Ausgabe 1995 - Hohenzollerischer Geschichtsverein
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Buchbesprechung<br />
Sigmaringen in alten Ansichten<br />
Am 25. August d. J. wurde im Sitzungssaal des Landeshauses<br />
in Sigmaringen von Bürgermeister Gerstner, Dr. Werner<br />
Kuhn und Verleger Dr. Georg Bensch ein neuer Thorbecke-<br />
Bildband »Sigmaringen in alten Ansichten« vorgestellt. Die<br />
Idee zu diesem Bildband hatte Frau Dr. Kuhn-Rehfus bei der<br />
Zusammenstellung ihres 1989 erschienenen historischen<br />
Stadtführers, für den sie schon eine größere Anzahl alter Ansichten<br />
verwendete. Ihr plötzlicher Tod im Jahre 1993 ließ<br />
das Projekt zunächst ruhen. Wie Dr. Werner Kuhn ausführte,<br />
sei ihm irgendwann klar geworden, daß er seiner Frau die<br />
Fortführung und Fertigstellung dieses Bildbandes einfach<br />
schuldig sei.<br />
Dieses Buch mit seinen 229 Abbildungen bereitet nicht nur<br />
ein ästhetisches Vergnügen, sondern es ist auch ein beneidenswerter<br />
Beitrag zur Stadtgeschichte von Sigmaringen.<br />
Zweifellos ist die Darstellung der Stadt Sigmaringen in alten<br />
Ansichten besonders reizvoll, weil es seit der Mitte des 19.<br />
Jahrhunderts eine große Auswahl von Bildern der damaligen<br />
Residenzstadt gibt. Aus der Zeit vor 1800 sind nur wenige<br />
Abbildungen bekannt. Immerhin gibt eine kolorierte Federzeichnung<br />
auf der »Landtafel des oberen Donautals« von<br />
1587 einen Begriff von der mauerumgebenen Stadt mit dem<br />
stattlichen Schloß und dem weit entfernt liegenden Kloster<br />
Hedingen. Zwei Ölgemälde aus der Mitte des 18. Jahrhunderts<br />
zeigen noch unverändert die »mittelalterliche«Ansicht<br />
von Sigmaringen.<br />
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verwandelte sich das<br />
unbedeutende Städtchen in die Haupt- und Residenzstadt des<br />
souveränen Fürstentums Hohenzollern-Sigmaringen und<br />
wurde nun auch für Maler und Zeichner interessant. Es überwiegen<br />
zu dieser Zeit die graphischen Techniken wie Aquatinta<br />
und Lithographie. So z. B. Werke von Bleuler, Eggli,<br />
Obach und Emminger; aber auch Zeichnungen von Hofkavalier<br />
v. Mayenfisch, lithographiert von S. Lütz.<br />
Die ältesten erhaltenen Sigmaringer Fotografien stammen<br />
von Edwin Bilharz, der schon seit 1867 Erfolg mit seinen Fotografien<br />
von Kunstwerken des fürstlichen Museums hatte.<br />
1877 lieferte Mencke, Wandsbeck ausgezeichnete Fotos für<br />
den Fürstenhof. Seit 1880 gab es ca. 50 Jahre lang die Bilder<br />
von Foto-Kugler. Zeichnungen und Fotografien sind auch<br />
von Baurat Eduard Eulenstein (1841-1896) erhalten.<br />
Dem Bildteil vorangesetzt ist eine kurze Stadtgeschichte. Die<br />
einzelnen Bereiche der Stadt werden in sechzehn getrennten<br />
Kapiteln behandelt, denen jeweils eine kurze Einführung vorangestellt<br />
ist.<br />
Aus gutem Grund wurde das Jahr 1945 als Zäsur für »alte<br />
Ansichten« gesetzt, denn Sigmaringen hat seither seine Einwohnerzahl<br />
verdoppelt und sich auf den Höhen beiderseits<br />
der Donau ungehemmt ausgebreitet. Diese Veränderung<br />
wird anhand von Stadtplänen und Luftaufnahmen von 1806<br />
bis in die Gegenwart gezeigt.<br />
Mehr als zwanzig Gesamtansichten zeigen Stadt und Schloß<br />
im Lauf von über zwei Jahrhunderten. Gut dokumentiert ist<br />
z. B. der Schloßbrand von 1893 und der nachfolgende Wiederaufbau.<br />
Uberhaupt wird das Stadtbild vom Schloß und<br />
fürstlichen Bauten wie z. B. der Reithalle dominiert.<br />
Ein früher Anstoß für die Entwicklung der Stadt war der Bau<br />
der Antonstraße durch Fürst Anton Alois um 1810. Die anfangs<br />
recht bescheidene Bebauung wurde erst im Lauf der<br />
Zeit mit der Volksschule und dem Landeshaus »städtischer«.<br />
Aber nicht nur auf Bildern der Vorstadt ist die alte ackerbürgerliche<br />
Kultur noch zu spüren, auch auf dem Marktplatz<br />
stehen 1870 bäuerliche Leiterwagen und sonstiges Gerümpel<br />
herum.<br />
Sehr vornehm, eben fürstlich, nehmen sich dagegen der Leopoldplatz<br />
(früher Karlsplatz) mit Ständehaus und Prinzenbau<br />
und die Karlstraße aus. Zahlreiche Bauten der Karlstraße<br />
sind heute noch hervorragende Baudenkmäler des 19. Jahrhunderts.<br />
Zum Teil standen die Gebäude 1880/90 noch ganz<br />
in freier Landschaft (Abb. 162 u. 163).<br />
Wie z. B. die ehemalige Unteroffiziersvorschule, ist manches<br />
ganz verschwunden. Wer weiß noch, daß die Karlstraße einst<br />
von einer Brauerei »geziert« wurde? Vieles hat sich aber im<br />
Lauf der Zeit auch nicht zu seinem Vorteil verändert.<br />
Die Ausstattung des Buches läßt keine Wünsche offen, dank<br />
namhafter Zuschüsse zu einem moderaten Preis. Natürlich<br />
ist ein solches Buch immer Ergebnis einer Auswahl, aber man<br />
darf wohl sagen, daß das Thema nicht besser und vollständiger<br />
hätte behandelt werden können. B.<br />
Maren Kuhn-Rehfus, Werner Kuhn, »Sigmaringen in alten<br />
Ansichten«. 229 Bilder, davon 28 in Farbe, DM 39.-. Erschienen<br />
im Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen.<br />
OTTO H. BECKER<br />
Französische Quellen zum Kriegsende in Sigmaringen 1944/45<br />
Teill<br />
Bei der Erforschung der Geschichte der Vichy-Regierung<br />
und des Kriegsendes in Sigmaringen 1944/45 stieß der Verf.<br />
u. a. auch auf das von Jean-Luc Barré bearbeitete Buch »Réconquerir«<br />
(Wiedereroberung), in welchem eine Fülle von<br />
Schreiben von und an den Kommandeur der 1. Französischen<br />
Armee »Rhin et Danube«, Armeegeneral Jean de Lattre de<br />
Tassigny, aus der Zeit von 1944 bis 1945 ediert sind. Zwei<br />
Quellen aus dieser Publikation, welche die Einnahme der<br />
Stadt Sigmaringen zum Gegenstand haben, sollen in dieser<br />
<strong>Ausgabe</strong> der Hohenzollerischen Heimat in deutscher Übersetzung<br />
wiedergegeben und kurz kommentiert werden.<br />
1. Befehl des Armeegenerals de Lattre de Tassigny an General<br />
Bethouart vom 21. April 1945<br />
»Mein lieber Bethouart!<br />
Ich habe erfahren, daß Du in Donaueschingen (Brücke intakt)<br />
und in Tuttlingen bist und die Donau bei Mühlheim<br />
überquert hast.<br />
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