Diplomarbeit Yvonne Stampfli - beim LSO
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Lehrermangel<br />
im Bereich<br />
Hauswirtschaft<br />
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
21. Dezember 2009<br />
überarbeitet Februar 2010<br />
Berufsbegleitender Handelskurs<br />
Feusi Bildungszentrum<br />
August 2008 bis Januar 2010<br />
<strong>Yvonne</strong> <strong>Stampfli</strong><br />
Mühlegasse 7<br />
4552 Derendingen<br />
032 672 16 09<br />
ystampfli@bluewin.ch
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung .............................................................................................................. 1<br />
2 Bedeutung der Bildungsqualität für die Schweizer Volkswirtschaft ............... 2<br />
3 Hauswirtschaft ...................................................................................................... 3<br />
3.1 Dienstauftrag ................................................................................................... 4<br />
3.2 Image ............................................................................................................... 5<br />
3.2.1 Image schulintern .................................................................................................. 5<br />
3.2.2 Image in der Gemeinde ........................................................................................ 6<br />
3.2.3 Marketing der Konsumindustrie ............................................................................ 7<br />
4 Veränderungen in der Zeit ................................................................................... 7<br />
4.1 Ausbildungsweg ............................................................................................... 8<br />
4.2 Lehrplan ........................................................................................................... 8<br />
4.3 Stellenwert ....................................................................................................... 8<br />
4.3.1 Veränderungen und die daraus abgeleiteten Lernziele ......................................... 8<br />
4.3.2 Verändertes Hauswirtschaftslehrpersonen-Profil ................................................ 10<br />
4.4 Image ............................................................................................................. 10<br />
5 Mögliche Gründe für den Mangel an HW-Lehrerinnen .................................... 12<br />
5.1 Sozialprestige / Wertschätzung ..................................................................... 14<br />
5.2 Entlöhnung ..................................................................................................... 14<br />
5.3 Ausbildung zur Monofachlehrperson .............................................................. 15<br />
5.4 Weiterbildung – Nachqualifikation eines weiteren Faches ............................. 15<br />
5.5 Zukunftsaussichten und Lehrkapazitäten ....................................................... 15<br />
6 Anreize für den Lehrerberuf schaffen............................................................... 16<br />
6.1 Anreize, das Fach HW zu belegen und zu unterrichten ................................. 17<br />
7 Fazit ..................................................................................................................... 19<br />
8 Anhang ................................................................................................................ 20<br />
In der Arbeit benutzte Abkürzungen<br />
HW Hauswirtschaft<br />
KSBLA Kreisschule Biberist Lohn-Ammansegg<br />
KNHW Kantonale Netzwerkgruppe Hauswirtschaft<br />
LP Lehrperson<br />
Sch Schülerinnen und Schüler<br />
SL Schulleitung<br />
STV Stellvertreterin
Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
Vorbemerkung: In der vorliegenden Arbeit verwende ich vorwiegend die weibliche Form.<br />
Es sind aber immer beide Geschlechter angesprochen.<br />
1 Einleitung<br />
Zuerst möchte ich meinen persönlichen Hintergrund aufzeigen.<br />
Seit 2004 bin ich bei der Gemeinde Biberist angestellt als Fachlehrerin für Hauswirtschaft<br />
und Sport an der Kreisschule Biberist Lohn-Ammansegg (KSBLA).Gleichzeitig<br />
ist die Kantonale Netzwerkgruppe Hauswirtschaft (KNHW) gegründet worden 1 . Der<br />
Hauswirtschaftslehrerinnenverein hat sich vor ein paar Jahren mit den Sekundarlehrpersonen<br />
zusammengeschlossen, einer Fraktion des Verbands Lehrerinnen und<br />
Lehrer Solothurn <strong>LSO</strong>.<br />
In dieser Fraktion haben wir HW-Lehrerinnen Einsitz.<br />
Wir haben dieses Netzwerk aufgebaut, damit die einsitzende Person eine Stütze hat.<br />
Seit zwei Jahren bin ich nebst der Regionalgruppenleiterin (Wasseramt) auch Kantonalvertreterin.<br />
Eine der Aufgaben der Regionalgruppenleiterinnen ist die Unterstützung der HW-<br />
Lehrerinnen bei der Suche einer Stellvertreterin (STV). Wenn eine HW-Lehrerin<br />
eine STV sucht, erhalten wir per Mail die Ausschreibung, welche wir dann an alle<br />
HW-Lehrerinnen im Kanton – und z. T. auch an andere Kantonalvertreterinnen –<br />
weiterleiten. Somit weiss ich ziemlich gut Bescheid, wie oft in unserem Kanton eine<br />
STV gesucht wird und wie schwierig es ist, auf diesem Gebiet eine ausgebildete<br />
Fachkraft zu finden. Dieses Problem besteht laut Aussagen der Kantonalvertreterinnen<br />
HW auch in anderen Kantonen.<br />
Vor zwei Jahren wollte ich unbezahlten Urlaub nehmen, ohne zu kündigen. Die Bedingung<br />
der Schulleitung (SL) war, dass ich eine STV finde – ich fand aber keine.<br />
In verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften erscheinen jedes Jahr zwischen<br />
Frühling und Sommer Artikel über den Lehrermangel allgemein; die HW-Lehrerin<br />
wird da –wenn überhaupt – nur in Fachzeitschriften erwähnt. 2<br />
Mit dieser Arbeit möchte ich folgende Fragen beantworten:<br />
Braucht es die HW an der Volksschule? Sind HW-Lektionen berechtigt<br />
oder könnte man sie auch streichen? Stellenwert<br />
Was sind mögliche Gründe für diesen spezifischen Lehrermangel?<br />
Kann jemand etwas dagegen tun? Wenn ja: was und wie?<br />
Welche Massnahmen sind realisierbar und müssen ergriffen werden?<br />
Welche Zukunftsaussichten haben das Fach HW und die Fachlehrperson?<br />
1 www.lso.ch Fraktionen Sekundarlehrpersonen Hauswirtschaft<br />
2 NZZ, 07.11.2009, „Schulleiter besorgt über Lehrermangel“; Bildung Schweiz, 2/2009 „Der Arbeitsmarkt<br />
zwischen Schwemme und Dürre“<br />
<strong>Diplomarbeit</strong> Feusi Bildungszentrum <strong>Yvonne</strong> <strong>Stampfli</strong> Seite 1 von 20
Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
Wenn ich vom Mangel an HW-Lehrerinnen schreibe, bezieht sich dies auf die ganze<br />
Deutschschweiz. Allerdings kämpfen nicht alle Kantone gleich stark um Fachkräfte:<br />
Einige Kantone haben die Lektionenzahl vermindert.<br />
In speziellen Themenbereichen werde ich auf die Lage in meinem Kanton (SO) oder<br />
meiner Gemeinde (Biberist) resp. Schule (KSBLA) eingehen.<br />
Zum Schluss ein paar Fakten.<br />
Im Kanton Solothurn haben 10% der HW-Lehrerinnen keine Ausbildung im Fach<br />
HW. 3 An der Pädagogische Hochschule FHNW (Fachhochschule Nordwestschweiz<br />
für die Kantone AG, SO, BL, BS) sind zurzeit 499 Studierende zum Lehrer Sekundarstufe<br />
1 gemeldet. Davon belegen 6 Studierende in Aarau und 32 in Basel das<br />
Fach HW. 4 Das heisst: Momentan sollten 38 Studierende vier Kantone abdecken,<br />
sie werden aber kaum ein grosses HW-Pensum unterrichten.<br />
2 Bedeutung der Bildungsqualität für die Schweizer Volkswirtschaft<br />
Die Schweiz hat keine Ressourcen wie Erze oder Erdöl wie beispielsweise Lybien (Öl)<br />
oder Australien (Erze) und muss sich daher in einem anderen Sektor etablieren und<br />
profilieren. Dies hat sie auch geschafft: Sie hat sich im Tertiärsektor (Dienstleistungssektor)<br />
eingeordnet. Das heisst: Unsere Bildungsqualität muss ein Know-how bieten,<br />
das uns in diesem Sektor Konkurrenzvorteile bringt. Mit dem<br />
dualen System – also einer Ausbildung, die auf Praxis und begleitender schulischer<br />
Ausbildung beruht – haben wir uns diese Vorteile erarbeitet.<br />
Für unsere Politik und Wirtschaft sollte dies bedeuten, dass wir in unsere Bildung<br />
investieren und uns situativ anpassen. Somit ist es wichtig, dass unsere Kinder fachgerecht<br />
ausgebildet werden und ein Basiswissen erlangen, damit sie anschliessend<br />
ihren eigenen Weg im Berufsleben einschlagen können, und dass sie motiviert bleiben,<br />
um weiterzulernen. Dies bedeutet wiederum, dass die Betreuer der Lernenden<br />
die erforderlichen Kompetenzen besitzen und den Unterricht engagiert und seriös<br />
vorbereiten, durchführen und bewerten. Ziel ist es, dass sie auf die Lernenden individuell<br />
eingehen, sie unterstützen, fördern, fordern und dazu bringen, sich zu motivieren.<br />
Um dieser Verantwortung nachzukommen und diese 'Pflichten' zu erfüllen, braucht<br />
es Rahmenbedingungen.<br />
Wenn die Jugendlichen von ausgebildeten Pädagogen geschult werden, so haben<br />
sie wahrscheinlich auch die Basis, auf der die Wirtschaft weiter aufbauen kann.<br />
Ansonsten müsste die Wirtschaft zuerst schulische Defizite ausgleichen, um die<br />
Jugendlichen abzuholen, nicht zu überfordern und zu demotivieren. 5<br />
3 Ursula von Burg, Sachbearbeiterin, Amt für Volksschule und Kindergarten (AVK), Ansprechperson<br />
für Hauswirtschaftslehrerinnen<br />
4 laut Aussage von B. Hiestand, Dezentrale Kanzlei Aarau, FHNW<br />
5 SZ, 17.10.2009, „Das geteilte Volk und die Schulreform“<br />
<strong>Diplomarbeit</strong> Feusi Bildungszentrum <strong>Yvonne</strong> <strong>Stampfli</strong> Seite 2 von 20
Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
3 Hauswirtschaft<br />
Das Fach HW ist in vielerlei Hinsicht ein spezielles: Es bietet nicht nur Theorie wie<br />
beispielsweise Mathematik, sondern verbindet Theoretisches mit Praktischem. Während<br />
des Vermittlungsprozesses erwerben die Schüler nicht nur Wissen, sondern<br />
erlernen auch Verhaltensmuster – z. B.: Wie und wo verwende ich Haushaltpapier?<br />
Wie gehe ich mit Essensresten um? Wo und was kaufe ich ein?<br />
Bei der Beschäftigung mit Themen wie Gesundheitslehre, Ökologie, Hygiene, Wohnen,<br />
Budgetplanung, Kochen, nachhaltiges konsumieren etc. lernen die Jugendlichen<br />
sich selbst besser kennen, indem sie Verantwortung für ihr Handeln übernehmen<br />
müssen; sie hinterfragen vielleicht einen Teil ihres Wertesystems und entwickeln so<br />
ihre Persönlichkeit weiter. Das selbständige Arbeiten in der Küche, die Zusammenarbeit<br />
in der Gruppe, das Miteinander-am-Tisch-Essen und das gemeinsame Aufräumen<br />
und Reinigen eignen sich bestens, Selbstwert sowie Sozialkompetenz zu<br />
fördern.<br />
Schülerinnen und Schüler, die thematisch-intellektuell eher schwach sind, können<br />
sich vielleicht im Praktischen profilieren und damit ihr Selbstvertrauen stärken.<br />
Der Lehrplan des Kantons Solothurn 6 gesteht der Lehrkraft viele Freiheiten zu. Es<br />
ist ihr überlassen, welche Themen sie auswählt und mit welchen Lernzielen sie die<br />
Schwerpunkte setzt (Um alle Themen zu behandeln, ist die Lektionenzahl zu gering).<br />
Im Vergleich zu anderen Fächern haben die HW-Lehrerinnen damit einen Vorteil:<br />
Sie sind nicht dem Druck ausgesetzt, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt alle Lernziele<br />
thematisiert und erfüllt zu haben, sondern können die Themen und Lerninhalte<br />
selber gewichten und so auch auf Schülerinteressen eingehen. Das kann sich allerdings<br />
nachteilig auf Effizienz und Qualität des Unterrichts und somit auch auf das<br />
Image des Faches auswirken.<br />
Die Gesellschaft entwickelt sich laufend und mit ihr auch die HW. Früher war die<br />
Kochschule das zentrale Thema. Heute ist der Stellenwert des Kochens kleiner.<br />
Veränderungen dieser Art muss die HW Rechnung tragen und sich anpassen. So<br />
sind Gesellschaftsprobleme wie Übergewicht, Jugendverschuldung, Konsumverhalten<br />
etc. vertiefter zu behandeln und stärker zu gewichten. Die "Kochschule" gehört<br />
der Vergangenheit an. Deren Stelle nimmt heute die HW ein.<br />
Im Kanton Solothurn ist das Fach HW für Mädchen und Knaben obligatorisch. Je<br />
nach Stufe variiert die Zahl der Lektionen, die auf die drei Oberstufenjahre verteilt<br />
sind. Eine Kleinklasse hat 10 Lektionen; Oberschule, Sekundarschule und Bezirksschule<br />
haben je 6 Lektionen; die Kantonsschule hat 3 Lektionen. Der Unterricht findet<br />
in Halbklassen statt.<br />
6 www.avk.so.ch Lehrplan Hauswirtschaft 1992<br />
<strong>Diplomarbeit</strong> Feusi Bildungszentrum <strong>Yvonne</strong> <strong>Stampfli</strong> Seite 3 von 20
Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
Die folgende Tabelle zeigt den allgemeinen Stoffplan von Biberist für ein Schuljahr<br />
auf. 7 Je nach Niveau und Klasse werden die Schwerpunkte und Lernziele<br />
anders gesetzt.<br />
Modell (Biberist) 7. Klasse 9. Klasse<br />
Unterrichtszeit,<br />
Lektionenzahl<br />
und Semester<br />
Unterrichtsthemen<br />
8.55–12.25h (4 Lektionen à 45 Min)<br />
wöchentlich<br />
zwei Semester<br />
1. Semester Einführung allgemein in die<br />
HW<br />
Zubereitungsarten<br />
Arbeitsplatzgestaltung<br />
Kochkunde<br />
Nahrungsmittelkunde<br />
Hygiene, Aufräumen<br />
Ökologie<br />
Traditionen, Sitten (Weihnach<br />
ten)<br />
Der Schwerpunkt liegt in der Kochpraxis.<br />
Wir sind verpflichtet, die Schüler mit<br />
einer vollständigen Mahlzeit zu verpflegen.<br />
2. Semester Ernährungslehre (Nahrungs<br />
mittelpyramide)<br />
Menuplanung<br />
selbständiges Arbeiten<br />
Zubereitungsarten<br />
13.30–16.55h (4 Lektionen à 45 Min)<br />
wöchentlich<br />
ein Semester<br />
Budget<br />
Wohnen, Wäschepflege<br />
Gesundheitslehre<br />
Ernährungslehre<br />
(Ernährungsformen)<br />
Ökologie<br />
kritisch konsumieren<br />
selbständiges Arbeiten<br />
Teamarbeit<br />
Pflanzenpflege<br />
Kochkunde<br />
Nahrungsmittelkunde<br />
Menuplanung<br />
Arbeitsplatzgestaltung<br />
Der Schwerpunkt liegt nicht in der<br />
Küche. Es muss keine Verpflegung<br />
stattfinden, zumindest keine vollständige<br />
(vgl. Abschnitt 4.3 Stellenwert).<br />
Budget<br />
wöchentlich je Schüler 7 Franken 9 Franken<br />
In den einzelnen Kantonen variiert die Anzahl der Lektionen. Das Modell (Aufteilung<br />
der Wochenlektionen, z. B. bei der 9. Klasse 4/2-Lektionen- oder 4/0-Lektionen-<br />
Modell) unterscheidet sich sogar von Schule zu Schule.<br />
3.1 Dienstauftrag<br />
Eine HW-Lehrerin hat den Dienstauftrag einer allgemeinen LP: 8 Unterrichten; Erziehen;<br />
Gestaltung des Schullebens; Zusammenarbeit mit Eltern, Aufsichtsbehörden;<br />
Schulentwicklung; Fortbildung; Aufgaben im Bereich Schule.<br />
7 Stoffplan 7. und 9. Klasse KSBLA, je nach Stufe und Klasse werden die Lernziele angepasst und<br />
können variieren<br />
<strong>Diplomarbeit</strong> Feusi Bildungszentrum <strong>Yvonne</strong> <strong>Stampfli</strong> Seite 4 von 20
Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
Zusätzlich hat die HW-Lehrerin die Verantwortung für die Küche und alle anderen<br />
Räume (Waschküche, Theoriezimmer, evtl. Garten) sowie für das Jahresbudget<br />
und die Einkäufe der Nahrungsmittel und der Nonfood-Artikel.<br />
Wie in vielen anderen Bereichen ist auch in der Schule der administrative Bereich<br />
grösser geworden. Die Schulleitung hat inzwischen viele Aufgaben übernommen,<br />
vor allem im koordinativen Bereich. Es bleibt jedoch immer noch genug bei der LP. 9<br />
3.2 Image<br />
Unser Beruf war und ist noch immer ein Frauenberuf. Wir arbeiten in Halbklassen, da<br />
das praktische Arbeiten die Aufsicht und Übersicht<br />
erschwert. Dass wir ein "Sonderfall" sind, zeigt sich auch in der Lohneinstufung.<br />
Wir sind generell die einzigen Oberstufenlehrpersonen, die nicht in der Lohnklasse<br />
SEK 1 eingestuft sind. Je nach Aus- und Weiterbildung ist noch ein Teil der Werklehrpersonen<br />
in unserer Lohnstufe.<br />
Die HW als Fach kämpft immer wieder um ihre Lektionen und ihre Berechtigung in<br />
der Volksschule. Viele wissen nicht, was der HW-Unterricht beinhaltet und haben<br />
wenig Ahnung, wie in etwa Inhalt und Ablauf aussehen. Für manche ist HW nach<br />
wie vor gleichbedeutend mit "Kochschule": Da wird gekocht und gegessen. Fälschlicherweise<br />
meinen einige auch, Kleiderflicken und Häkeln seien integriert.<br />
Wie schon in der Einleitung erwähnt, entwickelt sich die Gesellschaft und damit auch<br />
die Lebens- und Alltagsgestaltung rasant. Dies gilt es im HW-Unterricht zu berücksichtigen.<br />
Das bedeutet, dass die Lehrpläne anzupassen sind und die HW-Lehrerinnen<br />
umdenken müssen. Dass dies nicht immer und sofort geschieht, ist verständlich.<br />
Wie im 3. Kapitel erwähnt, hat die HW-Lehrerin einen grossen Freiraum in der Umsetzung<br />
des Lehrplans und kann mit ihrer Werthaltung den Unterricht beeinflussen.<br />
Ein kleines Beispiel dazu: Es macht einen Unterschied, ob die HW-Lehrerin das<br />
Fleisch bei einem Grossverteiler oder einem Metzger einkauft.<br />
3.2.1 Image schulintern<br />
Selbst viele Lehrpersonen wissen nicht, was wir in der HW behandeln und welche<br />
Schwerpunkte wir setzen. Auch hier gibt es solche, die meinen, es sei nur eine<br />
"Kochschule" und Kochen könne man auch zu Hause oder alleine lernen.<br />
Die HW ist in vielen Schulhäusern nicht beliebt. Dies hat verschiedene Gründe:<br />
HW ist kein Promotionsfach (die HW-Note zählt nicht zum Notendurchschnitt)<br />
und aus diesem Grund auch nicht relevant für die Klassenlehrpersonen.<br />
Nachtrag: Mit der Einführung SEK 1 Reform gilt das Fach HW als erweitertes<br />
Promotionsfach.<br />
8 Gesamtarbeitsvertrag (GAV) Kanton Solothurn, 1. Januar 2005, ab S. 124 Artikel 340 ff.<br />
9 „Stellenbeschreibung Schulleitung“<br />
<strong>Diplomarbeit</strong> Feusi Bildungszentrum <strong>Yvonne</strong> <strong>Stampfli</strong> Seite 5 von 20
Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
Die Schulküche ist oft nicht im Hauptschulgebäude. Das bedeutet, dass die<br />
HW-Lehrerin die Klassenlehrpersonen nicht so viel oder gar nicht sieht, was<br />
der Zusammenarbeit untereinander schadet. Dabei wäre dies wichtig, damit<br />
wir alle in die gleiche Richtung steuern. Der Informationsfluss ist also nicht<br />
immer gewährleistet, obwohl heutzutage viel über Mails vermittelt wird.<br />
Das Fach HW unterrichten ausschliesslich Frauen, was bei manchen auf<br />
Irritation stösst: "Die Hausfrauen!"<br />
Grundsätzlich ist der Lehrerberuf nicht der gleiche wie vor 20 Jahren. In der<br />
heutigen Zeit ist viel mehr abzusprechen und zu koordinieren, als dies noch<br />
vor ein paar Jahren der Fall war. Das Fachdenken wird vom übergreifenden<br />
Fächerdenken abgelöst. Der Einzelkämpfer (Lehrer) wird zum Teamplayer.<br />
Diese Veränderung geht auch an einer HW-Lehrerin nicht spurlos vorbei.<br />
Mit der "alten" Ausbildung ist die HW-Lehrerin entweder Monofachlehrerin<br />
oder hat mit einem weiteren Fach wie z. B. Werken ein Doppelpatent. Sie ist<br />
also eine Fachlehrperson, die (fast) ausschliesslich "nur" HW unterrichtet. Sobald<br />
man zwei verschiedene Fächer unterrichtet, erhält man ein anderes Bild<br />
und die Teamarbeit<br />
mit anderen Lehrpersonen verstärkt sich. Die Fachlehrkräfte haben sich in<br />
der Vergangenheit etwas abgeschottet und einfach für ihr Fach und ihren<br />
Unterricht gesorgt. Mit neuen Reformen und Schulmodellen ist die Arbeit für<br />
und um die Schule aufwändiger geworden, auch für die HW-Lehrerin. Fachlehrpersonen<br />
können nicht mehr nur für ihren Teil Verantwortung übernehmen,<br />
sondern haben die ganze schulische Entwicklung zu berücksichtigen.<br />
Lehrpersonen beziehen die HW-Lehrerin ein, wenn z. B. ein Apéro zu organisieren<br />
ist. Dies kann zu Spannungen führen. Die Lehrerschaft allgemein muss umdenken,<br />
denn für die Schule und die Jugendlichen ist das ganze Team verantwortlich. Damit<br />
dies funktioniert, braucht es von allen Seiten einen Beitrag.<br />
3.2.2 Image in der Gemeinde<br />
Der Gemeinde verursacht das Fach HW respektable Kosten. Biberist hat für die<br />
Nahrungsmittelkosten im Kalenderjahr 2009 rund 410'300 Franken ausgegeben.<br />
Hinzu kommen Unterhaltskosten für die verschiedenen Räume (Küche, Waschraum,<br />
Garten) und Neuanschaffungen und schliesslich noch ca. 250 Stellenprozente für die<br />
Angestellten. Mit der SEK-1-Reform wird der Unterricht der 9. Klasse wöchentlich in<br />
2 Lektionen durchgeführt. Die Gemeinde spart mit diesem Modell Geld.<br />
Der Kanton Zürich hat im Jahr 2004 das Fach HW aus der Stundentafel gestrichen,<br />
um Geld sparen zu können. Nach knapp 5 Jahren hat er den HW-Unterricht wieder<br />
eingeführt – mit einem Budget von 9 bis 10 Millionen Franken: Man musste wieder<br />
<strong>Diplomarbeit</strong> Feusi Bildungszentrum <strong>Yvonne</strong> <strong>Stampfli</strong> Seite 6 von 20
Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
Räume einrichten, Inventar beschaffen, Personal einstellen… 10 Neustens diskutiert<br />
man bereits wieder über die Abschaffung der HW-Lektionen. 11<br />
3.2.3 Marketing der Konsumindustrie<br />
Die Konsumindustrie verdient viel Geld und gibt viel Geld aus für das Marketing in<br />
der Schweiz und im Ausland. Die Firmen sind daran interessiert, dass man ihre<br />
Convenience-Produkte 12 kauft, und informieren fleissig darüber, was für die Gesundheit<br />
gut wie auch schlecht ist. In der HW hinterfragen wir solche Produkte und Informationen.<br />
Wir bereiten unsere Gerichte aus möglichst frischen saisonalen Produkten<br />
zu, was zum Beispiel den Absichten einer Nestlé widerspricht. So sind wir quasi das<br />
Gegenstück der „modernen“ Ernährung.<br />
Gleiches gilt für andere Industriebereiche, beispielsweise für Reinigungsmittel im<br />
Haushalt. Für Produkte aus purer giftiger Chemie, die kostspielig und für die Umwelt<br />
problematisch sind, gibt es Alternativen auf Naturbasis.<br />
4 Veränderungen in der Zeit<br />
In den letzten Jahren hat sich mit all den Reformen vieles verändert – auch für die<br />
HW. Die Zukunft bringt sicher weitere Veränderungen. Zurzeit stehen zwei grosse<br />
Schweizer Projekte an: „Harmos“ 13 und „Lehrplan 21“ 14 . Kantonal haben wir im<br />
Sommer 2009 mit der SEK-1-Reform begonnen: Die Schüler der aktuell 5. Klasse<br />
sind „die Piloten“; sie durchlaufen das neue Übertrittsverfahren und beginnen 2011<br />
bei uns auf der Oberstufe.<br />
10 SZ 20.10.2009, „Gemeine Gemeinden“, NZZ, 09.06.2009, „Teure Sparmassnahme“<br />
11 Laut Aussage von Regina Hartmann, HW-Lehrerin, Kontaktperson für den Kanton Zürich<br />
12 Halbfertig- und Fertigprodukte (bequemes Essen = Conveniencefood)<br />
13 Weitere Informationen zu diesem Projekt unter www.lehrplan.ch<br />
14 Weitere Informationen zu diesem Projekt unter www.lehrplan.ch<br />
<strong>Diplomarbeit</strong> Feusi Bildungszentrum <strong>Yvonne</strong> <strong>Stampfli</strong> Seite 7 von 20
Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
4.1 Ausbildungsweg<br />
In der folgenden Tabelle stellt den aktuellen Ausbildungsgang jenem vor 10 Jahren<br />
gegenüber.<br />
vor 10 Jahren heute 15<br />
HW-Lehrerin (evtl. mit Zusatzpatent)<br />
– 9 Jahre Volksschule<br />
– Haushaltslehrjahr oder mindestens 6 Wochen<br />
Praktikum in einem Hausalt<br />
– Aufnahmeprüfung für das Hauswirtschaftslehrerinnenseminar<br />
(je nach Seminar konnte man<br />
in den letzten Jahren Zusatzpatente erlangen<br />
wie z. B. Werken, Turnen, Bildnerisches Gestalten,<br />
Religion)<br />
– 3 bis 5 Jahre Seminar<br />
(meistens in einer Klosterschule)<br />
4.2 Lehrplan<br />
SEK-1-Lehrerin mit Abschluss<br />
von 3 bis 4 Fächern, u. a. HW<br />
– Maturitätsabschluss<br />
– Pädagogische Fachhochschule Nordwestschweiz<br />
(PH FHNW), ab 9 Semester 16<br />
Unter anderen Fächer kann HW gewählt werden.<br />
Die Ausbildung findet in Modulen statt.<br />
Es liegt am Lernenden, wie lange die Ausbildung<br />
dauert. 17<br />
Der ganze Studiengang beträgt 270 ECTS<br />
(European Credit Transfer System) davon<br />
umfassen 23 ECTS das Fachwissen. 18<br />
Es ist kein Praktikum notwendig; im ersten Semester<br />
gibt es eine allgemeine Eignungsabklärung<br />
zum Lehrer.<br />
Mit den schrumpfenden Lektionen und der Modernisierung des Haushaltführens hat<br />
sich auch der Lehrplan verändert. 19 Vor 30 Jahren gehörten Themen wie Babypflege,<br />
Matratzeninhalte, Porzellanherstellung, Bürsten-Arten, Küchenböden etc. zum Inhalt<br />
der HW. Anstelle dieser Themen behandelt man heute beispielsweise das Konsumund/oder<br />
Ernährungsverhalten (vgl. Stoffplan in der Tabelle Seite 4).<br />
4.3 Stellenwert<br />
Gehen die Kinder mittags nach Hause, steht oftmals kein Essen auf dem Tisch, und<br />
nachmittags nach der Schule sind viele Kinder allein zuhause oder hängen im Dorf<br />
herum. Solche und andere gesellschaftlichen Entwicklungen und Veränderungen<br />
wirken sich auf die Schule resp. auf die Lehrpersonen und besonders auf den HW-<br />
Bereich aus. Um vom geschilderten Beispiel auszugehen, erhalten das Ess- resp.<br />
das Konsumverhalten und das Kochen einen höheren Stellenwert.<br />
4.3.1 Veränderungen und die daraus abgeleiteten Lernziele<br />
Die folgende Tabelle nennt zentrale Themenbereiche, die sich verändert haben, und<br />
listet daraus resultierende Lernziele auf.<br />
15 Weitere Informationen unter www.berufsberatung.ch<br />
16 Diese Information ist ohne Gewähr, Ruth Andrist, Institut Sekundarstufe 1, Aarau, FHNW<br />
17 Weitere Informationen unter www.fhnw.ch/ph. Die PH ist neu und die Auskunftsstelle nicht gut<br />
informiert: Auf gleiche Fragen erhält man vereinzelt andere Antworten (Angaben ohne Gewähr)<br />
18 Weitere Informationen unter Bachelor- und Master-Studienführer, Pädagogische Hochschule<br />
2009/2010, ab S. 96<br />
19 Lehrplan von 1891/92 im Vergleich zum aktuellen Lehrplan unter www.avk.so<br />
<strong>Diplomarbeit</strong> Feusi Bildungszentrum <strong>Yvonne</strong> <strong>Stampfli</strong> Seite 8 von 20
Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
Fachwissen<br />
traditioneller Stellenwert jetziger Stellenwert daraus abgeleitete Lernziele<br />
Nahrungsmittelkunde (z. B. die Kartoffel)<br />
Produktion, Erntezeit,<br />
Lagerung, Haltbarkeit;<br />
Sorten (Kocheigenschaften);<br />
Zubereitung für Gerichte<br />
Kochen<br />
Alle Produkte frisch zubereiten<br />
oder die Ernte aus dem<br />
Garten konservieren<br />
Einkaufen<br />
Selbstversorgung,<br />
Fachgeschäfte (was, wann,<br />
wo erhältlich)<br />
Nahrungsmittelinformationen<br />
auf der Verpackung lesen;<br />
Rezept suchen und zubereiten<br />
Convenience-Produkte erhältlich,<br />
warum also noch mit<br />
frischen Produkten kochen?<br />
Es ist fast alles immer und<br />
überall erhältlich: Überflutung<br />
von Produkten, Auswahlkriterien,<br />
Einkaufsgeschäft<br />
auswählen, Budget<br />
Nahrungsmittelverpackung<br />
lesen und verstehen<br />
Kritisches Hinterfragen der<br />
Informationen, Hintergrundinformationen<br />
beschaffen<br />
(z. B. E-Nummern, Fachausdrücke,<br />
Label)<br />
Umgang mit Convenience-<br />
Produkten (pro/contra), Preis<br />
und Haushaltsbudget, Zeit,<br />
Inhaltsstoffe, Allergien,<br />
E-Nummern, ausgewogene<br />
Ernährung, Ökologie…<br />
Auf mögliche Gefahren und<br />
Auswirkungen hinweisen<br />
Einkaufsquellen vergleichen<br />
Produkt hinterfragen (pro/contra:<br />
Preis, Nutzen, Inhaltsstoffe, Verpackung,<br />
Entsorgung, Herkunft,<br />
Produktion…)<br />
Verpackungsinfos verstehen<br />
Saisonnahrungsmittel<br />
Wäschepflege<br />
Textilkunde, Kleiderpflege,<br />
Waschmittel (vor allem<br />
natürliche, keine grosse<br />
Auswahl)<br />
Essgewohnheiten<br />
Man isst, was man hat,<br />
Fett und Zucker sind<br />
Delikatessen und nicht<br />
immer verfügbar, täglich<br />
körperliche Betätigung<br />
Etikette lesen und verstehen,<br />
Wäsche sortieren,<br />
Waschmittelverpackung lesen<br />
und verstehen,<br />
Waschmaschine bedienen,<br />
evtl. Bügeln<br />
Fett und Zucker immer zur<br />
Verfügung, täglicher Verzehr,<br />
weniger körperliche Betätigung,<br />
Einnahme von Convenience<br />
und Süssgetränken, Fastfood<br />
Etikette lesen und verstehen und<br />
die Wäsche sortieren<br />
Waschmaschine bedienen<br />
Waschmittel miteinander vergleichen:<br />
Inhaltsstoffe, Ökologie,<br />
Preis, Vor- und Nachteile (Auswahlkriterien)<br />
Inhaltsstoffe verstehen<br />
Ausgewogene, abwechslungsreiche<br />
und angepasste Ernährung<br />
Nahrungsmittelallergien und<br />
Unverträglichkeiten<br />
Kritisches Hinterfragen der<br />
eigenen Essgewohnheit und<br />
diese optimieren<br />
Essstörungen (Übergewicht,<br />
Magersucht)<br />
Produkte (z. B. Redbull) hinterfragen,<br />
Inhaltsstoffe und deren<br />
Wirkung kennenlernen<br />
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Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
Fachwissen<br />
traditioneller Stellenwert jetziger Stellenwert daraus abgeleitete Lernziele<br />
Gesundheit<br />
Wenig bis gar nichts Künstliches<br />
(Nahrungsmittel, Medikamente,<br />
Umweltverschmutzung,…),<br />
tägliche körperliche<br />
Betätigung, Zeit<br />
Umgang mit Geld<br />
Eher sparsam, man hatte<br />
nicht viel (Überblick besser),<br />
weniger Anreize<br />
Ernährung, Bewegung,<br />
Umgang mit Stresssituationen/Leistungsdruck,<br />
natürliche Heilmittel,<br />
Sucht, Ökologie<br />
Verschuldung, Werbung,<br />
Überflutung durch Angebote;<br />
Motto: man muss immer alles<br />
und das Neuste haben<br />
Umgang mit dem Körper<br />
hinterfragen und optimieren<br />
Umgang mit pflanzlicher Medizin<br />
(z.B. Kartoffelwickel, Tee,<br />
Kompressen,…)<br />
Suchtprävention (Essen,<br />
Alkohol, Einkaufen)<br />
Umgang mit Geld und Budget,<br />
Jugendverschuldung, Budgetplanung<br />
Eigenes Kaufverhalten hinterfragen<br />
(Bedürfnis, Nutzen,<br />
Prioritäten, Verzicht…)<br />
Kritisches Hinterfragen von Werbung/Produkt/Angebot/Dienstleistung<br />
Es gibt noch weitere Themenbereiche, die sich verändert haben. Nebst fachlichen<br />
muss die Schule ja auch soziale Kompetenzen vermitteln. Diesbezügliche Lernziele<br />
– z. B. das Verhalten am gemeinsamen Mittagstisch, die Rücksichtnahme auf die<br />
Mitschüler, die Zusammenarbeit in der Gruppe – sind in der obigen Tabelle nicht<br />
aufgeführt.<br />
4.3.2 Verändertes Hauswirtschaftslehrpersonen-Profil<br />
Die Inhalte im Fach HW verändern sich laufend und müssen neu gewichtet werden.<br />
Es gibt neue Lehrmittel, neue Lehrpläne etc. Wichtig ist aber vor allem, dass die LP<br />
gesellschaftliche Veränderungen wahrnimmt und fortlaufend ihre Werthaltung überdenkt.<br />
HW-Lehrerinnen vermitteln Werthaltungen: Sortieren wir den Abfall? Kaufen<br />
wir saisonale Produkte ein? Versuchen wir uns umweltbewusst zu verhalten? Was<br />
machen wir mit Nahrungsmittelresten?<br />
Das Weitergeben von Werthaltungen ist eine spezielle Herausforderung, deren sich<br />
HW-Lehrerinnen bewusst sein müssen. Entsprechend wird auch verlangt, dass sie<br />
sich den gegebenen Verhältnissen anpassen.<br />
4.4 Image<br />
Wie im oberen Abschnitt beschrieben, hat sich im Bereich Haushalt viel verändert.<br />
Früher war unbestritten, dass Frauen die Haushaltführung lernen und ausführen.<br />
Wahrscheinlich konnten sie nicht genug davon wissen und lernen. Heute kann jede<br />
Person einen Haushalt führen; denn vieles ist einfacher geworden. Beispielsweise<br />
gibt es inzwischen Kleider, die nicht mehr gebügelt werden müssen und knitterfrei<br />
<strong>Diplomarbeit</strong> Feusi Bildungszentrum <strong>Yvonne</strong> <strong>Stampfli</strong> Seite 10 von 20
Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
sind. Dessen ungeachtet stehen ausreichend Dienstleistungsangebote zur Verfügung,<br />
die Arbeiten übernehmen oder erleichtern. Auch mangelt es nicht an weiterhelfenden<br />
Produkteinformationen.<br />
Das Image der Hausfrauen ist gering und somit wahrscheinlich auch das der HW.<br />
Einen Haushalt kann man mit wenig Aufwand und Wissen führen. Die Nahrungsmittelkonzerne<br />
vereinfachen mit ihren Produkten die Ernährung – schliesslich ist<br />
die Zeit ja überall knapp.<br />
Die Nahrungsmittelindustrie braucht keine HW. Sie liefert mit den Deklarationen<br />
auf den Verpackungen und mit der Werbung die nötigen Informationen.<br />
Es ist zu vermuten, dass die HW auch gering geschätzt wird, weil ein zeitgerechter<br />
(moderner) Stoffplan den Konsum (das Konsumieren) nicht fördert – also vermeintlich<br />
gegen Wirtschaft und liberale Politik gerichtet ist.<br />
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Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
5 Mögliche Gründe für den Mangel an HW-Lehrerinnen<br />
Für meine Arbeit habe ich per Mail einen Fragebogen an die HW-Lehrerinnen im<br />
Kanton gesandt. 20 Vorweg drei Kernergebnisse:<br />
Beruf wiederwählen<br />
anderer Beruf<br />
wählen<br />
Grafik 1: Anteil der HW-Lehrerinnen, die den Beruf wieder ergreifen würden<br />
Monofachlehrerin<br />
Fachgruppenlehrerin<br />
Grafik 2: Anteile der Monofach- bzw. als Fachgruppenlehrerinnen<br />
unter 10 Jahre im Beruf<br />
länger als 10 Jahre im Beruf<br />
Grafik 3: Anteile HW-Lehrerinnen, die weniger bzw. mehr als 10 Jahre berufstätig sind<br />
20 Fragebogen zum Thema „Mangel an Hauswirtschaftslehrpersonen“<br />
<strong>Diplomarbeit</strong> Feusi Bildungszentrum <strong>Yvonne</strong> <strong>Stampfli</strong> Seite 12 von 20
Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
Berufsvorteile<br />
nebst Stundenplan freie Zeiteinteilung<br />
immer wieder anders, keine Routine<br />
Teamarbeit<br />
Teilzeitarbeit möglich (mit den eigenen<br />
Kindern Ferien)<br />
Theorie und Praxis werden verbunden<br />
viele Freiheiten im Unterricht (Themenfreiheit,<br />
Lehrplan)<br />
Blockunterricht, keine Zwischenstunden<br />
keine offiziellen Elterngespräche<br />
aktuelle Themen können aufgegriffen<br />
werden, grosses Fachgebiet<br />
viele Möglichkeiten, fächerübergreifend<br />
arbeiten zu können<br />
sofortige Zielüberprüfung möglich, z. T.<br />
sichtbare Resultate<br />
kein Leistungsdruck für die Sch<br />
wichtige Ansprechperson für die Sch,<br />
da wir oft ins Gespräch kommen, lernen<br />
wir die Sch anders und besser kennen<br />
als in anderen Fächern<br />
mit den Sch essen<br />
Sch kommen meistens gerne in die HW<br />
Arbeiten mit Jugendlichen<br />
kreative, vielseitige und selbständige<br />
Arbeit<br />
vorbereiten aufs Leben<br />
praktisches Fach, Abwechslung auch<br />
für die Sch<br />
sicherer Arbeitsplatz<br />
ständige persönliche Weiterentwicklung<br />
Fachwissen der HW ist immer brauchbar<br />
guter Verdienst im Vergleich zu anderen<br />
Berufen<br />
bin mein eigener Chef<br />
verschiedene Klassen, Abwechslung<br />
Legende<br />
Sch: Schülerinnen und Schüler<br />
Berufsnachteile<br />
Schulküchen oft nicht im Hauptschulhaus<br />
integriert<br />
grosser administrativer und materieller<br />
Aufwand<br />
verschiedene Standorte für 100% (oft in<br />
einer Gemeinde kein Vollpensum)<br />
Vollzeitarbeit fast nicht möglich, wegen<br />
der zeitaufwändigen Vorbereitung<br />
vorbereitungsintensiv<br />
ständiger Klassenwechsel<br />
schwierige Jugendliche<br />
Aufräumarbeiten mit den Jugendlichen<br />
8 Lektionen am Stück (Anstrengung),<br />
keine „lange“ Mittagspause<br />
immer mehr Sch haben Allergien oder<br />
Nahrungsmittelunverträglichkeiten<br />
mangelnde Wertschätzung der Sch<br />
gegenüber der Umwelt und den Nahrungsmitteln<br />
fehlende Anerkennung von allen Seiten<br />
(LP, SL, Eltern, Gemeinde, Gesellschaft)<br />
Lohn (keine Anpassung an die SEK-1)<br />
Nachqualifikationen und Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
Kein Promotionsfach<br />
Sch und Eltern wollen immer mehr<br />
bestimmen, was im Unterricht geschieht<br />
allgemein wird der Schule immer mehr<br />
aufgeladen (Verantwortung abgeschoben)<br />
Beziehung zu den Jugendlichen nicht<br />
gleich wie zum Klassenlehrer<br />
unsichere Zukunft<br />
immer mehr zusätzliche Aufgaben neben<br />
dem Unterricht (Projekte, Öffentlichkeitsarbeit,<br />
Spezialwochen…)<br />
Sch bringen immer weniger Wissen von<br />
zu Hause mit, man muss mehr erklären<br />
Ess- und Anstandsgewohnheiten der<br />
Sch von zu Hause<br />
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Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
5.1 Sozialprestige / Wertschätzung<br />
Während meiner Ausbildungszeit zur HW-Lehrerin hat meine Grossmutter ihren Besuchern<br />
voller Stolz verkündet: "Mein Grosskind ist in einer Klosterschule und lernt<br />
Hauswirtschaftslehrerin." Alle wussten Bescheid, sie hatte einen Riesenstolz.<br />
Frauen zeichnen sich selten nur noch mit ihrem Haushaltswissen oder mit ihren<br />
Kochkünsten aus.<br />
Die Wertschätzung für „gesundes“ Essen ist gestiegen: Restaurants, die auf dieser<br />
Basis Menus anbieten, boomen. Allerdings ist jeweils auch der Preis entsprechend<br />
hoch. Aber den Leuten ist gesunde Kost den Preis wert.<br />
Weil HW nicht in der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung enthalten ist, ist sie kein<br />
öffentliches Thema – obwohl sie jeden Tag bei allen geschieht.<br />
5.2 Entlöhnung<br />
Die Lehrpersonen und ihre Vereine kämpfen generell um eine Lohnerhöhung. Der<br />
Grundtenor lautet: Unterrichten mit den verschiedenen Sozialstatus und den vielen<br />
Nationalitäten erschwert das Vermitteln und mit dem immer steigenden administrativen<br />
Aufwand wachsen Vor- resp. Nachbereitung und somit der Zeitaufwand für die<br />
Schule. 21<br />
In der ganzen Deutschschweiz gibt es HW-Lehrerinnen. In jedem Kanton ist die Entlöhnung<br />
anders, aber in jedem Kanton verdienen sie weniger als die Fachlehrpersonen.<br />
22<br />
Im Kanton Solothurn sind die HW-Lehrerinnen in der Lohnklasse (LK) 17 eingestuft,<br />
während alle anderen Fachlehrpersonen an der SEK 1 der LK 20 resp. an der Bezirksschule<br />
der LK 21 zugeordnet sind. 23 Diese Missstände fördern die Zusammenarbeit<br />
mit den Lehrerkollegen nicht.<br />
Immerhin steht die Bildungs- und Kulturkommission laut Aussage von Kantonsrat<br />
Andreas Riss 24 voll hinter dem Fach HW; es ist unbestritten.<br />
Die neu an der Pädagogischen Fachhochschule ausgebildeten HW-Lehrerinnen<br />
werden der Lohnstufe der Fachlehrpersonen zugeordnet. Sie haben also keinen<br />
Imageverlust hinzunehmen – im Gegenteil: Mit weniger Fachwissen erhalten sie<br />
eine Aufwertung.<br />
21 Schulblatt AG/SO, 18/2009, „LCH – Lohnforderungen 2010“<br />
22 LCH – FK HW Informationsveranstaltung, 27.10.2007, „Lohneinstufung der<br />
HW-Lehrpersonen“ (Lehrerverein Schweiz, Fraktion Hauswirtschaft)<br />
23 GAV ab Seite 84; siehe im Anhang, Schulblatt AG/SO, 9/2009, „Ist eine HW-Lehrperson eine<br />
SEK-1-Lehrperson?“; Schulblatt AG/SO, 19/2009, „Stufenlohn für Hauswirtschaftslehrerinnen“<br />
24 A. Riss ist Mitglied in der Bildungs. und Kulturkommission (Bikuko), Kantonsrat<br />
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Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
5.3 Ausbildung zur Monofachlehrperson<br />
Das Hauswirtschaftslehrerinnenseminar in Baldegg hat den letzten Studiengang<br />
2004 abgeschlossen. Viele andere Seminare haben schon früher entschieden, den<br />
Lehrgang für HW-Lehrerinnen nicht mehr anzubieten. Das Diplom als HW-Lehrerin<br />
zählt heute grundsätzlich nicht als Abschluss auf Fachhochschulniveau. Laut Aussage<br />
einer Abteilungsleiterin 25 ist das Diplom nicht gleichwertig, weil HW-Lehrerinnen<br />
zwar viel Fachwissen, aber zu wenig Allgemeinbildung (Fremdsprachen) vorweisen<br />
können.<br />
Mit dem Wegfall dieses Lehrgangs gibt es keine Monofachlehrpersonen mehr (siehe<br />
Abschnitt 5.5).<br />
5.4 Weiterbildung – Nachqualifikation eines weiteren Faches<br />
Wer auf oben genanntem Weg (in einem Hauswirtschaftslehrerinnenseminar) HW-<br />
Lehrerin geworden ist (das sind zurzeit noch die meisten), kann nicht prüfungsfrei<br />
an die PH FHNW, um weitere Fächer abzuschliessen. Gefordert wird<br />
ein von der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren<br />
(EDK) anerkanntes Lehrdiplom 26<br />
Dieses Lehrdiplom muss beantragt werden, damit die HW-Lehrerin als<br />
SEK-1-LP anerkannt und zum Studium zugelassen wird. Diesen Antrag<br />
müssen alle Lehrpersonen stellen, die keinen gymnasialen Abschluss<br />
besitzen bzw. keine Fachmaturität Pädagogik absolviert haben.<br />
oder<br />
das Absolvieren und erfolgreiche Bestehen einer Zulassungsprüfung.<br />
Die Nachqualifikation für ein Fach dauert ein Jahr (zwei Halbtage wöchentlich; die<br />
Lohnstufe sollte gemäss AVK jener der Fachgruppenlehrperson entsprechen 27 ).<br />
Generell sind die Weiterbildungsmöglichkeiten für Lehrpersonen begrenzt. Alternativen<br />
bieten sich im Bereich der Schulleitung. Spezifisch für HW-Lehrerinnen bestehen<br />
Alternativen in Gastronomiebetrieben, in hauswirtschaftlichen Bereichen und in Gesundheitsberufen,<br />
wobei Umschulungsinstitutionen die HW-Ausbildung selten anrechnen.<br />
In den meisten Fällen muss eine HW-Lehrerin die ganze Ausbildung<br />
absolvieren, um z. B. als Ernährungsberaterin oder als Koch tätig zu sein.<br />
5.5 Zukunftsaussichten und Lehrkapazitäten<br />
Wer HW-Lehrerin ist, wird vorläufig nicht arbeitslos. Es wird einiges ändern – nicht<br />
nur für die HW-Lehrerinnen, sondern auch für die übrigen Lehrpersonen. Die einzelnen<br />
Fächer und Themen sollen vernetzt unterrichtet werden. Diese Tendenz zeigt<br />
25 Abteilungsleiterin Hauswirtschaftslehrerinnenseminar Baldegg, Schwester Mirjam Schwegler<br />
26 Weitere Informationen unter www.edk.ch/dyn/12924.php und www.edk.ch/dyn/13870.php<br />
27 A. Walter, Amt für Volksschule und Kindergarten (AVK); erforderlich ist Lohnstufe 19 resp. 20<br />
<strong>Diplomarbeit</strong> Feusi Bildungszentrum <strong>Yvonne</strong> <strong>Stampfli</strong> Seite 15 von 20
Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
auch der LP 21. Das bedeutet, dass die Zusammenarbeit mit dem ganzen Kollegenteam<br />
grösser wird.<br />
Die Gefahr besteht darin, dass es zu wenig ausgebildete Fachkräfte hat, um alle<br />
Lektionen abzudecken. Neu ausgebildete HW-Lehrerinnen können 3 bis 4 Fächer<br />
unterrichten – für nur 4 HW-Lektionen ist der Aufwand zu gross; 8 HW-Lektionen<br />
hingegen wären optimal. Die Lehrpersonen wechseln häufig den Arbeitsraum, was<br />
einen Mehraufwand bedeutet. Das Retablieren der Küche z. B. braucht viel Zeit und<br />
muss auf mehrere Lehrpersonen aufgeteilt werden. Eine Monofachlehrperson wäre<br />
aus diesem Grund ideal.<br />
Mit der Fachlehrerausbildung verliert die HW in der Tendenz Lehrkapazität. Dafür<br />
dürfte die Neuausbildung dazu führen, dass vermehrt auch Männer HW unterrichten.<br />
Damit würde der Kapazitätsverlust infolge Schwangerschaftsurlauben mit anschliessenden<br />
Pensenreduktionen gemindert.<br />
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, sind ca. 10% der angestellten HW-Lehrerinnen<br />
im Kanton Solothurn nicht stufengerecht ausgebildet; dies entspricht etwa 10 Personen.<br />
Grafik 3 in Kapitel 5 (Seite 11) zeigt, dass zwei Drittel nicht mehr "Junglehrer"<br />
sind. Was der Kanton für die Zukunft plant oder wie er reagiert, weiss man nicht.<br />
In der Praxis entscheidet heute die SL, wer für eine ausgeschriebene Stelle am<br />
besten geeignet ist – auch wenn die Bewerberin keine entsprechende Qualifikation<br />
besitzt.<br />
Die Lage wird sich in der nahen Zukunft nicht bessern, wie die Zahl neuer HW-<br />
Lehrerinnen zeigt: Der Anteil an jüngeren HW-Lehrerinnen ist kleiner als jener der<br />
älteren. Aktuell sind 38 Lehrpersonen mit HW-Abschluss für 4 Kantone in Ausbildung.<br />
6 Anreize für den Lehrerberuf schaffen<br />
Da die Zeit der Monofachlehrpersonen vorbei ist, was nachvollziehbar ist, muss zuerst<br />
der Lehrerberuf allgemein attraktiver gemacht werden. Das bedeutet:<br />
Der Stellenwert von Lehrpersonen in der Gesellschaft ist aufzuwerten.<br />
Kanton und Gemeinden müssen Lehrpersonen stärker unterstützen;<br />
als Stichworte seien hier Klassengrösse 28 und Sozialpsychologischer<br />
Dienst (SPD) genannt.<br />
Lehrpersonen sollen die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit erhalten bleiben. 29<br />
Weiterbildungs- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten für Lehrpersonen<br />
sind zu erweitern.<br />
28 Die Klassengrösse ist aktuell ein Thema bezüglich der SEK-1-Reform; der überparteiliche Antrag<br />
im Kantonsrat ist auf die Januarsession verschoben worden.<br />
29 SZ, 20.10.2009, "Wir brauchen die Teilzeitlehrer"<br />
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Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
6.1 Anreize, das Fach HW zu belegen und zu unterrichten<br />
Zusammen mit dem Bestreben, den Lehrerberuf grundsätzlich attraktiver zu gestalten,<br />
sind in Bezug auf das Fach HW Anreize zu schaffen, indem<br />
der Stellenwert der HW in der Gesellschaft verbessert wird,<br />
eine Lohnanpassung dahingehend erfolgt, dass HW-Lehrpersonen<br />
mit "alter" Ausbildung nicht weiterhin einen Sonderfall bilden,<br />
die Zusammenarbeit von HW-Lehrpersonen im Lehrerkollegium<br />
intensiviert wird. 30<br />
In der folgenden Tabelle sind mögliche Anreize und Massnahmen zu deren Verwirklichung<br />
präziser aufgeführt.<br />
Anreize schaffen<br />
Stellenwert erhöhen<br />
Die Aufwertung des Fachs HW<br />
führt zu einer höheren Anzahl<br />
HW-Studierender<br />
Promotion<br />
HW ist ein Promotionsfach.<br />
Massnahmen ergreifen<br />
Funktion und Inhalt des Fachs sind zu überdenken mit<br />
dem Ziel, einen neuen, auf die Gesellschaftsprobleme<br />
angepassten Lehrplan zu erstellen. Das Fach HW gewinnt<br />
an Bedeutung, denn Sozial- und Selbstkompetenz<br />
sind heutzutage unentbehrlich.<br />
Bei der Berufswahl soll die HW-Lehrerin mitarbeiten<br />
können. Das heisst: Die Zusammenarbeit mit anderen<br />
Lehrpersonen soll institutionalisiert und die Ratschläge<br />
der HW-Lehrperson sollen beachtet werden.<br />
HW soll als Promotionsfach gelten, damit es für die<br />
Jugendlichen mit anderen Fächern gleichwertig ist.<br />
Attraktiv auch für Männer<br />
HW ist für Mann und Frau. „Kochen“ darf nicht mehr Synonym für die HW sein. 31<br />
Der an die gesellschaftlichen Anforderungen angepasste<br />
Lehrplan ist zu publizieren.<br />
Politik und Wirtschaft<br />
Politik und Wirtschaft sollen<br />
sich ihrer Verantwortung für<br />
die Jugendlichen bewusst sein,<br />
den Nutzen des Faches HW<br />
erkennen und sich für dessen<br />
Durchführung einsetzen.<br />
Der Staat ist für die Volkswirtschaft und ihr Wohlergehen<br />
verantwortlich. Politik und Wirtschaft sorgen durch Unterstützung<br />
der Schulen und speziell mit dem Durchführen<br />
des Faches HW dafür, dass die Sch informiert sind,<br />
z. B. über die Auswirkungen industrieller Nahrung.<br />
Die Sch sind vor dem aggressiven Konsummarketing<br />
zu warnen, um 'amerikanischen Verhältnissen' vorzubeugen.<br />
30 SZ, 19.10.2009, "Lehrer sollen zu Teamplayern werden"<br />
31 Nach neusten Angaben von U. von Burg werden ab 2011 mit der SEK-1-Reform im Kanton, die<br />
2 Lektionen HW/Lebensgestaltung wöchentlich erteilt. Der Modus '2/4/0 Lektionen' oder '4/0 Lektionen'<br />
ist nicht vorgesehen.<br />
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Anreize schaffen<br />
Adäquater Lohn<br />
Der HW-Unterricht wird wie<br />
alle anderen Fächer der Stufe<br />
SEK 1 entlöhnt.<br />
Gleichstellung im Lehrerteam<br />
Die HW-Lehrerin muss ein<br />
vollwertiges Mitglied des<br />
Lehrerteams sein, und die<br />
Schulküche sollte im Hauptgebäude<br />
der Schule untergebracht<br />
sein.<br />
Massnahmen ergreifen<br />
Es darf nicht sein, dass die HW-Lehrerin in allen Bereichen<br />
der Besoldung ein „negativer Sonderfall“ bleibt;<br />
die HW-Lehrerin soll eine der SEK 1 gleichwertige<br />
Fachgruppenlehrkraft sein.<br />
Hier entscheidet das Amt für Volksschule und Kindergarten,<br />
das eine Arbeitsgruppe beauftragt hat, die Einstufung<br />
der Löhne zu überprüfen und anzupassen.<br />
Die Anpassung sollte am 01.08.2011 erfolgen, gleichzeitig<br />
mit der Einführung der SEK-1-Reform auf der<br />
Oberstufe.<br />
Die HW-Lehrerin nimmt im Team keine Sonderstellung<br />
ein, sondern ist Teil des Lehrkörpers: Sie übernimmt<br />
Verantwortung und Aufgaben und arbeitet mit dem<br />
Team in allen Bereichen der Schule zusammen.<br />
Die Akzeptanz des Fachs HW seitens der Sch ist grösser,<br />
wenn die Schulküche im Hauptgebäude liegt; aber<br />
auch so haben die Sch noch das Gefühl, die HW gehöre<br />
nicht eigentlich zur Schule. Zusätzlich müssen die allgemeinen<br />
Schulregeln auch da konsequent eingehalten<br />
werden. Die HW-Lehrerin und die Klassen-LP müssen<br />
zusammenarbeiten und sich gegenseitig über die Sch<br />
informieren. Die Sch dürfen das HW-Fach nicht als<br />
Sonderfall empfinden.<br />
Ausbildung<br />
Aktuell wird für jeden pädagogischen<br />
Beruf – von der Kindergartenlehrerin<br />
bis zur Gymnasiallehrerin<br />
– die Matur verlangt.<br />
Dies muss nicht sein.<br />
Die „alte“ HW-Lehrerin-Ausbildung war gut, die Seminare<br />
haben sich sogar organisiert, damit sie Zusatzpatente<br />
z. B. im Turnen oder Bildnerisches Gestalten erlangen<br />
können. Die Matur ist nicht zwingend.<br />
Eine LP muss eine Basis haben, dann die Aufnahmeprüfung<br />
für die PH bestehen und dort den Abschluss<br />
machen. Die Ausbildung soll auch für Quereinsteiger<br />
erleichtert werden (Aus Platzgründen gehe ich nicht<br />
weiter darauf ein).<br />
Anreize zu schaffen ist das eine. Das andere ist, dass sich die aktuellen HW-Lehrerinnen<br />
der Bedeutung ihres Unterrichts bewusst sind und ihren Unterricht den veränderten<br />
Verhältnissen anpassen.<br />
Für potentielle HW-Lehrerinnenen soll Werbung für die „neue“ HW gemacht werden.<br />
<strong>Diplomarbeit</strong> Feusi Bildungszentrum <strong>Yvonne</strong> <strong>Stampfli</strong> Seite 18 von 20
Lehrermangel im Bereich Hauswirtschaft BHK 3<br />
7 Fazit<br />
In der Einleitung habe ich fünf Fragen gestellt, zu denen ich nun zusammenfassend<br />
Stellung nehmen will.<br />
Das Fach HW ist notwendig – vielleicht mehr denn je, vermittelt es doch implizit<br />
Inhalte, die für Wirtschaft und Gesellschaft wichtig sind.<br />
Das Image der Lehrpersonen allgemein wie auch das Image der HW-Lehrerin im<br />
Speziellen müssen aufgewertet werden. Dazu muss sich die HW zwingend den gesellschaftlichen<br />
Veränderungen anpassen. Die "Kochschule" ist vorbei. Es ist wichtig,<br />
dass die Sch die Nahrungszubereitung als Prozess begreifen lernen. Sie sollen praktisch<br />
arbeiten, kreativ sein dürfen, ihre Persönlichkeit bilden (selbständig arbeiten,<br />
Verantwortung für ihr Handeln und ihre Arbeit übernehmen, positive Erlebnisse erfahren,<br />
die ihr Selbstwertgefühl stärken) und ihre Sozialkompetenz weiterentwickeln<br />
(Arbeiten im Team). Die gelernte Theorie kann in der Praxis umgesetzt und angewendet<br />
werden. Diese Lernziele sollen im Vordergrund stehen. Neue Themen<br />
müssen verbindlich im Unterricht thematisiert und hinterfragt werden: z. B. Konsumverhalten,<br />
Convenience-Produkte, Werbung, ausgewogene Ernährung, Fehlernährung,<br />
Umgang mit Nahrungsmittelallergien, ökonomisches und ökologisches Handeln<br />
im Alltag, Jugendverschuldung.<br />
Übergewicht ist das Gesundheitsthema schlechthin. Die Ernährungslehre wird immer<br />
bedeutungsvoller, da wir überschwemmt werden von neuen Produkten und Gütern.<br />
Es ist schwierig, dabei die Übersicht zu behalten und gegenüber der Werbung und<br />
den Lieferanten kritisch zu bleiben. Heute wird die Wertschätzung von Lebensmitteln,<br />
Tischsitten, Umgang mit Mitmenschen, gegenseitige Hilfe u. a. m. in Frage gestellt.<br />
Der Stellenwert der HW steigt, wenn wir deren Lerninhalte laufend der gesellschaftlichen<br />
Entwicklung anpassen.<br />
Die Rahmenbedingungen für Lehrpersonen müssen geändert werden; bei den<br />
HW-Lehrerinnen u. a. in Bezug auf die Entlöhnung.<br />
In Zukunft sind die neu ausgebildeten HW-Lehrerinnen SEK-1-Lehrpersonen.<br />
Ein Vollpensum im Fach HW ist unwahrscheinlich. Da die neu Ausgebildeten im<br />
HW- Bereich über weniger Fachdidaktik und Fachwissen verfügen, ist ihr Aufwand<br />
zu Beginn intensiver und sie werden sich vielleicht sogar scheuen, dieses Fach zu<br />
unterrichten.<br />
Die Lehrerschaft leistet einen wichtigen Beitrag für die nächste Generation. Das Fach<br />
HW leistet seinerseits Bedeutendes an die Anforderungen der Ausbildung heutiger<br />
Sch. Die gelernte Theorie kann in der Praxis angewendet werden; das Resultat ist für<br />
den Sch unmittelbar erkennbar. Möglicherweise ist dies der Grund, warum die Sch in<br />
der Regel motiviert in den HW-Unterricht kommen. Und darum bin ich eine überzeugte<br />
HW-Lehrerin.<br />
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8 Anhang<br />
Datenstick mit Fotos aus dem HW-Unterricht<br />
Fragebogen zum Thema „Mangel an Hauswirtschaftslehrpersonen“<br />
LCH – FK HW Informationsveranstaltung, 27.10.2007, „Lohneinstufung der<br />
HW-Lehrpersonen“ (Lehrerverein Schweiz Fraktion Hauswirtschaft)<br />
Lehrplan von 1891/92<br />
NZZ, 07.11.2009, „Schulleiter besorgt über Lehrermangel“; Bildung Schweiz,<br />
2/2009 „Der Arbeitsmarkt zwischen Schwemme und Dürre“<br />
NZZ, 09.06.2009, „Teure Sparmassnahme“<br />
Schulblatt AG/SO, 18/2009, „LCH – Lohnforderungen 2010“<br />
Schulblatt AG/SO, 19/2009, „Stufenlohn für Hauswirtschaftslehrerinnen“<br />
Schulblatt AG/SO, 9/2009, „Ist eine HW-Lehrperson eine SEK-1-Lehrperson?“<br />
„Stellenbeschreibung Schulleitung“<br />
SZ, 20.10.2009, „Gemeine Gemeinden“<br />
SZ, 17.10.2009, „Das geteilte Volk und die Schulreform“<br />
SZ, 19.10.2009, "Lehrer sollen zu Teamplayern werden"<br />
SZ, 20.10.2009, "Wir brauchen die Teilzeitlehrer"<br />
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