Ausgabe 1995 - Hohenzollerischer Geschichtsverein
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hart, zuvor in Oberstetten. Kaplan Mich. Wertz könne gut<br />
predigen, lasse sich aber vom Besuch des öffentlichen Wirtshauses<br />
nicht abhalten. Der andere, Joh. Seyfried, gehe auf die<br />
Jagd, verkehre viel mit dem Schultheiß. Der dritte Johann<br />
Mock von Pfullendorf führe sich, durch Erfahrungen belehrt,<br />
jetzt gut. Der vierte, Mathias Binger von Trochtelfingen,<br />
wohne als Neupriester noch bei seinen Eltern.<br />
Der Pfarrer von Ringingen heißt hier Jakob Böler, der sich<br />
nicht immer in Gewalt habe. Der von Salmendingen ist Johannes<br />
Wochner, schon sehr alt, mache hie und da seinem<br />
Unmut den Hausleuten gegenüber Luft mit Schimpfen, Verfluchen<br />
und selbst mit der Peitsche. Pfarrer Martin Numachius<br />
zu Melchingen stammt aus Beuren bei Heiligenberg, ist<br />
fromm und bewährt. Oberstetten hat als Seelsorger Andreas<br />
Wurwetzel, von unehel. Geburt, sonst gelehrt, der gut predigt<br />
und eifrig ist. Die Fehler des Pfr. Küferle von Stetten u.<br />
Holst, sind bekannt. Er scheint zum Händelstiften geboren.<br />
Er sei neuerlich von einem genannt der Geiger und seinen<br />
Söhnen mit Wort und Schlägen angegriffen worden. Hat auch<br />
eine Magd aus andersgläubigem Ort (Erpfingen), die mit<br />
Häretikern in die Kirche geht, und die ich dringend zu entlassen<br />
empfahl. In Hettingen ist Laurentius Wild von Mengen<br />
Pfarrer, der teils im Predigen lässig sei. Außerdem sind<br />
dort in der Stadt zwei Priester Alexander Herp von Riedlingen<br />
und Johannes Glattis von Kettenacker. Beide haben guten<br />
Ruf. Pfarrer in Feldhausen (mit Harthausen) ist Magister<br />
Johannes Dreher, der in allem sorgfältig ist. Nur hält er gelegentlich<br />
keine Kinderleiche, weiß nicht ob aus Nachlässigkeit<br />
oder Scheu. Wirds in Zukunft bleiben lassen. In Kettenacker<br />
hatte Pfr. Udalrich Rättich von Sigmaringen im vorigen<br />
Jahre unter seinen Pfarrkindern schwere Mißhelligkeiten<br />
und Feindschaften, die jetzt beigelegt sind. Zur Zeit leidet der<br />
gute Mann an großen Schulden, die er sich auflud, als in den<br />
letzten Jahren bei der Seuche sein gesamtes Vieh einging. Teils<br />
hat auch die ungünstige Witterung seinen Fruchtertrag zunichte<br />
gemacht. Und endlich ist seine Pfründe so mager und<br />
nimmt noch täglich ab, daß sie kaum hinreicht, den Geistlichen<br />
auch nur frugal zu ernähren.<br />
1615<br />
(Fol. 665) Der Dekan Johann Rieger von Gammertingen berichtet<br />
u. a. an Generalvikar Johannes Hausmann nach Konstanz:<br />
Der neueingesetzte Pfarrer von Oberstetten Mag. Jakob Loser<br />
mußte widerrechtlich 45 Gulden zum Wiederaufbau des<br />
vor 3 Jahren abgebrannten Pfarrhauses zahlen und zwar auf<br />
Befehl des Heiligenberger »Erzschreibers«, dessen Graf die<br />
Baupflicht hat.<br />
In Großengstingen werden vom Edlen von Neuhausen dem<br />
neuen Pfarrer- Michael Wertz einige Fruchteinkünfte abverlangt<br />
zum Bezahlen von Schulden eines früheren Pfarrers.<br />
Dann beklagt sich unser Kammerer und Pfarrer von Burladingen<br />
über die (ehem.) Pfarrei Gauselfingen, daß die Ortsbehörde<br />
ungerechter, sakrilegischer und geiziger Weise schon<br />
früher einige Zehnten in weltliche Hände gebracht habe. Der<br />
Herr von Jungingen, Mich. Agrikola, habe Feindschaft mit<br />
seinen Pfarrkindern, auch gebrauche er Feuerrohre und suche<br />
solche nach Art der Weltkinder zu erwerben. Lasset sich<br />
beim öffentlichen Schießen finden.«<br />
Die Kinderlehre (catechistica institutio) war einige Monate<br />
hindurch wegen einfallenden Kirchweihen und anderen weltlichen<br />
Veranstaltungen behindert und wurde meist nicht gehalten.<br />
Jetzt aber wird eifrig darauf gedrängt. Kaplan Alexander<br />
Herp in Hettingen ist bisher weder vom Herrn von<br />
Speth präsentiert, noch investiert, trotz der Mahnung des<br />
bischöfl. Fiskals.<br />
Endlich sind je 2 Personen zu Salmendingen und Kettenacker<br />
noch nicht vom Ehebruch dispensiert. Sie können nicht nach<br />
Konstanz kommen wegen zu großer Armut. Wir bitten, einen<br />
Priester hier herum zur Absolution zu bevollmächtigen.<br />
Endlich bitten wir, den Überbringer dieses Schreibens, Stephan<br />
Gnupfer, zu dispensieren. Er hat seine zänkische und<br />
weinsüchtige Frau versehentlich mit der Schere gestochen.<br />
Die Frau kommt nächstens nieder und seine Kinder sind<br />
arm.«<br />
1650. Dezember<br />
(Ha. 76, fol. 676-697) Beim Fehlen eines Dekans berichtet in<br />
besonderem Auftrag Johann Emmanuel Schmidt, der seit<br />
3 Monaten Pfarrer in Trochtelfingen ist über den Stand des<br />
Landkapitels:<br />
»Die Dekanstelle ist seit Pfingsten vakant durch den Tod<br />
(29. 5.) des Mag. Martin Benkler. Daher wurde auch dieses<br />
Jahr keine Kapitelskonferenz gehalten. Kammerer ist der<br />
Ringinger Pfarrer Jakob Böler, der an Leib und Geist wegen<br />
hohen Alters gebrechlich ist und selbst zugibt, die Geschäfte<br />
des Kapitels nicht weiterführen zu können. Deputate (heute<br />
Definitoren) sind die Pfarrer zu Gammertingen und Engstingen.<br />
Einkünfte hat das Kapitel an jährlichen Zinsen ungefähr<br />
41 Pfund Heller, die jedoch seit einigen Jahren noch<br />
ausstehen. Es zählt z. Zt. 15 Pfarreien, deren Inhaber ich einzeln<br />
befragte und folgendes erfuhr:<br />
1. Stadt Trochtelfingen. Hier bestehen außer der Pfarrkirche<br />
noch fünf Kapellen und außerdem gehören drei Filialkirchen<br />
hierher. An der Pfarrkirche existieren 4 Kaplaneien mit Seelsorge.<br />
Patron aller ist der Graf zu Heiligenberg. Seit Oktober<br />
ist Inhaber der Pfründe Johann Emmanuel Schmidt, Bürger<br />
der Stadt und Doktor der Theologie.<br />
An jährlichen Einkünften aus Trochtelfingen und den Dörfern<br />
Steinhilben, Wilsingen, Herschwag und Meidelstetten<br />
sind, soweit ich sehe folgende zu nennen:<br />
An Geld: Aus Grundzinsen und 5 Lehengütern der Pfründe,<br />
genannt Widemgüter, ehemals 20 Pfund Heller, jetzt aber wegen<br />
Armut der Leute kaum 3-4 Pfund. An Opfergeld etwa<br />
30 Pfund, an tägl. Präsenzgeldern für Anwesenheit im Chor<br />
einst 26 Pfund, jetzt nichts. Für Jahrtage einst etwa 10 Pfund,<br />
jetzt nur 6 Pfund. -<br />
An Getreide, teils Dinkel, teils Haber: Ein Fixum vom Herzog<br />
von Württemberg als Zehntherrn zu Steinhilben 11<br />
Scheffelsäcke, vom Patron (von Heiligenberg) 18 Sack und<br />
von 2 Pfarrlehen 14 Sack, von denen jedoch mangels einer Lehensbeschreibung<br />
8 Sack fehlen. Vom Großzehnten (Vi zu<br />
Wilsingen und Hörschwag und vor der GlaubensspaltungVb<br />
zu Meidelstetten) hatte die Pfründe einst etwa 129 Scheffel<br />
Frucht aller Art, jetzt aber nicht über 88 Scheffelsäcke. -<br />
An Novalzehnten (ganz in Steinhilben und Hörschwag, in<br />
Wilsingen Vi. in Meidelstetten vor der Spaltung Vi) ehedem<br />
etwa 60 Sack, jetzt etwa 15. Der Novalzehnt zu Trochtelfingen<br />
steht dem Pfarrer ganz zu, nicht nur kraft der Synodalbeschlüsse,<br />
sondern auch laut eines besonderen Vertrags zwischen<br />
dem Bischof und dem Patron vom J. 1600. Er wird aber<br />
bis heute nicht vollständig geliefert, weil wie sie sagen, die<br />
Vertragsakten nicht zu Stelle seien. Unterdessen gibt man der<br />
Pfründe 15 Säcke Getreide. Ein Drittel des Novalzehnten von<br />
Wilsingen erhält der Hochw. Abt von Zwiefalten aus mir unbekanntem<br />
Rechtstitel, denn es sind Schriften aus dem J. 1481<br />
da, nach denen er ganz der Pfarrei Trochtelfingen zusteht. -<br />
An Kleinzehnten von Erbsen, Hanf, Raps und Gemüse hat<br />
die Pfarrei in Trochtelfingen 'A, wo seit alters her kein Heuzehnt<br />
gegeben wird, außer von der einen oder anderen Wiese.<br />
In Steinhilben hat sie Vi aller Zehnten, also auch von Heu,<br />
Hülsenfrüchten, Hanf, Raps, Obst und Kraut. In Wilsingen<br />
nur Vi vom Hanf und Flachs. Andere Kleinzehnten kennen<br />
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