PAX-Download - Stift Admont
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Bis in die Mitte des<br />
20. Jahrhunderts<br />
kamen die Bibliothekstouristen<br />
hauptsächlich mit<br />
der Eisenbahn.<br />
Der Bahnhof von<br />
<strong>Admont</strong> auf einer<br />
Ansichtskarte aus<br />
dem Jahre 1906<br />
Die hier herausgegriffene Seite kann im Übrigen als durchaus<br />
repräsentativ für die anderen Monate angesehen werden,<br />
und dies sowohl im Hinblick auf die Besucherzahl pro Tag<br />
als auch auf Beruf und Herkunft. Insgesamt waren demnach<br />
im Jahre 1848 etwa 150 Reisende in der Bibliothek. Diese<br />
Zahl ist allerdings, zweifellos bedingt durch die politischen<br />
Ereignisse, etwas niedriger als in den vorangehenden und<br />
nachfolgenden Jahren, in denen sich durchschnittlich rund<br />
200 Bibliothekstouristen im „Gedenkbuch“ eingetragen<br />
hatten.<br />
In diesen Büchern lassen sich auch recht deutlich jene beiden<br />
Zäsuren ablesen, die schon bald darauf und kurz hintereinander<br />
das touristische Geschehen in <strong>Admont</strong> mitgeprägt<br />
haben: Der Brand im Jahre 1865 und die Eröffnung der<br />
Eisenbahn sieben Jahre später. Es grenzte nicht nur an ein<br />
Wunder, dass ausgerechnet die Bibliothek mit ihrem doch<br />
so leicht entflammbaren Inhalt vom Feuer völlig verschont<br />
geblieben ist – man kann sogar darüber hinaus feststellen,<br />
dass der große Brand noch dazu beigetragen hat, den Ruhm<br />
des Büchersaales weiter zu vermehren: Als es das alte <strong>Stift</strong>smuseum<br />
mit seinen Sammlungen, die beiden prächtigen<br />
Festsäle und die viel gerühmte Chrismann-Orgel in der<br />
Kirche nicht mehr gab, war die Bibliothek umso mehr zur<br />
überragenden (wenn nicht überhaupt zur einzigen) touristischen<br />
Attraktion des <strong>Stift</strong>es geworden. Der Besucherstrom<br />
ist dann zwar nach dem Schreckenstag, dem 27. April, für<br />
eine Zeitlang völlig versiegt, doch kamen die Reisenden ab<br />
Anfang Juli schon wieder in ständig wachsender Zahl von<br />
Nah und Fern in die Bibliothek.<br />
Eine in touristischer Hinsicht noch weitaus bedeutsamere<br />
Zäsur, die in der Folge noch für viele Jahre das Fremdenverkehrsgeschehen<br />
in <strong>Admont</strong> prägen sollte, war die Eröffnung<br />
der Kronprinz-Rudolf-Bahn im August 1872. Diese Bahnlinie<br />
stellt die Verbindung zwischen der Westbahn und der Südbahn<br />
her und bedeutete den Anschluss des Ortes an die<br />
„große weite Welt“. Welchen wahren „Quantensprung“ dies<br />
für die Besucherzahlen bedeutet hat, zeigt wieder ein Blick<br />
in das (nun schon zweite) „Gedenkbuch“ der Bibliothek:<br />
Waren zuvor alljährlich etwa 200 Personen mit der Kutsche,<br />
zu Pferd oder zu Fuß in das <strong>Stift</strong> gekommen, so belief sich<br />
die Zahl der Touristen, die im Jahre 1873 den Büchersaal<br />
besichtigten, bereits auf 1400; es war somit in kürzester<br />
Zeit eine Steigerung auf das Siebenfache zu verzeichnen !<br />
Weiters fällt auf, dass die Eintragungen in dem genannten<br />
Jahr vom 9. Jänner bis zum 28. Dezember reichen. Die<br />
Eisenbahn hatte also nicht nur eine gewaltige Zunahme der<br />
Besucherzahlen, sondern auch eine Verlängerung der bis<br />
dahin auf die wärmere Jahreszeit beschränkten Saison und<br />
damit einen Ganzjahres-Tourismus mit sich gebracht.<br />
Der Bibliothekstourismus zur Zeit des<br />
P. Jakob Wichner<br />
Von der frühesten Zeit an (und in der Folge noch bis zum<br />
Jahre 1995) gehörte es zu den Aufgaben des jeweiligen<br />
<strong>Stift</strong>sbibliothekars, sich auch um die touristischen Belange<br />
zu kümmern, die sich ja in der Hauptsache im Umkreis<br />
seiner Wirkensstätte abspielten. Dies galt auch für P. Jakob<br />
Wichner, der sein Amt im Jahre 1878 antrat und genau 25<br />
Jahre lang bis zu seinem Tod im Oktober 1903 ausübte. Als<br />
Mann der Wissenschaft hatte er mit den Touristen zunächst<br />
nicht sehr viel Freude. Dies kommt recht anschaulich im<br />
Reisebericht des Würzburger Theologieprofessors Hettinger<br />
zur Sprache, der im Sommer 1883 lediglich als Sommerfrischler,<br />
ohne irgendwelche Forschungsabsichten, nach <strong>Admont</strong><br />
gekommen war. Da er aber nun einmal hier war, wollte er<br />
natürlich auch das <strong>Stift</strong> und dessen wichtigste Sehenswürdigkeit<br />
besichtigen – und dies führte ihn zwangsläufig zu<br />
einer Begegnung mit P. Jakob. Der Besucher hat darüber<br />
folgendes notiert: Wenig freundlich und ziemlich kurz<br />
wurde ich anfangs von dem Bibliothekar P. Jakob Wichner<br />
empfangen, als ich ihn in seiner Werkstätte aufsuchte ...<br />
Ich konnte es ihm nicht verdenken: Kommen doch täglich<br />
so viele Unberufene, denen es nur darum zu tun ist, eine<br />
Urkunde aus dem Mittelalter sich zeigen zu lassen oder<br />
den berühmten Bibliothekssaal zu besichtigen.<br />
Wichner selbst hat der nicht von der Hand zu weisenden<br />
Annahme, dass es sich bei vielen Besuchern der Bibliothek<br />
um den von Hettinger als „Unberufene“ bezeichneten<br />
Personenkreis handelte, schon früher einmal in launiger<br />
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