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Last oder Lust? - Frauenarztpraxis C.Friedrich und I.Elste ...

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256 mm<br />

Mit fre<strong>und</strong>licher Unterstützung von<br />

FG0514/2009.05 (verwendbar bis 05/2011)<br />

Prof. Kurt Starke <strong>und</strong> Prof. Hans-Joachim Ahrendt <strong>Last</strong> <strong>oder</strong> <strong>Lust</strong>? Sexualität in der Postmenopause<br />

<strong>Last</strong> <strong>oder</strong> <strong>Lust</strong>?<br />

Sexualität in der Postmenopause<br />

Der exklusive Ratgeber von Prof. Kurt Starke <strong>und</strong> Prof. Hans-Joachim Ahrendt<br />

216 mm 10<br />

216 mm


256 mm<br />

216 mm 10<br />

216 mm


Vorsatzblatt & Schmutztitel


<strong>Last</strong> <strong>oder</strong> <strong>Lust</strong>?<br />

Sexualität in der Postmenopause<br />

TEIL 1: Postmenopause <strong>und</strong> Sexualität<br />

Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von Prof. Kurt Starke<br />

TEIL 2: Sexualstörungen in der Peri- <strong>und</strong> Postmenopause<br />

Wissen <strong>und</strong> Unterstützung für die tägliche Praxis von Prof. Hans-Joachim Ahrendt


Zum Geleit<br />

Die beiden Teile dieser Handreichung sind nur äußerlich geschieden. Innerlich gehören<br />

sie zusammen <strong>und</strong> ergänzen sich, eben wie zwei Hände <strong>oder</strong> Hand in Hand. Das trifft<br />

auch auf uns Autoren zu. Wir kennen uns schon sehr lange. Der eine, der sexuologisch<br />

ambitionierte Mediziner, hat seine Habilarbeit über Jugendsexualität geschrieben, <strong>und</strong><br />

der andere, der sexualmedizinisch interessierte Jugendforscher, hat dieses empirisch<br />

angelegte Vorhaben an seinem Forschungsinstitut unterstützt. Wir gehörten beide der<br />

interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft Sexualität an, die von der Leipziger Medizinprofessorin<br />

Lykke Aresin, Gründerin der ersten Ehe- <strong>und</strong> Sexualberatungsstelle, geleitet wurde.<br />

Aus dieser Arbeitsgemeinschaft entstand die Gesellschaft für Sexualwissenschaft, in<br />

deren Vorstand wir lange Jahre zusammengearbeitet haben. Wir waren gemeinsam auf<br />

Konferenzen <strong>und</strong> Weiterbildungsveranstaltungen aktiv <strong>und</strong> gestalteten auch diese <strong>oder</strong><br />

jene Fernseh- <strong>oder</strong> Funksendung <strong>und</strong> manches andere gemeinsam. Die fachliche Kompetenz<br />

des anderen achtend, gingen wir stets davon aus, dass es sich lohnt, furchtlos über<br />

den Rand der eigenen Disziplin hinauszuschauen <strong>und</strong> die Erkenntnisse des anderen zu<br />

nutzen <strong>und</strong> zu stützen.<br />

Wir freuen uns darüber, dass wir dem Wunsch von Kollegen nachkommen können,<br />

wesentliche Ergebnisse der Studie aus sexualwissenschaftlicher Sicht zu dokumentieren<br />

<strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>ene Erkenntnisse aus sexualmedizintheoretischer <strong>und</strong> Erfahrungen<br />

aus medizinpraktischer Sicht mitzuteilen. Anerkennung verdient Jenapharm, das das<br />

ungewöhnliche Projekt in Gang gebracht hat. Dankbar sind wir allen Mitwirkenden:<br />

Der eine den befragten Frauen, die offen <strong>und</strong> ehrlich über sich Auskunft gegeben haben.<br />

Der andere bedankt sich vor allem bei den Patientinnen, von denen immer zu lernen ist<br />

<strong>und</strong> denen letztlich die Konsequenzen zugutekommen sollen.<br />

Bei aller Ernsthaftigkeit des Anliegens wäre es schön, wenn das Lesen wenigstens ab <strong>und</strong> an<br />

vergnüglich wäre. Das würde dann auch unserer Auffassung von Sexualität entsprechen.<br />

Kurt Starke<br />

Hans-Joachim Ahrendt


Prof. Dr. habil. Kurt Starke<br />

Prof. Dr. med. Hans-Joachim Ahrendt<br />

Prof. Dr. habil. Kurt Starke, Jg. 1938, studierte in Leipzig <strong>und</strong> promovierte über<br />

öffent liche Meinung. 1967 wechselte er zum eben gegründeten Zentralinstitut für<br />

Jugendforschung Leipzig. Er leitete die Abteilung Studentenforschung <strong>und</strong> die Abteilung<br />

Partner- <strong>und</strong> Sexualforschung <strong>und</strong> war Forschungsdirektor. Nach Schließung des<br />

Instituts 1990 gründete er die Forschungsstelle Partner- <strong>und</strong> Sexualforschung Leipzig.<br />

Er war Gründungsvorsitzender der Gesellschaft für Sexualwissenschaft Leipzig<br />

<strong>und</strong> der Gesellschaft für Jugend- <strong>und</strong> Sozialforschung Leipzig. 1981 war er von der<br />

Humboldt-Universität zu Berlin, an der er sich 1977 habilitiert hatte, zum Professor<br />

für Soziologie berufen worden. Seit 1987 ist er Full member der International<br />

Academy of Sex Research <strong>und</strong> der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung.<br />

Seit 1972 hat Kurt Starke empirische Untersuchungen zu Liebe, Partnerschaft <strong>und</strong><br />

Sexualität unter mehr als 80.000 Personen beiderlei Geschlechts <strong>und</strong> verschiedener<br />

Generationen in Ost <strong>und</strong> West durchgeführt, meist in nationaler <strong>oder</strong> internationaler<br />

Kooperation, insbesondere mit dem Institut für Sexualforschung der Universität<br />

Hamburg. Aus seiner Feder stammen zahlreiche wissenschaftliche <strong>und</strong> populäre<br />

Publikationen, zuletzt die Bücher „Mehr <strong>Lust</strong> an der <strong>Lust</strong>. Ein Ratgeber nicht nur fürs<br />

Bett“, „Nichts als die reine Liebe. Beziehungsbiographien <strong>und</strong> Sexualität im sozialen<br />

<strong>und</strong> psychologischen Wandel: Ost-West-Unterschiede“ <strong>und</strong> (gemeinsam mit Gunter<br />

Schmidt, Silja Matthiesen <strong>und</strong> Arne Dekker) „Spätm<strong>oder</strong>ne Beziehungswelten. Report<br />

über Partnerschaft <strong>und</strong> Sexualität in drei Generationen.“ Das „Lexikon der Erotik“<br />

(mit Lykke Aresin) erschien in mehreren Auflagen <strong>und</strong> auch im Ausland.<br />

Der Soziologe <strong>und</strong> Sexualwissenschaftler ist in den Medien präsent, als Kolumnist,<br />

Interviewpartner <strong>und</strong> Experte. Bei MDR 1 Radio Sachsen ist er seit 1994 14-täglich<br />

in seiner Sendung „Liebe, Liebe…“ zu hören.<br />

Kurt Starke ist seit 51 Jahren verheiratet, seine Frau, PD Dr. habil. Uta Starke, lehrt<br />

am Institut für Soziologie der Universität Leipzig. Sie haben drei Kinder <strong>und</strong> drei<br />

Enkel <strong>und</strong> wohnen in Zeuckritz bei Leipzig.<br />

Leiter Praxis für Frauenheilk<strong>und</strong>e,<br />

Klinische Forschung <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

Facharzt für Frauenheilk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Geburtshilfe mit Praxis <strong>und</strong> Tagesklinik<br />

Lehrauftrag an der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-<br />

Universität Magdeburg<br />

Prof. Ahrendt arbeitet als Facharzt für Frauenheilk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Geburtshilfe in eigener<br />

Praxis mit Tagesklinik. Seine Schwerpunkte sind die gynäkologische Endokrinologie<br />

<strong>und</strong> Sexualmedizin. Neben dem unmittelbar klinischen Arbeitsbereich gehört zur<br />

Praxis auch eine Abteilung für Klinische Forschung <strong>und</strong> Weiterbildung.<br />

Das Medizinstudium absolvierte er an der Medizinischen Akademie (jetzt Otto-von-<br />

Guericke-Universität) in Magdeburg. Danach arbeitete er 20 Jahre an der Universitäts-<br />

Frauenklinik in Magdeburg. Dort machte er seine Facharztausbildung, Promotion <strong>und</strong><br />

Habilitation. Sein fachliches <strong>und</strong> wissenschaftliches Interesse galt seit jeher der<br />

hormonalen Kontrazeption, der Endokrinologie <strong>und</strong> Sexualmedizin. Seine Habi litationsschrift<br />

beschäftigte sich mit dem Sexualverhalten <strong>und</strong> der Kontrazeption von<br />

Teenagern. Er war Mitbegründer der Teenager-Sprechst<strong>und</strong>en in der Gynäkologie<br />

<strong>und</strong> hat dazu auch sehr viel populärwissenschaftliche Arbeit in Schulen <strong>und</strong> Medien<br />

geleistet. In dieser Zeit etablierte er auch sexualmedizinische Aus- <strong>und</strong> Weiterbildungen<br />

in der Frauenheilk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> hat dazu einen Lehrauftrag an der Medizinischen<br />

Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg.<br />

In seiner wissenschaftlichen Arbeit beschäftigt er sich einerseits mit soziologischen<br />

Studien zum sozialen, sexuellen <strong>und</strong> kontrazeptiven Verhalten <strong>und</strong> andererseits mit<br />

klinischen Studien insbesondere zur Entwicklung von hormonalen Kontrazeptiva,<br />

zur Hormonersatztherapie, zur nichthormonellen Behandlung des klimakterischen<br />

Syndroms, zu Störungen der sexuellen <strong>Lust</strong> u. Ä. Zu diesen Themen hat er mehr<br />

als 100 wissenschaftliche <strong>und</strong> allgemeine Publikationen verfasst <strong>und</strong> weit über<br />

400 wissenschaftliche Vorträge auf Fachtagungen <strong>und</strong> Kongressen gehalten.<br />

Prof. Ahrendt ist stellvertretender Landesvorsitzender Sachsen-Anhalt des Berufsverbandes<br />

der Frauenärzte e. V.


Prof. Dr. habil. Kurt Starke<br />

Prof. Dr. med. Hans-Joachim Ahrendt<br />

Prof. Dr. habil. Kurt Starke, Jg. 1938, studierte in Leipzig <strong>und</strong> promovierte über<br />

öffent liche Meinung. 1967 wechselte er zum eben gegründeten Zentralinstitut für<br />

Jugendforschung Leipzig. Er leitete die Abteilung Studentenforschung <strong>und</strong> die Abteilung<br />

Partner- <strong>und</strong> Sexualforschung <strong>und</strong> war Forschungsdirektor. Nach Schließung des<br />

Instituts 1990 gründete er die Forschungsstelle Partner- <strong>und</strong> Sexualforschung Leipzig.<br />

Er war Gründungsvorsitzender der Gesellschaft für Sexualwissenschaft Leipzig<br />

<strong>und</strong> der Gesellschaft für Jugend- <strong>und</strong> Sozialforschung Leipzig. 1981 war er von der<br />

Humboldt-Universität zu Berlin, an der er sich 1977 habilitiert hatte, zum Professor<br />

für Soziologie berufen worden. Seit 1987 ist er Full member der International<br />

Academy of Sex Research <strong>und</strong> der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung.<br />

Seit 1972 hat Kurt Starke empirische Untersuchungen zu Liebe, Partnerschaft <strong>und</strong><br />

Sexualität unter mehr als 80.000 Personen beiderlei Geschlechts <strong>und</strong> verschiedener<br />

Generationen in Ost <strong>und</strong> West durchgeführt, meist in nationaler <strong>oder</strong> internationaler<br />

Kooperation, insbesondere mit dem Institut für Sexualforschung der Universität<br />

Hamburg. Aus seiner Feder stammen zahlreiche wissenschaftliche <strong>und</strong> populäre<br />

Publikationen, zuletzt die Bücher „Mehr <strong>Lust</strong> an der <strong>Lust</strong>. Ein Ratgeber nicht nur fürs<br />

Bett“, „Nichts als die reine Liebe. Beziehungsbiographien <strong>und</strong> Sexualität im sozialen<br />

<strong>und</strong> psychologischen Wandel: Ost-West-Unterschiede“ <strong>und</strong> (gemeinsam mit Gunter<br />

Schmidt, Silja Matthiesen <strong>und</strong> Arne Dekker) „Spätm<strong>oder</strong>ne Beziehungswelten. Report<br />

über Partnerschaft <strong>und</strong> Sexualität in drei Generationen.“ Das „Lexikon der Erotik“<br />

(mit Lykke Aresin) erschien in mehreren Auflagen <strong>und</strong> auch im Ausland.<br />

Der Soziologe <strong>und</strong> Sexualwissenschaftler ist in den Medien präsent, als Kolumnist,<br />

Interviewpartner <strong>und</strong> Experte. Bei MDR 1 Radio Sachsen ist er seit 1994 14-täglich<br />

in seiner Sendung „Liebe, Liebe…“ zu hören.<br />

Kurt Starke ist seit 51 Jahren verheiratet, seine Frau, PD Dr. habil. Uta Starke, lehrt<br />

am Institut für Soziologie der Universität Leipzig. Sie haben drei Kinder <strong>und</strong> drei<br />

Enkel <strong>und</strong> wohnen in Zeuckritz bei Leipzig.<br />

Leiter Praxis für Frauenheilk<strong>und</strong>e,<br />

Klinische Forschung <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

Facharzt für Frauenheilk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Geburtshilfe mit Praxis <strong>und</strong> Tagesklinik<br />

Lehrauftrag an der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-<br />

Universität Magdeburg<br />

Prof. Ahrendt arbeitet als Facharzt für Frauenheilk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Geburtshilfe in eigener<br />

Praxis mit Tagesklinik. Seine Schwerpunkte sind die gynäkologische Endokrinologie<br />

<strong>und</strong> Sexualmedizin. Neben dem unmittelbar klinischen Arbeitsbereich gehört zur<br />

Praxis auch eine Abteilung für Klinische Forschung <strong>und</strong> Weiterbildung.<br />

Das Medizinstudium absolvierte er an der Medizinischen Akademie (jetzt Otto-von-<br />

Guericke-Universität) in Magdeburg. Danach arbeitete er 20 Jahre an der Universitäts-<br />

Frauenklinik in Magdeburg. Dort machte er seine Facharztausbildung, Promotion <strong>und</strong><br />

Habilitation. Sein fachliches <strong>und</strong> wissenschaftliches Interesse galt seit jeher der<br />

hormonalen Kontrazeption, der Endokrinologie <strong>und</strong> Sexualmedizin. Seine Habi litationsschrift<br />

beschäftigte sich mit dem Sexualverhalten <strong>und</strong> der Kontrazeption von<br />

Teenagern. Er war Mitbegründer der Teenager-Sprechst<strong>und</strong>en in der Gynäkologie<br />

<strong>und</strong> hat dazu auch sehr viel populärwissenschaftliche Arbeit in Schulen <strong>und</strong> Medien<br />

geleistet. In dieser Zeit etablierte er auch sexualmedizinische Aus- <strong>und</strong> Weiterbildungen<br />

in der Frauenheilk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> hat dazu einen Lehrauftrag an der Medizinischen<br />

Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg.<br />

In seiner wissenschaftlichen Arbeit beschäftigt er sich einerseits mit soziologischen<br />

Studien zum sozialen, sexuellen <strong>und</strong> kontrazeptiven Verhalten <strong>und</strong> andererseits mit<br />

klinischen Studien insbesondere zur Entwicklung von hormonalen Kontrazeptiva,<br />

zur Hormonersatztherapie, zur nichthormonellen Behandlung des klimakterischen<br />

Syndroms, zu Störungen der sexuellen <strong>Lust</strong> u. Ä. Zu diesen Themen hat er mehr<br />

als 100 wissenschaftliche <strong>und</strong> allgemeine Publikationen verfasst <strong>und</strong> weit über<br />

400 wissenschaftliche Vorträge auf Fachtagungen <strong>und</strong> Kongressen gehalten.<br />

Prof. Ahrendt ist stellvertretender Landesvorsitzender Sachsen-Anhalt des Berufsverbandes<br />

der Frauenärzte e. V.


TEIL 1:<br />

Postmenopause <strong>und</strong> Sexualität<br />

Ergebnisse einer repräsentativen Befragung<br />

von Prof. Kurt Starke


Postmenopause <strong>und</strong> Sexualität<br />

Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von Prof. Kurt Starke<br />

Stichwortverzeichnis<br />

Familienstand Seite 21<br />

Figur Seite 20<br />

Fremdgehen Seite 23<br />

Funktionen der Sexualität Seite 11<br />

Gefühl, begehrt zu werden Seite 20<br />

Geschlechtsverkehr Seite 10<br />

Ges<strong>und</strong>heitszustand Seite 14<br />

Häufigkeit von Geschlechtsverkehr Seite 12<br />

Hormone Seite 10<br />

Humor Seite 19<br />

Keine <strong>Lust</strong> auf Sex Seite 15<br />

Koituspartner Seite 26<br />

Körpergewicht Seite 20<br />

Kuss Seite 10<br />

Langzeitbeziehungen Seite 22<br />

Lebenszufriedenheit Seite 19<br />

Liebe Seite 23<br />

Orgasmusraten Seite 13<br />

Partnermobilität Seite 25<br />

Partnerstand: feste Beziehung Seite 21<br />

Partnerstand: keine feste Beziehung Seite 24<br />

Potenzschwierigkeiten Seite 15<br />

Selbstbewusste Generation Seite 17<br />

Selbstbildtest Seite 17<br />

Selbstwertgefühl Seite 19<br />

Sexuelles Verlangen Seite 18<br />

Sinnlich Seite 18<br />

Stellenwert des Sexuellen Seite 10<br />

Wohlbefinden <strong>und</strong> sexuelle Aktivität Seite 14<br />

Wohlfühlen in der Beziehung Seite 22<br />

Wünsche <strong>und</strong> Hoffnungen Seite 26<br />

Zärtlichkeit Seite 15<br />

Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von 1040 Frauen im Alter von 50 bis 60 Jahren<br />

R<strong>und</strong> 5 Millionen 50- bis 60-jährige Frauen leben in von den Medien nicht geliebt wird, scheint sie liebesunfähig.<br />

Weil sie in die Wechseljahre gekommen ist,<br />

Deutschland. Sie stellen eine bedeutende Altersgruppe<br />

der Bevölkerung dar. Das wird sich in den nächsten scheint ihr Alltag von unverwechselbaren Leiden beherrscht<br />

zu sein. Weil Anmut, Glanz <strong>und</strong> Schönheit mit<br />

Jahrzehnten zunächst noch verstärken. Diese Frauenkohorte<br />

ist nicht nur quantitativ von Bedeutung, sondern<br />

sie hat qualitative Besonderheiten, zum einen als Lebensabschnitt traditionell als defizitär.<br />

50+ nicht dieselben sind wie mit 15+, erscheint dieser<br />

Altersgruppe auf Gr<strong>und</strong> des höheren Alters <strong>und</strong> der<br />

Postmenopause, zum anderen als Generation. Sie ist Dem folgenden Text liegen Ergebnisse der empirischen<br />

unter ganz anderen gesellschaftlichen <strong>und</strong> familiären Studie „Postmenopause <strong>und</strong> Sexualität“ unter 1040<br />

Bedingungen sozialisiert worden als ihre Eltern <strong>und</strong> Frauen zu Gr<strong>und</strong>e. Die anonyme schriftliche postalische<br />

wurde mit den Werten <strong>und</strong> Normen der Nachkriegszeit<br />

<strong>und</strong> der beiden deutschen Staaten konfrontiert, standardisiertem Fragebogen vom 20. Mai bis zum<br />

Befragung wurde im TPI Panel von TNS Infratest per<br />

auch in Bezug auf Partnerschaft <strong>und</strong> Sexualität. Für 21. Juni 2007 vom TestPanel-Institut Wetzlar/TNS<br />

diese Generation waren die sexuelle Liberalisierung in Healthcare GmbH, München, durchgeführt. Die<br />

den 70er Jahren <strong>und</strong> die emanzipatorischen Prozesse Rücklaufquote betrug 70,3%. Fragebogen <strong>und</strong> Forschungsbericht:<br />

Kurt Starke. Die Untersuchung ist<br />

selbstverständliche Zeiterscheinungen, die zu ihrem<br />

jetzigen Selbstbild beigetragen haben.<br />

repräsentativ für Frauen in Deutschland im Alter von<br />

50 bis 60 Jahren (nur deutsche Staatsbürgerschaft).<br />

Die Forschung hat sich bisher kaum für diese Frauen<br />

<strong>und</strong> für dieses Alter interessiert. Komplexe sexualwissenschaftliche<br />

Studien sind kaum zu finden, gleich nachgesagt, sie verlören schnell die <strong>Lust</strong> am Sexuellen.<br />

Frauen jenseits der letzten Regelblutung wird gern<br />

gar nicht solche mit inhaltlichen Aspekten wie Postmenopause,<br />

Selbstbild, Körperlichkeit, Ges<strong>und</strong>heit So heißt es in einem Gedicht von Martin Opitz vor<br />

„Der Augen Feuer weichet, die Brunst wird Eis.“<br />

<strong>und</strong> Hormontherapie. Stattdessen bestehen Vorurteile 380 Jahren. Diese Frauen, so wird angenommen,<br />

über das Sexualleben der Frauen dieses Alters. Sie sähen sich selbst nicht mehr als Sexualwesen. Sie<br />

reichen von sexueller Hyperaktivität bis zu sexueller wären keine sinnlichen, liebesfähigen Frauen mehr<br />

Verödung, von der lustigen Witwe bis zum lustlosen <strong>und</strong>, von Leiden aller Art geplagt, untauglich fürs<br />

Neutrum. Weil sie ihre Fertilität verloren hat, scheint Küssen <strong>und</strong> Kosen.<br />

sie als Frau verloren. Weil sie ihre Jugend hinter sich<br />

hat, scheint sie ihr Leben hinter sich zu haben. Weil sie<br />

8 9


Abbildung<br />

1<br />

80 %<br />

70 %<br />

60 %<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

55 %<br />

in der<br />

letzten<br />

Woche<br />

Wann haben Sie das letzte Mal<br />

„richtig“ geküsst?<br />

22 %<br />

6 % 6 %<br />

in den<br />

letzten vier<br />

Wochen<br />

9 %<br />

16 %<br />

im letzten<br />

Jahr<br />

in fester<br />

Beziehung<br />

Singles<br />

Dem ist keineswegs so. Für die meisten Frauen liegt<br />

der letzte „richtige“ Kuss nicht länger als eine Woche<br />

zurück. Das ist freilich nur für Frauen in fester Beziehung<br />

so. Für 70% der Singles liegt der letzte „richtige“<br />

Kuss über ein Jahr zurück. Bei den Partnergeb<strong>und</strong>enen<br />

sind es 13% (Abbildung 1). Die Frauen dieser Altersgruppe<br />

sind eine Kussgeneration <strong>und</strong> haben das Küssen<br />

weder in der Ehe <strong>oder</strong> in einer anderen Beziehung<br />

noch mit zunehmendem Alter ganz aufgegeben <strong>oder</strong><br />

verlernt. Genauso ist es mit dem Geschlechtsverkehr.<br />

51% der Partnergeb<strong>und</strong>enen (6% der Singles)<br />

hatten in der letzten Woche Geschlechtsverkehr <strong>und</strong><br />

weitere 26% in den letzten vier Wochen (Abbildung 2).<br />

Stellenwert des Sexuellen. Wie wichtig ist Sexualität<br />

für die Frauen zwischen 50 <strong>und</strong> 60? Nur ganz<br />

wenige Frauen meinen, die Sexualität sei für die Liebesbeziehung<br />

unwichtig (Abbildung 3). Sie wird aber<br />

auch nicht als das Absolute betrachtet, nicht als das<br />

Einzige, was zählt. Diese Relativierung findet sich nicht<br />

nur in dieser Altersgruppe, sondern auch bei Jüngeren<br />

(Schmidt, 2000; Starke, 2005). Partnerschaftliche Sexualität<br />

gehört für Frauen <strong>und</strong> Männer sehr wohl zu<br />

den invarianten Elementen der Liebesbeziehung. Sie ist<br />

aber nicht allein das, was die Beziehung zusammenhält.<br />

13 %<br />

70 %<br />

vor über<br />

einem Jahr<br />

1 % 2 %<br />

noch nie<br />

Abbildung<br />

2<br />

80 %<br />

70 %<br />

60 %<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

51 %<br />

in der<br />

letzten<br />

Woche<br />

Wann hatten Sie den letzten<br />

Geschlechtsverkehr?<br />

26 %<br />

6 % 6 %<br />

in den<br />

letzten vier<br />

Wochen<br />

10 % 12 % 13 %<br />

im letzten<br />

Jahr<br />

vor über<br />

einem Jahr<br />

noch nie<br />

in fester<br />

Beziehung<br />

Singles<br />

Die Beziehung wird zwar als idealer <strong>und</strong> geschützter<br />

Raum auch für Sexualität geschätzt. Aber Sexualität<br />

gilt nicht <strong>oder</strong> nur augenblickhaft als die Hauptsache<br />

einer Beziehung. Sie ist eingebettet in das Insgesamt<br />

der Lebensaktivitäten des Paares. Das schließt nicht<br />

aus, dass das Sexuelle die schönsten Gefühle auslösen<br />

<strong>und</strong> zu den größten Glücksmomenten im Leben<br />

führen kann, nicht nur im Stadium des Verliebtseins,<br />

das temporär alles überflutet, <strong>oder</strong> in einer spontanen<br />

Begegnung, sondern auch in der Vertrautheit der langen<br />

Liebe.<br />

Frauen, die im Zusammenhang mit den Wechseljahren<br />

Hormone nehmen, bezeichnen häufiger als Frauen,<br />

Abbildung<br />

3<br />

60 %<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

11 %<br />

76 %<br />

Wie wichtig ist die Sexualität<br />

gegenwärtig für Ihre Beziehung?<br />

41 %<br />

39 %<br />

sehr wichtig wichtig weniger<br />

wichtig<br />

9 %<br />

überhaupt<br />

nicht wichtig<br />

die noch nie Hormone genommen haben, <strong>und</strong> häufiger<br />

als Abbrecherinnen die Sexualität als „sehr wichtig“<br />

für ihre Beziehung. Das deutet darauf hin, dass bei<br />

einer HRT-Überlegung der Stellenwert des Sexuellen<br />

nicht ohne Bedeutung ist. Generell messen HRT-Verwenderinnen<br />

dem Sexuellen einen größeren Stellenwert<br />

zu als Nichtverwenderinnen. Sie haben häufiger<br />

sexuelles Verlangen. Sie sind sexuell aktiver <strong>und</strong> haben<br />

mehr davon. Sie finden Sexualität etwas häufiger<br />

belebend als Frauen, die keine Hormone nehmen<br />

(Abbildung 4). Der Unterschied ist zwar nicht über -<br />

groß, aber doch deutlich, <strong>und</strong> zwar bei allen Parametern<br />

zur Sexualität.<br />

Funktionen der Sexualität. Sexuelles bedeutet für<br />

nur wenige Frauen Pflicht <strong>und</strong> Stress, für die allermeisten<br />

aber Lebensfreude, <strong>Lust</strong>, körperliches Vergnügen<br />

<strong>und</strong> vor allem Zärtlichkeit <strong>und</strong> Nähe (Abbildung 5). In<br />

dem sexuellen Miteinander sehen sie ihre Weiblichkeit<br />

bestätigt <strong>und</strong> fühlen sich begehrt. Das Sexualverhalten<br />

auf Triebbefriedigung <strong>und</strong> Orgasmus zu reduzieren,<br />

widerspricht den vielfältigen Funktionen der menschlichen<br />

Sexualität. Sie wird mit Liebe <strong>und</strong> Zärtlichkeit<br />

assoziiert. Die Intimfunktion <strong>oder</strong> Nähefunktion ist<br />

Abbildung<br />

5<br />

Zärtlichkeit<br />

der geliebten Person nah sein<br />

begehrt werden<br />

körperliches Vergnügen<br />

<strong>Lust</strong><br />

Bestätigung meiner Weiblichkeit<br />

Lebensfreude<br />

Pflicht<br />

Stress<br />

4 % 7 %<br />

3 % 7 %<br />

Abbildung<br />

4<br />

60 %<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

55 %<br />

Sexualität bedeutet für mich …<br />

Sexualität als „eher belebend“<br />

HRT-Patientinnen HRT-Aussteigerinnen HRT-Neutrale<br />

in den Vordergr<strong>und</strong> gerückt. Mittels des Sexuellen<br />

wird eine Intimität hergestellt <strong>und</strong> eine Vertrautheit<br />

gewünscht, werden Nähe, Wärme <strong>und</strong> Geborgenheit<br />

gesucht, die anders so nicht zu finden sind <strong>und</strong><br />

die die Isoliertheit zweier Individuen aufheben. Das<br />

ist schon in jungen Jahren wichtig <strong>und</strong> gewinnt mit<br />

zunehmendem Alter eher noch an Bedeutung. Freilich<br />

finden sich auch Frauen zwischen 50 <strong>und</strong> 60, die<br />

körperlich genug von ihrem Mann <strong>oder</strong> von Männern<br />

haben, die körperliche Berührungen scheuen, die<br />

Erotisches in ihrem Alter als unpassend betrachten,<br />

die den Sex der Not gehorchend ad acta legen <strong>und</strong><br />

dem eigenen Triebe entsagen. Aber sie sind die Ausnahme,<br />

<strong>und</strong> selten die glückliche.<br />

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 %<br />

46 % 48 %<br />

45 % 48 %<br />

32 % 57 %<br />

23 % 64 %<br />

28 % 58 %<br />

24 % 54 %<br />

23 % 52 %<br />

Pos. 1: trifft voll <strong>und</strong> ganz zu<br />

Pos. 2: trifft zu<br />

39 %<br />

100 %<br />

43 %<br />

10 11


Abbildung<br />

6<br />

Geschlechtsverkehr<br />

in der letzten Woche<br />

Abbildung<br />

7<br />

Monatliche Koitushäufigkeit<br />

nach Liebe<br />

sogar im Gegenteil: Ältere Frauen in Langzeitbeziehungen<br />

kommen häufiger zum Orgasmus als jüngere in<br />

Frauen mit hohem Selbstwertgefühl kommen häufiger<br />

zum Orgasmus als andere, Frauen, die gern <strong>und</strong> oft<br />

80 %<br />

70 %<br />

60 %<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

61 %<br />

52 %<br />

38 %<br />

28 %<br />

20 %<br />

5 %<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

Partner wird geliebt …<br />

6,2-mal<br />

4,4-mal<br />

2,5-mal<br />

1,5-mal<br />

kürzeren Beziehungen. Sie haben zwar nach <strong>und</strong> nach<br />

etwas seltener Verkehr (aber immer noch weit häufi ger<br />

als Singlefrauen, auch als die ganz jungen). Aber ihre sex<br />

uelle Reaktionsfähigkeit schwindet keineswegs dahin.<br />

Genau drei Viertel der befragten Frauen (75%) sagen,<br />

dass sie beim jüngsten Mal zum Orgasmus gelangt sind,<br />

59% einmal <strong>und</strong> 16% mehrmals (Abbildung 10).<br />

küssen, häufiger als Frauen, die weniger gern küssen.<br />

Ein allgemeiner Zusammenhang findet sich in unserem<br />

Material zwischen der Orgasmusrate <strong>und</strong> dem Sichr<strong>und</strong>um-glücklich-Fühlen.<br />

Von den glücklichen Frauen<br />

hatten 87% beim letzten Mal (mindestens) einen<br />

Orgasmus, von den weniger <strong>oder</strong> nicht glücklichen<br />

nur 58%.<br />

0 %<br />

1 2<br />

sehr Glückliche<br />

3 4 5<br />

6<br />

nicht Glückliche<br />

0<br />

über alle<br />

Maßen<br />

sehr etwas überhaupt<br />

nicht<br />

Die Orgasmusraten liegen bei den Frauen 50+ über<br />

Die meisten Frauen zwischen 50 <strong>und</strong> 60 identifizieren<br />

dem Durchschnitt. Der Orgasmus wird mit der Dau-<br />

sich mit der Häufigkeit koitaler Kontakte. Für 70% war<br />

Das Verlangen nach sexuellem Austausch <strong>und</strong> die<br />

nur 2,5-mal (Abbildung 7). Eine gute Beziehung zu ha-<br />

er der Beziehung (<strong>und</strong> dem Alter) eher stabiler. Dafür<br />

die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs im letz-<br />

Häufigkeit von Geschlechtsverkehr sind je nach<br />

ben <strong>und</strong> sich in ihr wohl zu fühlen, ist die wichtigste<br />

spricht auch der hohe Anteil an Mehrfachorgasmen.<br />

ten Monat „gerade richtig“, nur für 6% war es „eher<br />

Temperament <strong>und</strong> Laune <strong>und</strong> den aktuellen Befindlich-<br />

Bedingung für sexuelle Aktivität <strong>und</strong> bleibt es auch in<br />

Von herausragender Bedeutung ist das emotionale<br />

zu oft“ (Abbildung 11). Ein „eher zu oft“ in Partnerbe-<br />

keiten von vielen Bedingungen abhängig. Frauen mit<br />

den meist langen Beziehungen in diesem Alter. Freilich<br />

Verhältnis zum Partner. Bei sehr großer Liebe steigt<br />

ziehungen ist selten, auch weil diese Frauen nicht dazu<br />

hohem Selbstwertgefühl haben häufiger Geschlechts-<br />

lassen mit zunehmendem Alter Koitusfrequenz <strong>und</strong><br />

die Orgasmusrate auf 86% (<strong>und</strong> die der Mehrfachor-<br />

neigen, dem Verlangen des Mannes nachzugeben, wenn<br />

verkehr als Frauen mit niedrigem Selbstwertgefühl,<br />

sexuelles Verlangen etwas nach. Beides ist zu Beginn<br />

gasmen auf 23%). Singles haben eine etwas niedrigere<br />

sie selber nicht wollen. Dagegen bewertet ein Viertel<br />

Mütter etwas häufiger als Nichtmütter. Glückliche<br />

der Beziehung am größten, vor allem in den ersten<br />

Orgasmusrate, vor allem dann, wenn der Partner<br />

der befragten Frauen (24%) die reale Koitusfrequenz<br />

sind sexuell erheblich reger als nicht Glückliche (<strong>und</strong><br />

beiden Jahren, <strong>und</strong> sinkt nach fünf bis zehn Jahren,<br />

nicht gerade die große Liebe <strong>oder</strong> nicht gut bekannt<br />

als „eher zu selten“. Dass Frauen von 50 bis 60 se-<br />

umgekehrt) (Abbildung 6). Frauen, die ihren Partner<br />

um sich dann auf einem bestimmten <strong>und</strong> individuell<br />

ist. Neben der Qualität der Beziehung der beiden<br />

xuell mehr wollen, als sie haben, auch in Form von<br />

sehr lieben – <strong>und</strong> das sind die meisten (Abbildung 31),<br />

sehr unterschiedlichen Niveau zu stabilisieren (Ab-<br />

Geschlechtspartner spielen selbstverständlich die Ein-<br />

Geschlechtsverkehr, gehört zu den beeindruckenden<br />

haben im Durchschnitt 6,2-mal Geschlechtsverkehr<br />

bildung 8, 9). Ganz geht die <strong>Lust</strong> auch nach 20 <strong>oder</strong><br />

stellung zur Sexualität <strong>und</strong> die orgastische Potenz der<br />

Ergebnissen unserer Studie. Das wird durch einen wei-<br />

im Monat, diejenigen, die ihn nur etwas lieben, aber<br />

40 Ehejahren nicht verloren, in gewisser Hinsicht<br />

jeweiligen Frau eine Rolle. Sinnliche <strong>und</strong> genussfähige<br />

teren, etwas differenzierteren Bef<strong>und</strong> bestätigt. Nur<br />

Abbildung<br />

8<br />

Koitusfrequenz nach<br />

Beziehungsdauer (Gesamtgruppe)<br />

Abbildung<br />

9<br />

Sexuelles Verlangen<br />

nach Beziehungsdauer<br />

Abbildung<br />

10<br />

Sind Sie während des letzten sexuellen Zusammenseins<br />

zum Orgasmus gekommen?<br />

Abbildung<br />

11<br />

War die Häufigkeit des<br />

Geschlechtsverkehrs für Sie …<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

6,5-mal im<br />

Monat<br />

3,6<br />

4,6 4,5<br />

4,2<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

45 %<br />

31 %<br />

32 %<br />

22 %<br />

25 %<br />

ja, einmal<br />

59 %<br />

nein<br />

25 %<br />

ja, mehrmals<br />

16 %<br />

eher zu oft 6 %<br />

eher zu<br />

selten<br />

24 %<br />

gerade<br />

richtig<br />

70 %<br />

0<br />

1–10<br />

Jahre<br />

11–20<br />

Jahre<br />

21–30<br />

Jahre<br />

31–35<br />

Jahre<br />

mehr als<br />

35 Jahre<br />

0 %<br />

1–10<br />

Jahre<br />

11–20<br />

Jahre<br />

21–30<br />

Jahre<br />

31–35<br />

Jahre<br />

mehr als<br />

35 Jahre<br />

12 13


Abbildung<br />

12<br />

Zufriedenheit mit der<br />

Häufigkeit von Geschlechtsverkehr<br />

Abbildung<br />

13<br />

Koitusfrequenz (ø pro Monat)<br />

nach Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />

selten mindert das dann auch die Beschwerden. Ein<br />

Beispiel dafür ist in unserer Studie die Schlaflosigkeit –<br />

Abbildung<br />

15<br />

Ist Sexualität für Sie …<br />

70 %<br />

60 %<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

16 %<br />

3 %<br />

sehr zufrieden<br />

57 %<br />

16 %<br />

zufrieden<br />

23 %<br />

19 %<br />

weniger<br />

zufrieden<br />

58 %<br />

8 %<br />

überhaupt nicht<br />

zufrieden<br />

in fester<br />

Beziehung<br />

Singles<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Ges<strong>und</strong>heitszustand …<br />

5,7<br />

2,2<br />

sehr gut<br />

4,5<br />

gut<br />

4,2<br />

0,6 0,6<br />

weniger gut<br />

2,7<br />

0,0<br />

überhaupt<br />

nicht gut<br />

in fester<br />

Beziehung<br />

Singles<br />

nach Gelenk- <strong>und</strong> Muskelbeschwerden <strong>und</strong> noch vor<br />

Hitzewallungen <strong>und</strong> Schwitzen das zweithäufigste Ges<strong>und</strong>heitsproblem<br />

in den Wechseljahren: Sexuell aktive<br />

Frauen leiden deutlich weniger <strong>oder</strong> überhaupt nicht<br />

unter Schlafstörungen.<br />

Ein erfülltes Sexualleben strahlt auf die Ges<strong>und</strong>heit,<br />

das allgemeine Wohlbefinden, die Lebenszugewandtheit,<br />

das Selbstwertgefühl <strong>und</strong> viele andere Bereiche<br />

mal so,<br />

mal so<br />

40 %<br />

keines von<br />

beiden<br />

14 %<br />

eher<br />

belebend<br />

43 %<br />

eher belastend 3 %<br />

des Lebens positiv aus. Für die meisten Frauen ist<br />

14% sind mit der Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs<br />

sondern beschreibt auch im Selbstverständnis der be-<br />

Sexualität ein belebendes, lebensfreudiges, lustvolles,<br />

über Potenzschwierigkeiten ihres Partners – ein<br />

in ihrer Beziehung sehr zufrieden, weitere 51% zufrie-<br />

fragten Frauen eine Balance zwischen physischen, psy-<br />

vitalisierendes Element ihres Lebens. Nur 3% sagen,<br />

erheblicher Prozentsatz (Abbildung 16). Bei großen<br />

den <strong>und</strong> 35% weniger <strong>oder</strong> überhaupt nicht zufrie-<br />

chischen <strong>und</strong> sozialen Faktoren, zu denen signifikant<br />

dass Sexualität für sie eher belastend ist (Abbildung<br />

Unterschieden zwischen Frauen mit <strong>und</strong> Frauen ohne<br />

den – darunter auch einige von den Frauen, die in den<br />

Liebe <strong>und</strong> Sexualität gehören.<br />

15). Sexualität belebt nicht nur die Beziehung, sondern<br />

Partner haben 26% im Moment keine <strong>Lust</strong> auf Sex.<br />

letzten vier Wochen mehr als achtmal Geschlechts-<br />

das ganze Selbst. Sexualität ist für Frauen dieses Alters<br />

14% verspüren Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.<br />

verkehr hatten (Abbildung 12). Noch weit größer ist<br />

Beim statistischen Zusammenhang zwischen Wohl-<br />

nichts, was sie tendenziell belastet. Für die meisten ist<br />

Mindestens 20% leiden unter dem für dieses Alter ty-<br />

freilich das Defiziterleben bei den Frauen ohne feste<br />

befinden <strong>und</strong> sexueller Aktivität ist daher eine<br />

sie ein Lebenselixier <strong>und</strong> kein Lebensproblem.<br />

pischen Problem der trockenen Scheide. 22% fühlen<br />

Beziehung.<br />

intervenierende Variable von besonderer Bedeutung:<br />

sich zu wenig begehrt. 33% sagen, sie hätten zu wenig<br />

der Partnerstand. In guten Partnerbeziehungen kommt<br />

Realistischerweise idealisieren sie Sexualität nicht.<br />

Sex – <strong>und</strong> 38% klagen über zu wenig Zärtlichkeit, 29%<br />

Zu den Faktoren, die das Sexualleben beeinflussen,<br />

auch bei nicht so gutem Ges<strong>und</strong>heitszustand die sexu-<br />

Sie wissen auf Gr<strong>und</strong> ihrer Lebens- <strong>und</strong> Liebeserfah-<br />

der Frauen mit <strong>und</strong> 78% der Frauen ohne feste Be-<br />

gehört selbstverständlich der Ges<strong>und</strong>heitszustand.<br />

elle Aktivität nicht zum Erliegen, die ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

rung, dass Sexuelles nicht immer gleich ist <strong>und</strong> Höhen<br />

ziehung (Abbildung 17). Vor allem die Frauen, die sich<br />

R<strong>und</strong> die Hälfte der Frauen fühlte sich in diesem Jahr<br />

Probleme werden in der Partnerschaft aufgefangen.<br />

<strong>und</strong> Tiefen in sich birgt. 17% sagen, ihr Partner ver-<br />

selbst als zärtlich betrachten, leiden darunter, wenn<br />

mehr <strong>oder</strong> weniger häufig durch Krankheiten <strong>und</strong> Be-<br />

Nicht so in einer schlechten <strong>oder</strong> bei gar keiner Be-<br />

stehe sie sexuell nicht. Bei 8% will der Partner sexu-<br />

die Fähigkeit zur Zärtlichkeit nicht abgerufen wird.<br />

schwerden in ihrem Sexualleben beeinflusst: 8% sehr<br />

ziehung (Abbildung 13). Generell bestätigt sich die alte<br />

ell nichts mehr von seiner Frau wissen. 26 % klagen<br />

Zärtlichkeit ist ein überlebensnotwendiges Verhal-<br />

häufig, 10 % häufig <strong>und</strong> 30 % manchmal, die andere<br />

Erkenntnis: Wer sich ges<strong>und</strong> fühlt, ist sexuell aktiver,<br />

ten, eine Sehnsucht, eine Reaktion auf die Rauheit der<br />

Hälfte (52%) überhaupt nicht. Zwischen Krankheiten<br />

bzw. Beschwerden <strong>und</strong> sexueller Aktivität besteht<br />

ein spannungsreiches Verhältnis, das gr<strong>und</strong>legend –<br />

<strong>und</strong> wer sexuell aktiv ist, fühlt sich gesünder (<strong>und</strong> ist<br />

es auch), gerade mit zunehmendem Alter (Abbildung<br />

14). Allerdings finden sich auch Ausnahmen: Manche<br />

Abbildung<br />

14<br />

Fühlen Sie sich häufig krank?<br />

„Trifft zu“ in %<br />

Welt. Zärtlichkeit hat einen selbständigen Wert für<br />

die Persönlichkeit <strong>und</strong> bei den meisten zugleich eine<br />

partnerschaftliche Dimension. Geht diese Dimension<br />

aber nicht nur – von Art, Schwere <strong>und</strong> Häufigkeit<br />

Frauen sind zwar kernges<strong>und</strong> <strong>und</strong> haben <strong>Lust</strong> – aber<br />

60 %<br />

verloren, dann verkümmert auch die Zärtlichkeit.<br />

der Krankheiten/Beschwerden bestimmt ist. Manche<br />

Frauen, die objektiv ges<strong>und</strong>heitliche Probleme haben,<br />

lassen sich davon nicht allzu sehr in ihrer sexuellen<br />

Aktivität beeinträchtigen, andere reagieren mit sexueller<br />

Regression <strong>oder</strong> Abstinenz. Ges<strong>und</strong>heit ist nicht<br />

allein durch Abwesenheit von Krankheit zu erklären,<br />

sie haben keinen Partner <strong>oder</strong> nicht den richtigen.<br />

Oder: Manche Frauen haben zwar allerlei <strong>Lust</strong>, aber<br />

nicht auf Sex <strong>und</strong> fühlen sich trotzdem ges<strong>und</strong> <strong>und</strong> zufrieden.<br />

Oder: Manche Frauen haben zwar Beschwerden,<br />

aber trotzdem sexuelles Verlangen <strong>und</strong> einen lieben<br />

Partner –, <strong>und</strong> so schlafen sie miteinander. Nicht<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

6 %<br />

sexuell sehr Aktive<br />

36 %<br />

sexuell weniger Aktive<br />

Ef e u un d ei n zä r t l i c h Ge m ü t<br />

Hef t e t si c h an un d gr ü n t un d b l ü h t .<br />

Kan n es we d e r St a m m no c h Ma u e r fi n d e n ,<br />

Es m u s s ve rd o r re n, e s m u s s ve r s c h w i n d e n.<br />

Johann Wolfgang von Goethe<br />

14 15


Abbildung<br />

16<br />

Mein Partner versteht mich sexuell nicht<br />

Mein Partner will mehr Sex als ich<br />

Mein Partner zwingt mich zum Sex<br />

Ich will mehr Sex als mein Partner<br />

Mein Partner hat Potenzschwierigkeiten<br />

Mein Partner will sexuell nichts mehr von mir wissen<br />

Abbildung<br />

17<br />

Ich habe Schmerzen beim<br />

Geschlechtsverkehr<br />

Ich habe keine <strong>Lust</strong> auf Sex<br />

Sexuelle Probleme in der Partnerschaft<br />

8 %<br />

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 %<br />

15 %<br />

1 %<br />

25 %<br />

29 %<br />

8 %<br />

13 %<br />

17 %<br />

26 %<br />

Sexuelle Probleme: 50- bis 60-jährige Frauen<br />

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 %<br />

36 %<br />

100 %<br />

in fester<br />

Beziehung<br />

Singles<br />

Gerade das Berührtwerden, der intime Körperkontakt,<br />

ist zusammen mit dem zärtlichen Wort <strong>und</strong> der<br />

zärtlichen Geste für sie von besonderer Beutung: Sie<br />

sind sinnlich.<br />

Unsere Studie enthält einen Selbstbildtest, der diesbezüglich<br />

überraschende Ergebnisse erbringt. Wer annimmt,<br />

dass sich Frauen jenseits der 50 krank, traurig,<br />

angstvoll, überflüssig, einsam, minderwertig fühlen, der<br />

irrt. Dass es solche Gefühle gibt, temporär <strong>oder</strong> auch<br />

chronisch, ist unbestritten. Aktuell benennen sie etwa<br />

15 bis 25% der Frauen (Abbildung 18). Manchmal sind<br />

diese Merkmale miteinander gekoppelt, so dass ein<br />

bestimmtes Gefühlssyndrom entsteht. Der Korrelationskoeffizient<br />

ist am höchsten bei „einsam – traurig“<br />

<strong>und</strong> „einsam – überflüssig“ sowie „traurig – angstvoll“.<br />

Nur 2% meinen, alle sechs der genannten leidvollen<br />

Gefühle träfen auf sie zu. Dagegen leiden 63% unter<br />

keinem dieser Gefühlszustände.<br />

Die befragte Generation, zwischen 1946 <strong>und</strong> 1956<br />

geboren <strong>und</strong> emanzipatorisch sozialisiert, ist eine<br />

selbstbewusste Generation <strong>und</strong> empfindet sich<br />

auch so. Sie ist <strong>und</strong> betrachtet sich als kontaktfreudig,<br />

attraktiv, genussfähig, fraulich, humorvoll, zärtlich,<br />

schön <strong>und</strong> begehrenswert. Sie hat keine Scheu, dies<br />

zum Ausdruck zu bringen. Die befragten Frauen haben<br />

in den meisten Fällen zwar kein euphorisches, aber<br />

doch ein positives Bild von sich selbst. Sie geben sich<br />

zwar meist nicht die Note 1, aber doch überwiegend<br />

die Note 2 <strong>oder</strong> 3. Kaum 10% benoten sich mit 5<br />

<strong>und</strong> 6, was zu recht guten Durchschnittsnoten führt<br />

(Abbildung 19).<br />

Ich werde zu wenig begehrt<br />

16 %<br />

51 %<br />

Ich habe zu wenig Sex<br />

25 %<br />

73 %<br />

Ich erfahre zu wenig Zärtlichkeit<br />

29 %<br />

78 %<br />

Abbildung<br />

19<br />

Selbstbild: ø-Note<br />

Abbildung<br />

18<br />

Ich fühle mich häufig …<br />

zärtlich<br />

0 1 2 3 4 5 6<br />

2,2<br />

traurig<br />

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 %<br />

27 %<br />

kontaktfreudig<br />

humorvoll<br />

genussfähig<br />

2,2<br />

2,3<br />

2,3<br />

krank<br />

27 %<br />

fraulich<br />

2,4<br />

angstvoll<br />

18 %<br />

selbstbewusst<br />

2,4<br />

einsam<br />

minderwertig<br />

16 %<br />

16 %<br />

sinnlich<br />

attraktiv<br />

begehrenswert<br />

3,0<br />

3,1<br />

3,2<br />

überflüssig<br />

13 %<br />

schön<br />

3,3<br />

16 17


Abbildung<br />

20<br />

Ich bin schön<br />

Sie finden sich nicht uneingeschränkt schön (Abbildung<br />

20). Aber ganz gewiss zärtlich (Abbildung 21). Fast alle<br />

Abbildung<br />

23<br />

Sexuelles Verlangen nach Selbstbild:<br />

Ich bin begehrenswert<br />

Abbildung<br />

24<br />

Humor (Note 1)<br />

nach sexueller Aktivität<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

2 %<br />

17 %<br />

Note 1 Note 2<br />

sehr schön<br />

42 %<br />

27 %<br />

9 %<br />

3 %<br />

Note 3 Note 4 Note 5 Note 6<br />

nicht schön<br />

der befragten Frauen (98%) bezeichnen sich als mehr<br />

<strong>oder</strong> weniger sinnlich (Abbildung 22). Das ist im Zeitalter<br />

beschworener Entsinnlichung <strong>und</strong> Unlust eine<br />

Sensation. Selbst die Frauen, die im Moment keine <strong>Lust</strong><br />

auf Sex haben, bezeichnen sich kaum als völlig unsinnlich<br />

(nur 7% von ihnen). Die genannten Eigenschaften<br />

stehen miteinander in Verbindung. Besonders eng ist<br />

der korrelative Zusammenhang zwischen attraktiv <strong>und</strong><br />

begehrenswert, sinnlich <strong>und</strong> begehrenswert, sinnlich<br />

60 %<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

52 %<br />

36 %<br />

Note 1 Note 2<br />

sehr begehrenswert<br />

24 %<br />

27 %<br />

18 %<br />

9 %<br />

Note 3 Note 4 Note 5 Note 6<br />

nicht begehrenswert<br />

70 %<br />

60 %<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

63 %<br />

27 %<br />

Note 1 Note 2<br />

sexuell sehr aktiv<br />

19 %<br />

17 %<br />

11 %<br />

23 %<br />

Note 3 Note 4 Note 5 Note 6<br />

sexuell nicht aktiv<br />

<strong>und</strong> schön, sinnlich <strong>und</strong> zärtlich, humorvoll <strong>und</strong> fraulich,<br />

humorvoll <strong>und</strong> zärtlich, selbstbewusst <strong>und</strong> kon-<br />

zuschreiben (Abbildung 23). Das sexuelle Verlangen<br />

gibt es im Grad der Zufriedenheit Unterschiede, teil-<br />

Abbildung<br />

21<br />

Ich bin zärtlich<br />

taktfreudig.<br />

ist eben keine rein physiologische Größe. Ein anderes<br />

Beispiel ist der Humor. Zwar haben viele der Frauen,<br />

weise auch größere. So sind die sexuell aktiven Frauen<br />

in weit höherem Maße mit ihrem Leben „sehr“ zufrie-<br />

50 %<br />

40 %<br />

46 %<br />

Bildet man aus dieser Selbstbenotung einen Gesamtpunktwert,<br />

dann ergibt sich ein hervorragendes Korrelat<br />

für fast alle Parameter unserer Untersuchung,<br />

die sexuell nicht aktiv sind, Humor, manchmal sogar<br />

sehr viel, wohl auch als Kompensation für sexuelle<br />

Defizite. Aber bei denjenigen, die sexuell besonders<br />

den als die sexuell inaktiven (41% zu 13 %), ebenso<br />

verständlicherweise auch die Frauen, die ihren Partner<br />

sehr lieben, versus diejenigen, die ihren Partner<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

24 %<br />

Note 1 Note 2<br />

sehr zärtlich<br />

22 %<br />

6 %<br />

2 %<br />

0 %<br />

Note 3 Note 4 Note 5 Note 6<br />

überhaupt nicht zärtlich<br />

das zeigt, wie wichtig das Selbstbild ist, auch in Bezug<br />

auf Sexualität. Ein Beispiel ist das sexuelle Verlangen.<br />

Frauen, die sich schön, begehrenswert, genussfähig<br />

finden <strong>und</strong> mit ihrem Körper im Einklang stehen, äußern<br />

weit häufiger sexuelles Verlangen als die Frauen,<br />

die sich die genannten Eigenschaften nicht so sehr<br />

aktiv sind, ist Humor mit Abstand am stärksten ausgeprägt<br />

(Abbildung 24). Glückliche sind humorvoller als<br />

Unglückliche, Zärtliche haben mehr Humor als nicht<br />

Zärtliche. Humor, Fröhlichkeit, Freude, Frohsinn,<br />

Lachen <strong>und</strong> Lächeln sind sexuologisch überaus wesentliche<br />

Einflussgrößen, auch wenn sie in der sexuologi-<br />

weniger lieben (42% zu 5%). Frauen mit sehr starken<br />

klimakterischen Beschwerden sind selten „sehr“ zufrieden<br />

mit ihrem Leben insgesamt (7 %) gegenüber<br />

den beschwerdelosen Frauen (24%).<br />

schen Literatur fehlen. Sie drücken eine bestimmte<br />

Lebenshaltung <strong>und</strong> eine bestimmte Souveränität aus<br />

Abbildung<br />

22<br />

Ich bin sinnlich<br />

<strong>und</strong> finden gemeinsam mit den anderen genannten <strong>und</strong><br />

weiteren Eigenschaften ihr Zentrum in dem großen<br />

Abbildung<br />

25<br />

Zufriedenheit mit<br />

meinem Leben insgesamt<br />

50 %<br />

40 %<br />

35 %<br />

Selbstwertgefühl <strong>und</strong> dem hohen Selbstbewusstsein<br />

dieser Frauengeneration.<br />

80 %<br />

70 %<br />

60 %<br />

66 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

7 %<br />

30 %<br />

Note 1 Note 2<br />

sehr sinnlich<br />

19 %<br />

7 %<br />

2 %<br />

Note 3 Note 4 Note 5 Note 6<br />

nicht sinnlich<br />

Lebenszufriedenheit. Die meisten Frauen von 50 bis<br />

60 sind ihres Lebens ziemlich froh. 19% sind sehr zufrieden,<br />

66% zufrieden, nur 13% weniger zufrieden <strong>und</strong><br />

2% überhaupt nicht zufrieden (Abbildung 25). Die postmenopausale<br />

Lebensphase ist für die meisten Frauen<br />

keine Zeit einer besonderen Unzufriedenheit. Freilich<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

19 %<br />

sehr<br />

zufrieden<br />

zufrieden<br />

13 %<br />

weniger<br />

zufrieden<br />

2 %<br />

überhaupt nicht<br />

zufrieden<br />

18 19


Kritische Größen für das Lebensgefühl der Frauen in<br />

diesem Alter sind vor allem drei:<br />

Abbildung<br />

27<br />

Zufriedenheit mit meiner Figur<br />

Der beste Prädiktor für das Sexualleben ist nicht das<br />

Alter an sich, es sind auch nicht demografische Merk-<br />

haben <strong>und</strong> in deren Leben die Familie eine primäre<br />

Bedeutung hat. Auf ihr Ehefrauendasein kann man sie<br />

Erstens das Körpergewicht. Nur 22% akzeptieren ihr<br />

Körpergewicht <strong>und</strong> möchten so sein, wie sie sind. 1%<br />

will mehr wiegen. Aber 77% möchten gern weniger<br />

wiegen. Erklärlicherweise sind das vor allem die Übergewichtigen<br />

(97%). Aber auch 6% der Untergewichtigen<br />

möchten weniger wiegen (Abbildung 26). Der<br />

60 %<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

38 %<br />

43 %<br />

14 %<br />

male wie territoriale Herkunft, Bildung, Beruf <strong>oder</strong><br />

aktuelle Befindlichkeiten wie körperliche Beschwerden,<br />

sondern – wie wieder <strong>und</strong> wieder betont werden<br />

soll – die Existenz einer Partnerbeziehung <strong>und</strong> deren<br />

Qualität.<br />

freilich nicht reduzieren. Sie sind <strong>oder</strong> waren überwiegend<br />

berufstätig, sie sind reich an Lebenserfahrung<br />

<strong>und</strong> schauen keineswegs resignierend in die Zukunft.<br />

Zweifellos gehören sie wesentlich zu den stabilisierenden<br />

Bevölkerungsgruppen unserer Gesellschaft.<br />

dringende Wunsch der meisten Frauen, weniger zu<br />

10 %<br />

5 %<br />

In welchem familiären Kontext leben die Frauen zwi-<br />

Sortiert man nach Frauen mit <strong>und</strong> Frauen ohne der-<br />

wiegen <strong>oder</strong> doch wenigstens nicht weiter zuzunehmen,<br />

ist ein Phänomen nicht nur somatischer, sondern<br />

0 %<br />

sehr<br />

zufrieden<br />

zufrieden<br />

weniger<br />

zufrieden<br />

überhaupt nicht<br />

zufrieden<br />

schen 50 <strong>und</strong> 60? Hinsichtlich ihres Familienstands<br />

sind 70% der befragten Frauen zwischen 50 <strong>und</strong> 60<br />

zeit feste Zweierbeziehung, so zeigt sich:<br />

Partnerstand: feste Beziehung. 81% der von uns<br />

auch <strong>und</strong> vor allem psychischer <strong>und</strong> psychosozialer<br />

verheiratet, 19% geschieden, 6% verwitwet <strong>und</strong> 5%<br />

befragten Frauen haben gegenwärtig eine feste Part-<br />

Dimension. Wohl keine Frau steht ganz abseits vom<br />

weniger zufrieden <strong>und</strong> 14% überhaupt nicht zufrieden<br />

ledig. Damit haben fast alle Frauen dieser Generati-<br />

nerbeziehung (Abbildung 28). Die meisten von ihnen<br />

Terror der herrschenden Schlankheitsideale <strong>und</strong> der<br />

(Abbildung 27). Die Unterschiede nach Körpergewicht<br />

on Eheerfahrung. 91% haben eigene Kinder <strong>und</strong> 38%<br />

(86%) sind verheiratet <strong>und</strong> wohnen zu 99% mit ih-<br />

Abnahmeagitation. Für diese Altersgruppe kommt der<br />

sind erwartungsgemäß extrem. Bei einem BMI über 32<br />

Enkel. Der Anteil der Großmütter ist in den neuen<br />

rem Mann zusammen. 9% sind geschieden <strong>oder</strong> ge-<br />

Druck hinzu, die biologisch meist unvermeidbare Ge-<br />

geht die Zufriedenheit mit der Figur gen null.<br />

B<strong>und</strong>esländern erheblich größer, insbesondere bei<br />

trennt lebend, 3% verwitwet <strong>und</strong> 2% ledig. Damit ist<br />

wichtszunahme nicht akzeptieren zu können.<br />

höher gebildeten Frauen: Im Osten haben 55 % der<br />

klar, dass Partnerbeziehung in dieser Altersgruppe fast<br />

Drittens das Gefühl, begehrt zu werden. Geben<br />

Frauen mit Abitur bereits Enkel, im Westen nur 12 %.<br />

ausschließlich Ehe bedeutet <strong>oder</strong> bedeutet hat. Die<br />

Zweitens die Figur als problematische Größe. Eng<br />

sich ganz junge Frauen eher cool <strong>und</strong> die Frauen in<br />

Zugleich sind in den alten B<strong>und</strong>esländern 30 % der<br />

Vielfalt von Familienformen, wie sie sich bei jüngeren<br />

verb<strong>und</strong>en mit Gewichtsproblemen sehen viele Frauen<br />

mittlerem Alter eher souverän, so erwartet man von<br />

Frauen dieses Alters die überwiegende Zeit ihres Le-<br />

Generationen <strong>und</strong> vor allem in Großstädten heraus-<br />

ihre Schönheit, ihr Aussehen, ihre Attraktivität <strong>und</strong><br />

älteren Frauen eher Neutralität. Doch zeigt unse-<br />

bens Hausfrau gewesen, in den neuen nur 5%. Aktu-<br />

bildet, ist für die Generation der 50- bis 60-jährigen<br />

ihre erotische Ausstrahlung durch ihre Figur gefährdet.<br />

re Studie, dass Frauen von 50 bis 60 keineswegs die<br />

ell sind 79% noch berufstätig, überwiegend in Teilzeit,<br />

Frauen nicht charakteristisch, genauso wenig wie eine<br />

Nur 5% der Frauen dieses Alters sind mit ihrer Fi-<br />

Dimensionen Attraktivität <strong>und</strong> Ausstrahlung aus den<br />

vor allem in den alten B<strong>und</strong>esländern. Im den neuen<br />

Sequenz von Beziehungen im Lebenslauf. Nur 9% der<br />

gur sehr zufrieden (weitere 38% zufrieden), aber 43%<br />

Augen verloren haben <strong>oder</strong> sie in den Augen der an-<br />

B<strong>und</strong>esländern arbeiten 47% in Vollzeit, in den alten<br />

Verheirateten hatten mehr als drei Beziehungen.<br />

deren nicht finden wollen. Begehrt zu werden <strong>und</strong><br />

28% – bei gleichzeitig höherer Arbeitslosigkeit im Os-<br />

sich körperlich angenommen zu sehen – darin drü-<br />

ten (19% im Vergleich zu 6% im Westen). 17% dieser<br />

Abbildung<br />

26<br />

Möchten Sie gern …<br />

cken sich nicht nur ein Ich-Bezug <strong>und</strong> ein Selbstwertanspruch<br />

aus, sondern auch eine kommunikative,<br />

Frauen haben einen Hoch-, Fachhochschul- <strong>oder</strong> Fachschulabschluss,<br />

9% keinen beruflichen Abschluss. 19%<br />

Abbildung<br />

28<br />

Haben Sie gegenwärtig<br />

eine feste Partnerbeziehung?<br />

100 %<br />

90 %<br />

80 %<br />

70 %<br />

60 %<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

Untergewichtige<br />

Normalgewichtige<br />

Übergewichtige<br />

6 %<br />

0 % 0 %<br />

19 %<br />

76 %<br />

97 %<br />

75 %<br />

23 %<br />

mehr wiegen weniger wiegen sein, wie Sie sind<br />

3 %<br />

interaktive Haltung, eine Außengerichtetheit. Begehrt<br />

zu werden bedeutet ja immer, dass man von anderen<br />

Menschen <strong>oder</strong> einem bestimmten Menschen begehrt<br />

wird. Dieses emotionale Spannungsverhältnis wird als<br />

wichtig, wohltuend <strong>und</strong> selbststärkend empf<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />

auch in der Sexualität als funktionell herausragend betrachtet.<br />

Frauen dieses Alters stellen sich nicht auf ein<br />

Weniger ein, sondern wollen mehr, nicht zuletzt in der<br />

der 50- bis 60-Jährigen leben allein im Haushalt, 32%<br />

zu zweit <strong>und</strong> die restlichen 49% zu mehreren (zumeist<br />

mit Kindern).<br />

Die deutschen Frauen in einem Alter von 50 bis 60<br />

Jahren kann man sich also vornehmlich <strong>und</strong> in typischer<br />

Weise als verheiratete (<strong>oder</strong> verheiratet gewesene)<br />

Mütter <strong>und</strong> teilweise schon Großmütter vor-<br />

nein<br />

19 %<br />

ja<br />

81 %<br />

Sexualität.<br />

stellen, die mit ihrem Mann immer zusammengewohnt<br />

20 21


Für genau 50% der Ehefrauen in dieser Altersgruppe<br />

ist die bestehende Ehe die erste <strong>und</strong> bislang einzige<br />

Abbildung<br />

30<br />

Sich-sehr-wohl-Fühlen in der Beziehung<br />

nach Dauer<br />

dass eine Beziehung nur dann eingegangen wurde <strong>und</strong><br />

aufrechterhalten wird, wenn sie auf Liebe gegründet<br />

Fremdgehen. 11% der Frauen in fester Beziehung<br />

sagen, dass sie mit einem anderen Mann <strong>und</strong> 5%, dass<br />

feste Beziehung. Sie sind im Durchschnitt bereits seit<br />

34,8 Jahren verheiratet (32,7 Jahre bei den unter<br />

55-Jährigen <strong>und</strong> 37,4 Jahre bei den über 55-Jährigen).<br />

Die meisten der bestehenden Beziehungen sind Langzeitbeziehungen.<br />

Kurzzeitbeziehungen sind in diesem<br />

Alter selten. Nur bei 11 % beträgt die Beziehung ein<br />

60 %<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

50 %<br />

51 % 51 %<br />

40 %<br />

38 %<br />

ist, wenn ihr das Prädikat Liebe verliehen werden<br />

kann. Entweder es ist eine Liebesbeziehung – <strong>oder</strong> es<br />

ist keine Beziehung. Fast niemand hält eine lieblose<br />

Partnerschaft aufrecht, <strong>und</strong> gerade Frauen sind darin<br />

konsequent.<br />

sie mit mehr als einem anderen Mann geschlafen haben,<br />

seit sie mit ihrem jetzigen Partner zusammen<br />

sind. Damit ergibt sich ein Anteil von Frauen mit sexuellen<br />

Außenkontakten von 16%. Die Beziehungsdauer<br />

spielt dabei keine Rolle. Langzeitbeziehungen sind<br />

keineswegs seitensprunggefährdeter als Kurzzeitbezie-<br />

bis zehn Jahre. Insgesamt haben 89% der Verheirateten<br />

10 %<br />

Nimmt man eine weitere Größe hinzu – die Sexualität –,<br />

hungen. In den meisten Langzeitbeziehungen sind die<br />

die Silberhochzeit hinter sich.<br />

0 %<br />

1–10<br />

Jahre<br />

11–20<br />

Jahre<br />

21–30<br />

Jahre<br />

31–35<br />

Jahre<br />

mehr als<br />

35 Jahre<br />

dann zeigt sich auch hier ein Zusammendenken <strong>und</strong><br />

Zusammenfühlen von Liebe, Partnerschaft, Beziehung<br />

Frauen nie fremdgegangen, <strong>und</strong> es spricht auch nichts<br />

dafür, dass das noch kommt – die sexuelle Treue ist<br />

Wohlfühlen in der Beziehung. Fühlen sich die<br />

<strong>und</strong> Sexualität. In unserer Untersuchung fühlen sich<br />

habitualisiert, die Tür zum sexuellen Außen ist nicht<br />

Frauen von 50 bis 60 in ihrer derzeitigen Beziehung,<br />

Dem griechischen Mythos folgend, nennt er dies das<br />

eindeutig diejenigen Frauen in ihrer Beziehung be-<br />

nur verschlossen, sondern gar nicht vorhanden. Zwi-<br />

die ja meist eine schon eine sehr lange ist, wohl? Das<br />

„Philemon-<strong>und</strong>-Baucis-Syndrom“ (Otten, 2008, S. 121 f.).<br />

sonders wohl, die ein reges Sexualleben haben. Den<br />

schen der Qualität der derzeitigen Beziehung <strong>und</strong> dem<br />

ist eindeutig der Fall. 90% der Frauen fühlen sich sehr<br />

Wahrscheinlich würden es die Frauen nicht aushalten<br />

Frauen jenseits der 50 <strong>und</strong> in meistens langen Bezie-<br />

Fremdgehen bestehen komplizierte Zusammenhänge.<br />

wohl bzw. wohl. Nur 9% fühlen sich weniger wohl <strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> sich trennen, wenn es ihnen nicht gelänge, sich in<br />

hungen ist die starke Liebe zu ihrem Partner nicht<br />

Eine lineare Kausalität kann nicht angenommen wer-<br />

1 % fühlt sich überhaupt nicht wohl (Abbildung 29).<br />

der Beziehung wohl zu fühlen, <strong>und</strong> die Beziehung ist ja<br />

verloren gegangen. Nur 1% sagt, dass sie ihren Part-<br />

den. Nicht zu unterschlagen ist, dass auch Frauen aus<br />

Das ist immer wieder ein erstaunliches Ergebnis, ob-<br />

dazu da, um sich in ihr wohl zu fühlen.<br />

ner überhaupt nicht lieben (Abbildung 31). Diese Liebe<br />

völlig intakten, harmonischen <strong>und</strong> glücklichen Bezie-<br />

wohl so <strong>oder</strong> so ähnlich aus anderen eigenen Unter-<br />

wird im Regelfall erwidert <strong>und</strong> als invariantes Merk-<br />

hungen sexuelle Außenkontakte haben. Das ist sogar<br />

suchungen bekannt (Starke 2005). Jüngst hat Dieter<br />

Das Wohlfühlen in der Langzeitbeziehung schwächt<br />

mal der Beziehung betrachtet. Sie ist in ihrem Ausmaß<br />

der häufigere Fall. Die meisten begründen das damit,<br />

Otten in der Oldenburger „50+ Studie“ Ähnliches he-<br />

sich nach 20 Jahren etwas ab, um dann wieder auf das<br />

wesentlich vom Selbstwertgefühl der Frau bestimmt.<br />

dass es einfach so passiert ist, <strong>und</strong> meistens war eine<br />

rausgef<strong>und</strong>en. Er spricht von einem „Trend zu älteren,<br />

Ausgangsniveau zu steigen (Abbildung 30). Es ist ein-<br />

Dabei finden sich lebhafter Sex <strong>und</strong> gelebte Liebe bei<br />

Verliebtheit dabei, die anders als die Liebe zum festen<br />

sich liebenden Ehepaaren“, die sich gut verstehen <strong>und</strong><br />

fach eine Fehlannahme, dass Ehen im Laufe der Zeit<br />

den meisten glücklich zueinander.<br />

Partner erlebt wurde <strong>und</strong> diese nicht tangiert.<br />

ihre Zeit gern zusammen verbringen.<br />

ungemütlich <strong>und</strong> unerträglich werden. Das kommt vor,<br />

aber dieser Alptraum ist die Ausnahmewirklichkeit.<br />

Abbildung<br />

29<br />

Wie wohl fühlen Sie sich<br />

zurzeit in Ihrer Beziehung?<br />

Das Wohlfühlen in der Paargruppe geht mit deren<br />

emotionaler Qualität einher. Zwar ist theoretisch klar,<br />

Abbildung<br />

31<br />

Lieben Sie Ihren Partner?<br />

60 %<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

44 %<br />

sehr<br />

wohl<br />

46 %<br />

wohl<br />

9 %<br />

weniger<br />

wohl<br />

1 %<br />

überhaupt<br />

nicht wohl<br />

dass Liebe <strong>und</strong> Partnerschaft nicht dasselbe sind. Praktisch<br />

kommt es auch vor, dass jemand leidenschaftlich<br />

liebt, aber beziehungsuntauglich ist <strong>und</strong> mit der geliebten<br />

Person nicht zusammenleben kann. Aber beziehungstauglich<br />

zu sein <strong>und</strong> nicht zu lieben, ist kaum<br />

vorstellbar für eine dauerhafte Beziehung. Der Regelfall<br />

im Denken <strong>und</strong> Fühlen der meisten Frauen ist, dass<br />

Beziehung <strong>und</strong> Liebe zusammengehören, dass eine Liebesbeziehung<br />

gelebt wird. Das hängt damit zusammen,<br />

80 %<br />

70 %<br />

60 %<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

22 %<br />

über alle<br />

Maßen<br />

65 %<br />

12 %<br />

1 %<br />

sehr etwas überhaupt<br />

nicht<br />

22 23


Abbildung<br />

32<br />

Wie stehen Sie zu dem Partner<br />

des letzten Zusammenseins? Er ist …<br />

mein fester<br />

Partner 96 %<br />

ein anderer<br />

fester Partner<br />

2 %<br />

jemand, der<br />

mir vorher<br />

schon bekannt<br />

war 2 %<br />

jemand, der mir<br />

vorher nicht bekannt<br />

war 0,2 %<br />

Dass sexuelle Außenbeziehungen ein höchst seltenes<br />

Ereignis sind, zeigt sich auch darin, dass beim letzten<br />

sexuellen Zusammensein bei 96% der Frauen in fester<br />

Partnerschaft ihr fester Partner es war, mit dem sie<br />

sexuell zusammen waren. 2 % geben einen anderen<br />

festen Partner an (haben also eine Parallelbeziehung<br />

<strong>oder</strong> ein festes Verhältnis), bei 2% war es kein fester,<br />

aber ein vorher bekannter Partner. Nur 0,2% Frauen<br />

sagen, sie hätten den Mann vorher nicht gekannt. Nur<br />

höchst selten gehen Frauen auch dieses Alters mit<br />

einem Mann ins Bett, den sie vorher nicht kannten.<br />

Das ist auch bei derzeit Partnerlosen so. Die allermeisten<br />

nehmen den Mann aus ihrer festen Beziehung<br />

(sofern sie eine haben) <strong>oder</strong> sie machen aus dieser<br />

Begegnung temporär eine feste (Sexual-)Partnerschaft<br />

(Abbildung 32).<br />

Partnerstand: keine feste Beziehung. Beziehungserfahrung<br />

haben so gut wie alle befragten Frauen in<br />

diesem Alter, auch diejenigen, die derzeit keinen festen<br />

Partner haben. Die letzte Beziehung war zumeist eine<br />

Ehe <strong>und</strong> liegt im Durchschnitt 8,7 Jahre zurück. Bei<br />

den Geschiedenen sind es 8,9 Jahre <strong>und</strong> bei den Verwitweten<br />

9,7 Jahre. Die Streuung ist erheblich. Ein Teil<br />

dieser Frauen lebt schon lange allein, 15% länger als<br />

Abbildung<br />

33<br />

Würden Sie gern wieder eine<br />

feste Partnerbeziehung eingehen?<br />

kommt drauf an<br />

60 %<br />

nein<br />

16 %<br />

ja<br />

24 %<br />

20 Jahre, ein Viertel (25%) aber noch keine fünf Jahre.<br />

Insbesondere die Witwen haben ihre Ehe in guter Erinnerung,<br />

auch in Bezug auf das Sexualleben. Sie haben<br />

sich in ihrer Beziehung wohl gefühlt <strong>und</strong> ihren Mann<br />

sehr geliebt, jedenfalls soweit sie sich jetzt erinnern.<br />

Der jetzt partnerlose Zustand wird von den allermeisten<br />

nicht als ideal betrachtet. Nur 16 % denken im<br />

Moment nicht an eine neue Beziehung. Das sind vor<br />

allem Frauen, die ihren Mann gerade erst durch Tod<br />

verloren haben, <strong>und</strong> diejenigen, die sich keine Chancen<br />

mehr ausrechnen <strong>oder</strong> sich mit dem Alleinsein abgef<strong>und</strong>en<br />

haben. Auch die schwer Enttäuschten gehören<br />

dazu. Die meisten wollen unbedingt wieder eine feste<br />

Partnerbeziehung <strong>oder</strong> schließen sie nicht aus (Abbildung<br />

33).<br />

Die fröhliche Singlefrau, die immer <strong>oder</strong> fast immer allein<br />

war <strong>und</strong> weiter allein bleiben möchte – sie gibt es.<br />

Aber sie ist selten. Für diese Generation ist sie jedenfalls<br />

in keiner Weise charakteristisch. Was gelegentliche<br />

sexuelle Abenteuer betrifft, so überwiegen die<br />

Frauen, die es für nicht allzu schwierig halten, „einen<br />

Mann fürs Bett“ zu kriegen (Abbildung 34). Aber nicht<br />

alle haben Gelegenheit dazu <strong>und</strong> nicht alle wollen <strong>und</strong><br />

suchen das. Nur 7% der Frauen, die gegenwärtig keine<br />

feste Partnerbeziehung haben, können sich entschließen,<br />

diese Frage, ob sie gern einen Partner für ein sexuelles<br />

Erlebnis finden würden, mit ja zu beantworten.<br />

49% möchten das nicht. 44% schließen ein sexuelles<br />

Erlebnis nicht von vornherein aus, machen es aber von<br />

den konkreten Umständen abhängig. Die partnerlosen<br />

Frauen von 50 bis 60 sehnen sich mehr nach einer<br />

festen Beziehung (plus Sexualität) als nach losem Sex.<br />

Partnermobilität. Wie viele Partnerbeziehungen<br />

hatten die 50- bis 60-jährigen Frauen in ihrem Leben?<br />

Astronomische Zahlen werden da nicht erreicht.<br />

In unserer Studie sind eine (39 %), zwei (29 %) <strong>und</strong><br />

drei (17%) Beziehungen am relativ häufigsten vertreten<br />

(zusammen 85 %). Sechs <strong>und</strong> mehr Beziehungen<br />

hatten nur 3% der befragten Frauen. Eine Frau gibt<br />

13(!) bisherige Beziehungen an, <strong>und</strong> drei Frauen sagen,<br />

sie hätten bisher noch keine feste Beziehung gehabt.<br />

Insgesamt ergibt das einen Durchschnitt von 2,2<br />

Beziehungen. Partnermobilität ist vor allem in einem<br />

westlich großstädtisch-intellektuellen Milieu (mit<br />

mehr kinderlosen Frauen) anzutreffen. Das hat auch<br />

die Studie „Beziehungsgraphien“ gezeigt (Schmidt et al.,<br />

2006; Starke, 2005; Matthiesen, 2007). Im Allgemeinen<br />

Abbildung<br />

34<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

Wäre es für Sie schwierig, einen Partner<br />

für ein sexuelles Erlebnis zu finden?<br />

21 % 21 %<br />

33 %<br />

25 %<br />

ja teils, teils nein weiß nicht<br />

ist häufiger Partnerwechsel für die Frauen dieser Altersgruppe<br />

nicht charakteristisch <strong>und</strong> wird es auch<br />

nicht mehr werden.<br />

Sind nun diejenigen mit bisher nur einer Beziehung<br />

glücklicher <strong>oder</strong> unglücklicher als die mit mehreren<br />

Beziehungen? In der Tendenz betrachten sich Frauen<br />

mit bisher nur einer Beziehung als ein wenig glücklicher.<br />

Doch sind die Unterschiede sehr klein. Der<br />

Korrelationskoeffizient beträgt 0,14! Das bedeutet<br />

einen fast völlig fehlenden Zusammenhang. Das heißt:<br />

Die Zahl der Beziehungen allein macht nicht glücklich<br />

<strong>oder</strong> unglücklich. Es gibt glückliche Frauen, die bisher<br />

nur eine Beziehung hatten, <strong>und</strong> unglückliche auch nach<br />

der fünften <strong>oder</strong> zehnten Beziehung. Partnerwechsel<br />

bringt nicht automatisch das größere Glück. Nimmt<br />

man Frauen mit gegenwärtig fester Beziehung, dann<br />

bezeichnen sich von denen, für die diese die bisher<br />

einzige ist, 58% als sehr glücklich (Note 1 <strong>und</strong> 2),<br />

diejenigen, für die diese Beziehung mindestens die<br />

vierte ist, zu 47 % (Abbildung 35).<br />

Abbildung<br />

35<br />

partnerlose Frauen 70 %<br />

60 %<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

58 %<br />

1<br />

Beziehung<br />

Sehr Glückliche<br />

nach Beziehungszahl<br />

49 %<br />

52 %<br />

47 %<br />

2 3 4<br />

<strong>und</strong> mehr<br />

24 25


Koituspartner. Knapp ein Viertel der Frauen dieses<br />

Alters, nämlich 23%, hatte bisher nur mit einem einzigen<br />

Mann Geschlechtsverkehr. Das sind vor allem<br />

Frauen, für die die bisherige Beziehung die einzige ist.<br />

Am zweithäufigsten werden mit 17% zwei Sexualpartner<br />

erwähnt, am dritthäufigsten drei mit 13%. Diese<br />

ersten drei Gruppen erfassen bereits die Hälfte der<br />

Population (53%). Weitere 20% nennen vier bis sechs<br />

Partner, 15% sieben bis zehn Partner, 5% 11 bis 15<br />

Partner, 3% 16 bis 20 Partner <strong>und</strong> die restlichen 4%<br />

21 <strong>und</strong> mehr Partner. Insgesamt ergibt sich eine durchschnittliche<br />

Koituspartnerzahl von 5,2 (Abbildung 36).<br />

Die Koituspartnerzahlen variieren je nach Lebenslauf<br />

<strong>und</strong> individuellen Bedingungen erheblich. Für keineswegs<br />

alle Frauen dieser Generation ist eine hohe Sexualpartnermobilität<br />

charakteristisch, obwohl sie in<br />

jungen Jahren die sexuelle Liberalisierung erlebt haben.<br />

Größere sexuelle Freiheiten <strong>und</strong> ein größerer Spielraum<br />

für individuelle Entscheidungen bedeuten nicht<br />

automatisch Promiskuität – bei allen Wechselfällen<br />

des Lebens <strong>und</strong> aller Spontanität –, nicht Verpflichtung<br />

zu sexuellen Abenteuern aller Art, zum Sammeln von<br />

Partnern. Im Gegenteil, die meisten Frauen belassen<br />

Abbildung<br />

36<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

23 %<br />

Anzahl bisheriger Koituspartner<br />

17 %<br />

13 %<br />

9 %<br />

7 %<br />

19 %<br />

8 %<br />

4 %<br />

es bei einem <strong>oder</strong> einigen wenigen Sexualpartnern.<br />

Koituspartnermobilität hat meist keinen polygamen<br />

Hintergr<strong>und</strong>, sondern ergibt sich durch die Abfolge<br />

von Partnerschaften im Lebenslauf.<br />

Diese Frauen genießen Sex, sie sehen sich nicht als<br />

Objekte, sondern als Subjekte der sexuellen Interaktion.<br />

Sie sind selbstbestimmt. Aber ihre sexuelle<br />

Aktivität ist nicht primär auf sich selbst bezogen,<br />

sondern partnerschaftlich orientiert. Es ist eine stark<br />

verhäuslichte Sexualität, was aber nicht Biederkeit,<br />

Einfallslosigkeit, bloße Routine, Langeweile <strong>und</strong><br />

Bravheit bedeuten muss.<br />

Wünsche <strong>und</strong> Hoffnungen. „Sie haben drei<br />

Wünsche in Liebe, Sexualität <strong>und</strong> Partnerschaft frei:<br />

Was wünschen Sie sich?“ Der eine große Wunsch<br />

der befragten Frauen zwischen 50 <strong>und</strong> 60 ist, „dass<br />

alles so bleibt, wie es ist“, nicht selten mit Aspekten<br />

des Altwerdens verb<strong>und</strong>en, meist in der Form „mit<br />

meinem Partner gemeinsam alt werden“. Ein anderer<br />

großer Wunsch ist die Ges<strong>und</strong>heit, sehr oft auf die<br />

Partnerschaft bezogen: „dass ich mit meinem Partner<br />

noch lange ges<strong>und</strong> zusammen sein kann!“ Was ist es<br />

nun, was ewig währen soll <strong>und</strong> was für diese Frauen<br />

im Vordergr<strong>und</strong> steht? „Dass die Liebe immer gegenwärtig<br />

ist.“ Liebe ist der am häufigsten genannte Inhalt,<br />

gefolgt von Zärtlichkeit, sodann von Verständnis,<br />

Treue, Vertrauen, Ehrlichkeit <strong>und</strong> Verlässlichkeit. Bei<br />

Frauen, die ihren Partner durch Trennung/Scheidung<br />

<strong>oder</strong> Tod verloren haben <strong>und</strong> nun allein sind, ist der<br />

überragende Wunsch der nach einer dauerhaften Beziehung:<br />

„einen festen Partner finden für den Rest des<br />

Lebens.“<br />

Das Wünschen <strong>und</strong> Zukunftsdenken der Frauen im<br />

Alter von 50 bis 60 Jahren in Bezug auf Liebe, Sexualität<br />

<strong>und</strong> Partnerschaft ist nicht exotisch <strong>oder</strong> alternativ.<br />

Es spiegelt im Wesentlichen auch nicht geheime,<br />

unerfüllte Sehnsüchte wider. Und es ist – wie alle<br />

Ergebnisse unserer Untersuchung zeigen – weder<br />

männerfeindlich noch beziehungsfeindlich noch sexualfeindlich.<br />

Es ist vielmehr auf Stabilität <strong>und</strong> Qualität<br />

der Partnerbeziehung gerichtet: eine feste, sichere,<br />

liebevolle, erfüllte, glückliche Partnerschaft bei möglichst<br />

guter Ges<strong>und</strong>heit. Das ist es, was das seelische<br />

<strong>und</strong> lebenspraktische Zentrum dieser meist selbstbewussten<br />

Frauen in allen Lebenslagen ausmacht.<br />

0 %<br />

1 2 3 4 5 6<br />

bis<br />

10<br />

11<br />

bis<br />

20<br />

21<br />

<strong>und</strong><br />

mehr<br />

26 27


Schmidt, Gunter (Hg.): Die sexuelle Revolution <strong>und</strong> ihre Kinder. Kontinuität <strong>und</strong> Wandel im<br />

studentischen Sexualverhalten 1966–1996. Gießen: Psychosozial, 2000<br />

Schmidt, Gunter, Silja Matthiesen, Arne Dekker, Kurt Starke: Spätm<strong>oder</strong>ne Beziehungswelten.<br />

Report über Partnerschaft <strong>und</strong> Sexualität in drei Generationen. Wiesbaden: VS Verlag für<br />

Sozialwissenschaften, 2006<br />

Literatur<br />

Schrader, Christiane, Helmut Luft, Meinolf Peters (Hg.): Liebe, <strong>Lust</strong> <strong>und</strong> andere Leidenschaften –<br />

vergänglich, wandelbar, zeitlos? Psychotherapie im Alter. Gießen: Psychosozial, 2005<br />

Alter <strong>und</strong> Sexualität. Köln: BZgA, 2003<br />

Berberich, Hermann, <strong>und</strong> Elmar Brähler: Sexualität <strong>und</strong> Partnerschaft in der<br />

zweiten Lebenshälfte. Gießen: Psychosozial, 2001<br />

Brähler, Elmar, <strong>und</strong> Hermann Berberich: Sexualität <strong>und</strong> Partnerschaft im Alter.<br />

Gießen: Psychosozial, 2008<br />

Starke, Kurt: Nichts als die reine Liebe. Beziehungsbiographien <strong>und</strong> Sexualität im sozialen <strong>und</strong><br />

psychologischen Wandel. Lengerich: Pabst Science Publishers, 2005<br />

Starke, Kurt: Sexualität im Erwachsenenalter. In: Renate-Berenike Schmidt <strong>und</strong> Uwe Sielert:<br />

Handbuch Sexualpädagogik <strong>und</strong> sexuelle Bildung. München: Juventa, 2008. S. 399–414<br />

Sydow, Kirsten von: Die <strong>Lust</strong> auf Liebe bei älteren Menschen. München: von Reinhardt, 1994<br />

Ebberfeld, Ingelore: Sexualität von Frauen im Alter. Münster: Lit, 2005<br />

Kolle, Oswalt: Die Liebe altert nicht. Erfüllte Sexualität ein Leben lang.<br />

Tübingen: Econ, 1997<br />

Matthiesen, Silja: Wandel von Liebesbeziehungen <strong>und</strong> Sexualität.<br />

Empirische <strong>und</strong> theoretische Analysen. Gießen: Psychosozial, 2007<br />

Otten, Dieter: Die 50+ Studie. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2008


TEIL 2:<br />

Sexualstörungen in der Peri<strong>und</strong><br />

Postmenopause<br />

Wissen <strong>und</strong> Unterstützung für die tägliche Praxis<br />

von Prof. Hans-Joachim Ahrendt<br />

unter Mitarbeit von Cornelia <strong>Friedrich</strong> Köthen*<br />

*Fachärztin für Gynäkologie <strong>und</strong> Geburtshilfe, Sexualmedizin


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einleitung Seite 33<br />

2 Ursachen <strong>und</strong> Erscheinungsformen<br />

der häufigsten Sexualstörungen<br />

der Frau in der Peri<strong>und</strong><br />

Postmenopause Seite 34<br />

2 .1 Störungen der sexuellen Appetenz Seite 34<br />

2.2 Störungen der sexuellen Erregung Seite 36<br />

2.3 Störungen des Orgasmus Seite 36<br />

2.4 Schmerzen beim Sex:<br />

Dyspareunie <strong>und</strong> Vaginismus Seite 38<br />

3 Diagnostik sexueller Störungen<br />

der Frau in der gynäkologischen<br />

Sprechst<strong>und</strong>e Seite 40<br />

3 .1 Sexualmedizinische Aktualanamnese Seite 40<br />

3.2 Sexuelle Eigenanamnese Seite 40<br />

3.3 Soziokulturelle Anamnese Seite 40<br />

3.4 Allgemeine medizinische Anamnese<br />

<strong>und</strong> Untersuchung Seite 41<br />

3.5 Fragebögen zur Erfassung der<br />

Sexualstörung Seite 41<br />

4 Therapie sexueller<br />

Funktionsstörungen Seite 41<br />

4 .1 Sexualberatung Seite 42<br />

4.2 Gesprächsführung Seite 43<br />

4.3 Sexualtherapie Seite 45<br />

5 Hormonelle Therapie<br />

von Sexualstörungen Seite 46<br />

5 .1 Lokale Östrogentherapie Seite 47<br />

5.2 Systemische Östrogentherapie Seite 48<br />

5.3 Therapie mit Gestagenen Seite 49<br />

5.4 Therapie mit Testosteron, transdermal Seite 49<br />

5.5 Therapie mit DHEA Seite 50<br />

5.6 Bedeutung von Oxytocin,<br />

Prolaktin <strong>und</strong> Dopamin Seite 51<br />

5.7 Therapie mit Östrogen-Gestagen-<br />

Kombinationen Seite 51<br />

6 Typisierung sexueller Störungen<br />

bei Frauen in der Peri- <strong>und</strong><br />

Postmenopause nach Kriterien<br />

der gynäkologischen Praxis Seite 54<br />

Anhang<br />

Patienten-Kurzfragebogen „B-PFSF“ Seite 58<br />

Fragebogen für das vertiefende Gespräch<br />

bei Sexualproblemen im Klimakterium Seite 59<br />

Literatur Seite 60<br />

Sexualstörungen in der Peri<strong>und</strong><br />

Postmenopause<br />

Wissen <strong>und</strong> Unterstützung für die tägliche Praxis von Prof. Hans-Joachim Ahrendt<br />

unter Mitarbeit von Cornelia <strong>Friedrich</strong> Köthen<br />

1 Einleitung<br />

Die Menopause stellt einen deutlichen Einschnitt im<br />

Leben einer jeden Frau dar, bedeutet sie doch das<br />

Ende der fertilen Phase. Klimakterium <strong>und</strong> Menopause<br />

werden mit negativen Werten assoziiert: mit dem<br />

Altwerden im Allgemeinen, mit der Abnahme der<br />

körperlichen Attraktivität <strong>und</strong> Leistungsfähigkeit, mit<br />

der Abnahme der sexuellen Attraktivität <strong>und</strong> dem<br />

Verlust der sexuellen Appetenz, mit dem Auftreten<br />

von Krankheiten u.Ä.<br />

Die Ursachen für das Eintreten der Menopause liegen<br />

in dem Nachlassen der endokrinen Funktionen. Vor<br />

allem ist sie bedingt durch das Nichtvorhandensein<br />

von Follikeln <strong>und</strong> den abrupten Rückgang der Bildung<br />

von Östrogenen in den Ovarien um das 50. Lebensjahr<br />

herum. Eingeleitet wird sie aber schon viel früher,<br />

nämlich dann, wenn sich ab etwa dem 40. Lebensjahr<br />

die Bildung des Progesterons verringert.<br />

Auch wenn es sich hierbei um physiologische Vorgänge<br />

handelt, haben sie bei vielen Frauen pathologische Folgen.<br />

Einerseits führen sie zu akuten Hormonmangelsymptomen,<br />

den Symptomen des sogenannten klimakterischen<br />

Syndroms, <strong>und</strong> andererseits sind dadurch<br />

se kun där oft chronische Erkrankungen zu erwarten.<br />

Zu den akuten Symptomen des klimakterischen<br />

Syndroms zählen vor allem die Hitzewallungen <strong>und</strong><br />

Schweißausbrüche, die oft <strong>und</strong> besonders nachts<br />

auftreten können. Sie bedingen Schlaflosigkeit, Übermüdung<br />

<strong>und</strong> mangelnde Leistungsfähigkeit. Nicht<br />

selten führt dies sek<strong>und</strong>är zu Angstzuständen <strong>und</strong><br />

einem Burnout. Begleitend kommen oft vegetative<br />

Verstimmungen <strong>oder</strong> gar Depressionen hinzu. Auch<br />

Schmerzen insbesondere der Fingergelenke, aber auch<br />

der Knie werden häufig von den Frauen in dieser akuten<br />

Umstellungsphase beklagt. Sek<strong>und</strong>är, oft erst nach<br />

Monaten <strong>oder</strong> Jahren, treten kardiovaskuläre Erkrankungen<br />

<strong>oder</strong> Osteoporose auf.<br />

Sehr besorgt äußern sich Patientinnen in den gynäkologischen<br />

Sprechst<strong>und</strong>en auch immer wieder über<br />

körperliche Veränderungen, die oftmals als „Lifestyle“<br />

negativ abgetan werden: über die nachteiligen Veränderungen<br />

von Haut <strong>und</strong> Haaren, über die Zunahme an<br />

Köpergewicht <strong>und</strong> die Veränderungen ihrer Körperproportionen.<br />

Ebenso klagen Frauen häufig über sexuelle Probleme.<br />

Etwa 30% der Frauen nach der Menopause klagen<br />

über einen Mangel an <strong>und</strong> Verlust von sexueller Appetenz<br />

<strong>und</strong> etwa 20% über eine mangelnde Feuchtigkeit<br />

<strong>und</strong> Lubrikation der Scheide, die oft eine Dyspareunie<br />

bedingt.<br />

33


Zunehmend äußern die Patientinnen von selbst<br />

es uns danken. Und dies ist unter dem Gesichtspunkt<br />

wisse „Neutralität“ gegenüber der Sexualität. Die<br />

Die Ursachen für ein Nachlassen der Libido sind vielfältig.<br />

diese Beschwerden. Andere aber haben auch heute<br />

der steten Zunahme der Bevölkerung dieser Alters-<br />

betroffenen Frauen beschreiben Sexualität oft als<br />

1. Probleme in der Partnerschaft:<br />

immer noch eine Scheu, bei ihrem Frauenarzt <strong>oder</strong><br />

gruppe für uns Ärzte von besonderer Bedeutung.<br />

etwas Fremdes, Überflüssiges, „der Motor springe<br />

offene <strong>oder</strong> latente Beziehungskonflikte hinsichtlich<br />

ihrer Frauenärztin diese Probleme von sich aus an-<br />

nicht an“ <strong>und</strong> sie könnten auch gut ohne Sex auskom-<br />

Nähe <strong>und</strong> Distanz, Dominanz <strong>und</strong> Unterwerfung,<br />

zusprechen. Hier liegt es also an uns, die Initiative zu<br />

men. Leidensdruck entsteht bei diesen Frauen mit<br />

Autonomiestreben <strong>und</strong> Unabhängigkeit, Vertraut-<br />

ergreifen, das Eis zu brechen, das Gespräch zu eröff-<br />

2<br />

Ursachen <strong>und</strong> Erscheinungsformen der<br />

Appetenzstörung im Wesentlichen aus zwei Gründen:<br />

sein <strong>und</strong> Fremdheit <strong>oder</strong> Diskrepanz des sexuellen<br />

nen. Aber auch wir haben natürlich unsere Ängste<br />

häufigsten Sexualstörungen der Frau in<br />

1. Die Libido war primär gut ausgeprägt, ist aber ver-<br />

Interesses beider Partner (Beier, 2005)<br />

<strong>und</strong> Hemmungen <strong>und</strong> viele Fragen:<br />

der Peri- <strong>und</strong> Postmenopause<br />

loren gegangen durch verschiedene Lebensumstän-<br />

2. Schwere allgemeine <strong>und</strong> chronische Erkran-<br />

1. Die Kompetenzfrage<br />

de <strong>oder</strong> auch durch gynäkologische Operationen<br />

kungen:<br />

Habe ich die notwendige Kompetenz, mich der<br />

2.1 Störungen der sexuellen Appetenz<br />

(beidseitige Oophorektomie).<br />

chronische Schmerzen, Diabetes mellitus, Hypothy-<br />

Sexualproblematik anzunehmen? Wie erhebe ich<br />

2. Die Appetenzstörung wirkt sich nachhaltig negativ<br />

reose, gynäkologische Operationen (Ovarektomie,<br />

eine Sexualanamnese? Wie artikuliere ich mich?<br />

Eine Störung der sexuellen Appetenz ist definiert als<br />

auf das eigene Selbstwertgefühl <strong>oder</strong> die Partner-<br />

Hysterektomie), gynäkologische <strong>und</strong> andere Karzi-<br />

Welches Beratungsziel strebe ich an? Welche<br />

Mangel an <strong>oder</strong> Verlust von sexuellem Verlangen, der<br />

schaft aus. Oftmals fühlen sich diese Frauen unter<br />

nome, andere Krebserkrankungen, Depressionen,<br />

therapeutischen Optionen gibt es?<br />

zu einer seltenen Initiierung von sexuellen Kontakten<br />

Druck gesetzt. Sie haben Angst, verlassen zu wer-<br />

Angststörungen, Persönlichkeitsstörungen, Stress-<br />

2. Die Zeitfrage<br />

führt. Sie beinhaltet eine verminderte Suche nach se-<br />

den. Der Partner seinerseits ist frustriert, weil er<br />

<strong>und</strong> Erschöpfungszustände, Alkoholabhängigkeit<br />

Welches Zeitmanagement brauche ich? Habe<br />

xuellen Reizen, ein Nachlassen des Denkens an Sexu-<br />

seiner Partnerin keine erfüllende Sexualität geben<br />

u.Ä. (Beier, 2005; Bitzer, 2008)<br />

ich die nötige Zeit <strong>und</strong> Ruhe dazu in der frau-<br />

alität mit Verlangen <strong>oder</strong> <strong>Lust</strong> <strong>und</strong> die Verminderung<br />

kann, <strong>und</strong> fühlt sich möglicherweise als Mann ent-<br />

3. Hormonelle Störungen:<br />

enärztlichen Sprechst<strong>und</strong>e? Habe ich nicht<br />

von sexuellen Fantasien.<br />

wertet (Hartmann, 2008).<br />

Verringerung der Serumspiegel von Östrogen <strong>und</strong><br />

schon sowieso eine volle Sprechst<strong>und</strong>e – muss<br />

Testosteron, physiologisch-altersbedingt (Meno-<br />

ich mir das auch noch antun?<br />

Die Folge davon ist meist ein Mangel an sexueller Er-<br />

Das Paar befindet sich in einem Teufelskreis aus nicht<br />

pause), chirurgisch bedingt (beidseitige Oophorek-<br />

3. Die Frage nach der Honorierung<br />

regung <strong>und</strong> Befriedigung. Davon abzugrenzen ist eine<br />

erfüllten Gr<strong>und</strong>bedürfnissen <strong>und</strong> fehlender Bestäti-<br />

tomie), bedingt durch Karzinom-Therapie: Chemo-<br />

Wie <strong>und</strong> in welchem Umfang werden diese zeit-<br />

sexuelle Aversion, bei der die Vorstellung von sexu-<br />

gung durch den Partner.<br />

therapie, Radiatio, Hyperprolaktinämie, Behandlung<br />

intensiven ärztlichen Leistungen honoriert?<br />

ellen Kontakten mit negativen Gefühlen verb<strong>und</strong>en<br />

mit Antiöstrogenen <strong>und</strong> Antiandrogenen<br />

ist <strong>und</strong> Angst erzeugt. Dies führt zu einer Vermeidung<br />

Die Lebensqualität kann durch sexuelle Funktionsstö-<br />

Dies sind alles wichtige Fragen <strong>und</strong> Probleme, die un-<br />

sexueller Kontakte <strong>und</strong> im Extremfall zu einer Sexual-<br />

rungen eine starke Einschränkung erfahren. Personen,<br />

Die Häufigkeit sexueller Appetenzstörungen ist nur<br />

ser unmittelbares Tun in der gynäkologischen Sprech-<br />

phobie (Hartmann, 2008).<br />

die nicht sexuell aktiv sind, haben eine deutlich gerin-<br />

schwer erfassbar. Verschiedene Autoren geben unter-<br />

st<strong>und</strong>e berühren, die immer einen Spagat zwischen<br />

gere Lebensqualität.<br />

schiedliche Häufungen an. Sie reichen von 10% (PRE-<br />

interessanten fachlichen Herausforderungen <strong>und</strong> dem<br />

Eine sexuelle Appetenzstörung kann primär (lebens-<br />

SIDiE-Studie, Frauenarzt 49/2008) bis 51% (Buddeberg<br />

wirtschaftlichen Führen einer Arztpraxis bedeuten.<br />

lang) <strong>oder</strong> sek<strong>und</strong>är (erworben) vorliegen. Sie kann<br />

Bei Frauen äußert sich das in verminderter Leistungs-<br />

et al., 2006; Hartmann, 2008). Sie korreliert mit dem<br />

generalisiert <strong>oder</strong> situativ auftreten <strong>und</strong> auf einen<br />

fähigkeit, verminderter Befriedigung im interpersona-<br />

Lebensalter. Der relative Anstieg ist jedoch geringer,<br />

Mehr denn je aber ist es für uns Gynäkologen <strong>und</strong> Gy-<br />

bestimmten Partner <strong>oder</strong> eine bestimmte Situation<br />

len, beruflichen <strong>und</strong> emotionalen Bereich.<br />

da mit zunehmendem Alter der Leidensdruck sinkt<br />

näkologinnen wichtig, sich den wichtigen sexualmedi-<br />

begrenzt sein (Beier, 2005).<br />

(Hartmann, 2008).<br />

zinischen Fragen <strong>und</strong> Problemen unserer Patientinnen<br />

Die Reduktion der sexuellen Störungen führte in klinischen<br />

insbesondere nach der Menopause zuzuwenden. Es<br />

Bei der leichten Form der sexuellen Appetenzstö-<br />

Studien zu einer signifikanten Verbesserung der Lebenszu-<br />

bedeutet, ein neues, notwendiges Kompetenzfeld zu<br />

rung besteht bei der Frau kein aktives Interesse an<br />

friedenheit <strong>und</strong> psychischen Ges<strong>und</strong>heit, zur Verminderung<br />

erschließen <strong>und</strong> die Patientin umfassend durch das Kli-<br />

Sexualität. Sexuelle Kontakte werden aber durchaus<br />

von Ängsten <strong>und</strong> Depressionen sowie zu interpersonaler<br />

makterium zu begleiten. Unsere Patientinnen werden<br />

als angenehm <strong>und</strong> lustvoll erlebt. Es besteht eine ge-<br />

Sensibilität <strong>und</strong> Selbstachtung (Hartmann, 2008).<br />

34 35


2.2 Störungen der sexuellen Erregung<br />

Lubrikation mit bedingt. Die Frauen klagen dann typi-<br />

Jüngere Frauen berichten häufiger über Orgasmusstö-<br />

Können Sie durch sexuelle Selbstbefriedigung einen<br />

scherweise über eine „trockene Scheide“. Kommt es<br />

rungen als ältere. Das kann daran liegen, dass Frauen<br />

Höhepunkt erleben?<br />

Eine sexuelle Erregungsstörung bei der Frau ist im<br />

dennoch zum Koitus, führt das zu Schmerzen, die sich<br />

im Laufe ihres Lebens ihren Körper besser kennen-<br />

In welchen Situationen können Sie einen Orgasmus<br />

Gegensatz zu der beim Mann nur schwer nachweisbar.<br />

wiederum negativ auf die sexuelle Appetenz <strong>und</strong> Erre-<br />

lernen <strong>und</strong> um die Möglichkeiten befriedigender<br />

erreichen <strong>und</strong> durch welche wird er verhindert?<br />

Sie ist gekennzeichnet durch das Fehlen von subjek-<br />

gung auswirken.<br />

sexueller Stimulationen wissen. Allerdings sind<br />

Wie war es bei früheren Partnern?<br />

tivem Erregungsempfinden <strong>und</strong> körperlichen Reakti-<br />

Wiederholen sich diese Schmerzen beim Koitus, kommt<br />

Orgasmusstörungen nicht selten auch das Symptom<br />

onen wie dem Anschwellen der Klitoris, der Labien<br />

es nach <strong>und</strong> nach zu einem Vermeidungsverhalten, <strong>und</strong><br />

für schwerwiegendere Sexualkonflikte.<br />

Können fassbare Ursachen nicht erkannt werden, ist<br />

<strong>und</strong> der Scheide, der vaginalen Lubrikation <strong>und</strong> ver-<br />

jegliche sexuellen Kontakte werden schließlich aus<br />

eine gezielte Sexualtherapie notwendig.<br />

mehrten Durchblutung des paravaginalen Gewebes.<br />

Angst vor weiteren Schmerzen abgelehnt. Es beginnt<br />

Ursachen für Orgasmusstörungen können durch kör-<br />

ein Teufelskreis, der schließlich auch zu Störungen der<br />

perliche <strong>und</strong> psychische Faktoren bedingt sein. In der<br />

Eine isolierte sexuelle Erregungsstörung ist bei Frauen<br />

sexuellen Appetenz <strong>und</strong> Erregung führen <strong>und</strong> die Part-<br />

Anamnese sollte u.a. nach Krankheiten gefragt wer-<br />

eher selten. Meist tritt sie im Zusammenhang mit<br />

nerschaft stark beeinträchtigen kann.<br />

den, die Ursache für Durchblutungsstörungen sein<br />

<strong>oder</strong> infolge einer Störung der sexuellen Appetenz<br />

können, wie etwa Diabetes mellitus, arterielle Hyper-<br />

auf. Ursächlich können sowohl psychische als auch<br />

2.3 Störungen des Orgasmus<br />

tonie, Hyperlipidämie, Arteriosklerose. Schädigungen<br />

somatische Faktoren beteiligt sein. Sie gleichen den<br />

der Nerven durch Traumata, Tumoren, entzündliche<br />

Ursachen der sexuellen Appetenzstörungen <strong>und</strong><br />

Eine reine Orgasmusstörung wird in der gynäkolo-<br />

<strong>oder</strong> neurologische Krankheiten führen gegebenen-<br />

Orgasmusstörungen.<br />

gischen Sprechst<strong>und</strong>e von Frauen in der Peri- <strong>und</strong><br />

falls zu einer mangelnden Erregungsweiterleitung, was<br />

Postmenopause eher selten beklagt. Die vorliegende<br />

sich im Ausbleiben eines Orgasmus äußert.<br />

Häufig finden sich psychische Faktoren, da das <strong>Lust</strong>-<br />

Studie über Frauen zwischen dem 50. <strong>und</strong> 60. Lebens-<br />

empfinden <strong>und</strong> der Erregungsaufbau bei Frauen sehr<br />

jahr zeigt, dass eine Anorgasmie in der jüngeren<br />

An der neuronalen Entstehung eines Orgasmus sind<br />

stark von Gefühlen <strong>und</strong> Fantasien abhängig sind. Diese<br />

Altersgruppe häufiger auftritt.<br />

bestimmte Hirnareale wie etwa das limbische System,<br />

können durch psychischen Stress empfindlich gestört<br />

der Hypothalamus <strong>und</strong> der Mandelkern beteiligt sowie<br />

werden.<br />

Meist sind Störungen des Orgasmus Teil einer komple-<br />

die Neurotransmitter Dopamin, Serotonin, Noradre-<br />

xeren Störung, die auch die Beeinträchtigung der<br />

nalin, endogene Opiode <strong>und</strong> die Hormone der<br />

Eine große Rolle spielt dabei der Partner, der unab-<br />

sexuellen Appetenz <strong>und</strong> Erregung beinhaltet. Störungen<br />

Schilddrüse, der Nebenniere, der Hypophyse, das<br />

hängig von äußeren Faktoren die Symptomatik in eine<br />

des Orgasmus können primär auftreten <strong>oder</strong> sek<strong>und</strong>är,<br />

Testosteron <strong>und</strong> indirekt auch die Östrogene.<br />

positive <strong>oder</strong> negative Richtung beeinflussen kann.<br />

infolge einer Appetenz- <strong>und</strong> Erregungsstörung.<br />

Deshalb ist es wichtig, bei der Anamnese die Paarbe-<br />

Medikamente, insbesondere Psychopharmaka, Dro-<br />

ziehung zu erfragen <strong>und</strong> möglichst den Partner mit<br />

Zu unterscheiden ist die generalisierte Anorgasmie,<br />

gen-, Nikotin- <strong>und</strong> Alkoholabusus können das Orgas-<br />

einzubeziehen.<br />

bei der zu keinem Zeitpunkt ein Orgasmus auftritt –<br />

muserleben beeinträchtigen.<br />

trotz vorhandener Erregung <strong>und</strong> Stimulation –, von<br />

Auch hierbei ist es hilfreich zu erfragen, seit wann<br />

einer situativ bedingten Anorgasmie. 22 bis 28 %<br />

Um eine entsprechende Therapie einzuleiten, ist eine<br />

diese Störung besteht, ob sie ständig auftritt, partner-<br />

der Frauen erleben selten <strong>oder</strong> nie einen Orgasmus<br />

genaue Anamnese wichtig. Dabei können folgende<br />

<strong>oder</strong> situationsabhängig ist. Die Frau sollte ermutigt<br />

(Bitzer, 2008). Dies muss nicht zwangsläufig zu einem<br />

Fragen hilfreich sein:<br />

werden, eine typische intime Situation mit ihrem<br />

Desinteresse an Sexualität führen, da oft die sexuelle<br />

Partner zu schildern. Peri- <strong>und</strong> postmenopausal sind<br />

Erregung <strong>und</strong> damit auch die sexuelle Erlebnisfähigkeit<br />

Erregungsstörungen häufig durch fehlende vaginale<br />

<strong>und</strong> Zufriedenheit uneingeschränkt vorhanden sind.<br />

36 37


2.4 Schmerzen beim Sex:<br />

Beim Vaginismus arrangieren sich die Paare meist mit<br />

1. Äußere Dyspareunie:<br />

die Schmerzen aber permanent auf, können sie durch<br />

Dyspareunie <strong>und</strong> Vaginismus<br />

dem Problem. Sie suchen <strong>und</strong> finden oft alternative<br />

Schmerzen im Bereich der Vulva,<br />

akute <strong>oder</strong> chronische Krankheiten bedingt sein <strong>und</strong><br />

sexuelle Handlungen <strong>oder</strong> sie haben längere asexuelle<br />

des Introitus vaginae <strong>und</strong> der Scheide<br />

müssen durch übliche Organdiagnostik (u.a. Palpati-<br />

Störungen mit sexuell bedingten Schmerzen finden<br />

Phasen. Ein echter Leidensdruck entsteht oft bei Kin-<br />

Die Patientin gibt dabei besonders Schmerzen beim<br />

on, Sonographie, Pelviskopie) abgeklärt werden:<br />

sich in jeder Altersgruppe. Dazu gehören die Dyspare-<br />

derwunsch <strong>oder</strong> größeren Partnerschaftskonflikten<br />

Eindringen des Penis in die Scheide an (als Bren-<br />

Adhäsionen<br />

unie <strong>und</strong> der Vaginismus.<br />

mit Trennungsabsichten.<br />

nen, Stechen, Ziehen, Druckgefühl) <strong>oder</strong> während<br />

Endometriose<br />

des Sexualverkehrs in der Scheide. Dies kann meist<br />

Ovarialtumoren<br />

Schmerzen stellen eine einschneidende Belastung für<br />

Vaginismus kann allerdings auch eine sek<strong>und</strong>äre Reak-<br />

leicht durch gynäkologische Diagnostik, einschließ-<br />

Uterus myomatosus<br />

das Sexualleben dar. Sie verhindern <strong>oder</strong> schränken<br />

tion auf Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sein.<br />

lich Mikrobiologie u. Ä., geklärt werden.<br />

Adnexitis<br />

<strong>Lust</strong> <strong>und</strong> Erregung ein. Das kann sich sek<strong>und</strong>är in wei-<br />

Der Fokus bei der gynäkologischen Untersuchung<br />

Appendizitis<br />

teren Störungen wie Libidomangel äußern <strong>und</strong> kann<br />

sollte auf dem lokalen genitalen Status, dem Beckenbo-<br />

Folgende Erkrankungen können eine äußere Dyspa-<br />

Retroflexio uteri fixata<br />

durch Vermeidungsverhalten zu Partnerschafts kon-<br />

den, dem allgemeinen Schmerzerleben, dem sexuellen<br />

reunie bedingen:<br />

Gynäkologische Karzinome<br />

flikten führen.<br />

Verhalten der Paarbeziehung liegen. Die emotionale<br />

Trockenheit der Scheide<br />

Colon irritabile<br />

Situation muss hinterfragt werden <strong>und</strong> die Anamnese<br />

Vulvovestibulitissyndrom, Vulvitis, Vulvovaginitis<br />

Die Dyspareunie ist definiert als wiederholt auf-<br />

muss auf eventuelle traumatische sexuelle Erfahrungen<br />

Interstitielle Zystitis, Urethritis<br />

Gesprächsalgorithmus<br />

tretende <strong>oder</strong> ständige genitale Schmerzen beim Ge-<br />

ausgerichtet sein (Hartmann, 2008).<br />

Dermatologische Erkrankungen, Kondylome,<br />

Äußert die Patientin Schmerzen beim Sex, sollte un-<br />

schlechtsverkehr, die persönliches Leid verursachen<br />

Ekzeme<br />

sere erste Frage sein: „Wo tut es weh – im Bauch<br />

(Bitzer, 2008).<br />

Für den Frauenarzt ist die Dyspareunie praxisrele-<br />

Epitheliale Defekte, Episiotomie-Narbe<br />

<strong>oder</strong> im Bereich von Vulva <strong>und</strong> Scheide?“<br />

vanter. Sie wird in der gynäkologischen Praxis von den<br />

Veränderungen nach gynäkologischer OP <strong>oder</strong><br />

Die zweite Frage sollte dann lauten: „Zu welchem<br />

Beim Vaginismus ist das Eindringen des Penis in die<br />

Patientinnen meist täglich angesprochen. Die Prävalenz<br />

Radiatio: verkürzte Scheide, Stenose der Scheide<br />

Zeitpunkt tut es weh beim Sex – beim Eindringen des<br />

Scheide nicht möglich. Bedingt durch eine starke An-<br />

wird mit 3 bis 43% angegeben (Basson et al., 2004).<br />

Anatomische Variationen: enge Scheide,<br />

Penis in die Scheide <strong>oder</strong> beim Geschlechtsverkehr<br />

spannung <strong>oder</strong> Verkrampfung der Scheidenmuskulatur<br />

Man unterscheidet zwischen psychisch bedingter <strong>und</strong><br />

Vaginalseptum, Hymenalreste, Probleme mit<br />

selbst?“ Lokalisiert die Patientin die Beschwerden<br />

wird die Immissio penis unmöglich, manchmal sogar<br />

organpathologisch bedingter Dyspareunie.<br />

der Penisgröße<br />

im Bauchraum, folgt die dritte Frage: „Treten die<br />

trotz des ausdrücklichen Wunsches der Frau, dies zu<br />

Schmerzen bei jeder sexuellen Stellung auf <strong>oder</strong> nur<br />

tun. Auch die gynäkologische Untersuchung <strong>oder</strong> das<br />

Psychisch bedingte Dyspareunie<br />

Die Dyspareunie bei Frauen in der Peri- <strong>und</strong> Post-<br />

bei bestimmten Positionen?“<br />

Einführen eines Tampons gelingen häufig nicht (Hart-<br />

Hierbei spielen Sexualängste, phobische <strong>und</strong> sexuelle<br />

menopause ist meist durch eine östrogenbedingte<br />

mann, 2008).<br />

aversive Reaktionen, Schuldgefühle, Partnerschaftskon-<br />

trockene Scheide verursacht. Gegebenenfalls se-<br />

Ausmaß <strong>und</strong> Ursache der Dyspareunie sind entschei-<br />

flikte, negative Erfahrungen, sexualfeindliche Erziehung<br />

k<strong>und</strong>är begleitet von einer Vulvovaginitis.<br />

dend für das resultierende sexuelle Verhalten des<br />

Eine klare Unterscheidung zwischen Dyspareunie <strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> sexuelle Traumata eine Rolle. Gleiches trifft auch<br />

Paares. Dies kann ein kurzzeitiges bewusstes Verzich-<br />

Vaginismus ist in praxi manchmal nicht eindeutig mög-<br />

für den Vaginismus zu.<br />

2. Innere Dyspareunie:<br />

ten auf Sex bedingen <strong>oder</strong> ein permanentes Vermei-<br />

lich. Beiden gemeinsam sind:<br />

Schmerzen im Bauchraum<br />

den von sexuellen Kontakten <strong>oder</strong> Beziehungen nach<br />

1. Probleme mit der Muskelanspannung<br />

Organpathologisch bedingte Dyspareunie<br />

Schmerzen im Bauchraum sind durch das Aufsto-<br />

sich ziehen.<br />

2. Angst vor Schmerzen beim Sex<br />

Aus praktischen Gesichtspunkten unterscheiden wir<br />

ßen des Penis auf die Portio vaginalis uteri <strong>und</strong> das<br />

3. Neigung zu Annäherungs- versus Vermeidungsver-<br />

in der gynäkologischen Sprechst<strong>und</strong>e die äußere von<br />

„Hochschieben“ des Uterus bedingt. Diese Schmer-<br />

halten (Hartmann, 2008).<br />

der inneren Dyspareunie.<br />

zen sind durchaus als „physiologisch“ anzusehen,<br />

wenn sie nur in einigen wenigen sexuellen Stellungen<br />

auftreten bei sonstiger Beschwerdefreiheit. Treten<br />

38 39


Therapie der Dyspareunie<br />

Wann tritt diese Störung auf, wie oft, in welchen<br />

3.4 Allgemeine medizinische Anamnese<br />

Je nach Art <strong>und</strong> Ausmaß der Störung kommen psycho-<br />

Die Behandlung von organisch bedingten Schmerzen<br />

Situationen, mit welchem Partner?<br />

<strong>und</strong> Untersuchung<br />

therapeutische <strong>oder</strong> somatische Interventionen <strong>oder</strong><br />

beim Sexualverkehr richtet sich nach dem Krankheits-<br />

Welche Auswirkungen hat das Problem auf die<br />

die Kombination beider in Betracht. Jeder von uns<br />

bild. Je nach Untersuchungsbef<strong>und</strong> wird die entspre-<br />

Partnerschaft?<br />

Eigenanamnese<br />

benannte Störungstyp bedarf in der gynäkologischen<br />

chende Behandlung eingeleitet. Dies kann eine lokale<br />

Gab es bereits Lösungsversuche?<br />

Familienanamnese<br />

Sprechst<strong>und</strong>e einer anderen Herangehensweise. Des-<br />

Gabe von Hormoncremes <strong>oder</strong> -salben sein, Gleitmit-<br />

Welches Ziel, welche Vision hat die Patientin?<br />

Gynäkologische Anamnese<br />

halb wird die Art der Therapie auch immer unter-<br />

tel, Schmerzmittel, Antibiotika <strong>oder</strong> gar operative Inter-<br />

Besteht bei der Patientin <strong>oder</strong>/<strong>und</strong> beim Partner<br />

Urologische Anamnese<br />

schiedlich gewichtet sein.<br />

ventionen bei narbigen Veränderungen <strong>oder</strong> Stenosen.<br />

ein Leidensdruck?<br />

Gynäkologischer Untersuchungsbef<strong>und</strong><br />

Die östrogenmangelbedingt trockene Scheide wird<br />

Besteht bei der Patientin eine Therapiemotivation?<br />

Allgemeinmedizinischer Untersuchungsbef<strong>und</strong><br />

Immer muss dabei aber das Paar im Mittelpunkt der<br />

entsprechend mit Östradiol- <strong>oder</strong> Östriolsalben wirk-<br />

Medikamentenanamnese<br />

Betrachtung stehen. Oft ist die Frau nur Trägerin des<br />

sam behandelt.<br />

3.2 Sexuelle Eigenanamnese<br />

Psychologischer Bef<strong>und</strong><br />

Symptoms. Immer aber hat die Störung Auswirkungen<br />

auf das Sexualleben beider Partner.<br />

Psychisch bedingte Dyspareunie <strong>und</strong> Vaginismus müs-<br />

Sexualerziehung<br />

3.5 Fragebögen zur Erfassung der<br />

sen immer sexualtherapeutisch als Einzel- <strong>oder</strong> Paar-<br />

Sexuelle Entwicklung: Pubarche, Ejakularche,<br />

Sexualstörung<br />

Nicht immer führt eine Störung zu Leidensdruck, etwa<br />

therapie behandelt werden. Beim Vaginismus werden<br />

Masturbarche, erstes Petting, Kohabitarche<br />

wenn eine Abnahme sexueller Appetenz gleichzeitig<br />

zusätzlich eine Desensibilisierung mit Dilatatoren,<br />

Sexuelle Aktivitäten, geschlechtliches <strong>und</strong> sexuelles<br />

Patienten-Kurzfragebogen „B-PFSF“ (siehe Anhang)<br />

bei beiden Partnern besteht <strong>und</strong> dies nicht als Mangel<br />

Entspannungstherapie <strong>und</strong> begleitende Behandlung<br />

Erleben im Erwachsenenalter:<br />

Fragebogen für das vertiefende Gespräch bei Sexu-<br />

empf<strong>und</strong>en wird. In anderen Fällen ist eine Einbezie-<br />

von möglichen Phobien empfohlen (Bitzer, 2008).<br />

Welche Sexualpraktiken, Frequenzen, Selbst-<br />

alproblemen im Klimakterium (siehe Anhang)<br />

hung des Partners nicht möglich, da der Partner selbst<br />

befriedigung, Fantasien, Vorlieben, Abneigungen<br />

keinen Leidensdruck empfindet <strong>oder</strong> sich scheut, sich<br />

(Paraphilien), sexuelle Appetenz, Erleben von<br />

in diesbezügliche Behandlung zu begeben. Oder aber<br />

3<br />

Diagnostik sexueller Störungen der Frau<br />

<strong>Lust</strong>, Erregung <strong>und</strong> Orgasmus?<br />

4<br />

Therapie sexueller Funktionsstörungen<br />

die Patientin lebt als Single. In den meisten Fällen fin-<br />

in der gynäkologischen Sprechst<strong>und</strong>e<br />

Entwicklung der aktuellen Partnerschaft<br />

det der erste Kontakt in der frauenärztlichen Sprech-<br />

Kinderwunsch, Verhütung, Familiengründung,<br />

Die Behandlung von Sexualstörungen ist immer sehr<br />

st<strong>und</strong>e statt.<br />

Zur Diagnostik der sexuellen Störung haben wir in<br />

Besonderheiten<br />

individuell. Sie hängt ab von Art <strong>und</strong> Ausmaß der Stö-<br />

der frauenärztlichen Sprechst<strong>und</strong>e folgende Instru-<br />

rung, der Stärke des dadurch entstandenen Leidens-<br />

Die Herangehensweise <strong>und</strong> Behandlung in der gy-<br />

mentarien zur Verfügung:<br />

3.3 Soziokulturelle Anamnese<br />

drucks, den Ursachen <strong>und</strong> Bedingungen dieser Störung<br />

näkologischen Sprechst<strong>und</strong>e wird dabei sehr unter-<br />

Das diagnostische Gespräch<br />

<strong>und</strong> der Art der Partnerbeziehung der Patientin.<br />

schiedlich sein. In einigen Fällen bedarf es nur weniger<br />

Die gezielte Sexualanamnese<br />

Aktuelle Lebenssituation<br />

klärender Worte, öfter jedoch umfassender <strong>oder</strong> auch<br />

Fragebögen zur Erfassung der sexuellen Störung<br />

Partnerschaft, Familie, Kinder<br />

Jegliche sexualmedizinische Intervention beruht auf<br />

wiederholter Beratungen mit <strong>oder</strong> ohne Einbeziehung<br />

Konfession, religiöse Bindungen<br />

dem (Beier, 2005) biopsychosozialen Verständnis von<br />

des Partners. Anderen kann nur mit einer Paartherapie<br />

3.1 Sexualmedizinische Aktualanamnese<br />

Beruf, eigene berufliche Situation<br />

Geschlechtlichkeit.<br />

<strong>oder</strong> einer längeren psychotherapeutischen Interven-<br />

Berufliche Situation des Partners<br />

Eine Sexualstörung ist immer im Kontext mit dem<br />

tion geholfen werden. Nicht selten können wir gerade<br />

Spontanangaben der Patientin: Schilderung der<br />

Wirtschaftliche Situation<br />

Partner <strong>und</strong> der Beziehung zu sehen. Daraus ergibt<br />

in der Gynäkologie neben der Beratung auch medika-<br />

Symptomatik<br />

Wohnverhältnisse<br />

sich die Wichtigkeit der Einbeziehung des Partners in<br />

mentöse Behandlungen nutzbringend einsetzen.<br />

Warum gerade jetzt der Arztbesuch?<br />

Freizeitsituation<br />

die Anamnese <strong>und</strong> die Therapie. Zielsetzung muss es<br />

Von wem wurde die Patientin geschickt?<br />

sein, für beide Partner durch sexuelle Kommunikation<br />

Seit wann besteht die Störung?<br />

die Sexualstörung zu beheben.<br />

40 41


Entsprechend der Art <strong>und</strong> Ausprägung der Sexualstö-<br />

Wiederholte Einzel- <strong>oder</strong> Paarberatungen, die 30 bis<br />

Das sexuelle Selbstbewusstsein der Patientin/des<br />

konkrete Hilfe bei ihren Problemen. Vor allem möch-<br />

rung kommen im Wesentlichen dabei Hormone zur<br />

60 Minuten in Anspruch nehmen, sollten privatärzt-<br />

Paares wird gestärkt durch die Vermittlung von Wis-<br />

ten sie ernst genommen werden <strong>und</strong> sich vom Arzt<br />

Anwendung: Östrogene, lokal <strong>oder</strong> systemisch; Östro-<br />

lich in Rechnung gestellt werden (IGEL-Leistung). Um<br />

sen <strong>oder</strong> die Aufklärung über Besonderheiten der<br />

mit ihrem Sexualproblem angenommen fühlen. Er soll<br />

gen-Gestagen-Kombinationen; Testosteron, transder-<br />

Missverständnisse zu vermeiden, muss der zeitliche<br />

Sexualität bei jedem Einzelnen <strong>und</strong> in bestimmten Le-<br />

sensibel mit ihren Ängsten <strong>und</strong> ihrer Schamgrenze<br />

mal – außerdem noch verschiedene Dermatika <strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> finanzielle Rahmen mit der Patientin vorher ge-<br />

bensabschnitten.<br />

umgehen. Die Patientin erwartet auch, dass sich der<br />

Gleitmittel.<br />

nau besprochen werden.<br />

Arzt die entsprechende Zeit nimmt <strong>und</strong> sie kompe-<br />

Dazu gehören eventuell auch Tipps zur Lebensführung,<br />

tent berät.<br />

4.1 Sexualberatungen<br />

Dies stellt selbstverständlich für die Patientin <strong>oder</strong><br />

wie etwa Umgang mit Alkohol, Nikotin, Übergewicht<br />

das Paar eine große, manchmal auch unüberwindliche<br />

<strong>und</strong> körperlicher Aktivität. Manchmal geht es um die<br />

Ärztlicherseits stellen sich dem sowohl einige subjek-<br />

Individuelle Beratungen sind permanenter Bestandteil<br />

Hürde dar, ist aber gleichermaßen auch eine Nagel-<br />

partnerschaftliche Situation allgemein, um Kommuni-<br />

tive als auch objektive Bedingungen entgegen. Es be-<br />

unserer frauenärztlichen Arbeit, <strong>und</strong> dies nicht nur bei<br />

probe für die Größe des Leidensdrucks, kompetente<br />

kationsprobleme, Konfliktverhalten, um körperlichen<br />

stehen nicht selten Bedenken bezüglich der eigenen<br />

Krankheiten unserer Patientinnen. Frauenärzte <strong>und</strong><br />

ärztliche Hilfe tatsächlich zu benötigen <strong>und</strong> zu wollen.<br />

<strong>oder</strong> psychischen Stress durch externe Faktoren.<br />

sexualmedizinischen Kompetenz. Die meisten Gynäko-<br />

Frauenärztinnen sind Ansprechpartner der Frauen in<br />

logen verfügen jedoch über eine zertifizierte psycho-<br />

vielen Lebenssituationen, auch bei Beziehungs- <strong>und</strong><br />

Frauenärzte sollten diese Beratungen dezidiert als ge-<br />

Eine Sexualberatung muss nicht zwangsläufig mehrere<br />

somatische Ausbildung <strong>und</strong> umfangreiche praktische<br />

Sexualproblemen.<br />

sonderte Sprechst<strong>und</strong>e „Sexualberatung“ ausweisen,<br />

Sitzungen umfassen. Viele in der frauenärztlichen<br />

frauenärztliche Erfahrungen, die ihnen eine kompe-<br />

um damit auch nach außen sichtbar ihre diesbezüg-<br />

Sprechst<strong>und</strong>e vorgetragenen Probleme können durch<br />

tente Sexualberatung ermöglichen.<br />

Vor jeglicher medikamentösen Therapie steht so auch<br />

liche Kompetenz zu unterstreichen.<br />

den in der Beratung <strong>und</strong> Therapie erfahrenen Gynäko-<br />

bei sexuellen Funktionsstörungen immer eine ein-<br />

logen während einer einmaligen Konsultation geklärt<br />

Die Gesprächseröffnung kann auf drei Wegen erfolgen:<br />

gehende Beratung. Für gewöhnlich findet diese er-<br />

Nur in einer solchen „Sexualberatung“ ist es möglich,<br />

werden.<br />

1. Die Patientin trägt ihr Problem primär selbst vor.<br />

ste Beratung mit der Patientin allein statt, da sie ihr<br />

tiefer liegende Sexualstörungen zu erfassen, umfassend<br />

Dieses Problem ist der Hauptgr<strong>und</strong> für den Besuch<br />

Sexualproblem meist in der „normalen“ gynäkolo-<br />

darüber zu beraten <strong>und</strong> sie adäquat zu behandeln.<br />

4.2 Gesprächsführung<br />

in der frauenärztlichen Sprechst<strong>und</strong>e.<br />

gischen Sprechst<strong>und</strong>e vorträgt. Handelt es sich dabei<br />

Das Einfühlen in die spezifische Situation der Patientin<br />

2. Die Patientin gibt Schmerzen bei der Untersuchung<br />

z.B. „nur“ um ein aufklärendes Gespräch wegen ei-<br />

<strong>oder</strong> des Paares mit seinen individuellen Vorstellungen<br />

Nicht wenige Frauen haben sexuelle Probleme, sind<br />

an, die einen Gr<strong>und</strong> darstellen, nach sexuellen Pro-<br />

ner kolpitisbedingten Dyspareunie, sind die Beratung<br />

von Liebe, Zärtlichkeit, Intimität, Paarbeziehung <strong>und</strong><br />

aber gehemmt, diese beim Frauenarzt anzusprechen.<br />

blemen zu fragen.<br />

<strong>und</strong> Behandlung innerhalb einer Sprechst<strong>und</strong>e gut<br />

sexueller Leidenschaft wird so für den Gynäkologen<br />

Laut einer aktuellen Studie (Women’s International<br />

3. Der Arzt eröffnet das Gespräch ohne konkreten<br />

möglich. Eine Einbeziehung des Partners ist in die-<br />

besser möglich.<br />

Sexuality and Health Survey) wünschen sich 87% der<br />

Anlass, da das Fragen nach der Sexualität zu seinem<br />

sen Fällen meist nicht nötig. Bei schwerwiegenderen<br />

befragten Frauen, dass sie der Frauenarzt direkt zu<br />

„normalen“ Anamnese-Ritual gehört. Dabei haben<br />

Problemen sollte der Partner immer mit einbezogen<br />

Während der Sexualberatung geht es um Aufklärung<br />

ihrem Sexualleben befragt. Es ist also die Aufgabe von<br />

sich sogenannte offene Fragen bewährt, etwa so:<br />

werden. Dann auch ist das Problem mit einem einma-<br />

über normale physiologische Abläufe, Information<br />

uns Frauenärztinnen <strong>und</strong> Frauenärzten, das Gespräch<br />

„Wie steht es mit Ihrem Sexualleben? Haben Sie<br />

ligen Besuch in der Sprechst<strong>und</strong>e nicht zu lösen. Wir<br />

über das individuelle Erleben der Sexualität, Ausräu-<br />

auch auf die Sexualität zu lenken. Es wird nicht nur<br />

diesbezüglich Fragen, Wünsche <strong>oder</strong> Probleme?“<br />

„müssen“ die Patientin bzw. das Paar noch ein- <strong>oder</strong><br />

men von Sexualmythen, Häufigkeit von Problemen<br />

von uns erwartet, sondern ist essentieller Teil unserer<br />

mehrmals einbestellen <strong>und</strong> der Paarberatung einen<br />

(z.B. Lubrikationsstörungen in der Peri- <strong>und</strong> Postme-<br />

ärztlichen Aufgabe.<br />

Natürlich kann man solche Fragen nicht als Standard<br />

zeitlich größeren Rahmen geben. Dies stößt oft auf<br />

nopause) <strong>und</strong> deren häufige Ursachen, aber auch um<br />

vorgeben. Jeder Kollege, jede Kollegin wird dies modi-<br />

zeitliche Grenzen <strong>und</strong> erfährt in der Honorierung des<br />

Ähnlichkeiten <strong>und</strong> Unterschiede im sexuellen Erleben<br />

Dabei haben unsere Patientinnen unterschiedliche Er-<br />

fizieren müssen. Hängt dies doch von verschiedenen<br />

Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) keine adä-<br />

bei Mann <strong>und</strong> Frau.<br />

wartungen an ein solches Gespräch. Manche möchten<br />

ärztlichen Faktoren ab: Arzt <strong>oder</strong> Ärztin, Art der se-<br />

quate Berücksichtigung.<br />

einfach nur einmal darüber sprechen <strong>und</strong> die Meinung<br />

xualmedizinischen Ausbildung <strong>und</strong> Kompetenz, eigene<br />

des Arztes dazu hören, andere erwarten sich aber<br />

Einstellung zur Sexualität, eigene sexuelle <strong>und</strong> Lebens-<br />

42 43


erfahrungen, eigene innere Unbefangenheit, offen über<br />

Dies trifft besonders auch für die Selbstbefriedigung<br />

Im Einzelgespräch hören wir die Sichtweise eines Part-<br />

finden von sexuellen Störungen betroffene Frauen<br />

Sexualität reden zu können. Außerdem hängt es von<br />

zu. Zur Beurteilung von Appetenz- <strong>und</strong> Erregungsstö-<br />

ners, haben Zugang zu seiner individuellen Körperlich-<br />

kompetente Gesprächspartner, wobei weder telefo-<br />

der Patientin ab: Alter, Lebenssituation, Bildungsgrad,<br />

rungen ist es wichtig zu wissen, ob die Patientin sich<br />

keit, seiner seelischen Verfassung <strong>und</strong> seiner sozialen<br />

nische Diagnosen gestellt, noch Therapieempfehlungen<br />

soziokultureller Hintergr<strong>und</strong>, religiöse Bindung, sexu-<br />

selbst befriedigt <strong>und</strong> welche sexuellen Reaktionen da-<br />

Integration <strong>und</strong> können uns die Paarsituation nur an-<br />

gegeben werden.<br />

elle Erfahrungen, Vermögen, über Sexualität sprechen<br />

bei ablaufen. Oft sind Patientinnen verunsichert, ob es<br />

hand dieser Informationen vorzustellen versuchen.<br />

zu können.<br />

sich überhaupt „geziemt“, sich selbst zu befriedigen<br />

4.3 Sexualtherapie<br />

<strong>und</strong> erst recht, offen darüber zu reden.<br />

Im Gegensatz dazu haben wir beim Paargespräch die<br />

Beim Thema Sexualität ist es sehr wichtig, die richtige<br />

Möglichkeit, die Sichtweisen beider Partner zu erfah-<br />

Eine Sexualtherapie ist immer dann indiziert, wenn die<br />

Sprache zu finden. Die Skala reicht von der Benutzung<br />

Dabei hat sich folgende Frage bewährt: „Und wie ist<br />

ren, deren individuellen Leidensdruck kennenzulernen,<br />

Sexualstörung durch langanhaltende, tiefer greifen-<br />

wissenschaftlicher Termini bis hin zur Trivial- <strong>und</strong> Vul-<br />

es, wenn Sie sich selbst befriedigen?“ Diese Frage<br />

<strong>und</strong> haben einen Einblick in die Interaktion des Paares.<br />

de Probleme der Patientin <strong>oder</strong> des Paares bedingt<br />

gärsprache. Leicht kann es dabei zu Irritationen kom-<br />

impliziert, dass es „normal“ ist, dies zu tun, <strong>und</strong> dass<br />

Gleichzeitig bietet sich uns die Möglichkeit, schon<br />

ist. Sie wird durch speziell ausgebildete Sexualthera-<br />

men, einerseits wird man vielleicht nicht verstanden<br />

der Arzt davon ausgeht, dass die Patientin dies auch<br />

beim ersten Kontakt therapeutisch einzugreifen.<br />

peuten durchgeführt, die aus verschiedenen medizi-<br />

<strong>und</strong> andererseits könnte man kränkend wirken.<br />

tatsächlich macht. Das erleichtert ihr die Antwort.<br />

nischen Fachrichtungen wie etwa der Gynäkologie,<br />

Schwierigkeiten bei dem Gespräch über Sexualität fin-<br />

Urologie <strong>oder</strong> inneren Medizin kommen <strong>oder</strong> spezi-<br />

Junge Patientinnen erwarten meist eine einfache, un-<br />

Beim Zuhören ist es uns möglich, auf die Gestik <strong>und</strong><br />

den sich nicht nur seitens der Patientin. Es kann bei-<br />

alisierte Psychotherapeuten sind.Eine Sexualtherapie<br />

komplizierte Sprache: „Und wie steht’s mit dem Sex?“<br />

Mimik der Patientin zu achten <strong>und</strong> dabei unsere eige-<br />

den Seiten unangenehm sein, darüber zu reden. Auch<br />

kann einzeln erfolgen, jedoch ist sie deutlich effektiver,<br />

Da bricht das Eis schnell <strong>und</strong> sie sind überrascht, wie<br />

nen Emotionen zu hinterfragen. Um die Patientin bes-<br />

wir Ärzte haben Ängste <strong>und</strong> Schamgefühle. Diese sind<br />

wenn beide Partner einbezogen werden.<br />

natürlich auch in der ärztlichen Sprechst<strong>und</strong>e über Se-<br />

ser verstehen zu können <strong>und</strong> klare Aussagen treffen<br />

individuell unterschiedlich, je nach eigener Partner-<br />

Im Wesentlichen unterscheidet man die klassische Se-<br />

xualität gesprochen werden kann.<br />

zu können, ist es hin <strong>und</strong> wieder wichtig, ihre eigenen<br />

situation, Sozialisierung <strong>und</strong> Persönlichkeit. Oftmals<br />

xualtherapie nach Masters <strong>und</strong> Johnson <strong>und</strong> die syn-<br />

Aussagen zu wiederholen, zu spiegeln <strong>und</strong> hinterher<br />

verstecken Ärzte ihre eigene Unsicherheit <strong>und</strong> Angst<br />

dyastische Paartherapie. Darüber hinaus gibt es noch<br />

Geht die Patientin auf das Thema ein, sollten wir sie<br />

zusammenzufassen, damit die Patientin diese eventuell<br />

hinter lateinischen Begriffen wie Masturbation, Onanie<br />

einige andere Therapieansätze, die modifizierte Tech-<br />

ermutigen, von ihren Wünschen <strong>und</strong> Problemen zu er-<br />

noch korrigieren kann.<br />

<strong>oder</strong> Koitus. Da die Patientin diese Begriffe oft nicht<br />

niken anwenden.<br />

zählen. Wir hören ihr offen zu, stellen gezielt Fragen<br />

versteht, kann es sie davon abhalten, von ihrem sexu-<br />

Die klassische Sexualtherapie nach Masters <strong>und</strong> John-<br />

<strong>und</strong> können Hilfestellung geben.<br />

Das Besondere bei sexuellen Funktionsstörungen ist,<br />

ellen Problem zu erzählen.<br />

son hat als Schwerpunkt die Sexualität <strong>und</strong> die se-<br />

dass die Störung nicht nur die Patientin betrifft, son-<br />

xuellen Funktionen. Sie betrachtet die Sexualität als<br />

Besonders dankbar sind die Patientinnen, die schon<br />

dern immer das Paar, also ihren Partner ebenfalls. Die<br />

Es besteht auch für uns ein großer Unterschied zwi-<br />

eigenen, abgespaltenen Erlebensbereich <strong>und</strong> fokussiert<br />

lange ein Problem mit sich herumtragen, aber nie den<br />

Patientin ist dabei möglicherweise nur die Trägerin<br />

schen einem Gespräch über alltägliche gynäkologische<br />

primär auf die Wiederherstellung der gestörten Sexu-<br />

Mut gef<strong>und</strong>en haben, es anzusprechen. Sie sind froh,<br />

der Symptome eines größeren Paarkonfliktes, dessen<br />

Erkrankungen, bei denen wir Routine haben, <strong>und</strong><br />

alfunktion. Dabei werden etablierte psychotherapeu-<br />

dass sie sich nun endlich vertrauensvoll öffnen kön-<br />

Ursache beispielsweise in Kommunikationsproblemen<br />

einem Gespräch über Sexualität, das möglicherweise<br />

tische <strong>und</strong>/<strong>oder</strong> medikamentöse Methoden beim Ein-<br />

nen. Oft ist die Patientin dabei unsicher, die richtigen<br />

<strong>oder</strong> unterschiedlichen Ansichten beider Partner zu<br />

an unsere eigenen intimen Grenzen herangeht. Des-<br />

zelnen <strong>oder</strong> beim Paar angewendet. Außerdem wird<br />

Worte für bestimmte sexuelle Handlungen zu finden<br />

suchen ist.<br />

halb ist so ein Gespräch auch nicht exemplarisch er-<br />

das Paar angeleitet, bestimmte körperliche „Übungen“<br />

<strong>oder</strong> Organe zu benennen. Besonders peinlich ist es<br />

lernbar, sondern stets individuell.<br />

zur Wiedererlangung der sexuellen Erlebnisfähigkeit<br />

den meisten natürlich, über ihre individuellen sexuel-<br />

Idealerweise ist deshalb bei einer Sexualberatung auch<br />

durchzuführen (Sensate Focus). Der Therapieerfolg<br />

len Neigungen <strong>und</strong> Praktiken zu reden. Hierbei sollten<br />

der Partner mit einzubeziehen. Auch im Falle eines<br />

Eine Möglichkeit bei ausführlichem Gesprächsbedarf<br />

stellt sich am Ende der einzelnen Übungsschritte ein.<br />

wir ihnen auch immer wieder verbal Hilfestellungen<br />

Einzelgespräches ist also nicht ein Individuum der Pa-<br />

von Seiten der Patientin ist auch der Verweis an die<br />

anbieten.<br />

tient, sondern das Paar.<br />

Infoline (0180-5558484) des Informationszentrums für<br />

Sexualität <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit e.V. (ISG) in Freiburg. Dort<br />

44 45


Demgegenüber setzt die syndyastische Sexualtherapie<br />

die psychosozialen Gr<strong>und</strong>bedürfnisse <strong>und</strong> ihre Bedeutung<br />

für den Einzelnen <strong>und</strong> das Paar als Schwerpunkt.<br />

Sexualität wird als Verkörperung der Gr<strong>und</strong>bedürfnisse<br />

nach Nähe, Wärme, Intimität, Zuwendung <strong>und</strong><br />

Akzeptanz betrachtet. Die Beziehung des Paares steht<br />

im Mittelpunkt. Somit wird primär auf die (Wieder-)<br />

Erfüllung dieser Gr<strong>und</strong>bedürfnisse <strong>und</strong> die Verbesserung<br />

der Beziehung fokussiert. Dabei dient auch die<br />

sexuelle Kommunikation der Erfüllung der Gr<strong>und</strong>bedürfnisse<br />

<strong>und</strong> nicht allein dem <strong>Lust</strong>gewinn. Um dies zu<br />

erreichen, lernt das Paar, wieder miteinander zu kommunizieren,<br />

auch auf körpersprachlicher Ebene, um<br />

insgesamt die Beziehungszufriedenheit zu verbessern.<br />

Nach jeder Stufe der „Einübungen“ ist ein Therapieerfolg<br />

spürbar (Beier et al., 2008).<br />

Patientinnen, bei denen die Sexualstörung auf schwerwiegenderen<br />

Persönlichkeitsstörungen, tiefer liegenden<br />

(sexuellen) Traumata, Angststörungen <strong>oder</strong> Psychosen<br />

basiert, sollten vor einer möglichen Sexualtherapie<br />

eher psychotherapeutisch behandelt werden.<br />

5 Hormonelle Therapie<br />

von Sexualstörungen<br />

Die physiologischen sexuellen Reaktionsabläufe vollziehen<br />

sich nach einem strengen Funktionsplan. Im<br />

Neokortex erfolgt die kognitive Steuerung, im Hypothalamus<br />

<strong>und</strong> limbischen System die emotionale <strong>und</strong><br />

<strong>Lust</strong>steuerung <strong>und</strong> im Stammhirn <strong>und</strong> in der Hypophyse<br />

die endokrine <strong>und</strong> vegetative sexuelle Steuerung.<br />

Erregung <strong>und</strong> Orgasmus werden peripher auf<br />

der spinalen Ebene reguliert.<br />

Man nimmt an, dass die sexuelle Erregung primär<br />

sympathisch vermittelt wird. Besonders sind aber<br />

sogenannte nicht cholinerge, nicht adrenerge Neurotransmitter<br />

(NANC), z.B. vasoaktives intestinales<br />

Polypeptid (VIP) <strong>und</strong> Stickoxid (NO), von Bedeutung.<br />

Diese bewirken eine Relaxation der glatten Muskulatur<br />

<strong>und</strong> damit eine Steigerung der Durchblutung im<br />

Bereich des Genitales (Marthol, H, M.J. Hilz, 2004).<br />

Östrogene <strong>und</strong> vor allem Androgene sind für die Sexualität<br />

der Frau von großer Bedeutung. Sie sind entscheidend<br />

insbesondere für die Libido <strong>und</strong> die sexuelle<br />

Erregung. Meist sinkt der Östrogen-Serumspiegel<br />

um das 50. Lebensjahr abrupt, der Testosteronspiegel<br />

nach <strong>und</strong> nach schleichend. Dies bewirkt sowohl direkte<br />

als auch indirekte Veränderungen der Sexualität.<br />

Direkte Veränderungen der Sexualität:<br />

Abnahme der sexuellen Appetenz <strong>und</strong> des sexuellen<br />

Interesses<br />

Verminderung der Durchblutung der Vulva <strong>und</strong><br />

Scheide, dadurch Verminderung der Feuchtigkeit<br />

der Scheide<br />

Indirekte Veränderungen der Sexualität:<br />

Abnahme der körperlichen Attraktivität<br />

(Veränderung von Haut <strong>und</strong> Haaren,<br />

Gewichts zunahme,Veränderung der<br />

Körperproportionen)<br />

Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit<br />

Zunahme körperlicher Beschwerden (klimakterisches<br />

Syndrom: Hitzewellen, Schweißausbrüche,<br />

zusätzlich Gelenkschmerzen, depressive Verstimmung,<br />

Schlafprobleme, Harninkontinenz)<br />

Zunahme von Krankheiten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Risiken, insbesondere KHK<br />

Negative Auswirkungen auf die Paarbeziehung<br />

5.1 Lokale Östrogentherapie<br />

Das Hauptanwendungsgebiet für die lokale Östrogentherapie<br />

ist die trockene Scheide, die zu Schmerzen,<br />

zur Dyspareunie, führen kann. Der peri- <strong>und</strong> postmenopausale<br />

Östrogenmangel führt zu vaginaler Atrophie<br />

<strong>und</strong> bedingt dadurch die Beschwerden. Weit über die<br />

Hälfte aller Frauen im Klimakterium leidet unter dieser<br />

Symptomatik. Zur Anwendung kommt vor allem<br />

Östriol in verschiedenen Dosierungen als Salbe <strong>oder</strong><br />

Scheidenovulum, aber auch Östradiol.<br />

Zur Linderung der Beschwerden der trockenen Scheide<br />

<strong>und</strong> der Dyspareunie reichen Dosierungen von<br />

0,5 bis 1 mg Östriol aus. So führt die Anwendung von<br />

Xapro Creme ® (1 mg Östriol/1 g Creme), zwei- bis<br />

dreimal pro Woche appliziert, zu ausreichender Feuchtigkeit<br />

<strong>und</strong> Lubrikation.<br />

Abbildung<br />

1<br />

Acetat<br />

Cholesterin<br />

Pregnenolon<br />

17α-Hydroxy-<br />

Pregnenolon<br />

Dehydro-<br />

Epiandrosteron<br />

DHEA<br />

Androstendiol<br />

Biosynthese der Steroidhormone<br />

Progesteron<br />

17α-Hydroxy-<br />

Progesteron<br />

Androstendion<br />

Testosteron<br />

5α-Dehydro-<br />

Testosteron<br />

Es handelt sich hierbei um eine überwiegend lokale<br />

Wirkung am Scheidenepithel. Die systemische Wirkung<br />

ist sehr gering, so dass auf eine zusätzliche Anwendung<br />

von Gestagenen verzichtet werden kann.<br />

Östron<br />

Östradiol<br />

46 47


5.2 Systemische Östrogentherapie<br />

Östradiol ist das wichtigste Östrogen während der<br />

fertilen Phase der Frau, also in der Zeit zwischen Pubertät<br />

<strong>und</strong> Menopause. 95% des Östradiols werden in<br />

den Ovarien <strong>und</strong> 5% durch periphere Konversion aus<br />

Androstendion im Fettgewebe gebildet. Östradiol ist<br />

das potenteste Östrogen.<br />

Östron ist das Hauptöstrogen nach der Menopause.<br />

Es wird postmenopausal nur geringfügig weniger gebildet<br />

als prämenopausal. Östron wird durch periphere<br />

Konversion aus Androstendion hauptsächlich im Fettgewebe<br />

gebildet. Wegen seiner geringeren Affinität zum<br />

Östrogenrezeptor hat es eine erheblich geringere östrogene<br />

Wirkung. Die Konversionsrate korreliert direkt<br />

mit dem Körpergewicht. Adipöse Frauen produzieren<br />

fünfmal so viel Östron wie schlanke (Johnson, 2000).<br />

Östrogene haben wohl keine direkten zentralen Wirkungen<br />

auf die sexuelle <strong>Lust</strong>funktion, jedoch üben sie<br />

zahlreiche indirekte Wirkungen auf das sexuelle Erleben<br />

<strong>und</strong> Verhalten aus.<br />

Abbildung<br />

2<br />

Gestagen<br />

NETA/NET<br />

MPA<br />

Dydrogesteron<br />

Medrogeston<br />

Drospirenon<br />

Dienogest<br />

Levonorgestrel<br />

Partialwirkungen der Gestagene<br />

estrogen<br />

(+)<br />

–<br />

–<br />

–<br />

–<br />

–<br />

–<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

–<br />

+<br />

So wirken sie z. B. psychotrop stimmungsaufhellend<br />

auf das Gehirn <strong>und</strong> verbessern die Geruchsfunktion<br />

als sexuellen Stimulus.<br />

Darüber hinaus befördern die Östrogene die Bildung der<br />

Transmitter Serotonin <strong>und</strong> Dopamin <strong>und</strong> nehmen damit<br />

Einfluss auf die <strong>Lust</strong>funktion. Dopamin bewirkt eine Steigerung<br />

der sexuellen Appetenz <strong>und</strong> Erregbarkeit.<br />

Von großer Bedeutung für die Sexualität sind die direkten<br />

peripheren Wirkungen auf die Genitalorgane.<br />

So beeinflussen sie die Reifungsvorgänge des Vulvaepithels,<br />

die Zusammensetzung des Bindegewebes <strong>und</strong><br />

des Fettgewebes der Vulva <strong>und</strong> fördern die Durchblutung<br />

durch Bildung von VIP <strong>und</strong> NO sowie eine Verbesserung<br />

der Elastizität <strong>und</strong> Lubrikation der Vaginalschleimhaut.<br />

In einigen placebokontrollierten Studien mit 0,625 mg<br />

<strong>und</strong> 1,25 mg CEE (Sherwin, 1991) <strong>und</strong> 50 μg transdermal<br />

appliziertem Östradiol (Wikl<strong>und</strong>, 1993; Nathorst-<br />

Boos, 1993) sind positive Effekte auf die Sexualität<br />

androgen<br />

+<br />

(+)<br />

–<br />

–<br />

–<br />

–<br />

+<br />

antimineralokortikoid<br />

antiestrogen<br />

antiandrogen<br />

–<br />

–<br />

–<br />

–<br />

+<br />

+<br />

–<br />

0<br />

Erregbarkeit Orgasmus Befriedigung Besorgnis Ansprechbarkeit<br />

Selbsterleben<br />

Placebo* Transdermales Testosteronpflaster*<br />

* Alle Frauen erhielten begleitend eine Östrogentherapie<br />

Nach Simon, J. A., et al: Journal of Clin Endo & Metab 2005: 90(9): 5226-33<br />

–<br />

–<br />

–<br />

–<br />

+<br />

–<br />

–<br />

nachgewiesen: Verbesserung von körperlicher Attraktivität,<br />

Verbesserung von Sexualtrieb <strong>und</strong> sexuellen<br />

Fantasien, Verbesserung von sexueller Erregung, sexuellem<br />

Erleben <strong>und</strong> sexueller Befriedigung, Beseitigung<br />

von vaginaler Trockenheit <strong>und</strong> damit Verbesserung der<br />

Lubrikation <strong>und</strong> Beseitigung von Dyspareunien.<br />

5.3 Therapie mit Gestagenen<br />

Das natürliche Progesteron wirkt auf den GABA-Rezeptor<br />

<strong>und</strong> damit auf Affektivität <strong>und</strong> Stimmung. Das<br />

natürliche Progesteron wirkt angstlösend <strong>und</strong> entspannend.<br />

In geringen Dosen steigert es die sexuelle<br />

Motivation, in höheren Dosen hemmt es sie jedoch.<br />

Progesteron scheint sich auch über Interaktionen mit<br />

Dopamin positiv auf die Sexualität auszuwirken.<br />

Es hat sich gezeigt, dass synthetische Gestagene,<br />

wie z. B. Levonorgestrel (LNG), sich auf Gr<strong>und</strong> der<br />

androgenen Partialwirkung positiv auf die sexuelle<br />

Appetenz auswirken können. Hier reichen schon<br />

Dosierungen von 0,040 mg LNG in Kombination mit<br />

Östrogenen aus, um eine Verbesserung der Libido<br />

postmenopausal zu erreichen.<br />

Gestagene werden zur Behandlung von Sexualstörungen<br />

nie allein, sondern stets in Kombination mit<br />

Östrogenen eingesetzt.<br />

5.4 Therapie mit Testosteron, transdermal<br />

Testosteron ist nicht nur bei Männern, sondern auch<br />

bei Frauen das Leithormon für die sexuelle Appetenz<br />

<strong>und</strong> Erregung. Indirekte zentrale Wirkung des Testosterons<br />

ist die Steigerung des Wohlbefindens <strong>und</strong> der<br />

Vitalität.<br />

Die wichtigsten Androgene sind Testosteron, Androstendion<br />

<strong>und</strong> DHEA sowie DHEA-S. Die Androgene<br />

der Frau werden sowohl in den Ovarien <strong>und</strong> der<br />

Nebennierenrinde gebildet als auch durch periphere<br />

Konversion im Fett- <strong>und</strong> Muskelgewebe.<br />

Die Auffassung, dass Östrogene allein die Libido der<br />

Frau bewirken, ist überholt. Bereits 1987 beschrieben<br />

Sherwin et al., dass Östrogene nur in Kombination mit<br />

Testosteronenanthat eine deutliche Verbesserung der<br />

sexuellen Appetenz bewirken.<br />

Sarrel et al. stellten 1998 in ihrer Arbeit dar, dass die<br />

Anwendung der Kombination von Östrogen <strong>und</strong> Methyltestosteron<br />

nicht nur zu einem Anstieg des sexuellen<br />

Verlangens <strong>und</strong> zur Steigerung der Häufigkeit sexueller<br />

Begegnungen führte, sondern auch das sexuelle<br />

Empfinden steigerte.<br />

Abbildung<br />

3<br />

Durchschnittliche Veränderung<br />

gegenüber dem Ausgangswert<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

Testosteronpflaster 300 μg/Tag bei Frauen<br />

mit Hysterektomie <strong>und</strong> Ovaerektomie bds.<br />

P < 0,0001<br />

Verbesserung aller wichtigen weiblichen Sexualfunktionen (PFSF)<br />

Intimitate SM1<br />

P = 0,0001<br />

P = 0,0006<br />

P = 0,0003<br />

P < 0,0001<br />

P = 0,023<br />

48 49


Dies wird durch weitere Arbeiten <strong>und</strong> Metaanalysen<br />

belegt (Sonboonporn et al., 2005; Davis et al., 1995; Buster<br />

et al., 2005; Alexander, 2006). In diesen wird dargestellt,<br />

dass durch Östrogen-Androgen-Kombinationen nicht<br />

nur die unmittelbaren Parameter sexualphysiologischer<br />

Abläufe, sondern auch allgemeine psychologische<br />

Parameter verbessert werden, wie der PGBW<br />

(Psychological General Wellbeing Index) <strong>und</strong> der PFSF<br />

(Profile of Female Sexual Function): Verbesserung von<br />

Stimmung <strong>und</strong> allgemeinem Wohlbefinden, von Antrieb,<br />

Vitalität <strong>und</strong> Selbstbild. Gleichzeitig kommt es<br />

zur Reduzierung von Sorgen <strong>und</strong> Leid.<br />

Seit einigen Jahren steht ein Testosteronpflaster zur<br />

Behandlung sexueller Appetenzstörungen zur Verfügung.<br />

Es ist zugelassen für Frauen, die nach chirurgisch<br />

bedingter Menopause unter Hypoactive Sexual Desire<br />

Disorder (HSDD) leiden. Die Zulassung beschränkt<br />

sich also zurzeit auf Frauen, die nach bilateraler Oophorektomie<br />

mit Hysterektomie Libidostörungen haben<br />

<strong>und</strong> darunter erheblich leiden. Die Behandlung<br />

muss durch eine zusätzliche Östrogengabe begleitet<br />

werden.<br />

Dieses Pflaster gibt 300 µg Testosteron pro Tag ab. Die<br />

Konzentration an freiem Testosteron im Serum entspricht<br />

genau der Konzentration, die durch beidseitige<br />

Ovarektomie nicht mehr gebildet werden kann.<br />

Es wird am Unterbauch appliziert <strong>und</strong> zweimal pro<br />

Woche gewechselt.<br />

In zwei Studien wurde die Wirksamkeit dieser Therapie<br />

belegt (Simon et al., 2005; Buster et al., 2005). Unter<br />

dieser Behandlung ist es zu einer signifikanten Verbesserung<br />

der sexuellen Appetenz <strong>und</strong> Erregung gekommen<br />

<strong>und</strong> gleichermaßen haben sich die mit dem Libidomangel<br />

vorhandenen Probleme verringert.<br />

Für Frauen mit natürlicher Menopause zwischen dem<br />

40. <strong>und</strong> 70. Lebensjahr wurden in einer Studie von<br />

Shifren et al., 2006, ähnliche Ergebnisse erzielt.<br />

Mit dem Testosteronpflaster konnte aber auch ohne<br />

begleitende Östrogentherapie eine Verbesserung der<br />

Libido postmenopausaler Frauen erreicht werden.<br />

Die Sicherheit der Testosterontherapie bezüglich<br />

ges<strong>und</strong>heitlicher Risiken ist gut. Langzeitergebnisse,<br />

besonders bezüglich des Mammakarzinom-Risikos,<br />

müssen abgewartet werden.<br />

5.5 Therapie mit DHEA<br />

Dehydroepiandrosteron ist ein Prohormon, das in<br />

verschiedene aktive Steroide metabolisiert wird, u.a.<br />

in 5-Androstendiol, Testosteron, Östradiol.<br />

DHEA wird sowohl prä- als auch postmenopausal zu<br />

60% in der Nebennierenrinde gebildet, 30% durch periphere<br />

Konversion im Unterhautfettgewebe <strong>und</strong> 10%<br />

in den Ovarien.<br />

Die Tatsache, dass DHEA <strong>und</strong> sein Sulfat (DHEA-S)<br />

Androgene sind, lässt den Schluss zu, dass sie positive<br />

Wirkungen auf die weibliche Sexualität entfalten. In<br />

einigen Studien ist nachgewiesen, dass eine Steigerung<br />

der sexuellen Appetenz eintritt.<br />

Jedoch hat sich diese libidosteigernde Wirkung in der<br />

Praxis der ärztlichen Sprechst<strong>und</strong>e in der Breite nicht<br />

nachweisen lassen. Es hat sich deshalb bei der Behandlung<br />

von Störungen der sexuellen Appetenz nicht<br />

durchgesetzt.<br />

5.6 Bedeutung von Oxytocin,<br />

Prolaktin <strong>und</strong> Dopamin<br />

Es gibt auch eine Vielzahl von Forschungen (meist<br />

noch im Tierversuch) zu weiteren Hormonen <strong>und</strong> Botenstoffen.<br />

Oxytocin wird beim Orgasmus ausgeschüttet <strong>und</strong><br />

bewirkte im Tierversuch Bindungs- <strong>und</strong> Paarverhalten.<br />

Beim Menschen wird die Höhe des Oxytocinspiegels<br />

mit Orgasmusstärke <strong>und</strong> vaginaler Lubrikation in Zusammenhang<br />

gebracht.<br />

Prolaktin hemmt in hoher Konzentration die sexuellen<br />

Funktionsabläufe. Es steigt nach dem Orgasmus<br />

an <strong>und</strong> übt wohl eine danach eintretende hemmende<br />

Wirkung aus.<br />

Dopamin löst nach eingetretener sexueller Erregung<br />

den Wunsch nach Fortdauer dieser Erregung aus. Aus<br />

der Behandlung von Parkinson-Patienten mit Dopamin-Agonisten<br />

ist bekannt, dass diese die sexuelle Erregung<br />

befördern.<br />

Abbildung<br />

4<br />

Gelenk- <strong>und</strong> Muskelbeschwerden<br />

Schlafstörungen<br />

Hitzewallungen, Schwitzen<br />

Reizbarkeit<br />

Sexualprobleme<br />

Körperl. <strong>und</strong> geistige Erschöpfung<br />

Depressive Verstimmungen<br />

Herzbeschwerden<br />

Ängstlichkeit<br />

Trockenheit der Scheide<br />

Harnwegsbeschwerden<br />

5.7 Therapie mit Östrogen-Gestagen-<br />

Kombinationen<br />

Beschwerden (sehr stark + stark + mittel)<br />

In der frauenärztlichen Routine-Praxis beklagen Frauen<br />

sexuelle Probleme meist nicht isoliert, sondern als ein<br />

Symptom des klimakterischen Syndroms, also im Zusammenhang<br />

mit Hitzewellen, nächtlichen Schweißausbrüchen,<br />

Schlafstörungen, Abnahme der körperlichen<br />

Leistungsfähigkeit, Gelenkschmerzen u.Ä.<br />

Meist handelt es sich dabei um eine Abnahme <strong>oder</strong><br />

einen Verlust der sexuellen Appetenz (Libido), häufig<br />

begleitet von Symptomen wie Scheidentrockenheit<br />

mit mangelnder Lubrikation <strong>und</strong> Dyspareunie. Solche<br />

Beschwerden werden von den Patientinnen nicht selten<br />

ab Mitte des vierten Lebensjahrzehnts geäußert,<br />

häufiger jedoch nach der Menopause. Nicht in jedem<br />

Fall wird der Libidomangel <strong>oder</strong> die Dyspareunie von<br />

weiteren klimakterischen Beschwerden begleitet.<br />

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 %<br />

17 %<br />

21 %<br />

20 %<br />

23 %<br />

30 %<br />

29 %<br />

29 %<br />

28 %<br />

42 %<br />

46 %<br />

52 %<br />

50 51


Abbildung<br />

5<br />

Zahl <strong>und</strong> Stärke der Hitzewellen<br />

Abbildung<br />

6<br />

Sexualprobleme in der<br />

klinischen Studie<br />

kann die Wahl eines Gestagens mit einer androgenen<br />

Partialwirkung von Vorteil sein. Im Allgemeinen reicht<br />

Nach 13 Einnahmezyklen waren fast alle Frauen beschwerdefrei.<br />

Lediglich 7% wiesen noch leichte Se-<br />

Mittlere Zahl<br />

m<strong>oder</strong>ater/schwerer Hitzewellen pro Woche<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Nach Notelovitz et al., 2000<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12<br />

Placebo<br />

Estradiol, 0,25 mg<br />

Estradiol, 0,5 mg<br />

Estradiol, 1 mg<br />

Estradiol, 2 mg<br />

Wochen<br />

(Veränderung des sexuellen Verlangens, der sexuellen Betätigung <strong>und</strong> Befriedigung)<br />

ja<br />

54 %<br />

nein<br />

46 %<br />

nein<br />

92 %<br />

Zyklus 0 Zyklus 13<br />

(Multizentrische klinische Studie: n = 105)<br />

ja<br />

8 %<br />

1 mg Estradiol als Östrogendosis zum Beseitigen der<br />

Symptome des klimakterischen Syndroms aus. Nur im<br />

Einzelfall wird es nötig sein, eine höhere Dosierung<br />

einzusetzen.<br />

Wie Untersuchungen belegen, beseitigt 1 mg Estradiol<br />

wirkungsvoll die bestehenden Hitzewallungen:<br />

Nach drei Wochen sind 60% der mittelschweren <strong>und</strong><br />

schweren Wallungen beseitigt <strong>und</strong> nach vier Wochen<br />

r<strong>und</strong> 80%.<br />

xualstörungen auf <strong>und</strong> nur bei 1% der Frauen waren<br />

noch mittlere bis starke Probleme vorhanden.<br />

Diese Ergebnisse verdeutlichen im Prinzip das, was<br />

sich in der frauenärztlichen Praxis erwiesen hat.<br />

Klagt eine Patientin über klimakterische Beschwerden<br />

mit Hitzewallungen, Schlafstörungen, depressiver<br />

Verstimmung <strong>und</strong> sexuellen Problemen, ist nach<br />

gründlicher Erhebung der Anamnese, ausführlicher<br />

Beratung <strong>und</strong> Prüfung von Kontraindikationen eine<br />

Therapie mit Östrogen-Gestagen-Präparaten, wie<br />

Wie die in dem vorliegenden Buch dargestellte reprä-<br />

Bestehen neben dem Mangel an sexueller Appetenz<br />

Besteht also bei einer Patientin auf Gr<strong>und</strong> des kli-<br />

z.B. mit der oben genannten Kombination, angezeigt.<br />

sentative Studie mit Frauen zwischen dem 50. <strong>und</strong> 60.<br />

weitere Symptome wie Hitzewellen, nächtliche Schweiß-<br />

makterischen Syndroms die Indikation für eine Hor-<br />

Die Östrogendosis sollte nach Möglichkeit 1 mg nicht<br />

Lebensjahr zeigt, klagen 29% dieser Frauen über Se-<br />

ausbrüche, Schlafstörungen usw., ist die Therapie mit<br />

monersatztherapie, sollte bei vorhandenem Mangel<br />

übersteigen <strong>und</strong> als Gestagen sollte Levonorgestrel<br />

xualprobleme (insbesondere eine Abnahme des sexu-<br />

Östrogen-Gestagen-Kombinationen sinnvoll.<br />

an sexueller Appetenz ein Kombinationspräparat aus<br />

gewählt werden, weil dieses als Gestagen eine andro-<br />

ellen Verlangens) <strong>und</strong> 20% über Scheidentrockenheit.<br />

einem Östrogen mit einem entsprechenden Gestagen,<br />

gene Partialwirkung besitzt.<br />

Damit rangieren die Sexualprobleme bei den Symp-<br />

In Östrogen-Gestagen-Kombinationspräparaten verei-<br />

wie z.B. Levonorgestrel, ausgewählt werden. Levonor-<br />

tomen des klimakterischen Syndroms, die als mittel-<br />

nen sich alle Vorteile der Östrogene <strong>und</strong> der Gestage-<br />

gestrel besitzt eine androgene Partialwirkung <strong>und</strong> in<br />

stark bis sehr stark benannt werden, an fünfter Stelle:<br />

ne in einer Medikation. Einerseits ist hierbei die Dosie-<br />

Kombination mit einem Östrogen wirkt sich dies po-<br />

Gelenk- <strong>und</strong> Muskelschmerzen 52%<br />

rung des Östrogens von Bedeutung <strong>und</strong> andererseits<br />

sitiv auf die sexuelle <strong>Lust</strong> aus <strong>und</strong> gleichzeitig wird die<br />

Schlafstörungen 46%<br />

Lubrikation der Scheide verbessert, wie eine klinische<br />

Hitzewallungen, Schwitzen 42%<br />

Reizbarkeit 30%<br />

Sexualprobleme 29%.<br />

Abbildung<br />

7<br />

Stärke der Sexualprobleme<br />

in der klinischen Studie<br />

Studie zeigen konnte. Nachweislich trat eine spürbare<br />

subjektive Verbesserung der sexuellen <strong>Lust</strong>, der sexuellen<br />

Betätigung <strong>und</strong> Befriedigung ein. Zu Beginn der<br />

100 %<br />

Studie klagten 54 % der postmenopausalen Frauen<br />

Diese <strong>und</strong> andere Daten der vorliegenden Studie<br />

unterstreichen, dass die klimakterischen Symptome<br />

Glück, Wohlbefinden sowie Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Leistungsfähigkeit<br />

der Frauen stark beeinträchtigen. Sie verdeutlichen,<br />

wie schwerwiegend sexuelle Probleme für<br />

Frauen nach der Menopause sind, <strong>und</strong> unterstreichen<br />

die Bedeutung einer adäquaten sexualmedizinisch ori-<br />

Anteil betroffener Frauen<br />

90 %<br />

80 %<br />

70 %<br />

60 %<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

über Sexualprobleme. Nach 13-monatiger Behandlung<br />

mit einer Kombination aus 1 mg Östradiol <strong>und</strong> 0,04<br />

mg Levonorgestrel waren es nur noch 8%.<br />

Insbesondere verringerte sich Zahl der Probandinnen,<br />

die über starke sexuelle Probleme klagten.<br />

entierten frauenärztlichen Beratung.<br />

0 %<br />

0 1 3 7 10 13<br />

Sexualprobleme: mittel bis stark leicht keine<br />

Zyklus<br />

(Multizentrische klinische Studie: n = 105)<br />

Vor der Behandlung bestanden bei einem Drittel der<br />

Frauen leichte Sexualprobleme <strong>und</strong> bei 20 % waren<br />

sogar mittlere bis starke Probleme zu verzeichnen.<br />

52 53


6<br />

Typisierung sexueller Störungen bei<br />

Kasuistiken zu den einzelnen Typen sexueller<br />

befürchtet sie, dass ihr Mann sie deshalb verlassen<br />

schränken ihre Lebensqualität stark ein <strong>und</strong> insbeson-<br />

Frauen in der Peri- <strong>und</strong> Postmenopause<br />

Störung<br />

könnte.<br />

dere auch bei ihrer Arbeit als Verkäuferin fühle sie sich<br />

nach Kriterien der gynäkologischen Praxis<br />

deshalb nicht wohl.<br />

(nach Ahrendt <strong>und</strong> <strong>Friedrich</strong>)<br />

Typ I<br />

Sie hat zwei Kinder geboren, ist ges<strong>und</strong> <strong>und</strong> nimmt<br />

Ausgeprägte Symptome des klimakterischen Syndroms<br />

keinerlei Medikamente ein.<br />

Sie ist seit 27 Jahren verheiratet <strong>und</strong> hat zwei Kinder<br />

In der gynäkologischen Praxis kann man entsprechend<br />

(u.a. Hitzewellen, Schweißausbrüche) <strong>und</strong> Verlust der<br />

Bei der gynäkologischen Untersuchung fiel eine be-<br />

geboren.<br />

den Beschwerde- <strong>und</strong> Störungsbildern bei Frauen in<br />

sexuellen Appetenz <strong>und</strong> trockene Scheide mit Dyspa-<br />

ginnende atrophische Kolpitis auf bei sonst altersent-<br />

der Peri- <strong>und</strong> Postmenopause folgende Typisierung<br />

reunie, großer Leidensdruck (HSDD)<br />

sprechendem Bef<strong>und</strong>.<br />

Seit etwa vier Jahren nimmt sie Kalziumantagonisten<br />

vornehmen:<br />

wegen einer leichten arteriellen Hypertonie ein <strong>und</strong><br />

Kasuistik: H. P., 51 Jahre<br />

Therapie<br />

ist ansonsten ges<strong>und</strong>.<br />

Typ I<br />

Die Patientin klagt über Hitzewellen, Schweißaus-<br />

1. Hormonersatztherapie mit Östrogen-Gestagen-<br />

Ausgeprägte Symptome des klimakterischen Syn-<br />

brüche, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen<br />

Kombinationspräparat, darin Gestagen mit andro-<br />

Die Beziehung zu ihrem Mann beschreibt sie als har-<br />

droms (u.a. Hitzewellen, Schweißausbrüche) <strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit,<br />

gener Partialwirkung: 1 mg Estradiolvalerat plus<br />

monisch. Es gebe viele Gemeinsamkeiten <strong>und</strong> Sexua-<br />

Verlust der sexuellen Appetenz <strong>und</strong> trockene Schei-<br />

seit sie vor sieben Monaten die Pille abgesetzt hat.<br />

0,04 mg Levonorgestrel<br />

lität habe bei beiden von Anfang an keine große Rolle<br />

de mit Dyspareunie, großer Leidensdruck (HSDD)<br />

2. Lokale Östrogentherapie der Scheide <strong>und</strong> Vulva:<br />

gespielt. Sie habe auch nie ein großes Verlangen nach<br />

Auf die Frage, wie es denn um ihre Sexualität stehe,<br />

Vaginalcreme mit 10 µg Estradiol: erste Woche ein-<br />

Geschlechtsverkehr gehabt. Sie genießt es, mit ihrem<br />

Typ II<br />

bricht sie fast in Tränen aus. Vor ein paar Monaten<br />

mal täglich, danach jeden zweiten Tag, später zwei-<br />

Mann Zärtlichkeiten auszutauschen <strong>und</strong> zu kuscheln.<br />

Ausgeprägte Symptome des klimakterischen Syn-<br />

habe es angefangen. Die <strong>Lust</strong> auf Sex habe total nach-<br />

mal pro Woche<br />

Die körperliche Nähe sei ihr sehr wichtig. Dies gebe<br />

droms (u.a. Hitzewellen, Schweißausbrüche), dazu<br />

gelassen. Wenn sie sich trotzdem auf das Liebesspiel<br />

3. Sexualberatung:<br />

ihr Geborgenheit. Auch ihr Mann fühle sich so wohl.<br />

Seborrhö, Akne <strong>und</strong> Haarausfall <strong>und</strong> Verlust der Libi-<br />

einlasse, habe sie starke Schmerzen, da sie sehr tro-<br />

Patientin mit dem Partner, Verbesserung der Kom-<br />

do – jedoch deshalb kein Leidensdruck (kein HSDD)<br />

cken sei. Sie halte das kaum aus. Der Sex müsse oft-<br />

munikation, Ermutigung zur Wiederaufnahme der<br />

Im Gespräch mit der Patientin wird deutlich, dass sie<br />

mals abgebrochen werden. Manchmal habe sie sogar<br />

sexuellen Beziehung<br />

sich lediglich eine Linderung ihrer klimakterischen Be-<br />

Typ III<br />

leicht geblutet.<br />

schwerden wünscht sowie eine Verbesserung der Haut<br />

Leichte Symptome des klimakterischen Syndroms <strong>und</strong><br />

Typ II<br />

<strong>und</strong> des Haarausfalles. Pflanzliche Mittel habe sie bereits<br />

abrupter Verlust der sexuellen Appetenz nach gynäko-<br />

Nach <strong>und</strong> nach habe sie sich von ihrem Mann zurück-<br />

Ausgeprägte Symptome des klimakterischen Syndroms<br />

ausprobiert, aber ohne wesentliche Effekte. Die gynä-<br />

logischer OP, dadurch großer Leidensdruck (HSDD)<br />

gezogen. Sie vermeidet jetzt jegliche körperliche An-<br />

(u.a. Hitzewellen, Schweißausbrüche), dazu Seborrhö,<br />

kologische Untersuchung ergab einen altersentsprech-<br />

näherung aus Angst, dass es ihr wieder weh tun könne.<br />

Akne <strong>und</strong> Haarausfall <strong>und</strong> Verlust der Libido – jedoch<br />

enden, unauffälligen Bef<strong>und</strong>.<br />

Typ IV<br />

Ihr Mann, mit dem sie seit 20 Jahren verheiratet ist, ist<br />

deshalb kein Leidensdruck (kein HSDD)<br />

Keine klimakterischen Beschwerden <strong>und</strong> keine we-<br />

sehr irritiert darüber. In letzter Zeit würden sie sich<br />

Therapie<br />

sentliche Verminderung der Libido – jedoch tro-<br />

auch häufiger wegen Kleinigkeiten streiten. Inzwischen<br />

Kasuistik: K. S., 52 Jahre<br />

1. Hormonersatztherapie mit Östrogen-Gestagen-<br />

ckene Scheide <strong>und</strong> Dyspareunie<br />

ist ein gewisses Schweigen in der Beziehung eingetre-<br />

Die Patientin kommt zur Krebsvorsorgeuntersuchung<br />

Kombinationspräparat, darin Gestagen mit anti-<br />

ten. Es wird darüber nicht geredet.<br />

in die Praxis <strong>und</strong> klagt über häufige Hitzewallungen,<br />

androgener Partialwirkung: 1 mg Estradiolvalerat<br />

depressive Episoden, starken Leistungsabfall, Müdigkeit<br />

plus 2 mg Dienogest<br />

Vorher hatten sie regelmäßig <strong>und</strong> für beide befriedi-<br />

<strong>und</strong> Schlafstörungen, die gleichzeitig mit dem Ausblei-<br />

2. Gynäkologische Beratung<br />

genden Sex. Die Patientin leidet sehr unter diesem<br />

ben ihrer Regel vor fünf Monaten einsetzten. Seitdem<br />

Zustand, insbesondere auch, weil ihr Sex stets viel<br />

habe sie auch auffallend unreine <strong>und</strong> fettige Haut <strong>und</strong><br />

Spaß gemacht habe <strong>und</strong> ihr viel bedeute. Außerdem<br />

ihre Haare würden ausfallen. Diese Beschwerden<br />

54 55


Typ III<br />

Leichte Symptome des klimakterischen Syndroms –<br />

großer Leidensdruck wegen abrupten Verlustes der sexuellen<br />

Appetenz nach gynäkologischer OP (HSDD)<br />

Kasuistik: S. B., 54 Jahre<br />

Die Patientin sucht gezielt die gynäkologische Sprechst<strong>und</strong>e<br />

auf wegen des abrupten Verlustes ihrer sexuellen<br />

<strong>Lust</strong> nach einer gynäkologischen Operation vor<br />

neun Monaten.<br />

Wegen unklarer zystischer Ovarialtumoren, die sich<br />

histologisch dann als benigne erwiesen, wurde eine<br />

abdominale Hysterektomie mit beidseitiger Ovarektomie<br />

durchgeführt.<br />

Die Patientin habe schon bald Veränderungen die Libido<br />

betreffend verspürt. Sexualität habe schon immer<br />

in ihrem Leben eine große Rolle gespielt <strong>und</strong> sie beklagt<br />

nun nachhaltig den Verlust der sexuellen Appetenz<br />

<strong>und</strong> des sexuellen Empfindens. Ihr fehlen jegliche<br />

sexuellen Fantasien <strong>und</strong> sie sei nur schwer erregbar.<br />

Außerdem ist die Scheide trocken <strong>und</strong> sehr empfindlich.<br />

Zusätzlich habe sie jetzt auch immer wieder Hitzewellen<br />

<strong>und</strong> nächtliche Schweißausbrüche.<br />

Sie ist in zweiter Ehe mit einem neun Jahre jüngeren<br />

Partner verheiratet, der jetzt ebenfalls sehr unter dieser<br />

Situation leidet.<br />

Der postoperative gynäkologische Untersuchungsbef<strong>und</strong><br />

ist unauffällig.<br />

Therapie<br />

1. Testosteronpflaster: Applikation zweimal pro Woche<br />

entsprechend Vorschrift<br />

2. 1 mg Estradiol, oral:<br />

täglich eine halbe 2-mg-Estradiol-Tablette<br />

3. Sexualberatung:<br />

Patientin allein, gegebenenfalls mit Partner<br />

Typ IV<br />

Keine klimakterischen Beschwerden <strong>und</strong> keine wesentliche<br />

Verminderung der Libido – jedoch trockene<br />

Scheide <strong>und</strong> Dyspareunie<br />

Kasuistik: H. G., 58 Jahre<br />

Die attraktive, selbstbewusste Patientin kommt zur<br />

jährlichen Routineuntersuchung <strong>und</strong> erzählt von häufigen<br />

Schmerzen beim Sex mit ihrem Partner wegen<br />

der zu trockenen Scheide. Das führt dazu, dass sie sich<br />

beim Geschlechtsverkehr nicht mehr so fallen lassen<br />

kann, nicht mehr so heftig erregt wird <strong>und</strong> seltener<br />

zum Orgasmus kommt. Die <strong>Lust</strong> auf Sex sei unverändert<br />

gut <strong>und</strong> sie würde die körperliche Nähe ihres<br />

Partners sehr genießen <strong>und</strong> sich von ihm sehr angenommen<br />

fühlen.<br />

Sie lebt mit diesem Partner seit zehn Jahren zusammen.<br />

Ihre Beziehung sei sehr harmonisch <strong>und</strong> der Sex<br />

sehr erfüllend <strong>und</strong> aufbauend. Sie möchte keine diesbezüglichen<br />

Einschränkungen <strong>und</strong> leidet sehr darunter,<br />

dass wegen der trockenen Scheide der Sex nicht mehr<br />

so ungestört ist wie früher.<br />

Sie habe schon verschiedene Gleitgele probiert, die<br />

aber die Beschwerden nicht vollends beseitigt hätten.<br />

Die Patientin hat drei Kinder geboren. Sie ist sehr<br />

sportlich <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>.<br />

Die gynäkologische Untersuchung ergab bis auf einen<br />

leicht geröteten Introitus vaginae einen unauffälligen<br />

Bef<strong>und</strong>.<br />

Therapie<br />

1. Lokale Östrogentherapie der Scheide <strong>und</strong> Vulva:<br />

Vaginalcreme mit 1 mg Östriol: erste Woche einmal<br />

täglich, danach jeden zweiten Tag, später zweimal pro<br />

Woche<br />

2. Lokale Zusatzbehandlung der Scheide <strong>und</strong> Vulva:<br />

bei Bedarf zusätzlich: hyaluronsäurehaltige Cremes<br />

<strong>oder</strong> Gels, zweimal pro Woche in Ergänzung zur<br />

lokalen Östrogentherapie<br />

3. Gynäkologische <strong>und</strong> Sexualberatung der Patientin<br />

56 57


Anhang<br />

Patienten-Kurzfragebogen „B-PFSF“<br />

Fragebogen für das vertiefende Gespräch bei Sexualproblemen im Klimakterium<br />

nie selten manchmal häufig sehr häufig immer Name der Patientin:<br />

1. Ich hatte <strong>Lust</strong> auf Sex<br />

Datum:<br />

2. Ich war unglücklich<br />

über mein geringes<br />

sexuelles Interesse<br />

Ist Ihnen ein erfülltes Sexualleben wichtig?<br />

ja<br />

nein<br />

3. Es dauerte ewig,<br />

bis ich erregt war<br />

Hat sich Ihre <strong>Lust</strong> auf Sexualität verändert?<br />

4. Ich habe beim Sex<br />

nichts empf<strong>und</strong>en<br />

Haben Sie verglichen mit früher seltener<br />

Geschlechtsverkehr?<br />

5. Mir fehlte es an<br />

sexuellem Verlangen<br />

6. Ich war enttäuscht,<br />

über mein geringes<br />

sexuelles Interesse<br />

Kommt es beim Geschlechtsverkehr zu Schmerzen?<br />

Haben Sie mehr beruflichen <strong>oder</strong><br />

persönlichen Stress als früher?<br />

Ist Ihr Sexualleben an stressfreien Tagen –<br />

z.B. im Urlaub – zufriedenstellender?<br />

7. Ich habe leicht einen<br />

Orgasmus bekommen<br />

Sind Sie mit Ihrer Partnerschaft zufrieden?


Literatur<br />

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Basson R, Leiblum S. Brotto L, Derogatis L, Fourcroy J. Fugl-Meyer K, Graziottin A.<br />

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Bitzer, J.: Die sexuelle Dysfunktion der Frau – Ursachen <strong>und</strong> aktuelle Therapieoptionen;<br />

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