1996, S. 511):<br />

"Die materielle Existenzsicherung durch die eigenen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleistungen wird von vielen<br />

behinderten Menschen als höchstes Ziel angesehen. In der Höhe des erhaltenen Lohns<br />

drückt sich für die behinderten Menschen auch ein Stück gesellschaftliche Anerkennung<br />

für ihr Bemühen aus."<br />

Zu fragen bleibt da<strong>bei</strong> allerdings, ob angesichts des in einer Werkstatt für Behinderte zu<br />

erhaltenen Durchschnittslohns von 250 DM (vgl. Stadler 1998, S. 186), die gesellschaftliche<br />

Anerkennung ihrer Tätigkeit teilweise nicht doch zu wünschen übrig lässt und inwieweit<br />

damit überhaupt eine eigenständige materielle Existenzsicherung ermöglicht<br />

werden kann.<br />

1.3.3. Erwartungen Behinderter an ihre <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong><br />

Behinderte Menschen erwarten von ihrer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>, dass die Tätigkeit ihnen Entwicklungsmöglichkeiten<br />

bietet, wo<strong>bei</strong> allerdings die Möglichkeit eines Wechsels auf den allgemeinen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt, trotz Anstrengungen ihrerseits zur Weiterqualifizierung, recht<br />

pessimistisch bewertet wird. Außerdem sollten die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber mit der entsprechenden<br />

Gestaltung des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sablaufes sowie dem Einsatz notwendiger Hilfen und Anpassungen<br />

für den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz ihre individuellen Bedürfnisse berücksichtigen. Damit möchten<br />

die Behinderten aber nicht eine besondere Behandlung für sich beanspruchen, sondern<br />

mit einer optimalen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzgestaltung soll es für sie möglich sein, gleichwertige<br />

Leistungen wie ihre nicht behinderten Kollegen zu erbringen und somit ihre Einstellung<br />

mit entsprechenden Leistungen zu bestätigen (vgl. Zink / Diery 1996, S. 485 / 486).<br />

Hinsichtlich der Beschäftigung von körperbehinderten Menschen in einer Werkstatt für<br />

Behinderte (WfB) sind besonders folgende Aspekte für diesen Personenkreis von Bedeutung,<br />

obwohl sie sich meiner Ansicht nach genauso auf andere <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sorte übertragen<br />

lassen. Da in einer WfB sehr viele geistig behinderte Menschen beschäftigt sind,<br />

bestehen vonseiten der Körperbehinderten häufig Vorbehalte gegen diesen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sort,<br />

da sie befürchten, dass ihre kognitiven Möglichkeiten nicht richtig eingeschätzt werden.<br />

Deshalb interessieren sie sich vor allem für anspruchsvolle Tätigkeiten, die auch von<br />

Nicht-Behinderten durchgeführt werden. Daneben sind für sie aber auch die Anerkennung<br />

der eigenen Person und die gemeinsame <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> mit anderen körperbehinderten<br />

Mitar<strong>bei</strong>tern sehr wichtig. Weiterhin erwarten sie Mitspracherecht in persönlichen Angelegenheiten,<br />

entsprechende pflegerische und krankengymnastische Versorgung, vollen<br />

rechtlichen Status <strong>bei</strong> <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>nehmerschutzbestimmungen und eine Entlohnung, die zur<br />

Absicherung der eigenen Existenz <strong>bei</strong>trägt (vgl. Seyl 1996, S. 541).<br />

Anhand dieser Aspekte wird deutlich, dass hier eine klare und durchaus realistische Erwartungshaltung<br />

der behinderten Mitar<strong>bei</strong>ter an ihre Tätigkeit und das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzumfeld<br />

vorliegt. Trotz dieser eigentlich selbstverständlich anmutenden Überlegungen ist die<br />

Umsetzung in der Praxis aber immer noch nicht zufriedenstellend. Wie oft werden behinderte<br />

Menschen nicht eingestellt, da an ihrem Leistungsvermögen gezweifelt wird<br />

oder spezielle <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzanpassungen notwendig sind, die zu aufwendig oder zu teuer<br />

15


erscheinen, ihnen aber die entsprechende Leistungsfähigkeit ermöglichen würden? Und<br />

wenn der Behinderte dann doch eine Anstellung gefunden hat, bleibt die Frage, ob diese<br />

Tätigkeit auch seinen Vorstellungen und Fähigkeiten entspricht oder nicht eher aus<br />

Mangel an anderen Möglichkeiten gewählt wurde. Auch die Stellung selbst weniger<br />

schwer behinderter Menschen als gleichberechtigte Personen, die nicht bevormundet<br />

werden müssen (Art der persönlichen Ansprache, Vertrauen in das Können der Menschen,<br />

individuelle Lebensgestaltung), ist weder auf dem Gebiet der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> noch im allgemeinen<br />

Verständnis der Gesellschaft, schon in einem ausreichenden Maße Wirklichkeit.<br />

Somit wird deutlich, dass es bis zur breiten Verwirklichung von eigentlich ganz<br />

selbstverständlichen Erwartungen behinderter Menschen, z.B. hinsichtlich einer beruflichen<br />

Tätigkeit, noch viel Zeit und gesellschaftlicher Anstrengungen bedarf.<br />

1.4. ALTERNATIVEN ZUR BERUFLICHEN ARBEIT<br />

1.4.1. <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit und ihre Auswirkungen<br />

Der Besitz eines <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes bedeutet besonders in Zeiten hoher <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit<br />

für viele Menschen ein großes Gut. Aufgrund der gesellschaftlichen Bedeutung der<br />

beruflichen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> (vgl. 1.2.) wiegt ein Verlust des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes bzw. die vergebliche<br />

Suche nach einem <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz um so schwerer. <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit stellt einen tiefen Einschnitt<br />

in den individuellen Lebensverlauf dar. Beim Auftreten der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit wird<br />

deutlich, dass neben dem Aspekt der materiellen Existenzsicherung auch weitere Funktionen<br />

von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> hervortreten, deren Stellenwert sonst eher im Hintergrund liegt (Lebenssinn,<br />

soziale Aspekte, Tagesstrukturierung; vgl. 1.2.1.) und nun dem Betroffenen<br />

aber bewusst werden. Im Einzelnen sind hier<strong>bei</strong> <strong>bei</strong>spielsweise folgende Faktoren und<br />

Folgen von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit anzuführen (Esser 1989, S. 139 / 140):<br />

" - ungewohnte Ängste, Erfahrungen der Nutzlosigkeit und Überflüssigkeit<br />

- Selbstunsicherheit, Langeweile, Inaktivität<br />

- Bedrohung der sozialen Identität (...)<br />

- Geldknappheit und wachsende Verschuldung<br />

- niedriges soziales Ansehen (...)<br />

- depressive Verstimmungen als ungewohnte Alltagserscheinung<br />

- schließlich Appetitlosigkeit, Mattigkeit oder auch<br />

- Ruhelosigkeit und plötzliche Neigungen zu destruktiven Aggressionen."<br />

Die Folgen der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit sind nicht nur <strong>bei</strong> nicht behinderten Menschen erkennbar.<br />

In gleichem Maße wie durch die Veränderungen und Umstrukturierungen des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarktes<br />

nicht behinderte Beschäftigte mit dem Problem der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit konfrontiert<br />

wurden, so sind auch behinderte Menschen auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt<br />

trotz verschiedener gesellschaftlich-politischer Bemühungen davon betroffen (vgl. 2.2.).<br />

Noch schwieriger sieht die Situation für Behinderte mit sehr schweren und mehrfachen<br />

Behinderungen aus, da neben der Beschäftigung auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt<br />

vielfach auch die "Ausweichmöglichkeit" WfB für sie verschlossen bleibt. Die Schwierigkeiten,<br />

die für nicht behinderte und behinderte Menschen im Hinblick der Möglichkeit der<br />

Verrichtung von berufsbezogener <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> vorhanden sind, führen schon seit vielen Jahren<br />

zu Überlegungen, welche Alternativen und veränderten Sichtweisen hierfür bestehen.<br />

16


1.4.2. Eigenar<strong>bei</strong>t, Laienar<strong>bei</strong>t, Muße<br />

Bereits 1982 befasste sich Antor mit der sogenannten "Eigenar<strong>bei</strong>t", die der<br />

Selbstversorgung dient, persönlich als sinnvoll erfahren wird und die individuelle Weiterentwicklung<br />

fördert. Eine Entlohnung mit Geld ist allerdings nicht vorgesehen. Der Mangel<br />

an beruflicher <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> soll somit zu einer Chance für einen Wandel werden. Dies bezieht<br />

sich aber nicht nur auf <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>en, die im persönlichen Umfeld zu erledigen sind,<br />

sondern auch die berufliche <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> soll "humanisiert" werden, d.h. Aspekte der Eigenar<strong>bei</strong>t<br />

sollen auch auf diesen Bereich übertragen werden und somit die berufliche Tätigkeit<br />

für die Beschäftigten verbessern. Hierfür sind z.B. Faktoren, wie Abbau von gesundheitsgefährdenden<br />

Belastungen und somit die Vermeidung berufsbedingter Krankheiten<br />

oder Behinderungen sowie Veränderungen in der Länge (Teilzeitar<strong>bei</strong>t, Frührente, Job-<br />

Sharing) bzw. der Lage der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>szeit (gleitende <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>szeit) zu nennen.<br />

Für Menschen mit Behinderungen werden folgende Möglichkeiten abgeleitet. Die stärkere<br />

Berücksichtigung ihrer spezifischen Bedürfnisse schon <strong>bei</strong> der Berufsausbildung und<br />

in den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbedingungen könnte den beruflichen Einstieg für diese Personen erleichtern.<br />

Ebenso sollten in den Werkstätten für Behinderte entsprechend der individuellen<br />

Fähigkeiten vielfältige <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzangebote geschaffen und die WfB auch für Menschen<br />

mit sehr schweren Behinderungen stärker geöff<strong>net</strong> werden. Weiterhin wäre es erforderlich,<br />

auch eine veränderte Sichtweise hinsichtlich des Stellenwerts der beruflichen Rehabilitation<br />

Behinderter zu entwickeln, die auch weitere Bereiche wie Gesundheit, Freizeit,<br />

persönliche Entwicklung oder soziale Umwelt in einem größeren Maße mit einschließt<br />

(vgl. Antor 1982, S. 39-53).<br />

Neben den Veränderungen im Bereich der beruflichen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> sind aber noch weitere<br />

Überlegungen vorhanden. Eigenar<strong>bei</strong>t bedeutet nach Antor nicht nur die Tätigkeit für<br />

die eigene Person, sondern kann über die sogenannte "Laienar<strong>bei</strong>t" auch gesellschaftlich<br />

nützlich sein. Besonders die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> in Selbsthilfegruppen spielt hier<strong>bei</strong> eine große<br />

Rolle und stellt auch für behinderte Menschen eine wichtige Perspektive dar. Im Zusammenschluss<br />

von Menschen, die sich in der gleichen Lage befinden, wird es somit<br />

möglich, sowohl Hilfen und Möglichkeiten zur Bewältigung der persönlichen Situation zu<br />

erwerben als auch durch die gemeinsame Tätigkeit die Absicht des Wirkens einem größeren<br />

Umfeld, z.B. über Öffentlichkeitsar<strong>bei</strong>t, zu vermitteln und sie damit für den jeweiligen<br />

Hintergrund der Selbsthilfegruppe zu sensibilisieren.<br />

Eine weitere Alternative, die sich vor allem an schwerstbehinderte Menschen richtet,<br />

beschreibt Krueger (1993, S. 15 / 16) als "Muße" Damit ist aber nicht bloßes Nichtstun<br />

gemeint, sondern das "Schaffen soll unter Bedingungen der Muße stattfinden, d.h. es<br />

gelingt, wenn freie Zeit, Bequemlichkeit und Untätigkeit gewährt werden, aber auch die<br />

angemessene Gelegenheit, etwas zu tun" (ebd., S. 15). Mit diesen Überlegungen könnte<br />

auch eine WfB schwerstbehinderten Menschen die Möglichkeit bieten, ohne den<br />

Druck einer zu erbringenden <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleistung, entsprechend ihrer Fähigkeiten eine bestimmte<br />

Tätigkeit auszuüben, auch wenn sie nicht den allgemein üblichen Vorstellungen<br />

von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> entspricht. Sieht der Behinderte dagegen diese Tätigkeit für sich als bedeutsam<br />

an, so dürfte man dem Ziel einer Alternative zur herkömmlichen Erwerbsar<strong>bei</strong>t und<br />

einer Veränderung des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbegriffs ein Stück näher gekommen sein. So schreibt<br />

auch Bleidick (1989, S. 174):<br />

"Für schwerstbehinderte Erwachsene sind nicht die Aspekte der Produktion, sondern die<br />

Teilhabe an den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>svorgängen und deren Erleben, in die therapeutische und pflegerische<br />

Erfordernisse voll zu integrieren sind, von ausschlaggebender Bedeutung."<br />

17


1.4.3. Ehrenamtliche <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong><br />

Eine weitere Möglichkeit stellt für mich die "ehrenamtliche <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>" dar, die auch<br />

keine berufliche Erwerbstätigkeit <strong>bei</strong>nhaltet. Viele Bürger, die entweder keiner beruflichen<br />

Tätigkeit nachgehen (können) oder nebenberuflich für diese <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> ihre Freizeit<br />

einsetzen, engagieren sich in verschiedenen Vereinen, Gruppen oder Organisationen<br />

unterschiedlichster Richtungen (Umweltschutz, Kirche, Sozialwesen, Sport usw.). Gerade<br />

für Menschen, die von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit betroffen sind, könnten hier neue Chancen<br />

entstehen. Durch das Knüpfen von Kontakten <strong>bei</strong> dieser Tätigkeit lassen sich vielleicht<br />

auch Perspektiven für eine nachfolgende berufliche Beschäftigung in diesem Bereich<br />

entwickeln. Doch ist zu berücksichtigen, dass die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit <strong>bei</strong> vielen Betroffenen<br />

mit Sorgen und Problemen, auch psychischer Art, verbunden ist und oft nicht gerade zur<br />

Entwicklung neuer Energien <strong>bei</strong>trägt. Vor allem aber finanzielle Aspekte, die hier<strong>bei</strong> von<br />

wachsender Bedeutung sind und <strong>bei</strong> dieser Tätigkeit nicht berücksichtigt werden können,<br />

stehen einer Beschäftigung auf diesem Gebiet im Weg, da der Betroffene sich fragen<br />

wird, warum er denn hier tätig sein soll, wenn er nichts da<strong>bei</strong> verdient.<br />

Für mich steht hiermit besonders der gesellschaftliche Stellenwert von ehrenamtlicher<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> und anderen unentgeltlichen Beschäftigungsformen zur Diskussion, welchen ich<br />

in der heutigen Zeit als zu gering einschätzen möchte. Gelegentlich wird man zwar darauf<br />

aufmerksam, da einige dieser engagierten Mitbürger für ihr Wirken ausgezeich<strong>net</strong><br />

werden und somit auch eine Art Anerkennung für ihre Tätigkeit, nicht nur von gleichgesinnten<br />

oder beteiligten Personen, sondern auch vonseiten Außenstehender erhalten.<br />

Sonst stehen diese Tätigkeiten aber meiner Ansicht nach zu sehr im Hintergrund und<br />

werden zu wenig gewürdigt. Aufgrund des geringen öffentlichen Interesses braucht man<br />

sich über Klagen hinsichtlich einer mangelnden Bereitschaft in der Bevölkerung zur<br />

Ausübung dieser <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>en nicht zu wundern.<br />

1.4.4. Bewertung<br />

Obwohl einige Überlegungen teilweise schon verwirklicht wurden (Veränderungen<br />

von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>szeitregelungen, Laienar<strong>bei</strong>t mittels Selbsthilfegruppen [auch von Behinderten],<br />

langsame Öffnung von Werkstätten für Behinderte auch für Schwerstbehinderte),<br />

steht meines Erachtens einer größeren Umsetzung vor allem der Gegensatz von fehlender<br />

Entlohnung mit Geld und finanziellen Bedürfnissen und Erfordernissen im Weg.<br />

So fragt sich nämlich auch Stadler (1989, S. 256) "wie der seine Existenz sichern soll,<br />

der sein Bedürfnis nach <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeit nur durch Eigenar<strong>bei</strong>t befriedigen kann" .<br />

Gleichsam erscheint mir wichtig zu bedenken, dass eine Durchsetzung von alternativen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smöglichkeiten meiner Ansicht nach heute nicht mehr nur auf einzelnen Ebenen<br />

möglich ist, sondern dieses Vorhaben ließe sich nur mit einem gesamtgesellschaftlichen<br />

Wandel, vor allem auch im Hinblick auf die finanzielle Bewertung von<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> verwirklichen. Es müssten klare Anreize und Regelungen geschaffen werden, die<br />

sowohl den Stellenwert und die Anerkennung dieser Tätigkeiten erhöhen als auch den<br />

finanziellen Aspekt verstärkt in den Hintergrund treten lassen, um so wirkliche Alternativen<br />

zu einer erwerbsmäßigen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> zu bieten und den Beschäftigten trotzdem eine abgesicherte<br />

Lebensführung zu ermöglichen.<br />

Doch gerade in einer Zeit der Globalisierung, wo Strukturen immer stärker weltweit miteinander<br />

verflochten sind, ist ein Alleingang nur schwer möglich. Schnell werden wohl<br />

finanzielle Aspekte (notwendige Sparmaßnahmen des Staates) oder wirtschaftliche Gesichtspunkte<br />

(ungleiche Wirtschaftsbedingungen; Drohung der Verlagerung der Produk-<br />

18


tion in Länder mit geringeren Kosten) dagegen aufgeführt werden. Hier sind also vor<br />

allem gleiche Regelungen innerhalb einer größeren Anzahl von Ländern erforderlich.<br />

Aufgrund der Komplexität der Rahmenbedingungen und der derzeitigen Unlösbarkeit<br />

des finanziellen Aspekts erscheint mir eine tiefgreifende Veränderung zur Durchsetzung<br />

alternativer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smöglichkeiten, die sowohl nicht behinderten als auch behinderten<br />

Menschen nützen würden, für die nächste Zukunft nicht absehbar.<br />

19


2. DIE BESCHÄFTIGUNGSSITUATION SCHWERBEHINDER-<br />

TER MENSCHEN<br />

Zur Darstellung dieses Sachverhalts ist es erforderlich, bereits in diesem Kapitel<br />

auf einige Bestimmungen des "Gesetzes zur Sicherung der Eingliederung in <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>, Beruf<br />

und Gesellschaft" (Schwerbehindertengesetz-SchwbG) bzw. des "Dritten Buches des<br />

Sozialgesetzbuches" (SGB III) näher einzugehen, da sie für verschiedene Aspekte der<br />

Beschäftigungssituation Schwerbehinderter von großer Bedeutung sind. Ein umfassenderer<br />

Überblick bezüglich des SchwbG und des SGB III ist im Kapitel 3 Gesetzliche<br />

Grundlagen" nachzulesen (vgl. 3.1. und 3.2.).<br />

2.1. SCHWERBEHINDERUNG - GRUNDLAGEN UND PERSONENKREIS<br />

Im § 3 des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG; vgl. 3.1.), welches 1974 verabschiedet<br />

wurde, wird auch der Begriff "Behinderung" definiert und verstanden als "die<br />

Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung, die auf einem<br />

regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand beruht" (BAFA 1997, S.<br />

77 / 78). Die Dauer dieser Beeinträchtigung muss länger als sechs Monate betragen, die<br />

Regelwidrigkeit bezieht sich auf die Abweichung vom Lebensalter, wo<strong>bei</strong> kritisch anzumerken<br />

ist, dass durch die Verwendung des Begriffes "regelwidrig" auch wieder eine<br />

starke Orientierung an einer gesellschaftlichen Norm deutlich wird (vgl. 1.3.).<br />

Eine weitere gesetzliche Definition von "Behinderung" ist im § 19 des 1998 neu entstandenen<br />

SGB III, welches die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sförderung einschließlich der beruflichen Rehabilitation<br />

umfasst, zu finden. Diese Definition beschreibt meines Erachtens gut die reale Situation,<br />

in der sich Behinderte hinsichtlich einer beruflichen Eingliederung befinden und<br />

vermeidet zusätzliche, überflüssige Stigmatisierungen. Im § 19 SGB III heißt es (BAFA<br />

1998, S. 38):<br />

"Abs. 1: 'Behinderte sind körperlich, geistig oder seelisch beeinträchtigte Personen, deren<br />

Aussichten, beruflich eingegliedert zu werden oder zu bleiben, wegen Art oder<br />

Schwere ihrer Behinderung nicht nur vorübergehend wesentlich gemindert sind und die<br />

deshalb Hilfen zur beruflichen Eingliederung benötigen.'<br />

Abs. 2: 'Den Behinderten stehen die Personen gleich, denen eine Behinderung mit den<br />

oben genannten Folgen droht.' "<br />

Im Schwerbehindertengesetz wird zur Darstellung der Auswirkungen der "Funktionsbeeinträchtigung"<br />

der "Grad der Behinderung" (GdB) verwendet, der von 20 bis 100 GdB<br />

in Zehnerschritten gestuft ist (vgl. BAFA 1997, S. 78). Daraufhin werden nach § 1<br />

SchwbG die Personen als schwerbehindert bezeich<strong>net</strong>, die einen Grad der Behinderung<br />

von wenigstens 50 aufweisen.<br />

Eine Behinderung ist u.a. dann gegeben, wenn mindestens ein Grad der Behinderung<br />

von 20 vorliegt (vgl. Wolfin / Schmidt 1993, S. 29). Kritisch wird aber vor allem gesehen,<br />

dass diem Schwerbehinderteneigenschaft nur in Verbindung mit dem Erwerbsleben besteht<br />

und sich ihre rechtliche Bestimmung auf das Schwerbehindertengesetz beschränkt,<br />

so dass auch nur den Personen der volle Leistungsanspruch zugestanden<br />

wird, die die Bedingungen des Schwerbehindertengesetzes erfüllen (vgl. Anders 1996,<br />

S. 550).<br />

20


Die Zahl der aufgrund dieser Grundlage als schwerbehindert geltenden Menschen beträgt<br />

in Deutschland ca. 6,6 Millionen, wo<strong>bei</strong> aber insgesamt sogar von einer Zahl von<br />

über acht Millionen Behinderten in Deutschland ausgegangen wird, da nicht alle Behinderten<br />

auch amtlich als solche anerkannt sind (vgl. Bleidick 1997, S. 75). In Sachsen<br />

waren Ende 1999 insgesamt 269 997 Menschen mit gültigem Schwerbehindertenausweis<br />

registriert, was einem Prozentsatz von 6,1% der Einwohner entspricht (vgl. Statistisches<br />

Landesamt des Freistaates Sachsen 2000; www.statistik.sachsen.de).<br />

Hinsichtlich der am häufigsten vorkommenden Funktionseinschränkungen <strong>bei</strong> Schwerbehinderten<br />

lassen sich folgende Angaben treffen (Bundesministerium für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> und<br />

Sozialordnung [im Folgenden BMA genannt] 2000a, S. 5):<br />

" · Innere Organe 30%<br />

· Geistige und seelische Behinderungen 15%<br />

· Gliedmaßen 15%<br />

· Wirbelsäule, Rumpf, Brustkorb 15%<br />

· Blindheit und Sehbehinderung 5%" .<br />

Hiermit wird ersichtlich, dass der Begriff der Schwerbehinderung auch Menschen mit<br />

Körperbehinderungen umfasst, da Leyendecker (1992, S. 96) "Körperbehinderung"<br />

folgendermaßen definiert:<br />

"Körperbehindert ist jemand, der infolge einer Schädigung des Stütz- und Bewegungssystems,<br />

einer anderen organischen Schädigung oder einer chronischen Krankheit so in<br />

seiner Bewegungsfähigkeit und dem äußeren Erscheinungsbild beeinträchtigt ist, daß<br />

die Selbstverwirklichung in sozialer Interaktion erschwert ist."<br />

2.2. SCHWERBEHINDERTE UND DER ARBEITSMARKT<br />

2.2.1. Die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit Schwerbehinderter<br />

Veränderungen auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt betreffen nicht nur die nicht<br />

behinderten Menschen, sondern wirken sich ebenso auf die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarktsituation für<br />

Behinderte aus. Eine <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosenzahl von knapp vier Millionen Personen bleibt somit<br />

auch auf die Beschäftigungssituation der behinderten Menschen nicht ohne Bedeutung.<br />

So ist eine stetige Zunahme der Erwerbslosigkeit von Schwerbehinderten in den 80erund<br />

90er-Jahren festzustellen. Waren z.B. im Herbst 1992 ca. 125 000 Menschen dieses<br />

Personenkreises ar<strong>bei</strong>tslos, so lag die Zahl der ar<strong>bei</strong>tslosen Schwerbehinderten in<br />

den Jahren 1997 und 1998 <strong>bei</strong> durchschnittlich mehr als 190 000 Menschen (vgl. Frick /<br />

Sadowski 1996, S. 472 und BMA 2000a, S. 2). Da<strong>bei</strong> ist aber noch zu berücksichtigen,<br />

dass sich diese Daten nur auf die Personen beziehen, die auch um <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> nachsuchen.<br />

Nach Eckert (1996, S. 493) kommt noch rund eine Million Schwerbehinderte im<br />

erwerbsfähigen Alter hinzu, die von der Statistik nicht als ar<strong>bei</strong>tssuchend erfasst<br />

werden. Zur Verdeutlichung sei noch ein weiterer Aspekt angefügt. Auch die Absolventen der<br />

Berufsbildungswerke (BBW; vgl. 5.1.) haben im zunehmenden Maße Schwierigkeiten,<br />

nach ihrem Abschluss eine Anstellung auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt zu finden.<br />

Konnten 1988 noch 80% der Abgänger innerhalb eines Jahres einen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz finden,<br />

so sank diese Zahl im Jahre 1993 auf nur noch 63% (vgl. Hohmeier / Barlsen 1997, S.<br />

245).<br />

21


2.2.2. Veränderungen auf dem <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt<br />

Der Rückgang der Beschäftigung Schwerbehinderter steht im engen Zusammenhang<br />

mit den veränderten Strukturen, die sich durch verschiedene Entwicklungen auf<br />

dem Bereich <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> / <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt herausgebildet haben. Eine wichtige Rolle spielt da<strong>bei</strong><br />

die Frage nach der Qualifikation der Erwerbstätigen. Es ist nämlich festzustellen,<br />

dass vor allem <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzangebote mit geringen Qualifikationen zurückgingen.<br />

Gleichzeitig besaßen im Jahre 1992 64% der als ar<strong>bei</strong>tslos registrierten Schwerbehinderten<br />

keine abgeschlossene Berufsausbildung (ebd., S. 244). Behinderte Menschen<br />

sind also in einem besonderen Maße von diesen Entwicklungen betroffen, d.h. sie werden<br />

auf zunehmende Art und Weise mit Anforderungen auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt<br />

konfrontiert, denen sie aufgrund ihrer individuellen Einschränkungen scheinbar<br />

nicht entsprechen können bzw. auf die sie nicht genügend vorbereitet wurden (vgl.<br />

2.2.4. und 2.2.5.).<br />

Göbel (1999, S. 211) führt mehrere Aspekte an, die für die Entwicklung der Wirtschaftsund<br />

Beschäftigungsstruktur derzeit und in den kommenden Jahren charakteristisch sind.<br />

Der Abbau von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätzen in Industrieberufen wird sich fortsetzen, dagegen sei ein<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzzuwachs in Dienstleistungs- und Informationstechnikberufen zu verzeichnen.<br />

Von Letzterem können Behinderte aber nur bedingt profitieren, da es sich meist um anspruchsvolle<br />

Berufe handelt, die sich nicht immer mit den Fähigkeiten der Behinderten<br />

in Einklang bringen lassen.<br />

Weiterhin würde zwar die Anzahl der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze in kleineren und mittleren Servicebetrieben<br />

steigen, sie erscheinen aber gerade für Körperbehinderte wegen den damit verbundenen,<br />

zur Durchführung der Tätigkeit erforderlichen, <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>shaltungen als ungeeig<strong>net</strong>.<br />

Ein wichtiger Bereich ist auch die Zunahme der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sanforderungen hinsichtlich des<br />

Verfügens über bestimmte Qualifikationen und Kompetenzen sowie die Ver<strong>net</strong>zung von<br />

verschiedenen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereichen, die zusätzlich zur Erhöhung der notwendigen Kenntnisse<br />

<strong>bei</strong>tragen.<br />

Das Anwachsen der Aspekte Kunden- und Qualitätsorientierung bedingt aber als Voraussetzung<br />

eine gewisse räumliche Mobilität, die wiederum von Behinderten nur schwer<br />

zu verwirklichen ist.<br />

Schließlich sei noch die Flexibilisierung bzw. Entkoppelung von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>szeit und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sort<br />

zu erwähnen. Göbel nennt hierfür das Beispiel von Computerar<strong>bei</strong>tsplätzen ("Telear<strong>bei</strong>t")<br />

für Behinderte, die für die Beschäftigung vor allem auch von körperbehinderten<br />

Menschen eine gute Möglichkeit darstellen. Allerdings sollte da<strong>bei</strong> gewährleistet sein,<br />

dass sie über die erforderlichen Kenntnisse verfügen können und diese <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sform,<br />

besonders wenn sie in Form von Heimar<strong>bei</strong>t durchgeführt wird, nicht zu einer sozialen<br />

Isolation führt.<br />

2.2.3. Vorbehalte gegenüber der Beschäftigung Schwerbehinderter<br />

In der Informationsbroschüre "Eine Frage der Einstellung", die das BMA zur Unterstützung<br />

der Kampagne "50 000 neue Jobs für Schwerbehinderte" herausgegeben<br />

hat (vgl. 3.1.4.), werden Vorurteile, die in der Gesellschaft bezüglich einer beruflichen<br />

Beschäftigung schwerbehinderter Menschen herrschen, folgendermaßen zusammengefasst<br />

(vgl. BMA 2000a, S. 4):<br />

22


"Schwerbehinderte sind nicht belastbar, wenig qualifiziert, oft krank, und die Ausstattung<br />

eines behinderungsgerechten <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes ist mit Komplikationen und viel Aufwand<br />

verbunden."<br />

Ähnlich beschreiben auch Wolfin / Schmidt (1993, S. 65 / 66) die Faktoren, die angeblich<br />

die Einstellung schwerbehinderter Menschen hemmen, aber nicht immer als objektiv<br />

zu bezeichnen sind. Nach Angabe Unternehmen sind hier<strong>bei</strong> vor allem der besondere<br />

Kündigungsschutz für Schwerbehinderte nach dem SchwbG (vgl. 3.1.1.), notwendige<br />

Mehraufwendungen <strong>bei</strong> der Einstellung und Beschäftigung dieser Menschen, häufigere<br />

Fehlzeiten als Nicht-Behinderte sowie eine mangelnde Passung von Anforderungsprofil<br />

des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes und Leistungsfähigkeit bzw. Einsatzflexibilität der Schwerbehinderten<br />

zu nennen. Daneben treten aber auch bloße Unkenntnis und undifferenzierte Wahrnehmung<br />

der Gruppe der Schwerbehinderten sowie große Vorbehalte gegenüber bestimmten<br />

Behindertengruppen, wie z.B. Blinden, geistig Behinderten, Menschen mit cerebralen<br />

Bewegungsstörungen oder Suchtkranken als Ursachen für eine Nicht-<br />

Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen auf. Außerdem ist es gerade in Zeiten<br />

höherer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit für die Unternehmen leichter, <strong>bei</strong> einer großen Bewerberzahl<br />

auf nicht behinderte Bewerber zurückzugreifen.<br />

Hinderlich bezüglich der Beschäftigung Schwerbehinderter scheint auch die oftmals nur<br />

unzureichende Zusammenar<strong>bei</strong>t zwischen Unternehmen und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt bzw. Hauptfürsorgestelle<br />

(vgl. 3.1.2.) zu sein. So meinten 95% der Betriebe, mit der Hauptfürsorgestelle<br />

nur sporadisch in Kontakt zu treten (vgl. Frick / Sadowski 1996, S. 474). Weiterhin<br />

gaben <strong>bei</strong> einer Befragung etwa 75% der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber an, nie oder nur selten <strong>bei</strong>m <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt<br />

nachzufragen, ob für einen zu besetzenden <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz schwerbehinderte<br />

Menschen zur Verfügung stehen (vgl. Wolfin / Schmidt 1993, S. 64). Deshalb ist es wohl<br />

nicht verwunderlich, dass viele <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber mit den entsprechenden Regelungen nicht<br />

vertraut sind und mögliche finanzielle Hilfsmöglichkeiten, z.B. zur Einrichtung des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes,<br />

nicht wahrnehmen können. Auf diese Art und Weise, aufgrund von mangelnder<br />

Information oder falschen Einschätzungen der Leistungsfähigkeit Schwerbehinderter,<br />

werden Vorurteile gefestigt und somit eine größere Förderung der beruflichen<br />

Eingliederung dieser Menschen verhindert.<br />

2.2.4. Individuelle Faktoren <strong>bei</strong> der beruflichen Eingliederung<br />

In einer Untersuchung hinsichtlich der Lebensbedingungen behinderter Erwachsener<br />

befassten sich Windisch / Kniel (1993, S. 99 ff.) auch mit dem Aspekt der beruflichen<br />

Integration. Da<strong>bei</strong> lassen sich unter Berücksichtigung mehrerer Faktoren zusammenfassend<br />

für die Beschäftigung Schwerbehinderter folgende Schlussfolgerungen treffen.<br />

Je höher das Bildungsniveau der behinderten Menschen ist, desto größer sind auch die<br />

Chancen, einen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz finden zu können. Eine wichtige Rolle spielt da<strong>bei</strong> auch,<br />

dass es mit einem höheren Bildungsniveau möglich ist, eine größere Vielfalt an beruflichen<br />

Tätigkeiten auszuüben, also eine höhere berufliche Flexibilität vorhanden ist. Von<br />

den Teilnehmern der Untersuchung waren 74,1% der Behinderten mit Abitur berufstätig,<br />

aber nur 40,6% derjenigen mit Hauptschulabschluss.<br />

Auch das Alter besitzt <strong>bei</strong> der Beschäftigung Schwerbehinderter eine wichtige Bedeutung.<br />

Mit zunehmendem Alter steigt auch <strong>bei</strong> behinderten <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>nehmern das Risiko, in<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit zu geraten. Waren z.B. 70,0% der befragten Behinderten im Alter von<br />

23


26-35 Jahren erwerbstätig, so sank dieser Anteil <strong>bei</strong> den Personen im Alter von 56-63<br />

Jahren auf nur noch 24,1%.<br />

Hinsichtlich des Geschlechts stellten die Autoren fest, dass die behinderten Männer<br />

zwar eine höhere Erwerbstätigenquote als Frauen aufwiesen (47,7% bzw. 43,4%), die<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosenquote der Frauen aber nur unwesentlich größer war als die der Männer<br />

(56,6% bzw. 52,3%), wo<strong>bei</strong> aber zu bedenken ist, dass viele Frauen von der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosenstatistik<br />

nicht berücksichtigt werden, da sie nicht als ar<strong>bei</strong>tssuchend gelten.<br />

Der Art der Behinderung und dem damit verbundenen individuellen Hilfebedarf kommen<br />

<strong>bei</strong> der Eingliederung schwerbehinderter Menschen in das Berufsleben auch eine wichtige<br />

Bedeutung zu. Je komplexer die Folgen der Behinderung und der Hilfebedarf sind,<br />

desto geringer sind die Chancen einer beruflichen Beschäftigung einzuschätzen. In der<br />

Untersuchung von Windisch und Kniel waren nur 45,8% der Körperbehinderten erwerbstätig,<br />

dagegen aber z.B. 68,0% der Blinden und 69,2% der Hörgeschädigten. Als<br />

Ursache werden von den Autoren vor allem <strong>bei</strong> Menschen mit schweren Körperbehinderungen,<br />

im Vergleich zu den Blinden und Hörgeschädigten, das Zusammenwirken der<br />

Faktoren "hoher Hilfebedarf in der persönlichen Versorgung" und "niedriges Bildungsniveau"<br />

angegeben, "so daß eine Kompensation der Beeinträchtigung aufgrund ihrer Behinderung<br />

durch ein höheres Bildungsniveau und damit einhergehende Qualifikationen<br />

nicht erfolgen kann" (ebd., S. 107).<br />

Schließlich wirkt sich auch die Behinderungsursache auf die berufliche Beschäftigung<br />

Behinderter aus. Menschen, die von Geburt an behindert waren, wiesen nach dieser<br />

Studie einen höheren Anteil <strong>bei</strong> der Erwerbstätigkeit auf (72,5%) als die Personen, <strong>bei</strong><br />

denen erst im Laufe ihres Lebens eine Behinderung auftrat (46,5%). Bei Spätbehinderten<br />

erschweren oftmals geringe schulische bzw. berufliche Bildung, Art der ausgeübten<br />

Tätigkeit und der Zeitpunkt des Auftretens der Behinderung die Chancen auf einen neuen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz, während die Geburtsbehinderten über ein höheres Bildungsniveau hier<strong>bei</strong><br />

einen Ausgleich bewirken können.<br />

Ich möchte jedoch anmerken, dass meiner Meinung nach aber nicht alle Menschen, die<br />

schon frühzeitig eine Behinderung aufweisen, auch einen höheren Schulabschluss o.ä.<br />

zum Erwerb eines <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes besitzen. Gerade z.B. geistig Behinderte, Menschen<br />

mit sehr schweren oder mehrfachen Behinderungen, aber auch Lernbehinderte, deren<br />

Einschränkungen teilweise erst im Laufe der Schulzeit auffallen und <strong>bei</strong> denen die Behinderung<br />

nach dem Verlassen der Schule nicht ohne weiteres auch als solche anerkannt<br />

wird, sind hiervon betroffen und somit auch <strong>bei</strong> der Suche nach einem <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz<br />

auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt erheblich benachteiligt. Bei Abgängern einer<br />

Schule für Lernbehinderte muss nämlich zunächst individuell überprüft werden, ob sie<br />

zu dem im § 19 SGB III beschriebenen Personenkreis gehören (vgl. 2.1.). Fällt die Einschätzung<br />

diesbezüglich negativ aus, sind sie den Abgängern aus dem Regelschulbereich<br />

gleichgestellt, was sich entsprechend auch auf ihre beruflichen Möglichkeiten erschwerend<br />

auswirkt. Die BAFA ergänzt (1998, S. 17):<br />

"Allein die Tatsache, daß ein Absolvent eine Schule für Lernbehinderte / Förderschule<br />

besucht hat, reicht nicht aus, damit die Zugehörigkeit zur Zielgruppe des § 19 SGB III zu<br />

begründen."<br />

24


2.2.5. Kritik an den beruflichen Ausbildungsmaßnahmen für Behinderte<br />

Außerdem treten auch Zweifel an den bisherigen beruflichen Ausbildungsmaßnahmen<br />

für Behinderte auf. Viele Maßnahmen, vor allem Förderlehrgänge für eine Anlerntätigkeit<br />

auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt (vgl. 4.3.2.), vermitteln den Betroffenen<br />

zu wenig geeig<strong>net</strong>e Qualifikationen, um sie für den Wechsel in das Berufsleben vorzubereiten.<br />

Stattdessen würden sie vielmehr aus Gründen des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarktes dazu <strong>bei</strong>tragen,<br />

lediglich eine Art Überbrückungsmöglichkeit <strong>bei</strong> konjunkturellen Schwierigkeiten<br />

darzustellen, welche auf diese Weise die Statistik verbessert, aber den Betroffenen hinsichtlich<br />

ihrer beruflichen Eingliederung im Endeffekt nicht viel Nutzen erbringt.<br />

Es wurden zwar für viele behinderte Jugendliche Ausbildungsangebote geschaffen, die<br />

versuchen, eine größere Anzahl dieses Personenkreises einzubeziehen, doch besonders<br />

<strong>bei</strong> überbetrieblichen Maßnahmen sei auch festzustellen, dass ihnen oftmals die<br />

tatsächliche Verbindung zur Lebens- und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>swelt fehlt, da sie in ihrer Struktur diesbezüglich<br />

zu abgeschlossen aufgebaut sind. Dies betrifft vor allem auch behinderte Jugendliche,<br />

die stärkere Einschränkungen aufweisen und somit auf eine optimale Passung<br />

zwischen den individuellen Leistungsmöglichkeiten und den spezifischen Anforderungen<br />

des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes angewiesen sind (vgl. Hohmeier / Barlsen 1997, S. 245). Sie<br />

schreiben dazu zusammenfassend (ebd.):<br />

"Die curriculare Ausrichtung der Fördermaßnahmen ermöglicht zwar deren Standardisierung<br />

im Hinblick auf ein generelles Qualifizierungsniveau, reduziert aber die Chance<br />

der Orientierung an konkreten <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzmerkmalen einerseits sowie an individuellen<br />

Leistungsprofilen andererseits. In der Flexibilität und der Individualisierung von Qualifizierungsmaßnahmen<br />

scheint eine Möglichkeit gegeben zu sein, den angedeuteten<br />

Problemen angemessener zu begegnen."<br />

Über eine betriebliche Ausbildung würden die Jugendlichen zwar eine gute Verbindung<br />

zu den realen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sanforderungen erhalten, andererseits ist aber zu berücksichtigen,<br />

dass die Bereitschaft der Unternehmen, Jugendliche mit schweren Behinderungen als<br />

Auszubildende einzustellen, nur recht gering ist. So beschäftigten im Jahr 1989 weniger<br />

als die Hälfte der Betriebe schwerbehinderte Auszubildende (vgl. Wolfin / Schmidt 1993,<br />

S. 64).<br />

2.2.6. Beschäftigungsstrukturen für Schwerbehinderte auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt<br />

Die Beschäftigtenzahl schwerbehinderter Menschen ist zunächst abhängig von der<br />

Größe des Unternehmens und dessen Tätigkeitsbereich. So betrug der Anteil Schwerbehinderter<br />

im Jahre 1992 z.B. in Klein- und Mittelbetrieben mit weniger als 100 Beschäftigten<br />

ca. 3,2%. Großbetriebe mit mehr als 1000 <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>nehmern wiesen jedoch einen<br />

Schwerbehindertenanteil von 4,8% auf (vgl. Frick / Sadowski 1996, S. 473 / 474).<br />

Zu bedenken ist außerdem, dass viele Menschen, die heute als schwerbehindert gelten,<br />

ihre Behinderung erst im Laufe ihrer beruflichen Tätigkeit erwarben, d.h. sie haben in<br />

ihrem Unternehmen teilweise schon über viele Jahre mitgear<strong>bei</strong>tet und sind mit den<br />

entsprechenden <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sabläufen vertraut. Die Zahl der schwerbehinderten Beschäftigten,<br />

die auf diese Weise angestellt wurden, beträgt rund 82% (ebd., S. 473). Somit bedeutet<br />

eine Weiterbeschäftigung für die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber trotz der erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen<br />

oft eine kostengünstigere Alternative als eine Neueinstellung. Wei-<br />

25


terhin lassen sich auf diese Weise auch positive Auswirkungen auf die anderen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer<br />

feststellen, da dadurch eine Verbesserung im Betriebsklima, vor allem hinsichtlich<br />

der Erhöhung der Dauer der Betriebszugehörigkeit und der Motivation, bewirkt werden<br />

kann. Gleichzeitig sehen die Unternehmen so auch die Möglichkeit, sich später<br />

durch Frühverrentungen in "akzeptabler" Weise von den schwerbehinderten Mitar<strong>bei</strong>tern<br />

zu trennen. Die Weiterbeschäftigung schwerbehinderter Menschen erfolgt also nicht aus<br />

rein sozialen Motiven, sondern auch aus betriebs-ökonomischen Gründen.<br />

Andererseits ist aber festzustellen, dass die Beschäftigungsverhältnisse jüngerer, teilweise<br />

hoch qualifizierter Schwerbehinderter, die neu in einem Betrieb eingestellt wurden,<br />

häufig schon nach wenigen Jahren wieder aufgelöst werden. So haben nach drei<br />

Jahren insgesamt 48% dieser Personen das Unternehmen wieder verlassen (ebd., S.<br />

476). Dies könnte meiner Ansicht nach auch daran liegen, dass die Chancen dieser<br />

Personen, wieder einen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz zu erhalten, größer sind als <strong>bei</strong> den Schwerbehinderten,<br />

die erst im Laufe ihrer beruflichen Tätigkeit eine Behinderung erwerben. Somit<br />

ist hier die Bereitschaft für einen Wechsel des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes oder des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sortes als<br />

höher einzuschätzen (vgl. 2.2.4.).<br />

2.2.7. Auswirkungen auf die Werkstätten für Behinderte<br />

- Beschäftigungsstruktur:<br />

Die Entwicklungen hinsichtlich einer zunehmenden Verschlechterung der Situation<br />

Schwerbehinderter auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt bleiben auch für die sogenannte<br />

beschützte Beschäftigung in den Werkstätten für Behinderte (WfB; vgl. 6.1.) nicht ohne<br />

Auswirkungen. So scheint die WfB immer mehr zu einem <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sort für Behinderte zu<br />

werden, die <strong>bei</strong> einer besseren Situation auch auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt tätig<br />

sein könnten.<br />

Von 1984 stieg die Zahl der Werkstätten für Behinderte von 330 auf 470 (alte Bundesländer)<br />

im Jahre 1994. Zusätzlich sind <strong>bei</strong>m Stand des Jahres 1994 noch weitere 170<br />

WfB in den neuen Bundesländern zu berücksichtigen. Im gleichen Zeitraum stieg auch<br />

die Zahl der Beschäftigten der WfB von 75 000 auf 120 000 Menschen (alte Bundesländer).<br />

Weitere 18 000 behinderte Menschen ar<strong>bei</strong>teten 1994 in einer WfB in den neuen<br />

Bundesländern. Den größten Anteil der behinderten Beschäftigten stellen mit ca. 85%<br />

die geistig Behinderten, gefolgt von Menschen mit Körperbehinderungen (6 bis 8%) und<br />

den psychisch Behinderten mit einem Anteil von etwa 7 bis 9% (vgl. Eckert 1996, S.<br />

496). Gleichermaßen gelingt nur einem sehr geringen Prozentsatz der Beschäftigten<br />

einer WfB der Wechsel auf den allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt. Nach Hohmeier / Barlsen<br />

(1997, S. 245) liegt er unter 1%.<br />

- Wirtschaftliche Aspekte:<br />

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die WfB auf Aufträge von Privatunternehmen<br />

oder öffentlichen Einrichtungen angewiesen ist und somit auf ihnen ein nicht zu<br />

unterschätzender wirtschaftlicher Druck lastet. Die WfB bewegen sich <strong>bei</strong>m Einholen<br />

von Aufträgen auf der selben Stufe wie jedes andere Unternehmen, d.h. sie müssen<br />

sich und ihr Leistungsangebot so darstellen, dass das Unternehmen, welches den Auftrag<br />

zu vergeben hat, davon überzeugt ist, dass die WfB ihn auch in angemessener Art<br />

und Weise durchführen kann. Aus Mitleidsgründen oder purem sozialen Bewusstsein<br />

wird wohl kaum ein Unternehmen einen Auftrag an eine WfB vergeben. Besonders dem<br />

26


Preis-Leistungs-Verhältnis kommt <strong>bei</strong> der Auftragsvergabe im Allgemeinen eine wichtige<br />

Stellung zu. Die hergestellten Produkte müssen einerseits einen hohen Qualitätsgrad<br />

aufweisen, aber andere Faktoren, wie z.B. benötigte <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>szeit, Personalkosten, Materialeinsatz<br />

(möglichst effizient und sparsam), die sich auf die Herstellungskosten auswirken,<br />

sollen andererseits nicht zu hoch liegen. Die Auftragsvergabe ist somit für die WfB<br />

keine Selbstverständlichkeit, da die Konkurrenz nicht nur auf dem allgemeinen Markt,<br />

sondern gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in gewisser Hinsicht auch zwischen<br />

den WfB untereinander besteht.<br />

Zwar haben sich die WfB auch noch andere Möglichkeiten geschaffen, um ihre wirtschaftliche<br />

Existenz nicht allein durch Auftragsar<strong>bei</strong>ten zu sichern. So haben die meisten<br />

WfB drei Tätigkeitsschwerpunkte entwickelt (vgl. BAFA 1997, S. 411):<br />

- 1. Auftragsar<strong>bei</strong>ten (z.B. Montage-, Verpackungs-, Versandar<strong>bei</strong>ten für Betriebe)<br />

- 2. Eigenproduktionen (z.B. Holzspielzeug, Kunstgewerbe, Textilien, Möbelstücke)<br />

- 3. Dienstleistungen (z.B. EDV, Landwirtschaft, Garten- u. Landschaftspflege,<br />

Wäscherei).<br />

Doch auch wenn die WfB so etwas unabhängiger von möglichen konjunkturellen<br />

Schwankungen der Betriebe hinsichtlich deren Auftragsvergabe sind, bedeuten auch die<br />

anderen <strong>bei</strong>den Zweige keine garantierte Sicherheit. Zum einen muss erst einmal gewährleistet<br />

sein, dass die Eigenprodukte auch Abnehmer finden, wo<strong>bei</strong> auch hier<br />

Aspekte, wie z.B. Aussehen, Qualität, Preis, Originalität oder Gebrauchswert für den<br />

Verkauf nicht unerheblich sind. Weiterhin müssen auch entsprechende<br />

Verkaufsmöglichkeiten (Märkte, eigener Laden, Abnahme der Produkte durch den<br />

Handel) vorhanden sein, was wiederum bestimmte finanzielle Investitionen erfordert.<br />

Ähnlich müssen die Dienstleistungsangebote zunächst in ausreichendem Maße und<br />

möglichst großer Breite nachgefragt bzw. in Auftrag gegeben werden, um damit eine<br />

feste Einnahmequelle für die WfB zu schaffen.<br />

Die Versuche und Anstrengungen vonseiten der WfB zur Erweiterung ihres Angebots<br />

stehen aber noch immer im Gegensatz zu der tatsächlichen Anerkennung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> der<br />

behinderten Beschäftigten. Obwohl von den Behinderten hochwertige Produkte angeboten<br />

werden, erfolgt noch eine zu geringe Anerkennung ihrer Tätigkeit durch entsprechende<br />

Entlohnung oder Mitspracherechte. Zu oft haben die WfB für Industrieunternehmen<br />

nur die Funktion eines billigen Zulieferers (vgl. Eckert 1996, S. 496). Hinsichtlich<br />

der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleistung der Behinderten schreibt er (ebd.):<br />

"Berücksichtigt man, daß in einer WfB 'nur' Menschen, die 'ein Mindestmaß an wirtschaftlich<br />

verwertbarer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleistung' besitzen und ihre 'Gemeinschaftsfähigkeit' unter<br />

Beweis stellen können, aufgenommen werden, ist das eine nicht unbedeutende Größe."<br />

- Soziale Aspekte:<br />

Trotz des vorhandenen ökonomischen Drucks einerseits, soll eine WfB andererseits<br />

aber als eine Einrichtung der beschützten Beschäftigung für Behinderte fungieren.<br />

Gerade z.B. für Menschen mit sehr schweren Körperbehinderungen stellt die WfB oftmals<br />

die einzige Chance dar, eine <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smöglichkeit zu erhalten. Doch hier steht nicht<br />

selten der Aspekt des Mindestmaßes an wirtschaftlich verwertbarer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleistung nach<br />

§ 54 Abs. 2 SchwbG (vgl. 6.1.), der auf den ersten Blick von den Betroffenen anscheinend<br />

nicht zu erfüllen ist, einer Aufnahme in die WfB im Weg.<br />

So werden viele dieser Menschen aufgrund ihres Pflegebedarfs stattdessen eher in einer<br />

der WfB angegliederten Fördergruppe oder in einer Tagesförderstätte (vgl. 6.2.) betreut<br />

und gefördert. Doch vor allem Körperbehinderte fühlen sich da<strong>bei</strong> nicht selten fehl-<br />

27


platziert, da sie auf diese Weise mit geistig behinderten Menschen gleichgestellt werden<br />

und ihre vorhandenen Fähigkeiten zu wenig einsetzen können. Werden aber ernsthafte<br />

Anstrengungen unternommen, für diese Menschen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sangebote zu schaffen, so ist<br />

es durchaus möglich, dass <strong>bei</strong> angemessen eingerichteten <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätzen oder anderen<br />

zur Verfügung stehenden Hilfen, auch Menschen mit schweren Körperbehinderungen<br />

eine <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> entsprechend ihrer Fähigkeiten ausüben können, wofür auch schon mehrere<br />

Beispiele vorhanden sind (vgl. Lelgemann 1996). Eine wichtige Voraussetzung dafür ist<br />

aber wohl zunächst unbedingt eine Veränderung der Sichtweise hinsichtlich der Leistungsmöglichkeiten<br />

behinderter Menschen.<br />

Ähnlich sieht die Situation für Menschen mit schweren geistigen Behinderungen aus.<br />

Gerade sie sind z.B. nach dem Schulbesuch auf weiterführende Förderung zum Erhalt<br />

oder der Erweiterung ihrer erworbenen Fähigkeiten angewiesen. Für ihre Entwicklung<br />

wäre es schon ein Erfolg, wenn die Aufnahme in eine Fördergruppe oder Tagesförderstätte<br />

gelingen würde. Leider ist dies aber nicht immer möglich, da aus finanziellen<br />

Gründen nicht jede WfB in der Lage ist, eine spezielle Fördergruppe für diese Menschen<br />

unter ihrem Dach einzurichten, da die Kosten durch Aufträge an die WfB bzw. über die<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleistungen der anderen Beschäftigten erst einmal erwirtschaftet werden müssen.<br />

Damit wird deutlich, dass die WfB zwar für viele behinderte Menschen, die auf dem allgemeinen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt (derzeit) keinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz finden würden, eine Chance darstellen<br />

kann, eine <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smöglichkeit zu erhalten. Andererseits findet auch hier durch<br />

wirtschaftliche Zwänge noch viel zu häufig eine Aussonderung und Diskriminierung von<br />

Menschen statt, die eigentlich aufgrund ihres Hilfebedarfs am ehesten auf eine zielgerichtete<br />

Förderung ihrer individuellen Fähigkeiten angewiesen sind. Auch wenn die Behinderten<br />

nicht zur Durchführung einer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> im allgemeinen gesellschaftlichen Verständnis<br />

in der Lage sind, könnten zumindest durch die Einrichtung von Fördergruppen<br />

in einer WfB für sie Angebote zur Tagesstrukturierung getroffen werden, die ihnen aufgrund<br />

der Behinderung allein nicht möglich sind.<br />

Dies würde meines Erachtens sicher zu einer deutlichen Erhöhung der Lebensqualität<br />

<strong>bei</strong>tragen und die Fortsetzung von entsprechenden Förderangeboten ermöglichen, die<br />

in der Schule begonnen wurden. Voraussetzung wäre da<strong>bei</strong> allerdings, dass diese<br />

Maßnahmen im Rahmen der Organisationsstruktur der WfB stattfinden und nicht eine<br />

weitere Form der Aussonderung nach sich ziehen. In diesem Zusammenhang darf der<br />

Ausbau von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sangeboten für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen<br />

in den WfB durch die Entwicklung und Bereitstellung entsprechender Hilfsmittel<br />

nicht vernachlässigt werden (vgl. 6.1. und 6.2.). Eine bessere finanzielle und wirtschaftliche<br />

Absicherung der WfB bzw. eine gerechtere Entlohnung wäre dem sicherlich dienlich.<br />

28


3. GESETZLICHE GRUNDLAGEN DER BERUFLICHEN<br />

EINGLIEDERUNG<br />

In diesem Kapitel möchte ich nachfolgend auf wichtige gesetzliche Regelungen<br />

zur Förderung und Durchführung der beruflichen Eingliederung behinderter Menschen<br />

näher eingehen.<br />

Folgende Gesetze sollen da<strong>bei</strong> thematisiert werden:<br />

- 1. das Schwerbehindertengesetz (SchwbG)<br />

- 2. das Dritte Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)<br />

- 3. das Rehabilitationsangleichungsgesetz (RehaAnglG)<br />

- 4. das Bundessozialhilfegesetz (BSHG)<br />

- 5. das Berufsbildungsgesetz (BBiG) und die Handwerksordnung (HwO).<br />

3.1. DAS SCHWERBEHINDERTENGESETZ<br />

Eine wichtige gesetzliche Grundlage der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen<br />

ist das Schwerbehindertengesetz (SchwbG) vom 29.04.1974, welches zunächst<br />

durch das "Erste Gesetz zur Änderung des SchwbG" vom 24.07.1986 novelliert wurde.<br />

Doch aufgrund der zunehmenden Verschlechterung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarktsituation schwerbehinderter<br />

Menschen (vgl. 2.2.) schien es erforderlich, die Beschäftigungsmöglichkeiten<br />

dieser Personen durch Änderungen am SchwbG zu verbessern. So trat am<br />

01.10.2000 das "Gesetz zur Bekämpfung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit Schwerbehinderter"<br />

(SchwbBAG) in Kraft, welches zahlreiche Neuerungen im Vergleich zum bisherigen<br />

SchwbG <strong>bei</strong>nhaltet. Bevor ich hierauf näher eingehe, möchte ich zunächst jedoch wichtige<br />

Grundlagen des Schwerbehindertengesetzes und ihre bisherigen Wirkungen beschreiben.<br />

3.1.1. Grundlagen des Schwerbehindertengesetzes<br />

Das SchwbG umfasst Regelungen hinsichtlich des geschützten Personenkreises<br />

(§§ 1 bis 4; vgl. auch 2.1.), der Beschäftigungspflicht der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber (§§ 5 bis 12; vgl.<br />

3.1.3.), der behinderungsgerechten Gestaltung des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes (§§ 14, 31) und des<br />

Kündigungsschutzes für Schwerbehinderte (§§ 15 bis 22). Gerade letzterer Aspekt wird<br />

von Seiten der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber gern dazu verwendet, die Beschäftigung Schwerbehinderter<br />

abzulehnen, da ihnen angeblich zu schwer zu kündigen sei (vgl. 2.2.3.). Festzuhalten<br />

bleibt, dass die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber <strong>bei</strong> einer Kündigungsabsicht die Hauptfürsorgestelle (vgl.<br />

3.1.2.) zu informieren haben, die der Kündigung zustimmen muss (§ 15), wo<strong>bei</strong> meist<br />

eine Kündigungsfrist von mindestens vier Wochen einzuhalten ist (§ 16). Der Kündigungsschutz<br />

setzt allerdings erst nach einer ununterbrochenen Beschäftigungsdauer<br />

von sechs Monaten ein (vgl. Fuchs / Stähler 1994, S. 61 ff.)<br />

Ein weiterer wichtiger Bereich des SchwbG sind Regelungen vor allem bezüglich der<br />

Betriebs- und Personalräte und der Schwerbehindertenvertretungen (§§ 23 bis 29).<br />

Letztere werden in Betrieben mit mindestens fünf Schwerbehinderten im Abstand von<br />

vier Jahren gewählt, wo<strong>bei</strong> alle beschäftigten Schwerbehinderten wahlberechtigt sind.<br />

Zur Wahl können sich die Schwerbehinderten stellen, die schon mindestens sechs Monate<br />

in diesem Betrieb ar<strong>bei</strong>ten (§ 24). Im § 25 SchwbG werden die Aufgaben der<br />

29


Schwerbehindertenvertretung beschrieben. Im Abs. 1 heißt es unter anderem (ebd., S.<br />

88):<br />

"Die Schwerbehindertenvertretung hat die Eingliederung Schwerbehinderter in den Betrieb<br />

oder die Dienststelle zu fördern, die Interessen der Schwerbehinderten in dem Betrieb<br />

oder der Dienststelle zu vertreten und ihnen beratend und helfend zur Seite zu stehen."<br />

Des Weiteren sollen die Schwerbehindertenvertretungen kontrollieren, ob der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber<br />

die jeweiligen Vorschriften der Beschäftigung Schwerbehinderter erfüllt und unterstützende<br />

Maßnahmen <strong>bei</strong> den entsprechenden Stellen beantragt.<br />

Wichtige Regelungen des SchwbG sind außerdem die begleitenden Hilfen im Berufsleben<br />

(§ 31), die Darstellung der Aufgaben der Hauptfürsorgestellen und der Bundesanstalt<br />

für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> innerhalb dieses Gesetzes (§§ 30 bis 37; vgl. 3.1.2.), der Zusatzurlaub für<br />

Schwer-behinderte (§ 47; fünf <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stage mehr Urlaub), die Förderung der WfB (§§ 54<br />

bis 58; vgl. 2.2.7. und 6.1.) und die unentgeltliche Beförderung Schwerbehinderter im<br />

öffentlichen Personenverkehr (§§ 59 bis 66). Zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes<br />

sind folgende Verordnungen zu berücksichtigen:<br />

- die Verordnung zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung (SchwbWO),<br />

- die Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV; vgl. 3.1.2.),<br />

- die Werkstättenverordnung (SchwbWV; vgl. 6.1.) und<br />

- die Verordnung zum Schwerbehindertenausweis (SchwbAwV).<br />

Auch die Kraftfahrzeughilfeverordnung (KfzHV) ist hier<strong>bei</strong> von Bedeutung, die aber nicht<br />

als Bestandteil des Schwerbehindertengesetzes angesehen wird (vgl. BAFA 1997, S.<br />

338).<br />

3.1.2. Die Aufgaben der Hauptfürsorgestellen und der Bundesanstalt für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong><br />

Innerhalb der Bestimmungen des SchwbG werden den Hauptfürsorgestellen, die<br />

in den einzelnen Bundesländern kommunal oder staatlich organisiert sind, verschiedene<br />

Aufgaben zugeord<strong>net</strong>. So sind sie für den Kündigungsschutz der Schwerbehinderten<br />

(vgl. 3.1.1.), für begleitende Hilfen im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>s- und Berufsleben und für die Schulung der<br />

Schwerbehindertenvertretungen zuständig. Weiterhin erheben sie die <strong>bei</strong> der Nicht-<br />

Besetzung von Pflichtstellen von den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>gebern zu zahlende Ausgleichsabgabe (vgl.<br />

3.1.3.) und entscheiden darüber, wie diese finanziellen Mittel wieder eingesetzt werden<br />

können. Nach § 14 Abs. 1 der Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) sind die Mittel<br />

der Ausgleichsabgabe grundsätzlich für folgende Leistungen zu verwenden:<br />

- zur Förderung des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz- und Ausbildungsplatzangebots für Schwerbehinderte,<br />

- für begleitende Hilfen im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>s- und Berufsleben (einschließlich Bildungsmaßnahmen),<br />

- für Einrichtungen, die die berufliche Eingliederung Schwerbehinderter ermöglichen<br />

und<br />

- für Forschungs- und Modellvorhaben bezüglich der Eingliederung Schwerbehinderter<br />

in das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>s- und Berufsleben (<strong>bei</strong> deren regionaler Bedeutung und wenn andere<br />

Mittel nicht zur Verfügung stehen).<br />

Im § 14 Abs. 2 SchwbAV wird aber gleichzeitig betont, dass die Mittel der Ausgleichsabgabe<br />

vorrangig für die ersten <strong>bei</strong>den Möglichkeiten zu gewähren sind (vgl. Fuchs /<br />

Stähler 1994, S. 183). Beispielsweise förderte mit Geldern der Ausgleichsabgabe im<br />

Umfang von 54,2 Millionen DM die Hauptfürsorgestelle des Landschaftsverbandes<br />

30


Rheinland im Jahre 1999 insgesamt 3 403 <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>s- und Ausbildungsplätze für schwerbehinderte<br />

Menschen (vgl. Landschaftsverband Rheinland 2000; www.lvr.de).<br />

Die Hauptfürsorgestelle kann begleitende finanzielle Hilfen sowohl an den Schwerbehinderten<br />

als auch an dessen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber gewähren (§ 31 Abs. 3 SchwbG). Für den<br />

Schwerbehinderten sind dies z.B. Leistungen für technische Hilfen, zum Erreichen des<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes, zum Erwerb und Unterhalt einer Wohnung, zur Erhaltung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>skraft<br />

oder zur Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen. Der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber kann Leistungen<br />

von der Hauptfürsorgestelle für das Einrichten des behindertengerechten <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes<br />

oder zur Gewährleistung der Beschäftigung besonders schwer behinderter Menschen<br />

erhalten.<br />

Die Aufgaben der Bundesanstalt für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> hinsichtlich des SchwbG sind nach § 33 vor<br />

allem die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sberatung und -vermittlung, die Berufsberatung und die Vermittlung von<br />

Ausbildungsstellen, die Förderung von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätzen für Schwerbehinderte und die Erfassung<br />

der WfB. Außerdem kann die BAFA an <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber Geldleistungen zur Verfügung<br />

stellen, wenn diese ohne gesetzliche Verpflichtung oder darüber hinaus <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze<br />

für Schwerbehinderte bereitstellen wollen (vgl. Fuchs / Stähler 1994, S. 105 ff.<br />

und BAFA 1997, S. 199).<br />

3.1.3. Die Beschäftigungspflicht der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber und ihre bisherigen Wirkungen<br />

Öffentliche und private <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber mit mehr als 15 Beschäftigten waren bisher<br />

dazu verpflichtet, die berufliche Beschäftigung schwerbehinderter Menschen zu fördern<br />

(§ 5 SchwbG). Von den insgesamt 144 158 öffentlichen und privaten <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>gebern, die<br />

im Jahre 1992 zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nach den Bestimmungen<br />

des Schwerbehindertengesetzes verpflichtet waren, kamen aber nur 20% dieser<br />

Betriebe in vollem Umfang nach, d.h. sie besetzten 6% der vorhandenen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze<br />

mit Schwerbehinderten. Rund 38% der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber erfüllten die Vorgabe nur unvollständig<br />

und beschäftigten nicht die erforderliche Anzahl an Schwerbehinderten. Sogar<br />

42% der Betriebe hatten zu diesem Zeitpunkt jedoch keinen einzigen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz für<br />

diesen Personenkreis zur Verfügung gestellt (vgl. Frick / Sadowski 1996, S. 472).<br />

Die Unternehmen, die ihrer Beschäftigungspflicht nur teilweise oder gar nicht nachkamen,<br />

hatten nach § 11 SchwbG eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 200 DM pro Monat<br />

und unbesetztem Schwerbehindertenar<strong>bei</strong>tsplatz an die zuständige Hauptfürsorgestelle<br />

(vgl. 3.1.2.) zu zahlen (vgl. Fuchs / Stähler 1994, S. 51). Die Vermutung liegt somit nahe,<br />

dass es für die Unternehmen sozusagen "günstiger" war, eine Ausgleichszahlung zu<br />

übernehmen als einen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz für Schwerbehinderte zu schaffen. Aufgrund der sich<br />

aber weiter fortsetzenden Erhöhung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit schwerbehinderter Menschen<br />

wurde jedoch deutlich, dass die bestehenden Vorgaben des SchwbG zur Förderung der<br />

Beschäftigung nicht mehr ausreichten.<br />

3.1.4. Gesetzesänderung und deren Bewertung<br />

Deshalb traten am 01.10.2000 mit dem "Gesetz zur Bekämpfung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit<br />

Schwerbehinderter" (SchwbBAG) verschiedene Änderungen hinsichtlich des<br />

Schwerbehindertengesetzes in Kraft, die es ermöglichen sollen, bis Ende 2002 für<br />

schwer-behinderte Menschen 50 000 neue <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze zu schaffen. Im Folgenden<br />

möchte ich einige wichtige Neuregelungen erläutern und anschließend auch die Einschätzung<br />

verschiedener Organisationen dazu vorstellen.<br />

31


Aufgrund des neuen Gesetzes sind nun öffentliche und private <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber ab einer<br />

Zahl von 20 (statt bisher ab 16) Beschäftigten zur Bereitstellung von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätzen für<br />

Schwerbehinderte verpflichtet. Die Pflichtquote zur Beschäftigung schwerbehinderter<br />

Menschen wird gleichzeitig von 6% auf 5% der im Betrieb vorhandenen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze<br />

gesenkt. Diese Regelung bleibt aber nur dann dauerhaft bestehen, wenn bis Ende 2002<br />

die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit Schwerbehinderter um 50 000 Menschen verringert werden kann.<br />

Ansonsten wird ab dem Jahre 2003 wieder die Pflichtquote von 6% eingeführt. Die Ausgleichsabgabe<br />

für jeden nicht besetzten Schwerbehindertenar<strong>bei</strong>tsplatz beträgt nunmehr<br />

nicht mehr einheitlich 200 DM im Monat, sondern ist von der Anzahl der zur Verfügung<br />

gestellten <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze abhängig. Bei einer Beschäftigungsquote von 3% bis unter<br />

5% beträgt die Ausgleichsabgabe monatlich 200 DM. Sie erhöht sich auf 350 DM pro<br />

Monat, wenn sich die Beschäftigungsquote nur auf 2% bis unter 3% beläuft. Werden<br />

aber von den Betrieben gar keine oder weniger als 2% der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze für Schwerbehinderte<br />

zur Verfügung gestellt, so ist eine Ausgleichsabgabe von monatlich 500 DM zu<br />

entrichten. Damit soll erreicht werden, dass Betriebe, die die Beschäftigung Schwerbehinderter<br />

unterstützen, auch finanziell entlastet werden. Andererseits kommt auf die Unternehmen<br />

aber eine größere Belastung hinzu, welche überhaupt keine oder nur sehr<br />

wenig <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze für Schwerbehinderte anbieten (vgl. BMA 2000a, S. 13).<br />

Weitere wichtige Aspekte der Gesetzesänderung sind die Einführung von flächendeckenden<br />

und wohnortnahen Integrationsfachdiensten (§ 37a ff. SchwbG; vgl. 6.4.) zur<br />

Unterstützung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sämter und Hauptfürsorgestellen <strong>bei</strong> der Eingliederung<br />

Schwerbehinderter in das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben sowie die Einführung eines Rechtsanspruches<br />

auf eine begleitende <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz (§ 31 Abs. 3a SchwbG; vgl. 6.5.), die besonders<br />

auch die Integration von Menschen mit sehr schweren Behinderungen in das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben<br />

erleichtern soll, wo<strong>bei</strong> die Kosten von der Hauptfürsorgestelle aus Mitteln der Ausgleichsabgabe<br />

getragen werden. Ebenso sollen auch Integrationsprojekte, wie Integrationsfirmen<br />

oder -abteilungen, zur Eingliederung Schwerbehinderter auf dem allgemeinen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt stärker gefördert werden. Die finanziellen Mittel kommen auch hier<strong>bei</strong> aus<br />

der Ausgleichsabgabe (§ 53a ff. SchwbG; vgl. 6.3.). Auf diese drei Bereiche werde ich<br />

im weiteren Verlauf dieser <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> noch genauer eingehen.<br />

Außerdem werden den schwerbehinderten Beschäftigten der Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung<br />

zuerkannt (§ 14 Abs. 4 SchwbG), wenn Art und Schwere der Behinderung<br />

eine kürzere <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>szeit erfordern sowie den Schwerbehindertenvertretungen mehr Mitspracherechte<br />

gewährt (vgl. BMA 2000a, S. 9 und 19 und Bundesvereinigung Lebenshilfe<br />

für Menschen mit geistiger Behinderung e.V. [im Folgenden BVLH genannt] 2000;<br />

www.lebenshilfe.de).<br />

Insgesamt werden die neuen Regelungen von den entsprechenden Verbänden und Organisationen<br />

positiv bewertet. Neben den Veränderungen <strong>bei</strong> der Höhe der Ausgleichsabgabe<br />

und der Absicht 50 000 neue <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze für Schwerbehinderte zu schaffen,<br />

erfahren besonders die rechtliche Festsetzung von Integrationsfirmen und -fachdiensten<br />

sowie der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz und der Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung eine positive<br />

Resonanz. Auch die größere Möglichkeit der Mitsprache der Schwerbehindertenvertretung<br />

findet Zustimmung (vgl. Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte e.V.<br />

[im Folgenden BVKM genannt] 2000b; www.bvkm.de; BVLH 2000; www.lebenshilfe.de<br />

und Landschaftsverband Rheinland 2000; www.lvr.de.).<br />

Kritisch bewertet die BVLH (2000; www.lebenshilfe.de) aber die Herabsetzung der Beschäftigungsquote<br />

von 6% auf 5%, da "den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>gebern, die heute ihrer gesetzlichen<br />

Verpflichtung mit 6% im vollen Umfang nachkommen, signalisiert wird, dass der Gesetzgeber<br />

auch mit der Beschäftigung einer geringeren Zahl von Schwerbehinderten<br />

32


zufrieden ist." Hinsichtlich Stellungnahmen bezüglich der neuen Regelungen des<br />

Schwerbehindertengesetzes zu den Integrationsprojekten, -fachdiensten und der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz<br />

möchte ich auf die entsprechenden Kapitel dieser <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> verweisen (vgl.<br />

6.3., 6.4. und 6.5.).<br />

3.2. DAS DRITTE BUCH SOZIALGESETZBUCH<br />

Eine weitere wichtige Gesetzesgrundlage zur beruflichen Eingliederung behinderter<br />

Menschen stellt das "Dritte Buch Sozialgesetzbuch" (SGB III) dar, welches die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sförderung<br />

<strong>bei</strong>nhaltet. Es trat am 01.01.1998 in Kraft und löste das bis dahin gültige<br />

"<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sförderungsgesetz" (AFG) und die "Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt<br />

für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> über die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>s- und Berufsförderung Behinderter" (A Reha) ab. Das<br />

SGB III bildet die Grundlage der Tätigkeit der BAFA, der Landesar<strong>bei</strong>tsämter und der<br />

örtlichen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sämter.<br />

Zuständig zur Gewährung von Leistungen zur beruflichen Eingliederung Behinderter ist<br />

das jeweilige örtliche <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt, in dessen Bezirk der Behinderte auch seinen Wohnsitz<br />

hat. Die entsprechenden Leistungen werden unterschieden in:<br />

- Leistungen an <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer<br />

- Leistungen an <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber<br />

- Leistungen an Träger.<br />

3.2.1. Leistungen an <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer<br />

Im § 97 Abs. 1 SGB III werden die Grundsätze der Förderung der beruflichen Eingliederung<br />

Behinderter festgelegt. Darin heißt es (BMA 2000c; www.bma.de):<br />

"Behinderten können Leistungen zur Förderung der beruflichen Eingliederung erbracht<br />

werden, die wegen Art und Schwere der Behinderung erforderlich sind, um ihre Erwerbsfähigkeit<br />

entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen<br />

oder wiederherzustellen und ihre berufliche Eingliederung zu sichern."<br />

Für behinderte <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer können zwei verschiedene Arten von Leistungen gewährt<br />

werden, nämlich allgemeine Leistungen und besondere Leistungen.<br />

Erstere umfassen da<strong>bei</strong> Leistungen, die grundsätzlich auch nicht behinderten Menschen<br />

zur Verfügung stehen, wie Unterstützung der Beratung und Vermittlung, Verbesserung<br />

der Eingliederungsaussichten sowie die Förderung der Berufsausbildung, der beruflichen<br />

Weiterbildung und der Aufnahme einer Beschäftigung bzw. einer selbstständigen<br />

Tätigkeit. Die Gewährung dieser Leistungen ist eine Ermessensangelegenheit, d.h. es<br />

wird im Einzelfall überprüft, ob und welche Leistungen dem Betroffenen zustehen.<br />

Der § 101 SGB III regelt jedoch bestimmte Ausnahmen, <strong>bei</strong> denen Hilfen erbracht werden<br />

können, die Nicht-Behinderte im Rahmen der allgemeinen Leistungen sonst nicht<br />

erhalten. Dies betrifft z.B. Mobilitätshilfen zur Ermöglichung der dauerhaften beruflichen<br />

Eingliederung, die Förderung von beruflichen Ausbildungsmaßnahmen, die von den<br />

fest-gelegten Ausbildungsordnungen (vgl. auch 3.5.) abweichen oder verlängert bzw.<br />

wiederholt werden müssen, oder aber auch besondere Regelungen für die Förderung<br />

von Weiterbildungsmaßnahmen.<br />

Die besonderen Leistungen werden nach § 102 Abs. 1 SGB III dann gewährt, "wenn die<br />

Maßnahme wegen Art oder Schwere der Behinderung oder zur Sicherung des Eingliederungserfolges<br />

'unerläßlich' für die berufliche Eingliederung ist" (BAFA 1998, S. 10).<br />

Sie <strong>bei</strong>nhalten da<strong>bei</strong> das Übergangsgeld (§§ 160-168 SGB III), das Ausbildungsgeld,<br />

33


wenn ein Übergangsgeld nicht erbracht werden kann (§§ 104-108 SGB III), die Übernahme<br />

der Teilnahmekosten für eine Maßnahme (§§ 109-113 SGB III) und sonstige Hilfen<br />

(§ 114 SGB III).<br />

Im § 102 Abs. 2 SGB III wird auch die Förderung von Aus- und Weiterbildungen im Rahmen<br />

der WfB (vgl. 6.1.) geregelt. Danach können im Eingangsverfahren der WfB<br />

Leistungen für die Dauer von vier Wochen gewährt werden, wenn sie erforderlich sind,<br />

um im Zweifelsfall festzustellen, ob die WfB die geeig<strong>net</strong>e Einrichtung zur Eingliederung<br />

in das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben für den Behinderten darstellt. Ebenso besteht die Möglichkeit, im<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich Leistungen für entsprechende Maßnahmen bis zu einer Höchstdauer<br />

von zwei Jahren zur Verfügung zu stellen, wenn "erwartet werden kann, daß der<br />

Behinderte nach Teilnahme an diesen Maßnahmen in der Lage ist, wenigstens ein Mindestmaß<br />

wirtschaftlich verwertbarer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleistung im Sinne des § 54 des Schwerbehindertengesetzes<br />

zu erbringen" (BMA 2000c; www.bma.de).<br />

Mit diesen Regelungen werden meiner Meinung nach wiederum Auswirkungen auf die<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>s- und Beschäftigungsmöglichkeiten gerade von sehr schwer und mehrfach behinderten<br />

Menschen ersichtlich. Bereits im Eingangsverfahren der WfB werden nur Leistungen<br />

"im Zweifelsfall" gewährt, d.h. wenn vorher feststeht, dass der Behinderte wohl<br />

keinen Platz in der WfB erhalten kann, brauchen auch keine Leistungen für das Eingangsverfahren<br />

erbracht zu werden. Gleiches gilt für den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich. Auch<br />

hier werden nur dann Leistungen zur Verfügung gestellt, wenn "erwartet werden kann",<br />

dass ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleistung zu erbringen ist.<br />

Der Betroffene befindet sich also in großer Abhängigkeit der (Vor-) Einschätzungen von<br />

anderen Personen, die seine Leistungsfähigkeit beurteilen. Die Gefahr besteht, dass<br />

damit das Bemühen, auch diesen Menschen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smöglichkeiten, z.B. mittels spezieller<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzanpassungen, anbieten zu können, in den Hintergrund tritt oder sich nur<br />

auf einzelne Ausnahmen beschränkt, da der Behinderte möglicherweise schon vorher in<br />

eine bestimmte Richtung eingeord<strong>net</strong>, also stigmatisiert wurde (vgl. auch 2.2.7. und<br />

6.1.).<br />

3.2.2. Leistungen an <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber<br />

Im SGB III sind in den §§ 236-239 auch verschiedene Möglichkeiten der Leistungserbringung<br />

für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber festgelegt. Nach § 236 SGB III kann die betriebliche<br />

Aus- oder Weiterbildung Behinderter in Ausbildungsberufen mittels Zuschüssen zur<br />

Ausbildungsvergütung gefördert werden, wenn diese Bildungsmaßnahme sonst nicht<br />

durchgeführt werden könnte. Besteht für den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber keine Beschäftigungspflicht im<br />

Sinne des SchwbG, er möchte aber trotzdem einen behinderten Mitar<strong>bei</strong>ter einstellen,<br />

können zur Sicherstellung dessen dauerhaften beruflichen Eingliederung Zuschüsse für<br />

die behindertengerechte Ausstattung des Ausbildungs- bzw. <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes erbracht<br />

werden (§ 237 SGB III). Außerdem ist nach § 238 SGB III die Möglichkeit vorhanden,<br />

den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>gebern die Kosten für eine maximal dreimonatige Probebeschäftigung des<br />

Behinderten zu erstatten, wenn eine erfolgreiche berufliche Eingliederung dadurch erreicht<br />

werden konnte (vgl. BMA 2000c; www.bma.de).<br />

34


3.2.3. Leistungen an Träger<br />

Schließlich können auch Träger von beruflichen Ausbildungsmaßnahmen "durch<br />

Zuschüsse gefördert werden, wenn sie durch zusätzliche Maßnahmen zur betrieblichen<br />

Ausbildung für förderungsbedürftige Auszubildende diesen eine berufliche Ausbildung<br />

ermöglichen und ihre Eingliederungsaussichten verbessern" (§ 240 SGB III; ebd.). Die<br />

entsprechenden förderungsfähigen Maßnahmen werden im § 241 SGB III angeführt.<br />

Sie richten sich vor allem an lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte Auszubildende,<br />

die ohne die Förderung nicht an einer Berufsausbildung teilnehmen bzw. nach einem<br />

Abbruch einer Ausbildung keine neue Ausbildung beginnen können. Gleiches gilt<br />

auch für diejenigen, denen ein Abbruch der Ausbildung droht oder die nach Ausbildungsabschluss<br />

ohne Förderung kein <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sverhältnis begründen können (§ 242 SGB<br />

III).<br />

Die Unterstützung für die Träger <strong>bei</strong>nhaltet da<strong>bei</strong> Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung<br />

(§ 244 SGB III), die Übernahme von Kosten, die zur Durchführung der Ausbildungsmaßnahme<br />

aufgewendet wurden (Personal- sowie Sach- und Verwaltungskosten [§ 245<br />

SGB III]) und von sonstigen Kosten, wie Zuschüssen für das Ausbildungs- und Betreuungspersonal<br />

zur Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen oder für den Auszubildenden<br />

ein Zuschuss für zusätzlich auftretende Fahrkosten.<br />

Ebenso können die Träger von Einrichtungen der beruflichen Aus- und Weiterbildung<br />

Behinderter Mittel für deren Aufbau, Erweiterung oder Ausstattung sowie auch für begleitende<br />

Dienste, Internate, Wohnheime usw. erhalten (§ 248 Abs. 1 SGB III; vgl.<br />

BAFA 1998, S. 13).<br />

3.3. DAS REHABILITATIONSANGLEICHUNGSGESETZ<br />

Das Rehabilitationsangleichungsgesetz (RehaAnglG) trat in seiner ursprünglichen<br />

Fassung am 01.10.1974 in Kraft und wurde aber im Laufe der Jahre den sich verändernden<br />

Grundlagen angepasst. Es regelt die verschiedenen Verfahren zur Durchführung<br />

rehabilitativer Maßnahmen hinsichtlich der Zuständigkeit der Rehabilitationsträger<br />

und legt fest, welche medizinischen, berufsfördernden und ergänzenden Leistungen der<br />

Rehabilitation erbracht werden müssen. Diese sollen bewirken, "Menschen mit körperlichen,<br />

geistigen oder seelischen Behinderungen möglichst auf Dauer in <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>, Beruf und<br />

Gesellschaft einzugliedern" (BAFA 1997, S. 327).<br />

Der § 2 RehaAnglG umfasst den Anwendungsbereich des Gesetzes, welches demnach<br />

für die gesetzliche Krankenversicherung, die gesetzliche Unfallversicherung, die gesetzlichen<br />

Rentenversicherungen, die Alterssicherung der Landwirte, die Kriegsopferversorgung<br />

und die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sförderung zuständig ist. Die Träger der Rehabilitation sind damit<br />

auch die Träger dieser Sozialleistungsbereiche (vgl. Fachhochschule Fulda [im Folgenden<br />

FH Fulda genannt] 2000; www.fh-fulda.de).<br />

Rehabilitationsmaßnahmen sollen von den zuständigen Trägern so frühzeitig wie möglich<br />

eingeleitet und zügig durchgeführt werden, wo<strong>bei</strong> auch die Zustimmung des Behinderten<br />

erforderlich ist. Träger, die im Einzelfall die Notwendigkeit einer Rehabilitationsmaßnahme<br />

feststellen, aber nicht zuständig sind, sollen die entsprechenden Träger in<br />

Kenntnis setzen bzw. den gestellten Antrag an sie weiterleiten (§ 4 RehaAnglG). Deshalb<br />

ist eine enge Zusammenar<strong>bei</strong>t zwischen den Trägern erforderlich. Nach § 5 Abs. 3<br />

RehaAnglG stellt der zuständige Träger der Maßnahme einen Gesamtplan zur Rehabilitation<br />

auf, welcher alle Maßnahmen umfassen soll, "die im Einzelfall erforderlich sind,<br />

35


um eine vollständige und dauerhafte Eingliederung zu erreichen; da<strong>bei</strong> ist sicherzustellen,<br />

daß die Maßnahmen nahtlos ineinandergreifen" (ebd.).<br />

Bei der beruflichen Rehabilitation junger Menschen liegt in der Regel die Zuständigkeit<br />

als Träger <strong>bei</strong>m jeweiligen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt, welches einen entsprechenden Eingliederungsvorschlag<br />

erstellt, der in den Reha-Gesamtplan einbezogen wird. Falls die Zuständigkeit<br />

des Trägers unklar ist, gewährt das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt <strong>bei</strong> Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation<br />

Vorleistungen, um einen zeitlichen Verzug zu vermeiden (vgl. BAFA 1997, S.<br />

311).<br />

Der Stellenwert der Rehabilitationsmaßnahmen wird auch durch § 7 RehaAnglG gestärkt,<br />

der den Vorrang der Rehabilitation, <strong>bei</strong> entsprechender Erfolgsaussicht, gegenüber<br />

der Zahlung von Renten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit<br />

festlegt.<br />

Die §§ 10, 11 und 12 RehaAnglG umfassen die verschiedenen Leistungsarten, d.h. medizinische<br />

Leistungen (§ 10), berufsfördernde Leistungen (§ 11) und ergänzende Leistungen<br />

(§ 12), wo<strong>bei</strong> ich mich im Rahmen dieser <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> auf die Darstellung der berufsfördernden<br />

Leistungen beschränken möchte.<br />

Ziel der berufsfördernden Maßnahmen ist die möglichst dauerhafte berufliche Eingliederung<br />

des Behinderten. Diese Leistungen <strong>bei</strong>nhalten vor allem (§ 11 Abs. 2 RehaAnglG;<br />

FH Fulda 2000; www.fh-fulda.de):<br />

"1. Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes einschließlich Leistungen<br />

zur Förderung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>saufnahme sowie Eingliederungshilfen an <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber<br />

2. Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen<br />

Grundausbildung,<br />

3. berufliche Anpassung, Fortbildung, Ausbildung und Umschulung, einschließlich eines<br />

zur Teilnahme an diesen Maßnahmen erforderlichen schulischen Abschlusses,<br />

4. sonstige Hilfen der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>s- und Berufsförderung, um Behinderten eine angemessene<br />

und geeig<strong>net</strong>e Erwerbs- und Berufstätigkeit auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt oder<br />

in einer Werkstatt für Behinderte zu ermöglichen."<br />

Eingeschlossen sind da<strong>bei</strong> auch Maßnahmen der Berufsfindung und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>serprobung<br />

(vgl. 4.2.2.). Dies gilt ebenso für die Übernahme der Kosten für Unterkunft und Verpflegung,<br />

wenn der Behinderte während der Teilnahme an einer entsprechenden Maßnahme<br />

aufgrund der Art oder Schwere seiner Behinderung bzw. zur Sicherung des<br />

Rehabilitationserfolgs nicht zu Hause wohnen kann. Die berufsfördernden Leistungen<br />

werden aber nur dann gewährt, wenn mit Hilfe der Maßnahmen u.a. eine erfolgreiche<br />

berufliche Rehabilitation zu erwarten ist und die entsprechende Dauer zum Erreichen<br />

des Berufsziels nicht überschritten wird (§ 11 Abs. 2a Nr. 1 und Abs. 3 RehaAnglG).<br />

Ähnlich wie im SGB III (vgl. 3.2.1.) werden auch im § 11 Abs. 3 RehaAnglG Grundsätze<br />

zur Erbringung von berufsfördernden Leistungen für Behinderte in den WfB festgelegt.<br />

Die Bedingungen der Leistungsgewährung stimmen da<strong>bei</strong> mit dem SGB III überein, d.h.<br />

sie ist auch hier abhängig von den Aussichten, nach Durchführung der jeweiligen Maßnahmen<br />

im Eingangsverfahren bzw. im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich (vgl. 4.3.2. und 6.1.), ein<br />

Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleistung nach § 54 Abs. 2 SchwbG zu<br />

erbringen. Die Gesamtförderungsdauer der Leistungserbringung beträgt für <strong>bei</strong>de Bereiche<br />

insgesamt zwei Jahre.<br />

36


3.4. DAS BUNDESSOZIALHILFEGESETZ<br />

Das Bundessozialhilfegesetz (BSHG), welches ursprünglich am 01.06.1962 in<br />

Kraft trat, stellt eine weitere Gesetzesgrundlage der beruflichen Eingliederung für behinderte<br />

Menschen dar. Für diesen Bereich sind vor allem der Abschnitt 3: Hilfe in besonderen<br />

Lebenslagen (§§ 27-75 BSHG) mit dem hierzu gehörenden Unterabschnitt 7: Eingliederungshilfe<br />

für Behinderte (§ 39 ff.) sowie die Eingliederungshilfe-Verordnung nach<br />

§ 47 BSHG von Bedeutung.<br />

Die Eingliederungshilfe für Behinderte findet besonders dann Verwendung, wenn kein<br />

anderer Reha-Träger vorrangig zuständig ist. Mit der Gewährung von Eingliederungshilfe<br />

soll dem Behinderten eine Eingliederung in die Gesellschaft ermöglicht werden. Da<strong>bei</strong><br />

sollen drohende Behinderungen verhindert oder bereits vorhandene Behinderungen<br />

bzw. deren Folgen beseitigt oder verringert werden. Wichtige Aspekte sind die Teilnahme<br />

am Leben in der Gemeinschaft, das Ausüben eines angemessenen Berufes oder<br />

anderen Tätigkeit und eine möglichst hohe Unabhängigkeit von Pflege. Die Eingliederungshilfe<br />

wird dann gewährt, wenn nach Prüfung des Einzelfalls eine Aussicht besteht,<br />

dass die erwähnten Aufgaben der Eingliederungshilfe erfüllt werden können (§ 39 Abs.<br />

3 und 4 BSHG; vgl. Mergler 1992, S. 41).<br />

Im sich daran anschließenden § 40 Abs. 1 BSHG werden die Hilfsmaßnahmen der Eingliederungshilfe<br />

genannt, wo<strong>bei</strong> ich im Folgenden nur diejenigen anführen möchte, die<br />

die berufliche Eingliederung betreffen (ebd., S. 42):<br />

"(1) Maßnahmen der Eingliederungshilfe sind vor allem (...)<br />

4. Hilfe zur Ausbildung für einen angemessenen Beruf oder für eine sonstige angemessene<br />

Tätigkeit,<br />

5. Hilfe zur Fortbildung im früheren oder einem diesen verwandten Beruf oder zur Umschulung<br />

für einen angemessenen Beruf oder eine sonstige angemessene Tätigkeit;<br />

Hilfe kann auch zum Aufstieg im Berufsleben gewährt werden, wenn die Besonderheit<br />

des Einzelfalls dies rechtfertigt,<br />

6. Hilfe zur Erlangung eines geeig<strong>net</strong>en Platzes im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben,<br />

7. nachgehende Hilfe (...) zur Sicherung der Eingliederung des Behinderten in das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben".<br />

Im Abschnitt III der Eingliederungshilfe-Verordnung (DVO § 47 BSHG) werden zu den<br />

im § 40 Abs. 1 aufgeführten Maßnahmen die genauen Regelungen für die Erbringung<br />

der jeweiligen Hilfen dargelegt.<br />

Die Hilfsmaßnahmen zur Berufsausbildung (§ 40 Abs. 1 Nr. 4) <strong>bei</strong>nhalten da<strong>bei</strong> vor allem<br />

Hilfen zur Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz (vgl. 3.5.), zur Ausbildung an<br />

Berufsschule, Fachschulen oder Hochschulen (vgl. 5.6.). Grundsatz der Gewährung der<br />

Hilfen ist da<strong>bei</strong> stets, dass zu erwarten ist, dass der Behinderte nach der Durchführung<br />

der Maßnahmen das Ausbildungsziel auch erreichen kann. Gleiches gilt neben den Hilfen<br />

für Fortbildung und Umschulung (§ 40 Abs. 1 Nr. 5), auch für die Förderung einer<br />

"sonstigen Tätigkeit", wenn eine Berufsausbildung aufgrund Art und Schwere der Behinderung<br />

nicht möglich ist (vgl. Mergler 1992, S. 95-98).<br />

Hier<strong>bei</strong> werden wieder Auswirkungen auf <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sangebote für Menschen mit sehr<br />

schweren Behinderungen deutlich, da ihre Förderung im Bereich "<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> und Beruf"<br />

auch stark von der Bereitstellung entsprechender <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smöglichkeiten und spezieller<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>shilfen bzw. der Bereitschaft, solche zu schaffen, abhängig ist. Wird nämlich im<br />

anderen Falle keine Entwicklungsmöglichkeit erwartet, werden auch die entsprechenden<br />

37


Hilfsangebote dem Behinderten nicht zugestanden. Eine Möglichkeit der Gewährung<br />

von Hilfen sehe ich allerdings im § 15 DVO § 47 BSHG, in dem es heißt, wenn aufgrund<br />

der Art und Schwere der Behinderung die vorhin beschriebenen Maßnahmen nicht in<br />

Betracht kommen, "so umfaßt die Hilfe auch Maßnahmen zum Erwerb praktischer<br />

Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeig<strong>net</strong> sind, dem Behinderten die für<br />

ihn erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen" (ebd., S. 97),<br />

wo<strong>bei</strong> meines Erachtens hier<strong>bei</strong> aber ein großer Interpretationsspielraum vorliegt. Zur<br />

Erleichterung der Eingliederung in das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben können nach § 17 DVO § 47 BSHG<br />

auch Hilfen zur Beschaffung von Gegenständen oder anderen Leistungen gehören,<br />

wenn sie zu diesem Zweck benötigt werden. So zählt darunter auch die Hilfe zur Beschaffung<br />

eines Kraftfahrzeugs nach § 8 DVO § 47 BSHG, sofern der Behinderte das<br />

Fahrzeug selbstständig bedienen und dadurch seine Eingliederung ermöglicht werden<br />

kann.<br />

3.5. DAS BERUFSBILDUNGSGESETZ UND DIE HANDWERKSORDNUNG<br />

Zur Ermöglichung und Förderung der beruflichen Ausbildung Behinderter in anerkannten<br />

Ausbildungsberufen wurden im Berufsbildungsgesetz (BBiG) und der Handwerksordnung<br />

(HwO) Möglichkeiten geschaffen, die Anforderungen der Berufsausbildung<br />

den individuellen Bedürfnissen der Behinderten anzupassen.<br />

Das BBiG stellt da<strong>bei</strong> eine wesentliche Grundlage für die Berufsausbildung nach dem<br />

"dualen System" (vgl. 5.3.) dar. Zwar sollen auch behinderte Jugendliche soweit wie<br />

möglich in den anerkannten Ausbildungsberufen nach einer festgelegten Ausbildungsordnung<br />

ausgebildet werden, doch wurde besonders für Behinderte mit körperlichen,<br />

geistigen und seelischen Behinderungen, die aufgrund der Art und Schwere ihrer Behinderung<br />

nicht in der Lage sind, einen Ausbildungsberuf nach den bestehenden Richtlinien<br />

zu erlernen, die Möglichkeit der Berufsausbildung nach bestimmten Sonderregelungen<br />

getroffen. Da<strong>bei</strong> ist für behinderte Auszubildende neben den allgemeinen Regelungen,<br />

die auch für Nicht-Behinderte gelten, hier<strong>bei</strong> besonders der § 48 BBiG von Bedeutung.<br />

Er umfasst die besonderen Ausbildungsregelungen für Behinderte.<br />

Als weitere Grundlage gilt außerdem u.a. für die betriebliche Berufsausbildung im<br />

Handwerk die Handwerksordnung (HwO), wo<strong>bei</strong> hier der § 42b die speziellen Ausbildungsregelungen<br />

für Behinderte enthält.<br />

Die Veränderungen betreffen da<strong>bei</strong> z.B. das Verhältnis von Fachtheorie und fachpraktischen<br />

Inhalten bzw. den Prüfungsanforderungen, so dass Ersteres hinsichtlich der fachpraktischen<br />

Inhalte stärker gewichtet wird. Weiterhin können aber auch bestimmte<br />

fachpraktische Inhalte ausgeklammert werden, wenn sie aufgrund der Behinderung von<br />

den Auszubildenden nicht bewältigt werden können. Bereits im Jahre 1978 wurden vom<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung bestimmte bundeseinheitliche Ausbildungsregelungen<br />

für Behinderte in Verbindung mit folgenden Berufen empfohlen:<br />

Metallbear<strong>bei</strong>terIn, Metallfeinbear<strong>bei</strong>terIn, WerkzeugmaschinenspanerIn (Drehen bzw.<br />

Fräsen), Bürokraft, Holzbear<strong>bei</strong>terIn, Bau- und MetallmalerIn.<br />

Insgesamt bestehen ca. 780 regionale und überregionale Ausbildungsregelungen für<br />

Behinderte, welche etwa 150 Berufe betreffen. Bevor diese aber in Anspruch genommen<br />

werden können, ist stets im Einzelfall zu prüfen, ob nicht auch mit Hilfe entsprechender<br />

Unterstützungsmaßnahmen die reguläre Ausbildungsordnung eingesetzt werden<br />

kann. Die besonderen Regelungen für Behinderte sind <strong>bei</strong> der für den Ausbildungsberuf<br />

zuständigen Kammer zu beantragen.<br />

38


Sie können <strong>bei</strong> der Berufsausbildung in einem Ausbildungsbetrieb, in einem Berufsbildungswerk<br />

(vgl. 5.1.), in einem Berufsförderungswerk (vgl. 5.2.), in sonstigen Reha-<br />

Einrichtungen und im Ausnahmefall auch <strong>bei</strong> einer Berufsausbildung in überbetrieblichen<br />

Einrichtungen (vgl. 5.4.) gewährt werden (vgl. Becker 1987, S. 17 und BAFA 1997,<br />

S. 129 / 130).<br />

Es bleibt aber festzustellen, dass Körperbehinderte von diesen Möglichkeiten meist nur<br />

im Rahmen des Berufsbildungswerks profitieren können, da ihre Ausbildung kaum in<br />

Form einer betrieblichen Ausbildung nach dem "dualen System" durchgeführt wird. Darüber<br />

hinaus wird eine betriebliche Ausbildung Körperbehinderter von den Ausbildungsbetrieben<br />

aufgrund angeblicher organisatorischer Gründe und Kosten für notwendige<br />

Umrüstungen skeptisch beurteilt.<br />

Deshalb kommen nach Einschätzung von Becker (1987, S. 24 u. 60) die meisten Auszubildenden<br />

im Zusammenhang mit den Ausbildungsregelungen für Behinderte aus der<br />

Gruppe der Lernbehinderten.<br />

39


4. BERUFSVORBEREITUNG<br />

Die bisherigen Kapitel dieser <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> sollten zunächst einen Überblick darüber vermitteln,<br />

welche Hintergründe und wichtigen Grundlagen <strong>bei</strong> der beruflichen Eingliederung<br />

Behinderter zu bedenken sind. Nach den Überlegungen hinsichtlich der Bedeutung<br />

von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> und Beruf, der Erläuterung der Beschäftigungssituation von behinderten<br />

Menschen sowie der gesetzlichen Grundlagen zur beruflichen Eingliederung als eine<br />

hierfür wichtige Voraussetzung, möchte ich nun in den folgenden Kapiteln darlegen,<br />

welche einzelnen Phasen hin zur Erlangung eines <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes, einschließlich verschiedener<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smöglichkeiten, für behinderte Menschen von Bedeutung sind.<br />

Beginnen werde ich da<strong>bei</strong> mit dem Bereich der "Berufsvorbereitung", der schon in der<br />

Schule einsetzt, aber für viele behinderte Jugendliche nicht mit dem Verlassen der<br />

Schule endet, sondern sich über verschiedene berufsvorbereitende Maßnahmen auch<br />

noch in das "nachschulische Leben" erstrecken kann.<br />

4.1. BEHINDERUNG UND BERUFSWAHL<br />

4.1.1. Die Situation von jungen Menschen mit Körperbehinderungen <strong>bei</strong> Verlassen der<br />

Schule<br />

Mit dem Verlassen der Schule beginnt für alle Jugendlichen ein neuer Lebensabschnitt,<br />

der neue Herausforderungen für sie bereit hält. Für Schulabgänger mit Körperbehinderungen<br />

kommt diesem Übergang aber eine besonders große Bedeutung zu,<br />

denn hier<strong>bei</strong> werden wichtige Grundlagen für den weiteren Lebensweg, vor allem hinsichtlich<br />

einer erfolgreichen Eingliederung ins Berufsleben gelegt. Doch dieses Ziel ist<br />

wahrlich nicht einfach zu realisieren, wie bereits aus den vorherigen Kapiteln zu entnehmen<br />

war. Nach Stadler (1998, S. 189 / 190) weisen besonders die folgenden Schülergruppen<br />

der Schule für Körperbehinderte Übergangsprobleme in diesem Bereich auf,<br />

deren Anzahl im Übrigen noch im Steigen begriffen ist:<br />

"(1.) Schüler mit durchschnittlicher Intelligenz, aber extremer Einschränkung der Bewegungsfähigkeit<br />

(2.) Schüler mit stark verminderter Intelligenz, aber guter Bewegungsfähigkeit<br />

(3.) Schüler mit geistiger Behinderung und extremer Einschränkung der Bewegungsfähigkeit<br />

(4.) Schüler mit schwersten Formen der Mehrfachbehinderung<br />

(5.) Schüler, die infolge fortschreitender oder bösartiger Erkrankungen nur eine<br />

verringerte Lebenserwartung haben (...)<br />

(6.) Schüler, die durch Unfälle aus ihrem Lebenslauf gerissen wurden" .<br />

Gleichermaßen erzielen aber auch viele körperbehinderte Schülerinnen und Schüler<br />

trotz ihrer Behinderung hohe Bildungsabschlüsse wie der Realschule oder des Gymnasiums.<br />

Doch auch hier ist eine intensive Vorbereitung auf den Übergang zum Berufsleben<br />

angebracht, da die Jugendlichen jetzt ein Umfeld betreten, welches nicht in erster<br />

Linie auf die Bedürfnisse Behinderter zugeschnitten ist wie die Sonderschule und ihnen<br />

somit noch nicht sehr vertraut ist, vor allem wenn sie keine integrativen schulischen Einrichtungen<br />

besucht haben.<br />

40


Die Verschiedenheit der nachschulischen Situation körperbehinderter junger Erwachsener<br />

sollen folgende Daten belegen. Stadler (1997, S. 243) beschreibt anhand einer Untersuchung<br />

(1991 / 92) von 112 ehemaligen SchülerInnen (Durchschnittsalter 23 Jahre)<br />

der Schule für Körperbehinderte in Münster ihre berufliche Situation. Da<strong>bei</strong> waren 38%<br />

der Befragten in einer WfB beschäftigt, 23% ar<strong>bei</strong>teten auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt,<br />

21% befanden sich in der Berufsausbildung oder besuchten weiterführende<br />

Schulen, 7% wurden in Einrichtungen für Schwerstmehrfachbehinderte betreut und 6%<br />

waren ar<strong>bei</strong>tslos.<br />

Die Schwierigkeiten des Übergangs Körperbehinderter von der Schule in das Berufsleben<br />

fasst Stadler (1998, S. 190 / 191) in fünf Problemfeldern zusammen.<br />

- 1. Lebens- und Entwicklungsalter<br />

Beide Bereiche stimmen vielfach nicht überein und führen zu Einschränkungen <strong>bei</strong><br />

den beruflichen Möglichkeiten. Aber auch <strong>bei</strong> guten intellektuellen Fähigkeiten sind zur<br />

Durchführung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>saufgaben oft technische oder personelle Hilfen erforderlich.<br />

- 2. Sozialentwicklung der Behinderten und negative Einstellung ihnen gegenüber<br />

Viele behinderte Jugendliche schätzen ihre Leistungsfähigkeit und ihre Chancen am<br />

Ausbildungsmarkt falsch ein. Gleichzeitig zeigen aber viele Ausbildungsbetriebe Zweifel<br />

an ihrem Leistungsvermögen, so dass eine Anstellung häufig aus mangelnder Bereitschaft<br />

scheitert, sich auf die Behinderten einzustellen.<br />

- 3. Beurteilungsmaßstäbe der Lehrer<br />

Die Berufsbildungswerke (vgl. 5.1.) bescheinigen den Schulzeugnissen nur eine bedingte<br />

Aussagekraft, da sie oft zu gute Noten enthielten, die nicht immer dem tatsächlichen<br />

Leistungsvermögen entsprechen. Den Lehrern würde es für diese Einschätzungen<br />

an beruflichen Erfahrungen außerhalb des Schulbereichs mangeln.<br />

- 4. Berufsberatung des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samtes<br />

Sie ist die "Nahtstelle" <strong>bei</strong> der Vermittlung behinderter Jugendlicher in eine Berufsausbildung,<br />

muss sich da<strong>bei</strong> aber auf Gutachten und verfügbare Ausbildungsplätze stützen.<br />

Berufswünsche der Behinderten lassen sich deshalb oft nicht realisieren.<br />

- 5. Die Rolle der Eltern und der Lehrer<br />

Entweder versuchen die Eltern selbst intensiv berufliche Perspektiven für ihr Kind zu<br />

eröffnen oder überlassen diese Aufgabe ganz der Schule oder der Berufsberatung.<br />

Durch den Übergang verlieren die Jugendlichen in ihren Lehrern außerdem wichtige<br />

Bezugspersonen, so dass sie mit der neuen Situation zum Teil überfordert sind.<br />

4.1.2. Das Zusammenwirken von Schule und Berufsberatung<br />

Folglich besitzt der Bereich Berufswahl und Berufsvorbereitung für die Gewährleistung<br />

eines möglichst positiv erfahrbaren Übergangs in Ausbildung und Beruf eine sehr<br />

wichtige Bedeutung. Wie ich schon zu Beginn dieser <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> erwähnt habe (vgl. 1.1.), ist<br />

die Wahl des Berufes ein längerer Prozess, der jedoch für die Schüler immer mehr an<br />

Bedeutung gewinnt, vor allem je näher das Ende der Schulzeit rückt. Die Berufswahl<br />

muss <strong>bei</strong> behinderten jungen Menschen eigentlich auf zwei Ebenen erfolgen. Einerseits<br />

bestimmen die persönlichen Interessen und Neigungen zu einem wichtigen Teil die Berufswahl,<br />

andererseits muss aber da<strong>bei</strong> gleichzeitig bedacht werden, welche Anforderungen<br />

der Beruf stellt und welche Fähigkeiten man dazu benötigt.<br />

Wie lassen sich aufgrund dieser Bedingungen die vorhandenen behinderungsspezifischen<br />

Einschränkungen mit den Erfordernissen des Berufes miteinander in Einklang<br />

bringen? Aus diesen Gedanken heraus sind mögliche und geeig<strong>net</strong>e Berufe abzuwägen<br />

41


und über die Notwendigkeit entsprechender berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen<br />

nach dem Schulabschluss (vgl. 4.3.) Überlegungen zu treffen (vgl. BAFA 1998, S. 27).<br />

Aber auch bereits in der Schule werden Maßnahmen durchgeführt, die der Berufsvorbereitung<br />

dienen und die die privaten Überlegungen der Schüler sowie ihres Umfeldes unterstützen<br />

und fördern sollen. Auf der einen Seite handelt es sich da<strong>bei</strong> um unterrichtsspezifische<br />

Mittel, wie z.B. die Fächer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slehre bzw. Wirtschaft und Technik, auf der<br />

anderen Seite bietet aber auch das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt über die Berufsberatung eine große<br />

Möglichkeit an Hilfen zur Orientierung hinsichtlich der Berufswahl an.<br />

Es lassen sich aber auf <strong>bei</strong>den Ebenen verschiedene, teilweise sich auch<br />

überschneidende Aufgaben von der Schule und der Berufsberatung des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samtes<br />

feststellen, die dazu <strong>bei</strong>tragen sollen, die Berufswahl von behinderten Jugendlichen zu<br />

begleiten und zu unterstützen. Die folgende Übersicht der BAFA soll diese Aufgaben<br />

verdeutlichen:<br />

AUFGABEN VON SCHULE UND ARBEITSAMT (BERUFSBERATUNG)<br />

BEI DER BERUFSWAHL BEHINDERTER JUNGER MENSCHEN<br />

Personale Förderung und Unterstützung der Familie beziehungsweise<br />

des Erziehungsträgers<br />

Förderung und Ausbildung von Fähigkeiten, Fertigkeiten und Interessen<br />

Hinführen zur Berufswahlreife (z.B. Berufsvorbereitung) durch Förderung<br />

eines realistischen Selbst- und Umweltkonzepts (Information,<br />

Selbsterprobung, Aufbau von angemessenem Problemlösungsverhalten)<br />

Abklärung der individuellen Bedingungen und Voraussetzungen für<br />

die Eingliederung (Eignung) und Erstellung eines differenzierten Eingliederungsplans<br />

(Reha-Gesamtplan)<br />

Vermittlung und Begleiten in eine Berufsausbildung oder in ein <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sverhältnis,<br />

gegebenenfalls in gestuften Abfolgen<br />

Systematische berufliche Vermittlungs- und Eingliederungshilfen<br />

über mehrere Jahre<br />

Entwicklung und Förderung bedarfsgerechter Ausbildungs- und Beschäftigungsangebote<br />

für spezifische Problemgruppen (Reha-<br />

Einrichtungen)<br />

Aufgaben<br />

der Schule<br />

<strong>bei</strong>de<br />

Aufgaben<br />

des<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samtes<br />

Übersicht 1: Aufgaben von Schule und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt (Berufsberatung) <strong>bei</strong> der Berufswahl<br />

behinderter junger Menschen (aus: BAFA 1997, S. 123)<br />

42


4.2. BERUFSVORBEREITUNG IN DER SCHULE<br />

4.2.1. Berufsvorbereitung im Unterricht, <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzerkundungen und Betriebspraktika<br />

- Berufsvorbereitung im Unterricht:<br />

Die schulischen Maßnahmen zur Berufswahl und damit zur Berufsvorbereitung<br />

<strong>bei</strong>nhalten vor allem die vorberufliche Bildung und den berufsorientierenden Unterricht,<br />

wie er über die Fächer "<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slehre" bzw. "Wirtschaft und Technik" (im Mittelschulbereich<br />

Sachsens) erfolgt.<br />

Entsprechend des Sächsischen Lehrplans für das Fach "Wirtschaft und Technik", der<br />

auch für den Mittelschulbereich an den Schulen für Körperbehinderte zutrifft, wird die<br />

unterrichtliche Thematisierung der Berufsvorbereitung im 8. Schuljahr durchgeführt. Die<br />

Schüler lernen darüber hinaus aber auch allgemeine Aspekte des betrieblichen<br />

Wirtschaftens (Lernbereich 1) oder der beruflichen Interessenvertretungen (Lernbereich<br />

4) kennen. Hinsichtlich der eigentlichen beruflichen Vorbereitung bezüglich Berufswahl<br />

und Berufsausbildung bzw. der nachfolgenden <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>saufnahme sind vor allem der<br />

"Lernbereich 2: Berufswahl und Berufsbildung" und der "Lernbereich 3: Berufsausübung<br />

und Einkommen" von Bedeutung.<br />

Beispielsweise werden innerhalb des Lernbereichs 2 Aspekte wie das Kennenlernen<br />

verschiedener Berufsbilder, Kriterien der Berufswahl (z.B. Eignung, Anforderungen, gesellschaftlich-wirtschaftliche<br />

Bedingungen), die Bewerbung um einen Ausbildungsplatz<br />

oder weiterführende schulische Bildungsmaßnahmen besprochen. Der Lernbereich 3<br />

umfasst dagegen stärker den beruflichen Einstieg, wo<strong>bei</strong> hier die Schwerpunkte in der<br />

Bewerbung um einen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz sowie in den Rechten und Pflichten der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer<br />

bzw. <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit bestehen (vgl. Sächsisches<br />

Staatsministerium für Kultus [im Folgenden SSFK genannt] 1992, S. 16-18). Da<strong>bei</strong><br />

ist jedoch zu bedenken, dass sich die Berufsvorbereitung natürlich nicht nur auf dieses<br />

Fach bzw. diese Lernbereiche beschränkt, sondern fächerübergreifend ein Ziel der <strong>gesamte</strong>n<br />

schulischen Bemühungen sein muss, doch kommt diesem Bereich hier eine besondere<br />

Aufmerksamkeit zu.<br />

Gerade für den Unterricht mit körperbehinderten Schülern ist es jedoch erforderlich, die<br />

vorhandenen Konzepte und Materialien hinsichtlich der jeweiligen Lernvoraussetzungen<br />

und der Lebenssituation der Schüler der Klasse anzupassen und entsprechend zu verändern.<br />

Ebenso ist natürlich auch die Behandlung spezieller Ausbildungswege und<br />

nachschulischer Fördermöglichkeiten oder späterer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzangebote für die körperbehinderten<br />

Schüler von Bedeutung. Aufgrund der spezifischen Behinderungen und der<br />

damit im Zusammenhang stehenden Abhängigkeiten bezüglich Ausbildungs- und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smöglichkeiten<br />

muss der berufsvorbereitende Unterricht diese individuellen Besonderheiten<br />

entsprechend berücksichtigen.<br />

Ich halte es jedoch für sehr wichtig, die Schüler auch darauf vorzubereiten, dass es vielleicht<br />

nicht für jeden möglich sein wird, einen Ausbildungs- bzw. <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz zu finden<br />

oder den Wunschberuf auch zu verwirklichen. Die Thematisierung eines (zumindest<br />

zeitweisen) Lebens ohne berufliche Tätigkeit gehört deshalb für mich auch zu dem Aspekt<br />

der Berufsvorbereitung dazu. Besonders für die Schüler mit schweren Körperbehinderungen<br />

oder progredienten Erkrankungen ist dies von Bedeutung, da ihnen eine<br />

alleinige Berufsvorbereitung ohne die Berücksichtigung ihrer individuellen Situation oder<br />

der Behandlung alternativer Möglichkeiten der Lebensgestaltung wohl nur wenig nützt<br />

und vielleicht eher zu Frustrationen führt (vgl. Stadler 1997, S. 241).<br />

43


- Betriebs- und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzerkundungen und Betriebspraktika:<br />

Neben der Thematisierung der Berufsvorbereitung im Unterrichtsgeschehen besitzen<br />

Betriebspraktika und Betriebs- und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzerkundungen eine große Bedeutung<br />

für den Prozess der Berufswahl. Gleichzeitig stellen sie auch eine Verbindung zwischen<br />

der unterrichtsbezogenen Berufsvorbereitung und den berufsvorbereitenden Maßnahmen<br />

des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samtes dar, auf die ich im nächsten Kapitel eingehen werde, da eine enge<br />

Zusammenar<strong>bei</strong>t zwischen der Schule und der Berufsberatung des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samtes hier<br />

von Vorteil ist (z.B. Auswahl geeig<strong>net</strong>er Betriebe, Vor- und Nachbesprechungen).<br />

Die Betriebs- und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzerkundungen, die sowohl eintägig als auch über mehrere<br />

Tage verlaufen können, sollen dazu <strong>bei</strong>tragen, dass die Schüler wichtige Bereiche der<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>swelt in der Praxis kennen lernen und die im Unterricht erworbenen Kenntnisse<br />

damit in Verbindung setzen können. Die Erkundungen umfassen da<strong>bei</strong> technische Aspekte<br />

(z.B. Werkzeuge, Materialien, Fertigungsverfahren, Produkte), soziale Aspekte<br />

(z.B. <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>s- und Gruppensituation, Kommunikation, Freizeit) und berufskundliche Aspekte<br />

(z.B. Tätigkeitsfelder, <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>svoraussetzungen, Löhne). Wichtig sind aber auch<br />

entsprechende Vor- und Nachbereitungen, um die Schüler auf die betriebliche Situation<br />

vorzubereiten (Verhalten im Betrieb), ihnen Hilfen und Strukturen zur Verfolgung der<br />

Zielsetzung / Fragestellung <strong>bei</strong> der Erkundung zu vermitteln (Beobachtungen, Gespräche,<br />

Fragetechniken) und ihnen die Möglichkeit zu geben, anschließend ihre Erfahrungen<br />

zu verar<strong>bei</strong>ten und auszutauschen. Gleichzeitig erhalten die Jugendlichen somit die<br />

Chance, sich einen realen Eindruck über die Anforderungen und Perspektiven des jeweiligen<br />

Berufsfeldes zu verschaffen und gegebenenfalls ihren Berufswunsch mit Hilfe<br />

ihrer gesammelten Erfahrungen zu festigen bzw. zu überprüfen.<br />

Neben der Möglichkeit von betrieblichen Erkundungen ist es gerade auch für körperbehinderte<br />

Jugendliche bedeutsam, sich außerdem praxisnah über die Ausbildung in Berufsbildungswerken<br />

(vgl. 5.1.) oder die Tätigkeit in einer WfB informieren zu können, da<br />

diese Ausbildungs- bzw. <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sorte für viele junge Menschen des Personenkreises eine<br />

wichtige Brücke und Chance zur Erlangung eines Berufes bzw. einer nachfolgenden<br />

Tätigkeit darstellen (vgl. BAFA 1997, S. 130 / 131).<br />

Die Betriebspraktika als weitere wichtige Säule der Berufsvorbereitung, die ebenso wie<br />

die Betriebserkundungen auch in Berufsbildungswerken, WfB oder anderen Reha-<br />

Einrichtungen durchgeführt werden können, intensivieren diese Erfahrungen und vermitteln<br />

den Schülern einen umfassenderen Einblick in bestimmte wirtschaftliche<br />

Zusammenhänge, in die jeweiligen betrieblichen Strukturen und zu den Anforderungen<br />

und Möglichkeiten der gewünschten beruflichen Tätigkeit. Die schulischen Praktika<br />

stellen somit ein wichtiges Hilfsmittel der Berufswahlentscheidung dar, da die Schüler,<br />

die in dieser Zeit innerhalb ihres Praktikantenstatus im Betrieb mitar<strong>bei</strong>ten, auf diese<br />

Weise sowohl die betriebliche Realität als auch die beruflichen Anforderungen erfahren<br />

können. Gleichzeitig besteht auf diese Weise auch die Möglichkeit, den Bedarf eventuell<br />

notwendiger technischer Hilfen <strong>bei</strong> der beruflichen Eingliederung der Behinderten festzustellen.<br />

Damit jeder Schüler das Praktikum gut bewältigen kann, ist auch hier eine intensive Vorund<br />

Nachbereitung des Praktikums erforderlich, wo<strong>bei</strong> eine enge Zusammenar<strong>bei</strong>t zwischen<br />

Praktikant / Eltern, Schule, Berufsberatung und Praktikumseinrichtung wünschenswert<br />

ist. Dies dient auch einer verbesserten Bear<strong>bei</strong>tung von Praktikumsaufgaben<br />

der Schule und des Betriebes durch die Schüler. Ihnen soll ermöglicht werden, sich<br />

selbst innerhalb realer betrieblicher Situationen erleben zu können, welches aber<br />

gleichzeitig Überbehütung einerseits und Überforderung andererseits ausschließt.<br />

44


Doch nicht alle Betriebspraktika bedeuten für die Schüler auch eine positive Erfahrung.<br />

Sie können durchaus mit Enttäuschungen, Belastungen und sozialer Isolierung aufgrund<br />

des Erscheinungsbildes und möglicher Sprachstörungen verbunden sein. Deshalb erscheint<br />

auch eine entsprechende Vorbereitung der Betreuer und Mitar<strong>bei</strong>ter der Praktikumseinrichtung,<br />

besonders wenn sie sonst nur wenig oder gar keinen Kontakt zu Behinderten<br />

besitzen, als sehr wichtig. Trotz der gewünschten Bedeutung des Praktikums<br />

hinsichtlich einer Hilfe für die Schüler <strong>bei</strong> der Berufswahlentscheidung ist aber zu bedenken,<br />

dass das Praktikum nur einen Ausschnitt von verschiedenen Anforderungen<br />

und Möglichkeiten der beruflichen Tätigkeit darstellt. Die Jugendlichen sehen aber vielfach<br />

das Praktikum schon als wahre berufliche Situation an und ziehen aus diesen recht<br />

begrenzten Erfahrungen bzw. den (Miss-) Erfolgen des Praktikums spezielle Rückschlüsse<br />

hinsichtlich ihrer Fähigkeiten und ihrer beruflichen Zukunft. Dadurch kommt der<br />

Praktikumsbegleitung mit den erwähnten Personen und Institutionen eine große Bedeutung<br />

zu, um den Schülern entsprechende Hilfen <strong>bei</strong> seiner Berufswahlentscheidung geben<br />

zu können, die nicht auf überhasteten Reaktionen beruhen (vgl. Stadler 1997, S.<br />

241 / 242).<br />

4.2.2. Berufsvorbereitung durch die Berufsberatung des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samtes<br />

- Berufsorientierung in Zusammenar<strong>bei</strong>t von Berufsberatung und Schule:<br />

Die Berufsorientierung durch das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt setzt meist in den vorletzten Klassen<br />

vor dem Schulabschluss ein. Sie soll den Schülern einen ersten Überblick über die Aspekte<br />

der Berufswahl, zu Ausbildungsmöglichkeiten und ihren verschiedenen Wegen<br />

sowie über die Angebote der Berufsberatung und entsprechende Fördermöglichkeiten<br />

verschaffen und gleichzeitig die individuelle berufliche Beratung der Schulabgänger vorbereiten.<br />

Die Berufsorientierung wird <strong>bei</strong> behinderten Schülern von speziellen BerufsberaterInnen<br />

für Behinderte durchgeführt.<br />

Eine wichtige Voraussetzung hierzu ist eine umfassende Zusammenar<strong>bei</strong>t zwischen<br />

Schule bzw. KlassenlehrerIn und der Berufsberatung. Zunächst werden da<strong>bei</strong> berufsorientierende<br />

Schulbesprechungen veranstaltet, außerdem gehören aber auch verschiedene<br />

Vortrags- und Informationsveranstaltungen, Elternveranstaltungen in der Schule<br />

und im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt sowie die Besuche von Ausbildungseinrichtungen (z.B. Berufsbildungswerk)<br />

oder von Werkstätten für Behinderte zu den möglichen Formen der Berufsorientierung.<br />

- Das Berufsinformationszentrum (BIZ):<br />

Eine wichtige Informationsquelle während des <strong>gesamte</strong>n Berufswahlprozesses<br />

stellt das Berufsinformationszentrum (BIZ) des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samtes dar. Hier können die Schüler<br />

verschiedene Medienangebote, wie z.B. Bücher, Mappen, Film- oder Hörprogramme,<br />

Computerprogramme und Datenbanken nutzen und sich damit einen Überblick bezüglich<br />

Berufsausbildung und Studium, beruflicher Tätigkeiten und deren Anforderungen<br />

oder zur Entwicklung auf dem <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt verschaffen (vgl. BAFA 1997, S. 109 / 110).<br />

45


- Individuelle Beratung und Fachdienste des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samtes:<br />

Von großer Bedeutung sind selbstverständlich die individuellen Gespräche zwischen<br />

der Berufsberatung und dem Schüler bzw. dessen Eltern, die die Berufswahl unterstützen<br />

sollen. Sie bilden den Kern des Berufswahlprozesses, da hier die komplexen<br />

Bestandteile und Sachverhalte der verschiedenen daran beteiligten Bereiche zusammengeführt<br />

und in Verbindung zu den individuellen Bedürfnissen des Schülers gebracht<br />

werden können.<br />

Gerade <strong>bei</strong> behinderten Schülern ist es nicht nur wichtig zu bedenken, welcher Beruf in<br />

Frage kommt, sondern gleichzeitig sind auch spezifische Ausbildungsformen, Hilfs- und<br />

Fördermöglichkeiten <strong>bei</strong> der beruflichen Eingliederung sowie begleitende rehabilitative<br />

Maßnahmen, wie z.B. Physiotherapie, in diese Überlegungen einzubeziehen. Die Erfahrungen<br />

aus Praktika oder Betriebs- und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzerkundungen (vgl. 4.2.1.) können<br />

da<strong>bei</strong> für die behinderten Jugendlichen sicherlich eine wertvolle Hilfe darstellen.<br />

Ergänzend zu den Vorstellungen des Jugendlichen und der Eltern, der Einschätzungen<br />

der betreuenden Lehrer und des Berufsberaters für Behinderte stehen deshalb zur Klärung<br />

der beruflichen Eignung auch der Ärztliche und der Psychologische Dienst des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samtes<br />

zur Verfügung. In Zuständigkeit der Berufsberatung können sie zur Feststellung<br />

der körperlichen und gesundheitlichen Voraussetzungen bzw. der Überprüfung<br />

psychologischer Aspekte einbezogen werden. Für die Durchführung der Untersuchung<br />

ist aber das Einverständnis des Bewerbers bzw. dessen Eltern notwendig. Dieses ar<strong>bei</strong>tsamtärztliche<br />

Gutachten ist erforderlich <strong>bei</strong> der Klärung der beruflichen Eignung im<br />

Zusammenhang mit einer Gewährung von berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen<br />

(vgl. 4.3.), besonderen Ausbildungsregelungen für Behinderte nach dem Berufsbildungsgesetz<br />

und der Handwerksordnung (vgl. 3.5.) und der Berufsausbildung in einer<br />

Reha-Einrichtung (z.B. Berufsbildungswerk; vgl. 5.1.) bzw. der Aufnahme in eine WfB<br />

(vgl. 6.1.).<br />

Technische Berater können darüber hinaus in Fragen von technischen Hilfsmitteln, <strong>bei</strong><br />

der behindertengerechten Anpassung des Ausbildungs- bzw. <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes und zugehörigen<br />

Finanzierungsfragen hinzugezogen werden. Die Ergebnisse der verschiedenen<br />

Bereiche fließen in den Reha-Gesamtplan ein, der alle notwendigen Schritte und Maßnahmen<br />

der Rehabilitation umfasst (vgl. BAFA 1997, S. 47, 293 und 382 / 383).<br />

- Berufsfindung und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>serprobung:<br />

Bestehen trotz Einbezug der Fachdienste des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samtes noch Unsicherheiten<br />

hinsichtlich der beruflichen Eignung des behinderten Jugendlichen, kann die<br />

Berufsberatung auch die Durchführung von Maßnahmen der Berufsfindung bzw. der<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>serprobung anregen.<br />

Die Berufsfindung erfolgt auf freiwilliger Basis und soll erreichen, im Anschluss daran<br />

mögliche berufliche Perspektiven bzw. berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (vgl.<br />

4.3.) für den Behinderten aufzuzeigen und sie in den Reha-Gesamtplan (Eingliederungsvorschlag)<br />

einfließen zu lassen. Sie wird in Reha-Einrichtungen (z.B. Berufsbildungswerk)<br />

durchgeführt und hat eine maximale Dauer von 60 <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stagen. Die Berufsfindung<br />

umfasst da<strong>bei</strong> neben der berufspädagogischen Erprobung in mindestens fünf<br />

Berufsfeldern (praktisch und theoretisch) auch die berufswahlunterstützende Gruppenar<strong>bei</strong>t<br />

und die medizinische, psychologische und sozialpädagogische Beratung und Begleitung,<br />

einschließlich der Erstellung von notwendigen Gutachten (vgl. BAFA 1997, S.<br />

104 / 105).<br />

46


Als weitere Möglichkeit gibt es die sogenannte <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>serprobung. Im Gegensatz zur Berufsfindung<br />

hat sich der behinderte Jugendliche hier schon für einen Beruf entschieden.<br />

Die beteiligten Dienste und die Berufsberatung sind sich aber nicht sicher, ob der gewünschte<br />

Beruf auch für den Behinderten geeig<strong>net</strong> ist. In so einer Situation kann eine<br />

freiwillige <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>serprobung durchgeführt werden, die wie die Berufsfindung in einer Reha-Einrichtung<br />

absolviert und von der Berufsberatung vermittelt und finanziert wird. Sie<br />

hat eine maximale Dauer von 20 <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stagen und soll mit Hilfe von berufspraktischer<br />

Erprobung und theoretischem Unterricht feststellen, ob der Behinderte sowohl die Anforderungen<br />

der Berufsausbildung als auch der späteren beruflichen Tätigkeit bewältigen<br />

kann.<br />

Gleichzeitig besteht somit auch die Möglichkeit, den Bedarf an eventuell notwendigen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzanpassungen oder anderen Hilfen zu ermitteln. Bei Zustimmung der zuständigen<br />

Schulbehörde bezüglich einer Befreiung vom Unterricht können Berufsfindung<br />

bzw. <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>serprobung auch schon bereits während des letzten Schuljahres durchgeführt<br />

werden, so dass für den Jugendlichen der Übergang von der Schule zur Berufsausbildung<br />

optimiert wird (ebd., S. 33). Nach dem Berufsbildungsbericht 2000 der<br />

Bundesregierung nahmen im Jahr 1999 insgesamt 242 Jugendliche an einer Berufsfindung<br />

und 53 Jugendliche an einer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>serprobung teil (vgl. M.C. Consult & Projektentwicklung<br />

GmbH Meißen [im Folgenden M.C.Consult genannt] 2001; www.mcconsult.de).<br />

Dem Aspekt der Berufswahlentscheidung, vor allem im Zusammenhang mit der Abklärung<br />

der Eignung für bestimmte Tätigkeiten, kommt somit <strong>bei</strong> behinderten jungen Menschen<br />

eine zentrale Bedeutung zu. Hier werden wichtige Grundlagen für den weiteren<br />

Werdegang gelegt, die meines Erachtens aufgrund der behinderungsspezifischen Situation<br />

nicht immer in dem Maße zu korrigieren sind, wie es vielleicht <strong>bei</strong> nicht behinderten<br />

Menschen möglich ist, da die beruflichen Chancen und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sfelder ohnehin eingeschränkt<br />

sind. Die beteiligten Institutionen und Dienste besitzen deshalb eine große<br />

Verantwortung <strong>bei</strong> der Einschätzung der Fähigkeiten und beruflichen Möglichkeiten der<br />

Jugendlichen. Die BAFA (1997, S. 158) meint dazu entsprechend:<br />

"Die Beurteilung der Eignung im Rahmen der Berufswahl ist immer antizipierend, die<br />

Eignung selbst erweist sich erst im Verlauf von Ausbildung und Berufstätigkeit. Eine<br />

fundierte Einschätzung ist jedoch Voraussetzung, um Fehlentwicklungen zu vermeiden<br />

(z.B. Ausbildungsabbruch, berufliche Über- oder Unterforderung) und einen erfolgreichen<br />

Ausbildungsverlauf sowie Zufriedenheit im Beruf zu gewährleisten."<br />

Jedoch bleibt zu bedenken, dass die Gefahr nicht unbegründet ist, dass die behinderten<br />

Jugendlichen in ihrer Berufswahl nur begrenzt selbstbestimmt agieren können. Dies liegt<br />

vor allem daran, dass die berufliche Eingliederung Behinderter zu sehr unter den Normen<br />

und Bestimmungen der nicht behinderten <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>swelt steht. Auswirkungen sind dadurch<br />

in Einschränkungen in der Vielfalt von Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten, in<br />

einer Überbetonung von Gesichtspunkten der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>skraft<br />

und in einer Vielzahl von Untersuchungen aller Art durch eine ebenso große<br />

Anzahl von Fachleuten verschiedenstem beruflichen Hintergrunds zu sehen, die eine<br />

Passung zwischen vorgegebenen Anforderungen und Leistungsmöglichkeiten der behinderten<br />

Jugendlichen zu ermitteln versuchen.<br />

Kann denn wirklich gewährleistet werden, dass der Behinderte nach Durchlaufen dieser<br />

ganzen Prozeduren auch in dem beruflichen Bereich tätig sein kann, für den er sich ursprünglich<br />

interessiert hat oder wurde ihm der Beruf nicht vielleicht doch eher durch die<br />

47


eteiligten "Helfer" zugewiesen? Vielleicht sollte jeder Helfer seine Tätigkeit stets mit<br />

einigen selbstkritischen Gedanken begleiten, um sein eigenes diesbezügliches Verhalten<br />

zu reflektieren und dadurch zu optimieren (vgl. auch Bordel 1989, S. 117-120).<br />

4.3. BERUFSVORBEREITUNG NACH BEENDIGUNG DER REGULÄREN<br />

SCHULZEIT<br />

Das Verlassen der Schule bedeutet für viele behinderte Jugendliche nicht einen<br />

unmittelbaren Übergang in die Berufsausbildung, sondern sie nehmen zunächst an sogenannten<br />

berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen teil. Da<strong>bei</strong> unterscheidet man<br />

zwischen Maßnahmen, die in Form von schulischer Berufsvorbereitung durch die einzelnen<br />

Länder geregelt sind und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen, die durch<br />

die Bundesanstalt für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> gefördert werden. Sie richten sich an Jugendliche, die nach<br />

dem Schulabschluss die Anforderungen der Berufsausbildung noch nicht bewältigen<br />

können. Mit Hilfe dieser Maßnahmen sollen die Voraussetzungen für die Aufnahme einer<br />

Ausbildung geschaffen und den Jugendlichen somit der Einstieg in Ausbildung und<br />

Beruf erleichtert werden.<br />

Nicht nur behinderte junge Menschen können an berufsvorbereitenden Maßnahmen<br />

teilnehmen, auch für nicht behinderte Jugendliche besteht hierfür die Möglichkeit (z.B.<br />

Jugendliche ohne Ausbildungsplatz und Schulabschluss; Straffällige; Aussiedler / Ausländer;<br />

Personen, die eine Ausbildung abgebrochen haben). Ich möchte mich aber<br />

nachfolgend auf diejenigen Maßnahmen beschränken, die sich vor allem an jugendliche<br />

Schulabgänger mit Behinderungen wenden, die nicht sofort eine Berufsausbildung beginnen<br />

können.<br />

Da<strong>bei</strong> handelt es sich im Einzelnen um das Berufsvorbereitungsjahr (BVJ), das Berufsgrundbildungsjahr<br />

(BGJ), die Förderlehrgänge und die Teilnahme am <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich<br />

der Werkstatt für Behinderte.<br />

4.3.1. Das Berufsvorbereitungs- und das Berufsgrundbildungsjahr<br />

- Das Berufsvorbereitungsjahr:<br />

Das Berufsvorbereitungsjahr (BVJ), welches wie das Berufsgrundbildungsjahr<br />

(BGJ) durch die Schulgesetze und Lehrpläne der Länder geregelt ist, wird als schulische<br />

Form der Berufsvorbereitung meist an Berufsschulen durchgeführt. In der "Verordnung<br />

des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Berufsschule im Freistaat<br />

Sachsen" (Schulordnung Berufsschule - BSO), die am 01.04.1994 in Kraft trat, heißt es<br />

dazu im § 4 Abs. 1 (SSFK 2001; www.sn.schule.de):<br />

"Die Berufsschule kann für Schüler, die zu Beginn der Berufsschulpflicht ein Berufsausbildungsverhältnis<br />

nicht nachweisen, als einjährige Vollzeitschule (Berufsvorbereitungsjahr)<br />

geführt werden. Klassen des Berufsvorbereitungsjahres werden für Schüler gebildet,<br />

die nach Maßgabe der Stundentafel in zwei inhaltlich sinnvoll einander zugeord<strong>net</strong>en<br />

Berufsfeldern unterrichtet werden."<br />

Das BVJ wendet sich vor allem an Jugendliche ohne Hauptschulabschluss bzw. an<br />

lernbehinderte Schulabgänger. Sie lernen da<strong>bei</strong> verschiedene Berufsfelder (z.B. Metall,<br />

Holz, Gestalten) kennen, erhalten fachtheoretische und fachpraktische Kenntnisse und<br />

vertiefen bzw. erweitern auch ihr Wissen, welches sie in ihrer Schulzeit erworben haben.<br />

48


Für die Teilnehmer sollen individuelle berufliche Perspektiven mittels differenzierter Förderung<br />

und abgestuften Anforderungen geschaffen und sie somit auf den Einstieg in<br />

eine Berufsausbildung bzw. den Beginn einer beruflichen Tätigkeit vorbereitet werden.<br />

Den Abschluss des BVJ bildet eine Prüfung, wo<strong>bei</strong> mit einer Zusatzprüfung z.B. auch<br />

der Hauptschulabschluss erworben werden kann. Wird im Anschluss daran eine <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeit<br />

aufgenommen, die keine Berufsausbildung erfordert, hat das BVJ gleichzeitig<br />

auch die Berufsschulpflicht erfüllt (vgl. BAFA 1997, S. 119).<br />

- Das Berufsgrundbildungsjahr:<br />

Im Gegensatz zum Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) umfasst das Berufsgrundbildungsjahr<br />

(BGJ), welches ebenfalls an Berufsschulen durchgeführt wird, die Vermittlung<br />

von Grundqualifikationen von anerkannten Ausbildungsberufen nur eines Berufsfeldes<br />

(z.B. Wirtschaft und Verwaltung, Metalltechnik, Elektrotechnik, Ernährung und Hauswirtschaft<br />

oder Agrarwirtschaft). Nach § 3 Abs. 1 der "Verordnung des Sächsischen<br />

Staatsministeriums für Kultus über die Berufsschule im Freistaat Sachsen" kann die<br />

Grundstufe der Berufsschule als BGJ in Vollzeit- oder Teilzeitunterricht geführt werden<br />

und stellt somit die Vorbereitung auf die duale Berufsausbildung in der Fachstufe dar<br />

(vgl. SSFK 2001; www.sn.schule.de). Die Bedeutung dieser berufsvorbereitenden Maßnahme,<br />

die auch eine Dauer von 12 Monaten hat, ist deshalb meines Erachtens für Jugendliche<br />

mit Körperbehinderungen nur dann gegeben, wenn absehbar ist, dass sie<br />

eine Berufsausbildung nach dem dualen System (vgl. 5.3.) mit oder ohne besonderen<br />

Ausbildungsregelungen für Behinderte (vgl. 3.5.) absolvieren können.<br />

Aufgenommen werden Jugendliche ohne Ausbildungsvertrag bzw. mit<br />

Ausbildungsvorvertrag. Stimmt das gewählte Berufsfeld und der spätere<br />

Ausbildungsberuf miteinander überein, so ist es möglich, das BGJ auf die<br />

Berufsausbildung anzurechnen. Beginnt der Jugendliche im Anschluss an das BGJ eine<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> ohne Berufsausbildung, kann mit der Teilnahme am BGJ auch die<br />

Berufsschulpflicht erfüllt werden. Weiterhin lässt sich im Rahmen des BGJ z.B. auch der<br />

Hauptschulabschluss oder über Zusatzprüfungen auch der Realschulabschluss erwerben<br />

(vgl. BAFA 1997, S. 108).<br />

4.3.2. Förderlehrgänge und der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich der WfB<br />

- Förderlehrgänge:<br />

Förderlehrgänge, die von der Berufsberatung des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samtes vermittelt und von<br />

ihr auf Grundlage des SGB III (vgl. 3.2.) finanziell gefördert werden, sollen für die behinderten<br />

Jugendlichen die Möglichkeit darstellen, sich intensiv auf die Anforderungen von<br />

Ausbildung und Beruf vorzubereiten, wo<strong>bei</strong> als Ziel die erfolgreiche Eingliederung in<br />

diesen Bereichen angestrebt wird. Inhalte der Förderlehrgänge sind die Vermittlung beruflicher<br />

Basisqualifikationen, das Kennenlernen verschiedener Berufsfelder und die abschließende<br />

Entscheidung für einen Berufsbereich. Durchgeführt werden die Förderlehrgänge<br />

in Reha-Einrichtungen, wie den Berufsbildungswerken, den WfB (Förderlehrgang<br />

F2 / F3) oder besonderen Einrichtungen der medizinisch-beruflichen Rehabilitation.<br />

Ausbilder, Lehrkräfte, Sozialpädagogen und Sozialar<strong>bei</strong>ter übernehmen da<strong>bei</strong> die<br />

Betreuung der Jugendlichen. Laut Berufsbildungsbericht 2000 der Bundesregierung<br />

nahmen Ende 1999 insgesamt 18 500 behinderte Jugendliche an einem Förderlehrgang<br />

teil (vgl. M.C. Consult 2001; www.mc-consult.de). Aufgrund der unterschiedlichen Vor-<br />

49


aussetzungen der Behinderten gibt es vier Formen von Förderlehrgängen mit jeweils<br />

unterschiedlicher Gesamtdauer:<br />

· Förderlehrgang F1<br />

Der Förderlehrgang F1 richtet sich besonders an behinderte Menschen, die zwar für<br />

eine Berufsausbildung geeig<strong>net</strong> sind, aber jedoch aufgrund ihrer Behinderung Lernerschwernisse<br />

aufweisen und somit einer besonderen Förderung bedürfen. Die Dauer des<br />

Lehrgangs beträgt bis zu 12 Monaten und <strong>bei</strong>nhaltet z.B. den Unterricht in allgemeinbildenden<br />

Fächern, berufliche Fachtheorie und Hilfe <strong>bei</strong> der Berufswegplanung, aber auch<br />

Freizeitaktivitäten und sozialpädagogische Betreuung.<br />

· Förderlehrgang F2 / F3<br />

Dieser Förderlehrgang ist für behinderte Menschen bestimmt, die hinsichtlich der Art<br />

und Schwere ihrer Behinderung eine Berufsausbildung nicht absolvieren können, aber<br />

andererseits durch die Tätigkeit in einer Werkstatt für Behinderte unterfordert wären. Mit<br />

Hilfe des Lehrgangs soll die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit oder einer Berufsausbildung<br />

ermöglicht werden.<br />

Die Dauer beträgt bis zu 24 Monate (F2) bzw. bis zu 36 Monate (F3). Inhalte sind vor<br />

allem die Heranführung an die berufliche Praxis und die Vermittlung von beruflichen<br />

Grund- und Fachkenntnissen mittels beruflicher Praktika und fachtheoretischem Unterricht.<br />

Die Teilnehmer werden da<strong>bei</strong> auch sozialpädagogisch und, falls erforderlich, auch<br />

psychologisch unterstützt.<br />

· Förderlehrgang F4<br />

Er wendet sich an behinderte Menschen, die aufgrund der Dauer von Maßnahmen der<br />

medizinischen Rehabilitation nicht mehr wettbewerbsfähig sind und dauert bis zu 6 Monaten.<br />

Vor allem Personen mit psychischen Behinderungen sollen auf diese Weise während<br />

der Therapie den Anschluss an das Berufsleben nicht verlieren und nach deren<br />

Abschluss eine berufliche Ausbildung aufnehmen können. Neben einem Theorie- und<br />

Praxisteil, der jeweils 3 Monate umfasst, werden die Teilnehmer auch psychologisch<br />

und sozialpädagogisch betreut, um die Persönlichkeit zu festigen und die Motivation zu<br />

fördern. Im Theorieteil werden außer dem Vorstellen verschiedener Berufsfelder auch<br />

Kenntnisse auf den Gebieten der Mathematik, der Sozial,- Wirtschafts- und Rechtskunde<br />

oder der EDV vermittelt (vgl. BAFA 1997, S. 168 und Berufliche Fortbildungszentren<br />

der Bayerischen Wirtschaft gGmbH 2001; http://pub.bfz.de).<br />

- Berufsvorbereitende Maßnahmen im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich der WfB:<br />

Eine weitere Möglichkeit berufsvorbereitender Maßnahmen bietet schließlich auch<br />

der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich der Werkstatt für Behinderte (WfB). Diese Maßnahme der<br />

Berufsvorbereitung, die auch von der Bundesanstalt für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> finanziert wird, wendet<br />

sich an Behinderte, welche keine Berufsausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen,<br />

einschließlich der Förderung über besondere Ausbildungsregelungen für Behinderte<br />

nach dem Berufsbildungsgesetz bzw. der Handwerksordnung (vgl. 3.5.), oder mit Hilfe<br />

von Maßnahmen der Berufsvorbereitung und -ausbildung in anderen Reha-<br />

Einrichtungen absolvieren können. Außerdem ist auch die Teilnahme behinderter Menschen<br />

möglich, die aufgrund der Behinderung derzeit nicht auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt<br />

tätig sein können. Aber auch für die Behinderten, für die absehbar ist, dass<br />

für sie wohl nur eine Beschäftigung in einer WfB in Frage kommt, besitzt der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strai-<br />

50


ningsbereich als Vorbereitung auf die Tätigkeit im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich der WfB eine große<br />

Bedeutung. Auf den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich und die <strong>gesamte</strong> Struktur der WfB werde ich im weiteren<br />

Verlauf dieser <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> noch genauer eingehen (vgl. 6.1.). Im Berufsbildungsbericht<br />

2000 der Bundesregierung wird die Zahl von 12 701 Behinderten genannt, die im Jahr<br />

1999 an diesen berufsvorbereitenden Maßnahmen in einer WfB teilgenommen haben<br />

(vgl. M.C. Consult 2001; www.mc-consult.de).<br />

Über die Berufsberatung für Behinderte wird hinsichtlich der individuellen Aufnahmevoraussetzungen<br />

entschieden. Die eigentliche Aufnahme erfolgt dann durch einen Beschluss<br />

des Fachausschusses der WfB, worin Vertreter der WfB, der überörtlichen Sozialhilfeträger<br />

und des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samtes mitwirken. Vor der Teilnahme am <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich<br />

kann im Zweifelsfall auch zunächst ein sogenanntes Eingangsverfahren (finanziert<br />

von der Bundesanstalt für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>) angeregt werden, welches eine Dauer von vier<br />

Wochen hat und feststellen soll, ob der Behinderte überhaupt für eine Tätigkeit in einer<br />

WfB geeig<strong>net</strong> ist und welche <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>en er ausführen kann. Auch eine spätere Beschäftigung<br />

auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt wird hier<strong>bei</strong> beurteilt (vgl. zur gesetzlichen<br />

Grundlage auch 6.1.1.).<br />

Der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich gliedert sich in zwei Kursgebiete auf, den Grund- und den<br />

Aufbaukurs. Die jeweilige Dauer der <strong>bei</strong>den Kurse ist von dem individuellen Leistungsvermögen<br />

des Behinderten abhängig, die Gesamtdauer der Maßnahmen des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereiches,<br />

einschließlich eines eventuell notwendigen Eingangsverfahrens, beträgt<br />

bis zu 24 Monate. Die Kurse des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereiches vermitteln den Teilnehmern<br />

Grundfertigkeiten zu verschiedenen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>saufgaben, wo<strong>bei</strong> diejenigen mit<br />

höherem Schwierigkeitsgrad im Aufbaukurs thematisiert werden. Leider scheint hier<strong>bei</strong><br />

aber ein Widerspruch zwischen Theorie und Praxis zu herrschen, denn die "Regelung<br />

(...) wird in der Praxis schon von Anfang an sehr restriktiv gehandhabt, so daß meistens<br />

nur ein <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>straining von zwölf Monaten realisiert wird. Das Bildungspotential bzw. der<br />

Bildungsbedarf wird aus Kostengründen <strong>bei</strong> weitem nicht ausgeschöpft bzw. gedeckt "<br />

(Seyl 1996, S. 539).<br />

Gleichzeitig sollen die Behinderten aber auch die Möglichkeit erhalten, ihr Wissen in<br />

lebenspraktischen Aspekten, wie Körper- und Gesundheitspflege, Kleidung, Essen und<br />

Trinken, Verkehrserziehung oder Umgang mit Geld zu festigen und zu erweitern. Wichtige<br />

Ziele sind hier<strong>bei</strong> außerdem die Förderung des Selbstwertgefühls sowie des Sozialund<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sverhaltens, wo<strong>bei</strong> auch die Vermittlung einer möglichst realistischen<br />

Selbsteinschätzung angestrebt wird. Zu diesen sozialen Inhalten gehören z.B. der<br />

Umgang mit Bezugspersonen, das angemessene Reagieren in Konfliktsituationen, das<br />

Verhalten in der Öffentlichkeit, Freundschaft und Partnerschaft oder die<br />

Zusammenar<strong>bei</strong>t mit anderen Menschen.<br />

Auf diese Weise soll erreicht werden, dass die Behinderten nach Abschluss des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereichs<br />

sowohl auf eine Tätigkeit im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich der WfB als auch auf einen<br />

möglichen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt entsprechend vorbereitet<br />

sind, was gleichfalls auch eine Befähigung zur Teilnahme am sozialen Leben <strong>bei</strong>nhalten<br />

soll. Der Fachausschuss gibt nach Beendigung des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereichs eine Einschätzung,<br />

ob weitere berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen angebracht erscheinen<br />

bzw. inwieweit entweder eine Beschäftigung im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich der WfB oder auf dem<br />

allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt für den Behinderten geeig<strong>net</strong> ist (vgl. BAFA 1997, S. 42 und<br />

116; Bordel 1989, S. 127; Taubitz 1982, S. 164).<br />

51


4.3.3. Bewertung<br />

Die Wirksamkeit der verschiedenen berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen<br />

nach Beendigung der regulären Schulzeit ist nicht unumstritten. Für viele Jugendliche,<br />

die an solchen Maßnahmen teilnehmen, egal ob behindert oder nicht behindert, bedeuten<br />

sie oftmals eher eine Warteschleife aufgrund fehlender Ausbildungsplätze und drohender<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit (vgl. Bordel 1989, S. 97 / 98). Eine Garantie auf einen Ausbildungsplatz<br />

nach Abschluss der Berufsvorbereitung gibt es nicht, höchstens die Chancen,<br />

ihn zu erhalten, haben sich dadurch erhöht. Auch die Möglichkeiten im Anschluss<br />

daran eine <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> ohne Berufsausbildung, nur aufgrund der Teilnahme an berufsvorbereitenden<br />

Maßnahmen, zu erhalten, sind wegen veränderter <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sstrukturen und Qualifikationsanforderungen<br />

nicht größer geworden (vgl. 2.2.2. und 2.2.5.). Diese <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>en<br />

lassen sich aber von Menschen mit Körperbehinderungen aufgrund der motorischen<br />

Anforderungen (Hilfstätigkeiten) meist wohl nicht bewältigen.<br />

Unter Einbezug der Tatsache, dass die Zahl von körperbehinderten Schulabgängern mit<br />

Schwierigkeiten <strong>bei</strong>m Übergang zum Berufsleben zunimmt (vgl. 4.1.1.), scheint für mich<br />

sich auch die Notwendigkeit zu ergeben, sich vonseiten der Berufsvorbereitung und des<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarktes stärker auf diese Entwicklungen einzustellen. Für viele Körperbehinderte<br />

stellen wohl derzeit die Förderlehrgänge und eine anschließende Berufsausbildung in<br />

Berufsbildungswerken (vgl. 5.1.) die geeig<strong>net</strong>ste Möglichkeit zur Erlangung eines <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes<br />

auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt dar.<br />

Doch oft bleibt auch für Körperbehinderte nur die Beschäftigung in einer WfB, um überhaupt<br />

einer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> nachgehen zu können. Ein Wechsel von der WfB auf den allgemeinen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt gelingt aber nur weniger als 1% der Beschäftigten (vgl. Stadler 1998,<br />

S. 186). Dieser Übergang auf den allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt stellt aber das eigentliche<br />

Ziel der Tätigkeit der WfB dar. Da dies derzeit jedoch offensichtlich in einem wünschenswerten<br />

Umfang nicht möglich ist, sollte die WfB als Bindeglied zwischen allgemeinem<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt und neuen Beschäftigungsmöglichkeiten für Behinderte (vgl. 6.3.)<br />

fungieren, so dass die berufsvorbereitenden Maßnahmen im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich<br />

nicht zwangsläufig nur auf eine Beschäftigung innerhalb der WfB hinauslaufen müssen.<br />

Wichtig scheint mir dafür z.B. die fortgesetzte Qualifizierung der behinderten Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

und die Aufwertung des Status der WfB <strong>bei</strong> der Auftragsvergabe, der Breite an möglichen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sfeldern und der sozialen Stellung der behinderten Mitar<strong>bei</strong>ter zu sein.<br />

52


5. BERUFSAUSBILDUNG<br />

Nach dem Bereich der berufsvorbereitenden Maßnahmen möchte ich mich im Folgenden<br />

der Berufsausbildung zuwenden und da<strong>bei</strong> sowohl besondere Einrichtungen<br />

bzw. Ausbildungsmaßnahmen für Behinderte, die diesbezüglich geschaffen wurden, als<br />

auch die Möglichkeiten Behinderter hinsichtlich der Durchführung der Berufsausbildung<br />

auf "herkömmlichen" Wege vorstellen. Da<strong>bei</strong> handelt es sich im Einzelnen um:<br />

- 1. die Berufsbildungswerke (BBW)<br />

- 2. die Berufsförderungswerke (BFW)<br />

- 3. die betriebliche Ausbildung nach dem dualen System<br />

- 4. die Berufsausbildung in überbetrieblichen Einrichtungen (BüE)<br />

- 5. die schulische Berufsausbildung und<br />

- 6. das Studium.<br />

5.1. DIE BERUFSBILDUNGSWERKE<br />

5.1.1. Allgemeine Grundlagen<br />

Die berufliche Erstausbildung von vielen behinderten Schulabgängern erfolgt vor<br />

allem in den Berufsbildungswerken (BBW). Wie schon im Verlauf der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> erwähnt,<br />

können in den BBW neben der Berufsausbildung auch berufsvorbereitende Maßnahmen,<br />

wie Betriebs- und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzerkundungen, Berufsfindung und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>serprobung<br />

oder Förderlehrgänge durchgeführt werden (vgl. 4.2.1., 4.2.2. und 4.3.2.).<br />

Die Berufsbildungswerke entstanden vor allem auf Grundlage des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sförderungsgesetzes<br />

(AFG) aus dem Jahre 1969, welches durch das SGB III 1998 neu geregelt wurde<br />

(vgl. 3.2.), und des "Aktionsprogramms der Bundesregierung zur Förderung der Rehabilitation<br />

Behinderter" aus dem Jahre 1970 (vgl. Bleidick 1982, S. 149 und Dieterich 1992,<br />

S. 125). Nach Angaben der BAFA (1997, S. 103) gibt es in Deutschland insgesamt 47<br />

Berufsbildungswerke mit etwa 14 000 Plätzen zur beruflichen Erstausbildung in etwa<br />

170 verschiedenen Berufen und 2 000 Plätzen für die berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen.<br />

Nicht an allen Berufsbildungswerken können auch Körperbehinderte eine<br />

Berufsausbildung absolvieren. Dies ist an bundesweit 18 der 47 BBW möglich (vgl.<br />

Stadler 1998, S. 182). Laut Berufsbildungsbericht 2000 der Bundesregierung nahmen im<br />

Jahr 1999 14 728 Behinderte an Maßnahmen der Berufsvorbereitung und Berufsausbildung<br />

in einem Berufsbildungswerk teil (vgl. M.C. Consult 2001; www.mc-consult.de).<br />

Die BBW stehen vor allem unter der Trägerschaft von großen Wohlfahrtsverbänden, wie<br />

dem Diakonischen Werk, der Caritas, der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>erwohlfahrt oder dem Deutschen Roten<br />

Kreuz, sie können aber auch durch kommunale Träger bzw. als GmbH geführt werden<br />

(vgl. Dieterich 1992, S. 127). Hinsichtlich der Zielsetzung der BBW schreiben Stockdreher<br />

/ Kammerer (1988, S. 10):<br />

"Zentrale Ziele der Berufsbildungswerke sind es, die behinderten Jugendlichen nicht<br />

allein auszubilden, sondern sie auch pädagogisch zu fördern und zu stützen, ihnen nicht<br />

nur die erforderlichen Qualifikationen zu vermitteln, sondern auch ihre Persönlichkeitsentwicklung<br />

und ihre persönliche Stabilität zu fördern."<br />

53


5.1.2. Aufnahme und Ausbildung<br />

Eine Aufnahme in ein Berufsbildungswerk wird in Betracht gezogen, wenn die Berufsberatung<br />

für Behinderte in ihrem Eingliederungsvorschlag, nach Überprüfung der<br />

Eignung des Behinderten, die Durchführung der Berufsausbildung in dieser Einrichtung<br />

aufgrund der Art und Schwere der Behinderung für sinnvoll betrachtet. Die Vermittlung<br />

in das Berufsbildungswerk übernimmt dann das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt, in dessen Bezirk das entsprechende<br />

BBW liegt. Die endgültige Entscheidung über die Aufnahme trifft aber das<br />

BBW selbst, wo<strong>bei</strong> auch ein persönliches Vorstellungsgespräch erforderlich sein kann.<br />

Die Durchführung der Ausbildung wird mit einem Berufsausbildungsvertrag beschlossen.<br />

Die Ausbildung erfolgt nach den Ausbildungsordnungen der anerkannten Ausbildungsberufe<br />

nach dem dualen System, wo<strong>bei</strong> auch <strong>bei</strong> Bedarf die besonderen Ausbildungsregelungen<br />

für Behinderte nach dem Berufsbildungsgesetz und der Handwerksordnung<br />

(vgl. 3.5.) verwendet werden können. Eine Durchlässigkeit zwischen <strong>bei</strong>den Formen soll<br />

aber gewährleistet sein, so dass Behinderte, die zunächst ihre Ausbildung nach den<br />

spezifischen Regelungen für Behinderte durchführen, <strong>bei</strong> entsprechendem Leistungszuwachs<br />

diese auch über die regulären Ausbildungsordnungen fortsetzen können. Dies<br />

gilt auch für den umgekehrten Fall. Die theoretischen und praktischen Teile der Ausbildung,<br />

welche in Kleingruppen von durchschnittlich acht Auszubildenden durchgeführt<br />

wird, finden zusammen im BBW in einer zugehörigen Berufsschule, die auf der Grundlage<br />

des Schulgesetzes des jeweiligen Bundeslandes geführt wird, und in Ausbildungswerkstätten<br />

bzw. Übungsbüros statt. Bei Bedarf können auch zusätzliche Hilfen, wie<br />

Stütz- und Förderunterricht angeboten werden (vgl. Stockdreher / Kammerer 1988,<br />

S. 14).<br />

Ziel ist außerdem eine enge Zusammenar<strong>bei</strong>t zwischen den Berufsschullehrern und den<br />

Ausbildern, um die Auszubildenden bereichsübergreifend zu unterstützen und zu fördern.<br />

Dies schließt auch die Erstellung von Förder- und Ausbildungsplänen ein. Entsprechend<br />

der angebotenen Berufsfelder verfügen die Berufsschullehrer über Qualifikationen<br />

im gewerblich-technischen, hauswirtschaftlichen, handwerklichen oder kaufmännischen<br />

Bereich. Ebenso besitzen auch die Ausbilder eine entsprechende Berufsausbildung<br />

sowie Berufserfahrung und Qualifikationen in ihrem Fachbereich, wie z.B. die<br />

Meisterprüfung. Außerdem müssen sie auch einen Ausbildungsbefähigungsnachweis<br />

nach § 21 BBiG erworben haben (vgl. Stadler 1998, S. 183).<br />

Darüber hinaus findet während der Ausbildung mindestens ein Betriebspraktikum statt,<br />

welches mehrere Wochen dauert und eine wichtige Vorbereitung auf den geplanten<br />

Wechsel zum allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt nach Beendigung der Ausbildung darstellt. Eine<br />

weitere Möglichkeit für Praxiskontakte können auch <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>saufträge an das Berufsbildungswerk<br />

von umliegenden Betrieben bedeuten, die von den Auszubildenden bear<strong>bei</strong>tet<br />

werden. Die Ausbildung wird mit einer Prüfung vor der für das Berufsgebiet zuständigen<br />

Kammer (z.B. Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer oder Landwirtschaftskammer)<br />

abgeschlossen.<br />

Die Ausbildung der Behinderten im BBW wird in der Regel vom <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt getragen<br />

und finanziert, welches auch z.B. Unterkunft und Verpflegung einschließt. Die Auszubildenden<br />

erhalten ein Ausbildungsgeld und sind während des Ausbildungszeitraums auch<br />

sozialversichert (Kranken-, Renten-, Unfall-, Pflege- und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosenversicherung). E-<br />

benso können auch Fahrtkostenzuschüsse für zwei Heimfahrten pro Monat gewährt<br />

werden.<br />

54


5.1.3. Wohnen, Freizeit und begleitende Reha-Fachdienste<br />

Die Berufsbildungswerke sind überregionale Einrichtungen, so dass die meisten<br />

Auszubildenden in diesem Zeitraum in zugehörigen Internaten wohnen, wo sie durch<br />

Erzieher und Sozialpädagogen betreut werden. Deshalb kommt auch einer frühzeitigen<br />

und umfassenden Zusammenar<strong>bei</strong>t mit den Eltern eine große Bedeutung zu. Sicher<br />

sind viele körperbehinderte Jugendliche aufgrund ihres Schulbesuchs schon an eine<br />

Internatsunterbringung gewöhnt, doch diese neue Situation bedeutet neben dem Ortswechsel<br />

und neuen inhaltlichen Schwerpunkten auch den Verlust an vertrauter räumlicher<br />

Umgebung, von Freunden und Bezugspersonen, wo<strong>bei</strong> meines Erachtens auch<br />

der Umfang der Abhängigkeit des Behinderten von personaler Hilfe eine wichtige Rolle<br />

spielt. Eine entsprechende Vorbereitung und Begleitung scheint somit angebracht.<br />

Die Wohngruppen des Internats bestehen meist aus vier bis acht Jugendlichen, aber es<br />

sind auch Außenwohngruppen möglich, die der Förderung der sozialen Integration dienen<br />

sollen und wo nach einer Zunahme der Selbstständigkeit auch eine Verringerung<br />

der Betreuung möglich ist. Ebenso ist hier auch die Durchführung von gemeinsamen<br />

Freizeitaktivitäten zu nennen, die einen Ausgleich für die Jugendlichen neben der Berufsausbildung<br />

schaffen sollen, gleichzeitig aber auch die Chance darstellen, das gegenseitige<br />

soziale Miteinander zu fördern (vgl. BAFA 1997, S. 100-104). Ziel ist die Vorbereitung<br />

der Jugendlichen auf ein Leben, welches soweit wie möglich ohne fremde Hilfe<br />

geführt werden soll. Neben der Freizeitgestaltung zählen dazu auch praktische Fähigkeiten,<br />

wie Haushaltsführung oder der Umgang mit Behörden (vgl. Stockdreher /<br />

Kammerer 1988, S. 15).<br />

In diesem Zusammenhang sind auch die sogenannten Reha-Fachdienste zu erwähnen,<br />

die zur Unterstützung der rehabilitativen Maßnahmen im Berufsbildungswerk tätig sind.<br />

Da<strong>bei</strong> handelt es sich um den Ärztlichen Dienst, den Psychologischen Dienst und den<br />

Sozialdienst, der für die Betreuung der Jugendlichen im Internat zuständig ist. Die Art<br />

der Fachkräfte dieser Dienste richtet sich nach den Erfordernissen des zu betreuenden<br />

Personenkreises. Stadler (1998, S. 184) ergänzt:<br />

"Der Ärztlich-therapeutische Dienst kann in Einrichtungen für Körperbehinderte umfassen:<br />

Orthopäden, Jugendpsychiater, Krankengymnasten, Beschäftigungstherapeuten<br />

und Logopäden. Im psychologischen Dienst ar<strong>bei</strong>ten neben Psychologen auch Psychagogen<br />

(Kinder- und Jugendpsychotherapeuten). Der Sozialdienst wird vorwiegend von<br />

Sozialar<strong>bei</strong>tern übernommen."<br />

5.1.4. Der Übergang auf den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt<br />

Das Finden einer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sstelle nach Beendigung der Ausbildung im BBW stellt jedoch<br />

die größte Hürde <strong>bei</strong> der Verwirklichung des Ziels der beruflichen Eingliederung<br />

der behinderten jungen Menschen auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt dar. Wie erwähnt,<br />

ist auch hier die Zahl der vermittelten Personen kontinuierlich zurückgegangen (vgl.<br />

2.2.1.). Nach Auffassung von Albrecht (1997, S. 60 ff.) liegen die Ursachen vor allem<br />

darin, dass einerseits viele Berufe, die auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt einen niedrigen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosenanteil aufweisen, von den BBW nicht angeboten werden können. Andererseits<br />

verfügen z.B. Berufe der Elektrotechnik oder Organisations-, Verwaltungs- und<br />

Büroberufe, die auch die BBW als Ausbildungsmöglichkeit anbieten, über gute <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarktaussichten.<br />

Zu berücksichtigen ist aber, dass in diesem Bereich vor allem Menschen<br />

mit Körper- und Mehrfachbehinderungen an einer Ausbildung teilnehmen, die<br />

55


nach Abschluss der Ausbildung größere Schwierigkeiten haben, eine Anstellung zu finden,<br />

so dass hier die Vermittlungsquote unter der der Absolventen des allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkts<br />

liegt.<br />

Darüber hinaus gibt es aber auch Berufsfelder in den BBW, die hinsichtlich der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarktsituation<br />

als problematisch gelten, wie der Textilbereich oder saisonale Berufszweige<br />

(z.B. Garten- und Landschaftspflege, Dienstleistungsberufe im Gastgewerbe).<br />

Immerhin aber 47% der Ausbildungsberufe des BBW sind nach Albrecht von diesen<br />

Schwankungen nicht betroffen (z.B. Berufe der Holz- und Drucktechnik, Raumausstatter,<br />

Bäcker, Warenkaufleute oder Floristen).<br />

Berücksichtigt man aber alle erwähnten Faktoren, d.h. das Fehlen von ar<strong>bei</strong>tsmarktentlastenden<br />

Berufen und das Vorhandensein von Berufsfeldern mit Eingliederungserschwernissen<br />

"zeigt das Ergebnis, daß die Eingliederungsquote des von den BBWs<br />

ausgebildeten Personenkreises am allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt genauso gut ist wie <strong>bei</strong><br />

Nichtbehinderten" (ebd., S. 65).<br />

Trotzdem sind auch die Berufsbildungswerke aufgefordert, sich auf die Veränderungen<br />

und neuen Erfordernisse des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarktes einzustellen, um den Jugendlichen mit Behinderungen<br />

eine möglichst optimale Chance zur Erlangung eines <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes und<br />

zur Förderung der sozialen Integration zu gewähren (ebd., S. 69).<br />

5.2. DIE BERUFSFÖRDERUNGSWERKE<br />

5.2.1. Allgemeine Grundlagen<br />

Aufgrund der guten wirtschaftlichen Bedingungen auf dem Gebiet der Bundesrepublik<br />

in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts und einem hohen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>skräftebedarf,<br />

fanden folglich auch verstärkte Überlegungen hinsichtlich einer Rehabilitation<br />

Behinderter statt. Hervorgegangen aus ersten Rehabilitationseinrichtungen der Anfangsjahre,<br />

"setzte sich seit Mitte der 70er Jahre dafür der Begriff »Berufsförderungswerk -<br />

BFW« durch" (Kemper 1992, S. 211).<br />

Als weitere wichtige Aspekte zum Aufbau der BFW wären die Gründung der "<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sgemeinschaft<br />

Deutscher Berufsförderungswerke" im Jahre 1968, die nachfolgende Planung<br />

zum Aufbau eines flächendeckenden Netzes von Berufsförderungswerken und<br />

das "Aktionsprogramm der Bundesregierung zur Förderung der Rehabilitation Behinderter"<br />

aus dem Jahre 1970 zu nennen. Darüber hinaus wurden auf dem Gebiet der ehemaligen<br />

DDR nach der Wende sechs BFW sowie eine spezielle Einrichtung für Blinde<br />

und Sehbehinderte in Halle / Saale eingerichtet. Die BFW werden in unterschiedlichster<br />

Trägerschaft geführt, d.h. über staatliche, öffentlich-rechtliche oder private Träger (vgl.<br />

Mühlum / Kemper 1992, S. 54-58). Nach Angaben der BAFA (1997, S. 107) gibt es in<br />

Deutschland insgesamt 28 Berufsförderungswerke mit etwa 15 000 Plätzen, einschließlich<br />

spezieller Einrichtungen für blinde und querschnittsgelähmte Rehabilitanden.<br />

Im Unterschied zu den Berufsbildungswerken wenden sich die Berufsförderungswerke<br />

(BFW) vor allem an behinderte Menschen, die sich schon im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sprozess befanden<br />

und nun aus unterschiedlichen Gründen eine Umschulung oder Weiterbildung beabsichtige.<br />

Dies ist z.B. <strong>bei</strong> Berufsunfällen oder aufgrund von Erkrankungen der Fall, wenn der<br />

bisherige Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann und somit eine neue berufliche Perspektive<br />

geschaffen werden soll. Ziel ist die Ermöglichung der beruflichen Wiedereingliederung.<br />

Sie ist von verschiedenen Aspekten, wie der Lage auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt,<br />

dem Beruf, dem Grad der Behinderung oder auch Alter und Geschlecht abhängig<br />

und liegt zwischen 74% und 94% (vgl. Stadler 1998, S. 188).<br />

56


5.2.2. Aufnahme und Ausbildung<br />

Die Aufnahme in ein Berufsförderungswerk wird <strong>bei</strong> einer beruflichen Erstausbildung,<br />

die hier aber die Ausnahme ist, über die Berufsberatung für Behinderte, ansonsten<br />

durch den zuständigen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sberater des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samtes angeregt, wo<strong>bei</strong> auch eine<br />

entsprechende Überprüfung der individuellen Voraussetzungen hinsichtlich der Eignung<br />

für die Ausbildungsmaßnahmen im BFW durchgeführt werden kann. Wird darüber positiv<br />

entschieden, erfolgt dann die Anmeldung <strong>bei</strong> dem <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt, in dessen Zuständigkeitsbereich<br />

das jeweilige BFW liegt. Über die Aufnahme entscheidet aber das BFW<br />

schließlich selbst. Da die Berufsförderungswerke wie die Berufsbildungswerke überregionale<br />

Einrichtungen sind, werden die Auszubildenden während dieser Zeit meist in zugehörigen<br />

Internaten untergebracht.<br />

Angeboten wird die Ausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen, aber auch nach<br />

den besonderen Ausbildungsregelungen für Behinderte (§ 48 BBiG bzw. § 42b HwO;<br />

vgl. 3.5.). Außerdem sind auch sogenannte "Bildungsgänge zur Qualifizierung und Anpassung<br />

an veränderte <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbedingungen" sowie die Ausbildung in Fachschul- und<br />

Fachhochschulberufen durchführbar. Ebenso können aber auch Maßnahmen zur Berufsfindung<br />

und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>serprobung (vgl. 4.2.2.) sowie Rehabilitationsvorbereitungslehrgänge<br />

für die vorgesehene berufliche Bildung eingeleitet werden. Letztere haben eine<br />

Dauer von ca. drei bis fünf Monaten und sollen grundlegendes Fachwissen in allgemeinbildenden<br />

Fächern als Basis für die Absolvierung der Ausbildung vermitteln. Drei<br />

Fünftel der Unterrichtszeit entfallen auf die Fächer Deutsch, Mathematik, Sozialkunde<br />

und Naturwissenschaften, der übrige Teil umfasst Fächer, die speziell für den neuen<br />

Beruf von Bedeutung sind. Ebenso werden hier auch Aspekte der Lern- und Konzentrationsfähigkeit,<br />

der Belastbarkeit und des Sozialverhaltens thematisiert (vgl. Beyer 1996,<br />

S. 93).<br />

Die Dauer der Ausbildung im BFW ist unterschiedlich. Sie reicht von meist 23 Monaten<br />

<strong>bei</strong> anerkannten Ausbildungsberufen, über 24 Monate <strong>bei</strong> Berufen mit Fachschulabschluss,<br />

bis zu 36 Monaten <strong>bei</strong> Berufen mit Fachhochschulabschluss (vgl. Mühlum /<br />

Kemper 1992, S. 87 / 88). Angeboten werden in den BFW Berufe "aus dem kaufmännischen<br />

und Verwaltungsbereich, der Datenverar<strong>bei</strong>tung und Informatik, dem Maschinenbau<br />

und der Feinwerktechnik, der Elektronik, der Bautechnik, dem Sozialwesen und<br />

dem Bereich nichtärztlicher medizinischer Berufe" (Stadler 1998, S. 187). Insgesamt gibt<br />

es bundesweit an den BFW Ausbildungsmöglichkeiten in mehr als 100 Berufen, wo<strong>bei</strong><br />

ein einzelnes größeres BFW allein bis zu 40 Berufe anbieten kann (vgl. Mühlum 1996,<br />

S. 37). Die Ausbildungsmaßnahmen werden, ähnlich wie im Berufsbildungswerk, von<br />

Lehrern, Dozenten und Ausbildern geleitet.<br />

Da sie sich aber besonders auf behinderte Erwachsene beziehen, orientiert man sich<br />

hier<strong>bei</strong> auch an den Erfordernissen der Erwachsenenbildung. Dies zeigt sich vor allem<br />

an der Dauer der Ausbildung, die im Vergleich zur beruflichen Erstausbildung verkürzt<br />

ist und an entsprechend veränderten Lehrmethoden. Einen wichtigen Stellenwert besitzt<br />

aber auch <strong>bei</strong> den Ausbildungsgängen im BFW die enge Verzahnung von Theorie und<br />

Praxis. Deshalb können die Teilnehmer ihre neu erworbenen Kenntnisse <strong>bei</strong> Betriebspraktika<br />

(Dauer: durchschnittlich vier bis sechs Wochen) einsetzen und erhalten somit<br />

gleichzeitig einen Einblick in mögliche Einsatzgebiete und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>saufgaben.<br />

In bestimmten Ausnahmefällen ist im Berufsförderungswerk auch eine berufliche Erstausbildung<br />

möglich. Da<strong>bei</strong> wird abgewogen, ob das Alter und die Lebenserfahrung des<br />

Auszubildenden eine Ausbildungsgestaltung erlaubt, die sich eigentlich an Erwachsene<br />

wendet. Aufgrund der Kürze der Ausbildung kommt hier<strong>bei</strong> auch der absolvierten Schul-<br />

57


ausbildung des Behinderten eine wichtige Rolle zu, so dass nur die Teilnahme von Behinderten<br />

mit entsprechender Vorbildung, wie z.B. <strong>bei</strong> behinderten Abiturienten, als<br />

sinnvoll angesehen wird (vgl. BAFA 1997, S. 105-107). Der Berufsbildungsbericht 2000<br />

der Bundesregierung nennt die Zahl von 698 Behinderten, die im Jahr 1999 in einem<br />

BFW an Maßnahmen der Berufsvorbereitung und Berufsausbildung hinsichtlich der beruflichen<br />

Ersteingliederung teilgenommen haben (vgl. M.C. Consult 2001; www.mcconsult.de).<br />

5.2.3. Begleitende Reha-Fachdienste<br />

Darüber hinaus sind zur Unterstützung der rehabilitativen Maßnahmen auch in den<br />

BFW die begleitenden Reha-Fachdienste (Ärztlicher Dienst, Psychologischer Dienst und<br />

Sozialdienst) tätig, die von den Teilnehmern auf freiwilliger Basis in Anspruch genommen<br />

werden können. Ihnen kommt eine wichtige Bedeutung zu, da der Aufenthalt im<br />

BFW für die Rehabilitanden nicht selten mit Belastungen, z.B. aufgrund der durch Unfall<br />

erworbenen Behinderung, der damit erforderlichen beruflichen Veränderung, der Trennung<br />

von der Familie während der Zeit im BFW oder durch die Anforderungen der Ausbildungsmaßnahmen<br />

verbunden ist.<br />

Der Ärztliche Dienst (z.B. Ärzte, Krankenschwestern, Physiotherapeuten) ist vor allem<br />

für die medizinische Diagnostik, Beratung und Therapie zuständig und wird von den Rehabilitanden<br />

besonders <strong>bei</strong> Fragen zu der Behinderung und ihren Auswirkungen, <strong>bei</strong><br />

akuten Erkrankungen oder Alkohol- bzw. Drogenproblemen aufgesucht. Der psychologische<br />

Dienst, dessen Aufgabenbereich in der psychologischen Diagnostik sowie der beratenden<br />

und therapeutischen Betreuung liegt, bemüht sich, die Betroffenen <strong>bei</strong> <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sstörungen,<br />

Lern- und Leistungsproblemen oder persönlichen Schwierigkeiten zu unterstützen.<br />

Möglich sind da<strong>bei</strong> Einzelbetreuung oder Gruppentherapie. Die Tätigkeit des<br />

Sozialdienstes umfasst schließlich vor allem die Rehabilitationsberatung, die Vermittlung<br />

<strong>bei</strong> sozialrechtlichen Fragen, die Betreuung des Internats und die Freizeitgestaltung<br />

(vgl. Beyer 1996, S. 98 und Mühlum / Kemper 1992, S. 135).<br />

5.3. DIE BETRIEBLICHE AUSBILDUNG NACH DEM DUALEN SYSTEM<br />

5.3.1. Behinderung und betriebliche Ausbildung<br />

Die eigentliche Grundlage der Berufsausbildung in Deutschland stellt die betriebliche<br />

Ausbildung nach dem sogenannten dualen System dar. Auch hinsichtlich der Ausbildung<br />

behinderter Jugendlicher ist dies von Bedeutung, obgleich davon viele aufgrund<br />

der bestehenden Bedingungen nicht an den regulären Ausbildungsgängen teilnehmen<br />

können. Doch auf dieser Grundlage, der Verbindung von theoretischer Ausbildung an<br />

Berufsschulen und der praktischen Ausbildung in den entsprechenden Ausbildungsbetrieben,<br />

sind ja auch die speziellen Ausbildungseinrichtungen für Behinderte, die Berufsbildungs-<br />

und Berufsförderungswerke aufgebaut, wo<strong>bei</strong> sich dort <strong>bei</strong>de Bereiche wie<br />

erwähnt unter einem Dach befinden (vgl. 5.1. und 5.2.). Vorrang gegenüber diesen Ausbildungsmaßnahmen<br />

hat aber die ursprüngliche betriebliche Ausbildung, denn wenn<br />

"die Behinderung es erlaubt, sollte die Ausbildung in einem Betrieb angestrebt werden"<br />

(BAFA 1997, S. 88). Dies wäre gleichzeitig auch integrativen Bestrebungen förderlich,<br />

unter der Voraussetzung, dass für die Behinderten die entsprechenden Bedingungen in<br />

Berufsschule und Ausbildungsbetrieb herrschen würden.<br />

58


Und genau hier liegt für mich eine Ursache für die Nicht-Durchführung dieser Ausbildungsmaßnahmen.<br />

Zu fragen bleibt nämlich, inwieweit ein Betrieb bereit ist, einen behinderten<br />

Jugendlichen auszubilden. Bestehen in der Berufsschule genügend Möglichkeiten,<br />

z.B. baulicher und personeller Art, um dem Jugendlichen eine Ausbildung entsprechend<br />

seiner Bedürfnisse zu gestatten? Zwar gibt es besondere Ausbildungsregelungen<br />

für Behinderte nach § 48 Berufsbildungsgesetz und § 42b der Handwerksordnung,<br />

die mit veränderten Ausbildungsschwerpunkten oder Prüfungsmodifikationen die<br />

Durchführung einer betrieblichen Ausbildung erleichtern sollen, schließlich hängt es a-<br />

ber von der Bereitschaft des Ausbildungsbetriebes ab, ob er einen Ausbildungsplatz für<br />

einen behinderten Bewerber zur Verfügung stellt (vgl. 3.5.). Da<strong>bei</strong> sollte weniger die<br />

Frage: 'Kann der Behinderte das?' im Mittelpunkt stehen, sondern besser wäre eine<br />

Veränderung zu: 'Wie kann ich es ihm ermöglichen, dass er es kann?'.<br />

Die Erfahrungen mit behinderten Auszubildenden scheinen aber wohl recht positiv zu<br />

sein, denn sie "zeigen, daß Betriebe, die bereits behinderte junge Menschen ausgebildet<br />

haben, immer wieder entsprechende Ausbildungsplätze bereitstellen" (BAFA 1997,<br />

S. 88). Immerhin nahmen nach dem Berufsbildungsbericht 2000 der Bundesregierung<br />

im Jahr 1999 15 371 Behinderte an betrieblichen Maßnahmen zur beruflichen Ersteingliederung<br />

teil. 32 004 behinderte Auszubildende erlernten einen staatlich anerkannten<br />

Ausbildungsberuf, eine Ausbildung unter Einbezug der besonderen Ausbildungsregelungen<br />

nach § 48 BBiG bzw. § 42b HwO führten 25 520 Behinderte durch. Letztere Zahlen<br />

schließen aber neben der betrieblichen Ausbildung, z.B. auch die Absolvierung der<br />

beruflichen Erstausbildung in Berufsbildungs- und Berufsförderungswerken mit ein (vgl.<br />

M.C. Consult 2001; www.mc-consult.de).<br />

5.3.2. Merkmale der betrieblichen Ausbildung<br />

Nach diesen einleitenden Gedanken möchte ich nun auf wichtige Merkmale der<br />

betrieblichen Ausbildung eingehen. Die Bewerbung erfolgt direkt <strong>bei</strong> den jeweiligen<br />

Betrieben, die Ausbildung selbst wird durch einen Berufsausbildungsvertrag zwischen<br />

dem Auszubildenden (<strong>bei</strong> Minderjährigen auch durch die Eltern) und dem ausbildenden<br />

Betrieb beschlossen. Wie schon erwähnt, wird sie an zwei Lernorten durchgeführt<br />

(Berufsschule und Ausbildungsbetrieb) und kann je nach Beruf eine Dauer von 2 bis 3½<br />

Jahren haben.<br />

Die Berufsschulen, an denen entsprechende Fachlehrer beschäftigt sind, vermitteln<br />

fachtheoretischen, fachpraktischen und allgemeinbildenden Unterricht, der an ein bis<br />

zwei Tagen in der Woche oder auch blockweise stattfinden kann. Die einzelnen Bundesländer<br />

sind für die Führung der Berufsschulen mit ihren Schulgesetzen und Richtlinien<br />

zuständig. Außerdem sind die Lehrpläne mit der für den jeweiligen Beruf zugehörigen,<br />

bundeseinheitlichen Ausbildungsordnung abgestimmt.<br />

Die Ausbildung im Betrieb wird von Ausbildern und Meistern durchgeführt, die hierfür<br />

eine sogenannte "Ausbildereignungsprüfung" abgelegt haben müssen. Während der<br />

Ausbildung sind die Auszubildenden sozialversichert (Kranken-, Renten-, Unfall-, Pflege-<br />

und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosenversicherung) und können dadurch im Fall der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit nach<br />

Beendigung der Ausbildung auch <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosengeld beziehen. Ebenso erhalten sie im<br />

Zeitraum der Ausbildung auch eine Ausbildungsvergütung, welche vom Beruf und dem<br />

Ausbildungsjahr abhängig ist.<br />

Die Abschlussprüfung umfasst einen fachtheoretischen und einen fachpraktischen Teil<br />

und wird <strong>bei</strong> der für das Berufsgebiet zuständigen Kammer (z.B. Industrie- und Handelskammer,<br />

Handwerkskammer, Landwirtschaftskammer) abgelegt. Die Kammern sind<br />

59


darüber hinaus auch <strong>bei</strong> der Anmeldung der betrieblichen Ausbildung, deren Überwachung<br />

und der Beratung in Fragen der Ausbildung von Bedeutung. Bei Nichtbestehen<br />

der Abschlussprüfung kann diese bis zu zweimal wiederholt werden. Der Abschluss <strong>bei</strong>nhaltet<br />

eine Gesellen-, Fachangestellten- oder Fachar<strong>bei</strong>terqualifikation. Der Übergang<br />

auf den allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt gestaltet sich trotzdem nicht einfach, da viele Betriebe<br />

ihre ehemaligen Auszubildenden nicht übernehmen können oder wollen (vgl. BAFA<br />

1997, S. 85-89).<br />

5.4. DIE BERUFSAUSBILDUNG IN ÜBERBETRIEBLICHEN EINRICHTUNGEN<br />

Eine spezielle Form der Ausbildung nach dem dualen System stellt die Berufsausbildung<br />

in überbetrieblichen Einrichtungen (BüE) dar, die außer dem Personenkreis der<br />

Auszubildenden mit Lernbeeinträchtigungen, sozialen Benachteiligungen oder mit ausländischer<br />

Herkunft, auch für körperbehinderte Jugendliche und andere Behinderte geeig<strong>net</strong><br />

ist (vgl. Stadler 1997, S. 245). Sie sind zwar nicht auf eine spezielle, behinderungsspezifische<br />

Ausbildung angewiesen (z.B. in Berufsbildungswerken), können aber<br />

aufgrund ihrer Voraussetzungen doch nicht ohne weiteres eine gewöhnliche betriebliche<br />

Ausbildung aufnehmen.<br />

Über die Durchführung dieser Maßnahme entscheidet die Berufsberatung des<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samtes. Sie wird erst dann gewährt, wenn eine betriebliche Ausbildung zu diesem<br />

Zeitpunkt noch nicht möglich ist und der Bewerber mindestens zuvor sechs Monate an<br />

Maßnahmen der Berufsvorbereitung (schulisch oder durch das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt; vgl. 4.3.)<br />

teilgenommen hat. Mit dieser Ausbildungsmaßnahme soll erreicht werden, dass die Jugendlichen<br />

eine reguläre betriebliche Ausbildung aufnehmen oder die in der Einrichtung<br />

begonnene Ausbildung in einem Betrieb fortsetzen können. Weiterhin ist es aber auch<br />

möglich, diese in der überbetrieblichen Einrichtung zu beenden. Als Ziel wird angesehen,<br />

dass die Ausbildung nach einem Jahr in einem Betrieb weitergeführt wird. Aus diesen<br />

Gründen wird zwischen dem Auszubildenden und dem Träger der Einrichtung ein<br />

Berufsausbildungsvertrag geschlossen, der auch <strong>bei</strong> einem Wechsel zu einer regulären<br />

betrieblichen Ausbildung seine Gültigkeit behält.<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter in überbetrieblichen Einrichtungen sind vor allem Ausbilder, Lehrer und Sozialpädagogen.<br />

Der Träger muss da<strong>bei</strong> sowohl eine Ausbildungsberechtigung nach dem<br />

Berufsbildungsgesetz (BBiG) besitzen und über die entsprechende technische und<br />

räumliche Ausstattung verfügen (z.B. Werkstätten, Unterrichts- und Sozialräume, Freizeitmöglichkeiten,<br />

eventuell auch Wohnheimplätze). Gleiches gilt auch hinsichtlich der<br />

Bereitstellung von Praktikumplätzen in Betrieben.<br />

Durchgeführt wird die Ausbildung entsprechend des dualen Systems in einer Berufsschule<br />

und in der überbetrieblichen Einrichtung (Ausbildungswerkstätten und Übungsbüros),<br />

wo<strong>bei</strong> die Auszubildenden wegen der kleinen Gruppengröße individueller betreut<br />

und unterstützt werden können. Neben den ausbildungsspezifischen Inhalten sollen die<br />

Jugendlichen auch sozialpädagogisch begleitet werden, Sicherheit im Umgang mit Behörden<br />

erwerben und Hilfen zur Kontaktaufnahme mit Beratungsstellen sowie zur persönlichen<br />

Freizeitgestaltung erhalten. Ein weiterer wichtiger Bereich sind die Durchführung<br />

von Betriebspraktika, die entsprechend vor- und nachbereitet werden und einen<br />

guten Übergang zur betrieblichen Ausbildung bzw. auf den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt nach Ausbildungsende<br />

ermöglichen sollen. Sie haben je Ausbildungsjahr eine Dauer von vier Wochen<br />

bis zu drei Monaten. Während der Ausbildung erhalten die Jugendlichen auch eine<br />

Ausbildungsvergütung, wo<strong>bei</strong> ein Teil davon das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt dem Träger als Zuschuss<br />

60


gewährt. Gleichfalls übernimmt das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt auch die Kosten der <strong>gesamte</strong>n Maßnahme<br />

(vgl. BAFA 1997, S. 82-84).<br />

5.5. DIE SCHULISCHE BERUFSAUSBILDUNG<br />

Als Alternative und Ergänzung zu den Ausbildungsangeboten im Bereich der betrieblichen<br />

Ausbildung nach dem dualen System gibt es aber auch die Möglichkeit einen<br />

Beruf an (Berufs-) Fachschulen zu erlernen, die sich in staatlicher oder privater Trägerschaft<br />

befinden. Da<strong>bei</strong> handelt es sich vor allem um Pflege- und Erzieherberufe, therapeutische<br />

Berufe sowie technische, chemische, medizinische oder kaufmännische Assistenzberufe.<br />

Eine Förderung über das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt ist <strong>bei</strong> einer schulischen Berufsausbildung<br />

aber nicht möglich, ebenso sind die Schüler während der Ausbildung nicht gegen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit versichert. Außerdem müssen die Schüler, abhängig von der<br />

Schulart, teilweise auch ein Schulgeld bezahlen. Je nach Einkommens- und Vermögensverhältnissen<br />

kann aber eine Förderung über das Bundesausbildungsförderungsgesetz<br />

(BAföG) gewährt werden. Die Ausbildung, wo<strong>bei</strong> die Bewerbung direkt an die<br />

entsprechende Schule gerichtet wird, hat eine durchschnittliche Dauer von ein bis drei<br />

Jahren, wo<strong>bei</strong> sie auch durch Praktika ergänzt wird.<br />

Für Jugendliche mit Behinderungen, die eine solche Ausbildung absolvieren wollen, ist<br />

eine genaue Information <strong>bei</strong> der Berufsberatung für Behinderte sehr wichtig, da es teilweise<br />

auch berufsbildende Schulen gibt, die sich in ihren Ausbildungsangeboten auf<br />

entsprechende Behinderungsarten spezialisiert haben. Bei anderen Schulen ist vorher<br />

zu bedenken, ob sie in baulicher oder personeller Hinsicht entsprechend ausgestattet<br />

sind, um dem Behinderten eine optimale Ausbildung zu ermöglichen. Da diese aber<br />

nicht durch das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt gefördert wird, ist für die Gewährung von Hilfen und<br />

finanziellen Fördermaßnahmen zunächst der zuständige Reha-Träger zu ermitteln,<br />

wo<strong>bei</strong> hier die Eingliederungshilfe für Behinderte nach § 39 ff. BSHG (vgl. 3.4.) eine<br />

wichtige Bedeutung besitzt, wenn die jeweiligen Voraussetzungen der Eignung und der<br />

Behinderung gegeben sind. Entsprechend können die Jugendlichen mit Hilfsmitteln (z.B.<br />

technische Hilfen) und Hilfen zur Ausbildung (z.B. besondere Lernmittel, Gewährung<br />

von Fahrtkostenzuschüssen) versorgt werden (vgl. BAFA 1997, S. 90-91).<br />

5.6. BEHINDERUNG UND STUDIUM<br />

Für behinderte Schulabgänger, die ein Gymnasium besucht haben und über das<br />

Abitur verfügen, ist auch die anschließende Aufnahme eines Studiums möglich. Dies<br />

betrifft gerade auch Menschen mit Körperbehinderungen, die auf diesem Weg ihrerseits<br />

günstige Voraussetzungen für erweiterte berufliche Perspektiven schaffen können. Die<br />

nachfolgende Hürde zum Einstieg in den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt muss allerdings ebenfalls noch<br />

gemeistert werden. Die Anzahl behinderter Studenten ist nicht zu unterschätzen, denn<br />

nach "der zwölften Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks über Behinderte und<br />

chronisch Kranke im Studium (von 1990) ist deren Anteil - mit etwa acht Prozent aller<br />

Studierenden - wesentlich größer, als frühere Untersuchungen vermuten ließen" (BAFA<br />

1997, S. 379).<br />

Vor Beginn des Studiums sind über die Berufs- und Studienberatung wichtige Aspekte<br />

des Studiums, wie z.B. Fachrichtung und nachfolgende berufliche Möglichkeiten, Universitätsstandort,<br />

Wohnmöglichkeiten oder besondere behinderungsspezifische Erfordernisse,<br />

zu besprechen und Überlegungen hinsichtlich der entsprechenden<br />

Fördermöglichkeiten zu treffen. Wie <strong>bei</strong> der schulischen Berufsausbildung (vgl. 5.5.) ist<br />

auch <strong>bei</strong>m Studium keine Förderung über das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt möglich. Deshalb sind hier vor<br />

61


eim Studium keine Förderung über das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt möglich. Deshalb sind hier vor allem<br />

das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) und die Eingliederungshilfe für<br />

Behinderte nach § 39 ff. BSHG (vgl. 3.4.) zu nennen.<br />

Das BAföG sieht neben der möglichen Gewährung eines zusätzlichen Härtefreibetrages<br />

(§ 25 Abs. 6 BAföG), auch die Verlängerung der Förderungshöchstdauer (§ 15 Abs. 3<br />

Nr. 1 BAföG) vor. Voraussetzung für eine Verlängerung ist jedoch nicht das bloße Vorhandensein<br />

der Behinderung, sondern dass die Behinderung die eingetretene Verzögerung<br />

bedingt hat. Außerdem können Behinderte nach Abschluss ihres Studiums <strong>bei</strong> der<br />

Rückzahlung ihres Darlehenanteils auch die Berücksichtigung behinderungsbedingter<br />

Aufwendungen beantragen, so dass sich die Einkommensgrenze erhöht, bis zu der eine<br />

Freistellung von der Rückzahlung erfolgt (§ 18a Abs. 1 BAföG).<br />

Die Eingliederungshilfe für Behinderte nach § 39 ff. BSHG ist aufgrund der Nachrangigkeit<br />

der Sozialhilfeleistungen besonders <strong>bei</strong> behinderungsbedingten Mehraufwendungen<br />

von Bedeutung, die nicht über das BAföG bzw. andere Regelungen getragen werden.<br />

Da<strong>bei</strong> geht es z.B. um technische Hilfen, Ausbildungshilfen (Büchergeld, Lernhilfen,<br />

Fahrdienste usw.) und personelle Betreuung, welches auch die Möglichkeit der Begleitung<br />

und Unterstützung durch einen Zivildienstleistenden umfasst. Eine Voraussetzung<br />

dafür ist allerdings, dass ein Träger gefunden wird, der den Zivildienstleistenden einstellt.<br />

Zur Verbesserung der Studienbedingungen für die Behinderten sind darüber hinaus<br />

auch Änderungen <strong>bei</strong> Prüfungen und Studiengängen möglich, um den individuellen<br />

Erfordernissen, die aufgrund der Behinderung zu beachten sind, gerecht zu werden und<br />

um Nachteile zu vermeiden. Hier<strong>bei</strong> können den behinderten Studenten besonders die<br />

Beauftragten für Behindertenfragen an den Hochschulen weiterhelfen, die sich mit den<br />

jeweiligen Bedingungen an den Einrichtungen auskennen, wodurch auch eine Thematisierung<br />

von universitären Besonderheiten, z.B. baulicher Art, stattfinden kann, die für<br />

die Studenten hinsichtlich ihrer Behinderung zu beachten sind (vgl. BAFA 1997, S. 376-<br />

380 und Deutsches Studentenwerk 2001; www.studentenwerke.de).<br />

62


6. SPEZIFISCHE ARBEITSMÖGLICHKEITEN UND BEGLEI-<br />

TENDE UNTERSTÜTZUNGSMASSNAHMEN<br />

Nach der Darstellung der Bereiche "Berufsvorbereitung" und "Berufsausbildung"<br />

werde ich im nun folgenden letzten großen Abschnitt dieser <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> spezielle <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smöglichkeiten<br />

vorstellen, die sich u.a. auch an Menschen mit Körperbehinderungen wenden,<br />

deren Zielsetzungen jedoch unterschiedlich sind. In diesem Zusammenhang möchte ich<br />

außerdem auf Chancen für Menschen mit sehr schweren und mehrfachen Behinderungen<br />

eingehen, neben der Teilnahme an Förder- und Beschäftigungsmaßnahmen, auch<br />

eine entsprechende <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeit ausüben zu können. Schließlich umfasst dieser Abschnitt<br />

auch zwei Formen an begleitenden Unterstützungsmaßnahmen zur beruflichen<br />

Integration Schwerbehinderter auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt. Vorgestellt werden:<br />

- 1. die Werkstatt für Behinderte (WfB)<br />

- 2. die Tagesförderstätten<br />

- 3. die Integrationsprojekte, sowie als begleitende Hilfen der beruflichen Eingliederung,<br />

- 4. die Integrationsfachdienste und<br />

- 5. die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz.<br />

6.1. DIE WERKSTATT FÜR BEHINDERTE<br />

Im Verlauf dieser <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> habe ich bereits einige Aspekte der Werkstatt für Behinderte<br />

(WfB) thematisiert (vgl. 2.2.7., 3.1. und 4.3.2.). In diesem Kapitel möchte ich mich<br />

vor allem auf deren Gesamtstruktur beziehen, aber zunächst einige gesetzliche Grundlagen<br />

darstellen, auf denen die Einrichtung "WfB" als Form der beschützten Beschäftigung<br />

beruht. Die wichtigsten Regelungen bezüglich der Werkstatt für Behinderte sind<br />

da<strong>bei</strong> die §§ 54-58 des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) und die zugehörige<br />

Werkstättenverordnung (SchwbWV). In diesem Zusammenhang werde ich auch die entsprechenden<br />

gesetzlichen Veränderungen beschreiben, die hinsichtlich der WfB mit<br />

dem Inkrafttreten des neuen Schwerbehindertengesetzes von Bedeutung sind.<br />

6.1.1. Wichtige gesetzliche Grundlagen der WfB - das Schwerbehindertengesetz und<br />

die Werkstättenverordnung<br />

- Das Schwerbehindertengesetz:<br />

Den Ausgangspunkt stellt hierzu der § 54 SchwbG dar, der auch durch die Neufassung<br />

des Schwerbehindertengesetzes (vgl. 3.1.4.) verändert wurde. Der § 54 Abs. 1<br />

SchwbG legt u.a. fest, dass die WfB die Eingliederung von Behinderten in das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben<br />

und auf den allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt fördern soll, wo<strong>bei</strong> letzterer Aspekt neu<br />

aufgenommen wurde (vgl. BVLH 2000; www.lebenshilfe.de). Die Tätigkeit der behinderten<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter in der WfB beruht demnach auf zwei Prinzipien:<br />

- 1. der Gewährleistung einer angemessenen beruflichen Bildung und einer Beschäftigung,<br />

einschließlich eines leistungsbezogenen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sentgelts und<br />

- 2. der Förderung der Leistungsfähigkeit und der Weiterentwicklung der Persönlichkeit.<br />

Der § 54 Abs. 2 <strong>bei</strong>nhaltet die Zugangsvoraussetzungen für Behinderte zur WfB. Kann<br />

der Behinderte spätestens nach der Teilnahme an den Maßnahmen des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereichs<br />

ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleistung erbringen,<br />

63


dann ist die Aufnahme einer Tätigkeit in der WfB möglich. Im Gegensatz dazu können<br />

diejenigen Behinderten nicht in eine WfB aufgenommen werden, "<strong>bei</strong> denen trotz einer<br />

der Behinderung angemessenen Betreuung eine erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung<br />

zu erwarten ist oder das Ausmaß der erforderlichen Betreuung und Pflege die<br />

Teilnahme an Maßnahmen im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich oder sonstige Umstände ein Mindestmaß<br />

wirtschaftlich verwertbarer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleistung im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich dauerhaft nicht<br />

zulassen" (BMA 2000b, S. 202).<br />

Die Formulierung "dauerhaft" erscheint mir hier<strong>bei</strong> allerdings recht problematisch. Liegt<br />

denn wirklich immer eine ausreichende Gewissheit vor, dass der Behinderte niemals<br />

eine entsprechende Tätigkeit ausführen kann? Wird er somit nicht vorschnell stigmatisiert<br />

und werden neue Beschäftigungsperspektiven, die sich durch verschiedene Entwicklungen<br />

im Laufe der Zeit ergeben können, auf diese Weise für den Betreffenden<br />

nicht nutzbar? Gleichermaßen wird dadurch auch wieder das Ausmaß der Fremdbestimmung<br />

deutlich, mit welcher behinderte Menschen häufig konfrontiert sind. Je nach<br />

Art und Schwere der Behinderung werden für sie wichtige Entscheidungen getroffen,<br />

über deren Bedeutung und Tragweite man sich zu dem jeweiligen Zeitpunkt womöglich<br />

nicht immer absolut sicher sein kann.<br />

Nach § 54 Abs. 3 wird zwar die Förderung und Betreuung behinderter Menschen, die<br />

nach den gegebenen Voraussetzungen nicht in einer WfB ar<strong>bei</strong>ten können, in angegliederten<br />

Einrichtungen oder Gruppen festgelegt (vgl. 6.2.), doch bleibt zu bedenken, ob<br />

sich dies, z.B. aus finanziellen oder personellen Gründen, auch immer in der Praxis realisieren<br />

lässt. Vielleicht trifft dies im Einzugsbereich der WfB nur auf einzelne Behinderte<br />

zu, so dass der Aufwand für die Einrichtung einer Fördergruppe oder Tagesförderstätte<br />

zu groß erscheint. Was geschieht aber daraufhin mit diesen Menschen? Ist Förderung<br />

dann überhaupt noch möglich oder werden sie als reine Pflegefälle behandelt (vgl. 1.3.<br />

und 3.2.1.)?<br />

Die Zahlung des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sentgelts wird über den § 54b Abs. 2 SchwbG geregelt. Es besteht<br />

zunächst aus einem Grundbetrag, den der Behinderte im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich<br />

als Ausbildungsgeld von der Bundesanstalt für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> bezogen hat. Zusätzlich kann ein<br />

sogenannter Steigerungsbetrag gewährt werden, der vom <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sergebnis abhängig und<br />

nach der individuellen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleistung des Behinderten zu bemessen ist, wo<strong>bei</strong> vor allem<br />

die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smenge und die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sgüte berücksichtigt werden sollen. Das monatliche <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sentgelt<br />

stellt angesichts seiner geringen Höhe (ca. 200 DM; vgl. 1.3.) wohl eines<br />

der größten Hindernisse für eine Aufwertung des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes WfB dar, was durchaus<br />

von Bedeutung wäre, da aufgrund der derzeitigen Beschäftigungssituation die WfB noch<br />

in einem stärkeren Maße zu einer langfristigen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sstelle wird und weniger als Übergangsphase<br />

für die dort tätigen Behinderten in Bezug auf den allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt<br />

fungiert (vgl. 2.2.7.).<br />

Die beschäftigten Behinderten können nach § 54c SchwbG über den Werkstattrat, welcher<br />

in WfB mit mehr als 20 wahlberechtigten Behinderten eingerichtet wird und aus drei<br />

Mitgliedern besteht, in Werkstattangelegenheiten mitwirken, die sie und ihre Interessen<br />

betreffen. Wahlberechtigt sind die in der WfB tätigen Behinderten, gewählt können die<br />

Behinderten werden, die am Wahltag mindestens sechs Monate in der WfB beschäftigt<br />

sind. Darüber hinaus soll auch einmal im Jahr eine Eltern- und Betreuerversammlung<br />

stattfinden, wo über aktuelle Angelegenheiten der WfB informiert wird (vgl. BMA 2000b,<br />

S. 202 / 203).<br />

64


- Die Werkstättenverordnung:<br />

Während die bisher beschriebenen Regelungen des SchwbG nur eine sehr allgemeine<br />

Grundlage für die WfB darstellen, wurden dagegen die Einzelheiten hinsichtlich<br />

der fachlichen Anforderungen und der Ausgestaltung der WfB in der Werkstättenverordnung<br />

(SchwbWV) festgelegt (vgl. Fuchs / Stähler 1994, S. 15). Inhalte sind da<strong>bei</strong> z.B. die<br />

Bestimmungen bezüglich der Einrichtung von Fachausschüssen (§ 2), der Teilbereiche<br />

der WfB (Eingangsverfahren, <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich; §§ 3-5), der<br />

Beschäftigungszeit (§ 6) sowie der Größe (§ 7) und der baulichen Gestaltung der Werkstatt<br />

(§ 8). Darüber hinaus sind auch die Regelungen zu dem Personal der WfB (§ 9),<br />

den begleitenden Diensten (§ 10), der Wirtschaftsführung (§ 12) oder dem schriftlichen<br />

Vertragsabschluss (§ 13) von Bedeutung und ich möchte sie deshalb im Rahmen der<br />

Darstellung der Struktur der WfB mit einbeziehen (vgl. 6.1.2.).<br />

Im Zusammenhang mit den gesetzlichen Grundlagen der WfB werde ich aber bereits an<br />

dieser Stelle auf die Veränderungen im Bereich der Werkstättenverordnung eingehen,<br />

die aufgrund der Neufassung des SchwbG mit dem "Gesetz zur Bekämpfung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit<br />

Schwerbehinderter" (SchwbBAG) zum 01.10.2000 in Kraft getreten sind.<br />

Davon sind in erster Linie das Eingangsverfahren und der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich betroffen.<br />

Im Bereich des Eingangsverfahrens wurde dessen Dauer geändert. Bestand bislang die<br />

Möglichkeit, <strong>bei</strong> Unsicherheiten bezüglich der Einschätzung, ob der Behinderte für eine<br />

Tätigkeit in der WfB geeig<strong>net</strong> ist, das Eingangsverfahren bis zu einer Dauer von drei<br />

Monaten zu verlängern, so wurde nun der Zeitraum auf vier Wochen ohne Verlängerungsmöglichkeit<br />

eingeschränkt. Die BVLH (2000; www.lebenshilfe.de) kritisiert die<br />

Neuregelung aus folgenden Gründen:<br />

"Das Eingangsverfahren ist insbesondere für Personen von Bedeutung, deren Betreuungsmöglichkeit<br />

in der WfB aufgrund der Schwere der Behinderung in Frage steht. Der<br />

jetzt geschaffene Entscheidungsdruck wird die Zahl derjenigen erhöhen, die wegen des<br />

zu kurzen Eingangsverfahrens vorschnell in Förder- und Betreuungsgruppen verwiesen<br />

werden - ohne Sozialversicherung und Ausbildungsgeld!"<br />

Sie fordert dagegen die verbindliche Durchführung des Eingangsverfahrens vor Beginn<br />

der Teilnahme am <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich und die Nutzung dieses Zeitraumes zur Erstellung<br />

der Reha-Planung, "so dass das Kurssystem des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainings sofort mit einem<br />

individuell zugeschnittenen Ausbildungsplan begonnen werden kann" (ebd.).<br />

Der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich als Mittelpunkt der WfB wird im § 5 SchwbWV geregelt. Die durchgeführten<br />

gesetzlichen Veränderungen an der Werkstättenverordnung betreffen hier zunächst<br />

den Aspekt der Bereitstellung von "Plätzen zur Ausübung einer geeig<strong>net</strong>en Tätigkeit",<br />

welcher neben dem Angebot an entsprechenden <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätzen in Abs. 1 und 2<br />

vorhanden war. Diese Formulierung wurde nun gestrichen, um nach Auffassung der<br />

BVLH (2000; www.lebenshilfe.de) darauf hinzuwirken, "dass in der WfB ausschließlich<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze verbunden mit Produktions- / Dienstleistungsanforderungen vorgehalten<br />

werden, und keine Plätze für ältere oder schwerer behinderte Mitar<strong>bei</strong>ter, die diesen<br />

über längere Zeiträume eine Befreiung von produktionsorientierter <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> einräumen."<br />

Als wichtig wird deshalb angesehen, dass auch für diesen Personenkreis in einem ausreichenden<br />

Maße Angebote weitergeführt bzw. neu geschaffen werden. Für die Menschen<br />

mit schweren Behinderungen muss sichergestellt werden, dass sie die Förderung<br />

bekommen, die sie zum Erhalt und der Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten sowie der<br />

Ermöglichung einer persönlichen Lebensstrukturierung benötigen. Ob hier<strong>bei</strong> eine wei-<br />

65


tere Aussonderung innerhalb einer bereits gesondert beschäftigten Gruppe der richtige<br />

Weg ist?<br />

Neu formuliert wurde der § 5 Abs. 4 SchwbWV, der den Übergang Behinderter auf den<br />

allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt umfasst. Die diesbezügliche Eingliederung von Beschäftigten<br />

der WfB soll, in Zusammenar<strong>bei</strong>t mit der Bundesanstalt für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>, durch geeig<strong>net</strong>e Maßnahmen<br />

gefördert werden, vor allem "durch die Einrichtung einer Übergangsgruppe mit<br />

besonderen Förderangeboten, Entwicklung individueller Förderpläne sowie Ermöglichung<br />

von Trainingsmaßnahmen, Betriebspraktika und durch eine zeitweise Beschäftigung<br />

auf ausgelagerten <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätzen" (BMA 2000b, S. 250).<br />

Darüber hinaus ist die WfB dazu aufgefordert, in der Übergangsphase die ar<strong>bei</strong>tsbegleitende<br />

Betreuung zu übernehmen und zu gewähren, dass nach Ausscheiden des Behinderten<br />

die begleitenden Hilfen von der Hauptfürsorgestelle (vgl. 3.1.2.) oder auch im<br />

Zusammenwirken mit einem Integrationsfachdienst (vgl. 6.4.) erbracht werden. Teile<br />

dieser Neuregelung werden aber von der BVLH (2000; www.lebenshilfe.de) kritisch bewertet.<br />

Dies betrifft zum einen die zu erstellenden individuellen Förderpläne, die nicht<br />

erst zum Zeitpunkt des Übergangs vorhanden sein sollten, sondern sie müssten bereits<br />

"im Rahmen des Eingangsverfahrens nach § 3 SchwbWV verpflichtend vorgeschrieben<br />

werden" (ebd.). Zur Sicherstellung eines optimalen Übergangs auf den allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt<br />

wäre es andererseits auch wichtig, die Zusammenar<strong>bei</strong>t mit den Hauptfürsorgestellen<br />

und den Integrationsfachdiensten bereits während der Durchführung der<br />

vorbereitenden Maßnahmen zu beginnen und nicht erst nachdem der Behinderte aus<br />

der WfB ausgeschieden ist. Somit könnte der Übergangsprozess durch eine verbesserte<br />

Zusammenar<strong>bei</strong>t effektiver gestaltet werden.<br />

6.1.2. Die Struktur der WfB<br />

Die Werkstatt für Behinderte als Einrichtung, die das Ziel der Eingliederung Behinderter<br />

in das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben und auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt verfolgt, soll in der<br />

Regel über mindestens 120 Plätze verfügen. Es besteht aber hier<strong>bei</strong> die Möglichkeit,<br />

dass <strong>bei</strong> einem Zusammenschluss von mehreren WfB zu einem Werkstattverbund auch<br />

dessen Gesamtzahl an behinderten Beschäftigten diese Höhe betragen kann, um den<br />

entsprechenden Vorgaben gerecht zu werden. Die Gründung eines Werkstattverbundes<br />

ist nach § 15 SchwbWV zwischen Werkstätten des gleichen Trägers oder unterschiedlicher<br />

Träger im Rahmen eines bestimmten Einzugsgebietes möglich, damit dadurch die<br />

Aufgaben der WfB und deren Anforderungen erfüllt werden können. Wichtige Aspekte<br />

<strong>bei</strong> der Standortwahl einer WfB sind z.B. die Einbindung in regionale Wirtschafts- und<br />

Beschäftigungsstrukturen und die Erreichbarkeit der Einrichtung von den Behinderten<br />

mit öffentlichen Verkehrsmitteln, welches gegebenenfalls auch die Bereitstellung eines<br />

Fahrdienstes erfordert.<br />

Die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>szeit in den Werkstätten für Behinderte liegt sowohl im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainings- als<br />

auch im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich zwischen 35 und 40 Stunden pro Woche, wo<strong>bei</strong> eine kürzere<br />

Beschäftigungszeit gewährt werden kann, wenn dies Art und Schwere der Behinderung<br />

erforderlich machen. Die behinderten Beschäftigten sind <strong>bei</strong> ihrer Tätigkeit auch sozialversichert<br />

(Kranken-, Renten-, Pflege- und Unfallversicherung). Nur die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosenversicherung<br />

ist hier nicht mit enthalten (vgl. BAFA 1997, S. 412). Darüber hinaus stehen<br />

sie auch in einem ar<strong>bei</strong>tnehmerähnlichen Rechtsverhältnis, welches über einen schriftlichen<br />

Vertrag zwischen Werkstatt und Behinderten näher geregelt wird.<br />

Eine WfB gliedert sich wie erwähnt in den Bereich des Eingangsverfahrens, den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich,<br />

auf welche ich bereits im Zusammenhang mit den berufsvorbereiten-<br />

66


den Bildungsmaßnahmen eingegangen bin (vgl. 4.3.2.), und den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich. Nach<br />

Beendigung der Maßnahmen im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich wird darüber entschieden, ob<br />

für den Betreffenden entweder der Wechsel auf den allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt oder eine<br />

Beschäftigung im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich der WfB in Frage kommt. Da Ersteres für den überwiegenden<br />

Teil der Behinderten aufgrund der vorhandenen Situation auf dem <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt<br />

derzeit nicht zu realisieren ist, bleibt für sie meist nur die Tätigkeit im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich der<br />

WfB als Alternative bestehen, wo<strong>bei</strong> aber auch im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich als Ziel der Übergang<br />

auf den allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt angesehen wird (vgl. 6.1.1.).<br />

Im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich soll ein möglichst vielfältiges <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sangebot vorhanden sein, um den<br />

Beschäftigten eine Tätigkeit entsprechend ihrer Interessen, Fähigkeiten und behinderungsspezifischen<br />

Bedingungen anzubieten. Gleichermaßen soll sich die Ausstattung<br />

der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze soweit wie möglich an den Gegebenheiten des allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarktes<br />

orientieren. Doch da<strong>bei</strong> ist zu bedenken, dass die Werkstätten auch unter wirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten ar<strong>bei</strong>ten müssen und auf Fremdaufträge bzw. der Nachfrage<br />

nach ihren angebotenen Dienstleistungen angewiesen sind. Auch sind die Kosten<br />

z.B. für die technische Ausstattung und die Einrichtung neuer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sfelder zu berücksichtigen,<br />

so dass sich diese Aspekte, gerade vor allem <strong>bei</strong> WfB-Neugründungen oder<br />

einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld, wohl nicht immer in dem wünschenswerten<br />

Umfang realisieren lassen.<br />

Die behinderten Beschäftigten werden von entsprechend ausgebildeten Fachkräften<br />

betreut. Diese verfügen über eine Fachar<strong>bei</strong>ter-, Gesellen- oder Meisterqualifikation mit<br />

einer mindestens zweijährigen Berufserfahrung in Industrie oder Handwerk. Darüber<br />

hinaus sollen sie auch eine sonderpädagogische Zusatzqualifikation erworben haben.<br />

Das Verhältnis von Fachkraft und Behinderten soll im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich 1:6, im<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich dann 1:12 betragen.<br />

Neben den Mitar<strong>bei</strong>tern, die die Behinderten im Rahmen der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeit betreuen,<br />

sind zur Gewährleistung einer entsprechenden Begleitung der Behinderten über die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong><br />

hinaus, in der Werkstatt für Behinderte auch die begleitenden Reha-Fachdienste<br />

(Ärztlicher Dienst, Psychologischer Dienst und Sozialdienst) tätig. Hier<strong>bei</strong> sollen für je<br />

120 Behinderte ein Sozialpädagoge bzw. Sozialar<strong>bei</strong>ter zur Verfügung stehen, welches<br />

mir aber angesichts der zu bewältigenden Aufgaben als etwas gering erscheint, denn<br />

neben "ihren administrativen Aufgaben als Teil des Sozialdienstes organisieren sie auch<br />

Sport-, Hobby- und Freizeitgruppen" (Stadler 1998, S. 186). Weiterhin ar<strong>bei</strong>ten je nach<br />

den Erfordernissen auch pflegerische, therapeutische und sonstige Fachkräfte in der<br />

WfB mit. Dies ist aber auch von der Zustimmung des überörtlichen Sozialhilfeträgers<br />

abhängig, der hierfür die Kosten übernimmt.<br />

Die Werkstätten werden nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt, welches<br />

auch wirtschaftliche <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sergebnisse mit einschließt, wovon ebenso die Zahlung des<br />

leistungsabhängigen Steigerungsbetrages zum <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sentgelt (vgl. 6.1.1.) abhängig ist.<br />

Erstrebenswert wäre natürlich, dass die erzielten Einnahmen die notwendigen Kosten,<br />

zu denen aber nicht die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sentgelte nach § 54b Abs. 2 SchwbG gezählt werden, ü-<br />

bersteigen würden, um die entsprechenden finanziellen Mittel sachgerecht verwenden<br />

zu können. Das erwirtschaftete <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sergebnis soll nach § 12 Abs. 5 SchwbWV für die<br />

Zahlung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sentgelte, der Bildung einer finanziellen Rücklage (Höchstgrenze: die<br />

Höhe der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sentgelte für drei Monate) und für Ersatz- und Modernisierungsinvestitionen<br />

in der Werkstatt, die nicht über andere Mittel zu bestreiten sind, verwendet werden<br />

(vgl. BMA 2000b, S. 248 ff.).<br />

Die WfB stehen somit unter einem gewissen Zwiespalt, einerseits ein wirtschaftliches<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sergebnis zu erbringen, andererseits aber als soziale Komponente eine möglichst<br />

67


allseitige Förderung der behinderten Mitar<strong>bei</strong>ter durchzuführen, welche auch über die<br />

reine <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeit hinausgeht. Die Behinderten sollen die WfB nicht nur als <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sort,<br />

sondern auch als Ort des sozialen Miteinanders erfahren, an dem sie sich wohlfühlen<br />

können. Eine wichtige Voraussetzung dafür stellt sicherlich eine gute wirtschaftliche<br />

Grundlage dar, um sowohl genügend <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze und eine breitgefächerte Ausstattung<br />

der WfB anbieten zu können als auch umfangreiche begleitende Maßnahmen durchzuführen.<br />

Die Anstrengungen der Werkstätten, ihrerseits mit Qualitätsar<strong>bei</strong>t und einer<br />

möglichst hohen Angebotsvielfalt dafür die Voraussetzungen zu schaffen, sollten von<br />

Wirtschaft und Öffentlichkeit mit entsprechender Nachfrage und vonseiten der Politik mit<br />

einer weiteren Aufwertung des WfB-Status gewürdigt werden.<br />

6.2. TAGESFÖRDERSTÄTTEN<br />

6.2.1. Grundlagen und Struktur<br />

Da nach § 54 Abs. 2 SchwbG die behinderten Beschäftigten in der WfB ein gewisses<br />

Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleistung erbringen sollen, ist vor<br />

allem für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen, <strong>bei</strong> denen zumeist<br />

auch ein sehr hoher Pflegebedarf besteht, die Aufnahme in eine WfB (noch) nicht möglich.<br />

Trotzdem sollen auch für sie Formen der Förderung und Betreuung im Rahmen der<br />

Werkstatt geschaffen werden, was auch im § 54 Abs. 3 SchwbG festgelegt ist. Deshalb<br />

wurden für diesen Personenkreis, zu dem auch viele Menschen mit Körperbehinderungen<br />

zählen, spezielle Fördergruppen oder sogenannte Tagesförderstätten eingerichtet,<br />

welche häufig als Abteilungen für Schwerst- und Schwermehrfachbehinderte einer<br />

Werkstatt für Behinderte angegliedert sind. Ihren Ursprung haben sie aber alle in den<br />

Tagesstätten für geistig Behinderte, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden (vgl.<br />

Stadler 1998, S. 186).<br />

Die enge Struktur zwischen den WfB und den Tagesförderstätten soll eine entsprechende<br />

Durchlässigkeit zwischen <strong>bei</strong>den Einrichtungen gewährleisten, d.h. Behinderte aus<br />

den Fördergruppen können <strong>bei</strong> gegebenen Voraussetzungen leichter in die WfB wechseln.<br />

Auf der anderen Seite trifft dies genauso für Beschäftigte der WfB zu, die z.B. aufgrund<br />

von bestimmten Krankheiten über einen gewissen Zeitpunkt nicht die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeiten<br />

in der WfB durchführen können und vorübergehend in den Fördereinrichtungen<br />

betreut werden (vgl. BAFA 1997, S. 382).<br />

Bei letzterer Gruppe sehe ich allerdings hier<strong>bei</strong> gewisse Nachteile auftreten, da z.B. <strong>bei</strong><br />

Erkrankungen mit größeren Auswirkungen doch eine gewisse Unsicherheit besteht, ob<br />

eine Weiterbeschäftigung im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich der WfB möglich ist. Außerdem geht <strong>bei</strong><br />

einem Wechsel in diese Richtung auch ein Stück sozialer Sicherheit verloren, weil die<br />

Behinderten in den Tagesförderstätten, im Gegensatz zum <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich der WfB, über<br />

keinen ar<strong>bei</strong>tnehmerähnlichen Status (einschließlich <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sentgelt) verfügen und somit<br />

auch nicht sozialversichert sind. In organisatorischer und rechtlicher Hinsicht werden<br />

diese Einrichtungen, trotz der engen Verbindungen zur WfB, nämlich als eigenständig<br />

betrachtet. Die Finanzierung der Tagesförderstätten erfolgt somit nicht durch die Bundesanstalt<br />

für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>, sondern über den zuständigen Sozialhilfeträger im Rahmen der<br />

Eingliederungshilfe nach § 39 ff. BSHG (vgl. Lelgemann 1996, S. 13 und Stadler 1998,<br />

S. 140).<br />

68


6.2.2. Förderschwerpunkte<br />

Vor allem die lebenspraktische Förderung der Behinderten, unter Einbezug von<br />

therapeutisch-pflegerischen, sozialen, pädagogischen und psychologischen Gesichtspunkten,<br />

steht im Mittelpunkt der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> der Tagesförderstätten, wodurch eine größtmögliche<br />

Selbstständigkeit <strong>bei</strong> der Bewältigung zahlreicher Verrichtungen des täglichen Lebens<br />

erzielt werden soll. Die Tätigkeit der Sozialpädagogen und Erzieher umfasst da<strong>bei</strong><br />

z.B. die Förderpflege, die Fortführung schulischen Lernens, Mobilitätstraining und Aspekte<br />

bezüglich des Lebens außerhalb der Familie. Körperliche und geistige Fähigkeiten<br />

und Beziehungen zur Umwelt sollen in den Tagesförderstätten erhalten und entwickelt<br />

werden. Die Fördermaßnahmen werden da<strong>bei</strong> in Kleingruppen mit bis zu sechs Behinderten<br />

durchgeführt, für die gleichzeitig ein individueller Förderplan erstellt wird.<br />

Ein wichtiges Ziel dieser Einrichtungen ist vor allem die Teilhabe der Behinderten am<br />

sozialen Leben der Gemeinschaft, d.h. nicht die Isolation in Anstalten, Heimen oder in<br />

der häuslichen Umgebung soll das Leben dieser Menschen bestimmen, sondern das<br />

gemeinsame tägliche Zusammensein mit behinderten und nicht behinderten Menschen,<br />

wodurch auch eine Tagesstrukturierung für sie erkennbar wird.<br />

Gleichermaßen wird aber auch der Aspekt der Teilnahme am <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben hier<strong>bei</strong> nicht<br />

vernachlässigt. Das Erkennen und die Förderung von speziellen Fähigkeiten der Behinderten,<br />

die dann gegebenenfalls auch zur Verrichtung von bestimmten einfachen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeiten<br />

weiterentwickelt werden können, bietet die Chance, sie in den Förderstätten<br />

an einfachen Produktionsabläufen zu beteiligen. Unterstützend wirken da<strong>bei</strong> sicher<br />

auch <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze oder -hilfen, die auf die behinderungsspezifischen Gegebenheiten<br />

angepasst sind und den Behinderten die Durchführung der Tätigkeit erleichtern oder<br />

sogar erst ermöglichen. Auf diese Weise kann somit sogar eine Vorbereitung auf den<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereich oder nachfolgend den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich der WfB absolviert werden,<br />

wo<strong>bei</strong> hier aber weniger die Höhe der erbrachten <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleistung der Behinderten im<br />

Mittelpunkt steht als das Kennenlernen von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sprozessen und dessen Teilhabe. Das<br />

Erlernen und Üben einfacher <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sabläufe wird da<strong>bei</strong> mit den Behinderten von Beschäftigungs-<br />

und <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stherapeuten durchgeführt (vgl. BAFA 1997, S. 382 und Stadler<br />

1998, S. 187).<br />

6.2.3. Bewertung und Möglichkeiten der Weiterentwicklung<br />

Neben den Aspekten der sozialen Absicherung und der Entgeltzahlung, die als<br />

unzureichend betrachtet werden, wird an der Situation der Tagesförderstätten vor allem<br />

kritisiert, dass die Finanzierung von benötigten Maschinen nicht genügend sichergestellt<br />

ist und gut ausgebildete Fachkräfte aus dem handwerklich-technischen Bereich, die<br />

entsprechende <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze oder <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzhilfen für die schwerstbehinderten Menschen<br />

einrichten und betreuen, aufgrund der hohen Kosten nicht eingestellt werden<br />

können. Ebenso ist es in der Regel nicht gestattet, die in den Tagesförderstätten hergestellten<br />

Produkte erwerbsmäßig zu verkaufen. Ausnahmen stellen hier<strong>bei</strong> das Anbieten<br />

der Waren auf Basaren gegen Abgabe einer Spende dar. Als wünschenswert wird darüber<br />

hinaus auch eine Finanzierung über die Bundesanstalt für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> angesehen (vgl.<br />

Lelgemann 1996, S. 14 und 35).<br />

Trotz aller Unzulänglichkeiten, mit denen die Tagesförderstätten konfrontiert sind, gibt er<br />

jedoch zu bedenken (ebd., S. 15):<br />

69


"Die Alternative aber wäre häufig das ganztägige Leben im Elternhaus, der elterlichen<br />

Wohnung oder im Heim. Somit bieten Tagesförderstätten in vielen Bundesländern zur<br />

Zeit oftmals die einzige Chance, daß Menschen mit sehr schweren Körperbehinderungen<br />

ein <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>s- oder Tätigkeitsangebot bekommen."<br />

Welche Perspektiven gibt es, um die Förderung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeit für Behinderte an<br />

den Tagesförderstätten weiter zu verbessern? Anhand von Erfahrungen an verschiedenen<br />

Einrichtungen dieser Art hat Lelgemann (1996, S. 15-20) in seiner <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> diesbezüglich<br />

mehrere Bereiche dargestellt, auf die ich an dieser Stelle näher eingehen möchte.<br />

Wünschenswert wäre eine noch stärkere Intensivierung der Zusammenar<strong>bei</strong>t zwischen<br />

dem <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbereich der WfB und den angegliederten Fördereinrichtungen, um<br />

gegenseitige Kontakte zu verstärken, ein <strong>bei</strong>derseitiges Lernen zu ermöglichen und eine<br />

wirkliche Durchlässigkeit zu gestatten, welche nicht nur formal vorhanden ist. Das Ziel<br />

ist aber eine Integration der schwerstbehinderten Beschäftigten in die normalen Lebensund<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sprozesse der Werkstätten. Als wichtig wird in diesem Zusammenhang auch<br />

die Bereitschaft der Mitar<strong>bei</strong>ter der WfB angesehen, sich auf die Erfordernisse<br />

Schwerstbehinderter einzustellen, wo<strong>bei</strong> hier entsprechende<br />

Weiterbildungsveranstaltungen von großer Bedeutung sind.<br />

Neue <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sformen können auch für schwerstbehinderte Menschen in den Tagesförderstätten<br />

die Chancen auf die Ausübung einer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeit erhöhen. Gerade <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze,<br />

die mit Computern ausgestattet sind, werden besonders von Menschen mit<br />

schweren Körperbehinderungen als so eine Möglichkeit angesehen. Doch fehlt den Tagesförderstätten<br />

vielfach die finanzielle Grundlage, um die entsprechende Ausstattung<br />

und deren Folgekosten zu bezahlen, so dass die Anschaffung meist nur über Spenden<br />

durchführbar ist. Deshalb ist es zum einen wichtig, dass hierfür die Voraussetzungen<br />

verbessert werden, aber dass ebenso auch genaue Vorüberlegungen (einschließlich der<br />

Notwendigkeit behinderungsspezifischer Anpassungen) getroffen werden, wie die Geräte<br />

effektiv eingesetzt werden können, um eine wirkliche <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>salternative für die Behinderten<br />

darzustellen. Meiner Ansicht nach wäre es aber gleichzeitig auch erforderlich,<br />

den Tagesförderstätten eine bessere Verkaufsmöglichkeit ihrer gefertigten Waren zu<br />

gewähren. Dies könnte z.B. über ein kleines Geschäft erfolgen, welches zur Einrichtung<br />

gehört. Zu bedenken ist allerdings, dass die Verkaufsaktivitäten da<strong>bei</strong> nicht zum Einsetzen<br />

von Leistungsdruck oder betrieblichen Produktionsmethoden führen sollten, wodurch<br />

die Ziele der Tagesförderstätten gefährdet wären.<br />

Die Einbeziehung der behinderten Mitar<strong>bei</strong>ter in die Planung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeiten sollte<br />

zukünftig ebenfalls verstärkt werden. Dies könnte sich positiv auf die Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />

der behinderten und nicht behinderten Beschäftigten, das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sklima und die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>szufriedenheit<br />

auswirken, da für die Behinderten erfahrbar wird, dass sie als gleichberechtigte<br />

Personen akzeptiert werden. Gleichermaßen trifft dies auch bezüglich einer<br />

besseren Orientierung an den Wünschen der behinderten Mitar<strong>bei</strong>ter zu, welche Art von<br />

Tätigkeit sie gern ausüben würden, wo<strong>bei</strong> meines Erachtens aber auch der wirtschaftliche<br />

Hintergrund einzubeziehen ist, so dass realistische Einschätzungen möglich sind.<br />

Dieser geforderte Dialog setzt aber gerade für Menschen mit lautsprachlichen Einschränkungen<br />

eine Intensivierung der Bemühungen um verbesserte kommunikative Bedingungen<br />

voraus. Dazu zählen vor allem der verstärkte Einsatz von Kommunikationshilfen<br />

für die Behinderten, aber auch die Weiterbildung der Betreuungspersonen in den<br />

WfB und den Tagesförderstätten, damit sie Erfahrungen im Umgang mit diesen wichtigen<br />

Hilfsmitteln erwerben können.<br />

70


6.3. INTEGRATIONSPROJEKTE<br />

6.3.1. Entstehungshintergrund<br />

Die Entwicklungen auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt (vgl. 2.2.) und dem beschützten<br />

Sonderar<strong>bei</strong>tsmarkt WfB (vgl. 2.2.7.) sind für viele Menschen mit Behinderungen,<br />

die gleichzeitig aber über gute intellektuelle Fähigkeiten verfügen, recht unbefriedigend.<br />

Der allgemeine <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt ist für sie aufgrund von erforderlichen Hilfen nicht<br />

erreichbar, die Beschäftigung in den WfB bietet ihnen nicht genügend Perspektiven.<br />

Deshalb sind bereits schon seit Ende der 70er Jahre verschiedene Formen einer sogenannten<br />

"teilgeschützten Beschäftigung", meist im Rahmen von Modellprojekten, entstanden.<br />

Diese Einrichtungen ar<strong>bei</strong>ten nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und sind<br />

wie ein gewöhnliches Unternehmen strukturiert. Aufgrund dessen werden sie dem allgemeinen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt zugeord<strong>net</strong> und stellen somit für die Behinderten eine neue<br />

Chance zur Eingliederung in das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>s- und Berufsleben außerhalb der WfB dar. Die<br />

Integration soll da<strong>bei</strong> neben der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeit vor allem auch durch betriebsinterne<br />

Faktoren, wie der Gestaltung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sbedingungen, der Zusammenar<strong>bei</strong>t und des<br />

Betriebsklimas, gefördert werden (vgl. Seyfried 1990, S. 172).<br />

6.3.2. Gesetzliche Grundlagen<br />

Diese neuen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smöglichkeiten für Behinderte, die für mich eine Art "Brückenfunktion"<br />

zwischen dem "herkömmlichen" allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt und den Werkstätten<br />

für Behinderte darstellen, sind durch die Neufassung des Schwerbehindertengesetzes<br />

(SchwbG; vgl. 3.1.) seit Oktober 2000 auch gesetzlich verankert worden und werden<br />

als "Integrationsprojekte" bezeich<strong>net</strong>. Im Schwerbehindertengesetz wurde dazu §<br />

53a ff. neu eingefügt. Was versteht man aber nun genau unter dem Begriff "Integrationsprojekt"?<br />

Dazu heißt es im § 53a Abs. 1 SchwbG (BMA 2000b, S. 200):<br />

"Integrationsprojekte sind rechtlich und wirtschaftlich selbständige Unternehmen (Integrationsunternehmen)<br />

oder unternehmensinterne Betriebe (Integrationsbetriebe) oder<br />

Abteilungen (Integrationsabteilungen) zur Beschäftigung von Schwerbehinderten auf<br />

dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt, deren Eingliederung in eine sonstige Beschäftigung auf<br />

dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt (...) voraussichtlich (...) auf besondere Schwierigkeiten<br />

stößt."<br />

Zugangsbedingung für die Behinderten ist aber, dass alle anderen Fördermöglichkeiten,<br />

auch der Einbezug von Integrationsfachdiensten (vgl. 6.4.), ihnen eine Eingliederung auf<br />

dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt nicht ermöglichen können. Die Integrationsprojekte sollen<br />

den behinderten Beschäftigten, neben der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeit und entsprechenden<br />

Betreuungsangeboten, auch gegebenenfalls berufliche Weiterbildungsmaßnahmen und<br />

Hilfen <strong>bei</strong> einem Wechsel zu anderen Beschäftigungsangeboten auf dem allgemeinen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt anbieten.<br />

Im § 53a Abs. 2 SchwbG wird der Personenkreis festgelegt, den die Neuregelung bezüglich<br />

der Integrationsprojekte umfasst. Sie sollen demnach besonders Menschen mit<br />

geistigen und psychischen Behinderungen, aber auch Körper-, Sinnes- und Mehrfachbehinderten,<br />

eine Chance zum Erhalt einer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sstelle auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt<br />

bieten. Auch schwerbehinderte Schulabgänger können in diese Regelung einbezogen<br />

werden, wenn es ihnen nur mit Hilfe der Teilnahme an einem Integrationsprojekt<br />

möglich ist, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt ausüben zu können. Dies<br />

71


schließt berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (vgl. 4.3.2.) und andere Formen der<br />

Qualifizierung mit ein, die zu diesem Zweck dort durchgeführt werden sollen.<br />

Außerdem trifft dies auch für Schwerbehinderte zu, die entsprechend § 53a Abs. 2 Nr. 2<br />

SchwbG "nach einer zielgerichteten Vorbereitung in einer WfB oder einer psychiatrischen<br />

Einrichtung für den Übergang in einen Betrieb oder eine Dienststelle auf dem allgemeinen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt in Betracht kommen und auf diesen Übergang vorbereitet werden<br />

sollen" (BMA 2000b, S. 200). Diese Formulierung wird von der BVLH jedoch kritisch<br />

bewertet, denn sie "legt den Schluss nahe, dass die Beschäftigung in einem Integrationsprojekt<br />

nur übergangsweise erfolgen soll. Dem widerspricht jedoch die Tatsache,<br />

dass das Integrationsprojekt selbst Teil des allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkts ist" (BVLH 2000;<br />

www.lebenshilfe.de). Folglich sollten die behinderten Beschäftigten selbst darüber entscheiden<br />

können, ob und wann sie eine andere Tätigkeit auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt,<br />

außerhalb des Integrationsprojekts, aufnehmen wollen (ebd.).<br />

Träger der Integrationsprojekte, die darüber hinaus nicht gemeinnützig sein müssen,<br />

können aus diesem Grund gewöhnliche Unternehmen, aber auch Träger der freien<br />

Wohlfahrtspflege und sogar Werkstätten für Behinderte sein. Der Anteil Schwerbehinderter<br />

in den Integrationsunternehmen muss mindestens 25% betragen und sollte nicht<br />

höher als 50% liegen. Es besteht aber die Möglichkeit, den Schwerbehindertenanteil<br />

noch weiter zu erhöhen, wenn auch dann eine wirtschaftliche <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sweise gesichert ist.<br />

Die Finanzierung der Integrationsprojekte erfolgt einerseits über erwirtschaftetes Eigenkapital,<br />

andererseits auch mit Mitteln der Ausgleichsabgabe (vgl. 3.1.2.), die z.B. für den<br />

Aufbau, die Ausstattung, aber auch für die Erweiterung und Modernisierung der Integrationsprojekte<br />

eingesetzt werden können (vgl. BMA 2000b, S. 201 und BVLH 2000;<br />

www.lebenshilfe.de).<br />

6.3.3. Merkmale und Perspektiven<br />

Integrationsprojekte sind eine interessante Möglichkeit des allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarktes,<br />

um sowohl die berufliche Eingliederung behinderter Menschen in diesem Bereich<br />

zu fördern als auch die gemeinsame <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeit von behinderten und nicht<br />

behinderten Beschäftigten zu unterstützen. Diesem Aspekt kommt eine wichtige Bedeutung<br />

zu, denn das Ziel der gemeinsamen Tätigkeit ist das Anbieten von qualitativ hochwertigen<br />

Produkten, was von einer erfolgreichen <strong>bei</strong>derseitigen Zusammenar<strong>bei</strong>t abhängig<br />

ist. Dies ist umso wichtiger, da sich auch die Integrationsbetriebe unter einem<br />

gewissen Konkurrenzdruck mit anderen Unternehmen befinden, obwohl sie häufig auch<br />

versuchen, Marktnischen zu bedienen.<br />

Die Integrationsbetriebe sind zwar Unternehmen des allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarktes, die<br />

auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ar<strong>bei</strong>ten, wo<strong>bei</strong> <strong>bei</strong> ihnen aber nicht die<br />

reine Orientierung an einer Gewinnmaximierung, sondern auf längere Sicht eine möglichst<br />

kostendeckende <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sweise im Mittelpunkt steht. Gleichzeitig besitzen alle Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>nehmerstatus, der neben der Zahlung von entsprechendem tariflichen<br />

Lohn, auch die Einbeziehung in die verschiedenen Bereiche der Sozialversicherung umfasst<br />

(vgl. Hinz / Lüttensee 1997; http://bidok.uibk.ac.at).<br />

Besonders auch für Menschen mit Körperbehinderungen scheinen die Integrationsprojekte<br />

eine große Chance darzustellen, neue berufliche Perspektiven zu erhalten, die ihnen<br />

ohne diese Beschäftigungsform nicht in so einem Maße zur Verfügung gestanden<br />

hätten. Gerade für sie besteht auf diese Weise die Möglichkeit, eine <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> auf dem allgemeinen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt zu erhalten, wo sonst oft nur die Alternative eine Tätigkeit in einer<br />

WfB gewesen wäre. So schreibt Seyfried (1990, S. 174):<br />

72


"Erstaunlich ist, welch hohe Zahl von schwer und sogar schwerst Körperbehinderten (...)<br />

in neuen teilgeschützten Beschäftigungsformen, die überwiegend im Bereich der modernen<br />

elektronischen Informationsverar<strong>bei</strong>tung angesiedelt sind, ein nahezu ideales<br />

Berufsfeld gefunden hat."<br />

Ich denke, dass mit der Einbeziehung der Integrationsprojekte in das neue Schwerbehindertengesetz<br />

eine gute Grundlage geschaffen wurde, um eine wirkliche Integration<br />

Behinderter in das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben zu ermöglichen. Die behinderten Beschäftigten stellen<br />

hier, im Gegensatz zur Beschäftigungspflichtquote von 5% <strong>bei</strong> sonstigen Betrieben des<br />

allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkts, wo außerdem auch noch die Zahlung der Ausgleichsabgabe<br />

als Alternative für die Unternehmen besteht (vgl. 3.1.), nicht nur eine kleine Randgruppe,<br />

sondern eine wichtige <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sgröße dar.<br />

Deshalb sind alle Beschäftigten eigentlich zur Zusammenar<strong>bei</strong>t "verpflichtet", um die<br />

Aufgaben des Betriebes bewältigen zu können. Die Leistung jedes einzelnen ist hier für<br />

das Gesamtergebnis von Bedeutung. Die gemeinsame <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeit, das Stattfinden<br />

von <strong>bei</strong>derseitigen Lernprozessen und die Akzeptanz der individuellen Leistungsfähigkeiten<br />

können für alle Mitar<strong>bei</strong>ter wichtige neue Erfahrungsbereiche und die Chance<br />

einer persönlichen Weiterentwicklung darstellen.<br />

6.3.4. Verbesserungsmöglichkeiten<br />

Dennoch sind auch problematische Aspekte bezüglich der Integrationsprojekte zu<br />

erwähnen, die vor allem struktureller Art sind. Integrationsprojekte sind als Teil des allgemeinen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarktes keine speziellen Einrichtungen der Rehabilitation. Einen<br />

Rechtsanspruch auf Beschäftigung in einem Integrationsprojekt besitzen Behinderte<br />

nicht, da sich die Einrichtungen ihre Mitar<strong>bei</strong>ter selbst aussuchen können. Bei der Einstellung<br />

Schwerbehinderter genügt da<strong>bei</strong> die Erfüllung der Beschäftigungsquote von<br />

mindestens 25% (vgl. 6.3.2.). Die BVLH (2000; www.lebenshilfe.de) gibt deshalb zu<br />

bedenken, dass auf diese Weise vor allem "besonders benachteiligte Gruppen" von einer<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeit in einem Integrationsprojekt ausgeschlossen werden könnten, wenn<br />

wirtschaftlicher Druck "zu einer bevorzugten Einstellung leistungsstarker Schwerbehinderter<br />

führt."<br />

In diesem Zusammenhang dürfte auch die vorhandene Qualifikation der Behinderten<br />

von Bedeutung sein, da z.B. auch Menschen mit sehr schweren Körperbehinderungen<br />

durchaus einen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz in diesen Unternehmen der teilgeschützten Beschäftigung<br />

erhalten können, wie der zitierten Feststellung von Seyfried zu entnehmen war. Folglich<br />

müssten also vor allem verstärkte Anstrengungen hinsichtlich der beruflichen Qualifikation<br />

der Behinderten unternommen werden. Zwar sollen auch die Integrationsprojekte<br />

berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen oder Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten<br />

(vgl. 6.3.2.), doch sind sie eigentlich keine herkömmlichen Ausbildungseinrichtungen.<br />

Zudem fehlen noch gesetzliche Regelungen, wie die beruflichen Bildungsmaßnahmen in<br />

den Integrationsprojekten durchgeführt werden sollen (vgl. BVLH 2000;<br />

www.lebenshilfe.de). Zu bedenken ist da<strong>bei</strong> aber auch, dass eine qualitativ gute Ausbildung<br />

vor allem über die Teilnahme an entsprechenden Ausbildungsmaßnahmen (vgl.<br />

5.) zu erwerben ist, so dass die Integrationsprojekte wohl eher im Bereich der beruflichen<br />

Weiterbildung von Bedeutung sind. Über die Notwendigkeit dieser Qualifizierungsmaßnahmen<br />

bestehen jedoch keine Zweifel (vgl. Seyfried 1990, S. 174).<br />

Die Durchführung der beruflichen Weiterbildung, entweder in den Integrationsprojekten<br />

oder in anderen Einrichtungen, ist aber auch eine Frage der finanziellen Möglichkeiten,<br />

73


die hinsichtlich der Integrationsprojekte wohl noch verbesserungswürdig sind. Im "Geschäftsbericht<br />

des Bundesverbandes für Körper- und Mehrfachbehinderte für das Jahr<br />

1999" heißt es dazu, dass die bisherige Art der Finanzierung der Einrichtungen den hohen<br />

Anteil an Schwerbehinderten und ihre entsprechenden Leistungseinschränkungen<br />

zu wenig berücksichtigt, da die Förderung den gleichen Umfang <strong>bei</strong>nhaltet, den auch<br />

andere <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber, die Schwerbehinderte beschäftigen, erhalten können. Dies wirke<br />

sich negativ auf die Marktchancen der Firmen aus und sei nur über ein großes Engagement<br />

der Mitar<strong>bei</strong>ter auszugleichen. Weiter ist zu lesen (BVKM 2000a;<br />

www.bvkm.de):<br />

"Kennzeichnend für diese Unternehmen ist eine mangelhafte Kapitalausstattung, die<br />

eine unzureichende Ausstattung mit Produktionsmitteln und häufig Liquiditätsprobleme<br />

nach sich zieht. Ihre Herkunft zumeist aus dem pädagogischen bzw. sozialpädagogischen<br />

Bereich hat zur Folge, dass notwendige betriebswirtschaftliche Kenntnisse nicht<br />

ausreichend zur Verfügung stehen."<br />

Bleibt zu hoffen, dass die Integrationsprojekte mit der Aufnahme in das neue Schwerbehindertengesetz<br />

verstärkte Sicherheit und entsprechende Unterstützung erhalten, um<br />

weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Eingliederung Behinderter auf dem allgemeinen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt leisten zu können. Im § 53c SchwbG wird z.B. die Möglichkeit der betriebswirtschaftlichen<br />

Beratung, finanziert aus Mitteln der Ausgleichsabgabe, erwähnt.<br />

Auch die Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) umfasst nach §<br />

41 Abs. 1 Nr. 3 ausdrücklich die Förderung von Integrationsbetrieben und -abteilungen<br />

Über die Ausgleichsfonds (vgl. BMA 2000b, S. 201 und 245). Durch das Schaffen von<br />

entsprechenden Voraussetzungen und der Nutzung der guten Erfahrungen mit diesen<br />

Einrichtungen, sollten diese verstärkt als eine wichtige Säule für die zukünftige Beschäftigung<br />

behinderter Menschen ausgebaut und weiterentwickelt werden, da sie eine große<br />

Chance darstellen, sowohl die Tätigkeit auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt als auch die<br />

Eingliederung in das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>s- und Berufsleben an sich zu ermöglichen.<br />

6.4. INTEGRATIONSFACHDIENSTE<br />

Ähnlich wie die Integrationsprojekte als besondere Beschäftigungsform des allgemeinen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarktes, wurden auch die Integrationsfachdienste nach längeren Modellversuchen<br />

in das neue Schwerbehindertengesetz aufgenommen und somit gesetzlich<br />

geregelt. Hier<strong>bei</strong> handelt es sich allerdings nicht um eine weitere spezielle <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smöglichkeit<br />

für Behinderte, sondern um eine Form der begleitenden Unterstützung, mit der<br />

die berufliche Eingliederung Behinderter auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt verbessert<br />

werden soll.<br />

6.4.1. Geförderter Personenkreis<br />

Nach § 37a Abs. 2 SchwbG wendet sich die Tätigkeit der Integrationsfachdienste<br />

besonders an Schwerbehinderte mit geistigen oder psychischen Behinderungen und an<br />

Menschen mit schweren Körper-, Sinnes- oder Mehrfachbehinderungen, denen die Eingliederung<br />

auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt aufgrund Art und Schwere der Behinderung<br />

und zusätzlicher Faktoren (z.B. Alter, Langzeitar<strong>bei</strong>tslosigkeit, geringe Qualifikation)<br />

erschwert ist. Die Integrationsfachdienste sollen diesem Personenkreis die notwendigen<br />

ar<strong>bei</strong>ts- und berufsbegleitenden Hilfen zur Verfügung stellen, um einen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>s-<br />

74


platz auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt zu erhalten. Darüber hinaus gilt dies auch für<br />

"Schwerbehinderte, die nach zielgerichteter Vorbereitung durch die Werkstatt für Behinderte<br />

auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt eingegliedert werden sollen" und hierfür die<br />

entsprechenden ar<strong>bei</strong>tsbegleitenden Hilfen benötigen sowie für "schwerbehinderte<br />

Schulabgänger, die für die Aufnahme einer Beschäftigung auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt<br />

auf die Unterstützung des Integrationsfachdienstes angewiesen sind" (BMA<br />

2000b, S. 191). Außerdem können nach § 37a Abs. 3 SchwbG auch Behinderte, die<br />

nicht als schwerbehindert im Sinne von § 1 SchwbG (vgl. 2.1.) gelten, die Leistungen<br />

des Integrationsfachdienstes in Anspruch nehmen.<br />

Die BVLH (2000; www.lebenshilfe.de) hat jedoch bezüglich der Regelungen für<br />

schwerbehinderte Schulabgänger und für Beschäftigte der WfB, die auf dem allgemeinen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt eingegliedert werden sollen, einige Bedenken. Unsicherheit besteht<br />

<strong>bei</strong>spielsweise darüber, auf welcher Grundlage der Zugang der jugendlichen Schulabgänger<br />

zum allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt mit Hilfe des Integrationsfachdienstes geschehen<br />

und damit eine Abgrenzung zu den Teilnehmern an den Maßnahmen des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>strainingsbereichs<br />

der WfB erfolgen soll. Denn für diese Jugendlichen wäre sonst nur eine<br />

Tätigkeit in der WfB in Frage gekommen (vgl. BMA 2000b, S. 74 / 75). Weiterhin ist zu<br />

überlegen, in welcher Form deren berufliche Ausbildung durchgeführt wird (Förderlehrgänge<br />

oder <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>straining, wo<strong>bei</strong> Letzteres aber an die Einrichtung WfB gebunden ist).<br />

Ebenso sollte für den Wechsel Behinderter von der WfB auf den allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt<br />

eine Übergangsregelung geschaffen werden, "<strong>bei</strong> der der Status der WfB-<br />

Zugehörigkeit erhalten bleibt, und eine Probebeschäftigung mit Hilfe eines IF (Integrationsfachdienstes,<br />

T.U.) erfolgt" (BVLH 2000; www.lebenshilfe.de). Der Fortbestand der<br />

WfB-Zugehörigkeit bis zum Abschluss eines unbefristeten <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>svertrages wird deshalb<br />

als wichtig erachtet, da dadurch gewährleistet werden soll, dass der Betreffende <strong>bei</strong> einem<br />

Scheitern des Integrationsversuches problemlos wieder in die WfB zurückkehren<br />

kann.<br />

6.4.2. Schwerpunkte der Tätigkeit<br />

Die Integrationsfachdienste wenden sich <strong>bei</strong> der Durchführung ihrer Aufgaben<br />

nicht nur an die schwerbehinderten BewerberInnen, sondern auch an die jeweiligen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber.<br />

Nach Ansicht von Hohmeier / Barlsen (1997, S. 247), die sich bereits während<br />

der Modellphase mit den Integrationsfachdiensten beschäftigten, vollzieht sich der Prozess<br />

der beruflichen Eingliederung in den folgenden vier Phasen, die im engen Zusammenhang<br />

zu den Aufgaben der Integrationsfachdienste stehen, welche im § 37b Abs. 2<br />

SchwbG festgelegt sind.<br />

Die erste Phase, die Erstellung eines Fähigkeitsprofils, umfasst die Bewertung und die<br />

Einschätzung der Fähigkeiten der Behinderten und das Vorschlagen von eventuell erforderlichen<br />

Maßnahmen der Weiterqualifizierung.<br />

Aufgrund dessen sollen in der zweiten Phase, der Akquisition, über Kontakte zu den<br />

Unternehmen geeig<strong>net</strong>e <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze für die Bewerber erschlossen werden.<br />

Die dritte Phase, Matching, <strong>bei</strong>nhaltet neben der konkreten <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzzuordnung, die<br />

entsprechende Vorbereitung der Behinderten auf den jeweiligen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz. Außerdem<br />

begleiten die Integrationsfachdienste die Behinderten, solange es erforderlich ist, auch<br />

<strong>bei</strong> der Tätigkeit am <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz und der Eingewöhnung in das neue <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sumfeld.<br />

Darüber hinaus sollen die Integrationsfachdienste auch den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>gebern als Ansprechpartner<br />

zur Verfügung stehen und die Kollegen am <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sort über die Behinderung und<br />

ihre Auswirkungen informieren und beraten.<br />

75


In der vierten Phase, Fading, versuchen sich die Integrationsfachdienste langsam zurückzuziehen<br />

und beschränken ihre Tätigkeit z.B. auf Hilfen in Krisensituationen und<br />

psychosoziale Betreuung. Trotzdem besteht aber auch die Möglichkeit einer dauerhaften<br />

Begleitung durch die Integrationsfachdienste, vor allem <strong>bei</strong> geistig Behinderten oder<br />

Menschen mit schweren Körperbehinderungen (vgl. BVLH 2000; www.lebenshilfe.de;<br />

BMA 2000a, S. 14 und BMA 2000b, S. 191 / 192).<br />

6.4.3. Weitere wichtige Regelungen<br />

Die Integrationsfachdienste werden nach § 37a Abs. 1 SchwbG über die Bundesanstalt<br />

für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> <strong>bei</strong> der beruflichen Eingliederung Schwerbehinderter auf dem allgemeinen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt einbezogen. Die diesbezügliche Finanzierung erfolgt aus Mitteln<br />

der Ausgleichsabgabe, mit der ebenso die Integrationsfachdienste aufgebaut und gefördert<br />

werden sollen, welches auch in der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung<br />

festgelegt wurde (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SchwbAV; vgl. BMA 2000b, S. 245). Die<br />

Vergütung der Integrationsfachdienste für die durchgeführten Maßnahmen übernimmt<br />

der Auftraggeber (§ 37e SchwbG).<br />

Neben dem <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt, können auch die Hauptfürsorgestellen und die Sozialhilfeträger<br />

(z.B. <strong>bei</strong> einer Ausgliederung aus der WfB) die Integrationsfachdienste beauftragen,<br />

entsprechende Maßnahmen zur Unterstützung der beruflichen Integration durchzuführen,<br />

wo<strong>bei</strong> das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt aber die Hauptzuständigkeit besitzt (vgl. BVLH 2000;<br />

www.lebenshilfe.de). Die Abhängigkeit der Integrationsfachdienste vom <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt <strong>bei</strong><br />

der Vermittlung der jeweiligen Schwerbehinderten wird aber vom BVKM (2000b;<br />

www.bvkm.de) kritisiert, da befürchtet wird, dass die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sämter "unter dem Druck der<br />

50.000 zusätzlich zu vermittelnden ar<strong>bei</strong>tslosen schwerbehinderten Menschen ausschließlich<br />

aus ihrer Statistik zuweisen. Weniger als 3% der Betreuten kommt aus der<br />

Werkstatt oder aus Sonderschulen und Integrationsklassen für körper- und geistigbehinderte<br />

Menschen." Sie wären auf diese Weise vom Instrument der Integrationsfachdienste<br />

"weitgehend abgeschnitten, obwohl es gerade für sie entwickelt wurde und ü-<br />

beraus erfolgreich eingesetzt werden konnte, wie mehrere wissenschaftliche Untersuchungen<br />

belegen."<br />

Vielleicht bietet hier auch eine verstärkte bereichsübergreifende Zusammenar<strong>bei</strong>t zwischen<br />

den verschiedenen Beteiligten, die an der beruflichen Integration mitwirken, die<br />

Chance zu einer Verbesserung dieser Situation. Diese Zusammenar<strong>bei</strong>t ist auch in §<br />

37c Abs. 3 SchwbG gesetzlich festgelegt worden und umfasst da<strong>bei</strong> außer dem Integrationsfachdienst,<br />

das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samt, die Hauptfürsorgestelle, den zuständigen Rehabilitationsträger,<br />

die bisherige Einrichtung, in der der Behinderte beschäftigt war oder ausgebildet<br />

wurde, und den zukünftigen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>geber sowie die dort vorhandenen betrieblichen<br />

Interessenvertretungen.<br />

Da die Integrationsfachdienste in der Modellphase besonders von den<br />

Hauptfürsorgestellen <strong>bei</strong> entsprechenden Trägern (z.B. Wohlfahrtsverbänden, Vereinen)<br />

aufgebaut wurden, sollen die bereits vorhandenen Dienste weiter genutzt werden und<br />

sich gegebenenfalls zusammenschließen oder einen Verbund bilden, da nach § 37c<br />

Abs. 5 SchwbG pro <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>samtsbezirk grundsätzlich ein Integrationsfachdienst<br />

vorhanden sein soll (vgl. BMA 2000b, S. 192 und BVLH 2000; www.lebenshilfe.de).<br />

Die Fortführung der bestehenden Integrationsfachdienste bietet sich auch deshalb an,<br />

weil hinsichtlich der fachlichen Anforderungen nach § 37d Abs. 1 SchwbG verlangt wird,<br />

dass die Dienste über entsprechende Erfahrungen mit dem zu unterstützenden Personenkreis<br />

verfügen sollen (vgl. 6.4.1.). Da hier die diesbezüglichen Voraussetzungen ge-<br />

76


geben sind, können gerade auch Einrichtungen, wie z.B. eine WfB oder ein Berufsbildungswerk,<br />

über die jeweiligen Träger einen Integrationsfachdienst einrichten, welcher<br />

aber wirtschaftlich selbstständig ist. In diesem Zusammenhang besteht darüber hinaus<br />

auch die Möglichkeit, dass innerhalb des Fachdienstes oder des Verbundes, Formen<br />

der Spezialisierung hinsichtlich der Betreuung eines bestimmten Personenkreises aufgebaut<br />

werden können. Die Mitar<strong>bei</strong>ter der Integrationsfachdienste sollen eine entsprechende<br />

berufliche Ausbildung, aber auch genügend Berufserfahrung und Zusatzqualifikationen<br />

im psychosozialen oder ar<strong>bei</strong>tspädagogischen Bereich besitzen, um den<br />

schwerbehinderten Menschen die notwendigen Hilfen und Unterstützungsmaßnahmen<br />

<strong>bei</strong> der Eingliederung an ihrem neuen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz anbieten zu können (vgl. BMA<br />

2000b, S. 193).<br />

Auch wenn die Integrationsfachdienste eigentlich keine spezielle Form der beruflichen<br />

Beschäftigung Schwerbehinderter darstellen, so sollen sie aber nicht nur durch ihre Tätigkeit<br />

einen Beitrag dazu leisten, dass für diese Menschen entsprechende <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze<br />

entstehen können. Nach § 37d Abs. 3 SchwbG sind sie dazu aufgefordert, <strong>bei</strong> ihrer Stellenbesetzung<br />

"Schwerbehinderte bevorzugt zu berücksichtigen. Da<strong>bei</strong> ist ein angemessener<br />

Anteil der Stellen mit schwerbehinderten Frauen zu besetzen" (ebd.).<br />

Das Ziel, welches mit der Schaffung der Integrationsfachdienste verbunden ist und in<br />

den<br />

nächsten Jahren hoffentlich auch verwirklicht werden kann, wird meiner Meinung nach<br />

gut mit dem nachfolgenden Zitat deutlich. Das BMA (2000a, S. 14) schreibt in seiner<br />

Broschüre zur Kampagne "50 000 neue Jobs für Schwerbehinderte":<br />

"Die Integrationsfachdienste werden (...) Dreh- und Angelpunkt für mehr und sichere<br />

Beschäftigung Schwerbehinderter, zur Schnittstelle zwischen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>gebern, <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sämtern,<br />

Hauptfürsorgestellen, schwerbehinderten Menschen und ihren Vertretungen."<br />

Die Integrationsfachdienste besitzen somit eine wichtige Funktion <strong>bei</strong> der beruflichen<br />

Integration Schwerbehinderter auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt. Die Voraussetzungen<br />

dafür wurden in Modellversuchen und gesetzlichen Festlegungen getroffen. Nun gilt es<br />

diese Form der begleitenden Unterstützung weiter auszubauen und zu entwickeln, wo<strong>bei</strong><br />

auch gegebenenfalls Verbesserungen an den bestehenden Regelungen durchgeführt<br />

werden müssen.<br />

Mit Hilfe der Integrationsfachdienste wurde meines Erachtens eine wichtige Verbindung<br />

zwischen den speziellen Ausbildungs- und Beschäftigungsformen für Behinderte und<br />

dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt geschaffen. Es könnte somit die Chance bestehen, dass<br />

hier die Person des Behinderten mit ihren Bedürfnissen verstärkt im Zentrum steht und<br />

sich die durchzuführenden Maßnahmen, neben der Berücksichtigung der Erfordernisse<br />

des <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes, auch daran orientieren. Zu bedenken bleibt aber, dass <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze<br />

zwar auf diese Weise den Behinderten besser zugänglich gemacht werden können, bereitgestellt<br />

werden sie jedoch in erster Linie von Unternehmen und anderen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>gebern.<br />

Dass hier noch mehr Angebote entstehen, ist eine Aufgabe, die auch zukünftig<br />

von allen Beteiligten verfolgt werden muss.<br />

77


6.5. ARBEITSASSISTENZ<br />

Im Zusammenhang mit den Integrationsfachdiensten ist als weitere Unterstützungsmaßnahme<br />

der beruflichen Eingliederung Schwerbehinderter auf dem allgemeinen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz zu nennen. Mit der Neufassung des Schwerbehindertengesetzes<br />

wurde dieser Anspruch auch entsprechend gesetzlich verankert, obwohl<br />

bereits schon vorher die Möglichkeit der Bereitstellung einer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz vorhanden<br />

war. Aufgrund positiver Erfahrungen und hinsichtlich der Verwirklichung des<br />

Ziels, 50 000 <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätze für schwerbehinderte Menschen bis Ende 2002 zu schaffen,<br />

sollte der Stellenwert der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz gestärkt und die Voraussetzungen dafür verbessert<br />

werden. Dazu wurde im § 31 SchwbG, der die Aufgaben der Hauptfürsorgestelle<br />

umfasst (vgl. 3.1.2.), ein Absatz 3a eingefügt. Darin heißt es (BMA 2000b, S. 185):<br />

"Schwerbehinderte haben im Rahmen der Zuständigkeit der Hauptfürsorgestelle für die<br />

begleitende Hilfe im <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>s- und Berufsleben aus den ihr aus der Ausgleichsabgabe zur<br />

Verfügung stehenden Mitteln Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz."<br />

Die getroffene Regelung stärkt somit die Möglichkeiten für schwerbehinderte Menschen,<br />

einen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt zu erhalten. Gerade für Behinderte,<br />

die einen hohen Bedarf an persönlicher Unterstützung am <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz aufweisen,<br />

stellt die Möglichkeit auf Erhalt einer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz eine verbesserte Chance auf eine<br />

berufliche Eingliederung dar. Als Alternative wäre sonst meist nur die Tätigkeit in einer<br />

WfB in Frage gekommen. Die rechtliche Festlegung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz im Schwerbehindertengesetz<br />

bedeutet zwar nicht einen Anspruch auf einen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz, schafft aber<br />

im Zusammenhang mit den Integrationsfirmen und -fachdiensten neue Beschäftigungsperspektiven,<br />

die vor allem hinsichtlich einer schwierigen Situation auf dem <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt<br />

auch erforderlich sind.<br />

Nach Meinung der BVLH (2000; www.lebenshilfe.de) muss aber hier<strong>bei</strong> noch geklärt<br />

werden, "wie sich der Rechtsanspruch auf <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz zu den Regelungen über<br />

Integrationsfachdienste verhält (...). Die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz kann, muss aber nicht durch<br />

einen Integrationsfachdienst erbracht werden." Eine Möglichkeit der Unterscheidung und<br />

der Abgrenzung zueinander könnte über die Dauer der jeweiligen Unterstützungsmaßnahmen<br />

erfolgen. Entsprechend der erwähnten vier Abschnitte <strong>bei</strong> der Tätigkeit der Integrationsfachdienste<br />

(vgl. 6.4.2.) wäre hier eine Schwerpunktsetzung auf die vorübergehende<br />

Begleitung des Behinderten an seinem neuen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz möglich, die <strong>bei</strong><br />

erfolgreicher Durchführung nach und nach zurückgenommen werden kann, während<br />

eine dauerhaft notwendige Betreuung am <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz über einen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenten<br />

erfolgen könnte. Auch <strong>bei</strong> den bisher vorhandenen Formen der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz gibt es<br />

<strong>bei</strong>de Bereiche der begleitenden Unterstützung, so dass eine diesbezügliche Regelung,<br />

im Zusammenwirken mit den Integrationsfachdiensten, von Vorteil wäre.<br />

Bartz (1999; http://bidok.uibk.ac.at) beschreibt hierzu die Unterschiede <strong>bei</strong> Funktion und<br />

Dauer der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz bezüglich der beruflichen Eingliederung von geistig Behinderten<br />

und Körperbehinderten. So führen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenten <strong>bei</strong> der Begleitung geistig<br />

behinderter Menschen Maßnahmen hinsichtlich der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzeinweisung sowie der<br />

Anleitung und des Trainings der jeweiligen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeiten durch. Ziel ist deren weit<br />

gehend selbstständige Ausübung, so dass gegebenenfalls die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz beendet<br />

wird. Bei entsprechendem Hilfebedarf ist aber eine Fortsetzung der Betreuung durch die<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenten möglich. Dagegen kann Menschen mit Körperbehinderungen <strong>bei</strong> der<br />

78


eruflichen Eingliederung eine dauerhafte <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz gewährt werden, da sicherlich<br />

zwar auch ein Unterstützungsbedarf während der Einar<strong>bei</strong>tungsphase am neuen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatz besteht, in der Hauptsache bedeutet die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz hier jedoch vielmehr<br />

einen "Ausgleich für nicht oder nicht ausreichend vorhandene manuelle Fähigkeiten,<br />

die für die Ausübung der Berufstätigkeiten erforderlich sind" (ebd.). Die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenten<br />

ar<strong>bei</strong>ten sozusagen im Auftrag der körperbehinderten Beschäftigten. Entsprechend<br />

sind sie den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenten gegenüber weisungsberechtigt.<br />

Zu bedenken ist aber, dass für die dauerhafte Bereitstellung einer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz über<br />

die Hauptfürsorgestelle auch die dafür notwendigen Mittel aus der Ausgleichsabgabe<br />

zur Verfügung stehen müssen. Ebenso ist es erforderlich, dass ein entsprechender Träger<br />

für die berufliche Eingliederungsmaßnahme verantwortlich zeigt. Dies kann auch der<br />

Sozialhilfeträger im Zusammenhang mit der Eingliederungshilfe nach § 39 ff. BSHG (vgl.<br />

3.4.) sein, wenn andere Reha-Träger nicht vorhanden sind. Auf diese Weise soll sichergestellt<br />

werden, dass die Unterstützungsmaßnahmen der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz auch dann<br />

fortgeführt werden können, wenn über die Ausgleichsabgabe nicht genügend Mittel bereitstehen,<br />

um den hierzu erforderlichen finanziellen Bedarf abzudecken (vgl. BVLH<br />

2000; www.lebenshilfe.de).<br />

Hinsichtlich dieser finanziellen Voraussetzungen ist meiner Ansicht nach möglicherweise<br />

ein Bereich vorhanden, der die Gewährung einer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz erschweren kann.<br />

Der voraussichtliche Umfang und die entsprechende Dauer der Unterstützungsmaßnahmen<br />

könnten im Zusammenhang mit den dafür notwendigen finanziellen Mitteln als<br />

Entscheidungskriterien für die (Nicht-) Gewährung einer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz aufgeführt<br />

werden und die Bedeutung der beruflichen Eingliederung für die Person des Behinderten<br />

in den Hintergrund treten lassen.<br />

Hier müssen zur Absicherung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz folglich die entsprechenden Voraussetzungen<br />

und Regelungen getroffen werden, denn diese Form der Unterstützung der<br />

beruflichen Eingliederung Behinderter kann sich sozusagen in doppelter Hinsicht positiv<br />

auswirken. Ähnlich wie <strong>bei</strong> den Integrationsfachdiensten entstehen hiermit nicht nur<br />

neue <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>schancen für behinderte Menschen, sondern auch für nicht behinderte Menschen<br />

bildet sich auf diese Weise ein neuer Tätigkeitsbereich heraus, der zur Verringerung<br />

der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit <strong>bei</strong>tragen kann (vgl. Bartz 1999; http://bidok.uibk.ac.at).<br />

Der Stellenwert der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz geht aber gerade auch für behinderte Menschen<br />

über die reine berufliche Tätigkeit hinaus. Neben dem Bereich der beruflichen Eingliederung<br />

ermöglicht die diesbezügliche Gewährung von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz gleichermaßen<br />

auch in anderen Bereichen eine Verbesserung der persönlichen Lebensumstände. Die<br />

Gedanken von Bartz möchte ich hierzu abschließend anführen, da sie die umfassende<br />

Bedeutung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz sehr gut hervorheben (ebd.):<br />

"Sie <strong>bei</strong>nhaltet einen äußerst wichtigen Grundstein zur Sicherung des Lebensunterhaltes,<br />

sozialer Anerkennung und der Möglichkeit, ein selbstbestimmtes, gleichberechtigtes<br />

Leben in der Gesellschaft zu führen. <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz ist ein wichtiges 'Instrument zur<br />

Integration' und damit der Steigerung von Selbstwertgefühl und Lebensqualität<br />

behinderter Menschen."<br />

79


ZUSAMMENFASSUNG<br />

Die berufliche Eingliederung behinderter Menschen stellt einen wichtigen Teilbereich<br />

<strong>bei</strong> den Bestrebungen hinsichtlich einer gesamt-gesellschaftlichen Integration dieses<br />

Personenkreises dar, <strong>bei</strong> der außerdem auch Aspekte, wie z.B. Bildung, Wohnen<br />

oder Familie von Bedeutung sind. Zur Förderung der beruflichen Eingliederung wurden<br />

in den letzten Jahren und Jahrzehnten zahlreiche Maßnahmen im Bereich Berufsvorbereitung<br />

und -ausbildung sowie der Bereitstellung von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splätzen sowohl auf dem allgemeinen<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt als auch hinsichtlich spezieller <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smöglichkeiten für Behinderte<br />

geschaffen. Leider führten sie, z.B. angesichts steigender Zahlen an ar<strong>bei</strong>tslosen<br />

Schwerbehinderten, bislang noch nicht zu dem erhofften Erfolg. Davon zeugt auch die<br />

Notwendigkeit des Programms "50 000 neue Jobs für Schwerbehinderte" der Bundesregierung,<br />

das im Oktober 2000 zusammen mit dem Inkrafttreten des "Gesetzes zur Bekämpfung<br />

der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit Schwerbehinderter" gestartet wurde und bis Ende 2002<br />

realisiert werden soll.<br />

Die Anstrengungen um eine Integration Behinderter in das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben spiegeln in ihrer<br />

Entwicklung auch gesellschaftliche Wandlungen und veränderte Sichtweisen zum Thema<br />

"Behinderung" wider, die es erst ermöglichten, diesen Bereich für Behinderte zu erschließen.<br />

Zu berücksichtigen ist aber, dass deren Zugangschancen in einem nicht unerheblichen<br />

Maße von Art und Schwere der Behinderung abhängig sind. So stehen wir<br />

<strong>bei</strong>spielsweise <strong>bei</strong> der Tätigkeit von Menschen mit geistigen Behinderungen auf dem<br />

allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt erst am Anfang, während dies für Körperbehinderte bereits in<br />

einem vergleichsweise größeren Umfang verwirklicht ist.<br />

In diesem Zusammenhang ist aber gleichzeitig auch der hohe Stellenwert von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong><br />

und Beruf in unserer Gesellschaft zu nennen, der jedoch vor allem auf Basis der Notwendigkeit<br />

der materiellen Existenzsicherung mittels beruflicher <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> beruht. Er erfährt<br />

derzeit sogar noch eine Verstärkung, z.B. hinsichtlich der Zunahme der eigenen finanziellen<br />

Beteiligung an Maßnahmen der Altersvorsorge oder <strong>bei</strong> medizinischtherapeutischen<br />

Leistungen. Aufgrund dieser gesellschaftlichen Sichtweise wird dem<br />

Besitz eines <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>splatzes eine große Bedeutung zugemessen, welches auch einen<br />

wichtigen Grund für Behinderte <strong>bei</strong> der Aufnahme einer <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>stätigkeit darstellt.<br />

Dies ist aber nur ein Aspekt der Bedeutung von <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> und Beruf für behinderte Menschen,<br />

denn über die berufliche Tätigkeit können nicht nur finanzielle Erfordernisse abgesichert<br />

werden, sondern sie <strong>bei</strong>nhaltet für Behinderte darüber hinaus auch Bereiche,<br />

wie Tagesstrukturierung, Ermöglichung von sozialen Kontakten, Vermittlung von Lebenssinn<br />

oder Erweiterung des persönlichen Horizonts. Sie führt zur gesellschaftlichen<br />

Teilhabe und kann, abhängig von Art und Schwere der Behinderung, für viele Behinderte<br />

auch die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben umfassen.<br />

Zu bedenken ist da<strong>bei</strong> aber, dass die berufliche Eingliederung noch zu sehr unter den<br />

Aspekten von gesellschaftlich-wirtschaftlichen Normen und Erwartungen durchgeführt<br />

wird. Diese Leistungsanforderungen müssen von den Behinderten erbracht werden<br />

können, um Zugangschancen für eine berufliche Eingliederung bzw. für bestimmte berufliche<br />

Tätigkeiten zu erhalten. Entsprechend gibt es eine Vielzahl an spezifischen beruflichen<br />

Vorbereitungs- und Ausbildungsmaßnahmen, mit denen die Voraussetzungen<br />

geschaffen werden sollen, um auch behinderten Menschen eine Integration in das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben<br />

zu ermöglichen. Zu fragen bleibt aber, ob auf diese Weise eigentlich nicht<br />

erst eine (weitere) Aussonderung durchgeführt wird, bevor über die berufliche Tätigkeit<br />

die Integration erfolgen soll.<br />

80


Die Maßnahmen der beruflichen Eingliederung Behinderter sind aber nur ein Teil eines<br />

komplexen Rehabilitationssystems, welches auch weitere Bereiche, wie z.B. Frühförderung,<br />

Bildung und medizinisch-therapeutische Versorgung umfasst. Damit einhergehend<br />

sind auch eine nur noch schwer zu überschauende Vielzahl von gesetzlichen Grundlagen,<br />

Finanzierungsformen, Zuständigkeiten und Trägerschaften entstanden, so dass<br />

Bemühungen, die verschiedenen rechtlichen Regelungen in einem SGB IX zu vereinigen,<br />

meiner Ansicht nach zu begrüßen sind.<br />

Obwohl noch viele Bereiche der beruflichen Eingliederung behinderter Menschen verbesserungswürdig<br />

sind, bleibt jedoch abschließend festzuhalten, dass sich die Bemühungen<br />

hierzu ständig weiterentwickelt haben. Dies allein betrachte ich schon als Erfolg,<br />

da auf diese Weise ersichtlich wird, dass dieses Thema eine entsprechende Bedeutung<br />

besitzt und nicht zu vernachlässigen ist. Neben Wandlungen in der gesellschaftlichen<br />

Sichtweise in Bezug auf Behinderte sind da<strong>bei</strong> vor allem auch strukturelle Veränderungen<br />

auf dem <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt zu nennen.<br />

Einerseits haben sie diesbezügliche Bemühungen zweifellos erschwert (z.B. Zunahme<br />

der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit Schwerbehinderter; unzureichende Übergangschancen von der WfB<br />

auf den allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt; niedriger WfB-Status). Andererseits sind somit auch<br />

neue <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smöglichkeiten entstanden, von denen im Zusammenhang mit dem Bereich<br />

der Informationstechnologie besonders auch Menschen mit Körperbehinderungen profitieren<br />

und neue berufliche Perspektiven erhalten könnten. Gleichermaßen wurden auch<br />

neue Formen und unterstützende Maßnahmen der beruflichen Eingliederung Behinderter<br />

auf dem allgemeinen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt geschaffen (Integrationsprojekte, Integrationsfachdienste<br />

oder <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sassistenz). Bleibt zu hoffen, dass sie die diesbezüglichen Erwartungen<br />

erfüllen bzw. entsprechend verbessert und weiterentwickelt werden, um dazu<br />

<strong>bei</strong>zutragen, behinderten Menschen über die berufliche Eingliederung auch eine gesamt-gesellschaftliche<br />

Integration zu ermöglichen.<br />

81


ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS<br />

AFG<br />

A Reha<br />

BAFA<br />

BAföG<br />

BBiG<br />

BBW<br />

BFW<br />

BGJ<br />

BIZ<br />

BMA<br />

BSHG<br />

BSO<br />

BüE<br />

BVJ<br />

BVKM<br />

BVLH<br />

DVO § 47 BSHG<br />

EU<br />

FH Fulda<br />

GdB<br />

HwO<br />

KfzHV<br />

RehaAnglG<br />

SchwbG<br />

SchwbAV<br />

SchwbAwV<br />

SchwbBAG<br />

SchwbWO<br />

SchwbWV<br />

SGB III<br />

SSFK<br />

WfB<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sförderungsgesetz<br />

Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für<br />

<strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> über die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>s- und Berufsförderung Behinderter<br />

Bundesanstalt für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong><br />

Bundesausbildungsförderungsgesetz<br />

Berufsbildungsgesetz<br />

Berufsbildungswerk<br />

Berufsförderungswerk<br />

Berufsgrundbildungsjahr<br />

Berufsinformationszentrum<br />

Bundesministerium für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> und Sozialordnung<br />

Bundessozialhilfegesetz<br />

Schulordnung Berufsschule<br />

Berufsausbildung in überbetrieblichen Einrichtungen<br />

Berufsvorbereitungsjahr<br />

Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte<br />

e.V.<br />

Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger<br />

Behinderung e.V.<br />

Verordnung nach § 47 BSHG - Eingliederungshilfe-<br />

Verordnung<br />

Europäische Union<br />

Fachhochschule Fulda<br />

Grad der Behinderung<br />

Handwerksordnung<br />

Kraftfahrzeughilfeverordnung<br />

Rehabilitationsangleichungsgesetz<br />

Schwerbehindertengesetz<br />

Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung<br />

Ausweisverordnung Schwerbehindertengesetz<br />

Gesetz zur Bekämpfung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit<br />

Schwerbehinderter<br />

Wahlordnung Schwerbehindertengesetz<br />

Werkstättenverordnung Schwerbehindertengesetz<br />

Drittes Buch Sozialgesetzbuch<br />

Sächsisches Staatsministerium für Kultus<br />

Werkstatt für Behinderte<br />

82


QUELLENVERZEICHNIS<br />

• LITERATUR<br />

Albrecht, Hans-Joachim: Die Eingliederung von Absolventen der Berufsbildungswerke<br />

in den <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>smarkt - Ergebnisse einer Längsschnittuntersuchung. In: Ellger-<br />

Rüttgardt, Sieglind / Blumenthal, Wolfgang (Hrsg.): Über die große Schwelle - Junge<br />

Menschen mit Behinderungen auf dem Weg von der Schule in <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> und Gesellschaft.<br />

Interdisziplinäre Schriften zur Rehabilitation, Band 6. Ulm: Universitätsverlag 1997,<br />

S. 55-70<br />

Anders, Dietrich: Die Werkstatt für Behinderte - der andere Weg ins <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sleben.<br />

In: Zwierlein, Eduard (Hrsg.): Handbuch Integration und Ausgrenzung. Neuwied / Kriftel /<br />

Berlin: Luchterhand 1996, S. 547-562<br />

Antor, Georg: Zum gesellschaftlichen Stellenwert des Faktors <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> in der Bundesrepublik<br />

Deutschland. In: Bleidick, Ulrich / Ellger-Rüttgardt, Sieglind (Hrsg.): Berufliche<br />

Bildung behinderter Jugendlicher. Stuttgart / Berlin / Köln / Mainz: Kohlhammer<br />

1982, S. 39-53<br />

Becker, Wolfgang: Erweiterung und Verbesserung der betrieblichen Ausbildungsmöglichkeiten<br />

für Behinderte. Untersuchung des betrieblichen Einsatzes und der Umsetzung<br />

von Ausbildungsregelungen für Behinderte gemäß § 48 Berufsbildungsgesetz<br />

(BBiG) und § 42b Handwerksordnung (HwO). Berichte zur beruflichen Bildung,<br />

Heft 92. Berlin und Bonn: Bundesinstitut für Berufsbildung 1987<br />

Beyer, Eileen: Einleitung und Verlauf der beruflichen Rehabilitation. In: Vonderach,<br />

Gerd (Hrsg.): Berufliche Rehabilitation in Berufsförderungswerken. Texte zur Sozialforschung,<br />

Band 11. Edewecht: Stumpf & Kossendey 1996, S. 88-106<br />

Bleidick, Ulrich: Berufliche Bildung Behinderter in Berufsbildungswerken. In: Bleidick,<br />

Ulrich / Ellger-Rüttgardt, Sieglind (Hrsg.): Berufliche Bildung behinderter Jugendlicher.<br />

Stuttgart / Berlin / Köln / Mainz: Kohlhammer 1982, S. 149-158<br />

Bleidick, Ulrich: Die Förderung Schwerstbehinderter durch <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>. In: Butzke, Fritz<br />

/ Bordel, Rudolf (Hrsg.): Leben ohne Beruf? Alternative Lebensgestaltung junger Behinderter<br />

ohne berufliche Perspektive. Heidelberg: HVA / Edition Schindele 1989,<br />

S. 149-175<br />

Bleidick, Ulrich: Behinderung. In: Bundesanstalt für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> (Hrsg.): Berufliche Rehabilitation<br />

junger Menschen. Handbuch für Schule, Berufsberatung und Ausbildung.<br />

Ausgabe 1997. Hochheim am Main: DKF Multimedia 1997, S. 71-76<br />

Bordel, Rudolf: Berufsvorbereitung behinderter Jugendlicher. In: Butzke, Fritz /<br />

Bordel, Rudolf (Hrsg.): Leben ohne Beruf? Alternative Lebensgestaltung junger Behinderter<br />

ohne berufliche Perspektive. Heidelberg: HVA / Edition Schindele 1989, S. 71-<br />

133<br />

83


Bordel, Rudolf / Butzke, Fritz: Einleitung. In: Butzke, Fritz / Bordel, Rudolf (Hrsg.):<br />

Leben ohne Beruf? Alternative Lebensgestaltung junger Behinderter ohne berufliche<br />

Perspektive. Heidelberg: HVA / Edition Schindele 1989, S. 9-31<br />

Bundesanstalt für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> (Hrsg.): Berufliche Rehabilitation junger Menschen.<br />

Handbuch für Schule, Berufsberatung und Ausbildung. Ausgabe 1997. Hochheim am<br />

Main: DKF Multimedia 1997<br />

Bundesanstalt für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> (Hrsg.): Berufliche Rehabilitation junger Menschen.<br />

Handbuch für Schule, Berufsberatung und Ausbildung. Ergänzung 1998. SGB III. Hochheim<br />

am Main: DKF Multimedia 1998<br />

Bundesar<strong>bei</strong>tsgemeinschaft für Rehabilitation (Hrsg.): Rehabilitation Behinderter.<br />

Köln: Deutscher Ärzte Verlag 1994, 2., völlig neu bear<strong>bei</strong>tete Auflage<br />

Bundesministerium für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> und Sozialordnung (Hrsg.): Eine Frage der Einstellung.<br />

Das neue Gesetz zur Bekämpfung der <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>slosigkeit schwerbehinderter Menschen.<br />

Berlin 2000a<br />

Bundesministerium für <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> und Sozialordnung (Hrsg.): Ratgeber für<br />

behinderte Menschen. Berlin 2000b<br />

Dieterich, Michael: Berufliche Vorbereitung und Berufsbildung (Berufsbildungswerke).<br />

In: Mühlum, Albert / Oppl, Hubert (Hrsg.): Handbuch der Rehabilitation.<br />

Neuwied / Kriftel / Berlin: Luchterhand 1992, S. 121-138<br />

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