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Reader - Studienstiftung

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wenn ihn vielleicht äussere Umstände daran hindern, das zu tun, was er meint<br />

tun zu müssen.<br />

Bei der eigenen Existenz handelt es sich deshalb nicht um eine räumliche,<br />

sondern um eine zeitliche Gestalt. Beim Nachdenken über die Abfolge der<br />

Erfahrungen im eigenen Leben ergibt sich, wenn sich Sinn ergibt, eine zeitliche<br />

Gestalt, aus der dann idealerweise auch die Fortsetzung des eigenen Lebens<br />

folgt, so wie man als Künstler vielleicht das Muster in einer regennassen Mauer<br />

durch einen eigenen Farbstrich fortsetzen könnte. Durch das eigene Handeln<br />

verändert sich jedoch die zeitliche Gestalt oder der Sinn des eigenen Lebens<br />

wieder, sofern ein solcher überhaupt entstehen konnte. Und auf diese<br />

Veränderung ist wieder mit Aufmerksamkeit zu reagieren. Wichtig ist jedoch,<br />

dass überhaupt die Aufmerksamkeit auf die Abfolge der Ereignisse des eigenen<br />

Lebens gelenkt wird und dass ein Zusammenhang in ihm gesucht wird, den ich<br />

dann als den Zusammenhang meines Lebens anerkenne. Wenn das gelingt,<br />

dann gibt es einen Ansatz, von dem aus die Fortsetzung des eigenen Lebens so<br />

geführt werden kann, dass die eine Handlung richtig und die andere falsch,<br />

etwas als zum eigenen Leben gehörend oder ihm fremd erscheinen kann. Das<br />

hier nicht etwas einfach gegeben ist, jedoch auch nicht konstruiert wird, weist auf<br />

ein spezifisches Zusammenspiel von Person und Welt hin, das sich der<br />

einfachen Zuteilung von Aktivitäten und Passivitäten entzieht. Die Person muss<br />

in der aufmerksamen Zuwendung zum eigenen Leben in der Lage sein, etwas<br />

entstehen zu lassen und den Mut besitzen, auf das, was da entsteht, zu<br />

reagieren. Dieses Entstehen-lassen ist ein Geschehen, das nur mit einer<br />

gewissen Gelassenheit erfahren werden kann. Etwas geschehen lassen können<br />

– eine Kompetenz der Gelassenheit, die vor allem in den kontemplativen<br />

Glücksvorstellungen der westlichen und östlichen Mystik, aber auch in der Stoa<br />

eine Rolle spielt – ist hier eine Kompetenz, die wohl kaum als sich in einer<br />

Tätigkeit allein realisierend zu denken ist. Sich dagegen mit Anstrengung in einer<br />

Gewissheit fortsetzen zu wollen, ohne tatsächlich ein Muster im eigenen Leben<br />

entdeckt zu haben, aus dem sich die entsprechende Evidenz ergibt, führt in der<br />

Regel dazu, dass man sich dem Zwang einer Konvention unterwirft und sie für<br />

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