PAX-Download - Stift Admont
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Abt Bruno Hubl<br />
Klostertourismus –<br />
Chancen oder Untergang des Klosters?<br />
Tourismus als eine Plattform<br />
von Begegnungen<br />
Erwarte das Unerwartete! - Dieses vom antiken Philosophen<br />
Heraklit von Ephesus (ca. 540 bis 480 vor Christus) geprägte<br />
Wort wurde von unserer Kulturabteilung gewählt, um<br />
bei möglichst vielen Menschen das Interesse an unserem<br />
Haus zu wecken und sie zu motivieren, nach <strong>Admont</strong> zu<br />
kommen. Unsere Besucher sind ja auch meist völlig überrascht<br />
von dem, was sie hier vorfinden. Die Symbiose von<br />
Altem und Neuem fasziniert viele von ihnen. „Man muss<br />
einfach im <strong>Stift</strong> <strong>Admont</strong> gewesen sein, mit Worten kann<br />
man dies ja alles nicht beschreiben“, hört man immer wieder.<br />
Folglich trifft das Wort des griechischen Philosophen<br />
tatsächlich zu: „Erwarte das Unerwartete, sonst wirst du<br />
es nicht finden“.<br />
Modelle für den konkreten Umgang mit<br />
unseren Besuchern in der Regel Benedikts<br />
Wenngleich der hl. Benedikt in seinem Kloster Montecassino<br />
mit vielen Gästen rechnen musste, wie er dies in seiner<br />
Regel (vgl. RB 53, 16) anklingen lässt, so kann damals vom<br />
eigentlichen Klostertourismus im modernen Stil noch keine<br />
Rede sein. Wie würde wohl heute der hl. Benedikt eine<br />
Entwicklung beurteilen, die das Kloster zu einem Kulturund<br />
Tourismuszentrum hochstilisiert? Besteht nicht die<br />
Gefahr, dass bei allzu vielen kulturellen Events und bei<br />
der intensiven Inanspruchnahme durch die Betreuung so<br />
vieler Gäste unsere eigentliche und ursprüngliche Berufung<br />
ausdünnt? Sollten wir uns nicht vielmehr auf die Begleitung<br />
der Teilnehmer von Kloster auf Zeit und auf spezielle<br />
geistliche Angebote konzentrieren? Die Benediktusregel<br />
bietet zwar einen bestimmten Leitfaden, doch wird es<br />
nicht immer möglich sein, heute die konkreten Anweisungen<br />
Benedikts in genau derselben Art und Weise wie zu<br />
seiner Zeit umzusetzen. Abt und Mitbrüder müssten zum<br />
Beispiel allen ankommenden Gästen die Füße waschen<br />
(vgl. RB 53,13). Diese und andere rituelle Handlungen, die<br />
im sechsten Jahrhundert selbstverständlich waren und von<br />
allen verstanden wurden, würden vermutlich bei unseren<br />
Zeitgenossen nur größtes Befremden hervorrufen. Außerdem<br />
ginge man an dem vorbei, was der heilige Benedikt<br />
im Grunde wollte.<br />
Die Regel Benedikts lässt im Hinblick auf unsere Besucher<br />
und Gäste offensichtlich folgendes erkennen: Alle Fremden<br />
sollen aufgenommen werden wie Christus – man eile ihnen<br />
voll dienstbereiter Liebe entgegen – man gewähre ihnen<br />
ein Miteinander im Gebet und nehme sich ihrer mit aller<br />
Aufmerksamkeit gastfreundlich an – man eröffne ihnen die<br />
christliche Botschaft und ermögliche ihnen die Vertiefung<br />
im Glauben.<br />
Wenn wir daher die konkreten Anweisungen des Ordensvaters,<br />
die auf dem Hintergrund des sechsten Jahrhunderts<br />
gegeben wurden, vor allem als Verhaltensmodelle verstehen,<br />
so besitzen diese gerade auch heute eine nicht zu<br />
überschätzende Bedeutung.<br />
Alle Fremden sollen aufgenommen<br />
werden wie Christus<br />
Den Grundgedanken „Alle Menschen ehren“ (RB 4,8)<br />
konkretisiert der hl. Benedikt selbstverständlich auch bei<br />
der Aufnahme der Gäste. Gerade in ihnen begegnet man<br />
Christus, der im Evangelium spricht: „Was ihr für einen<br />
meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir<br />
getan“ (Mt 25, 40). Die Würde des Menschen, wer immer<br />
er auch sei, wurzelt im Glauben, dass jeder Mensch einen<br />
Wert und eine Würde in sich trägt, die göttlichen Ursprungs<br />
ist. Jene also, die kommen, werden zunächst grundsätzlich<br />
unvoreingenommen aufgenommen, weil man in ihnen<br />
Christus selbst aufnimmt.<br />
Man eile ihnen voll dienstbereiter<br />
Liebe entgegen<br />
Weiters legt Benedikt seinen Mönchen nahe: „Allen erweise<br />
man die angemessene Ehre“ (RB 53, 2). Aus diesem Grund<br />
wird man den Besuchern tatsächlich auf vielfältige Weise<br />
entgegenkommen: „Sobald ein Gast gemeldet wird, sollen<br />
ihm daher der Obere und die Brüder voll dienstbereiter<br />
Liebe entgegeneilen“ (RB 53, 3). Wenn heutzutage infolge<br />
der Besucherströme der Abt mit seinem ganzen Konvent<br />
nicht jedes Mal die Ankommenden wie zu Benedikts Zeiten<br />
<strong>PAX</strong> | 6