Ausgabe 1995 - Hohenzollerischer Geschichtsverein
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fortgesetzt. Im Bereich Gutenstein wurde eine »Steinbahn«<br />
auf Schienen zeitweise eingesetzt. Sie diente auch zum Transport<br />
von »Wassertonnen mit Brausen«. Mit diesen hat man<br />
die Straße vor dem Abwälzen abgespritzt, weil der Herbst<br />
1857 sehr trocken gewesen sein muß.<br />
Im Jahr 1858 geht der Straßenbau der Donautalstraße mit dem<br />
Setzen von Begrenzungssteinen und der Bäume zu Ende.<br />
Große Sorgfalt wurde auf das Setzen der Begrenzungssteine<br />
verwendet, sie wurden aus dem Schwarzwald herbeigeschafft,<br />
mit Schutzstangen versehen. An der alten Straße stehen diese<br />
Randsteine heute noch. Zum damaligen Straßenbau war<br />
das Pflanzen von Bäumen gerade Pflicht. Sie sollten einerseits<br />
den Zugtieren Schatten spenden, andererseits boten sie<br />
Schutz vor dem Abstürzen von Fahrzeugen.<br />
Im November 1858 wird die Donautalstraße wohl dem Verkehr<br />
übergeben, von einer offiziellen Verkehrsübergabe wurde<br />
keine Aufzeichnung gefunden. Die Höhe der Baukosten<br />
zwischen 1854 und 1858 wird mit 103000 Gulden angegeben,<br />
also fast die doppelte Summe des Voranschlages.<br />
In dem Wanderführer von Schlude aus dem Jahr 1859 wird<br />
die Straße wie folgt beschrieben: »Gleich hinter Thiergarten<br />
wandern wir die neue Donauthalstraße von Laiz her, die eben<br />
und glatt wie ein Tanzboden uns durch eine Reihe kleiner<br />
Tunnels führt. Rechts hart an der Straße wälzt sich die Donau<br />
in stürmischer Hast über die Steine und Felstrümmer<br />
(vermutlich noch vom Bau her), links ragen die nakten Scheitel<br />
der Felsklippen drohend über unseren Häuptern herein.«<br />
Die Donautalstraße von Sigmaringen nach Beuron wurde zu<br />
einem wichtigen Bindeglied der Orte im Tal. Die Beförderung<br />
von Erzen, Kohle und Eisenerzeugnissen spielte kaum<br />
mehr eine Rolle, weil das Eisenwerk Thiergarten bereits 1863<br />
den Betrieb einstellte. Der Ausbau von Beuron nach Tuttlingen<br />
über Fridingen wurde vorangetrieben. Besucher des<br />
Unterlandes kamen in Eilwagen von Stuttgart über Tübingen,<br />
Rottweil nach Tuttlingen; täglich befuhren zwei Postwagen<br />
diese Linie. Sigmaringen wurde täglich von einem Eilwagen<br />
von Balingen her angefahren. 1871 drängte das Kloster<br />
Beuron auf einen Postanschluß nach Beuron.<br />
Die Bahnlinie Sigmaringen-Tuttlingen bringt neue Akzente<br />
ins Donautal<br />
Die Situation ändert sich mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes<br />
Ende des letzten Jahrhunderts. Sigmaringen konnte ab<br />
1872 von Ulm her, ab 1878 von Tübingen her erreicht werden.<br />
Der Bau der Donautalstrecke erfolgte in den Jahren<br />
1889/1890. »Sie wurde als strategische Bahn und Teilstück einer<br />
wichtigen Verbindung von Ulm zum Oberelsaß erstellt.«<br />
Viele italienische Arbeiter wurden hierfür angeworben, aber<br />
einheimische Landwirte fanden mit Fuhrarbeiten einen guten<br />
Nebenverdienst. Im Gegensatz zur Straße konnte sich die<br />
Bahn nicht den topographischen Verhältnissen, vor allem den<br />
vielen Mäandern der Donau anpassen. So mußten viele<br />
Brücken und Tunnels gebaut werden. Die Straßenführung<br />
änderte sich kaum, allerdings mußten mehrere Unter- und<br />
Uberführungen gebaut werden.<br />
Die Bahn sollte nicht nur die Einwohner des Tales aufnehmen,<br />
die Bewohner der Albdörfer sollten in die Beförderung<br />
einbezogen werden. Hierzu waren jedoch Verbindungswege<br />
zu den Bahnhöfen notwendig. So wurden die Bergstraßen<br />
von Hausen nach Schwenningen und Kreenheinstetten sowie<br />
die Straße Thiergarten-Stetten ausgebaut.<br />
Die Bahn brachte von nun an viele Besucher in das Donautal.<br />
Es waren einerseits Wallfahrer, die nach Beuron kamen, andererseits<br />
Wanderer. Die 1863 errichtete Benediktinerabtei<br />
Beuron ließ die Wallfahrt zum Gnadenbild der Schmerzhaften<br />
Maria neu aufleben. Die Pilger reisten zunächst zu Fuß<br />
oder mit dem Wagen über die neu errichtete Donautalstraße<br />
an; bis zu 10 000 Pilger pro Jahr wurden in den ersten Jahren<br />
gezählt. Später brachten Pilgerzüge mit bis zu 1000 Fahrgästen<br />
wesentlich mehr Pilger nach Beuron. Mit dem Ersten<br />
Weltkrieg flaute die Wallfahrt allerdings ab.<br />
Ende des letzten Jahrhunderts setzte eine starke Wanderbewegung<br />
ein. Die Wanderer nutzten die Eisenbahn für ihre<br />
Ausflüge. Der Fahrplan der Züge ließ es zu - es gab damals<br />
noch Frühzüge -, daß Wanderer vom Unter- und Oberland<br />
das Donautal mit dem Zug leicht erreichen konnten. Der<br />
Schwäbische Albverein schilderte um die Jahrhundertwende<br />
Wanderwege aus und errichtete Aussichtspunkte an beherrschenden<br />
Felsköpfen. Viele begeisterte Wanderberichte über<br />
die Schönheit des Oberen Donautales stammen aus der Zeit<br />
vor dem Ersten Weltkrieg.<br />
Der Autoverkehr fordert den Ausbau der<br />
Donautalstraße<br />
Bis in die zwanziger Jahre hinein wurde die Donautalstraße<br />
nur von Fußgängern und Gespannfuhrwerken benutzt. Der<br />
Autoverkehr kam erst in den dreißiger Jahren, vor allem auch<br />
durch den Verkehr des Truppenübungsplatzes Stetten am<br />
kalten Markt. Die Donautalstraße wurde in dieser Zeit mit<br />
einem Teerbelag versehen.<br />
Der letzte große Ausbau der Straße erfolgte genau 100 Jahre<br />
nach der Anlage. Im Juni 1959 wurde die Strecke Gutenstein<br />
vom letzten Tunnel in Richtung Thiergarten ausgebaut. Die<br />
Tunnel bei Gutenstein.<br />
Foto Kreisarchiv Sigmaringen<br />
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