Als PDF herunterladen - Der Rechte Rand
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Geschichtsrevisionismus mit Kontinuität<br />
Seit fast sechzig Jahren stehen die Zeitschrift »Deutschland in Geschichte und<br />
Gegenwart« und der herausgebende »Grabert Verlag« für die Veröffentlichung<br />
geschichtsrevisionistischer Thesen und rechter Ideologiefragmente. Beide sind eine<br />
feste publizistische Größe der extremen <strong>Rechte</strong>n in Deutschland.<br />
von Patrick Schwarz<br />
<strong>Der</strong> sächsische Landtagsabgeordnete der NPD, Andreas Storr, schreibt<br />
für die alle drei Monate erscheinende »Deutschland in Geschichte und<br />
Gegenwart« (DGG) genauso wie der extrem rechte Publizist Claus Nordbruch<br />
oder Albrecht Jebens, seines Zeichens ehemaliger Geschäftsführer<br />
des »Studienzentrum Weikersheim« und früheres CDU-Mitglied. In der<br />
Zeitschrift veröffentlichen eine Vielzahl von PublizistInnen und FunktionärInnen<br />
der extremen <strong>Rechte</strong>n ihre Standpunkte zu verschiedensten<br />
historischen und zeitgenössischen Themen. Mit diesem weitgefächerten<br />
Spektrum von Inhalten und AutorInnen ist das Heft eine der wichtigsten<br />
Zeitschriften der extremen <strong>Rechte</strong>n.<br />
Vierteljährlich erscheint die DGG mit dem charakteristischen Untertitel<br />
»Zeitschrift für Kultur, Geschichte und Politik« im »Grabert Verlag«. Dieser<br />
ist, zusammen mit seinem Tochterunternehmen »Hohenrain Verlag«,<br />
einer der größten rechten Verlage in Deutschland. <strong>Der</strong> Tübinger Verleger<br />
Wigbert Grabert übernahm die 1953 gegründete Zeitschrift und den<br />
herausgebenden Verlag von seinem 1978 verstorbenen Vater Herbert<br />
Grabert. Dieser steht mit seiner Biographie und seinen Aktivitäten unter<br />
anderem für ein Stück Kontinuität der extremen <strong>Rechte</strong>n in der deutschen<br />
Nachkriegsgeschichte und gemeinsam mit seinem Sohn für die<br />
kontinuierliche Thematisierung geschichtsrevisionistischer Thesen wie<br />
die »Kriegsschuldfrage« oder Holocaustleugnung. Aber auch die klassischen<br />
Politikfelder der extremen <strong>Rechte</strong>n wie Rassismus und Antisemitismus<br />
gepaart mit rechter Kapitalismuskritik und Verschwörungstheorien<br />
sind im Heft und im Verlagsprogramm zu finden.<br />
Verbandszeitschrift und Stichwortgeber<br />
»Deutschland in Geschichte und Gegenwart« ist weder ein reines Strategieblatt,<br />
noch werden ausschließlich geschichtsrevisionistische Thesen<br />
in pseudowissenschaftlichen Beiträgen, wie bei der Zeitschrift »Historische<br />
Tatsachen« des Geschichtsrevisionisten Udo Walendy, abgedruckt.<br />
Vielmehr wird versucht, den LeserInnen historische Artikel und aktuelle<br />
Analysen in einem politischen Zusammenhang und scheinbar wissenschaftlich<br />
fundiert zu präsentieren, gepaart mit umfangreicher Werbung<br />
für Produkte aus dem eigenen oder politisch ähnlichen Verlagen. Wigbert<br />
Grabert beruft sich bei der Herausgabe auf eine »Zusammenarbeit mit<br />
zahlreichen Fachgelehrten des In- und Auslands und mit dem Institut für<br />
deutsche Nachkriegsgeschichte«. Außerdem betont er seine Auffassung,<br />
dass er »im Rahmen der freien Meinungsäußerung (Artikel 5 des Grundgesetzes)<br />
ein Forum für ein breites Meinungsspektrum zur Verfügung<br />
stellen sollte«.<br />
Auch wenn einige Beiträge ohne offensichtlich rechte Intention formuliert<br />
sind oder historische Themen ohne direkten Bezug zur Weimarer<br />
Republik oder dem Nationalsozialismus behandelt werden, versucht die<br />
DGG doch ihren LeserInnen rechte Werte und Inhalte zu vermitteln beziehungsweise<br />
diese in ihren Ansichten zu bestärken. Direkter dagegen<br />
sind die Positionen der ehemaligen NPD-Ideologen Michael Nier oder<br />
Jürgen Schwab, wenn diese über wirtschaftspolitische Themen unter der<br />
Überschrift »Systemkrise« oder »Ursachen und Wirkungen der Überfremdung«,<br />
schreiben. Oder wenn die Verschärfung des Paragrafen 130<br />
StGB gegen »Volksverhetzung« scharf kritisiert wird.<br />
Zu den eher bekannten AutorInnen der letzten Jahre gehören zum Beispiel<br />
der regelmäßig für die »Junge Freiheit« (JF) schreibende Autor, Michael<br />
Paulwitz, der Multifunktionär Rolf Kosiek und die Publizistin Angelika<br />
Willig. Auch der Vordenker der neuen <strong>Rechte</strong>n, Alain de Benoist, ist<br />
der Zeitschrift DGG über die Jahre in einer intensiven Zusammenarbeit<br />
treu geblieben.<br />
Eine nicht unwesentliche Rolle nimmt der langjährige NPD-Funktionär<br />
und Publizist Karl Richter durch seine Funktion als Chefredakteur der<br />
Zeitschrift ein, der wohl auch für eine thematische Öffnung des Heftes<br />
fernab klassisch geschichtsrevisionistischer Themen steht und diese absichert.<br />
Über seine Rolle als Chefredakteur der DGG hinaus, ist Richter<br />
auch für weitere Aufgaben im Grabert-Verlag zuständig, zum Beispiel den<br />
verlagseigenen »Euro-Kurier«, der als Mitteilungsblatt an Interessierte mit<br />
umfangreicher Verlagswerbung und politischer Kommentierung adressiert<br />
ist.<br />
Im Kampf gegen die Entrechtung<br />
Die Zeitschrift »Deutschland in Geschichte und Gegenwart« ist nicht nur<br />
eng mit Wigbert Grabert verbunden, sondern auch mit seinem Vater Herbert.<br />
Während des Nationalsozialismus war dieser als völkischer Religionswissenschaftler<br />
– neben seiner Tätigkeit als Dozent an der Universität<br />
Würzburg – unter anderem für den Reichsminister für die besetzten Ostgebiete,<br />
Alfred Rosenberg, aktiv.<br />
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde er im Rahmen der »Entnazifizierung«<br />
aus dem Staatsdienst entlassen und unter anderem mit einem<br />
Lehrverbot belegt. Vor diesem Hintergrund erklären sich die zahlreichen<br />
Aktivitäten von Herbert Grabert in dem 1950 von ihm gegründeten<br />
»Verband der nichtamtierenden (amtsverdrängten) Hochschullehrer«. Im<br />
Rahmen dieser Lobbyarbeit für aus dem Staatsdienst entlassene HochschullehrerInnen<br />
brachte er ab 1953 den Rundbrief des Verbandes, das<br />
»Mitteilungsblatt für den 131er-Hochschullehrer im Auftrag des Verbandes<br />
der nichtamtierenden (amtsverdrängten) Hochschullehrer und der<br />
Forschungshilfe e. V.«, heraus. In diesem überschaubaren Rundbrief<br />
liegen die Anfänge des extrem rechten Mediums »Deutschland in Geschichte<br />
und Gegenwart«.<br />
Ungeachtet der Tatsache, dass in den folgenden Jahren zunehmend<br />
ehemalige StaatsdienerInnen wieder ins Berufsleben integriert wurden,<br />
führten Herbert Grabert und der Verein ihre politische Arbeit weiter fort.<br />
Die gesellschaftliche Bedeutung des Vereins schwand jedoch in den<br />
folgenden Jahren zusehends. Grabert blieb eine Wiedereinstellung aufgrund<br />
seiner wissenschaftlichen beziehungsweise politischen Tätigkeiten<br />
während des Nationalsozialismus verwehrt.<br />
Er wandte sich in seiner publizistischen Tätigkeit zunehmend geschichtsrevisionistischen<br />
Themen zu beziehungsweise veröffentlichte diese in<br />
seinem Verlag. Aufgrund dieser neuen inhaltlichen Schwerpunktsetzung<br />
erfolgte 1955 die Umbenennung der Zeitschrift in »Deutsche Hochschullehrer-Zeitung«.<br />
Zeitweilig versehen mit dem Untertitel »Die Deutsche<br />
Nation in Geschichte und Gegenwart. Zeitschrift für historische Wahrheitsforschung«<br />
stand das Heft ganz im Zeichen des Geschichtsrevisionismus.<br />
Herausgegeben wurde sie vom »Verlag der deutschen Hochschullehrer-Zeitung«<br />
der schließlich 1974 nach dem Kopf von Zeitung<br />
und Verlag, Herbert Grabert, benannt wurde.<br />
16 der rechte rand 138/2012