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PAX-Download - Stift Admont

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So haben der „Hans<br />

Jörgel“ und Kaiser<br />

Ferdinand das <strong>Stift</strong><br />

<strong>Admont</strong> gesehen.<br />

Kupferstich von<br />

Josef Axmann nach<br />

einem Ölgemälde<br />

von Anton Schiffer<br />

aus dem Jahre 1839<br />

Das Jahr 1841 als Markstein in der Geschichte<br />

des <strong>Admont</strong>er Bibliothekstourismus<br />

Im Jahre 1841 veröffentlichte der Wiener Journalist und<br />

Schriftsteller Johann Baptist Weis unter dem Pseudonym<br />

„Hans Jörgel“ in Form von Briefen an seinen Schwager<br />

Maxl die launige Beschreibung einer Reise, die ihn mit drei<br />

Gefährten in einer Kutsche durch einen Teil der Steiermark<br />

und Oberösterreichs geführt hatte. Von Graz war die Fahrt<br />

über Leoben und Eisenerz auch nach <strong>Admont</strong> gegangen,<br />

und hier war ein Aufenthalt für eine spezielle Besichtigung<br />

vorgesehen. Was der „Hans Jörgel“ darüber zu berichten<br />

wusste, hört sich in seinem wienerisch gefärbten Biedermeier-Deutsch<br />

folgendermaßen an:<br />

Obwohl’s schon Abend war, so hab i do no g’schaut,<br />

dass i die berühmte Bibliothek im <strong>Stift</strong> g’sehn hab. Dös<br />

is eine Bibliothek, Herr Schwager, dö jeder Residenz eine<br />

Ehr’ machet. Schon der Fußboden von weißen, roten<br />

und schwarzen Marmorplatten, is eine Merkwürdigkeit,<br />

und der Saal selber mit seinen Statuen und Gemälden,<br />

mit der Menge von Büchern, dö i leider wie eine Kuh<br />

ein neues Tor anschau, weil i von den alten Sachen nix<br />

versteh, versetzen ein’n, wenn man so etliche Wochen<br />

in lauter Bergen, Tälern, Wäldern und auf miserablen<br />

Straßen umakugelt, in eine ganz andere Welt.<br />

Was bei flüchtiger Lektüre wie die kursorische Schilderung<br />

eines unterhaltsamen Reiseschriftstellers anmutet, erweist<br />

sich bei genauerem Hinsehen als erstaunlich exakte Beschreibung<br />

des Phänomens „<strong>Admont</strong>er Bibliothekstourismus“,<br />

weil es gleich mehrere wesentliche Aspekte anspricht.<br />

Da ist zunächst die Rede von der „berühmten Bibliothek“,<br />

die schon längst eine Sehenswürdigkeit dargestellt haben<br />

muss, für deren Besichtigung man auch bei strapaziösen<br />

Reiseverhältnissen einen Umweg in Kauf nehmen sollte (dem<br />

würden also jene zwei Sterne entsprechen, wie sie Baedeker<br />

und Polyglott dann in ihren Reiseführern vergeben haben).<br />

Die Art und Weise, in der unser Autor sodann das Besondere<br />

an der <strong>Admont</strong>er Bibliothek charakterisiert, lässt sich ganz<br />

gut mit dem modernen Begriff des „Gesamtkunstwerkes“<br />

umschreiben. Der Blick richtet sich vom Marmorfußboden<br />

über die reiche künstlerische Ausstattung des Saales auf den<br />

Bücherbestand, und dieses komplexe optische Erlebnis lässt<br />

den Betrachter die Grenzen seiner alltäglichen Erfahrung<br />

überschreiten – es versetzt ihn (damals wie heute) „in eine<br />

ganz andere Welt“.<br />

Schließlich vergisst der Hans Jörgel auch nicht, eigens darauf<br />

hinzuweisen, dass er die Bibliothek nicht als kundiger<br />

Fachmann mit entsprechenden Vorkenntnissen aufgesucht<br />

hat, sodass ihm ihre wahre geistige Dimension letzen Endes<br />

verschlossen bleibt und er sich wie die sprichwörtliche „Kuh<br />

vor dem neuen Tor“ vorkommen muss. Auch an diesem hier<br />

recht drastisch ausgedrückten Umstand, dass der allergrößte<br />

Teil der Bibliotheksbesucher eben nicht aus wissenschaftlichem<br />

oder bibliophilem Interesse nach <strong>Admont</strong> kommt,<br />

hat sich bis zum heutigen Tag nichts geändert.<br />

Es ist wohl ein Zufall, dass der „Hans Jörgel“ unsere Bibliothek<br />

ausgerechnet im Jahre 1841 besichtigt hat, doch ist es<br />

ein bemerkenswertes Zusammentreffen mit dem Umstand,<br />

dass man hier in eben diesem Jahr erstmals ein „Gedenkbuch“<br />

angelegt hat, in das sich künftig alle Besucher mit<br />

Namen, Beruf und Herkunft eintragen sollten. Der Anlass<br />

für diese Neuerung war der Besuch hoher Gäste: Am 18.<br />

September hatte Kaiser Ferdinand mit Gattin und Gefolge<br />

dem <strong>Stift</strong> <strong>Admont</strong> die Ehre seines Besuches erwiesen, und<br />

sein Name steht demnach im neuen Gästebuch an erster<br />

Stelle. Sein Vorbild hat dann Schule gemacht, denn die Reihe<br />

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