Ergebnisse der Unterarbeitsgruppe ab Seite 53 im PDF-Dokument ...
Ergebnisse der Unterarbeitsgruppe ab Seite 53 im PDF-Dokument ...
Ergebnisse der Unterarbeitsgruppe ab Seite 53 im PDF-Dokument ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
TELEMATIK-ANWENDUNGEN IM<br />
GESUNDHEITSWESEN:<br />
Nutzungsfel<strong>der</strong>, Verbesserungspotentiale<br />
und Handlungsempfehlungen<br />
Schlußbericht<br />
<strong>der</strong><br />
Arbeitsgruppe 7
Herausgeber:<br />
FORUM INFO 2000<br />
Geschäftsstelle<br />
Oxfordstraße 2<br />
<strong>53</strong>111 Bonn<br />
Tel.: (02 28) 9 85 38-0<br />
Fax: (02 28) 9 85 38-22<br />
http://www.forum-info2000.de<br />
e-mail-Adresse:<br />
info@forum-info2000.de<br />
Redaktion:<br />
Gerhard Brenner<br />
Wilhelm van E<strong>im</strong>eren<br />
Christian Sachse<br />
Karl Hinrich Vöge<br />
AG-Betreuung<br />
und Endredaktion:<br />
Veli N. Stroetmann<br />
Geschäftsstelle FORUM INFO 2000<br />
Bonn, Mai 1998
GELEITWORT<br />
Als die Bundesregierung <strong>im</strong> Oktober 1996 das FORUM INFO 2000 gründete und d<strong>ab</strong>ei<br />
die Arbeitsgruppe Gesundheit einrichtete, hatten wir vor allem zwei Ziele:<br />
• Das Forum sollte eine offene und öffentliche Diskussion über den gegenwärtig<br />
stattfindenden Wandel von <strong>der</strong> Industrie- zur Wissensgesellschaft<br />
anregen;<br />
• und es sollte eine Denk- und Zukunfts-Werkstatt sein.<br />
Heute können wir feststellen: Das Engagement und die <strong>Ergebnisse</strong> dieser Arbeitsgruppe<br />
<strong>im</strong> FORUM INFO 2000 werden uns auf dem Weg in die Wissensgesellschaft einen guten<br />
Schritt weiterbringen. Das Forum hat beide Ziele erreicht. Mehr als das: Das Engagement<br />
all <strong>der</strong>jenigen, die sich als Träger o<strong>der</strong> als Teilnehmer am Forum und an seinen diversen<br />
Arbeitsgruppen beteiligt h<strong>ab</strong>en, war und ist <strong>im</strong>mens.<br />
Allein an <strong>der</strong> Arbeitsgruppe Gesundheit waren über 90 Experten aus allen relevanten<br />
Teilbereichen des Gesundheitswesens, aus <strong>der</strong> Wissenschaft, <strong>der</strong> Industrie und den<br />
Patientenorganisationen, beteiligt. Sie h<strong>ab</strong>en Anwendungsfel<strong>der</strong> für die Telematik <strong>im</strong><br />
Gesundheitswesen aufgezeigt, hieraus erwachsene Verbesserungspotentiale für das<br />
Gesundheitswesen diskutiert und Handlungsempfehlungen für die Zukunft ausgesprochen.<br />
Seit Jahren steht das deutsche Gesundheitswesen aus vielfältigen Gründen vor einem<br />
steigenden Kostendruck. Telematik bietet die Chance, eine gleichbleibende o<strong>der</strong> verbesserte<br />
Qualität in <strong>der</strong> Patientenversorgung zu st<strong>ab</strong>ilen Kosten zu erreichen.<br />
Telematikanwendungen <strong>im</strong> Gesundheitswesen müssen sich an den Bedürfnissen des<br />
Patienten orientieren. In den jetzt vorliegenden Publikationen nehmen daher auch Patienteninformation<br />
und Patientenorientierung be<strong>im</strong> Einsatz von Telematiktechniken einen<br />
breiten Raum ein.<br />
Technische Voraussetzungen und rechtliche Rahmenbedingungen für den Einsatz <strong>der</strong><br />
Telematik <strong>im</strong> Gesundheitswesen sind in Deutschland gegeben. Sie wurden durch das<br />
Informations- und Kommunikationsdienstegesetz weiter verbessert. In regionalen Modellprojekten<br />
hat sich Telematik bereits hervorragend bewährt. Jetzt müssen die einzelnen<br />
Träger des Gesundheitswesens in den Bereichen, für die sie Verantwortung tragen,<br />
Schlußfolgerungen für ihre Arbeit und für eine breite Anwendung ziehen, und auf<br />
nationaler Ebene standardisierte Bedingungen für die flächendeckende Nutzung <strong>der</strong><br />
III
Telematik in Deutschland geschaffen werden. BMBF und BMG sind ihrerseits bereit, die<br />
Empfehlung <strong>der</strong> Arbeitsgruppe Gesundheit zur Gründung eines Aktionsforums für<br />
Telematik <strong>im</strong> Gesundheitswesen aufzugreifen. Dieses Aktionsforum soll in Absprache mit<br />
allen relevanten Akteuren sowie <strong>im</strong> Einklang mit internationalen Übereinkünften<br />
verbindliche nationale Absprachen zu treffen. Damit wird für die Zukunftsorientierung<br />
unseres Gesundheitswesens eine solide Grundlage geschaffen.<br />
Dr. Jürgen Rüttgers<br />
Bundesminister für Bildung, Wissenschaft,<br />
Forschung und Technologie<br />
Horst Seehofer<br />
Bundesminister für Gesundheit<br />
Bonn, <strong>im</strong> Mai 1998<br />
IV
VORWORT<br />
Der Einsatz mo<strong>der</strong>ner Informationssysteme, die interne und externe Vernetzung dank<br />
Telekommunikation sowie die Nutzung neuester Mult<strong>im</strong>edia-Entwicklungen eröffnen auch<br />
<strong>im</strong> Gesundheitswesen Perspektiven zur weiteren qualitativen Verbesserung, zur Effizienzsteigerung<br />
und zu langfristigen Kosteneinsparungen. Chancen, potentieller Nutzen, <strong>ab</strong>er<br />
auch eventuelle Risiken von Telematik-Anwendungen <strong>im</strong> Gesundheitswesen waren<br />
Gegenstand <strong>der</strong> Arbeitsgruppe 7 des FORUM INFO 2000.<br />
Ausgelöst durch neue technische Möglichkeiten wie auch wirtschaftliche, soziale und<br />
politische Verän<strong>der</strong>ungen <strong>im</strong> globalen Maßst<strong>ab</strong> wandelt sich Deutschland von einer<br />
Industrie- zur Informations- und weiter zur Wissensgesellschaft. Das FORUM, eine<br />
Initiative <strong>der</strong> Bundesregierung <strong>im</strong> Rahmen ihres Aktionsplanes für „Deutschlands Weg in<br />
die Informationsgesellschaft”, will alle Bürger und gesellschaftlichen Gruppen motivieren,<br />
einen Beitrag dazu zu leisten.<br />
Das Gesundheitswesen betrifft uns alle gleichermaßen. Ihm kommt in diesem Prozeß<br />
eine herausragende Stellung zu:<br />
1. weil <strong>der</strong> elektronische Informationsaustausch hohe Anfor<strong>der</strong>ungen an die Sicherheit<br />
sensibler medizinischer Daten stellt;<br />
2. weil Qualität und Wirtschaftlichkeit <strong>der</strong> medizinischen Behandlung durch Telematik<br />
und elektronische Kommunikation weiter verbessert werden können;<br />
3. weil die Verfügbarkeit und <strong>der</strong> Zugriff auf an verschiedenen Orten gespeicherte<br />
Behandlungsdaten durch Arztpraxen und Krankenhäuser dank <strong>der</strong> Vernetzung<br />
von medizinischen Einrichtungen beschleunigt werden wird.<br />
D<strong>ab</strong>ei müssen die Bedürfnisse und Interessen aller Beteiligten - Bürger, Patienten, Ärzte,<br />
Gesundheitsberufe, Krankenkassen, Industrie usw. - berücksichtigt, <strong>ab</strong>er auch ihre<br />
Kooperation bei gesellschaftlich tragfähigen Lösungen eingefor<strong>der</strong>t werden.<br />
Die Arbeiten <strong>der</strong> Arbeitsgruppe begannen unmittelbar mit <strong>der</strong> Gründung des FORUM<br />
INFO 2000 <strong>im</strong> Oktober 1996. Im Rahmen von drei <strong>Unterarbeitsgruppe</strong>n, z.T. weiter<br />
unterglie<strong>der</strong>t in eine Vielzahl von Themengruppen und Expertenzirkeln, wurden vielfältige<br />
Einzelaspekte in den sehr unterschiedlichen Anwendungsfel<strong>der</strong>n <strong>im</strong> Detail analysiert und<br />
Empfehlungen zur weiteren Vorgehensweise erarbeitet. Nach fast eineinhalbjähriger<br />
Tätigkeit werden nunmehr die <strong>Ergebnisse</strong> „Telematik-Anwendungen <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
- Nutzungsfel<strong>der</strong>, Verbesserungspotentiale und Handlungsempfehlungen”<br />
V
vorgelegt. Diese <strong>Ergebnisse</strong> wurden auch in einer übergreifenden, integrierenden<br />
Gesamtschau zusammengetragen und mit <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung verknüpft, zur weiteren<br />
Umsetzung und Realisierung des Potentials <strong>der</strong> Telematik-Nutzung umgehend ein<br />
„Aktionsforum für Telematiknutzung <strong>im</strong> Gesundheitswesen” zu gründen.<br />
In <strong>der</strong> Arbeitsgruppe h<strong>ab</strong>en gut 90 Personen mitgewirkt, wovon sich die Mehrheit z.T.<br />
sehr intensiv an <strong>der</strong> Ausarbeitung dieses Berichtes beteiligt hat. Ihnen allen gilt unser<br />
Dank für das hohe Engagement, die hervorragende Kooperation und das kritische<br />
Ausdiskutieren auch kontroverser Standpunkte. Unser Dank gilt auch all den Verbänden,<br />
Organisationen und Unternehmen, die es ermöglicht h<strong>ab</strong>en, daß ihre Mitarbeiter<br />
Arbeitszeit und Ressourcen in diese Aktivitäten investieren konnten. Beson<strong>der</strong>s zu<br />
erwähnen sind hierbei diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die als Leiter bzw. als<br />
Berichterstatter und Autoren von <strong>Unterarbeitsgruppe</strong>n und Themengruppen beson<strong>der</strong>e<br />
Verantwortung übernommen h<strong>ab</strong>en.<br />
Obgleich natürlich die Träger durch ihre Zuarbeit den größten Teil <strong>der</strong> Kosten für das<br />
Forum Info 2000 trugen, sollte die Unterstützung durch die Bundesregierung nicht unerwähnt<br />
bleiben. So trug das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und<br />
Technologie (BMBF) die Hälfte <strong>der</strong> Infrastrukturkosten für die Organisation des FORUM<br />
INFO 2000, das BMWi die an<strong>der</strong>e Hälfte. Dies betrifft vor allem die koordinierenden<br />
Tätigkeiten <strong>der</strong> FORUM-Geschäftsstelle. Speziell die Arbeitsgruppe „Telematik-<br />
Anwendungen <strong>im</strong> Gesundheitswesen“ fand intensive Unterstützung durch das Bundesministerium<br />
für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) sowie das<br />
Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Beiden Häusern sei für ihre konstruktive<br />
Mitarbeit gedankt!<br />
Die Chancen, die Qualität <strong>der</strong> Versorgung sowie Effizienz und Effekitivität des deutschen<br />
Gesundheitswesens zu steigern, sind gegeben. Alle Beteiligten hoffen, daß dieser Bericht<br />
zur weiteren Realisierung einen entscheidenden Anstoß geben wird!<br />
für die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> AG 7 “Gesundheit”<br />
Prof. Dr. Wilhelm van E<strong>im</strong>eren<br />
Leiter <strong>der</strong> AG 7<br />
Neuherberg bei München, <strong>im</strong> April 1998<br />
VI
Inhalt<br />
Geleitwort<br />
Vorwort<br />
III<br />
V<br />
VISIONEN UND ZIELE<br />
0 Einleitung 1<br />
1 Telematik-Anwendungen: Chancen für eine bessere Patientenversorgung 1<br />
1.1 Einleitung 5<br />
1.2 Kann Telematik Probleme <strong>im</strong> Gesundheitswesen lösen? 5<br />
1.3 Neue Ansätze, um den Verwaltungsaufwand zu min<strong>im</strong>ieren 6<br />
1.4 Gesundheitsinformationen für alle 6<br />
1.5 Interdisziplinärer Dialog / Organisationsstruktur <strong>der</strong> Arbeitsgruppe 7<br />
2 Aufbruch ins kommende Jahrzehnt: Auswirkungen <strong>der</strong><br />
Informationstechnologie auf die Gesundheitsberufe 1<br />
2.1 Einleitung 11<br />
2.2 Potentiale 12<br />
2.3 Risiken und ihre Vermeidung 13<br />
2.4 Hin<strong>der</strong>nisse 14<br />
2.5 Akteure, Handlungsnotwendigkeiten 16<br />
3 Integrierte Gesundheitsnetze: Beschreibung <strong>der</strong> notwendigen<br />
Systemkomponenten 1<br />
3.1 Allgemeine Ausgangssituation 19<br />
3.1.1 Basistechnologie in Praxis und Klinik 20<br />
3.1.2 Ausweitung verarbeiteter Inhalte 21<br />
3.1.3 Alltag <strong>der</strong> Medienbrüche 21<br />
3.2 Aktueller Entwicklungsstand 22<br />
3.2.1 Dezentrale Zuständigkeiten und heterogene Ansätze 22<br />
3.2.2 Divergente Sicherheitsansätze 22<br />
3.2.3 Erste Interoper<strong>ab</strong>ilität durch vorhandene Schnittstellen 23<br />
3.2.4 Gesundheitsnetze und Vernetzung <strong>im</strong> Gesundheitswesen 23<br />
3.3 Exemplarische Ansätze 24<br />
3.3.1 Deutsches Medizin Forum 24<br />
3.3.2 Medical Network 25<br />
3.3.3 Deutsches Gesundheitsnetz 25<br />
3.3.4 xDT-Schnittstellen <strong>der</strong> Kassenärztlichen Bundesvereinigung 26<br />
3.3.5 HCP-Protokoll für BayNet 27<br />
VII
3.4 Empfehlungen und For<strong>der</strong>ungen 27<br />
3.4.1 Richtlinien für Anwen<strong>der</strong> 28<br />
3.4.2 Richtlinien für Anbieter medizinischer Inhalte 29<br />
3.4.3 Richtlinien für Übermittler von Patientendaten 29<br />
3.4.4 Abgest<strong>im</strong>mte Authentifikation 29<br />
3.4.5 Weiterentwicklung interoper<strong>ab</strong>ler Inhalts-Schnittstellen 31<br />
3.4.6 Nächste Schritte 31<br />
4 Telematikplattform: Ansatz, Komponenten, Funktionen und Schritte zu ihrer<br />
Realisierung 1<br />
4.1 Zur aktuellen Situation 33<br />
4.2 Aktionsforum für Telematik <strong>im</strong> Gesundheitswesen 34<br />
4.3 Weiterer organisatorischer Hintergrund für die Telematik <strong>im</strong> Gesundheitswesen 35<br />
4.3.1 Normierungsgremien 35<br />
4.3.2 Produktzertifizierung 35<br />
4.3.3 Trusted Third Parties 36<br />
4.4 Anfor<strong>der</strong>ungsspektrum 36<br />
4.4.1 Netztechnik 36<br />
4.4.2 Sicherheitssystem 37<br />
4.4.3 Standardisierung und Interoper<strong>ab</strong>ilität 37<br />
4.4.4 Organisatorische und ökonomische Anfor<strong>der</strong>ungen 37<br />
4.4.5 Institutionalisierung 38<br />
4.5 Technologischer Handlungsbedarf 38<br />
4.5.1 Netztechnik 38<br />
4.5.2 Sicherheitstechnik 38<br />
4.6 Standardisierung 39<br />
4.6.1 Netztechnik 39<br />
4.6.2 Sicherheitstechnik 39<br />
4.6.3 EDI-Strukturen 39<br />
4.6.4 <strong>Dokument</strong>ationsstrukturen 39<br />
4.7 Interoper<strong>ab</strong>ilität 40<br />
4.8 Rechtliche Rahmenbedingungen 40<br />
4.8.1 Datenschutz und Schweigepflicht 40<br />
4.8.2 Beweiskraft elektronischer <strong>Dokument</strong>e 40<br />
VIII
ANWENDUNGSSZENARIEN<br />
- ERGEBNISSE DER UNTERARBEITSGRUPPEN -<br />
5 Informationen für Bürger und Patienten 1<br />
5.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen 44<br />
5.1.1 Ausgangslage - Bedarf 44<br />
5.1.2 Handlungsempfehlungen 46<br />
5.1.2.1 Laiengerechte Aufbereitung und Strukturierung von<br />
Gesundheitsinformationen 46<br />
5.1.2.2 Schaffung von Zugangsvoraussetzungen 47<br />
5.1.2.3 Verstärkte Unterstützung von behin<strong>der</strong>ten Menschen <strong>im</strong> Zugang zu<br />
Informationen 48<br />
5.1.3 Empfehlungen zur Vorgehensweise 49<br />
5.2 Autorenbeiträge 51<br />
5.2.1 Leitlininien für Informationssysteme für Bürger und Patienten 51<br />
5.2.2 Das Gesundheits-Informations-System (GIS) - ein Demosystem auf<br />
Internetbasis 55<br />
5.2.3 Patienten-Informierungs-Systeme - warum, wozu, womit? 61<br />
5.2.3.1 Einleitung 61<br />
5.2.3.2 Warum überhaupt Patienteninformierung? 61<br />
5.2.3.3 Warum mult<strong>im</strong>ediale computergestützte Patienteninformierung? 64<br />
5.2.3.4 Autorensystem zur leichten Erstellung von Patienteninformierungssystemen<br />
69<br />
5.2.3.5 Ausblick 70<br />
5.2.4 Anfor<strong>der</strong>ungen an Informationssysteme für Behin<strong>der</strong>te 71<br />
5.2.4.1 Einleitung 71<br />
5.2.4.2 Analyse und Folgerungen 72<br />
5.2.4.3 Notwendige Aktionen 74<br />
5.2.4.4 Visionen 74<br />
5.2.4.5 Design von Web-<strong>Seite</strong>n für Behin<strong>der</strong>te 75<br />
5.2.5 Analyse und Empfehlungen für den Bereich Zahngesundheit 77<br />
5.2.5.1 Analyse 77<br />
5.2.5.2 Derzeitiges Angebot an Informationssystemen über Zahngesundheit 77<br />
5.2.5.3 Informationsdefizite 79<br />
5.2.5.4 Voraussetzungen für ein internetfähiges Informationssystem für Bürger und<br />
Patienten 80<br />
5.2.5.5 Handlungserfor<strong>der</strong>nisse / Vorschläge 81<br />
IX
6 Fachinformation und Entscheidungsunterstützung 1<br />
6.1 Einführung in die Übersichtsarbeiten 84<br />
6.2 Elektronische Informationssysteme für Public-Health-Professionelle 86<br />
6.2.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen 87<br />
6.2.1.1 Technische Plattform 87<br />
6.2.1.2 Innere Dynamik <strong>der</strong> Entwicklung 87<br />
6.2.1.3 Flankierende Maßnahmen 88<br />
6.2.1.4 Geschäftsmodelle 88<br />
6.2.1.5 Gewährleistung inhaltlicher Qualität 89<br />
6.2.1.6 Informatisches Konzept 90<br />
6.3 Telemedizin und Zweitbefundungen 92<br />
6.3.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen 93<br />
6.3.1.1 Technische Plattform / Protokolle 93<br />
6.3.1.2 Innere Dynamik <strong>der</strong> Entwicklungen (för<strong>der</strong>nde / hemmende Faktoren) 93<br />
6.3.1.3 Flankierende Maßnahmen (organisatorisch-technischer Rahmen) 94<br />
6.3.1.4 Geschäftsmodelle 94<br />
6.3.1.5 Gewährleistung inhaltlicher Qualität 95<br />
6.4 En<strong>ab</strong>lingsysteme für Ärzte 96<br />
6.4.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen 97<br />
6.5 Qualitätssicherndes <strong>Dokument</strong>ations- und Expertensystem für die zahnärztliche<br />
Praxis 99<br />
6.5.1 IDDS - Integrated Dental Data System 100<br />
6.6 Qualitätssicherung <strong>der</strong> Wissensvermittlung als iterativer Prozeß - am Beispiel<br />
<strong>der</strong> Zahnmedizin - 103<br />
6.6.1 Analyse und <strong>Ergebnisse</strong> 104<br />
6.6.1.1 Einführung 104<br />
6.6.1.2 Modellhaftes Vorgehen bei Projekten in <strong>der</strong> Zahnmedizin 105<br />
6.7 Informationssystem zu Tumorerkrankungen für Ärzte und Laien 110<br />
6.7.1 Analyse und <strong>Ergebnisse</strong> 111<br />
6.8 Ärztliche Fortbildung und Qualitätssicherung 113<br />
6.8.1 <strong>Ergebnisse</strong> 114<br />
7 Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung 1<br />
7.1 Überblick 119<br />
7.2 Verzahnung ambulanter und stationärer Versorgung 124<br />
7.2.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen 125<br />
7.2.1.1 Allgemeine Ausgangssituation und Schwachstellen 125<br />
X
7.2.1.2 Facetten <strong>der</strong> informationstechnologischen Unterstützungsmöglichkeiten 127<br />
7.2.1.3 Projektskizzen 130<br />
7.3 Medizinische Netze 134<br />
7.3.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen 134<br />
7.4 Karten <strong>im</strong> Gesundheitswesen 135<br />
7.4.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen 136<br />
7.4.1.1 Ausgangssituation national/international 136<br />
7.4.1.2 Die nationale Entwicklung in Deutschland 140<br />
7.4.1.3 Schwachstellenanalyse 144<br />
7.4.1.4 Lösungsvorschläge und Empfehlungen 145<br />
7.4.1.5 Ausblick und Schlußbetrachtung 148<br />
7.5 Home-Care 151<br />
7.5.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen 152<br />
7.5.1.1 Entwicklung <strong>im</strong> Gesundheitswesen 152<br />
7.5.1.2 Definition Home-Care 152<br />
7.5.1.3 Home-Care für Herz und Lunge 1<strong>53</strong><br />
7.5.1.4 Chancen und Potential von Home-Care 154<br />
7.5.1.5 Rahmenbedingungen 155<br />
7.6 Qualitätsmanagement und Informationstechnologie 156<br />
7.6.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen 157<br />
7.6.1.1 Inhalt <strong>der</strong> Anwendung 157<br />
7.6.1.2 Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung 157<br />
7.6.1.3 Beitrag zum Aufbau einer Telematikplattform 159<br />
7.6.1.4 Zyklus <strong>der</strong> Qualitätsentwicklung 160<br />
7.6.1.5 Qualität und Leitlinien 160<br />
7.6.1.6 Integration in die Versorgungs<strong>ab</strong>läufe 160<br />
7.6.1.7 Konkrete Empfehlungen <strong>der</strong> Autoren zur Umsetzung 160<br />
7.7 Krankenhaus-Informationssysteme 162<br />
7.7.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen 163<br />
7.7.1.1 Ausgangssituation 163<br />
7.7.1.2 Telematik un<strong>ab</strong>dingbar für die Zukunft des Unternehmens Krankenhaus 164<br />
7.7.1.3 For<strong>der</strong>ungen und Empfehlungen 166<br />
7.7.1.4 Zusammenfassung 167<br />
Anhang: Autoren und Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgruppe<br />
XI
Visionen und Ziele
Visionen und Ziele<br />
2
Einleitung<br />
Das FORUM INFO 2000 ist ein zentrales Element des Aktionsplanes <strong>der</strong><br />
Bundesregierung für „Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft“. Mit dem<br />
FORUM sollen die Bürger auf dem Weg in die Informationsgesellschaft begleitet werden.<br />
In <strong>der</strong> FORUM-Arbeitsgruppe „Telematik-Anwendungen <strong>im</strong> Gesundheitswesen“ h<strong>ab</strong>en<br />
sich Akteure <strong>im</strong> deutschen Gesundheitswesen zusammengefunden, um Nutzen und<br />
Chancen eines verstärkten Einsatzes von Telekommunikation und Informatik<br />
(Telematik) zu diskutieren, zu Empfehlungen zu verdichten und um die Eigeninitiative<br />
aller Beteiligten zu för<strong>der</strong>n.<br />
Das deutsche Gesundheitswesen steht aus wirtschafts- und sozialpolitischen Gründen<br />
seit mehreren Dekaden unter wachsendem Druck: Verbesserte Behandlungsmethoden<br />
sind vielfach auch betreuungs- und kostenintensiver; <strong>der</strong> Anteil chronisch kranker und<br />
hochbetagter Patienten n<strong>im</strong>mt zu. Die Herausfor<strong>der</strong>ung ist, mehr Qualität und Innovationen<br />
mit einer Begrenzung <strong>der</strong> Ausg<strong>ab</strong>enentwicklung in Einklang zu bringen. Ein<br />
gezielter Einsatz patientenorientierter Telematikanwendungen kann dazu beitragen:<br />
• die Qualität <strong>der</strong> Versorgung zu sichern und zu verbessern,<br />
• die Patientenbetreuung zwischen den Versorgungssektoren besser <strong>ab</strong>zust<strong>im</strong>men,<br />
• die Effizienz und Effektivität des Gesundheitswesens zu steigern,<br />
• verfügbare Ressourcen gezielter zu verteilen.<br />
Um diese Ziele zu erreichen, sind die Abst<strong>im</strong>mung und Vereinbarung von Organisationsund<br />
Betriebsverfahren sowie von Rahmenbedingungen für die Telematiknutzung und den<br />
Informationsaustausch notwendig. Dies erfor<strong>der</strong>t Strukturen, die über die Zuständigkeit<br />
<strong>der</strong> einzelnen Leistungssektoren hinausgehen. Eine richtunggebende Organisation, die<br />
diese Aufg<strong>ab</strong>en in gemeinsamer Partnerschaft zwischen Bürgern, staatlichen<br />
Institutionen, den Selbstverwaltungseinrichtungen <strong>der</strong> Körperschaften und <strong>der</strong> privaten<br />
Wirtschaft übernehmen könnte, ist zur Zeit nicht vorhanden. Darin liegt, neben <strong>der</strong><br />
unzureichenden Investitionsfinanzierung, einer <strong>der</strong> wesentlichen Gründe, weshalb in dem<br />
geglie<strong>der</strong>ten deutschen Gesundheitswesen die elektronische Kommunikation in ihrem<br />
Verbreitungs- und Durchsetzungsgrad nicht dem Stand <strong>der</strong> Technik entspricht.
Einleitung<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> ordnungspolitischen Gegebenheiten des deutschen Gesundheitswesens<br />
geht es darum, eine einheitliche Plattform zu schaffen, damit Kommunikationsprozesse<br />
nicht an Insellösungen scheitern. Eine solche Telematikplattform für das Gesundheitswesen<br />
wird hier verstanden als die Gesamtheit <strong>der</strong> rechtlichen, organisatorischen und<br />
technologischen Komponenten sowie Dienste, die eine offene und - wo notwendig -<br />
geschützte und sichere Kommunikation und Kooperation zwischen Nutzern und<br />
Anwendungssystemen <strong>im</strong> Gesundheitswesen ermöglicht.<br />
Die wichtigsten Schritte zur Errichtung einer solchen Informations- und Kommunikationsplattform<br />
sind:<br />
• die Herstellung <strong>der</strong> Interoper<strong>ab</strong>ilität zwischen medizinischen Informations- und<br />
Kommunikationssystemen (Interoper<strong>ab</strong>ilität bedeutet, daß ein best<strong>im</strong>mtes<br />
technisches System die Daten aus einem an<strong>der</strong>en auf dem Markt befindlichen<br />
System lesen, benutzen und ggf. nachvollziehbar verän<strong>der</strong>n kann),<br />
• <strong>der</strong> Aufbau einer verläßlichen und gemeinsamen Sicherheitsarchitektur,<br />
• die Klärung und För<strong>der</strong>ung übergreifen<strong>der</strong> Telematik-Fragen <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
(z.B. Anregung von und Verständigung auf Standards),<br />
• die Schaffung von materiellen Anreizen für die effektive und effiziente<br />
Nutzung <strong>der</strong> Telematik,<br />
• die Unterstützung <strong>der</strong> internationalen Kommunikation und Kooperation.<br />
Dadurch wird Investitionssicherheit geschaffen und dem flächendeckenden Einsatz <strong>der</strong><br />
„Gesundheitstelematik“ ein entscheiden<strong>der</strong> Impuls gegeben. Gleichzeitig werden Freiräume<br />
für den Wettbewerb verschiedener Anbieter um die Gunst <strong>der</strong> Kunden als ein<br />
weiteres Gestaltungsprinzip gefestigt.<br />
Es wird deshalb von <strong>der</strong> FORUM-Arbeitsgruppe „Gesundheit“ vorgeschlagen, alle<br />
Akteure <strong>im</strong> deutschen Gesundheitswesen in einem „Aktionsforum für Telematik <strong>im</strong><br />
Gesundheitswesen“ zusammenzufassen. Dieses Aktionsforum wird für erfor<strong>der</strong>lich<br />
gehalten, um die Weiterentwicklung <strong>der</strong> vom FORUM INFO 2000 beschriebenen<br />
konkreten Telematikanwendungen in einen umfassenden Kommunikationszusammenhang<br />
zu stellen („Telematikplattform“) und Synergieeffekte zum Wohle <strong>der</strong> Patienten zu<br />
erzielen.<br />
4
1 Telematik-Anwendungen:<br />
Chancen für eine bessere Patientenversorgung<br />
1<br />
1.1 Einleitung<br />
Ausgehend vom Grundsatzkonzept des FORUM INFO 2000 war es Ziel <strong>der</strong> Arbeitsgruppe<br />
„Gesundheit“, alle Beteiligten - Nutzer, Mittler, Kostenträger und Anbieter mo<strong>der</strong>ner<br />
Telematikprodukte und -dienste - in einen konstruktiven Dialog einzubeziehen. Dieser<br />
sollte zum einen die große Bandbreite von Telematik- und Telemedizinanwendungen<br />
aufzeigen; zum an<strong>der</strong>en sollte er <strong>ab</strong>er auch helfen, das Verständnis und die Bekanntheit<br />
<strong>der</strong> darin enthaltenen erheblichen Möglichkeiten und Chancen <strong>im</strong> Gesundheitsbereich zu<br />
för<strong>der</strong>n, um dadurch die Akzeptanz bei allen Beteiligten zu erhöhen.<br />
1.2 Kann Telematik Probleme <strong>im</strong> Gesundheitswesen lösen?<br />
Das Gesundheitswesen steht seit Jahren vor zahlreichen Herausfor<strong>der</strong>ungen. Für die<br />
Lösung zentraler Probleme bietet <strong>der</strong> Einsatz mo<strong>der</strong>ner Informations- und Kommunikationstechnologien<br />
interessante Ansätze. Telematik (Telekommunikation und Informatik)<br />
<strong>im</strong> Gesundheitswesen kann nicht nur neue Verfahrensweisen bereitstellen, son<strong>der</strong>n auch<br />
bestehende Probleme <strong>der</strong> Koordination, Integration und Verknüpfung <strong>der</strong> Dienste<br />
min<strong>im</strong>ieren. Die Vernetzung <strong>im</strong> Gesundheitswesen - von Krankenhäusern und Kliniken,<br />
Reh<strong>ab</strong>ilitationszentren sowie Arztpraxen untereinan<strong>der</strong> und miteinan<strong>der</strong> - eröffnet Chancen<br />
<strong>der</strong> Verzahnung von Arbeits<strong>ab</strong>läufen und Informationen in und zwischen<br />
medizinischen Einrichtungen.<br />
Durch die Einführung neuer, kommunikationsfähiger Informationssysteme in Krankenhäusern<br />
und in Praxen nie<strong>der</strong>gelassener Ärzte kann vom Arbeitsplatzcomputer aus auf<br />
elektronische Akten und an<strong>der</strong>e medizinische Informationen eines Patienten <strong>im</strong> jeweils<br />
an<strong>der</strong>en Leistungsbereich zugegriffen werden, sofern <strong>der</strong> Patient seine Zust<strong>im</strong>mung<br />
erteilt hat. Ein noch größeres Anwendungsspektrum eröffnet die Möglichkeit, online<br />
mittels Computer direkt zu kommunizieren: An unterschiedlichen Orten tätige<br />
Fachkollegen können über Computernetze miteinan<strong>der</strong> diskutieren, Daten austauschen<br />
und große verteilte Datenbanken nutzen. Ärzte werden in die Lage versetzt, schnell<br />
notwendige Informationen zu nutzen; so können sie die diagnostische Sicherheit erhöhen<br />
und die therapeutische Reaktionszeit verkürzen. Damit eröffnet die Telematik neue<br />
Perspektiven für eine noch bessere Patientenversorgung.<br />
1 Autoren: Christina Friede-Mohr, Christian Sachse
Chancen für bessere Patientenversorgung<br />
1.3 Neue Ansätze, um den Verwaltungsaufwand zu min<strong>im</strong>ieren<br />
Das bekannteste Telematik-Element <strong>im</strong> Gesundheitswesen, das sich <strong>im</strong> Besitz <strong>der</strong> allermeisten<br />
Bundesbürger befindet, ist die Krankenversichertenkarte (KVK). Sie hat inzwischen<br />
eine Verbreitung bei über 90 Prozent <strong>der</strong> Bevölkerung. Aber auch in Arztpraxen<br />
hält Telematik <strong>im</strong>mer stärkeren Einzug. Bereits 65 Prozent <strong>der</strong> Arztpraxen verwenden<br />
lizensierte Abrechnungssoftware zur Leistungs<strong>ab</strong>rechnung mit den Kassenärztlichen<br />
Vereinigungen (KVen). Ein nie<strong>der</strong>gelassener Arzt verbringt konventionell etwa 30 Prozent<br />
seiner Zeit mit Verwaltungsarbeit. Der Einsatz von EDV kann diesen Anteil zum Nutzen<br />
<strong>der</strong> Patientenzuwendung verringern. In Kliniken ist <strong>der</strong> Verwaltungsaufwand eher noch<br />
größer. Jährlich werden ca. 13 Mio. Patienten stationär behandelt. Diese lösen ein<br />
Vielfaches von Operationsberichten, Arztbriefen sowie Befundberichten aus. Zusätzlich<br />
werden <strong>im</strong> deutschen Gesundheitswesen insgesamt 1,5 Mrd. Abrechnungsbelege, davon<br />
900 Millionen Rezepte pro Jahr, produziert.<br />
Telematik ist in <strong>der</strong> Lage, bei <strong>der</strong> Bewältigung dieser Informations- und Datenflut einen<br />
großen Beitrag zu leisten. Wichtige Impulse sind von <strong>der</strong> Telematik <strong>ab</strong>er auch bei <strong>der</strong><br />
Verzahnung von stationärer und ambulanter Versorgung sowie bei <strong>der</strong> Organisation <strong>der</strong><br />
Pflege von kranken und alten Menschen zu Hause zu erwarten. Dies wird angesichts <strong>der</strong><br />
demographischen Entwicklung in Zukunft <strong>im</strong>mer wichtiger. Hier bieten die häusliche<br />
Unterstützung durch Home Monitoring und TeleCare die Chance, die Lebensqualität<br />
älterer Menschen zu erhöhen und es ihnen zu ermöglichen, länger in den eigenen vier<br />
Wänden zu wohnen.<br />
1.4 Gesundheitsinformationen für alle<br />
Aber nicht nur <strong>im</strong> Medizinalltag spielt Telematik eine Rolle. Telematik <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
kann jedem nutzen, egal ob gesund o<strong>der</strong> krank. Zu denken ist an die unzähligen<br />
Nachschlagewerke, Fachbücher und Broschüren, die es zur Gesundheit, zur richtigen<br />
Ernährung, nützlicher Bewegung, zur Schwangerschaft o<strong>der</strong> zu vielen an<strong>der</strong>en Themen<br />
gibt. Die Vorteile für die Patientenaufklärung liegen auf <strong>der</strong> Hand, wenn diese Informationen<br />
zukünftig vermehrt online zu erhalten sein werden. Der Online-Weg eröffnet auch<br />
Selbsthilfegruppen neue Möglichkeiten, ihre Informationen zu einzelnen Krankheitsbil<strong>der</strong>n<br />
schnellstmöglich und stets aktuell an interessierte Bürger und betroffene Patienten<br />
weiterzugeben. Bereits heute lassen sich vielfältige Informationen zum gesamten<br />
Themenkomplex Gesundheit <strong>im</strong> Internet von Laien und Experten gleichermaßen <strong>ab</strong>rufen.<br />
Das Online-Angebot wird täglich größer.<br />
6
Chancen für bessere Patientenversorgung<br />
1.5 Interdisziplinärer Dialog / Organisationsstruktur <strong>der</strong><br />
Arbeitsgruppe<br />
Mit diesem komplexen Themenfeld setzte sich die Arbeitsgruppe 7 „Telematik-Anwendungen<br />
<strong>im</strong> Gesundheitswesen“ <strong>im</strong> FORUM INFO 2000 auseinan<strong>der</strong>. Geglie<strong>der</strong>t in drei<br />
<strong>Unterarbeitsgruppe</strong>n arbeiteten über 90 Experten mit: Ärzte, Zahnärzte, Apotheker,<br />
Vertreter <strong>der</strong> Krankenkassen und Krankenhäuser, Wissenschaftler, Vertreter aus<br />
Unternehmen und ihren Verbänden, Fachverlage und selbstverständlich Patientenvertreter.<br />
Geleitet wurde die Gesamt-AG von Prof. Dr. Wilhelm van E<strong>im</strong>eren, Geschäftsführer<br />
des GSF-MEDIS Institut für medizinische Informatik und Systemforschung,<br />
Neuherberg bei München. Berichterstatter waren: Dr. Karl-Hinrich Vöge, Deutsche<br />
Telekom Berkom GmbH, Berlin, und Dr. Gerhard Brenner, Zentralinstitut für die Kassenärztliche<br />
Versorgung in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland, Köln. Betreut wurde die Arbeit<br />
seitens <strong>der</strong> beteiligten Ministerien durch MR Dr. Gottfried Dietzel, RDn Dr. Christina<br />
Friede-Mohr (BMG) und MR Dr. Peter Lange (BMB+F).<br />
Die Komplexität <strong>der</strong> Thematik einerseits und das große Interesse an einer Mitarbeit in <strong>der</strong><br />
Arbeitsgruppe an<strong>der</strong>erseits erfor<strong>der</strong>ten es, <strong>Unterarbeitsgruppe</strong>n einzurichten, da an<strong>der</strong>nfalls<br />
eine konstruktive Zusammenarbeit und ein intensiver Austausch nicht mehr gewährleistet<br />
worden wären. Z.T. glie<strong>der</strong>ten sich diese <strong>Unterarbeitsgruppe</strong>n noch in thematische<br />
Kleingruppen auf. Dies spiegelt sich in <strong>der</strong> folgenden Organisationsstruktur <strong>der</strong> AG wi<strong>der</strong>:<br />
UAG 7.1: Informationen für Bürger und Patienten<br />
(Leiter: Dr. Konstantin Bob, HOS Mult<strong>im</strong>edica Online Service GmbH & Co. KG, Berlin)<br />
Die UAG hat die Struktur für ein Gesundheitsinformationssystem für Bürger und Patienten<br />
entworfen und Anfor<strong>der</strong>ungen formuliert, die an ein solches System <strong>im</strong> Hinblick auf<br />
verständliche Darstellung, einfache Bedienung, mult<strong>im</strong>ediale Aufbereitung und Sicherheit<br />
<strong>der</strong> gelieferten medizinischen Informationen zu stellen sind. D<strong>ab</strong>ei wurden beson<strong>der</strong>er<br />
Wert auf die Anfor<strong>der</strong>ungen geistig und körperlich Behin<strong>der</strong>ter gelegt und Lösungsvorschläge<br />
für die Verfügbarkeit <strong>der</strong> Daten erarbeitet.<br />
UAG 7.2: Fachinformationen und Entscheidungsunterstützung<br />
(Leiter: Prof. Dr. Otto Rienhoff, Georg-August-Universität, Göttingen)<br />
Die UAG behandelte die Bereiche:<br />
• Zahnmedizin<br />
• Public Health<br />
• Informationsnetze und Informationsdienste (z.B. Datenbanken aus dem universitären<br />
Bereich)<br />
7
Chancen für bessere Patientenversorgung<br />
• En<strong>ab</strong>ling-Dienste (Aus- und Weiterbildung)<br />
Das Schwergewicht lag d<strong>ab</strong>ei nicht so sehr auf Demonstrationsaktivitäten, son<strong>der</strong>n auf<br />
<strong>der</strong> Darstellung von Tendenzen und Projekten, die einen Einfluß auf die Entwicklung <strong>im</strong><br />
Bereich <strong>der</strong> Telematiknutzung nehmen.<br />
UAG 7.3: Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
(Leiter: Dr. Otfrid P. Schaefer, Kassenärztliche Bundesvereinigung und Zentralinstitut für<br />
die Kassenärztliche Versorgung, Köln)<br />
Die UAG hat sechs Unterthemen bearbeitet:<br />
• Verzahnung ambulanter und stationärer Versorgung<br />
• Medizinische Netze<br />
• Karten <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
• Home Care<br />
• Qualitätsmanagement und Informationstechnologie<br />
• Krankenhaus-Kommunikationssysteme<br />
In diesen sechs Themen-Arbeitsgruppen wurde konzeptionelle Arbeit geleistet. Innerhalb<br />
eines problemorientieren Ansatzes wurde zunächst analysiert, welche Elemente <strong>im</strong><br />
Gesundheitswesen bereits vorhanden sind. Auf <strong>der</strong> Basis von ermittelten Schwachstellen<br />
wurden mögliche Alternativen entwickelt, die in Vorschlägen für erste Lösungsansätze<br />
mündeten.<br />
Im folgenden werden zunächst zwei zentrale, übergreifende Elemente <strong>der</strong> Arbeitsgruppendiskussionen<br />
präsentiert: In Kapitel 2 die Auswirkungen <strong>der</strong> Telematikentwicklungen<br />
auf die Berufstätigen <strong>im</strong> deutschen Gesundheitswesen sowie in Kapitel 3 eine<br />
Kurzbeschreibung <strong>der</strong> notwendigen Systemkomponenten zum Aufbau medizinischer<br />
Netze. Es folgt dann, wie in Kapitel 0 bereits angeschnitten, in Kapitel 4 ein Vorschlag zur<br />
Schaffung einer „Telematikplattform für das Gesundheitswesen“ als Gesamtheit <strong>der</strong><br />
rechtlichen, organisatorischen und technologischen Komponenten, um eine sichere<br />
Kommunikation <strong>im</strong> Gesundheitswesen zu ermöglichen. Hiervon wird ein zentraler Impetus<br />
zur schnelleren Verbreitung <strong>der</strong> Telematiknutzung <strong>im</strong> deutschen Gesundheitswesen<br />
erwartet.<br />
Es folgen in Kapitel 5 - 7 die <strong>Ergebnisse</strong> <strong>der</strong> drei <strong>Unterarbeitsgruppe</strong>n zu den Themen<br />
• Informationen für Bürger und Patienten<br />
• Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
• Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
8
Chancen für bessere Patientenversorgung<br />
Zunächst werden jeweils zentrale <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen aus <strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong><br />
Gruppe in einer zusammenfassenden Übersicht präsentiert. Hieran schließen sich eine<br />
ausführliche Darstellung <strong>der</strong> behandelten Themen an, z.T. ergänzt um von einzelnen<br />
Mitglie<strong>der</strong>n erarbeitete Papiere, die jedoch nicht notwendigerweise die Meinung <strong>der</strong><br />
Arbeitsgruppe repräsentieren.<br />
Im Anhang findet sich eine alph<strong>ab</strong>etische Liste aller Autoren und Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Arbeitsgruppe 7 „Gesundheit“ sowie ihrer Zuordnung zu den drei <strong>Unterarbeitsgruppe</strong>n.<br />
9
Chancen für bessere Patientenversorgung<br />
10
2 Aufbruch ins kommende Jahrzehnt:<br />
Auswirkungen <strong>der</strong> Informationstechnologie<br />
auf die Gesundheitsberufe 1<br />
2.1 Einleitung<br />
Seit den 50er Jahren bemühen sich Wissenschaftler darum, Berufstätige <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
durch den Einsatz von Computern zu unterstützen. Während die grundsätzlichen<br />
Überlegungen dazu recht früh formuliert wurden, hat es jedoch vier Jahrzehnte<br />
gedauert, bevor Computer eine solche Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit erreichten,<br />
die viele <strong>der</strong> frühen Träume jetzt Wirklichkeit werden lassen.<br />
Viele Arbeitsplatzcomputer sind heute leistungsfähiger als die größten Maschinen <strong>der</strong><br />
60er Jahre, und während früher nur reiche Regierungsinstitutionen große Computer<br />
beschaffen konnten, rechnet man damit, daß in wenigen Jahren nahezu alle Haushalte<br />
und sicherlich alle Arbeitsplätze <strong>im</strong> Gesundheitswesen mit Computern ausgestattet sein<br />
werden. In seiner Allgegenwärtigkeit unterscheidet sich dann <strong>der</strong> Computer nicht mehr<br />
von Eisschrank o<strong>der</strong> Fernsehgerät.<br />
Mit dem Computer können Arbeitsprozesse radikal und sehr weitreichend verän<strong>der</strong>t<br />
werden. Über viele <strong>der</strong> spektakulären Aspekte dieser sog. „zweiten industriellen Revolution“,<br />
wie auch <strong>der</strong> Globalisierung <strong>der</strong> Informationsgesellschaft usw., ist viel geschrieben<br />
worden. Das deutsche Gesundheitswesen steht am Beginn dieses Umbruchs. Der vorliegende<br />
Bericht beschränkt sich deshalb auf handfeste Argumente und Beispiele, die<br />
exemplarisch belegen, welche weitreichende Verbesserung <strong>der</strong> Arbeits<strong>ab</strong>läufe ein<br />
Computereinsatz den Gesundheitsberufen zu bringen vermag: Wirtschaftlichkeit und<br />
Qualität aller Leistungen <strong>im</strong> Gesundheitswesen können verbessert werden und gleichzeitig<br />
läßt sich die Zufriedenheit von Patienten und Berufstätigen steigern.<br />
Aufgezeigt werden <strong>ab</strong>er nicht nur „rosa Zeiten“, son<strong>der</strong>n auch Än<strong>der</strong>ungen und<br />
Probleme, die sich aus dieser Entwicklung für den einzelnen Bürger und Berufstätigen<br />
ergeben. Ferner soll darauf hingewiesen werden, daß die Institutionen <strong>im</strong><br />
Gesundheitswesen durch den Einsatz von Computern tiefgreifende Än<strong>der</strong>ungen<br />
durchleben werden.<br />
Die zu erwartenden positiven Wirkungen werden jedoch nur dann einsetzen, wenn die<br />
Potentiale <strong>der</strong> neuen Technologien in allen Bereichen <strong>der</strong> Aus-, Fort- und Weiterbildung,<br />
1<br />
Autor: Otto Rienhoff auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> Arbeiten <strong>der</strong> <strong>Unterarbeitsgruppe</strong> „Fachinformation und<br />
Entscheidungsunterstützung“.
Auswirkungen auf die Gesundheitsberufe<br />
<strong>der</strong> Kommunikation und Berufsausübung, <strong>der</strong> Entscheidungsfindung etc. gleichermaßen<br />
genutzt werden. Die Gleichgewichtigkeit von Qualität, Wirtschaftlichkeit und Zufriedenheit<br />
bedarf sorgfältiger und feinfühliger Ausschöpfung <strong>der</strong> vorhandenen Möglichkeiten. Sie ist<br />
nicht kurzfristig o<strong>der</strong> <strong>im</strong> „Hau-Ruck-Verfahren“ zu erreichen - we<strong>der</strong> in einzelnen Institutionen,<br />
noch <strong>im</strong> Gesundheitswesen insgesamt. Der Weg zu diesem Ziel ist eine hin<strong>der</strong>nisreiche<br />
Marathonstrecke. Um das Ziel zu erreichen, sind nicht nur technische Voraussetzungen<br />
und organisatorische Lösungen erfor<strong>der</strong>lich, son<strong>der</strong>n auch ein politischer<br />
Konsens. Im folgenden werden einzelne Detailaspekte dieser Globalaussage verdeutlicht.<br />
2.2 Potentiale<br />
Die Rolle <strong>der</strong> Patienten <strong>im</strong> Wechselspiel mit den Gesundheitsberufen kann wesentlich<br />
erweitert werden. So erlaubt z.B. die Informationstechnik den Patienten, selbst zur<br />
<strong>Dokument</strong>ation ihrer Befunde und Verläufe beizutragen o<strong>der</strong> sich z.B. überall und<br />
je<strong>der</strong>zeit <strong>im</strong> Falle einer kritischen Krankheit durch einen Notdienst überwachen zu lassen.<br />
Auch können Patienten eine Übersicht über die zu ihrer Person vorhandenen<br />
Gesundheitsdaten bekommen und damit eine aktivere Rolle bei <strong>der</strong> Wahrung und<br />
Wie<strong>der</strong>erlangung ihrer Gesundheit spielen, als bisher.<br />
Die praktische (vor allem die klinische) Arbeit <strong>im</strong> Gesundheitswesen zugunsten <strong>der</strong><br />
Patienten kann auf dem aktuellen Stand des Wissens und mit jeweils geeigneten Medien<br />
mit <strong>der</strong> medizinischen Forschung verschränkt werden durch Expertensysteme und<br />
Informationsdienste, die bereits jetzt von verschiedenen Medizinverlagen und Online-<br />
Diensten angeboten werden.<br />
Qualität, Wirtschaftlichkeit und Zufriedenheit <strong>der</strong> Patienten und <strong>der</strong> Berufstätigen <strong>im</strong><br />
Gesundheitswesen können laufend von den Akteuren erfaßt und ausgewertet und die<br />
<strong>Ergebnisse</strong> zur Verbesserung <strong>der</strong> eigenen Leistung und des Gesundheitssystems<br />
insgesamt eingesetzt werden, ohne daß es dadurch zu einer persönlichen Überwachung<br />
<strong>der</strong> Akteure o<strong>der</strong> Betroffenen (Patienten) kommen muß.<br />
Die exponentielle Zunahme des verfügbaren Wissens und <strong>der</strong> diagnostischen und therapeutischen<br />
Verfahren seit den 60er Jahren kann durch Einsatz <strong>der</strong> Informationstechnik<br />
besser mit den Aufg<strong>ab</strong>en <strong>der</strong> Pr<strong>im</strong>ärversorgung und <strong>der</strong> Gesundheitsvorsorge gekoppelt<br />
werden, da Informationen in geeigneter und aufbereiteter Form nicht nur den Spezialisten,<br />
son<strong>der</strong>n auch den Allgemeinärzten, Hebammen, etc. sowie den Patienten bereitgestellt<br />
werden können.<br />
Durchgehende krankheitsbezogene <strong>Dokument</strong>ationen (Disease Management) ermöglichen<br />
es verschiedenen Behandlern, institutionsübergreifend zur Qualität und Wirtschaftlichkeit<br />
<strong>der</strong> Versorgung wie zur Zufriedenheit des Patienten beizutragen. Der dazu not-<br />
12
Auswirkungen auf die Gesundheitsberufe<br />
wendige gesicherte Informationsfluß kann mittels Netz- und Kartenkommunikation<br />
verwirklicht werden.<br />
In <strong>der</strong> Ausbildung erlaubt die Ergänzung von Büchern und Zeitschriften durch künstliche,<br />
mehrd<strong>im</strong>ensionale Bil<strong>der</strong> das Training <strong>der</strong> „Health Professionals“ in grundsätzlich neuen,<br />
praxisbezogenen und plastischen Kommunikationsmöglichkeiten, die gegenwärtig nur in<br />
Demonstrationsprojekten existieren. Der konsequente Einsatz neuer Medien muß von<br />
den ersten Ausbildungsschritten über die spätere berufliche <strong>Dokument</strong>ation bis hin zu<br />
Evaluation und Forschung reichen und führt dann zu erheblichen Verbesserungen aller<br />
Arbeitsschritte.<br />
Im Rahmen des Qualitätsmanagements <strong>der</strong> Gesundheitsberufe vermag Informationstechnik<br />
Erfolgserlebnisse zu vermitteln und zu helfen, die berufliche Selbsteinschätzung<br />
zu verbessern. Die neuen technischen Möglichkeiten, speziell auch <strong>der</strong> familiennahen<br />
Versorgung <strong>der</strong> Patienten und <strong>der</strong> älteren Mitbürger, werden die Zufriedenheit von Ärzten<br />
und Pflegekräften und <strong>der</strong> Patienten erhöhen.<br />
In <strong>der</strong> Rettungsmedizin werden die bestehenden Rettungsverfahren durch schnellere<br />
Kommunikationswege wirksamer und wirtschaftlicher genutzt werden können.<br />
Die Vernetzung des Gesundheitswesens und die Bereitstellung des aktuellen Wissens<br />
wird dazu führen, daß alle, die am System <strong>der</strong> Versorgung teilh<strong>ab</strong>en, in gleicher Weise <strong>im</strong><br />
Einzelfall über den Stand von Diagnostik und Therapie eines Patienten informiert sein<br />
können, sofern <strong>der</strong> Patient zust<strong>im</strong>mt. Dies wird eine grundsätzlich an<strong>der</strong>e Rollenverteilung<br />
von Patienten und Angehörigen <strong>der</strong> Gesundheitsberufe herausfor<strong>der</strong>n und<br />
bewirken.<br />
Das Nebeneinan<strong>der</strong> von mehreren (lückenhaften) medizinischen <strong>Dokument</strong>en (Krankenblättern<br />
/ Karteien / -dateien), die dem gleichen Zweck dienen, zur Behandlung des<br />
Patienten <strong>im</strong> Krankheitsfall, zum Qualitätsmanagement und zur Forschung, kann bei<br />
Wahrung <strong>der</strong> Datenschutzinteressen <strong>der</strong> Patienten mit gesicherter Kommunikationstechnik<br />
teilweise überwunden werden.<br />
Die Verfahren <strong>der</strong> gesicherten Medizin (Evidence Based Medicine) erlauben es, Wirtschaftlichkeit<br />
und Qualität miteinan<strong>der</strong> zu verbinden. Die entsprechenden Informationen<br />
(z.B. Leitlinien zur Behandlung) stehen auch den Patienten zur Verfügung zur Stärkung<br />
ihrer Eigenverantwortlichkeit und zur Verbesserung ihrer Kooperation in Diagnostik und<br />
Therapie.<br />
2.3 Risiken und ihre Vermeidung<br />
Die angesprochenen Än<strong>der</strong>ungen zum Besseren lassen sich nur erreichen, wenn auch<br />
Probleme und Gefahren ernst genommen und rechtzeitig beseitigt werden. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
13
Auswirkungen auf die Gesundheitsberufe<br />
sind die deutsche und europäische Tradition <strong>der</strong> Schweigepflicht <strong>der</strong> Ärzte, des strikten<br />
Datenschutzes und <strong>der</strong> Gehe<strong>im</strong>haltung <strong>der</strong> Patientendaten in sozialen Sicherungssystemen<br />
fortzuschreiben und das Recht auf informationelle Selbstbest<strong>im</strong>mung auszugestalten.<br />
Im Einzelnen sei auf folgende Punkte hingewiesen:<br />
• Der Persönlichkeitsschutz muß konsequent fortentwickelt werden, um in<br />
einem vielfach vernetzten System zu gewährleisten, daß <strong>der</strong> Bürger die neuen<br />
Kommunikationswege und Medien nachvollziehen kann und nicht als<br />
Bedrohung empfindet.<br />
• Das System darf nicht durch einzelne Interessengruppen dazu mißbraucht<br />
werden, einseitig ökonomische Vorteile zu schöpfen. Transparenz zur Qualitäts-<br />
und Leistungsevaluation muß deshalb so entwickelt werden, daß sie<br />
nicht zur Bedrohung <strong>der</strong> Berufstätigen wird. In diesem Zusammenhang muß<br />
z.B. einerseits an Verfahrens- und Qualitätsmanagement und Wirtschaftlichkeitsanalysen<br />
für den weit überwiegenden Anteil <strong>der</strong> Berufstätigen gedacht<br />
werden und an<strong>der</strong>erseits, davon <strong>ab</strong>gegrenzt, an Verfahren zur Ausson<strong>der</strong>ung<br />
„schwarzer Schafe“.<br />
• Es besteht die Gefahr, daß <strong>der</strong> Einsatz mult<strong>im</strong>edialer Techniken und Vernetzungsdienste<br />
zur puren Unterhaltung verkommt. Zwar soll bei dem Einsatz<br />
<strong>der</strong> Informationstechnologie (IT) <strong>im</strong> Gesundheitswesen die Zufriedenheit bei<br />
Patienten und Berufstätigen erhöht werden, dieses soll jedoch auf <strong>der</strong> Basis<br />
nachweisbarer <strong>Ergebnisse</strong> in <strong>der</strong> gesundheitlichen Vorsorge und Versorgung<br />
geschehen. Qualität, Wirtschaftlichkeit und Zufriedenheit müssen ergebnisorientiert<br />
evaluiert und validiert werden.<br />
• Die offene Welt für Informationen wird vorhersehbar auch dazu mißbraucht<br />
werden, um obskure Inhalte und schwer überprüfbare Behauptungen in<br />
Diagnostik und Therapie aus kommerziellem Interesse zu verbreiten. Hier<br />
müssen für Patienten und Angehörige <strong>der</strong> Gesundheitsberufe Strategien<br />
entwickelt werden, wie mittels geeigneter Maßnahmen die Seriosität von<br />
Empfehlungen (Anpreisungen) nachprüfbar gemacht werden kann. Diese<br />
zukünftige, wichtige Aufg<strong>ab</strong>e wurde von einigen Verbänden noch nicht<br />
erkannt, bzw. wahrgenommen.<br />
• Immer wie<strong>der</strong> werden bei <strong>der</strong> Diskussion von Telematik in <strong>der</strong> Medizin aufwendige<br />
Einzelverfahren (z.B. Operationsroboter) und generelle Infrastrukturmaßnahmen<br />
(z.B. Elektronisches Rezept) in „einen Topf“ geworfen, obwohl<br />
sie völlig unterschiedlicher Evaluation und Validierung bedürfen. Teile <strong>der</strong> anbietenden<br />
Industrie weichen diesem notwendigen „Technology Assessment“<br />
aus, obwohl es erfor<strong>der</strong>lich ist <strong>im</strong> Hinblick auf die Aspekte <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit,<br />
Qualität und Zufriedenheit aller Beteiligten.<br />
• Ein zu hohes Tarifgefüge für Datenkommunikation in Deutschland behin<strong>der</strong>t<br />
bisher die Verbreitung <strong>der</strong> Kommunikationstechnologie.<br />
2.4 Hin<strong>der</strong>nisse<br />
Die angesprochenen weitgehenden Än<strong>der</strong>ungen und Verbesserungen können nicht<br />
erfolgen, wenn nicht schwerwiegende Hin<strong>der</strong>nisse in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland<br />
aus dem Weg geräumt werden. Diese Hin<strong>der</strong>nisse ergeben sich als Folge von Strukturen<br />
14
Auswirkungen auf die Gesundheitsberufe<br />
und Handlungs<strong>ab</strong>läufen eines Gesundheitssystems, das zu einer Zeit begründet wurde<br />
(1951/52), als die Perspektiven und Potentiale <strong>der</strong> Computertechnologie nicht <strong>ab</strong>sehbar<br />
waren.<br />
• Die Vorbehalte, ja Angst vieler Rollenträger und Institutionen vor den<br />
anstehenden Än<strong>der</strong>ungen hemmen die Nutzung <strong>der</strong> IT. Dies betrifft die<br />
Verbände genauso wie die Einrichtungen in Ministerien und vor allem auch<br />
die größeren Institutionen <strong>im</strong> Gesundheitswesen. Für die Bundesrepublik<br />
Deutschland liegt kein Konsenspapier vor, wie die Ausgestaltung des<br />
Gesundheitssystems auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> neuen Informationstechnologie<br />
erfolgen soll. Verbände und Fach<strong>ab</strong>teilungen <strong>der</strong> Ministerien unterschätzen<br />
nachhaltig die Dramatik <strong>der</strong> bevorstehenden Än<strong>der</strong>ungen, obwohl an<strong>der</strong>e<br />
Branchen diese in gleicher Weise bereits durchlaufen h<strong>ab</strong>en.<br />
• Wegen nicht ausreichend vermittelter Kenntnisse bei vielen Lehrkräften an<br />
Schulen und Universitäten werden die notwendigen Techniken und Verfahren<br />
zur Nutzung <strong>der</strong> Informationstechnologie nicht konsequent in Aus-, Fort- und<br />
Weiterbildung vermittelt. Somit wird <strong>der</strong> bevorstehende Umbruch weiter<br />
kostenträchtig hinausgeschoben. Die Diskrepanz zwischen möglichen<br />
Abläufen und tatsächlich et<strong>ab</strong>lierten Abläufen n<strong>im</strong>mt damit zu und die Angst<br />
vor einem um so radikaleren Umbruch wächst. (Ein gutes Beispiel ist hierfür<br />
die neue Novelle <strong>der</strong> Approbationsordnung für Ärzte in <strong>der</strong> <strong>im</strong> Oktober 1997<br />
vorgelegten Fassung, die die Wirkungen <strong>der</strong> Informationstechnik auf das<br />
Gesundheitswesen nicht ausreichend reflektiert.)<br />
• Auch die politischen Gruppierungen und die großen gesellschaftlichen<br />
Verbände, einschließlich <strong>der</strong> Gewerkschaften und <strong>der</strong> Kirchen, nehmen die<br />
bevorstehenden Än<strong>der</strong>ungen offensichtlich nicht wahr, weil sie ebenfalls noch<br />
nicht branchentypische Umbrüche erlebt h<strong>ab</strong>en. Die Auffor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> WHO,<br />
nationale Konzepte <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Informationstechnologien <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
zu erarbeiten, ist von <strong>der</strong> Bundesrepublik nicht hinreichend<br />
gewürdigt worden. Diesbezüglich ist von Interesse, daß die WHO sich 1997<br />
zu einem behutsamen Einsatz <strong>der</strong> IT selbst für Entwicklungslän<strong>der</strong> ausgesprochen<br />
hat.<br />
• Die Forschungsför<strong>der</strong>ung und Projektför<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> Bundesrepublik in<br />
diesem Bereich muß erweitert und auf nationaler Ebene <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mt werden.<br />
<strong>Seite</strong>ns <strong>der</strong> Ministerien gibt es keinen erkennbaren strategischen Plan, <strong>der</strong> die<br />
Forschungsför<strong>der</strong>ung mit den Vorstellungen <strong>der</strong> Vertragsparteien über die<br />
Weiterentwicklung des deutschen Gesundheitssystems harmonisiert. Nach<br />
dem Ende <strong>der</strong> DV-MED-För<strong>der</strong>programme <strong>der</strong> 70er Jahre hat die Bundesrepublik<br />
Deutschland zu keiner <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mten Vorgehensweise be<strong>im</strong> Einsatz<br />
<strong>der</strong> Informationstechnologien <strong>im</strong> Gesundheitswesen mehr gefunden.<br />
• In <strong>der</strong> Bundesrepublik und in <strong>der</strong> EU existieren keine Einrichtungen (an<strong>der</strong>s<br />
als in den USA), die den Umwandlungsprozeß <strong>im</strong> Gesundheitswesen begleiten,<br />
<strong>Ergebnisse</strong> dokumentieren und somit eine gesellschaftsverträgliche Fortführung<br />
des Prozesses för<strong>der</strong>n sowie diesen Prozeß selbst transparent<br />
machen. Das Deutsche Institut für Medizinische <strong>Dokument</strong>ation und Information<br />
hat nicht den Wechsel in eine Rolle, wie sie etwa die National Library<br />
of Medicine für die USA spielt, vollziehen können.<br />
• Es fehlen in <strong>der</strong> Bundesrepublik für Universitätseinrichtungen, Verbände und<br />
Industrie Finanzierungsmodelle und Möglichkeiten für Feldversuche größeren<br />
Umfangs o<strong>der</strong> teurerer Technik. Deutsche Produkte und Innovationen<br />
15
Auswirkungen auf die Gesundheitsberufe<br />
müssen deshalb bevorzugt <strong>im</strong> Ausland über EU-Projekte o<strong>der</strong> <strong>im</strong> Rahmen<br />
internationaler Industrietätigkeit erprobt werden, da we<strong>der</strong> für die Entwicklung,<br />
noch für die Validierung, Risikokapital zur Verfügung steht.<br />
• Im Bereich Qualitätsmanagement gibt es nicht genügend positive Anreize für<br />
die Berufstätigen <strong>im</strong> Gesundheitswesen, Qualitätsmanagment mit Hilfe <strong>der</strong> IT<br />
als Bestandteil ihrer Professionalisierung aufzunehmen. Die Rekursion auf die<br />
Qualitätssicherung bei Son<strong>der</strong>entgelten und Fallpauschalen ist kontraproduktiv<br />
zur kreativen Entwicklung mo<strong>der</strong>ner Verfahren. Generell fehlen<br />
Belohnungssysteme für innovative Verbesserungen <strong>im</strong> System und innerhalb<br />
<strong>der</strong> Institutionen.<br />
• Die seit Jahren bekannte Finanzierungslücke zwischen <strong>der</strong> Entwicklung von<br />
leistungsfähigen IT-Verfahren für die Krankenversorgung und das Qualitätsmanagement<br />
und <strong>der</strong>en Übernahme in die Routine ist nur von einzelnen<br />
„Pionieren“, nie <strong>ab</strong>er als Element <strong>der</strong> regulären Versorgung und Vorsorge<br />
bearbeitet o<strong>der</strong> eingeführt worden. Gerade hier wären jedoch mittels <strong>der</strong><br />
Informationstechnologie erhebliche Verbesserungen zu erzielen.<br />
• Die bisher <strong>im</strong> Gesundheitswesen vereinbarten Entgeltformen för<strong>der</strong>n nicht<br />
mo<strong>der</strong>ne Formen <strong>der</strong> Fort- und Weiterbildung bzw. <strong>der</strong> Telekooperation o<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> IT-Wissensvermittlung.<br />
• Bei <strong>der</strong> Einführung neuer Informationstechnologie in allen Bereichen des<br />
Gesundheitswesens fallen Nutzen und Kosten in verschiedenen Einrichtungen<br />
an. Dies min<strong>der</strong>t die Innovationsfreudigkeit dramatisch.<br />
2.5 Akteure, Handlungsnotwendigkeiten<br />
Die positiven Wirkungen <strong>der</strong> Informationstechnologie <strong>im</strong> Gesundheitswesen können nur<br />
eintreten, wenn gemeinsame Anstrengungen unternommen werden, die aufgezeigten<br />
Verbesserungsmöglichkeiten konsequent zu nutzen. Dazu bedarf es vieler koordinierter<br />
Schritte zur Beseitigung bestehen<strong>der</strong> Hin<strong>der</strong>nisse und eines engen Abst<strong>im</strong>mungsprozesses<br />
aller Akteure <strong>im</strong> Gesundheitswesen.<br />
• Ohne eine nationale Abst<strong>im</strong>mung über die zukünftigen Strukturen, Verantwortlichkeiten,<br />
Prozesse in <strong>der</strong> Informationsgesellschaft etc. bleibt <strong>der</strong> IT-<br />
Einsatz Flickwerk und wird eher negative Erfahrungen bedingen als die<br />
Fein<strong>ab</strong>st<strong>im</strong>mungen zu ermöglichen, die notwendig sind, um Qualität,<br />
Wirtschaftlichkeit und Zufriedenheit gleichermaßen zu för<strong>der</strong>n.<br />
• Im einzelnen müßten die bestehenden Gebührenordnungen innovationsfreundlicher<br />
gestaltet werden und die Möglichkeiten <strong>der</strong> Informationstechnologie<br />
reflektieren. D<strong>ab</strong>ei sind mo<strong>der</strong>ne Konzepte des Qualitätsmanagements<br />
über Institutionen hinweg zu finanzieren um die Gesundheitsversorgung<br />
zu verbessern. Auch müssen Dienstleistungen in die Entgeltsysteme<br />
aufgenommen werden, die erst durch Nutzung <strong>der</strong> Informationstechnologie<br />
zugunsten <strong>der</strong> Patienten möglich werden (z.B. Telehistologie etc.).<br />
• Die <strong>der</strong>zeitigen Konzepte und Trennungen zwischen Aus-, Fort- und Weiterbildung<br />
in den Gesundheitsberufen müssen überwunden werden. Aus-,<br />
Fortbildungs- und Arbeitsprozesse müssen neue Formen <strong>der</strong> Computer-<br />
Mensch-Kooperation berücksichtigen (Kognitive Ergonomie). Die Approba-<br />
16
Auswirkungen auf die Gesundheitsberufe<br />
tionsordnung und die Berufsausbildungsordnungen müssen an die geän<strong>der</strong>ten<br />
Möglichkeiten <strong>der</strong> Informationsgesellschaft angepaßt werden.<br />
• Mittel müssen bereitgestellt werden, um Personen und Organisationen zu<br />
för<strong>der</strong>n, die durch die Entwicklung von Systemen und die Festlegung von<br />
Regelungen eine <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mte Nutzung <strong>der</strong> Informationstechnologie <strong>im</strong><br />
Gesundheitswesen zugunsten <strong>der</strong> Versicherten und Patienten vorsehen. Das<br />
Bundesministerium für Gesundheit muß d<strong>ab</strong>ei eine gedanklich fe<strong>der</strong>führende<br />
Rolle übernehmen.<br />
• Auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> medizinischen <strong>Dokument</strong>ation muß die Kette von Patienten,<br />
Markt-, Produkt- und Leistungsanbietern sowie Forschungseinrichtungen neu<br />
geknüpft werden, um Investitionen und Einsparungen wie<strong>der</strong> zusammenzuführen.<br />
• Die Frage einer Sicherheitsinfrastruktur und die Gestaltung von Lösungen <strong>im</strong><br />
Falle des Ausfalls <strong>der</strong> Technik müssen geklärt bzw. vorangetrieben werden,<br />
um alle Fragen des persönlichen Datenschutzes und <strong>der</strong> Haftung beantworten<br />
zu können. Allen Bürgern und Berufstätigen <strong>im</strong> Gesundheitswesen muß die<br />
Angst vor einem neuen vernetzt arbeitenden Gesundheitssystem genommen<br />
werden. Eine sektoral einheitliche Struktur von Vertrauensstellen für Digitale<br />
Signaturen ist anzustreben.<br />
• Die genannten For<strong>der</strong>ungen können nur erfüllt werden, wenn sich unter<br />
Vermittlung des Bundesministeriums für Gesundheit die Akteure <strong>im</strong> Gesundheitssystem<br />
zusammenfinden und gemeinsam eine Strategie für das<br />
kommende Jahrzehnt <strong>ab</strong>st<strong>im</strong>men. Sollte das Bundesministerium diese<br />
Aufg<strong>ab</strong>e nicht übernehmen, müßten die Selbstverwaltungen von Krankenkassen<br />
und Vertragsärzten zusammen mit den übrigen Verbänden und<br />
Patientenvertretern gemeinsam diesen Abst<strong>im</strong>mungsprozeß einleiten.<br />
Der koordinierte und sinnvolle Einsatz <strong>der</strong> Informationstechnologie und sein Nutzen für<br />
die Berufstätigen <strong>im</strong> deutschen Gesundheitswesen trägt zur Verbesserung aller Arbeits<strong>ab</strong>läufe<br />
bei. Dieses führt zu mehr Wirtschaftlichkeit und Qualität aller Leistungen sowie<br />
zur Zufriedenheit <strong>der</strong> Berufstätigen und Patienten. Eine verän<strong>der</strong>te Orientierung in den<br />
Institutionen des Gesundheitswesens kann dadurch initiiert und damit auch die<br />
Gleichgewichtigkeit von Qualität, Wirtschaftlichkeit und Zufriedenheit angestebt werden.<br />
Um den notwendigen Umbruch <strong>im</strong> deutschen Gesundheitswesen zu gestalten, bedarf es<br />
des Zusammenspiels aller Akteure und des politischen Konsens.<br />
17
Auswirkungen auf die Gesundheitsberufe<br />
18
3 Integrierte Gesundheitsnetze:<br />
Beschreibung <strong>der</strong> notwendigen<br />
Systemkomponenten 1<br />
3.1 Allgemeine Ausgangssituation<br />
Nicht zuletzt aufgrund medienwirksamer Einzelprojekte und dem publizistisch hochgelobten<br />
Erfolg des Internet, macht sich nun auch <strong>im</strong> Gesundheitswesen be<strong>im</strong> Aufbau<br />
„medizinischer“ Netze eine intensive Aufbruchsst<strong>im</strong>mung breit. Zunehmend drängen<br />
Anbieter, Organisationen, Institutionen <strong>ab</strong>er auch Einzelpersonen auf die Realisierung<br />
entsprechen<strong>der</strong> Netze. Im Prinzip will je<strong>der</strong> Teilnehmer <strong>im</strong> Gesundheitswesen mit jedem<br />
an<strong>der</strong>en je<strong>der</strong>zeit medizinische Daten austauschen, beliebig medizinisches Wissen<br />
<strong>ab</strong>holen / bereitstellen o<strong>der</strong> <strong>ab</strong>er Verwaltungsdaten übermitteln können. Unter Berücksichtigung<br />
des riesigen potentiellen Datenvolumens bei einem <strong>der</strong>artigen Informationsaustausch,<br />
bestehen auch wirklich begründete Hoffnung auf erhebliche Einsparungen.<br />
Die technische Entwicklung verläuft zwar stürmisch, <strong>ab</strong>er <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mte Angebote, Nutzerakzeptanz<br />
und folglich Nachfrage halten sich jedoch noch in Grenzen. Der Einführungsprozeß<br />
<strong>im</strong> Gesundheitswesen vollzieht sich schrittweise und so besteht bis zur Realisierung<br />
des flächendeckenden Einsatzes mult<strong>im</strong>edialer Dienste noch erheblicher und<br />
grundsätzlicher Handlungsbedarf.<br />
Das dezentral organisierte Beziehungsgeflecht klassischer Kommunikation <strong>im</strong> deutschen<br />
Gesundheitswesen bestand seit jeher zwischen Teilnehmern und Mitglie<strong>der</strong>n unterschiedlicher<br />
Organisationszugehörigkeit und Zuständigkeit. Dies war bereits in den Anfängen<br />
<strong>der</strong> Datenverarbeitung prägend für die Mitwirkenden an <strong>der</strong> medizinischen Versorgung.<br />
Hier führten lokale Interessen und disjunkte Ansätze letztendlich <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> zur<br />
Auswahl heterogener Lösungen und Techniken. Damit verbunden waren vermeidbare<br />
Mehrausg<strong>ab</strong>en für Technik, inkompatible Anwendungen, die Notwendigkeit des<br />
mühsamen Abgleichs von Datenbeständen und eine meßbar deutliche Reduktion <strong>der</strong><br />
Datenqualität.<br />
Heute hingegen führt die Notwendigkeit <strong>der</strong> Sicherung von Effizienz und Qualität <strong>der</strong><br />
medizinischen Versorgung zu verteilt kommunizierenden und kooperierenden Informationssystemen,<br />
auch „Shared-Care“-Strukturen genannt. D<strong>ab</strong>ei sind Verfügbarkeit,<br />
Korrektheit, Sicherheit, Vertraulichkeit und Beweisbarkeit <strong>der</strong> übermittelten Information<br />
1<br />
Autor: Christoph F-J Goetz auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> Arbeiten <strong>der</strong> Themengruppe „Medizinische Netze“<br />
(Vgl. auch Abschnitt 7.3)
Integrierte Gesundheitsnetze<br />
sowie eine funktionierende Interoper<strong>ab</strong>ilität organisatorisch „vernetzter“ Kommunikationspartner<br />
oberstes Gebot. Disjunkte Übertragungswege und wi<strong>der</strong>sprüchliche Techniken<br />
dürfen die Telematik <strong>im</strong> Gesundheitswesen nicht einer ihrer sinnvollsten Vorteile<br />
berauben, dem einfachen, wirtschaftlichen, transparenten und effizienten Informationsaustausch.<br />
Zur Ableitung des heute notwendigen Handlungsbedarfs kann ein kurzer<br />
historischer Rückblick nützlich sein.<br />
3.1.1 Basistechnologie in Praxis und Klinik<br />
Die technische Ausgangssituation <strong>der</strong> EDV-Einführung bei nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzten in<br />
<strong>der</strong> Praxis und in Krankenhäusern bzw. Kliniken war aufgrund <strong>der</strong> unterschiedlichen<br />
Aufg<strong>ab</strong>enstellung sehr unterschiedlich. Während auf <strong>der</strong> einen <strong>Seite</strong> kleine Praxiscomputer-Systeme<br />
die Entwicklung <strong>der</strong> Personal Computer allgemein nachvollzogen,<br />
waren auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en <strong>Seite</strong> Krankenhaus-Informations-Systeme (KIS) eher durch<br />
Großrechnersysteme und Terminals geprägt, bedingt durch die krankenhausspezifischen<br />
komplexen Organisations<strong>ab</strong>läufe und großen Informationsmengen.<br />
Der Markt für Praxiscomputer-Systeme ist seit jeher stark umkämpft. Trotzdem teilen sich<br />
etwa 20 von annähernd 200 Hersteller <strong>im</strong>merhin 98% des gesamten Markts. Sowohl<br />
software- als auch hardwareseitig wurden und werden d<strong>ab</strong>ei nahezu alle verbreiteten<br />
Systeme <strong>der</strong> Personal Computer angeboten. So finden beispielsweise neben MS-DOS<br />
o<strong>der</strong> Mac-OS auch relativ seltene Betriebssysteme wie z.B. MUMPS o<strong>der</strong> Prologue weite<br />
Verbreitung.<br />
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat frühzeitig durch die Prüfung <strong>ab</strong>rechnungsrelevanter<br />
Komponenten zu einer inhaltlichen Vereinheitlichung dieser Programmteile<br />
beigetragen. Generell kann <strong>ab</strong>er festgestellt werden, daß gemessen am heutigen Stand<br />
<strong>der</strong> Computertechnik, die eingesetzten Geräte, Betriebssysteme und Anwendungsprogramme<br />
in <strong>der</strong> Arztpraxis nicht dem heute üblichen Standard entsprechen.<br />
Krankenhaus-Informationssysteme waren ausgehend von den ersten Ansätzen mehrheitlich<br />
Son<strong>der</strong>lösungen auf <strong>der</strong> Basis von Großrechnertechnologien. Sie waren speziell<br />
konzipiert, entwickelt und programmiert für die einzelnen Einrichtungen. Während<br />
dadurch zwar ein hohes Maß an Funktionalität und Integration <strong>der</strong> angeschlossenen<br />
Abteilungen einer Organisationseinheit hergestellt werden konnte, war eine Interoper<strong>ab</strong>ilität<br />
o<strong>der</strong> Datenübermittlung zwischen verschiedenen „Inhouse“-Systemen selten<br />
vorgesehen und wenn überhaupt nur mittels sehr einfacher Datenstrukturen und<br />
Protokolle möglich.<br />
Rechtliche Best<strong>im</strong>mungen führten auch <strong>im</strong> klinischen Bereich zu Vereinheitlichungen,<br />
Prüfinstanzen und Zertifikaten, die <strong>ab</strong>er wegen <strong>der</strong> DV- und Prozeßautonomie auf den<br />
20
Integrierte Gesundheitsnetze<br />
funktionellen Bereich und die damit verbundene Ordnungsmäßigkeit <strong>der</strong> Prozesse<br />
beschränkt blieb, z.B. für Finanzbuchhaltungssysteme.<br />
3.1.2 Ausweitung verarbeiteter Inhalte<br />
Erste EDV-Anwendungen <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> ärztlichen Praxis waren meist auf eng<br />
umschriebene Inhalte wie z.B. die Arztbriefe, Etikettendruck o<strong>der</strong> das Rechnungswesen<br />
<strong>im</strong> Rahmen von Einzelplatz-Systemen beschränkt. Mit steigen<strong>der</strong> Verfügbarkeit von<br />
Rechnerkapazität wurden <strong>im</strong>mer mehr Anwendungsinhalte in eine Applikation integriert,<br />
entsprechend den Organisationseinheiten und Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong>.<br />
In diesem Zusammenhang stellte die Verfügbarkeit anwen<strong>der</strong>freundlicher relationaler<br />
Datenbanken einen wesentlichen Fortschritt dar, konnten doch so erste große<br />
Organisations- und Informationsstrukturen in <strong>der</strong> Medizin nachgebildet werden. Trotzdem<br />
best<strong>im</strong>mten eingesetzte Werkzeuge und proprietäre Inhaltsstrukturen den Aufbau <strong>der</strong><br />
Anwendungen und verhin<strong>der</strong>ten eine Interoper<strong>ab</strong>ilität <strong>der</strong> einzelnen, als Inseln realisierten<br />
Problemlösungen.<br />
3.1.3 Alltag <strong>der</strong> Medienbrüche<br />
Mit <strong>der</strong> allgemeinen Entwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologie in<br />
<strong>der</strong> Medizin vollzog sich in den Jahren nach Einführung <strong>der</strong> Personal Computer auch <strong>der</strong><br />
durch die Industrie eingeleitete Wandel - weg von Einzelplatzsystemen hin zu Netzwerken<br />
- und dezentraler Client- / Server Architektur. Während dies <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Kliniken und<br />
Krankenhäuser aufgrund räumlicher, funktioneller und technologischer Gegebenheiten<br />
eine kontrollierte Wachstumsphase mit einem stufenweisen Architekturwechsel auslösen<br />
konnte, standen nie<strong>der</strong>gelassene Ärzte vor Problemen kompatibler Datenfernübertragung<br />
und dezentraler Organisation.<br />
Als komplizieren<strong>der</strong> Faktor stand sowohl in <strong>der</strong> Klinik als auch in <strong>der</strong> ärztlichen Praxis die<br />
Tatsache, daß die Hersteller unterschiedlicher Programmsysteme aus Konkurrenzgründen<br />
wenig Interesse an einem gegenseitigen Abgleich von Inhaltsstandards hatten.<br />
Die Anwen<strong>der</strong> hingegen wollten medizinische Daten aus ihren eigenen Rechnersystemen<br />
in an<strong>der</strong>en Programmen und Systemen weiter verwenden.<br />
Durch proprietäre Lösungen, fehlende Standardisierung bzw. inkompatible Implementierungen<br />
<strong>im</strong> Rahmen relativ weit gefaßter Standards war und ist zum Teil noch heute die<br />
Offline-Kommunikation per Ausdruck und Wie<strong>der</strong>eing<strong>ab</strong>e o<strong>der</strong> bestenfalls die Benutzung<br />
von Datenträgern und aufwendigen Transformationen von Datenstrukturen, Formaten etc.<br />
das einzig verfügbare Mittel. So entstanden klassische Medienbrüche (Computer – Papier<br />
– Computer), die wie<strong>der</strong>um Kosten verschlangen und wegen oftmals inkompatibler<br />
Datenstrukturen zusätzliche Probleme verursachten.<br />
21
Integrierte Gesundheitsnetze<br />
3.2 Aktueller Entwicklungsstand<br />
Seit diesen Anfängen h<strong>ab</strong>en sich die Datenverarbeitung in Gesundheitswesen und die<br />
Möglichkeit zur informationstechnischen Vernetzung unterschiedlicher Rechnersysteme<br />
deutlich weiterentwickelt, obwohl heute die „Sünden“ <strong>der</strong> Vergangenheit ihre Schatten<br />
auf die Entwicklung <strong>der</strong> Zukunft werfen.<br />
3.2.1 Dezentrale Zuständigkeiten und heterogene Ansätze<br />
Eine Beson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Zuständigkeiten und Zusammenhänge <strong>im</strong> deutschen Gesundheitswesen<br />
ist, daß es zwar Bereiche gibt, die z.B. aus dem Auftrag einer Selbstverwaltung<br />
definitorisch <strong>ab</strong>leitbar sind, daß diese <strong>ab</strong>er mit an<strong>der</strong>en Bereichen kooperieren müssen,<br />
die wie<strong>der</strong>um durch an<strong>der</strong>e Verwaltungsstrukturen best<strong>im</strong>mt werden.<br />
Dies bedeutet, daß in <strong>der</strong> Telemedizin keine Norm <strong>im</strong> eigentlichen Sinn „verordnet“<br />
werden kann, da es keine allen Beteiligten übergeordnete normungsbefugte Instanz gibt,<br />
respektive keine hierfür zuständige Instanz benannt wurde.<br />
Dies wirkt sich nicht nur auf programmtechnische Lösungsansätze aus, son<strong>der</strong>n bereitet<br />
heute zunehmend Probleme bei <strong>der</strong> angestrebten organisatorischen „Vernetzung“ <strong>der</strong><br />
Einrichtungen. Dies um so mehr, wenn zwischen unterschiedlichen, teilweise konkurrierenden<br />
Instanzen, mit jeweils unterschiedlichen Progammsystemen Daten gemeinsam<br />
genutzt o<strong>der</strong> <strong>ab</strong>geglichen werden sollen. Deshalb kommt internationalen, europäischen<br />
und nationalen Standards sowie rechtlichen Regelungen auf europäischer und nationaler<br />
Ebene eine große unterstützende Rolle zu.<br />
3.2.2 Divergente Sicherheitsansätze<br />
Die Kommunikation und Kooperation zwischen (Informations-)Systemen stellt hohe<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an Datenschutz und Datensicherheit, vor allem wenn es sich um sensitive<br />
Informationen wie personenbezogene medizinische Informationen o<strong>der</strong> administrative<br />
betriebliche Daten handelt. Infolge <strong>der</strong> isolierten Architekturen und <strong>der</strong> vielfach<br />
proprietären Anwendungssysteme waren auch die eingesetzten Sicherheitskonzepte sehr<br />
vielschichtig. Hinzu kommt, daß Sicherheitsmaßnahmen bislang als alleinige Aufg<strong>ab</strong>e <strong>der</strong><br />
speichernden o<strong>der</strong> verarbeitenden Stelle gesehen wurden, ein weiterer Grund für die<br />
heutige Vielfalt unterschiedlicher Sicherheitsansätze.<br />
Gerade deswegen trägt die durch die Bundesärztekammer veröffentlichte Bekanntmachung<br />
mit Empfehlungen zu ärztlicher Schweigepflicht, Datenschutz und Datenverarbeitung<br />
in <strong>der</strong> Arztpraxis viel zur Festigung einer einheitlichen „Sicherheitskultur“ <strong>im</strong><br />
deutschen Gesundheitswesen bei.<br />
22
Integrierte Gesundheitsnetze<br />
3.2.3 Erste Interoper<strong>ab</strong>ilität durch vorhandene Schnittstellen<br />
Sowohl <strong>im</strong> Bereich nie<strong>der</strong>gelassener Ärzte als auch <strong>im</strong> Krankenhaus und Klinikbereich<br />
ermöglichen vorhandene Schnittstellen bereits jetzt eine erste, lei<strong>der</strong> <strong>im</strong>mer noch<br />
begrenzte Interoper<strong>ab</strong>ilität.<br />
Als Datenformat für Inhalte <strong>der</strong> Praxiscomputer-Systeme liegen in Deutschland heute die<br />
sog. „xDT-Standards“ des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung in <strong>der</strong><br />
Bundesrepublik (ZI) als einfach zu realisierende Inhaltsschnittstellen für den Datenaustausch<br />
vor. Im klinischen Sektor hat sich hingegen das „Health Industry Level Seven<br />
Interface Standard“ (HL-7) eine entsprechende Stellung erworben. Somit hat je<strong>der</strong> Sektor<br />
für sich bereits Möglichkeiten für einen ersten Austausch von Inhaltsdaten.<br />
Trotzdem kann heute zwischen Krankenhaus-Informations-Systemen und Praxiscomputer-Systemen<br />
noch kein direkter Datenaustausch stattfinden, da die xDT-Datensatzbeschreibungen<br />
mit <strong>der</strong> HL-7-Nachrichtenspezifikation nicht direkt interoper<strong>ab</strong>el sind.<br />
Hier muß ausgehend von internationalen Bestrebungen eine Harmonisierung bei<strong>der</strong><br />
Standards dieses Problem lösen.<br />
3.2.4 Gesundheitsnetze und Vernetzung <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
Bei Ausführungen zu „medizinischen“ Netzen o<strong>der</strong> einer allgemeinen, auch organisatorischen<br />
Vernetzung <strong>im</strong> Gesundheitswesen müssen grundsätzlich drei Arten medizinischer<br />
Daten voneinan<strong>der</strong> unterschieden werden, da diese jeweils unterschiedliche Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an Rahmenbedingungen, Technik und Sicherheit bei <strong>der</strong> Übermittlung stellen.<br />
• Patientenbezogene Informationen (PatInfo) sind sensibel und unterliegen<br />
<strong>der</strong> ärztlichen Schweige- und <strong>Dokument</strong>ationspflicht, wie dies u.a. in <strong>der</strong><br />
Berufsordnung verankert ist, wobei hier auch ethische und soziale Komponenten<br />
betrachtet werden müssen. Patientendaten bedingen darüber hinaus<br />
zumeist regelmäßig diagnostische bzw. therapeutische Konsequenzen.<br />
• Medizinisches Wissen (MedWiss) ist zwar in <strong>der</strong> Regel anonym, dient <strong>ab</strong>er<br />
ebenfalls <strong>der</strong> Ableitung therapeutischer Konsequenzen. Daher müssen<br />
entsprechende Maßnahmen zur Qualitätssicherung (sog. „Peer-Group-<br />
Reviews“) und eine beweisbare Urheberschaft realisiert werden.<br />
• Medizinische Verwaltungsdaten stellen in <strong>der</strong> Regel eine Mischform <strong>der</strong><br />
genannten Datenarten dar, <strong>der</strong>en Rahmenbedingungen und / o<strong>der</strong> Bedrohungen<br />
sich jedoch oftmals quantitativ und qualitativ von diesen unterschieden.<br />
Daneben sind auch sensitive Betriebsdaten zu berücksichtigen, die ebenfalls<br />
hohe Anfor<strong>der</strong>ungen an Datenschutz und Datensicherheit stellen können.<br />
Die Gesamtheit <strong>der</strong> jeweiligen rechtlichen, ethisch-sozialen, organisatorischen, funktionellen<br />
und technologischen Rahmenbedingungen für Datenschutz und Datensicherheit<br />
werden in sogenannten „Policies“ fixiert. Somit sind für den Aufbau von Gesundheitsnetzen<br />
grundlegende Erfor<strong>der</strong>nisse zu erfüllen, wie<br />
23
Integrierte Gesundheitsnetze<br />
• eine adäquate Infrastruktur und Sicherheitsarchitektur unter Beachtung<br />
rechtlicher, organisatorischer und technologischer Aspekte,<br />
• die Entwicklung und Bereitstellung entsprechen<strong>der</strong> Methoden und Lösungen<br />
(z.B. Email, World Wide Web (WWW), Videokonferenz-Services) und<br />
• die Entwicklung und Bereitstellung <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mter Dienste, wie Arzt-,<br />
Apotheker-, Patienteninformationsdienste.<br />
Aus <strong>der</strong> heute existenten Heterogenität und Vielfalt angebotener Systeme läßt sich also<br />
<strong>ab</strong>lesen, daß die Einschränkung <strong>der</strong> Definition von „medizinischen Netzen“ nur auf Netze<br />
<strong>im</strong> strengen Sinn nicht haltbar ist. Hinzu kommt, daß früher klar von einan<strong>der</strong> <strong>ab</strong>grenzbare<br />
Bereiche (z.B. die Individualkommunikation und die Massenkommunikation)<br />
zunehmend in einan<strong>der</strong> übergehen.<br />
Die Schaffung deutscher „Gesundheitsnetze“ o<strong>der</strong> „Vernetzung <strong>im</strong> Gesundheitswesen“<br />
sollte daher, ausgehend von <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mten Rahmenbedingungen, als die<br />
informationstechnische Verbindung aller dezentral organisierten Kommunikationspartner<br />
<strong>im</strong> Gesundheitswesen verstanden und angestrebt werden. Entsprechend<br />
den Arten ausgetauschter Information, sind die Policies für diese „Vernetzung“ zu<br />
definieren.<br />
Die Entwicklung medizinischer Netze wird ein schrittweiser Prozeß. D<strong>ab</strong>ei werden sich<br />
verschiedene Dienstarten und Inhalte unterschiedlich und z.T. aufeinan<strong>der</strong> aufbauend<br />
entwickeln. Die Dienstarten und Inhalte können d<strong>ab</strong>ei u.a. das Spektrum umfassen von<br />
• gerichteter Kommunikation mittels E-Mail, über<br />
• Zugriff auf Informationssysteme und Wissensbanken, o<strong>der</strong><br />
• Telekonsultation, bis hin zur<br />
• verteilten mult<strong>im</strong>edialen Krankenakte.<br />
3.3 Exemplarische Ansätze<br />
Bei Treffen von Anbietern medizinischer Inhalte und medizinischer Netze, zu denen die<br />
Themengruppe „Medizinische Netze“ des FORUM INFO 2000 eingeladen hatte, wurde<br />
deutlich, daß inzwischen viele verschiedene Angebotsvarianten <strong>im</strong> deutschen Gesundheitswesen<br />
existieren. Im Spannungsfeld zwischen heterogen innovativen Lösungen und<br />
übergeordnetem Standardisierungsbedarf zeigen einige Projekte beson<strong>der</strong>s interessante<br />
Ansätze.<br />
3.3.1 Deutsches Medizin Forum<br />
Das Deutsche Medizin Forum ist seit 1995 <strong>im</strong> offenen Internet unter http://www.medizinforum.de<br />
erreichbar und hat sich dort als eine zentrale Kommunikations- und Recherche-<br />
Plattform für den medizinischen Bereich positioniert <strong>im</strong> Sinne einer MedWiss-Zentrale.<br />
24
Integrierte Gesundheitsnetze<br />
Neben eigenen Informationen finden sich umfassende Links auf an<strong>der</strong>e medizinische<br />
Angebote. Ein Schwerpunkt <strong>der</strong> angebotenen Information sind ständig aktualisierte<br />
Hinweise auf Ereignisse wie Kongresse, Fortbildungen und Ankündigungen. Daneben<br />
bieten mo<strong>der</strong>ierte Diskussionsforen unterschiedliche Themen für Ärzte, Zahnärzte und<br />
Patienten, wobei auch viele Selbsthilfegruppen eigene Inhalte in das Medizin Forum<br />
einstellen. Es findet jedoch keine Übertragung personenbezogener Patientendaten statt.<br />
Der wirtschaftliche Gegenpol wird u.a. durch eine „Virtuelle Medizinmesse“ mit eigenem<br />
Index medizinischer Firmen <strong>im</strong> Internet gebildet. So finden sich anbieterübergreifend<br />
Produkte alph<strong>ab</strong>etisch aufgelistet und zur Online-Bestellung freigegeben. Durch diese<br />
Anbindung und die Kooperation mit mehr als 50 Firmen und Organisationen kann sich<br />
das Deutsche Medizin Forum un<strong>ab</strong>hängig selbständig tragen.<br />
3.3.2 Medical Network<br />
Medical Network stellt als eingetragener und seit 1995 als gemeinnützig anerkannter<br />
Verein von Medizinern aus Klinik und Praxis eine Plattform zur Integration aller medizinischen<br />
Gruppen dar. Die Kommunikationsplattform „Medical Network“ soll einen<br />
umfangreichen Datenaustausch zwischen allen an <strong>der</strong> Medizin beteiligten Personen,<br />
Institutionen und Organisationen ermöglichen. D<strong>ab</strong>ei wurde eine integrierte Lösung für<br />
alle Arbeitsbereiche unter einer einfach zu bedienenden Oberfläche geschaffen.<br />
Im Medical Network werden alle drei Arten medizinischer Daten (MedWiss, PatInfo und<br />
Verwaltungsdaten) auf virtuellen Verbindungen übermittelt. Die proprietäre Sicherheitsstruktur<br />
realisiert bereits grundlegende Sicherheitserfor<strong>der</strong>nisse. In <strong>der</strong> nächsten Stufe<br />
wird eine Health Professional Card (HPC) <strong>im</strong> Zusammenhang mit den PatInfo eingesetzt<br />
werden.<br />
Die Plattform wird interessierten Medizinern zur weiteren Erprobung ausgehändigt. Mit<br />
dieser Software soll die Kommunikation zwischen Medizinern weiter geför<strong>der</strong>t und durch<br />
die Integration <strong>der</strong> verschiedenen Fachbereiche und Interessensvertreter das „Netz von<br />
Ärzten für Ärzte“ weiter am Bedarf <strong>der</strong> Mediziner ausgerichtet werden. Die Gründung<br />
einer die Dienste vermittelnden GmbH ist vorgesehen.<br />
3.3.3 Deutsches Gesundheitsnetz<br />
Das Deutsche Gesundheitsnetz (DGN) bietet seinen Teilnehmern eine einheitliche<br />
Informations- und Kommunikationsstruktur, die sowohl zur Kommunikation <strong>der</strong> Ärzte und<br />
Körperschaften untereinan<strong>der</strong> und als auch miteinan<strong>der</strong> genutzt werden kann.<br />
Das DGN unterstützt die ärztlichen Körperschaften (Ärztekammern und Kassenärztliche<br />
Vereinigungen) bei <strong>der</strong> Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufg<strong>ab</strong>en, wozu neben zeitgemäßer<br />
Fortbildung und Qualitätssicherung auch Verfahren zur Sicherung <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />
25
Integrierte Gesundheitsnetze<br />
Versorgungsweise und Praxisführung, z. B. <strong>im</strong> Rahmen von Strukturverträgen, gehören.<br />
Die Sicherung <strong>der</strong> Qualität und das Erschließen von Rationalisierungspotentialen <strong>im</strong><br />
Gesundheitswesen gehören zu den wichtigsten Aufg<strong>ab</strong>en, die die ärztliche Selbstverwaltung<br />
mit dem DGN verfolgen kann.<br />
Über lokale Einwahlmöglichkeiten können die DGN - Teilnehmer zu Orts- o<strong>der</strong> Nahtarifen<br />
über das DGN kommunizieren. Als Intranet nutzt das DGN den Internet-Standard, so daß<br />
auf eine spezielle Zugangssoftware verzichtet werden kann. Für die Herstellung <strong>der</strong><br />
Übertragungssicherheit von vertraulichen Daten (Patientendaten, Abrechnungsdaten) soll<br />
eine zum Signaturgesetz konforme Signatur mit zusätzlichen Verschlüsselungsverfahren<br />
eingeführt werden. Dazu wird zur Zeit ein elektronischer Arztausweises vorbereitet. Das<br />
Deutsche Gesundheitsnetz ermöglicht seinen Teilnehmern auch die Nutzung des<br />
Internets.<br />
3.3.4 xDT-Schnittstellen <strong>der</strong> Kassenärztlichen Bundesvereinigung<br />
Ausgehend von einer frühzeitig auf <strong>der</strong> Grundlage des Bundesmantelvertrags verbindlich<br />
vorgeschriebenen Schnittstelle für die Übermittlung von Abrechnungsdaten mittels Datenträger<br />
(<strong>der</strong> sog. „ADT-Datensatzbeschreibung“) zwischen nie<strong>der</strong>gelassenem<br />
Vertragsarzt und Kassenärztlichen Vereinigungen, h<strong>ab</strong>en die Kassenärztliche<br />
Bundesvereinigung (KBV) und das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung in<br />
<strong>der</strong> Bundesrepublik (ZI) in den letzten Jahren neben verschiedenen „internen“<br />
Schnittstellen mehr als 14 weitere Datensatzbeschreibungen für bekannten<br />
Übermittlungsbedarf <strong>der</strong> Arztpraxis entwickelt. Diese sind inhaltlich alle nach dem<br />
gleichen Schema aufgebaut und erschließen sich sehr einfach einer EDV-gestützten<br />
Verarbeitung.<br />
ADT = Abrechnungs-Datenträger (Praxis -> KV)<br />
AODT = <strong>Dokument</strong>ationsbogen Ambulantes Operieren (Praxis -> KV)<br />
AVDT = Arztverzeichnis-Datenträger (KV -> Praxis)<br />
BDT = Behandlungsdatenträger (Praxis Praxis)<br />
BDT-A = Behandlungsdatenträger Arztbrief (Praxis Praxis)<br />
BDT-C = Behandlungsdatenträger chron. Krankheiten (Praxis Praxis)<br />
ELV = Elektronisches Leistungsverzeichnis (Praxis Praxis)<br />
GDT = Geräte-Datenträger (Ser. Geräte -> Praxis)<br />
KTSD = Kostenträger-Stammdatei (KV -> Praxis)<br />
LDT = L<strong>ab</strong>or-Datenträger (Praxis L<strong>ab</strong>orpraxis)<br />
MDDT = Meldedaten ADT-Systeme (KV -> KBV)<br />
PATS = Patientendaten Versichertenkarte (KVK-Lesegerät -> Praxis)<br />
SDGO = Stammdaten Gebührenordnung (KV -> Praxis)<br />
26
Integrierte Gesundheitsnetze<br />
SDRW = Stammdaten GO-Regelwerk (KV -> Praxis)<br />
Als geplante „Universalschnittstelle“ für die Datenkommunikation zwischen Arztpraxis<br />
und Kassenärztlichen Vereinigungen werden zur Zeit <strong>ab</strong>schließende Beratungen für den<br />
sog. „KVDT“ geführt. In dieser Datensatzbeschreibung werden mehrere <strong>der</strong><br />
vorgenannten xDT’s (ADT, AODT, usw.) mittels eines umfassenden Containermodells in<br />
einer einzige Datei vereint, so daß künftige Übermittlungen nur noch ein Datenpaket<br />
berücksichtigen müssen. Damit wird bereits ein wesentlicher Grundstein für die Online-<br />
Übermittlung von Abrechnungsdaten realisiert.<br />
3.3.5 HCP-Protokoll für BayNet<br />
Das gemeinsame Pilotprojekt <strong>der</strong> Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns und <strong>der</strong> Bayerischen<br />
Landesärztekammer wird unter Berücksichtigung <strong>der</strong> aktuellen und <strong>ab</strong>sehbaren<br />
Rechtslage, ausgehend von et<strong>ab</strong>lierten Einzelprojekten und <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mten Rahmenkonzepten,<br />
ein sicheres, geschütztes, beweisbares und vor allem offenes System zur<br />
”Online”-Übertragung medizinischer Daten praktisch et<strong>ab</strong>lieren und evaluieren.<br />
Unter Vermeidung proprietärer Insellösungen wird ein beweisbar sicheres Gesamtsystem<br />
aus vorhandenen Komponenten und Modellen entwickelt, erprobt und veröffentlicht. Das<br />
Projekt berücksichtigt insbeson<strong>der</strong>e ländliche Strukturmodelle und ist möglichst flächenwirksam<br />
angelegt. Für das Projekt stellt die Bayerische Staatsregierung <strong>im</strong> Rahmen von<br />
Bayern Online II ein För<strong>der</strong>volumen von 1,34 Mio. DM zur Verfügung. Die so erarbeiteten<br />
Standards und Vorg<strong>ab</strong>en sollen, baldmöglichst veröffentlicht und in das Public Domain<br />
gelegt, jedem Hersteller die Möglichkeit eigener Implementierung bieten und somit eine<br />
„Sogwirkung“ entfalten, die über den Pilotcharakter des Projekts hinaus wirkt.<br />
Die gegenwärtige Abst<strong>im</strong>mung mit den zuständigen Einrichtungen und Institutionen auf<br />
Bundesebene hat eine Konsensfähigkeit auch über die Projektgrenzen hinaus ermöglicht.<br />
Eine kritisch-wissenschaftliche Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den vorgeschlagenen Strukturmodellen<br />
und <strong>der</strong>en öffentlichkeitswirksame Präsentation, wie auch die intensive Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
mit dem Datenschutz, sollen das Vertrauen in diese neue Technologie<br />
sichern und untermauern.<br />
3.4 Empfehlungen und For<strong>der</strong>ungen<br />
Es ist eine banale Erkenntnis, daß die Interessen von Initiativträgern <strong>der</strong> Telematik aus<br />
Industrie und Wirtschaft nicht gleichzusetzen sind mit den Interessen <strong>der</strong> Ärzteschaft o<strong>der</strong><br />
Sozialverwaltung. Gerade deswegen wäre es falsch anzunehmen, daß sich diese<br />
automatisch, ungefragt und freiwillig auf die Belange und Kerngebote ärztlicher Tätigkeit<br />
einlassen werden.<br />
27
Integrierte Gesundheitsnetze<br />
Zur erfolgreichen Umsetzung von künftiger „Gesundheitsnetze“ ist es unumgänglich, die<br />
unterschiedlichen Interessen <strong>der</strong> verschiedenen Beteiligtengruppen wie Industrie, Wirtschaft,<br />
Ärzteschaft, sonstiges medizinisches Personal, Politik, Verwaltung und nicht<br />
zuletzt Patienten zu harmonisieren und somit das angesprochene Bedingungsgefüge zu<br />
schaffen. D<strong>ab</strong>ei dürfen best<strong>im</strong>mte Grundvoraussetzungen wie die Belange und<br />
Kerngebote ärztlicher Tätigkeit nicht zur Disposition gestellt werden.<br />
Es ist zwar richtig, daß auch ärztliches Handeln und die daraus resultierende <strong>Dokument</strong>ation<br />
und Kommunikation <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeitspflicht unterliegen. Aus diesem Grund sind<br />
mannigfaltige Synergismen zwischen Telematik-Initiativen <strong>der</strong> Industrie und <strong>der</strong> Ärzteschaft<br />
zu erwarten. Doch bisher steht <strong>der</strong> Mensch <strong>im</strong>mer noch <strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>grund <strong>der</strong><br />
ärztlichen Bemühungen und das muß so bleiben.<br />
Als vereinfachend knappes Plädoyer darf also gelten, daß die Telematik <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
unverän<strong>der</strong>t auf die gleichen Rechtsgüter aufbauen, genauso die Privatsphäre von<br />
Patient und Arzt schützen und effektiven Datenschutz sowie ärztliche Schweigepflicht<br />
garantieren muß, wie bisher. Dafür muß aktiv eingetreten werden und entsprechende<br />
Richtlinien für den Einsatz <strong>der</strong> Telematik <strong>im</strong> Gesundheitswesen erarbeitet, <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mt<br />
und veröffentlicht werden.<br />
3.4.1 Richtlinien für Anwen<strong>der</strong><br />
Die angestrebte Technik und Organisation <strong>der</strong> Vernetzung <strong>im</strong> Gesundheitswesen bringen<br />
für die Anwen<strong>der</strong> spezielle Probleme mit sich. Ärzte und medizinisches Personal<br />
brauchen klar verständliche Vorg<strong>ab</strong>en für den Einsatz <strong>der</strong> Telematik <strong>im</strong> Gesundheitswesen.<br />
Das „Praktik<strong>ab</strong>ilitätsparadigma Sprechstunde“ mag dies verdeutlichen, da sich<br />
letztendlich alle Lösungswege <strong>im</strong> Gesundheitswesen am Maßst<strong>ab</strong> <strong>der</strong> realen Funktionalität<br />
messen lassen müssen.<br />
Keiner hat <strong>im</strong> praktischen Alltag die Möglichkeit, lange zu überlegen, welches DFÜ-<br />
Programm er nun aktivieren muß, o<strong>der</strong> welches <strong>der</strong> verschiedenen Netzwerke gerade<br />
richtig ist. Der Anwen<strong>der</strong> benötigt eine einzige, transparente, bedienbare und<br />
sichere Technologie für die Übermittlung aller Daten <strong>im</strong> Gesundheitswesen.<br />
Gegenwärtig erprobte Ansätze sind selten miteinan<strong>der</strong> kompatibel (bzw. interoper<strong>ab</strong>el),<br />
o<strong>der</strong> berücksichtigen nur unzureichend organisatorische und verwaltungsmäßig et<strong>ab</strong>lierte<br />
Strukturen des Gesundheitswesens. Demzufolge können zur Zeit we<strong>der</strong> Industrie noch<br />
ärztliche Institutionen durchgreifende Erfolge bei <strong>der</strong> Umsetzung spezifischer Versorgungs<strong>ab</strong>läufe<br />
<strong>der</strong> ambulanten und stationären Versorgung in telemedizinischen<br />
Verfahren erzielen. Je<strong>der</strong> versucht heute noch eine eigene Lösung anzubieten. Dieser<br />
Vielfalt muß eine für den medizinischen Anwen<strong>der</strong> verständliche Zusammenfassung von<br />
Leitlinien und Regularien entgegengesetzt werden.<br />
28
Integrierte Gesundheitsnetze<br />
3.4.2 Richtlinien für Anbieter medizinischer Inhalte<br />
Zur Zeit finden sich große Unsicherheiten, <strong>ab</strong>er auch große technologische Folgen bei<br />
<strong>der</strong> Frage, wie, unter welchen Voraussetzungen und mittels welcher Technologien<br />
medizinische Gesundheitsdaten auf elektronischen Datenhighways <strong>der</strong> Zukunft valide<br />
und beweisbar übermittelt werden können; dienen solche Daten doch letztendlich zur<br />
Ableitung therapeutischer Konsequenzen. Wer haftet <strong>im</strong> Einzelfall?<br />
Heutige klassische Veröffentlichungen <strong>im</strong> Gesundheitswesen unterliegen einer starken<br />
Qualitätssicherung durch sog. Peer Group Reviews. Hinzu kommt, daß die Justizi<strong>ab</strong>ilität<br />
<strong>der</strong> Printmedien für wichtige und therapierelevante Inhalte längst gesichert ist. Entsprechende<br />
Rahmenbedingungen müssen auch für die neuen Medien <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mt werden<br />
und hier kann insbeson<strong>der</strong>e das neue Signaturgesetz (SigG) wie auch die Signaturverordnung<br />
(SigV) wesentlich zur Schaffung einer Rechtssicherheit beitragen.<br />
3.4.3 Richtlinien für Übermittler von Patientendaten<br />
Datenschutz und Datensicherheit sind eine Grundvoraussetzung für jegliche Kommunikation<br />
und Kooperation in medizinischen Informationssystemen, insbeson<strong>der</strong>e wenn es um<br />
die Erfassung, Verarbeitung, Speicherung, Verteilung und Nutzung personenbezogener<br />
medizinischer Daten geht.<br />
Keiner kann vorhersagen, über welche Netzwerke á la longue die Kommunikation <strong>im</strong><br />
Gesundheitswesen läuft. Je<strong>der</strong> Hersteller von Praxiscomputer- o<strong>der</strong> Krankenhaus-Informations-Systemen<br />
muß die entsprechend notwendigen Sicherheitsanwendungen <strong>im</strong>plementieren<br />
können. Daher gelten nachstehende Grundsätze für das Design einer gefor<strong>der</strong>ten<br />
allgemeingültigen und konsensfähigen Sicherheitsstruktur:<br />
• anwendungs-transparent<br />
• netzwerk-transparent<br />
• hersteller-un<strong>ab</strong>hängig<br />
• harmonisiert<br />
• ausbaufähig.<br />
Nur konsensfähige Sicherheitsstandards können sicherstellen, daß <strong>der</strong> Wettbewerb unter<br />
verschiedenen Anbietern von Netzwerken, Online-Diensten und Computerprogrammen<br />
durch die Offenlegung <strong>der</strong> Protokolle gewährleistet ist, während die nötige Akzeptanz <strong>der</strong><br />
Nutzer geför<strong>der</strong>t und Mißbrauch sensibler Daten wirksam verhin<strong>der</strong>t wird. Nicht Sicherheitsprodukte,<br />
son<strong>der</strong>n Sicherheitsstandards und <strong>der</strong>en Umsetzung durch den freien<br />
Markt sind gefragt.<br />
3.4.4 Abgest<strong>im</strong>mte Authentifikation<br />
29
Integrierte Gesundheitsnetze<br />
Die Grundlagen <strong>der</strong> Technologie für die gegenseitige Identifikation und Authentifikation<br />
von Teilnehmern des Gesundheitswesens wurde seit 1994 in verschiedenen Projekten<br />
<strong>der</strong> „INFOSEC“ und „EUROCARDS Concerted Action“ formuliert.<br />
Ausgehend von den dort und international gewonnenen Erkenntnissen und in Abst<strong>im</strong>mung<br />
mit dem „Deutschen Modellversuch Health Professional Card - HPC” <strong>der</strong> Arbeitsgemeinschaft<br />
„Karten <strong>im</strong> Gesundheitswesen“ müssen alsbald elektronische Ausweise für<br />
die Gesundheitsberufe geschaffen werden. Solche HPC‘s sollen folgende u.a. Sicherheitsfunktionen<br />
beinhalten:<br />
• Karteninh<strong>ab</strong>er-Verifizierung, z.B. mittels PIN o<strong>der</strong> vergleichbarer Verfahren<br />
• Zugriffskontrolle <strong>der</strong> Speicherbereiche zur Sicherung <strong>der</strong> dort gespeicherten<br />
Information<br />
• Kryptographische Authentifizierung zum sicheren Nachweis des Karteninh<strong>ab</strong>ers<br />
• Verschlüsselung zur Realisierung vertraulicher Kommunikation<br />
• Erzeugung einer digitalen Signatur<br />
• <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mte Zertifikate <strong>der</strong> Rollen und / o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Profession für Offline-<br />
Anwendungen.<br />
Digitale Unterschriften werden oftmals <strong>im</strong> Zusammenhang mit Health Professional Cards<br />
angesprochen und müssen für die „Online“-Übermittlung medizinischer Daten zwei<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen erfüllen: Die Unterschrift muß nachweisbar den Sen<strong>der</strong> einer Nachricht<br />
dokumentieren und gleichzeitig die Echtheit (Unverän<strong>der</strong>barkeit) des Nachrichteninhalts<br />
beweisbar ermöglichen. Das neue Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz<br />
(IuKG) mit dem Gesetz zur digitalen Signatur (Signaturgesetz - SigG, Artikel 3 des IuKG)<br />
macht hier wesentliche Vorg<strong>ab</strong>en.<br />
Authentifizierungsverfahren werden in verschiedenen Projekten des Gesundheitswesens<br />
bereits durch unterschiedliche Einrichtungen, mit verschiedenen Verfahren angeboten.<br />
Die Infrastruktur für Datensicherheit einschließlich <strong>der</strong> Health Professional Cards müssen<br />
jedoch <strong>im</strong> Sinne einer „Cross Compatibility“ aufeinan<strong>der</strong> <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mt sein, damit die<br />
Tokens (Karten) auch von an<strong>der</strong>en Teilnehmern <strong>im</strong> Gesundheitswesen zuverlässig<br />
„erkannt“ werden können.<br />
Mit <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Versichertenkarte in Deutschland wurde 1993 eine technische<br />
Spezifikation für Chipkartenlesegeräte festgelegt, die nicht kompatibel ist zu den<br />
vorgenannten Anfor<strong>der</strong>ungen an eine Health Professional Card. Eine zweite Generation<br />
von Kartenterminals wurde daher 1995 von dem Arbeitskreis „MKT“ <strong>der</strong> Arbeitsgemeinschaft<br />
„Karten <strong>im</strong> Gesundheitswesen“ in Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Arbeitsgruppe<br />
„Kartenterminals“ des TeleTrusT als multifunktionale Kartenterminals (MKT) für das<br />
Gesundheitswesen erarbeitet und spezifiziert. Erste Prototypen wurden bereits vorgestellt<br />
und sind <strong>im</strong> Einsatz. Derzeit beschäftigt sich <strong>der</strong> genannte TeleTrusT Arbeitskreis mit <strong>der</strong><br />
Spezifikation einer Universellen Kartenterminal Schnittstelle (UCTS).<br />
30
Integrierte Gesundheitsnetze<br />
3.4.5 Weiterentwicklung interoper<strong>ab</strong>ler Inhalts-Schnittstellen<br />
Die positive Grundtendenz heute et<strong>ab</strong>lierter Inhaltsschnittstellen in <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gelassenen<br />
Praxis darf nicht darüber hinweg täuschen, daß diese xDT-Datensatzbeschreibungen<br />
weiterentwickelt werden müssen, stellen sie doch aus Sicht eines künftig weltweiten Kommunikationsbedarfs<br />
eine deutsche Insellösung für die ärztliche Praxis dar. Es ist <strong>ab</strong>sehbar,<br />
daß entwe<strong>der</strong> eine ISO-Normierung vorgenommen werden muß o<strong>der</strong> entsprechende<br />
Austauschprogramme für die Konvertierung in an<strong>der</strong>e Inhaltsschnittstellen geschaffen<br />
werden müssen. Der Aufbau <strong>der</strong> xDT-Schnittstellen läßt dies problemlos zu. Analoge<br />
Überlegungen und Initiativen gibt es auch für den klinischen Sektor und entsprechende<br />
Kommunikationsstandards wie HL-7, EDIFACT o<strong>der</strong> die SGML/XML/HTML-Spezifikationen.<br />
Netzwerklösungen müssen auf internationalen Standards basieren, um einerseits<br />
Investitionssicherheit sowie Freiheit bei <strong>der</strong> Produktentscheidung zu gewährleisten und<br />
zum an<strong>der</strong>en einen ausreichend großen Markt für ein entsprechendes „Return on<br />
Investment“ für die Industrie zu bieten. Die Hersteller <strong>der</strong> Praxiscomputer-Syteme und<br />
Krankenhaus-Informations-Systeme benötigen eindeutige Vorg<strong>ab</strong>en, um noch fehlende<br />
Kommunikationslücken zu schließen und langfristig in entsprechende Schnittstellen-<br />
Lösungen investieren zu können.<br />
3.4.6 Nächste Schritte<br />
Die aktuelle Abst<strong>im</strong>mungsarbeit für eine notwendige Weiterentwicklungen <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
belegt eindrücklich, wie wichtig und bedeutsam eine Grundsatzentscheidung<br />
aller am Gesundheitswesen Beteiligten wäre, sich für den ausschließlichen Einsatz et<strong>ab</strong>lierter<br />
Konformitätsstandards weltweit, europaweit zumindest deutschlandweit zu engagieren.<br />
Durch un<strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mte Einzelprojekte auf <strong>der</strong> Basis proprietärer Lösungen entstehen<br />
<strong>im</strong>mer noch vermeidbare Kosten und Medienbrüche.<br />
Als Max<strong>im</strong>e darf daher gelten, daß nur dort Entscheidungen für einen „Alleingang“ <strong>im</strong><br />
Gesundheitswesen gefällt werden, wo dies ausgehend von gesetzlichen Regelungen<br />
o<strong>der</strong> sonstigen Vorschriften zwingend geboten ist. Selbst dann muß nur selten wirklich<br />
eine Neuentwicklung eigener de facto - Standards eingeleitet werden, da auch hier in <strong>der</strong><br />
Regel eine Festlegung auf bekannte und taugliche Alternativen o<strong>der</strong> Standardkomponenten<br />
auf <strong>der</strong> Basis von Funktionalitäts-Entscheidungen möglich ist.<br />
Ausgehend von dieser Erkenntnis wurde <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> letzten Tätigkeiten <strong>der</strong> Themengruppe<br />
„Medizinische Netze“ die Identifizierung vorhandener Standards, Normen und<br />
Alternativen für die verschiedenen technologischen Plattformen und Kommunikationsebenen<br />
<strong>im</strong> Gesundheitswesen vereinbart und die Erarbeitung einer umfassenden<br />
Beschreibung eingeleitet. Nach entsprechenden Kommunikations- und Bedrohungs-<br />
31
Integrierte Gesundheitsnetze<br />
analysen kann dann identifiziert werden, wo noch Handlungsbedarf bezüglich <strong>der</strong> zu<br />
verwendenden Standards und/o<strong>der</strong> entsprechen<strong>der</strong> Regelungen besteht. Unbestritten ist,<br />
daß die Schaffung und <strong>der</strong> Ausbau rechtlicher, technischer und organisatorischer<br />
Rahmenbedingungen, d.h. „Policies“ bzw. Verantwortlichkeiten, eine wesentliche<br />
Aufg<strong>ab</strong>e für die Trägerorganisationen <strong>der</strong> Kommunikationspartner <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
darstellt.<br />
32
4 Telematikplattform:<br />
Ansatz, Komponenten, Funktionen<br />
und Schritte zu ihrer Realisierung 1<br />
4.1 Zur aktuellen Situation<br />
Sowohl in den <strong>Ergebnisse</strong>n dieser Arbeitsgruppe „Telematik-Anwendungen <strong>im</strong> Gesundheitswesen“<br />
als auch in an<strong>der</strong>en in diesen Monaten veröffentlichten Analysen wird nicht<br />
nur das beson<strong>der</strong>e Potential betont, das in <strong>der</strong> Gesundheitstelematik für eine bessere<br />
Effektivität und Effizienz <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung schlummert, son<strong>der</strong>n auch gleichfalls<br />
<strong>der</strong> Stand des Telematikeinsatzes <strong>im</strong> Gesundheitswesen beklagt. Im Wi<strong>der</strong>spruch zu<br />
den vielfältigen Bemühungen in Pilotprojekten <strong>der</strong> Versorger und zu Angeboten aus <strong>der</strong><br />
Industrie steht die geringe Durchdringung des Versorgungsalltages mit Telematikanwendungen.<br />
Ein breiter Einsatz sei vor allem durch betriebsinterne Medienbrüche (Probleme<br />
bei <strong>der</strong> Übernahme von Daten/Signalen/Bil<strong>der</strong>n in an<strong>der</strong>e Anwendungen) sowie durch<br />
(vor allem technische) Barrieren in <strong>der</strong> Kommunikation zwischen Versorgern behin<strong>der</strong>t.<br />
In den <strong>Unterarbeitsgruppe</strong>n wurden darüber hinaus weitere technische und organisatorische<br />
Problembereiche identifiziert, von denen die folgenden acht hier kurz genannt<br />
werden sollen, um die Komplexität <strong>der</strong> Probleme zu charakterisieren, die zur breiten<br />
Umsetzung <strong>der</strong> Telematik anzugehen sind.<br />
• Systeme, die zur Patientenbehandlung eingesetzt werden, müssen bezüglich<br />
des Datenschutzes den allgemeinen gesetzlichen Vorg<strong>ab</strong>en und insbeson<strong>der</strong>e<br />
auch den Geboten <strong>der</strong> ärztlichen Schweigepflicht genügen.<br />
• Bei <strong>der</strong> Datenübertragung müssen Sen<strong>der</strong> und Empfänger zweifelsfrei identifiziert<br />
werden können (z.B. Health Professional Card).<br />
• Bei <strong>der</strong> Fernübertragung von Daten müssen Integrität und Verläßlichkeit <strong>der</strong><br />
Daten sowie ein Schutz vor fremden Zugriffen gewährleistet werden.<br />
• Programmaufbau und -<strong>ab</strong>lauf müssen auf die praktischen Bedürfnisse <strong>der</strong><br />
Patientenbehandlung <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mt sein. Der Einsatz muß durch praxisbezogene<br />
organisatorische Maßnahmen begleitet werden.<br />
• Die Anwendung telematikgestützter Dienste <strong>im</strong> Gesundheitswesen sollte bei<br />
<strong>der</strong> Festlegung von Regeln für die ärztliche Berufsausübung und für die<br />
Vergütung ärztlicher Leistungen ausreichend bedacht werden.<br />
• Telematikgestützte Dienste benötigen Investitionen in eine mo<strong>der</strong>ne EDV-<br />
Hardware und Software. Ergänzende organisatorische Umstrukturierungen<br />
1 Autoren: Wilhelm van E<strong>im</strong>eren, Walter Hohberg
Telematikplattform<br />
müssen rechtzeitig bedacht und in einem Finanzierungskonzept ausreichend<br />
berücksichtigt werden.<br />
• Konzepte für die Refinanzierung von Investitionskosten und die Finanzierung<br />
<strong>der</strong> laufenden Kosten bei den ambulanten o<strong>der</strong> stationären Leistungserbringern<br />
müssen unter angemessener Berücksichtigung von Effizienzgewinnen<br />
mit den Kostenträgern verhandelt werden.<br />
• Einsparungsmöglichkeiten, die sich aus dem Wegfall obsoleter Maßnahmen<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Möglichkeit, Diagnose- und Behandlungsmaßnahmen preisgünstiger<br />
zu erbringen, ergeben, sind auszuweisen und unter Berücksichtigung <strong>der</strong><br />
Interessen <strong>der</strong> Leistungserbringer, <strong>der</strong> Patienten und <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />
konsequent zu nutzen.<br />
4.2 Aktionsforum für Telematik <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
N<strong>im</strong>mt man diese und ähnliche Anfor<strong>der</strong>ungen an die Leistungsfähigkeit medizinischer<br />
Telematik-Systeme nur punktuell in Angriff, läuft man Gefahr, die Fragmentierung <strong>der</strong><br />
Informationslage <strong>im</strong> Prozeß <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung zu verschärfen statt zu mil<strong>der</strong>n.<br />
Hinzu kommt, daß viele Initiativen wegen <strong>der</strong> Hin<strong>der</strong>nisse <strong>im</strong> Vorfeld eingestellt werden<br />
o<strong>der</strong> sich mit einem kleinen Markt zufrieden geben. Es ist deshalb dringend erfor<strong>der</strong>lich,<br />
inhaltliche, technische, wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen<br />
und weiter zu entwickeln, die Verhaltenssicherheit über die <strong>im</strong> Gesundheitssystem<br />
allgemein akzeptierten Standards und <strong>der</strong>en Gültigkeitsbereich erzeugen. Dies gilt jedenfalls,<br />
soweit diese Standards <strong>der</strong> elektronischen Kommunikation medizinischer und<br />
medizinadministrativer Inhalte zwischen verschiedenen Anwendungen eines Versorgers<br />
o<strong>der</strong> zwischen Versorgern eines Patienten/Versicherten dienen. Um sich darüber zu<br />
einigen, ist eine umfassende Partnerschaft aus Körperschaften des Gesundheitswesens,<br />
<strong>der</strong> Kommunikations- und Informatikindustrie, Informationsanbietern und <strong>der</strong> Wissenschaft<br />
nötig. Es geht d<strong>ab</strong>ei nicht darum, spezielle Partnerschaften o<strong>der</strong> Wettbewerb zu<br />
verhin<strong>der</strong>n, son<strong>der</strong>n über geordnete Rahmenbedingungen <strong>der</strong>en technologische<br />
Verträglichkeit <strong>im</strong> Gesamtsystem zu sichern, somit eigentlich: Wettbewerb zum Wohle<br />
des Verbrauchers zu erleichtern. Diese Partnerschaft braucht eine verläßliche organisatorische,<br />
finanzielle und rechtliche Gestalt, um erfolgreich und dauerhaft wirken zu<br />
können.<br />
Deshalb wird vorgeschlagen, ein nationales Aktionsforum für Telematik <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
einzurichten, das durch seine Zusammensetzung und Trägerschaft die zentrale<br />
Kompetenz für Telematik-Standards in sich vereinigt und die spartenübergreifende<br />
Konsensbildung sicherstellt.<br />
Beteiligte eines Aktionsforums müssen mindestens<br />
• Ärzteschaft<br />
• Apotheker<br />
34
Telematikplattform<br />
• Krankenhäuser<br />
• Krankenkassen<br />
• Medizininformatik und<br />
• IT-Industrie<br />
sein. Hinzu kommen sollten, ggf. nur zu best<strong>im</strong>mten Anwendungen, <strong>ab</strong>er auch weitere<br />
potentielle Kooperationspartner wie Verlage und an<strong>der</strong>e Informationsanbieter, Pharmaindustrie<br />
und Medizintechnikindustrie sowie Vertreter <strong>der</strong> Wissenschaft in <strong>der</strong> Medizininformatik.<br />
Zusammensetzung und Entscheidungsstrukturen sollten innovationsfreundlich<br />
sein, um ein ausgleichendes Gegengewicht zu den tendenziell konservierenden<br />
herkömmlichen Abst<strong>im</strong>m- und Vertragsstrukturen des Gesundheitswesens bilden zu<br />
können.<br />
Das Aktionsforum soll neue Lösungsansätze für die Informationstechnologie und Vernetzung<br />
<strong>im</strong> Gesundheitswesen entwickeln und bewerten. Durch die organisierte Zusammenarbeit<br />
<strong>der</strong> Betroffenen können frühzeitig Standards für gemeinsame Aufg<strong>ab</strong>en et<strong>ab</strong>liert<br />
und durch die Integration <strong>der</strong> Industrie Produkte kommerziell verfügbar gemacht werden.<br />
Im Gegensatz zu den Normierungsgremien wie DIN-, EN- o<strong>der</strong> ISO-Ausschüssen muß es<br />
dem Aktionsforum nicht um gleichsam rechtsverbindliche Normsetzung, son<strong>der</strong>n um die<br />
faktische Durchsetzung von Standards gehen, so daß Lösungen beschleunigt und<br />
ökonomischer Nutzen eher realisiert werden kann.<br />
4.3 Weiterer organisatorischer Hintergrund für die Telematik<br />
<strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
4.3.1 Normierungsgremien<br />
Neben dem Aktionsforum, das Ideenbörse ist und gemeinsame Ziele und Standards<br />
vorgibt, bestehen die nationalen und internationalen Normungsgremien, in denen das<br />
deutsche Gesundheitswesen bisher nur relativ schwach vertreten ist.<br />
Im Hinblick auf weitere, vor allem europäische Zusammenarbeit sollte auch das deutsche<br />
Gesundheitswesen technische Konformität mit internationalen Normen anstreben und<br />
seine Kompetenz in die Normenausschüsse einbringen.<br />
4.3.2 Produktzertifizierung<br />
Der Wettbewerb ist wesentliches Antriebselement unserer Wirtschaft. Mangelhafte o<strong>der</strong><br />
nicht kompatible Produkte in einem vernetzten System führen zu Fehlersituationen, die in<br />
einem rechtlich hoch sensiblen Umfeld nicht akzept<strong>ab</strong>el sind. Ein Weg zu mehr Qualität<br />
führt über die Zertifizierung von Produkten durch eine neutrale Stelle. Zertifizierungen<br />
unterschiedlicher rechtlicher Qualität werden in Einzelbereichen (Praxiscomputer-<br />
35
Telematikplattform<br />
Systeme, Abrechnungsdatenaustausch,...) praktiziert und von den Software-Häusern zur<br />
Verbesserung ihrer Wettbewerbsposition gern in Anspruch genommen. Eine neutrale<br />
Zertifizierungsinstanz <strong>im</strong> Umfeld des Gesundheitswesens kann die Einführungsphase<br />
neuer Techniken erheblich beschleunigen und die Kosten für Fehlerbehebung und<br />
Wartung <strong>der</strong> Produkte deutlich reduzieren.<br />
4.3.3 Trusted Third Parties<br />
Die Verg<strong>ab</strong>e von Schlüsselzertifikaten, das Sperrlistenmanagement korrumpierter<br />
Schlüssel, die Verwaltung von Pseudonymen und ähnliche Aufg<strong>ab</strong>en können nicht von<br />
den Mitglie<strong>der</strong>n eines Kommunikationssystems wahrgenommen werden, son<strong>der</strong>n<br />
gehören zu den Aufg<strong>ab</strong>en von Trusted Third Parties. Erste praktische Beispiele sind die<br />
Schlüssel-Zertifizierungsstellen <strong>der</strong> ITSG (Informationstechnische Service-Stelle <strong>der</strong> GKV<br />
GmbH) und <strong>der</strong> DKTIG (Deutsche Krankenhaus TrustCenter und Informationstechnologie<br />
GmbH). Der Modellversuch QuasiNiere geht für die Pseudonymisierung den Weg über<br />
ein Notariat.<br />
Aufg<strong>ab</strong>en wie Trust Center o<strong>der</strong> Zertifizierungsstellen müssen zum Zweck <strong>der</strong> Neutralität<br />
nicht von außenstehenden Dritten wahrgenommen werden, wenn die Interessengruppen<br />
gemeinsame Organisationen gründen. Die Vorreiterrolle des Gesundheitssystems auf<br />
dem Gebiet <strong>der</strong> Trust Center-Organisation kann durch die Ausweitung <strong>der</strong> Trägerorganisationen<br />
weiter gestützt werden.<br />
4.4 Anfor<strong>der</strong>ungsspektrum<br />
In diesen und den folgenden Abschnitten 4.5 bis 4.8 wird noch einmal in etwas größeren<br />
Details auf die Hintergründe eingegangen, die das Aufg<strong>ab</strong>enprofil des zu gründenden<br />
Forums ausmachen. Zunächst soll in 4.4.1 bis 4.4.5 noch auf die wichtigsten Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
eingegangen werden.<br />
4.4.1 Netztechnik<br />
Die EDV-Systeme <strong>der</strong> <strong>im</strong> Gesundheitswesen handelnden Personen und Institutionen:<br />
• nie<strong>der</strong>gelassene Ärzte und Zahnärzte,<br />
• Krankenhäuser,<br />
• Apotheker,<br />
• Krankenkassen,<br />
• Kassen(zahn)ärztliche Vereinigungen,<br />
• an<strong>der</strong>e<br />
benötigen eine einfach zugängliche, kostengünstige gemeinsame netztechnische Infrastruktur.<br />
36
Telematikplattform<br />
4.4.2 Sicherheitssystem<br />
Die be<strong>im</strong> Arzt entstehenden Gesundheitsdaten gehören zum sensibelsten Persönlichkeitsbereich<br />
<strong>der</strong> Patienten. Mündige, verantwortlich handelnde Patienten sollten den<br />
Zugriff auf ihre Daten selbständig steuern können. Die Daten müssen sowohl während<br />
<strong>der</strong> Speicherung in den DV-Systemen als auch auf dem Übertragungswege gegen<br />
Ausspähung und Verän<strong>der</strong>ung geschützt und für den berechtigten Zugriff schnell<br />
verfügbar gehalten werden. Elektronische Daten müssen <strong>Dokument</strong>enkraft bekommen<br />
und unverfälschbar sein.<br />
4.4.3 Standardisierung und Interoper<strong>ab</strong>ilität<br />
In unserem offenen Technologiemarkt gibt es eine Vielfalt von konkurrierenden<br />
Systemen, die bei Telematikanwendungen zusammenarbeiten müssen. Die Interoper<strong>ab</strong>ilität<br />
verfügbarer Produkte und Systeme ist deshalb eine wesentliche Voraussetzung für<br />
den Aufbau einer funktionsfähigen Kommunikationsplattform.<br />
Interoper<strong>ab</strong>ilität zwischen Systemen wird technisch durch die Verwendung einheitlicher<br />
Kommunikationsstandards erreicht. Darüber hinaus ist inhaltlich eine Standardisierung<br />
<strong>der</strong> Terminologie erfor<strong>der</strong>lich, die sowohl die Bezeichnungsweise, die Definition <strong>der</strong><br />
Inhalte medizinischer Termini und <strong>der</strong> zwischen diesen bestehenden Beziehungen<br />
umfaßt. Die standardisierte Terminologie ist über Terminologieserver in Data Dictionaries<br />
generell bereitzustellen.<br />
4.4.4 Organisatorische und ökonomische Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
Um nicht nur die technische, son<strong>der</strong>n auch die praktische Machbarkeit neuer Systeme zu<br />
gewährleisten, sind eine Reihe weiterer Anfor<strong>der</strong>ungen zu erfüllen, die insbeson<strong>der</strong>e auf<br />
die Akzeptanz durch Patienten und Mitarbeiter <strong>im</strong> Gesundheitssektor Einfluß h<strong>ab</strong>en.<br />
Große Systeme sollen stufenweise einführbar sein und schon zu einem frühen Zeitpunkt<br />
einen unmittelbaren Nutzen für die Anwen<strong>der</strong> bewirken.<br />
Die Telematik muß sich weitestmöglich in den Erfahrungshorizont insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Ärzte<br />
einordnen, so daß bei Einführung neuer Verfahren nur langsame Verhaltensän<strong>der</strong>ungen<br />
vom Anwen<strong>der</strong> erwartet werden.<br />
Gesetze und Verträge müssen neue Techniken berücksichtigen. Diese werden jedoch<br />
nur dann durchsetzbar sein, wenn sie sich in die grundsätzliche Rechtssystematik<br />
einordnen lassen.<br />
37
Telematikplattform<br />
4.4.5 Institutionalisierung<br />
Effizienter Telematikeinsatz setzt die Zusammenarbeit vieler Betroffener voraus, die an<br />
<strong>der</strong> Zieldefinition beteiligt werden müssen. Die Diskussion <strong>der</strong> beteiligten Gruppen sollte<br />
daher dauerhaft institutionalisiert werden, um eine dynamische Entwicklung zu<br />
ermöglichen.<br />
Die Standardisierung von Systemen, Beteiligung an <strong>der</strong> Normierung, Zertifizierung <strong>der</strong><br />
Interoper<strong>ab</strong>ilität und Trusted Third Party-Services können nur von allseits akzeptierten<br />
Organisationen effektiv wahrgenommen werden. Heute sind nur Teilaspekte sichergestellt.<br />
4.5 Technologischer Handlungsbedarf<br />
4.5.1 Netztechnik<br />
Netztechnik ist heute selbst <strong>im</strong> privaten Umfeld allgemein verbreitet, und auch <strong>im</strong><br />
Gesundheitswesen ist die Übermittlung von Informationen über öffentliche Netze längst<br />
Wirklichkeit. Ein sehr schneller Einstieg ist hier möglich, weil mit dem Internet eine überall<br />
verfügbare Technik mit Industriestandards als Quasi-Norm für die Benutzerschnittstellen<br />
existiert.<br />
Ungeschützte Internet-Technik bietet die in <strong>der</strong> Öffentlichkeit bekannten Möglichkeiten<br />
von Angriffen auf die sensiblen Daten angeschlossener Rechnersysteme, die durch<br />
entsprechende Sicherheitssysteme <strong>ab</strong>gefangen werden müssen.<br />
Die Dienste des Internets als Basisinfrastruktur für die Vernetzung entfernter Partner<br />
scheinen heute für die meisten Anwendungen die Technik <strong>der</strong> Wahl zu sein, die auch den<br />
geringsten Investitionsbedarf mit sich bringt. Gerade angesichts sehr differenzierter<br />
Sicherheitsanfor<strong>der</strong>ungen werden Intranetzwerke für geschlossene Benutzergruppen die<br />
Technik ergänzen.<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Netztechnik in hinreichen<strong>der</strong> Leistungsfähigkeit<br />
heute zur Verfügung steht.<br />
4.5.2 Sicherheitstechnik<br />
Die Funktionssicherheit von Rechnersystemen und die Vertraulichkeit von Daten werden<br />
durch unberechtigte Zugriffe über das Internet bedroht, gegen die geeignete Schutzmaßnahmen<br />
(z.B. Firewalls) getroffen werden müssen. Mindeststandards für Schutzsysteme<br />
müssen sich am Stand <strong>der</strong> Technik, an <strong>der</strong> kommerziellen Verfügbarkeit und <strong>der</strong><br />
ökonomischen Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> orientieren und fortgeschrieben werden.<br />
38
Telematikplattform<br />
Sichere Telematikanwendungen erfor<strong>der</strong>n die flächendeckende Einführung von Verschlüsselung<br />
und digitaler Signatur, und damit von Health Professional Cards, sowie<br />
darauf <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mter Kryptosoftware mit komfort<strong>ab</strong>len Benutzeroberflächen. Diese<br />
Technik ist heute mit Einschränkungen kommerziell verfügbar; bei Aufbau eines großen<br />
Marktes wird sich das Angebot sehr schnell ausweiten.<br />
Als Einstieg in die Kryptotechnik sind <strong>im</strong> Rahmen des Abrechnungsdatenaustauschs<br />
zwischen Leistungserbringern und gesetzlichen Krankenkassen gemeinsam mit den<br />
Software-Herstellern Übermittlungsstandards beschrieben, Trust Center eingerichtet und<br />
Systeme installiert worden. Die organisatorische Ausprägung erfüllt heute noch nicht alle<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen des Signaturgesetzes, ist <strong>ab</strong>er ohne Verlust <strong>der</strong> getätigten Investitionen<br />
entsprechend ausbaubar.<br />
4.6 Standardisierung<br />
4.6.1 Netztechnik<br />
Durch die weite Verbreitung <strong>der</strong> Netzdienste h<strong>ab</strong>en sich Standards weitgehend et<strong>ab</strong>liert.<br />
4.6.2 Sicherheitstechnik<br />
Heute sind verschiedene kryptographische Verfahren in <strong>der</strong> Diskussion und es gibt<br />
unterschiedliche, untereinan<strong>der</strong> nicht kompatible Produkte. Der runde Tisch zwischen<br />
Verbänden des Gesundheitswesens und Herstellern von Kryptoprodukten hat erste<br />
Standardschnittstellen festgelegt, die die Interoper<strong>ab</strong>ilität <strong>der</strong> Produkte gewährleisten.<br />
Dieser Prozeß muß be<strong>im</strong> Ausbau des Systems hin zu Krypto-Karten / Health Professional<br />
Cards und <strong>der</strong> damit verbundenen Bindung von Schlüsselpaaren an natürliche Personen<br />
fortgesetzt werden.<br />
4.6.3 EDI-Strukturen<br />
Electronic Data Interchange (EDI) setzt eine funktionierende Übertragungs- und Sicherheitstechnik<br />
voraus. Kommunikationsstandards gewährleisten, daß Daten automatisch<br />
weiterverarbeitet werden können. Mit einer Vereinheitlichung <strong>der</strong> Terminologie kann auch<br />
eine gleichartige Interpretation <strong>der</strong> Dateninhalte erreicht werden. Sowohl bei Kommunikationsstandards<br />
als auch in Data Dictionaries müssen kontinuierliche, nur geringe Kosten<br />
verursachende Erweiterungen möglich sein.<br />
Derzeit werden Kommunikationsstandards mit unterschiedlichen Austauschformaten <strong>im</strong><br />
Bereich <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte (xDT-Format), <strong>der</strong> Krankenhäuser (HL 7) sowie<br />
zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen (EDIFACT o<strong>der</strong> EDIFACT-ähnlich)<br />
angewendet. Eine Vereinheitlichung dieser Austauschformate auf <strong>der</strong> Basis internationaler<br />
Standards ist langfristig anzustreben.<br />
39
Telematikplattform<br />
4.6.4 <strong>Dokument</strong>ationsstrukturen<br />
Die Vernetzung von dezentral vorgehaltenen Patientendaten zu virtuellen Patientenakten<br />
erfor<strong>der</strong>t nicht nur Standardisierung auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Übertragungsstrukturen son<strong>der</strong>n<br />
bereits bei <strong>der</strong> <strong>Dokument</strong>ation des Arztes. Die Vereinbarung von Mindeststandards für die<br />
<strong>Dokument</strong>ation wird insbeson<strong>der</strong>e auch für Aufg<strong>ab</strong>en des Qualitätsmanagements<br />
notwendig sein.<br />
4.7 Interoper<strong>ab</strong>ilität<br />
Kommunikationsstandards sind erste Voraussetzungen für die Verknüpfung von EDV-<br />
Systemen. Diese müssen so weiterentwickelt werden, daß sie leicht an unterschiedliche<br />
Kommunikationsbedürfnisse angepasst werden können, daß sie einer „Plug and Play“<br />
Implementierung möglichst nahe kommen. Schwierigkeiten bereiten heute oft die<br />
adäquaten Repräsentationen von Beziehungen zwischen Dateninhalten und die noch<br />
unzureichende Standardisierung <strong>der</strong> Terminologie. In beiden Bereichen sind deshalb<br />
umfangreiche Aktivitäten zu entfalten, damit Abst<strong>im</strong>mprozesse auf <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong>ebene,<br />
die den Aufwand bei Implementierungen erheblich erhöhen, so gering wie möglich<br />
gehalten werden können.<br />
4.8 Rechtliche Rahmenbedingungen<br />
4.8.1 Datenschutz und Schweigepflicht<br />
Der Datenschutz <strong>im</strong> Gesundheitswesen ist durch die Schweigepflicht für Ärzte und<br />
Gesundheitsberufe (§203 StGB), Bundes- und Landes-Datenschutzgesetze sowie die<br />
Best<strong>im</strong>mungen <strong>im</strong> Sozialgesetzbuch geregelt.<br />
Der Zugriff auf Gesundheitsdaten kann durch die Einführung von Patientenkarten in<br />
weiteren Bereichen von den Patienten selbst gesteuert werden, so daß <strong>der</strong> Datenschutz<br />
hier effektiv gestärkt werden kann. Die Telemedizin ist weitgehend innerhalb <strong>der</strong><br />
vorhandenen rechtlichen Bedingungen realisierbar. Gleichwohl sind Anpassungen <strong>der</strong><br />
Rechtslage erfor<strong>der</strong>lich, insbeson<strong>der</strong>e müssen für eine Erweiterung <strong>der</strong> Funktionalität <strong>der</strong><br />
Krankenversichertenkarte die §§ 15, 291 SGB V geän<strong>der</strong>t werden.<br />
4.8.2 Beweiskraft elektronischer <strong>Dokument</strong>e<br />
Die Verläßlichkeit empfangener Daten und die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit <strong>der</strong><br />
Informationen hängen von <strong>der</strong> Unverfälschbarkeit und Nicht-Abstreitbarkeit <strong>der</strong> elektronischen<br />
<strong>Dokument</strong>e <strong>ab</strong>. Im Streitfall sind Ansprüche nur durchsetzbar, wenn die <strong>Dokument</strong>e<br />
ausreichende gerichtliche Beweiskraft besitzen. Der rechtlichen Unsicherheit in<br />
diesem Umfeld ist durch das Signaturgesetz begegnet worden, dessen Wirksamkeit sich<br />
in <strong>der</strong> Praxis bewähren muß.<br />
40
Anwendungsszenarien<br />
<strong>Ergebnisse</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Unterarbeitsgruppe</strong>n
5 Informationen für Bürger<br />
und Patienten<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an die Anwendungslösung<br />
• Alle Themenbereiche umfassendes medizinisches Gesundheits-Informationssystem<br />
für Bürger/Patienten<br />
• Mult<strong>im</strong>ediale Aufbereitung von medizinischen Inhalten für Laien<br />
• Navigationsstruktur zur leichten, selbsterklärenden Bedienung<br />
• Beson<strong>der</strong>e Berücksichtigung <strong>der</strong> Bedürfnisse älterer und behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />
einschließlich <strong>der</strong> verfügbaren Einrichtungen und Hilfsmittel<br />
Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung<br />
• Bessere Aufklärung <strong>der</strong> Patienten (Prävention, Vorbeugen statt Heilen)<br />
• Unnötige Arztbesuche vermeiden, notwendige Arztbesuche können <strong>ab</strong>er rechtzeitiger<br />
stattfinden<br />
• Lernen, mit <strong>der</strong> Krankheit umzugehen<br />
• Verbesserung <strong>der</strong> Lebensqualität <strong>der</strong> Patienten<br />
• Verbesserung <strong>der</strong> Compliance<br />
• Intensivierung <strong>der</strong> Arzt/Patientenbeziehung<br />
Beitrag zum Aufbau einer Telematikplattform<br />
• Gesundheitsinformationssystem als Plattform, die für alle medizinischen Informations-<br />
und Dienstanbieter offen ist<br />
• Kommunikationsforum zwischen Patienten und Ärzten sowie <strong>der</strong> Patienten<br />
untereinan<strong>der</strong><br />
Konkrete Empfehlungen <strong>der</strong> Autoren zur Umsetzung<br />
• Erstellung von Richtlinien und Qualitätsfor<strong>der</strong>ungen für die Inhalte und<br />
Darstellungen von Gesundheitsinformationssystemen<br />
• Schaffung einer Organisation zum Aufbau einer Gesundheitsplattform, in <strong>der</strong><br />
Fachleute, Selbsthilfegruppen, Laien, Redakteure interdisziplinär zusammenarbeiten<br />
• Klärung <strong>der</strong> Finanzierungsmöglichkeiten<br />
• Schaffung <strong>der</strong> Zugangsvoraussetzungen zu dem Gesundheits-Informationssystem<br />
über Internet, CD-ROM, öffentliche Terminals und Kommunikationseinrichtungen<br />
in Praxen, Kliniken, Gesundheitszentren, Krankenkassen und<br />
Apotheken<br />
• For<strong>der</strong>ung an die Informationsanbieter, universellen Zugang und Bedienbarkeit<br />
zu schaffen<br />
• Evaluierung, inwiefern Informationssysteme zur Verhaltensän<strong>der</strong>ung und<br />
Gesundheitsverbesserung <strong>der</strong> Bürger/Patienten beitragen<br />
• Verfahren zur Berechnung des volkswirtschaftlichen Effektes
Informationen für Bürger und Patienten<br />
5.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen<br />
<strong>Unterarbeitsgruppe</strong> „Informationen für Bürger und Patienten“ 1<br />
5.1.1 Ausgangslage - Bedarf<br />
Die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit einer Gesellschaft ist in starkem Maße vom<br />
größtmöglichen Wohlergehen aller - Gesun<strong>der</strong>, Behin<strong>der</strong>ter und Kranker - <strong>ab</strong>hängig. Bei<br />
<strong>der</strong> großen Zunahme medizinischen Wissens spielen <strong>im</strong> Gesundheitswesen deshalb<br />
systematisch und gut strukturierte, permanent verfügbare, umfassende und aktuelle<br />
Informationen eine <strong>im</strong>mer größere Rolle, um entscheiden zu können, welche Maßnahmen<br />
sinnvoll und notwendig, welche verzichtbar und welche gesundheitlichen Ziele eventuell<br />
auf an<strong>der</strong>e Weise erreichbar sind.<br />
Beson<strong>der</strong>s <strong>im</strong> Bereich des Vorbeugens statt Heilens, <strong>der</strong> Prävention, kann das Wissen<br />
um Körper und Gesundheit helfen, die Lebensqualität zu steigern. Speziell hier können<br />
Eigenleistungen die Kosten <strong>im</strong> Gesundheitswesen reduzieren.<br />
Auch den mehr als 8 Millionen körperlich o<strong>der</strong> geistig behin<strong>der</strong>ten Menschen könnte<br />
ein leistungsfähiges Gesundheitsinformationssystem helfen, wichtige Informationen<br />
zugänglich zu machen und den Anschluß an die Gesellschaft nicht zu verlieren. Auf die<br />
Herstellung <strong>der</strong> Chancengleichheit von Behin<strong>der</strong>ten h<strong>ab</strong>en sich nicht nur Deutschland<br />
(Artikel 3 GG), son<strong>der</strong>n auch die Staaten <strong>der</strong> UNO und <strong>der</strong> Europäischen Union<br />
verpflichtet (Resolution 46/96 <strong>der</strong> GV <strong>der</strong> UN; vgl. Vertrag von Amsterdam).<br />
Nach amerikanischen Untersuchungen (s. dazu auch Abschnitt 5.2.3.2) würden ein<br />
Großteil <strong>der</strong> Menschen, die das Gesundheitssystem nutzen, eigentlich keine ärztliche<br />
Betreuung brauchen, wenn sie nur ein wenig mehr über sich, über Gesundheit/Krankheit<br />
und ihren Körper Bescheid wüßten. An<strong>der</strong>erseits nehmen <strong>ab</strong>er zahlreiche Patienten das<br />
Gesundheitswesen viel zu spät in Anspruch, verursachen dadurch höhere Kosten,<br />
müssen mehr Schmerzen erleiden, h<strong>ab</strong>en schlechtere Genesungsvoraussetzungen und<br />
längere Genesungszeiten. So zeigt auch eine 1997 erstellte Studie [5] <strong>im</strong> zahnmedizinischen<br />
Bereich, daß ein großer thematisch sehr differenzierter Beratungsbedarf besteht<br />
und daß bei weitem nicht alle Bürger und Patienten durch Gespräche in <strong>der</strong><br />
Zahnarztpraxis erreicht werden. Ein großer Teil <strong>der</strong> Bürger (<strong>53</strong>,2%) geht nicht regelmäßig<br />
zum Zahnarzt, son<strong>der</strong>n nur wenn Schmerzen auftreten o<strong>der</strong> sie das Gefühl h<strong>ab</strong>en, daß<br />
etwas nicht in Ordnung ist. D<strong>ab</strong>ei können frühzeitig behandelte Defekte o<strong>der</strong> auch die<br />
sorgfältige Pflege <strong>der</strong> Zähne gravierende Spätfolgen wie Zahnverlust zu einem hohen<br />
Prozentsatz vermeiden.<br />
1 Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Unterarbeitsgruppe</strong> „Informationen für Bürger und Patienten“: vgl. Anhang<br />
44
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Gerade <strong>der</strong> Erfolg durch richtig erlernte Zahnpflege ist ein Beleg dafür, daß durch<br />
frühzeitige systematische Information und Aufklärung in Elternhaus, Kin<strong>der</strong>garten, Schule<br />
und Zahnarztpraxis gute Prävention erzielt werden kann. Dieses Beispiel ist auch auf<br />
viele an<strong>der</strong>e Bereiche <strong>im</strong> Gesundheitswesen bei entsprechen<strong>der</strong> Durchführung übertragund<br />
anwendbar (z.B. Information und Aufklärung über AIDS, gesunde Ernährung,<br />
Hautkrebs, ...) und spielt bei <strong>der</strong> <strong>im</strong>mer höheren Lebenserwartung und <strong>der</strong> Zunahme von<br />
chronischen Krankheiten eine wichtige Rolle.<br />
In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten wurde die Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens<br />
in vielen Bereichen verbessert, die ”Schnittstelle” zum Patienten jedoch<br />
vernachlässigt. Hier stehen Probleme wie<br />
• Zeitmangel seitens des medizinischen Personals,<br />
• Streßsituationen <strong>im</strong> Patienten-Arzt-Gespräch (z.B. werden die ärztlichen Ratschläge<br />
häufig deshalb nicht befolgt, weil <strong>der</strong> Patient die Äußerungen des<br />
Arztes aufgrund <strong>der</strong> knappen Zeit, <strong>der</strong> Fachsprache und <strong>der</strong> ungewöhnlichen<br />
Situation gar nicht verstehen o<strong>der</strong> behalten kann),<br />
• Nichteingehen auf individuelle Wissensstände und<br />
• mangelnde Präsentationsqualität<br />
<strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>grund. Insbeson<strong>der</strong>e mangelt es an je<strong>der</strong>zeit verfügbaren, (laien-)verständlichen<br />
Informationen zu jedem medizinischen Fachgebiet. Die Entstehung von Patienten-<br />
Selbsthilfeorganisationen ist zum großen Teil auf diesen Mangel zurückzuführen.<br />
Durch mult<strong>im</strong>ediale computerunterstützte Patienteninformation wäre es eher möglich,<br />
dem an medizinischen Inhalten interessierten Bürger und Patienten wesentliche Grundlagen<br />
zu vermitteln. Der Patient wird durch ein umfassendes medizinisches Informationssystem<br />
in die Lage versetzt, seine Eigenverantwortung besser wahrzunehmen und<br />
Entscheidungen über seine Gesundheit auch selbst zu treffen. Durch das Einbeziehen<br />
des Patienten in den Entscheidungs- und Genesungsprozeß kommt es zu einer<br />
Complianceverbesserung (z.B . auch <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Medikamenteninformation). Verständliche<br />
und umfassende Gesundheitsinformation ermöglicht eine bessere Schulung<br />
auch <strong>der</strong> chronisch Kranken, so daß sie mit ihrer ”Krankheit” besser umzugehen lernen,<br />
ihre Lebensqualität verbessert und teure Spätschäden vermieden o<strong>der</strong> gemin<strong>der</strong>t werden.<br />
Darüber hinaus erlaubt das Gesundheitsinformationssystem auch die Kommunikation<br />
zwischen Betroffenen, ihren Organisationen und den Spezialisten. Studien von Brody und<br />
Mitarbeitern h<strong>ab</strong>en gezeigt, daß aufgeklärte Patienten viel aktiver am Behandlungsprozeß<br />
teilnehmen und auch schneller wie<strong>der</strong> gesund werden [1]. Außerdem waren diese<br />
Patienten zufriedener mit ihrem Zustand und wiesen eine schnellere Lin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Symptome [3] auf. Auch an<strong>der</strong>e Studien bestätigten dies [2, 4].<br />
45
Informationen für Bürger und Patienten<br />
5.1.2 Handlungsempfehlungen<br />
Der Aufbau eines alle medizinischen Fachgebiete umfassenden Systems erfor<strong>der</strong>t<br />
erhebliche finanzielle Mittel und einen längeren Zeitraum. Zur Finanzierung sind unterschiedliche<br />
Modelle denkbar:<br />
• solidargemeinschaftlich<br />
• Stiftung<br />
• Verein<br />
• privatwirtschaftlich<br />
• För<strong>der</strong>gel<strong>der</strong><br />
An <strong>der</strong> Projektentwicklung beteiligt werden müssen alle Interessengruppen - Ärzteschaft,<br />
medizinische und technische Hilfsberufe, Kliniken, Rehazentren, Pharmakonzerne, Hilfsmittelproduzenten,<br />
Patientenorganisationen und Selbsthilfegruppen.<br />
Die Inhalte müssen stets auf den neuesten Erkenntnissen basieren und von kommerziellen<br />
Interessen frei sein. Das medizinische Informationssystem muß in sachlich<br />
fundierter Weise über komplementäre Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten informieren.<br />
Ein Hin<strong>der</strong>nis ist jedoch, daß ein noch viel zu kleiner Teil <strong>der</strong> Bevölkerung über<br />
entsprechende Hard- und Software verfügt und Nutzungskenntnisse fehlen.<br />
5.1.2.1 Laiengerechte Aufbereitung und Strukturierung von<br />
46<br />
Gesundheitsinformationen<br />
Inhalte für ein Gesundheitsinformationssystem müssen gut verständlich, aktuell und<br />
permanent verfügbar sein. Der Bürger muß die Möglichkeit h<strong>ab</strong>en, sich umfassend zu<br />
jedem beliebigen medizinischen Thema zu informieren. D<strong>ab</strong>ei ist auf folgende Punkte zu<br />
achten.<br />
• Interdisziplinäre Zusammenarbeit von Fachleuten, Selbsthilfegruppen und<br />
-organisationen, Laien und Redakteuren bei <strong>der</strong> Informationserstellung.<br />
• Informationen müssen wissenschaftlich und praktisch <strong>ab</strong>gesichert, fundiert,<br />
anschaulich und praxisnah und nicht durch Werbung beeinflußt sein. Eine<br />
wissenschaftliche Begleitung, Qualitätssicherung und Wirkungsanalyse<br />
(Technikfolgen<strong>ab</strong>schätzung) ist zwingend notwendig.<br />
• Laienverständliche Darstellung in Text, Bil<strong>der</strong>n und Bewegtbil<strong>der</strong>n.<br />
• Nutzung aller mult<strong>im</strong>edialen Informationsmöglichkeiten. Klare strukturelle<br />
Vorg<strong>ab</strong>en für die Autoren zur Bearbeitung <strong>der</strong> Inhalte <strong>im</strong> Hinblick auf eine<br />
leichte Navigation <strong>im</strong> Gesundheitsinformationssystem.<br />
• Einrichtung exzellenter Suchfunktionen zum einfachen Auffinden <strong>der</strong> den<br />
Einzelnen interessierenden Inhalte.<br />
• Durch internationale Zusammenarbeit können Aufwendungen min<strong>im</strong>iert,<br />
Bestehendes integriert und Erfahrungen ausgetauscht werden.
Informationen für Bürger und Patienten<br />
• Für behin<strong>der</strong>te Menschen müssen die Informationen in einer angemessenen<br />
Textform angeboten werden, so daß auch Sehbehin<strong>der</strong>te bzw. Blinde,<br />
Hörgeschädigte, sowie Menschen mit verschiedenen ausgeprägten<br />
motorischen Störungen in <strong>der</strong> Lage sind, sie zu nutzen.<br />
• Eine Individualisierung <strong>der</strong> vorhandenen Informationen sollte möglich sein z.B.<br />
durch spezielle Risikobewertung, ”Gesundheits-Checks”, Prüfung auf<br />
Arzne<strong>im</strong>ittelunverträglichkeiten o<strong>der</strong> praktische ”Was tue ich, wenn....- Tips.<br />
5.1.2.2 Schaffung von Zugangsvoraussetzungen<br />
Folgende Punkte sollten d<strong>ab</strong>ei beachtet werden:<br />
Verfügbarkeit (Strukturfragen):<br />
Breite Zugangsmöglichkeiten zu den angebotenen Informationen 24 Stunden pro Tag,<br />
un<strong>ab</strong>hängig vom Aufenthaltsort sollten gegeben sein. Voraussetzung hierfür ist ein<br />
preiswertes o<strong>der</strong> multifunktionales, ggf. mobil einsetzbares Endgerät, das einfach<br />
bedienbar ist und eine aktive Nutzung <strong>der</strong> komplexen gespeicherten Informationen<br />
ermöglicht.<br />
Die Arbeitsgruppe hat hierfür folgende Geräte und Zugangsmöglichkeiten identifiziert, die<br />
den gefor<strong>der</strong>ten Punkten entsprechen:<br />
Zugangsmöglichkeit für Bürger von zu Hause aus:<br />
• Internet (bei entsprechen<strong>der</strong> Verfügbarkeit in <strong>der</strong> Bevölkerung ideal, auch<br />
wenn <strong>der</strong>zeit die Mult<strong>im</strong>edialität aufgrund <strong>der</strong> Bandbreite noch eingeschränkt<br />
ist. PC o<strong>der</strong> Fernseher kann mit entsprechen<strong>der</strong> Aufrüstung ebenfalls dafür<br />
eingesetzt werden.)<br />
• CD-ROM (Hohe Mult<strong>im</strong>edialität, <strong>ab</strong>er regelmäßiger Updateaufwand, um die<br />
Informationen aktuell zu halten, PC notwendig, ideal für große Datenvolumina,<br />
Distributionskanäle notwendig)<br />
Zugangsmöglichkeiten an öffentlichen Plätzen zusammen mit an<strong>der</strong>en Informationen<br />
(z.B. Bürger-, Stadtinformationsstellen) sollten geschaffen werden:<br />
• Öffentliche Internetzugänge (noch zu hohe Gerätekosten, <strong>der</strong>zeit noch hohe<br />
laufende Kosten durch Onlinegebühren)<br />
• Informationssäulen mit Touchscreen für die einfache Bedienung (hohe<br />
Mult<strong>im</strong>edialität, einfache Bedienung, <strong>ab</strong>er hohe Gerätekosten, hoher<br />
Pflegeaufwand)<br />
Es sollte bei öffentlichen Plätzen <strong>im</strong>mer auf eine behin<strong>der</strong>tengerechte Zugangsmöglichkeit<br />
geachtet werden.<br />
Zugangsmöglichkeiten in Praxen, Kliniken, Gesundheitszentren, Krankenkassen<br />
o<strong>der</strong> Apotheken:<br />
• Internetzugänge (hohe Gerätekosten, hohe laufende Kosten durch Onlinegebühren)<br />
47
Informationen für Bürger und Patienten<br />
• Informationssäulen mit Touchscreen für die einfache Bedienung (hohe<br />
Mult<strong>im</strong>edialität, einfache Bedienung, <strong>ab</strong>er hohe Gerätekosten, hoher Pflegeaufwand).<br />
Warum an<strong>der</strong>e Maßnahmen neben PC und Internet durchaus in Betracht gezogen<br />
werden müssen, zeigen folgende Zahlen zur <strong>der</strong>zeitigen noch eingeschränkten PC-<br />
Infrastruktur in deutschen Haushalten: In ca. 23 % <strong>der</strong> deutschen Haushalte ist ein PC<br />
vorhanden (Westdeutschland 26%, Ostdeutschland 21%), d.h. ca. 12.5 Mio. PCs. Fast<br />
die Hälfte davon (45% (6 Mio.) - Tendenz steigend) h<strong>ab</strong>en ein CD-ROM Laufwerk. Ein<br />
Sechstel <strong>der</strong> Rechner hat <strong>der</strong>zeit ein Modem (17%, 2.2 Mio. Stück) und ist damit<br />
grundsätzlich Internetfähig. Da neben besteht für viele Bürger heute schon die<br />
Möglichkeit am Arbeitsplatz auf das Internet zugreifen zu können.<br />
Navigation:<br />
Bei dem Aufbau <strong>der</strong> Navigation sind folgende Punkte zu beachten:<br />
Präsentation:<br />
• Einfache Bedienung<br />
• Schnelle, selbsterklärende Navigation <strong>im</strong> Informationssystem<br />
• Vermeidung des ”Lost-in-Hyperspace-Effekts” durch klare Strukturierung und<br />
durchgängige Navigation<br />
• Interaktivität: Die Benutzer müssen Tempo und Informationsauswahl zur<br />
Anpassung an die eigenen Bedürfnisse selbst best<strong>im</strong>men können.<br />
• Mehrere Möglichkeiten des Informationszugangs (<strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Gesundheit<br />
z.B. über Stichwort, über Topographie, über Symptom o<strong>der</strong> über medizinisches<br />
Fachgebiet)<br />
• Freitextsuchmöglichkeiten<br />
• Die Gestaltung sollte optisch ansprechend und gleichzeitig die Informationsaufnahme<br />
für Behin<strong>der</strong>te ermöglichen.<br />
• Mult<strong>im</strong>edialität für besseren Informationstransfer und größere Anschaulichkeit.<br />
• Die Beschreibungen und Erklärungen müssen in Laiensprache erfolgen.<br />
Gleichzeitig muß auch <strong>der</strong> Sprachgebrauch <strong>der</strong> ärztlichen Fachwelt zur<br />
Erleichterung <strong>der</strong> Kommunikation eingeführt werden.<br />
• Ausgedruckte Textversion <strong>der</strong> Information soll möglich sein<br />
• Interdisziplinäre Zusammenarbeit von Screendesignern, Kommunikationswissenschaftlern,<br />
Informatikern und Soziologen mit den Autoren und <strong>der</strong><br />
Redaktion.<br />
5.1.2.3 Verstärkte Unterstützung von behin<strong>der</strong>ten Menschen <strong>im</strong> Zugang zu<br />
48<br />
Informationen
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Um bei dieser Gruppe eine möglichst hohe Selbständigkeit zu gewährleisten und den<br />
Mangel an Mobilität auszugleichen (Zugang zu medizinischen und wissenschaftlichen<br />
Informationen und Erkenntnissen, Meinungsaustausch mit Gleichbetroffenen und<br />
Experten, Zugang zu Zeitungen, Homebanking, Teleshopping, Auskunftsservice, Informationsrecherche,<br />
...), <strong>ab</strong>er auch um den Anschluß an die Gesellschaft <strong>im</strong> Berufsleben<br />
durch Informationsmangel nicht zu verlieren, sind hier beson<strong>der</strong>e finanzielle und<br />
organisatorische Anstrengungen notwendig, um sie dadurch wie<strong>der</strong> als aktive Beteiligte in<br />
die Gesellschaft zu integrieren.<br />
5.1.3 Empfehlungen zur Vorgehensweise<br />
• Erstellung von Empfehlungen für ein Gesundheitsinformationssystem<br />
• Erarbeitung eines konkreten Beispiels, das dem Diskussions- und Erkenntnis<br />
prozeß ausgesetzt wird mit begleiten<strong>der</strong> wissenschaftlicher Validierung (siehe<br />
dazu das Internetbeispiel <strong>der</strong> <strong>Unterarbeitsgruppe</strong>: )<br />
• Qualitätssicherung von Gesundheitsinformationssystemen, die <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />
zugänglich gemacht werden<br />
• For<strong>der</strong>ung an die Informationsanbieter, universellen Zugang und Bedienbarkeit<br />
zu schaffen<br />
• Verbesserung und För<strong>der</strong>ung des Web-Zugangs auch für Behin<strong>der</strong>te (z.B. mit<br />
einer Aktion ”Behin<strong>der</strong>te ans Netz” vergleichbar mit ”Schulen ans Netz” o<strong>der</strong><br />
”Senioren-Web”)<br />
• Finanzierung und För<strong>der</strong>ung von Pilot-Projekten, die sich um den Aufbau und<br />
den laienverständlichen, mult<strong>im</strong>edialen Zugang zur medizinischen Information<br />
bemühen<br />
• Schaffung eines Gesundheitsinformationssystems (z.B. durch Ausweitung des<br />
Aufg<strong>ab</strong>enbereichs <strong>der</strong> BzgA) in Zusammenarbeit mit den verschiedenen<br />
Institutionen (Universitäten, Selbsthilfegruppen, Verbände,...)<br />
• Solidargemeinschaftliche Finanzierung des Gesundheitsinformationssystems<br />
(z.B. durch Krankenkassen und Län<strong>der</strong>)<br />
Literatur<br />
1. Brody, DS; Miller, SM; Lerman, CE; Smith, DG; Caputo, GD: Patient perception of<br />
involvement in medical care: Relationship to illness attitudes and outcomes; Journal<br />
Gen Intern Med; 4; 1989; 506-511.<br />
2. Ellis, LB: Computer-based Patient Education; Pr<strong>im</strong>ary Care; 12; 1985; 547-555.<br />
3. Greenfield, S; Kaplan, S; Ware, JE Jr: Expanding patient involvement in care: effects<br />
on patient outcomes. Ann Intern Med; 102;1985; 520-528.<br />
4. Mazzuca, SA: Does Patient education in chronic disease have therapeutic value?;<br />
Journal Chronic Disease; 35; 1982; 521-529.<br />
49
Informationen für Bürger und Patienten<br />
5. Zahnärzte und ihre Patienten, <strong>Ergebnisse</strong> einer psychologischen Patientenbefragung<br />
durch das Institut für empirische Sozialforschung, Prof. Dr. Bergler, Nürnberg, April<br />
1997, zu beziehen durch VDDI, Verband <strong>der</strong> Deutschen Dentalindustrie, Kirchweg 2,<br />
50585 Köln.<br />
50
Informationen für Bürger und Patienten<br />
5.2 Autorenbeiträge<br />
5.2.1 Leitlininien für Informationssysteme für Bürger und Patienten 1<br />
Patienteninformations- bzw. Gesundheitsinformationssysteme sollen den Bürger unterstützen,<br />
seiner Eigenverantwortung für seine Gesundheit nachzukommen. Sie können ihn<br />
zu einem mündigeren Patienten machen, <strong>der</strong> an den Entscheidungen des Arztes beteiligt<br />
wird und damit das Arzt-Patienten-Verhältnis verbessern helfen. Verschiedenste Informationen<br />
zu Gesundheit, Krankheiten und Symptomen, die sich <strong>der</strong> interessierte Laie in<br />
<strong>der</strong> Vergangenheit aus Broschüren und Nachschlagewerken zusammensuchte, werden<br />
zukünftig vermehrt online zu erhalten sein.<br />
Die Struktur eines solchen Informationssystems läßt sich <strong>der</strong> Herausgeber sicher nicht<br />
vorschreiben, so wie auch ein best<strong>im</strong>mter Aufbau einer Broschüre niemandem<br />
vorgegeben werden kann. Erfahrungen zeigen jedoch, daß es eine Reihe von Prinzipien<br />
gibt, die sinnvolle Informationssysteme auszeichnen. Was nützen die ausgefeiltesten<br />
Informationen, wenn sie für denjenigen, für den sie gedacht sind, unverständlich,<br />
kompliziert, nicht aktuell o<strong>der</strong> vielleicht zu generell sind.<br />
Informationen sind dann gute Informationen, wenn sie dem Bürger nützen. Folgende<br />
Leitlinien sollten die Anbieter von Informationen berücksichtigen, um gute Informationssysteme<br />
zu erstellen. Mag die ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Leitlinie auch banal erscheinen, wird sie<br />
nicht eingehalten, kann es sein, daß <strong>der</strong> Nutzer sich enttäuscht an<strong>der</strong>en Informationsanbietern<br />
zuwendet.<br />
1. Informationssysteme sollen den Bedürfnissen des Nutzers entsprechen.<br />
So wie ein Lexikon zu Rate gezogen und ein Stichwort nachgeschlagen wird, erwartet <strong>der</strong><br />
Informationssuchende von einem Informationssystem eine Themenübersicht mit einer<br />
Auswahl von für ihn verständlichen Stichworten. Alternativ können auf ein eingegebenes<br />
Stichwort, Angebote zur Information präsentiert werden.<br />
2. Die Handh<strong>ab</strong>ung von Informationssystemen soll einfach sein.<br />
Auch bei den einfach zu handh<strong>ab</strong>enden Touchscreens passiert es <strong>im</strong>mer mal wie<strong>der</strong>, daß<br />
falsche Funktionen ausgeführt werden, weil das Zentrum des zu berührenden Bereichs<br />
verfehlt wurde. In diesem Fall ist es wichtig, daß möglichst schnell eine Korrektur des<br />
falsch eingeschlagenen Weges erfolgen kann. Bei online-Informationssystemen können<br />
in <strong>der</strong> Regel durch fehlerhafte Bedienung noch schneller falsche Wege auf <strong>der</strong> Suche<br />
nach Information eingeschlagen werden. Informationsanbieter sollten nicht auf die<br />
1 Autorin: Christina Friede-Mohr<br />
51
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Hartnäckigkeit <strong>der</strong> Informationssucher hoffen, son<strong>der</strong>n die Handh<strong>ab</strong>ung soweit wie<br />
möglich vereinfachen.<br />
3. Die Verständlichkeit von Informationssystemen muß gewährleistet sein.<br />
Die teuerste, aktuellste und exklusivste Information ist nichts wert, wenn sie nicht<br />
verstanden wird. Zahlreiche Vorgänge <strong>im</strong> menschlichen Körper und Themen zu Gesundheit<br />
und Krankheit sind äußerst komplex. Im Gegensatz zu herkömmlichen Informationen<br />
z.B. in Lexika bieten mult<strong>im</strong>ediale Darstellungsmöglichkeiten fast grenzenlose Chancen<br />
<strong>der</strong> Wissensvermittlung. Was für den Informationsanbieter eine große Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
darstellt, Wissen technisch <strong>im</strong>mer perfekter darzustellen, birgt die Gefahr <strong>der</strong> Informationsüberfrachtung<br />
und Reizüberflutung für den Informationsnutzer. Ist die Information zu<br />
komplex, wird das Interesse verloren gehen.<br />
4. Informationssysteme sollten verzweigte Informationen bieten und informativ sein<br />
wie ein Lexikon.<br />
Komplexe Informationen lassen sich gerade mit Hilfe <strong>der</strong> mult<strong>im</strong>edialen Möglichkeiten<br />
hervorragend strukturieren. Auf diese Weise wird eine <strong>ab</strong>gestufte Information je nach<br />
Interesse des Informationssuchenden bzw. Zielgruppe ermöglicht. Sofern gewünscht,<br />
kann dieser <strong>im</strong>mer tiefer und intensiver in Wissensgebiete eintauchen. Hier zeigt sich<br />
auch, daß <strong>ab</strong> einem best<strong>im</strong>mten Qualifikationsniveau <strong>der</strong> Übergang in ein Experteninformationssystem<br />
denkbar ist. Informationssysteme, die bereits heute alternativ als<br />
Patienten- o<strong>der</strong> als Expertensystem benutzt werden können, existieren bereits.<br />
5. Informationssysteme müssen zuverlässig funktionieren.<br />
Informationssysteme, die wie<strong>der</strong>holt nicht funktionieren und den Nutzer vor technische<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen stellen, die dieser nicht bewältigen kann, müssen solange verbessert<br />
werden bis sie reibungslos funktionieren. Wartezeiten sollten soweit beeinflußbar<br />
min<strong>im</strong>iert werden.<br />
6. Informationssysteme sollen Objektivität wahren.<br />
Die Entwicklung eines Informationssystems ist in <strong>der</strong> Regel mit großem Arbeits- und<br />
Finanzaufwand verbunden. Nicht alle, die bisher gedruckte Informationen z.B. in Broschürenform<br />
herausgebracht h<strong>ab</strong>en, sind in <strong>der</strong> Lage diese eigenständig in Form eines mult<strong>im</strong>edialen<br />
Angebotes zu unterbreiten. Sponsoren sind daher häufig willkommen. Nicht<br />
selten sind auch Wirtschaftsunternehmen selbst daran interessiert <strong>im</strong> Rahmen ihrer<br />
Öffentlichkeitsarbeit o<strong>der</strong> ihres Marketing Informationssysteme zu installieren. Sofern<br />
diese Aktivitäten mit objektiver Wissensvermittlung verbunden sind, ist dies zu begrüßen.<br />
Steht jedoch Produktwerbung <strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>grund, kann <strong>der</strong> Nutzer nicht davon ausgehen,<br />
daß er neutral informiert wird.<br />
52
Informationen für Bürger und Patienten<br />
7. Informationssysteme sollten aktuelle Informationen enthalten.<br />
Es macht den Reiz von online-Informationssystemen aus, daß auf Anfor<strong>der</strong>ung sofort<br />
eine Information gesucht und ggf. ausgedruckt werden kann. Der Nutzer geht d<strong>ab</strong>ei<br />
davon aus, daß das vermittelte Wissen dem neuesten Stand entspricht. Sicher gelten<br />
viele Informationen über den Tag hinaus <strong>ab</strong>er <strong>im</strong> Gegensatz zu Nachschlagewerken, die<br />
jahrelang <strong>im</strong> Bücherschrank stehen, wird von Informationssystemen Aktualität erwartet.<br />
Es ist daher <strong>im</strong> Sinne <strong>der</strong> Informationsanbieter, ihre Informationen entsprechend zu<br />
pflegen und das letzte Datum <strong>der</strong> Bearbeitung auszuweisen.<br />
8. Informationssysteme sollten qualitativ <strong>ab</strong>gesichert sein.<br />
Im Sinne <strong>der</strong> Informationsanbieter ist es auch, ihre Informationssysteme einer Qualitätssicherung<br />
durch Experten unter Berücksichtigung dieser Leitlinien (1-10) zu unterziehen.<br />
Dafür sprechen <strong>der</strong> Wettbewerb zwischen verschiedenen Informationssystemen und die<br />
potentiellen Kritiker in Form von Verbraucherschutzinitiativen bis hin zu Veröffentlichungen<br />
in entsprechenden Publikationen z.B. von Stiftung Warentest.<br />
9. Informationssysteme sollten individuelle Informationen bieten.<br />
Allgemeine, für alle Interessierten relevante Informationen, reichen häufig nicht aus, um<br />
das spezifische Informationsbedürfnis des Einzelnen zu decken. Über allgemeine Informationen<br />
hinausgehende individuelle Informationen bieten dem Informationssuchenden<br />
einen größeren - ganz persönlichen - Nutzen. Dazu ist es erfor<strong>der</strong>lich, einen Dialog<br />
zwischen Informationssystem und Informationssuchendem zu führen. Beispiele dafür sind<br />
individuelle Gesundheitschecks per touchscreen o<strong>der</strong> online in Form von Risiko- o<strong>der</strong><br />
Wissenstests mit individueller Bewertung und die Beantwortung standardisierter Fragen,<br />
die bisher üblicherweise durch Beratungspersonal beantwortet werden.<br />
10. Kriterien für die Zertifizierung von Patienteninformationssystemen sollten<br />
entwickelt werden.<br />
Wie Autos, die regelmäßig zum TÜV müssen o<strong>der</strong> die Zertifizierung von Unternehmen<br />
bezüglich des Umweltschutzes, kann es für Informationsanbieter und -suchende gleichermaßen<br />
von Interesse sein, wenn Informationssysteme durch eine Zertifizierung für<br />
beson<strong>der</strong>e Qualität ausgezeichnet werden. Der Diensteanbieter kann mit diesem Qualitätssiegel<br />
für seine Information werben. Der Nutzer <strong>der</strong> Information kann sicher sein, eine<br />
erstklassige Information zu erhalten. Daß <strong>der</strong> Bürger zunehmend Wert darauf legt, zeigt<br />
sich in Form des Erfolgs von produktvergleichenden Berichten.<br />
Diese Leitlinien sind wichtige Kriterien für den Erfolg von Informationssystemen.<br />
Angesichts <strong>der</strong> überaus zahlreichen Informationssysteme, die bereits heute existieren,<br />
stellt sich die Frage, ob es für Anbieter und Nutzer von Informationen nutzbringend ist,<br />
von <strong>der</strong> Qualität her geeignete Informationssysteme miteinan<strong>der</strong> zu kombinieren. Auf<br />
diese Weise können Netzwerke entstehen, die die Infogesellschaft, in <strong>der</strong> massenhaft<br />
<strong>53</strong>
Informationen für Bürger und Patienten<br />
unstrukturierte Informationen vorliegen, zu einer Wissensgesellschaft macht, in <strong>der</strong><br />
Informationen sinnvoll miteinan<strong>der</strong> verknüpft einen noch größeren Nutzen bringen, als<br />
eine Einzelinformation.<br />
54
Informationen für Bürger und Patienten<br />
5.2.2 Das Gesundheits-Informations-System (GIS) - ein Demosystem auf<br />
Internetbasis 1<br />
Das Gesundheitsinformationssystem (GIS) ist in seiner <strong>der</strong>zeitigen Form als Demonstrationssystem<br />
angelegt, das <strong>ab</strong>er zu einem kompletten Informationswerkzeug für die<br />
gesamte Medizin und das Gesundheitssystem für den Patienten ausgebaut werden soll.<br />
Es soll die Erfahrungen und Erkenntnisse <strong>der</strong> <strong>Unterarbeitsgruppe</strong> „Informationen für<br />
Bürger und Patienten“ des FORUM INFO 2000 am Beispiel demonstrieren, um konkret<br />
zu zeigen,<br />
• wie ein entsprechendes Informationssystem aussehen könnte,<br />
• welche Informationsbedürfnisse überhaupt befriedigt werden sollten und<br />
könnten,<br />
• wie Beiträge strukturiert, geschrieben und präsentiert werden sollten,<br />
• welche Navigationsstrukturen berücksichtigt werden sollten und wie diese<br />
aussehen,<br />
• wie die Informationen behin<strong>der</strong>tengerecht und doch ansprechend präsentiert<br />
werden können<br />
• wie ein <strong>der</strong>artiges System in <strong>der</strong> Bedienung funktionieren könnte usw.<br />
Die Demonstrationsversion soll als Nucleus zur Diskussion und <strong>der</strong> Opt<strong>im</strong>ierung dienen,<br />
um das Projekt „Gesundheitsinformationssystem“ aufzubauen und zu realisieren. D<strong>ab</strong>ei<br />
wurde darauf geachtet, daß das System so offen wie möglich bleibt, so daß unterschiedlichste<br />
Projekte, Informationsangebote und Verweise integriert werden können. Dies<br />
wurde auch am Beispiel eines CD-ROM-Projekts <strong>der</strong> Zahngesundheit, Informationen<br />
einer sehr aktiven Selbsthilfegruppe (Retinitis Pigmentosa) aus einer Broschüre, einem<br />
Internetbeispiel (Internet Patienten Informierungssystem (IPIS)) und einer Neuentwicklung<br />
mit Übernahme von Bil<strong>der</strong> aus Printmedien zum Thema Röteln in <strong>der</strong> Schwangerschaft<br />
gezeigt. Die Vernetzung und Portierung bestehen<strong>der</strong> Projekte ist also wie das<br />
Beispiel zeigt technisch kein Problem, so daß als einziges Verweiskriterium letztendlich<br />
die Qualität <strong>der</strong> Information bleibt.<br />
Der schwierigste Punkt in <strong>der</strong> Entwicklung war die einheitliche Strukturierung des<br />
Systems. Nur durch eine klare Struktur bleibt ein solcher Dienst übersichtlich und kann<br />
gepflegt und ergänzt werden. D<strong>ab</strong>ei dient die Struktur einerseits als Navigationshilfe für<br />
den Nutzer, an<strong>der</strong>erseits <strong>ab</strong>er auch als Strukturierungshilfe für die Autoren, die die Inhalte<br />
1<br />
Autoren: Konstantin Bob, Michael Hägele, Erentraud Hömberg, Claus O. Köhler, Dieter Schuell,<br />
N. Sljivljak. Realisierung: Michael Hägele<br />
55
Informationen für Bürger und Patienten<br />
entwickeln. Somit hat je<strong>der</strong> Autor eine klare Richtlinie, welche Themengebiete und<br />
Unterpunkte zu einem Krankheitsbild o<strong>der</strong> einem Themenbereich zu erfassen sind.<br />
(. Aktuelles. Expertenrat . Medizin von A-Z . Adressen . Suchen. Hilfe . Ihre Meinung . )<br />
Dies ist das Hauptnavigations- (Orientierungs- und Verzweigungs-) Werkzeug des<br />
Demosystems. Alle roten Punkte in <strong>der</strong> Navigationsleiste sind mit <strong>der</strong> Maus anklickbar<br />
und verzweigen in das entsprechende Themengebiet. Der gelbe Punkt (Navigationsknopf)<br />
gibt an, in welchem Themengebiet man sich gerade befindet. Direkt darunter sind<br />
alle diese Punkte auch noch als Textverzweigung enthalten, so daß man auch bei<br />
ausgeschalteter Grafik das System in seiner gesamten Funktionalität und inhaltlichen<br />
Tiefe nutzen kann. Dies ist erstens wichtig für sehbehin<strong>der</strong>te Mitbürger und zweitens<br />
gewährleistet es auch bei langsamer Datenübertragung durch die Möglichkeit des<br />
Ausschaltens <strong>der</strong> Grafik, schnelle Ladezeiten. Zusammengefaßt dient diese <strong>im</strong>mer<br />
präsente Leiste zur schnellen Navigation und Orientierung.<br />
Für Fragen rund um Gesundheit und Medizin (seien es nun Krankheitszeichen, -bil<strong>der</strong>,<br />
Begriffe o<strong>der</strong> Untersuchungsmethoden) ist die Rubrik Medizin von A-Z zuständig.<br />
Hier stehen prinzipiell 5 Zugangsmöglichkeiten zur Information zur Verfügung:<br />
1) über das medizinische Fachgebiet<br />
56
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Hier kommt <strong>der</strong> Nutzer über die verschiedenen med. Fachgebiete wie<br />
(Augenheilkunde o<strong>der</strong> Frauenheilkunde) zu verschiedenen Themen und Krankheitsbil<strong>der</strong>n.<br />
2) über ein Schlagwort<br />
Aufgrund eines Stichwortkataloges kann <strong>der</strong> Nutzer hier navigieren. Stichworte<br />
können d<strong>ab</strong>ei Krankheitsbil<strong>der</strong> (z.B. Röteln), Diagnosen (z.B. Retinitis Pigmentosa),<br />
Stichwörter allgemeiner Art (z.B. Hausstaubmilbe, Ernährung, Adressen, ...)<br />
sein.<br />
3) über ein Krankheitszeichen (Symptom)<br />
Ein sicherlich von medizinischer <strong>Seite</strong> umstrittener, <strong>ab</strong>er von Patienten gefor<strong>der</strong>ter<br />
Zugang ist <strong>der</strong> über Symptome (siehe auch Bild). Durch die Beantwortung von<br />
einfachen medizinischen Fragen wird das in Frage kommende Krankheitsbild<br />
eingegrenzt und <strong>der</strong> Patient bekommt am Ende eine Auflistung von möglichen<br />
Krankheitsbil<strong>der</strong>n, sowie den Hinweis, daß für eine endgültige und qualifizierte<br />
Diagnosefindung ein Arztbesuch angeraten wird.<br />
4) über den Problemort (Topologie)<br />
Gerade für Laien stellt <strong>der</strong> Problemort- o<strong>der</strong> Topologisch-orientierte Zugang eine<br />
einfache und nicht Fachbegriff-orientierte Möglichkeit dar, um schnell und effizient<br />
zu navigieren.<br />
57
Informationen für Bürger und Patienten<br />
5) über die stichwortorientierte Volltext-Suchmaschine<br />
Diese Suchmaschine sucht alle Texte innerhalb des GIS-Systems (nicht des<br />
Internets!) nach eingegebenen Stichwörtern <strong>ab</strong>. D<strong>ab</strong>ei wird eine Volltextsuche<br />
angewendet, d.h. das Wort kann irgendwo in irgendeinem Text innerhalb des GIS<br />
vorkommen. Die gefundenen Textpassagen werden dann zur Auswahl gestellt.<br />
Falls <strong>der</strong> Nutzer Fragen hat, die er durch die Benutzung des Gesundheits-Informations-<br />
Systems nicht lösen bzw. beantworten konnte, hat er die Möglichkeit persönlich Rat von<br />
einem Experten anzufor<strong>der</strong>n (Expertenrat). Hier kann er dann seine individuelle Frage per<br />
e-Mail an einen entsprechenden Experten stellen und Rat einholen. Es stehen Experten<br />
zu den verschiedensten Fachbereichen zur Verfügung. Gerade diese individuelle<br />
Fragemöglichkeit ist ein hohes Bedürfnis für viele Patienten, da sie ja konkret für Ihren<br />
Fall Informationen suchen.<br />
Für Adressen, Webseiten o<strong>der</strong> Ansprechpartner ohne einen best<strong>im</strong>mtem Bezug zu einer<br />
Krankheit (z.B. die <strong>Seite</strong> des Bundesgesundheitsministeriums o<strong>der</strong> eines an<strong>der</strong>en<br />
Patienteninformationsdienstes) ist die Rubrik Adressen zuständig.<br />
Die Meinung des Nutzers ist zur Opt<strong>im</strong>ierung des Systems sehr wichtig. Deshalb wurde<br />
ein Fragebogen integriert, <strong>der</strong> statistisch auswertbar ist und die Nutzermeinung<br />
wi<strong>der</strong>spiegelt.<br />
58
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Zum an<strong>der</strong>en können <strong>der</strong> Nutzer unter Ihre Meinung Wünsche, Anregungen, Verbesserungsvorschläge,<br />
Ärgernisse bei <strong>der</strong> Bedienung von GIS o<strong>der</strong> über unverständliche<br />
Inhalte anbringen. Somit bleibt die Weiterentwicklung von GIS ein interaktiver Prozeß, <strong>der</strong><br />
sich <strong>im</strong> Laufe <strong>der</strong> Zeit <strong>im</strong>mer mehr opt<strong>im</strong>iert.<br />
Den Kern des Systems stellt schließlich die Strukturierung <strong>der</strong> Krankheitsbil<strong>der</strong> dar. Alle<br />
Krankheitsbil<strong>der</strong> sind nach dem gleichen Schema strukturiert. Es gibt ein Max<strong>im</strong>alschema,<br />
was bedeutet, daß nicht alle Unterpunkte für ein Krankheitsbild Informationen<br />
enthalten müssen (dann erscheint natürlich auch die entsprechende Rubrik nicht).<br />
Des weiteren gibt es zu jedem Krankheitsbild auch eine framelose, grafikreduzierte Textversion,<br />
die auch sehbehin<strong>der</strong>ten Bürgern die Möglichkeit gibt, die angebotenen Informationen<br />
unterstützt durch Hilfsmittel wie Textvergrößerung, Kontrastumkehrung o<strong>der</strong><br />
Übersetzung in Brailleschrift aufzunehmen.<br />
Außerdem ist je<strong>der</strong>zeit, egal durch welchen Weg man auf dieses Krankheitsbild<br />
gekommen ist (Schlagwort, Symptome, Volltextsuche) gewährleistet, daß eine Zuordnung<br />
zu einem medizinischen Fachgebiet möglich ist, so daß <strong>der</strong> Patient evtl. auch den<br />
richtigen Facharzt konsultieren kann.<br />
Durch den internetbasierten Ansatz ist es ein offenes System, das die nahtlose<br />
Integration jeglicher Informationseinheiten außerhalb von GIS in die klare Struktur des<br />
GIS ermöglicht. Dadurch entsteht für den Patienten eine definierte und qualitätsgesicherte<br />
Einstiegsmöglichkeit in das Thema Gesundheit.<br />
59
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Framelose Textversion! Wichtig<br />
für alle Sehbehin<strong>der</strong>ten!<br />
Weiterführen<strong>der</strong> Link außerhalb von<br />
GIS. Integrationsmöglichkeit von<br />
an<strong>der</strong>en Systemen o<strong>der</strong> Gruppen!<br />
Einordnung ins<br />
medizinische Fachgebiet<br />
Aktuell ausgewählte Informationseinheit.<br />
Alle an<strong>der</strong>en möglichen<br />
Informationseinheiten sind auf einen<br />
Blick erkenn- und anwählbar!<br />
Das Wichtigste in<br />
Kürze...<br />
Möglichkeit zur Integration von<br />
Stand- und Bewegtbil<strong>der</strong>n<br />
Ausführliche Zusatzinformationen.<br />
Evtl. auch Links zu an<strong>der</strong>en qualitativ<br />
guten Informationen<br />
60
Informationen für Bürger und Patienten<br />
5.2.3 Patienten-Informierungs-Systeme - warum, wozu, womit? 1<br />
5.2.3.1 Einleitung<br />
Wachsende Anfor<strong>der</strong>ungen an die Leistungsfähigkeit und Effizienz unseres Gesundheitssystems,<br />
die Verschiebung <strong>der</strong> Diagnosen zu den chronischen Krankheiten <strong>ab</strong>er auch die<br />
Durchsetzung <strong>der</strong> informellen Selbstbest<strong>im</strong>mung <strong>der</strong> Patienten verlangen nach einem<br />
Umdenkungsprozeß <strong>im</strong> Gesundheitswesen. Um diese neuen Gegebenheiten zu<br />
berücksichtigen, bedarf es eines Wandels <strong>im</strong> Denken unserer Gesellschaft. Wir müssen<br />
uns daran gewöhnen, den Patienten wie<strong>der</strong> da hin zu stellen, wo er eigentlich hingehört:<br />
in den Mittelpunkt!<br />
Der erste und wichtigste Schritt auf dem Weg zum patientenorientierten Gesundheitssystem<br />
ist die Informierung des Patienten. Diese Informierung läuft zur Zeit noch<br />
unstandardisiert <strong>ab</strong> und Qualität und Quantität dieser Informierung schwankt von Arzt zu<br />
Arzt. Aus Zeitmangel kann oft seitens des medizinischen Personals nur unzureichend auf<br />
das individuelle Informationsbedürfnis des einzelnen Patienten eingegangen werden.<br />
Ohne die Informierung <strong>ab</strong>er ist keine Entscheidung und schon gar keine Mitarbeit des<br />
Patienten möglich. Von einer informationellen Selbstbest<strong>im</strong>mung des Patienten kann<br />
sowieso noch lange nicht gesprochen werden. Deshalb muß dem Patienten ein System<br />
zur <strong>Seite</strong> gestellt werden, daß es ihm ermöglicht, seine Gesundheit und Krankheit und<br />
eventuell notwendige Therapiemaßnahmen zu begreifen. Ebenso sollte es praktische<br />
Möglichkeiten aufzeigen dieses Wissen in den Behandlungsprozeß miteinzubringen.<br />
Unsicherheit, Hemmungen und Angst können am Besten überwunden werden, wenn<br />
gehe<strong>im</strong>nisvolles und Unbekanntes überschaubar wird, und <strong>der</strong> Kranke mit seinem Arzt<br />
mitdenken kann. Mitdenken, mitreden, mitmachen - das sind die drei Schritte zur<br />
Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Gesundheit, zur Rückverwandlung vom „Patienten“ in einen<br />
lebenstüchtigen Menschen. Der Beste bzw. <strong>der</strong> effektivste Weg das in die Praxis<br />
umzusetzen ist die „richtige“ Informierung des Patienten.<br />
5.2.3.2 Warum überhaupt Patienteninformierung?<br />
Rechtslage:<br />
Der Arzt darf sich, ob nun aus Bequemlichkeit, Zeitmangel o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Gründen, um<br />
das Problem <strong>der</strong> Aufklärung nicht herumdrücken. Das hat die Rechtsprechung ganz<br />
eindeutig entschieden. Grundsätzlich gilt: Dem Patienten muß die Wahrheit - die ganze<br />
Wahrheit - gesagt werden, selbst dann, wenn er nicht danach fragt. Aufklärung ist<br />
demnach keine Ermessenssache, Aufklärung ist Pflicht!<br />
1 Autoren: Michael Hägele, N. Sljivljak, Claus O. Köhler<br />
61
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Der Patient hat das Recht auf „perfekte“ Aufklärung zu bestehen. Diesem Verlangen hat<br />
<strong>der</strong> Arzt zu entsprechen, o<strong>der</strong> er muß die Aufklärung und damit die Behandlung<br />
ausdrücklich <strong>ab</strong>lehnen. Der Umfang <strong>der</strong> ärztlichen Aufklärung hat sich d<strong>ab</strong>ei auch nach<br />
<strong>der</strong> Intelligenz und dem Bildungsgrad des Patienten und nach dessen Erfahrungen aus<br />
<strong>der</strong> eigenen Krankengeschichte zu richten (Urteil des Bundesgerichtshofs - VI ZR 76/70).<br />
Der einfache, nicht vorgebildete Patient muß also gründlicher und ausführlicher aufgeklärt<br />
werden, vor allem dann wenn er nicht „<strong>im</strong> Großen und Ganzen versteht, was mit ihm<br />
geschieht“.<br />
Byrnee et al. sind in einer Studie <strong>der</strong> Frage „How informed is signed consent“<br />
nachgegangen [BYRNE]. D<strong>ab</strong>ei stellte sich heraus, daß 27% <strong>der</strong> befragten Patienten<br />
nicht einmal wußten, welches Organ bei Ihnen operiert wurde, 44% konnten das Prinzip<br />
des chirurgischen Eingriffs nicht nachvollziehen. Eine an<strong>der</strong>e Untersuchung [SAW] erg<strong>ab</strong>,<br />
daß 54% <strong>der</strong> Patienten nicht alles in <strong>der</strong> Einverständniserklärung verstanden, was sie<br />
unterschrieben.<br />
Auf die umfassende Erklärung legt Gesetz und Rechtsprechung deshalb so großen Wert,<br />
weil nur durch sie die Entscheidungsfreiheit bzw. „Selbstbest<strong>im</strong>mung“ gewahrt wird.<br />
Dieses Recht wird von <strong>der</strong> deutschen Ärztekammer selbst als ein Grundsatz <strong>der</strong><br />
Beziehung zwischen Patient und Arzt definiert [BUNDESÄRZTEKAMMER]. Ob ein Patient<br />
sich nämlich behandeln läßt o<strong>der</strong> nicht, ist allein seine Sache, <strong>ab</strong>gesehen von wenigen<br />
Ausnahmen (Geschlechtskrankheiten, Tuberkulose, ...).<br />
Der Patient kann zu einer vorgeschlagenen Behandlung „ja“ o<strong>der</strong> „nein“ sagen. Diese<br />
Selbstbest<strong>im</strong>mung setzt allerdings eine umfassende Informierung voraus. Wer z.B.<br />
vom Arzt falsch informiert wird o<strong>der</strong> wem wichtige Informationen vorenthalten werden, <strong>der</strong><br />
kann nicht mehr über sein Schicksal selbst best<strong>im</strong>men. Grundsätzlich, so urteilt <strong>der</strong><br />
Bundesgerichtshof, hat <strong>der</strong> Arzt von einer max<strong>im</strong>alen Aufklärungserwartung des<br />
Patienten auszugehen. Selbst „extrem seltene Zwischenfallrisiken (1:1000 o<strong>der</strong> 1:2000)“<br />
müssen erwähnt werden.<br />
Alle Argumente, die darauf <strong>ab</strong>zielen, daß <strong>der</strong> Patient seines Zustandes wegen auf das<br />
Selbstbest<strong>im</strong>mungsrecht insgesamt o<strong>der</strong> zumindest teilweise verzichten müsse, da er<br />
nicht <strong>im</strong>mer wissen könne, was seiner Gesundheit för<strong>der</strong>lich o<strong>der</strong> <strong>ab</strong>träglich sei,<br />
verkennen, daß <strong>im</strong> demokratischen Rechtsstaat jede Entscheidung, sei sie wissenschaftlicher,<br />
juristischer o<strong>der</strong> medizinischer Art, vom Handelnden begründet, verantwortet<br />
und gerechtfertigt werden muß. So sehr es Ärzten mißfallen mag, daß ihre Entscheidung<br />
unter Umständen <strong>ab</strong>gelehnt werden können, so än<strong>der</strong>t we<strong>der</strong> die Rechtsprechung noch<br />
die Medizin selber etwas an dieser Priorität des Selbstbest<strong>im</strong>mungsrechtes.<br />
62
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Um diesen Grundsätzen besser gerecht zu werden, ist eine umfassende und ausführliche<br />
Informierung des Patienten notwendig. Dazu muß den Ärzten o<strong>der</strong> generell dem<br />
Gesundheitswesen ein Werkzeug zur <strong>Seite</strong> gestellt werden, das sie bei dieser wichtigen<br />
und schwierigen Aufg<strong>ab</strong>e unterstützt, um Ihrer Aufklärungs- und Informierungspflicht,<br />
besser als es bis jetzt <strong>der</strong> Fall ist, nachkommen zu können.<br />
Diese Informierung ermöglicht, daß Patienten gleichwertige Gesprächspartner werden<br />
können, da sie dann <strong>im</strong>stande sind den Ausführungen ihres Arztes o<strong>der</strong> Therapeuten zu<br />
folgen und sein Vok<strong>ab</strong>ular zu verstehen, Mißverständnissen wird vorgebeugt und <strong>der</strong><br />
Patient kann „echte“ Entscheidungen treffen, da er dann versteht worüber er entscheidet.<br />
Er kann insgesamt durch seine „Informiertheit“ besser mit seiner Gesundheit/Krankheit<br />
umgehen und kommt sich besser verstanden und als gleichwertiger Partner vor <strong>im</strong><br />
Patienten-Arzt-Verhältnis. Insgesamt bietet die Informierung die dringend notwendige<br />
Basis für bessere Kommunikation, d.h. <strong>der</strong> Patient kann seine Probleme dem Arzt besser<br />
und gezielter mitteilen.<br />
Verkürzung <strong>der</strong> Krankzeiten:<br />
Hinzu kommt, daß nach Michael McDonald [MCDONALD], chair of Communications and<br />
Computer Applications in Public Health in Berkeley, California, die meisten Menschen (ca.<br />
50-80%), die das Gesundheitssystem „betreten“, eigentlich keine ärztliche Betreuung<br />
brauchen, <strong>ab</strong>er die meisten Menschen (ca. 60%), die wirklich ärztliche Behandlung<br />
benötigen, das Gesundheitssystem zu spät „betreten“ und dann eine viel intensivere,<br />
schmerzvolle, teure Therapie brauchen und deshalb eine schlechtere Genesungsperspektive<br />
h<strong>ab</strong>en. Die schnelle, einfache und verständliche Verfügbarkeit von Information<br />
über Gesundheit, Untersuchungsmöglichkeiten, Krankheitsbil<strong>der</strong> und Therapiemöglichkeiten<br />
spielt also eine große Rolle, <strong>der</strong> bis jetzt zu wenig Bedeutung zugemessen wurde.<br />
Untersuchungen h<strong>ab</strong>en ergeben, daß aufgeklärte, aktive Patienten schneller wie<strong>der</strong><br />
gesund werden [BRODY, GREENFIELD, MAHLER] bzw. auch besser mit Ihrer Gesundheit/Krankheit<br />
leben können. Durch den verbesserten Informationsstand <strong>der</strong> Patienten ist<br />
ein schnellerer Heilungsprozeß und damit auch die Einsparung von Kosten zu erwarten.<br />
Dadurch, daß <strong>der</strong> Patient genau weiß, was mit ihm geschieht, wie die Behandlung aussieht,<br />
was getan werden muß und worauf es ankommt, kann er besser in den Behandlungsprozeß<br />
integriert werden, hat eine bessere Compliance, weil er es für sich tut und<br />
kann auch mitarbeiten, d.h. er kann mitentscheiden, mitdokumentieren und mitkontrollieren.<br />
63
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Qualitätsmanagement:<br />
Die Nichteinhaltung von ärztlichen Verordnungen beruht meist nur darauf, daß die vielen<br />
Informationen, die dem Patienten während einer Sprechstunde vermittelt werden, falsch<br />
verstanden o<strong>der</strong> vergessen werden [MORROW, LEY, HAYNES].<br />
Erst durch die umfassende Informierung kann <strong>der</strong> Patient relevante Informationen,<br />
Therapienebeneffekte o<strong>der</strong> Komplikationen frühzeitig erkennen und den Arzt darüber<br />
informieren. Ebenso bietet es die Chance Fehlern vorzubeugen, wie ein Artikel und<br />
Erfahrungsbericht von N. M. Davis mit dem Titel „Teaching patients to prevent errors“<br />
zeigt [DAVIS].<br />
Ist ein kranker Bürger unseres Staates zu allen Zeiten und an allen Orten unseres<br />
Gesundheitswesens Subjekt, das selbst mitentscheiden kann über die Art <strong>der</strong><br />
Behandlung und Heilung seines Leidens? Den Kranken Subjekt sein zu lassen, das heißt<br />
ihn als Individuum, als Person am Behandlungsprozeß teilnehmen zu lassen, sollte<br />
oberstes Gebot für alle sein, die <strong>im</strong> Gesundheitswesen mit Menschen zu tun h<strong>ab</strong>en.<br />
Viele kranke leidende Menschen fühlen sich anonymen Institutionen, Strukturen und<br />
unpersönlichen Exekutoren von Heilmaßnahmen ausgeliefert. Da ist es völlig verständlich<br />
daß die Angst als Reaktion einsetzt mit dem Gedanken: „Welchen gesetzmäßigen<br />
Abläufen bin ich anonym als Patient unter einer Nummer, auf die ich keinerlei Einfluß<br />
h<strong>ab</strong>e, ausgeliefert?“.<br />
Subjekt sein als Patient bedeutet <strong>ab</strong>er auch eine Verän<strong>der</strong>ung seines Bewußtseins: „Ich<br />
selbst bin wesentlich verantwortlich für meine Gesundheit, und <strong>im</strong> Krankheitsfall hängt<br />
das wesentlich und entscheidend von mir <strong>ab</strong>, ob ich die Krankheit besiege o<strong>der</strong> die<br />
Krankheit mich.“ Und dieser Sieg kann entscheidend davon <strong>ab</strong>hängen, ob <strong>der</strong> Patient<br />
über leicht zugängliche Information verfügt o<strong>der</strong> nicht.<br />
Eine Qualitätssverbesserung wird auch durch die Partnerschaft und das gegenseitige<br />
Vertrauensverhältnis von Patient und Arzt erreicht. Das ist <strong>ab</strong>er nur möglich, wenn <strong>der</strong><br />
Patient gut informiert ist und somit ein wirklich gleichberechtigter Gesprächspartner ist.<br />
5.2.3.3 Warum mult<strong>im</strong>ediale computergestützte Patienteninformierung?<br />
Beste Informationsvermittlung und -speicherung, Effektivität:<br />
Verstärkter Einsatz „audiovisueller“ Methoden bedeutet gezieltere und rationellere<br />
Speicherung von Information Je mehr Sinnesorgane bei einem Lernprozeß eingesetzt<br />
werden, um so dauerhafter und störungsfreier wird die Information aufgenommen und<br />
verarbeitet:<br />
64
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Übersicht nach<br />
[DAHMER, MESSINA]<br />
hören<br />
sehen<br />
hören und sehen<br />
diskutieren<br />
selbst durchführen<br />
5-20% <strong>der</strong> vermittelten Information<br />
behalten<br />
20-30% behalten<br />
bis zu 60% behalten<br />
bis zu 70% behalten<br />
bis zu 100% behalten<br />
Der audiovisuelle Ansatz ist <strong>ab</strong>er nicht genug. Ein zentrales Element, um Informationsaufnahme<br />
noch weiter zu steigern ist die Interaktivität, die auch den sonst so<br />
vernachlässigten kinästhetisch veranlagten Menschen entgegenkommt. Denn eine<br />
passive Informationsaufnahme paßt sich nicht dem persönlichen Aufmerksamkeitsgrad<br />
und dem Vorgang <strong>der</strong> Einordnung, <strong>der</strong> persönlichen Superzeichenbildung an. So sind<br />
persönliche Faktoren wie Vorwissen, eigene Erfahrung, Bildung usw. l<strong>im</strong>itierende<br />
Grenzen, die durch eine lineare Informationsberieselung nicht berücksichtigt werden<br />
können. Aus diesem Grunde sind Videos zur Patienteninformation nicht mit mult<strong>im</strong>edialen<br />
Systemen zu vergleichen, da bei Ihnen keine Interaktivität möglich ist und man schnell in<br />
den Zustand des Berieselns hineingleitet. Ein Patient muß sich die Information in <strong>der</strong><br />
vorgegebenen Reihenfolge anschauen. Selbst das Spulen (also Passagen überspringen)<br />
kann er meist nicht vornehmen, entwe<strong>der</strong> weil er gar keinen direkten Zugriff auf den<br />
Videorecor<strong>der</strong> hat, o<strong>der</strong> weil das Spulen das Band stark beansprucht und mit <strong>der</strong> Zeit die<br />
Abspielqualität des Videos min<strong>der</strong>t, zumindest wenn man mit Sichtkontrolle spult. Auch<br />
die Nutzung von Zeitlupen und Standbil<strong>der</strong>n ist aufgrund des Bandverschleißes nicht<br />
anzuraten.<br />
Ein weiteres Problem von Videos ist es, die jeweils für den Patienten nutzbare Stelle o<strong>der</strong><br />
das richtige Band zu finden bzw. das Band wie<strong>der</strong> an den Anfang zurückzuspulen.<br />
Zur Visualisierung von Operationen ist das Video völlig ungeeignet, da es zu realitätsnah<br />
ist und deshalb den Patient z.B. aufgrund des vielen Blutes keine Chance gibt, das<br />
Prinzip bzw. das Wichtigste <strong>der</strong> Operation mitzubekommen. Hierfür sind 2D- und 3D-<br />
Computeran<strong>im</strong>tionen bestens geeignet auch wenn sie in <strong>der</strong> Erstellung teuer sind (siehe<br />
Bild nächste <strong>Seite</strong>).<br />
Die mult<strong>im</strong>ediale Patienteninformierung bildet <strong>ab</strong>er erst die Grundlage, um ein wirkliches<br />
Gespräch o<strong>der</strong> eine Diskussion mit dem Arzt, dem Therapeut o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Krankenkasse zu<br />
führen. Dadurch wird die aufgenommene Information stärker gefestigt und kann noch<br />
besser behalten werden.<br />
65
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Darstellung einer Totalendoprothese <strong>im</strong> Patienten-Informierungs-System PatInf<br />
Informationsbedienungskomfort:<br />
Lernen braucht ein Motiv. Als Motiv kann <strong>ab</strong>er letztendlich nur herhalten: Die Freude an<br />
<strong>der</strong> Sache selbst. Diese <strong>ab</strong>er entsteht meist erst dann, wenn man sich schon so weit mit<br />
ihr beschäftigt hat, daß sie so richtig „anfängt Spaß zu machen“. Deshalb brauchen<br />
Menschen zum erfolgreichen Lernen einen guten „Starter“ und einen hohen<br />
Informationsbedienungskomfort!<br />
Es ist also sehr wichtig ein Medium zur Informationsvermittlung zu wählen, das eine<br />
positive Motivation be<strong>im</strong> Patienten hervorruft und ihm das Thema Krankheit anschaulich<br />
und nachvollziehbar macht. Ebenso ist es wichtig die anfängliche, mühsame<br />
Einarbeitungsschwelle möglichst weit her<strong>ab</strong>zusenken.<br />
Dazu Fre<strong>der</strong>ic Vester ([VESTER], S. 141): „... Wo Neugier, Faszination und Erwartung<br />
fehlen, wird die so wichtige Lernbereitschaft für einen zunächst fremden Stoff nicht<br />
geweckt. Vielmehr löst die Konfrontation mit dem Ungewohnten dann über das<br />
Zwischenhirn und den Symphaticusnerv eine direkte St<strong>im</strong>ulation von Catecholaminen -<br />
auch in best<strong>im</strong>mten Gehirnregionen - aus, was bei geringen Streßreizen vielleicht noch<br />
das Behalten, <strong>ab</strong>er nicht das Verstehen ermöglicht und bei stärkeren Reaktionen zudem<br />
die Abwehrhaltung gegen den Lernstoff zementiert. Die Konsolidierung und Verarbeitung<br />
<strong>der</strong> aufgenommenen Information kann nicht mehr erfolgen.“<br />
66
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Wird unter diesem Gesichtspunkt die Patienteninformierung betrachtet, wie sie zur Zeit<br />
stattfindet (Arztgespräch, ausgedruckte Texte,...), so ist es nicht verwun<strong>der</strong>lich, daß<br />
Patienten keine Lust h<strong>ab</strong>en sich mit Ihrer Krankheit zu beschäftigen, son<strong>der</strong>n dieses<br />
leidige, uninteressante und für sie oft unverständliche Thema dem Arzt überlassen und<br />
von den Ärzten manchmal sogar für „zu dumm“ gehalten werden.<br />
Somit sind also auch die Ärzte mitverantwortlich dafür, daß die Patienten nur mit dem<br />
Wunsch nach Gesundheit beseelt sind, ohne wissen zu wollen wie es zur Krankheit kam<br />
und ohne für den Heilungsprozeß und ihren Körper Verantwortung zu übernehmen.<br />
Welche Faktoren beeinflussen das Behalten von Information positiv?<br />
• Schwierigkeit<br />
• Bekanntheitsgrad<br />
• Strukturiertheit<br />
• Sinnigkeit<br />
• Aufmerksamkeit<br />
• Anschaulichkeit<br />
• Mult<strong>im</strong>ediale Aufbereitung<br />
Welche negativen Einflußfaktoren gibt es?<br />
• Streß<br />
• Zeitdruck<br />
• hoher Schwierigkeitsgrad<br />
• Verständnisschwierigkeiten<br />
• Komplexität<br />
• Eintönigkeit<br />
• schlechte Aufbereitung und Darstellung von Information<br />
Be<strong>im</strong> Durchgehen dieser Faktoren erkennt man schnell, daß <strong>der</strong> Patient in einem<br />
Patienten-Arzt-Gespräch völlig überfor<strong>der</strong>t ist. Denn fast alle Faktoren, die ein Behalten<br />
von Information begünstigen, arbeiten gegen den Patienten. So ist <strong>der</strong> zu vermittelnde<br />
medizinische Stoff äußerst schwierig, <strong>der</strong> Bekanntheitsgrad ist - auch Dank des<br />
medizinischen Fachvok<strong>ab</strong>ulars des Arztes - oft sehr gering. Die Information bricht oft<br />
ziemlich unstrukturiert über den Patienten herein, während die Aufmerksamkeit meist<br />
noch in <strong>der</strong> eigenen Gedankenwelt hängt, die sich noch mit dem Gedanken, daß man<br />
krank ist, beschäftigt. Die Anschaulichkeit läßt <strong>im</strong> Gespräch oft zu wünschen übrig, von<br />
<strong>der</strong> mult<strong>im</strong>edialen Aufbereitung ganz zu schweigen.<br />
Hinzu kommen eine ganze Menge an negativen Faktoren wie Streß, Zeitdruck,<br />
Komplexität und Verständnisschwierigkeiten. Wie man sieht ist es also auch aus Sicht <strong>der</strong><br />
Wahrnehmungsforschung dringend notwendig, das Arzt-Patienten-Gespräch als<br />
67
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Informierungsquelle für den Patienten zu hinterfragen und auch Alternativen und<br />
Ergänzungen zu diesem zu suchen. Hier könnte ein Patienten-Informierungs-System<br />
helfen, wenngleich mit entsprechen<strong>der</strong> Bewußtwerdung <strong>der</strong> obengenannten Faktoren<br />
sicher auch schon <strong>im</strong> Gespräch selbst und <strong>der</strong> Atmosphäre viel getan werden kann.<br />
Aufstellorte:<br />
Die kleinste, sinnvolle Möglichkeit von CAPS (Computer Aided Patient Support) ist ein<br />
Patienteninformierungssystem. Als Aufstellorte kommen Informationskioske/-säulen in<br />
Wartez<strong>im</strong>mern von Arztpraxen, Therapeuten o<strong>der</strong> Krankenhäusern in Frage. Aber auch<br />
Krankenkassen, Selbsthilfegruppen o<strong>der</strong> Apotheken wären interessante Aufstellungsorte.<br />
In Krankenhäusern sollte auf je<strong>der</strong> Station mindestens ein mobiles Patienteninformierungssystem<br />
zur Verfügung stehen, um die Bedürfnisse <strong>der</strong> Patienten nach Information<br />
und die Einbeziehung des Patienten in den Behandlungsprozeß zu ermöglichen.<br />
Von CAPS kann allerdings erst gesprochen werden, wenn in Krankenhäusern auf den<br />
verschiedenen Stationen Untersysteme für den Patienten zur Information, <strong>Dokument</strong>ation<br />
und Qualitätsmanagement an jedem Krankenbett zur Verfügung stehen.<br />
Ziel sollte <strong>ab</strong>er eine CD-ROM o<strong>der</strong> ein Dienst sein, die <strong>der</strong> Patient entwe<strong>der</strong> „auf<br />
Krankenkasse“ bekommt o<strong>der</strong> <strong>ab</strong>er über die Krankenkasse mit einer Selbstbeteiligung<br />
erwerben kann. Die Informationen sollten zu Themen sein, die den Patienten<br />
interessieren: Informationen über Prävention, über chronische Krankheiten (Allergien,<br />
Asthma), an denen <strong>der</strong> Patient leidet o<strong>der</strong> zu Untersuchungsmethoden, Therapiemaßnahmen<br />
und Medikamentenbehandlungen.<br />
Eine weitere Basis, die schon seit einiger Zeit gerade von unserer Arbeitsgruppe getestet<br />
wird, ist ein Online-Dienst über das Internet, <strong>der</strong> als zentrale Anlaufstelle zu allen Fragen<br />
rund um Gesundheit/Krankheit für Patienten dienen soll, sehr einfach topaktuell gehalten<br />
werden kann und relativ kostengünstig angeboten, sowie einfach erreicht werden kann<br />
(WWW-Adresse http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/˜mhaegele/ipis/index.htm). Eine<br />
Kombination von beidem scheint <strong>ab</strong>er am erfolgversprechendsten zu sein, denn eine<br />
hohe Bildqualität und Mult<strong>im</strong>edialität ist <strong>im</strong> Internet aufgrund <strong>der</strong> begrenzten Bandbreite<br />
nicht zu erreichen. Deshalb wird von uns in Zukunft eine Kombination von lokaler CD-<br />
ROM-basierter Anwendung mit Integration <strong>der</strong> Online-Ressourcen favorisiert.<br />
68
Informationen für Bürger und Patienten<br />
5.2.3.4 Autorensystem zur leichten Erstellung von Patienteninformierungssystemen<br />
Unsere Arbeitsgruppe arbeitet seit<br />
11/93 intensiv an <strong>der</strong> Entwicklung<br />
von Werkzeugen und Methoden zur<br />
schnellen Entwicklung von<br />
mult<strong>im</strong>edialen, aufstellortindividualisierten<br />
Patienteninformierungssystemen.<br />
Ein erster Prototyp eines<br />
solchen Systems war auf <strong>der</strong> GMDS<br />
<strong>im</strong> September 1994 zu sehen (siehe<br />
Abbildung rechts).<br />
Vorrangig war uns jedoch die Entwicklung eines allgemeinen Autorensystems zur<br />
schnellen Entwicklung von wartbaren, individualisierbaren Patienten-Informierungs-<br />
Systemen und die mögliche Anbindung an Krankenhausinformations- o<strong>der</strong><br />
Praxisverwaltungssysteme zur patienten-individuellen Patienteninformierung. Ebenso<br />
sollte eine einfache Nutzung des Systems auf fingerbedienbaren Infosäulen, auf<br />
Notebooks, auf CD-Roms o<strong>der</strong> <strong>im</strong> Internet möglich sein.<br />
Die Entwicklung des Autorensystems<br />
ist weitgehend <strong>ab</strong>geschlossen,<br />
so daß wir uns in<br />
Zukunft verstärkt um das<br />
Füllen mit medizinischen<br />
Inhalten kümmern werden.<br />
Erstes Ergebnis ist ein<br />
fingerbedienbares Infosäulensystem<br />
auf Basis des<br />
Autorensystems PatInf <strong>im</strong><br />
Routinebetrieb an <strong>der</strong><br />
Universitäts-Hautklinik in<br />
Heidelberg zum Thema AIDS.<br />
Ein orthopädisches System steht nach einem längeren Testeinsatz in einer<br />
orthopädischen Gemeinschaftspraxis und einer Erweiterung des Themenkreises kurz vor<br />
<strong>der</strong> Fertigstellung, an<strong>der</strong>e Themengebiete sind kurz vor <strong>der</strong> Realisierungsphase.<br />
69
Informationen für Bürger und Patienten<br />
5.2.3.5 Ausblick<br />
Das Patienten-Informierungs-System ist nur <strong>der</strong> erste Schritt auf dem Weg zu weiteren<br />
speziellen CAPS-Systemen für chronisch Kranke, Allergiker und älteren Personen.<br />
Letztendlich wird es zu einem einfach zu bedienenden Gesundheits-Management-Tool<br />
mit hohem Nutzungskomfort und einem integriertem Nachschlagewerk für alle<br />
gesundheitlichen Belange führen, das es jedem Bürger effizient ermöglicht, die für ihn<br />
opt<strong>im</strong>ale gesundheitliche Versorgung zu erlangen und zu behalten.<br />
Literatur:<br />
[BRODY] Brody DS, Miller SM, Lerman CE, Smith DG, Caputo GD. Patient perception of<br />
involvement in medical care: relationship to illness attitudes and outcomes. Journal Gen<br />
Intern Med 1989; 4;506-511<br />
[BUNDESÄRZTEKAMMER] Bundesärztekammer; Gesundheits- und sozialpolitische<br />
Vorstellungen <strong>der</strong> deutschen Ärzteschaft. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 1986.<br />
[BYRNE] Byrne D.J., Napier A., Cuschieri A.: How informed is signed consent. BMJ<br />
1988;296:839-40.<br />
[DAHMER] Dahmer H., Dahmer J.; Effektives Lernen - Anleitung zu Selbststudium,<br />
Gruppenarbeit und Examensvorbereitung. Schattauer, Stuttgart-NewYork 1991.<br />
[DAVIS] Davis N.M.; Teaching patients to prevent errors. Am-J-Nurs; 5;1994:17.<br />
[GREENFIELD] Greenfield S, Kaplan S, Ware J.E. Jr.; Expanding patient involvement in<br />
care: effects on patient outcomes. Ann Intern Med 1985; 102:520-528<br />
[HAYNES] Haynes R., Taylor D.: Compliance in Health Care. Johns-Hopkins-Uni-Press<br />
1982; 21: 241-254.<br />
[HÄGELE] Hägele, M.: CAPS - Erste Schritte zur Realisierung: Das Patienten-<br />
Informierungs-System. Diplomarbeit Deutsches Krebsforschungszentrum: Abteilung MBI,<br />
1995.<br />
[LEY] Ley P.; Comprehension, memory and success of communications with the patient.<br />
J-Inst-Health-Educ 1972; 10: 23-29.<br />
[MAHLER] Mahler H. L., Kulik JA. Preferences for health care involvement, perceived<br />
[MCDONALD] McDonald, M.; Wired Magazin Januar 94.<br />
[MESSINA] Messina C.; Was ist Mult<strong>im</strong>edia?. Hanser München u.a. 1993.<br />
[MORROW] Morrow D., Leirer V., Sheikh J.: Adherence and medication instructions:<br />
review and recommendations. Journal Am Ger Soc 1988; 36: 1147-60.<br />
[SAW] Saw K.C.; Wood A.M.; Murphy K.; Parry J.R.; Hartfall W.G.: Informed consent: an<br />
evaluation of patients' un<strong>der</strong>standing and opinion (with respect to the operation of<br />
transurethral resection of prostate). J-R-Soc-Med 1994; 87:143-4.<br />
[SLJIVLJAK] Sljivljak N. CAPS - Konzeption. Diplomarbeit Deutsches Krebsforschungszentrum:<br />
Abteilung MBI.<br />
[VESTER] Vester, F.; Denken, Lernen, Vergessen. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart<br />
1975.<br />
70
Informationen für Bürger und Patienten<br />
5.2.4 Anfor<strong>der</strong>ungen an Informationssysteme für Behin<strong>der</strong>te 1<br />
5.2.4.1 Einleitung<br />
10% <strong>der</strong> Bürger in <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft, und in etwa auch in Deutschland,<br />
sind körperlich o<strong>der</strong> geistig behin<strong>der</strong>t. Das sind also in Europa 37 Millionen, in Deutschland<br />
rund 8 Millionen Menschen. Davon steht etwa die Hälfte <strong>im</strong> erwerbsfähigen Alter. Der<br />
Gesamtprozentsatz ist steigend, da <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Senioren weltweit zun<strong>im</strong>mt. Alle diese<br />
Bürger brauchen Hilfen - medizinische, technische Hilfsmittel, psychische und soziale<br />
Hilfen, um ein wenig ihre Benachteiligungen <strong>im</strong> Wettbewerb und in ihrer individuellen<br />
Selbstbest<strong>im</strong>mung auszugleichen.<br />
Die Staaten <strong>der</strong> UNO und <strong>der</strong> Europäischen Union h<strong>ab</strong>en sich verpflichtet, für die Herstellung<br />
<strong>der</strong> Chancengleichheit <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ten Sorge zu tragen (Resolution 46/96 <strong>der</strong> GV<br />
<strong>der</strong> UN; vgl. Vertrag von Amsterdam). Dies gilt nicht nur für den medizinischen und den<br />
beruflichen Bereich son<strong>der</strong>n auch für einen „barrierefreien Zugang“ zu den<br />
Informationen.<br />
Die neuen Informations-Technologien bieten hier eine einmalige Chance, einen Teil <strong>der</strong><br />
körperlichen Nachteile auszugleichen. Allerdings gilt es, hier von Anfang an, gewisse<br />
Normen einzuhalten, damit diese Techniken auch effektiv genutzt werden können.<br />
Man möchte zunächst annehmen, daß es für die riesige Spanne <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ungen, von<br />
den Blinden, über die Sehbehin<strong>der</strong>ten, die Hörgeschädigten, die verschiedenen Arten<br />
von motorischen Störungen, bis zu den geistig- und Lernbehin<strong>der</strong>ten, kaum eine befriedigende<br />
Lösung geben kann. Eine genauere Analyse zeigt <strong>ab</strong>er, daß bei einer klaren<br />
Trennung <strong>der</strong> zu vermittelnden Informationsinhalte (in den meisten Fällen Texte) von <strong>der</strong><br />
äußeren Präsentation, es möglich ist, durch geeignete Hard- und Softwarehilfen, die<br />
Informationen für die jeweilige Zielgruppe sinnvoll aufzubereiten und damit nutzbar zu<br />
machen (siehe dazu Anlage „Web-Design für Behin<strong>der</strong>te“). Damit können auch die<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an ein „universelles Design” erfüllt werden <strong>im</strong> Sinne <strong>der</strong> „universal<br />
service obligation” <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Telekommunikation .<br />
Solche Hilfen können beispielsweise darin bestehen, daß ein Text für Blinde in tastbare<br />
Signale (Braille) o<strong>der</strong> in Sprache umgesetzt wird, <strong>der</strong> Sehbehin<strong>der</strong>te ihn in Großschrift am<br />
Bildschirm liest, für den Hörgeschädigten kann ein gesprochener Text in Schrift am<br />
Bildschirm umgesetzt werden. Voraussetzung in allen Fällen ist jedoch, daß nicht eine<br />
unkontrollierte Mischung von Graphik, Text und Ton vorliegt, an <strong>der</strong>en Umsetzung die<br />
meisten Hilfsmittel scheitern müssen. Dies ist den Nichtbehin<strong>der</strong>ten häufig nicht bewußt,<br />
1 Autor: Dieter Schüll<br />
71
Informationen für Bürger und Patienten<br />
obwohl auch die gesunden Bürger und hier insbeson<strong>der</strong>e die Senioren bei einem<br />
verwirrenden graphischen Design ebenso Schwierigkeiten h<strong>ab</strong>en, sich zurechtzufinden.<br />
Bei <strong>der</strong> schnell fortschreitenden Informationsflut ist Eile geboten, brauchbare Darstellungen<br />
zu finden. Eine frühzeitige staatliche Einflußnahme kann spätere erhebliche<br />
Umrüstkosten ersparen, wenn Korrekturen dann überhaupt noch möglich sind.<br />
5.2.4.2 Analyse und Folgerungen<br />
Chancen und Möglichkeiten <strong>der</strong> IT für Behin<strong>der</strong>te und für Selbsthilfeorganisationen:<br />
• Medizinische Informationen können weit detaillierter und spezifischer dargestellt<br />
werden, als vom herkömmlichen Gesundheitssystem erwartet werden<br />
kann. Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e für viele seltene Krankheitsformen. Der internationale<br />
Verbund schafft hohe Aktualität, erlaubt den Austausch von Erfahrungen<br />
und schafft die „kritische Masse” bei seltenen Krankheitsformen.<br />
• Im privaten Bereich wird ein Zugang zu Informationen geschaffen, <strong>der</strong> eine<br />
gewisse Selbständigkeit gewährleistet und den Mangel an Mobilität ausgleicht<br />
(Zugang zu Zeitungen, Homebanking, Teleshopping, Auskunftsservice etc.)<br />
• Durch Medienkompetenz ergeben sich neue Berufszweige, die weniger<br />
Mobilität erfor<strong>der</strong>n (Telearbeit), und dadurch den Wegfall traditioneller Behin<strong>der</strong>tenberufe<br />
(z.B. Masseur o<strong>der</strong> Telefonist) kompensieren können.<br />
• Das WWW wurde erfunden zur gemeinsamen Arbeit vieler Forscher an<br />
entfernten Orten am gleichen Projekt. Diese dezentrale Struktur eignet sich<br />
hervorragend für Selbsthilfeverbände, <strong>der</strong>en Arbeit <strong>im</strong> allgemeinen von einer<br />
Vielzahl ehrenamtlicher Mitglie<strong>der</strong> weit entfernt voneinan<strong>der</strong> geleistet wird.<br />
Durch Aufbau eines Netzwerks können sie ihre gemeinsame ehrenamtliche<br />
Arbeit dezentral wesentlich effizienter gestalten (E-mail Netze, <strong>Dokument</strong>enaustausch,<br />
Telekonferenzen etc.)<br />
Derzeitige Lage:<br />
Ausrüstung:<br />
An den Arbeitsplätzen ist bisher die Versorgung mit Hilfsmitteln noch recht gut. In <strong>der</strong><br />
privaten Nutzung bereiten allerdings die hohen Beschaffungskosten für die Spezialgeräte<br />
ein großes Problem. Der Hilfsmittelkatalog <strong>der</strong> Krankenkassen und die soziale Rechtsprechung<br />
rechnen einen normalen PC zu den persönlichen Gebrauchsgütern, die nicht<br />
erstattungsfähig sind. Paradoxerweise nehmen aufwendige Spezialentwicklungen, die<br />
nicht viel mehr als Standardkomponenten leisten, viel leichter die Hürden. Bei den Betroffenen<br />
wird eine hohe Bereitschaft zur Nutzung <strong>der</strong> Internetangebote festgestellt. Defizite<br />
bestehen <strong>ab</strong>er bei <strong>der</strong> herstellerun<strong>ab</strong>hängigen Beratung in <strong>der</strong> Spezialausstattung und<br />
<strong>der</strong> kontinuierlichen Betreuung bei Updates und späterer Nachrüstung.<br />
72
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Informationsangebote:<br />
Eine Reihe von Selbsthilfegruppen h<strong>ab</strong>en bereits durch die Eigeninitiative von Betroffenen<br />
Internetangebote für die jeweilige Zielgruppe bereitgestellt.<br />
Wie sich an dem Beispiel <strong>der</strong> Sehbehin<strong>der</strong>ten mit Netzhautdegenerationen (Deutsche<br />
Retinitis Pigmentosa Vereinigung (DRPV) - jetzt Pro Retina Deutschland e.V.) zeigen läßt,<br />
muß ein umfassendes Informationssystem wesentlich mehr als nur medizinische Inhalte<br />
einschließen. Diese Krankheiten werden meist erst in fortgeschrittenerem Alter diagnostiziert,<br />
sie sind progressiv und führen in den meisten Fällen zur allmählichen Erblindung.<br />
Eine Therapie ist bisher noch nicht verfügbar. Für die Patienten, die meist in „normalen“<br />
Berufen stehen, ergeben sich eine Reihe folgenschwerer Entscheidungen vom Aufgeben<br />
des Autofahrens, über berufliche Anpassungen, Erproben von Therapieversuchen bis zur<br />
psychologischen Bewältigung <strong>der</strong> fortschreitenden Erblindung. Das Informationssystem<br />
muß daher mehrere Bedürfnisse <strong>ab</strong>decken:<br />
• die medizinische Information über Krankheitsformen, Verlauf, mögliche Therapien,<br />
Erbgänge etc.<br />
• Wege und <strong>Ergebnisse</strong> <strong>der</strong> weltweiten Forschung<br />
• Hilfsmittelangebote für den Alltag <strong>ab</strong>er vor allem auch über den großen<br />
Umfang elektronischer Hilfen<br />
• Sozialberatung und psychologische Hilfen<br />
• Vermitteln fachlichen Rates in Einzelfällen<br />
• Aufzeigen beruflicher Entwicklungen<br />
• Anbieten regelmäßiger Publikationen in sehbehin<strong>der</strong>tengerechter Form<br />
• Anbieten von Kontaktmöglichkeiten durch Diskussionsforen<br />
• Adressen von Kontaktstellen für Sehbehin<strong>der</strong>te. Diese Anfor<strong>der</strong>ungen führten<br />
zu einer umfangreichen Website, in die detaillierte medizinische Informationen<br />
in Laiensprache, neueste internationale Forschungsergebnisse, Themen <strong>der</strong><br />
Sozialgesetzgebung, umfangreiche Anleitungen bei elektronischen<br />
Hilfsmitteln sowie Diskussionsforen und Kontaktadressen integriert sind.<br />
(http://www.gsi.de/˜schuell/drpv.html)<br />
Schwierigkeiten und Barrieren:<br />
Folgende Barrieren stehen <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> o.g. Chancen noch <strong>im</strong> Wege:<br />
• Psychische Barrieren, z.B. Technikfeindlichkeit, Angst vor Vereinsamung<br />
• Ungenügende Computerkenntnisse<br />
• Schlechte Bedienbarkeit <strong>der</strong> Software, z.B. wegen häufiger Updates<br />
• Mangel an attraktiven Nutzungsbeispielen, z.B. Internet-Modellarbeitsplätze<br />
• Kosten <strong>der</strong> aufwendigen Spezialgeräte sowie für Telefon und Provi<strong>der</strong><br />
73
Informationen für Bürger und Patienten<br />
5.2.4.3 Notwendige Aktionen<br />
Verbesserung des Web-Zugangs:<br />
• Initiative für „zugängliches Web-Design“, entsprechend <strong>der</strong> WAI (Web<br />
Access Initiative) des W3C, Mitarbeit von Experten an entsprechenden<br />
Normungen<br />
• PR-Aktion bei den Verlagen, ihre Angebote „zugänglich“ zu präsentieren.<br />
Gesetzliche Verpflichtung <strong>der</strong> Online-Dienste, ihre Zugangsseiten und allgemeine<br />
Daten wie Telefonbücher, Fahrpläne etc. „zugänglich“ zu gestalten.<br />
• Auszeichnung von guten Praxisbeispielen (evtl. Wettbewerb) und Verg<strong>ab</strong>e<br />
des „Web-Access-Symbol“<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Rahmenbedingungen:<br />
• Abbau fortschrittshemmen<strong>der</strong> Verordnungen (z.B. Sozialtarif auch für ISDN)<br />
• Än<strong>der</strong>ung des Hilfsmittelkatalogs<br />
• Ausnahmeregelung von den Copyright Vorschriften bei <strong>der</strong> Aufbereitung von<br />
Angeboten für die speziellen Bedürfnisse best<strong>im</strong>mter Behin<strong>der</strong>tengruppen (in<br />
USA ist z.B. das Aufbereiten von <strong>Dokument</strong>en für Blinde ohne langwierige<br />
Genehmigung <strong>der</strong> Verlage zulässig!)<br />
• Stärkung des Selbsthilfegedankens durch För<strong>der</strong>ung von nationalen und<br />
europaweiten Pilotprojekten, damit Nutzung des ehrenamtlichen Potentials<br />
und Kosteneinsparungen durch Aufbau eines Multiplikatornetzes.<br />
• Anschubfinanzierung eines zentralen Servers (z.B. bei <strong>der</strong> BAGH) als Plattform<br />
für alle Selbsthilfegruppen.<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Medienkompetenz:<br />
• Start einer Aktion „Behin<strong>der</strong>te ans Netz“ mit Anwerbung von Sponsoren<br />
vergleichbar <strong>der</strong> Aktion „Schulen ans Netz“ o<strong>der</strong> „Senioren - Web“<br />
• Begleitendes didaktisches Programm über alle verfügbaren Medien zur Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Computerkenntnisse<br />
• Einbeziehung <strong>der</strong> Hilfsmittelhersteller in den Erfahrungsaustausch und die<br />
Beratung <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong>.<br />
5.2.4.4 Visionen<br />
Der vorgeschlagene Weg ist mit vergleichsweise geringem finanziellen Aufwand<br />
verwirklichbar. Das sollte <strong>ab</strong>er nicht heißen, daß man die High-Tech Entwicklungen für<br />
Behin<strong>der</strong>te nicht ebenfalls weiterführen sollte. Derzeit laufende faszinierende Projekte<br />
(wie z.B. MOBIC) sollen es erlauben, daß Blinde o<strong>der</strong> Rollstuhlfahrer auf dem Computer<br />
ihren Weg planen, dann satellitengestützt die jeweilige Position best<strong>im</strong>men, an Kreuzungen<br />
Anweisungen über den Weg und den Ampelzustand erhalten. Vergleichbare<br />
Systeme sind in Automobilen bereits <strong>im</strong> Einsatz. In diese Systeme können Alarmzentralen,<br />
Pflegedienste etc. integriert werden. Die Informationsgesellschaft bietet eine<br />
74
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Menge Chancen für die meisten Behin<strong>der</strong>ten. Die Weichen sollten so gestellt werden,<br />
daß möglichst viele daran teilh<strong>ab</strong>en!<br />
5.2.4.5 Design von Web-<strong>Seite</strong>n für Behin<strong>der</strong>te<br />
Die Idee des World Wide Web bietet eine einmalige Chance für Behin<strong>der</strong>te, Zugang zu<br />
Informationen zu bekommen, die ihnen sonst verschlossen blieben. Es sieht zunächst so<br />
aus, als könnten die Bedürfnisse <strong>der</strong> Blinden, <strong>der</strong> Sehbehin<strong>der</strong>ten, <strong>der</strong> Schwerhörigen,<br />
<strong>der</strong> physisch und motorisch Behin<strong>der</strong>ten niemals gleichzeitig befriedigt werden. Wenn<br />
jedoch <strong>der</strong> Autor einer Web-<strong>Seite</strong> sich <strong>im</strong>mer bewußt ist, den eigentlichen Informationsinhalt-<br />
in den meisten Fällen Text- von <strong>der</strong> Darstellung zu trennen, dann bietet sich<br />
meistens eine einfache Möglichkeit, durch geeignete technische Hilfsmittel die Information<br />
für jede Nutzergruppe entsprechend umzusetzen.<br />
Um diese Probleme zu verstehen, sollte sich <strong>der</strong> Webdesigner vergegenwärtigen, daß ein<br />
Blin<strong>der</strong> den Text mit tastbaren Methoden (Braille Zeile) o<strong>der</strong> mit Sprachausg<strong>ab</strong>e lesen<br />
muß. Ein Sehbehin<strong>der</strong>ter benutzt Vergrößerungssoftware mit oft nur wenigen Wörtern auf<br />
dem Bildschirm. Motorisch Behin<strong>der</strong>te und viele Senioren sind meist nicht in <strong>der</strong> Lage,<br />
kleine graphische Symbole o<strong>der</strong> Pfeile auf dem Schirm mit dem Mauszeiger zu erreichen.<br />
Die folgenden Regeln sind ein Versuch, zu allgemein zugänglichen Web-<strong>Seite</strong>n zu<br />
gelangen. Sie sind teilweise den Empfehlungen des W3-Konsortiums entnommen und<br />
entsprechend dem <strong>der</strong>zeitigen Zustand des Web weiterentwickelt.<br />
Design-Regeln:<br />
1. „Nur-Text-Versionen“<br />
Diese bieten die größte Chance von unterschiedlichen Browsern und Ausg<strong>ab</strong>ehilfen<br />
fehlerfrei wie<strong>der</strong>gegeben zu werden. Wenn graphische Logos unvermeidlich erscheinen,<br />
so sollten sie durch ein Tag beschrieben werden und <strong>im</strong>mer an <strong>der</strong> gleichen<br />
Position auf <strong>der</strong> <strong>Seite</strong> erscheinen.<br />
2. Eine klare und einheitliche Struktur<br />
mit Rücksprungzeigern am Anfang und/o<strong>der</strong> am Ende erleichtern das Navigieren.<br />
3. Die Inhaltsverzeichnisseite<br />
sollte einspaltig sein. Die Links zu den Unterkapiteln sollten sich über den ganzen Begriff<br />
und nicht nur über einzelne Wörter erstrecken.<br />
4. Nur logische Fontgrössen<br />
sollten benutzt werden, um dem Benutzer selbst die Möglichkeit zu geben, sich die<br />
Grundbuchst<strong>ab</strong>engröße einzustellen. Unformatierte Textfiles werden jedoch bei <strong>der</strong><br />
Konversion nach HTML meistens in nicht skalierbare Fonts umgesetzt, und sind deshalb<br />
zu vermeiden.<br />
75
Informationen für Bürger und Patienten<br />
5. Das Festlegen <strong>der</strong> Farben<br />
und <strong>der</strong> Untergründe verbietet in den meisten Fällen, daß <strong>der</strong> Nutzer sich diese nach<br />
spezifischen Bedürfnissen selbst anpaßt (z.B. invertierte Farbskala). Das Ergebnis ist<br />
häufig ein völlig weißer o<strong>der</strong> ein total dunkler Bildschirm.<br />
6. T<strong>ab</strong>ellen<br />
sollten nur benutzt werden, wenn sie auch zeilenweise gelesen werden können.<br />
7. Sind Graphiken<br />
unvermeidbar o<strong>der</strong> für spezielle Gruppen wichtig (Gehörlose), dann ist ein Link auf eine<br />
<strong>Seite</strong>, die den Inhalt beschreibt bereitzustellen.<br />
8. Formblätter<br />
werden nicht von allen Browsern unterstützt. Als Alternative bieten sich Textfiles zum<br />
Download an. Diese können auf konventionellem Wege über Fax o<strong>der</strong> Post zurückgeschickt<br />
werden.<br />
9. Anklickbare Bil<strong>der</strong>,<br />
Audio und Videoanwendungen innerhalb <strong>der</strong> <strong>Seite</strong> sind gegenwärtig nur begrenzt<br />
zugänglich insbeson<strong>der</strong>e nur mit sehr fortgeschrittenen Browsern.. Für blinde Personen<br />
machen solche Bildkarten überhaupt keinen Sinn.<br />
10. Die Frame-Technik<br />
bereitet in den meisten Fällen große Probleme: Meist ist sie nicht skalierbar mit <strong>der</strong><br />
Videoauflösung, die Fontgrößen innerhalb des Frames skalieren nicht mit <strong>der</strong><br />
Framegröße, Zeilen passen nicht mehr in den Frame, be<strong>im</strong> Lesen des eigentlichen<br />
Textes werden große Teile des Bildschirms ungenutzt gelassen, meist werden schwer<br />
auffindbare Bildlaufleisten benötigt, das seitenweise Blättern ist schwer reproduzierbar ...<br />
Von Frames ist also klar <strong>ab</strong>zuraten! CGI-Scripts bereiten dagegen meist keine<br />
Schwierigkeiten, da sie auf <strong>der</strong> Serverseite <strong>ab</strong>laufen.<br />
Weitere Literatur:<br />
Chr. Dobusch: http://members.aol.com/cdobusch/access.htm<br />
WAI: http://www.w3.org/WAI/References/<br />
Trace-Center: http://www.trace.wisc.edu/<br />
Microsoft: http://www.microsoft.com/en<strong>ab</strong>le/universal/dev/web_guidelines.htm<br />
76
Informationen für Bürger und Patienten<br />
5.2.5 Analyse und Empfehlungen für den Bereich Zahngesundheit 1<br />
5.2.5.1 Analyse<br />
Gesundheitspolitik<br />
Die kürzlich ver<strong>ab</strong>schiedeten Gesetze zur Gesundheitspolitik h<strong>ab</strong>en gravierende Konsequenzen<br />
für die Bevölkerung: ein großer Teil <strong>der</strong> Zahnbehandlungen sind aus <strong>der</strong> GKV<br />
ausgeglie<strong>der</strong>t worden und werden teils überhaupt nicht mehr (z.B. Zahnersatz für nach<br />
1978 Geborene) o<strong>der</strong> nur teilweise von den GKV Kassen bezuschußt.<br />
Demografie<br />
Die Menschen in Deutschland werden <strong>im</strong>mer älter und stellen auch <strong>im</strong> Alter hohe<br />
Ansprüche an Funktion und Ästhetik ihrer Zähne.<br />
Morbidität<br />
Karies und Parodontose und damit Zahnverlust lassen sich nahezu völlig durch<br />
frühzeitige Aufklärung und sorgfältige Pflege vermeiden. Wenn bereits aufgetretene<br />
Defekte möglichst frühzeitig behandelt werden, lassen sich gravierende Spätfolgen zu<br />
einem hohen Prozentsatz vermeiden.<br />
Informations-Situation<br />
Eine <strong>im</strong> Jahre 1997 durchgeführte Studie 2 zeigte deutlich, daß <strong>der</strong> Beratungsbedarf <strong>der</strong><br />
Bürger und Patienten außerordentlich umfangreich ist und daß lei<strong>der</strong> ein großer Teil <strong>der</strong><br />
Bürger (<strong>53</strong>,2%) nicht regelmäßig zum Zahnarzt geht und nur dann, wenn Schmerzen<br />
vorhanden sind o<strong>der</strong> sonst etwas nicht in Ordnung ist. Das heißt, daß die Information in<br />
<strong>der</strong> Zahnarztpraxis nur einen gewissen Teil des gesamten Informationsbedarfs <strong>ab</strong>decken<br />
kann.<br />
Schlußfolgerung<br />
Informationen für Bürger und Patienten über Zahngesundheit h<strong>ab</strong>en einen sehr hohen<br />
volkswirtschaftlichen und gesundheitspolitischen Stellenwert und sollten über alle Medien<br />
auch über das Internet intensiviert werden.<br />
5.2.5.2 Derzeitiges Angebot an Informationssystemen über Zahngesundheit<br />
Es gibt bereits auf verschiedenen Medien die unterschiedlichsten Programme zur<br />
Patienteninformation, die man folgen<strong>der</strong>maßen gruppieren kann:<br />
1<br />
2<br />
Autorin: Heide Wiese<br />
„Zahnärzte und ihre Patienten“ <strong>Ergebnisse</strong> einer psychologischen Patientenbefragung durch<br />
das Institut <strong>der</strong> Stiftung für empirische Sozialforschung Prof. Dr. Bergler, Nürnberg, April 1997,<br />
zu beziehen durch VDDI-Verband <strong>der</strong> deutschen Dentalindustrie, Kirchweg 2, 50585 Köln<br />
77
Informationen für Bürger und Patienten<br />
(1) Individuelle Programme, zusammengestellt von Zahnärzten und Zahntechnikern<br />
auf ihnen zur Verfügung stehenden Medien, „vorher - nachher Aufnahmen” von durchgeführten<br />
Behandlungsfällen und Modelle unterschiedlicher Behandlungsmöglichkeiten.<br />
Diese Programme werden dem Patienten durch den Zahnarzt vermittelt.<br />
(2) Beiprogramme zur administrativen EDV<br />
Fast 100% <strong>der</strong> Zahnarztpraxen nutzen die EDV mindestens für administrative Zwecke,<br />
ein Großteil jedoch auch <strong>im</strong> Zusammenhang mit bildgebenden Verfahren (Digitales<br />
Röntgen, Oralkamera). Diese Programme lehnen sich <strong>im</strong> allgemeinen eng an die Abrechnungspositionen<br />
an und erklären dem Patienten die verschiedenen Möglichkeiten einschließlich<br />
<strong>der</strong> Kosten. Sie dienen zur Entscheidungsunterstützung bei <strong>der</strong> Wahl <strong>der</strong><br />
Behandlung. Nur für den Gebrauch durch Zahnärzte geeignet.<br />
(3) Verlagsprogramme<br />
Aus dem Bild- und Videomaterial <strong>der</strong> Verlage sind ebenfalls Video, CD-ROM und CD-I<br />
und DVD Programme zur Patienteninformation entstanden. Ein Teil benützt dafür<br />
klinische Darstellungen aus Zahnarzt-Fortbildungsvideos, die für die Patienten we<strong>der</strong><br />
ästhetisch noch in ihrer Darstellungsgeometrie verständlich erscheinen. Ein Teil nutzt<br />
jedoch auch patientenfreundliche Darstellungsweisen o<strong>der</strong> Graphiken.<br />
(4) Umfassende, interaktive Patienteninformation - (Beispiel TELEDENT DIALOG) -<br />
Folgende „10 Gebote” wurden als didaktisches Konzept und Kriterienkatalog für die<br />
Erstellung dieses Informationsprogramms erarbeitet und wurden dann anschließend für<br />
die Themen Prävention, Restaurative Zahnheilkunde, Parodontologie, Zahnersatz und<br />
Kieferorthopädie umgesetzt (das didaktische Konzept kann jedoch auf alle medizinischen<br />
Bereiche übertragen werden):<br />
Didaktisches Konzept:<br />
1. <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mt auf das individuelle Informationsbedürfnis des Patienten<br />
2. interaktiv<br />
3. für den Bürger verständlich in Bild und Wort<br />
4. ästhetisch<br />
5. praxisnah<br />
6. Inhalte wissenschaftlich <strong>ab</strong>gesichert, praxiserprobt und qualitätskontrolliert<br />
7. regelmäßiges Update<br />
8. Neutrale Inhalte ohne Produkt- o<strong>der</strong> Firmenwerbung<br />
9. <strong>im</strong> sogenannten „Teammodus” zum Einsatz durch das<br />
Praxisteam geeignet, Schnittstellen zu an<strong>der</strong>en<br />
bildgebenden Verfahren und zur administrativen EDV<br />
10. <strong>im</strong> sogenannten „Patientenmodus” durch Touch Screen<br />
o<strong>der</strong> einfachen Richtungskontroller durch den Bürger<br />
bedienbar, denkbar auch außerhalb <strong>der</strong> Zahnarztpraxis an jedem Ort, an<br />
dem jemand Lust hat , etwas über Zahngesundheit zu erfahren o<strong>der</strong> zu erfragen.<br />
78
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Das Ergebnis <strong>der</strong> Umsetzung dieser Kriterien ist das Programm TELEDENT DIALOG,<br />
das zur Zeit lediglich auf CD-ROM zur Verfügung steht, bei dem <strong>ab</strong>er bereits durch den<br />
Ersatz <strong>der</strong> Videos durch Standbil<strong>der</strong> o<strong>der</strong> bewegte Graphiken an einer internetfähigen<br />
Version gearbeitet wird. Es kann als Beispiel dienen.<br />
5.2.5.3 Informationsdefizite<br />
In <strong>der</strong> oben bereits erwähnten Studie wurden zunächst Patienten nach ihren Informationswünschen<br />
befragt und an<strong>der</strong>erseits Zahnärzte gebeten, die Themen zu nennen, die ihrer<br />
Meinung nach die Patienten interessieren.<br />
Themen, über die <strong>der</strong> Patient häufiger Informationen h<strong>ab</strong>en möchte, als Zahnärzte dies<br />
erwarten:<br />
Thema<br />
Beratungsbedarf <strong>der</strong> Patienten<br />
aus Sicht <strong>der</strong> Patienten aus Sicht <strong>der</strong> Zahnärzte<br />
Gesundheitsverträglichkeit von<br />
71% 42%<br />
Materialien<br />
Haltbarkeit <strong>der</strong><br />
68% 49%<br />
Behandlungsergebnisse<br />
Kosten unterschiedlicher<br />
67% 49%<br />
Behandlungsmethoden<br />
Angebot neuer Materialien 65% 27%<br />
Allergiefreie Materialien 56% 23%<br />
Alternative<br />
55% 30%<br />
Behandlungsmethoden<br />
Möglichkeiten zur Verwendung<br />
51% 33%<br />
von Zahn<strong>im</strong>plantaten<br />
Strahlenbelastung, Krebsrisiko 51% 21%<br />
Die Diskrepanz in den Informationserwartungen aus Sicht <strong>der</strong> Zahnärzte und aus Sicht<br />
<strong>der</strong> Patienten kann unterschiedlich interpretiert werden:<br />
• Patienten in <strong>der</strong> Zahnarztpraxis äußern ihre Informationswünsche nicht<br />
deutlich dem Zahnarzt gegenüber o<strong>der</strong> denken, daß <strong>der</strong> Zahnarzt für solche<br />
Informationen keine Zeit hat, da <strong>der</strong> nächste Patient schon wartet<br />
• sie empfinden die Zahnarztpraxis nicht als den geeigneten Ort, an dem man<br />
sich in Ruhe über best<strong>im</strong>mte Themen informiert<br />
• während <strong>der</strong> Behandlung (Zahnarzt trägt Mundschutz und Handschuhe,<br />
Patient liegt auf dem Behandlungsstuhl mit Watterollen <strong>im</strong> Mund) ist bei<strong>der</strong>seitige<br />
Kommunikation kaum möglich<br />
• an<strong>der</strong>e Informationsquellen und Informationsträger füllen bereits teilweise die<br />
Informationslücken<br />
79
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Zahnärzte intensivieren zur Zeit ihre Bemühungen um Information und Kommunikation<br />
mit dem Patienten in Richtung „sprechende Zahnheilkunde”. Da dies <strong>ab</strong>er keine <strong>ab</strong>rechnungsfähige<br />
Leistung ist und daneben ja auch noch behandelt werden muß, ist die<br />
Effizienz aus Zeitgründen begrenzt.<br />
Patienteninformationssysteme, die interaktiv durch den Patienten bedient werden können<br />
und zum Beispiel in einem Info-Bereich <strong>der</strong> Praxis zur Verfügung stehen, <strong>ab</strong>er auch an<br />
an<strong>der</strong>en Informationsorten o<strong>der</strong> auf an<strong>der</strong>en Medien bereitgestellt werden müssen die<br />
Informationslücke füllen. Zur Zeit hat hier das Informationsangebot <strong>im</strong> Internet noch keine<br />
Bedeutung, was sich <strong>ab</strong>er sicherlich in Zukunft än<strong>der</strong>n wird.<br />
5.2.5.4 Voraussetzungen für ein internetfähiges Informationssystem für<br />
Bürger und Patienten<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an die Navigationsstruktur<br />
• Zugang zu den Einzelthemen über verständliche, <strong>ab</strong>er trotzdem wissenschaftlich<br />
korrekte „Laiensprache”<br />
• Lexikon mit Suchbegriffen <strong>der</strong> wissenschaftlichen Terminologie und <strong>der</strong><br />
Laiensprache<br />
• Verweise zu weiterführenden Themen, Diskussionsforen, Adressen<br />
• einfache Rückführung zum Basisthema und zum Hauptmenue<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an die Darstellung <strong>der</strong> Einzelbeiträge<br />
• Individuell auf das Informationsbedürfnis des Bürgers und Patienten<br />
<strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mt<br />
• Darstellungsweise über 3-D Modelle, die berücksichtigt, daß <strong>der</strong> Patient<br />
ungeübt ist, sich die Geometrie <strong>der</strong> Mundhöhle vorzustellen<br />
• Darstellung in Form von ästhetischen Graphiken anstelle von allzu blutigen<br />
klinischen Aufnahmen<br />
• Umsetzung <strong>der</strong> bildhaften Darstellungen in entsprechende Begleittexte<br />
- in verschiedenen Sprachen<br />
- für verschiedene Anwen<strong>der</strong>gruppen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an die Qualitätssicherung<br />
• Inhalte müssen wissenschaftlich <strong>ab</strong>gesichert und praxiserprobt sein<br />
• ständige Überprüfung nach dem Stand <strong>der</strong> Zahnheilkunde und <strong>der</strong><br />
gesetzlichen Vorg<strong>ab</strong>en zur Sicherstellung <strong>der</strong> zahnmedizinischen Versorgung<br />
80
Informationen für Bürger und Patienten<br />
• eine Zertifizierung <strong>der</strong> Inhalte ist sinnvoll, wobei die Kriterien dafür noch zu<br />
erarbeiten sind.<br />
5.2.5.5 Handlungserfor<strong>der</strong>nisse / Vorschläge<br />
1. Informationen über Zahngesundheit müssen allen Bevölkerungskreisen über<br />
verschiedene Informationsträger zugänglich gemacht werden<br />
• allen Altersgruppen<br />
• Gesunden, Kranken, Behin<strong>der</strong>ten<br />
• Männer, Frauen und Kin<strong>der</strong>n<br />
• regelmäßigen Zahnarztbesuchern und denen, die nur bei Schmerzen zum<br />
Zahnarzt gehen (an<strong>der</strong>e Informationsorte).<br />
2. Das BMG könnte die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung auch mit<br />
dem Thema „Zahngesundheit” beauftragen und über diesen sehr effizienten<br />
Weg die Informationen zur Verfügung stellen und verbreiten.<br />
3. In den Schulen wäre das Fach „(Zahn)Gesundheitskunde” wie z.B. Sozialkunde<br />
einzuführen und die Lehrer wären entsprechend zu schulen bzw. die Fachkreise<br />
wären entsprechend einzubeziehen.<br />
4. Das BfBuF und / o<strong>der</strong> das BMG könnte wissenschaftlich untersuchen lassen, wie<br />
Informationssysteme zur Verhaltensän<strong>der</strong>ung und Verbesserung <strong>der</strong> (Zahn)<br />
Gesundheit beitragen.<br />
6. Berechnungen des volkswirtschaftlichen Effektes <strong>der</strong> so erzielten (Zahn)<br />
Gesundheit würden gesicherte Aussagen über den volkswirtschaftlichen und<br />
gesundheitspolitischen Nutzen solcher Systeme ergeben.<br />
81
6 Fachinformation und<br />
Entscheidungsunterstützung<br />
Inhalte <strong>der</strong> Anwendungslösungen<br />
• Es werden Zugriffe auf für das Gesundheitswesen relevante Wissensquellen<br />
gewährt bis hin zu Möglichkeiten, an praktischen Erfahrungen und Fähigkeiten<br />
von Experten teilzuh<strong>ab</strong>en. Die Aufbereitung unterstützt die fallbezogene<br />
Nutzung <strong>der</strong> Information.<br />
Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung<br />
• Die ortsun<strong>ab</strong>hängige Nutzung des aktuellen Wissenstandes wird ermöglicht. Die<br />
Information erschließt sich nicht nur dem engeren Expertenkreis son<strong>der</strong>n allen<br />
Beteiligten. Die Systeme unterstützen die kontinuierliche Professionalisierung.<br />
Beitrag zum Aufbau einer Telematikplattform<br />
• Es werden telemedizinische Austauschprozesse induziert. Interaktionsszenarien<br />
unterstützen vor allem bildbezogene Klärungen. Aufbereitete Informationszugriffe<br />
vernetzen diese Inhalte für alle beteiligten Akteure mit <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
relevanten Kontextinformationen.<br />
Konkrete Empfehlungen <strong>der</strong> Autoren zur Umsetzung<br />
• Wir empfehlen mo<strong>der</strong>ierte und qualitätskontrollierte Informationssysteme, über<br />
<strong>der</strong>en Finanzierung Einvernehmen hergestellt werden muß. Hierfür sind akzeptierte<br />
Zertifizierungsprozesse unumgänglich.
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
6.1 Einführung in die Übersichtsarbeiten 1<br />
Mo<strong>der</strong>ne Telematik-Verfahren <strong>im</strong> Gesundheitswesen eröffnen viele aufregende berufliche<br />
Möglichkeiten, die <strong>der</strong> Krankenschwester, dem Arzt, <strong>der</strong> Hebammen und an<strong>der</strong>en Berufsgruppen<br />
<strong>im</strong> Gesundheitswesen bisher nicht zur Verfügung gestanden h<strong>ab</strong>en: aktuelle<br />
Fachinformationen, leistungsfähigere Aus- und Fortbildungstechniken, Entscheidungsunterstützung<br />
und vieles mehr.<br />
Beispielhaft werden Vorh<strong>ab</strong>en aus den Bereichen Public Health, Telemedizin, Zweitbefundung,<br />
Aus- und Fortbildung, Informationsvermittlung sowie Qualitätsmanagement<br />
beschrieben. 2 Die exemplarischen Vorh<strong>ab</strong>en st<strong>im</strong>men in folgenden Merkmalen überein:<br />
Sie leisten einen Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung.<br />
Un<strong>ab</strong>hängig vom Ort <strong>der</strong> Handlung kann aktuelle Information und Hilfe erfragt werden.<br />
Über die Grenzen des engen Expertenkreises hinaus wird fachliche Kommunikation<br />
möglich. Patienten und die verschiedenen Berufsgruppen können bei Bedarf in einen<br />
sachlich fundierten Austausch über Maßnahmen <strong>der</strong> Prävention, <strong>der</strong> Behandlung o<strong>der</strong><br />
Reh<strong>ab</strong>ilitation eintreten. Diese sachlichen Kommunikationsprozesse för<strong>der</strong>n das<br />
Qualitätsmanagement <strong>im</strong> Gesundheitswesen und die Professionalisierung aller darin<br />
Tätigen.<br />
Sie ermöglichen neue Formen <strong>der</strong> Kommunikation.<br />
Die bildreiche Kommunikation, die mo<strong>der</strong>ne Mult<strong>im</strong>edia-Systeme erlaubt, eröffnet an<strong>der</strong>sartige<br />
und intensivere Möglichkeiten des fachlichen Austauschs. Wenn diese in Aus- und<br />
Fortbildung sowie in den beruflichen Alltag eingeführt werden, können die Stärken<br />
menschlicher Verständigung und technischer vield<strong>im</strong>ensionaler Darstellung miteinan<strong>der</strong><br />
gekoppelt werden. In neueren Systemen schließt dieses nicht nur Bil<strong>der</strong> son<strong>der</strong>n auch<br />
Hören und Fühlen ein.<br />
Sie sind heute schon praktik<strong>ab</strong>el - Finanzierung und Weiterentwicklung sind jedoch<br />
offen.<br />
Die dargestellten Beispiele lassen erahnen, welche Entwicklung <strong>im</strong> deutschen Gesundheitswesen<br />
möglich wäre bei geeignetem Telematik-Einsatz. Allerdings fehlen technische<br />
Abst<strong>im</strong>mungen und Finanzierungsmodelle. Das gegenwärtige Entgeltsystem för<strong>der</strong>t nicht<br />
1<br />
2<br />
Autor: Otto Rienhoff<br />
Lesehinweis: Die nachfolgenden Anwendungsszenarien sind so hintereinan<strong>der</strong> gestellt, daß<br />
ähnliche Konzepte aufeinan<strong>der</strong> folgen. Das Beispiel aus dem Bereich Public Health sollte in<br />
jedem Fall gelesen werden - öffnet es doch den Blickwinkel über die tradierte Telemedizin<br />
hinaus. Die Beispiele sind ähnlich aufgebaut, so daß in ihnen gezielt nach Information gesucht<br />
werden kann. Oftmals verbirgt sich hinter ihnen eine Arbeitsgruppe mit vielen Fachleuten, die<br />
über viele Jahre an <strong>der</strong> Vorbereitung des dargestellten Ansatzes gearbeitet hat.<br />
84
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
den Telematik-Einsatz. So finden sich auch noch viele skeptische Haltungen <strong>im</strong><br />
Management.<br />
Einige grundsätzliche Erwägungen zur Auswirkung <strong>der</strong> Telematik auf die Berufswelt<br />
finden sich auch <strong>im</strong> Kapitel 2 des vorliegenden Berichtes, die auf den Diskussionen eines<br />
Kreises von Experten <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> <strong>Unterarbeitsgruppe</strong> „Fachinformation und Entscheidungsunterstützung“<br />
des FORUM INFO 2000 beruhen.<br />
85
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
6.2 Elektronische Informationssysteme für Public-Health-<br />
Professionelle<br />
Inhalt <strong>der</strong> Anwendungslösung<br />
• Aufbau online-zugänglicher Public-Health-Datenbanken (Inhalt: epidemiologische<br />
Daten, Forschungsvorh<strong>ab</strong>en, Praxiserfolge)<br />
• Programme zur Gesundheitsför<strong>der</strong>ung und Prävention<br />
• Online Fort, Aus- und Weiterbildung für Public-Health-Professionelle<br />
Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung<br />
• Erhöhung <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> Informationen und <strong>der</strong> Kommunikation<br />
• Mehr Transparenz von Anbietern und Leistungen <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
• Rationale Entscheidungshilfen für Kostenträger, Verwaltung und Politik<br />
Beitrag zum Aufbau einer Telematikplattform<br />
• Online-Zugriffe auf Datenbanken, Literatur und Expertenwissen<br />
• Weiterbildungsmodule für alle Teilnehmer <strong>im</strong> Gesundheitswesen (auch<br />
Patienten und Bürger)<br />
• Aufbau von Metainformationen als Navigationsmittel<br />
Konkrete Empfehlungen <strong>der</strong> Autoren zur Umsetzung<br />
• Gründung einer Clearingstelle und Konsortium zur Qualitätskontrolle und<br />
Bündelung von elektronisch verfügbaren Public-Health-Informationen<br />
• Integration von Seminaren zu Public Health Informatics in den Public-Health-<br />
Studiengängen<br />
• Aktive Werbung für und Schulung zur Nutzung <strong>der</strong> verschiedenen Internet-<br />
Dienste bei Teilnehmern <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
86
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
6.2.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen<br />
Themengruppe „Public-Health“ 1<br />
6.2.1.1 Technische Plattform<br />
Am häufigsten genutzte Form des elektronischen Informationsaustauschs in Public<br />
Health in Deutschland ist zur Zeit E-mail. Die Präsentation von Dienstleistungsangeboten<br />
und Datenbeständen erfolgt <strong>im</strong> wesentlichen <strong>im</strong> World Wide Web (http). Telnet und FTP<br />
spielen als Dienste nur eine untergeordnete Rolle.<br />
Ähnlich <strong>der</strong> Entwicklung in an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n wird es voraussichtlich nicht zur Entwicklung<br />
spezieller Plattformen kommen. Die Nutzung beschränkt sich aufgrund <strong>der</strong> Datenmengen<br />
und <strong>der</strong> Datencharakteristika auf bereits vorhandenen Protokolle und Standards.<br />
6.2.1.2 Innere Dynamik <strong>der</strong> Entwicklung<br />
Das Internet dient <strong>im</strong> Public Health-Bereich zum interaktiven Austausch von Fachinformationen,<br />
Forschungsergebnissen und Erfahrungen mit Modellprojekten sowie zum<br />
schnellen und kostengünstigen Zugang zu einschlägigen Fachdatenbanken.<br />
Bisher sind wesentliche Akteure des Gesundheitswesens nicht o<strong>der</strong> nur eingeschränkt an<br />
das Internet angeschlossen. Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e für den öffentlichen Gesundheitsdienst<br />
und auch für die meisten Anbieter gesundheitlicher Dienstleistungen, wie Wohlfahrtsverbände<br />
und Freie Träger o<strong>der</strong> Krankenkassen. Der Grad <strong>der</strong> Vernetzung <strong>im</strong><br />
Bereich <strong>der</strong> Forschungseinrichtungen ist um einiges höher, <strong>ab</strong>er auch hier sind beispielsweise<br />
in <strong>der</strong> Public-Health-Ausbildung (Rechercheanleitungen, Distance Learning)<br />
Lücken zu füllen. Die deutsche Entwicklung hinkt hier dem internationalen Trend deutlich<br />
hinterher.<br />
Es besteht ein hoher Bedarf an epidemiologischen Daten und an Datenbanken über<br />
Forschungsaktivitäten, -ergebnisse und Modellprojekte. Beide Informationsquellen<br />
werden bei <strong>der</strong> Planung, Umsetzung und Evaluation von Maßnahmen <strong>der</strong> Prävention und<br />
Gesundheitsför<strong>der</strong>ung von allen beteiligten Institutionen und Organisationen benötigt<br />
(Stichwort: Evidence based Public Health). Während <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung<br />
epidemiologische Daten von Dienstleistungsanbietern und Kostenträgern zur<br />
Kontrolle <strong>der</strong> Qualität des Versorgungssystems benutzt werden, dienen sie den Gesundheitsverwaltungen<br />
zur Entwicklung notwendiger Interventionsprogramme. Datenbanken<br />
über Forschungsaktivitäten und Modellprogramme werden von Kostenträgern, Dienstleistern<br />
und <strong>der</strong> öffentlichen Hand zur Wahl eines geeigneten Kooperationspartners<br />
1 Autoren: Anke Scheiber, Rüdiger Schneemann<br />
87
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
benötigt, helfen den Aufbau von Doppelkapazitäten zu vermeiden, erleichtern die medienwirksame<br />
Darstellung von Public Health und lassen Synergieeffekte entstehen.<br />
Der Aufbau online zugänglicher Public-Health-Datenbanken (ergänzend zu den Literaturdatenbanken<br />
bei DIMDI) bildet die Basis einer gezielten Entwicklung elektronischer<br />
Fachinformationsdienste. Bisher sind an drei Standorten diesbezügliche Aktivitäten mit<br />
unterschiedlichen Schwerpunkten zu verzeichnen: WWW-Verzeichnis „Public Health in<br />
Deutschland” (Bayerischer Forschungsverbund Public Health, München) und Informationsvermittlungsstelle<br />
Public Health (Institut für Gesundheitswissenschaften, Berlin) .<br />
Einzelne Beispiele erfolgreicher interaktiver Fachinformationsforen wie UMINFO (Informationsdienst<br />
Umweltmedizin, RKI), die elektronischen Diskussionsliste pubhealth-l (Public<br />
Health-Fragen in Deutschland, IfG) und das „Gesunde-Städte-Netzwerk” (Frankfurter<br />
Stadtgesundheitsamt) sind lediglich erste deutsche Aktivitäten zur Nutzung des Email-<br />
Dienstes für den professionellen Informationsaustausch. Im englischsprachigen Raum<br />
existieren eine Vielzahl von spezifizierten Online-Foren für Public-Health-Professionelle,<br />
mit einem internationalen Teilnehmerkreis und unter nur sehr geringer deutscher<br />
Beteiligung.<br />
Völlig brach liegt bisher die Nutzung des Internets für Programme zur Gesundheitsför<strong>der</strong>ung,<br />
zur Weiterbildung für Public Health-Professionelle und zur Darstellung <strong>der</strong><br />
deutschen Public Health Forschungs- und Praxiserfolge <strong>im</strong> internationalen Rahmen,<br />
inklusive <strong>der</strong> Forschungskooperation.<br />
6.2.1.3 Flankierende Maßnahmen<br />
Ein attraktives Fachinformationsangebot und die Nutzung neuer Kommunikationstechnologien<br />
bei <strong>der</strong> Entscheidungsfindung werden nur dann von allen Beteiligten <strong>im</strong><br />
Gesundheitswesen genutzt und angenommen, wenn sie aktiv vermarktet und in den<br />
Anwen<strong>der</strong>kreis eingeführt werden.<br />
Dazu gehört die Schulung und Werbung für die Nutzung <strong>der</strong> verschiedenen Dienste des<br />
Internets in <strong>der</strong> Fort-, Aus- und Weiterbildung <strong>im</strong> Gesundheitswesen, <strong>der</strong> Integration von<br />
Seminaren zu Public Health Informatics in den Public Health-Postgraduiertenstudiengängen<br />
und die Bündelung bisher vereinzelter Initiativen und Informationsangebote.<br />
6.2.1.4 Geschäftsmodelle<br />
Gemeinsam mit Dienstleistern können Weiterbildungsmodule für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen<br />
<strong>der</strong> Kostenträger, des öffentlichen Gesundheitsdienstes und <strong>der</strong> Anbieter <strong>im</strong><br />
Gesundheitswesen entwickelt und angeboten werden, die auf den jeweiligen Informationsbedarf<br />
zugeschnitten sein müssen.<br />
88
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
Für die Nutzung von Datenbanken kann eine Gebühr erhoben werden, allerdings sollten<br />
die Einnahmemöglichkeiten <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Fachinformationsdienste nicht überschätzt<br />
werden. Online Delivery von Dateien und Literatur gehören ebenfalls zu den eingeschränkt<br />
kommerziell organisierbaren Leistungen.<br />
6.2.1.5 Gewährleistung inhaltlicher Qualität<br />
Die Qualität <strong>der</strong> Informationen selbst und <strong>der</strong> Informationsweiterg<strong>ab</strong>e muß durch<br />
Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen gesichert werden. Neben <strong>der</strong> Kontrolle des<br />
Inhalts von Informationsangeboten sind Systematisierung und Standardisierung des<br />
Online-Angebotes sowie eine verbesserte Orientierung des Nutzers wesentliche<br />
Qualitätsziele.<br />
Zur Zeit wird an <strong>der</strong> Gründung eines Konsortiums zur Qualitätskontrolle von wissenschaftlichen<br />
Public Health-Informationen <strong>im</strong> Internet gearbeitet (Leitung: Berlin/Hannover,<br />
MHH), dem führende Fachwissenschaftler angehören werden (Kooperationen u.a. mit <strong>der</strong><br />
Arbeitsgruppe Internet <strong>der</strong> GMDS und <strong>der</strong> Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Public<br />
Health).<br />
Die Qualität von Ausbildungsmodulen zur Internetnutzung wird sich an ihrer internationalen<br />
Vergleichbarkeit (für den wissenschaftlichen Bereich) und am Erfolg durch eine<br />
eigenständige aktive Nutzung <strong>der</strong> Schulungsteilnehmer erweisen.<br />
Public Health als Querschnittsaufg<strong>ab</strong>e und Arbeitsfeld vieler Disziplinen ist stets in<br />
Gefahr, Qualität durch Intransparenz zu verlieren. Die <strong>Dokument</strong>ation <strong>der</strong> Aktivitäten zur<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Fachinformationsdienste und Entscheidungshilfen ist daher ebenfalls<br />
Teil <strong>der</strong> Qualitätssicherung.<br />
89
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
6.2.1.6 Informatisches Konzept 1<br />
Neben <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> Inhalte best<strong>im</strong>mt das Informationskonzept die Leistungsfähigkeit<br />
eines Informationssystems. Das Informationskonzept entwickelt <strong>im</strong> Hinblick auf die aktuellen<br />
fachlichen Anfor<strong>der</strong>ungen und vor dem Horizont <strong>der</strong> gegenwärtigen und <strong>ab</strong>sehbaren<br />
technologischen Möglichkeiten die Daten- und Informationsstruktur des System auf <strong>der</strong><br />
Grundlage von Annahmen über die Arbeitszusammenhänge, in die das System<br />
eingebettet ist.<br />
Im folgenden wird von den Annahmen ausgegangen, daß erhöhte Verfügbarkeit und<br />
Benutzerfreundlichkeit von Informationssystemen zu einer Verlagerung von Retrievalleistungen<br />
vom professionellen Rechercheur zum Endbenutzer führt, daß <strong>ab</strong>er an<strong>der</strong>erseits<br />
die zunehmende Menge und Komplexität von Information neuen Bedarf für professionelle<br />
Zugangsbahnung schaffen. D<strong>ab</strong>ei wird sich aufgrund zunehmen<strong>der</strong> Vernetzungsmöglichkeiten<br />
eine Verschiebung ergeben weg vom bloßen Nachweis von Informationsquellen<br />
hin zur Vermittlung des Originaldokuments selbst bzw. des Expertenkontakts.<br />
Ferner wird die zunehmende Verbreitung von PC-Arbeit zu einer direkteren Einbindung<br />
<strong>der</strong> Informationssyteme in den persönlichen Arbeitsplatz führen.<br />
Für das Informationskonzept bedeutet das, daß eine zunehmend heterogenere<br />
Informationsmenge für differenzierte und wechselnde Bedürfnisse homogenisiert werden<br />
muß. An die Stelle von Verweisinformationen mit vergleichsweise einfacher Struktur tritt<br />
eine Fülle von <strong>Dokument</strong>- und Medienformen. Zugleich wachsen die Anfor<strong>der</strong>ungen an<br />
das Maß <strong>der</strong> Transformierung und Einbindung dieser Informationen in konkrete<br />
Arbeits<strong>ab</strong>läufe. Integration ist mithin das zentrale Erfor<strong>der</strong>nis an neue Systeme <strong>der</strong><br />
Informationsvermittlung; und diese Integration muß sich von technischen Aspekten wie<br />
Netzwerkprotokollen über Datenstrukturen hin zur Integration in einzelne Arbeitsumfel<strong>der</strong><br />
und zwischen solchen erstrecken.<br />
Offene, einfache zu handh<strong>ab</strong>ende und allgemein verbreitete Standards, wie sie sich<br />
beispielhaft <strong>im</strong> World Wide Web et<strong>ab</strong>liert h<strong>ab</strong>en, erleichtern diesen Weg. Gegenüber<br />
proprietären Systemen stellen sie sicher die bessere Wahl für ein künftiges Public-Health-<br />
Informationssystem dar. Aber sie bilden nur einen Rahmen, <strong>der</strong> ausgefüllt werden muß<br />
durch Ang<strong>ab</strong>en über die Lokalisation, die Struktur und - um Mehrsprachigkeit, Mehrdeutigkeit<br />
und Synonymität zu handh<strong>ab</strong>en - auch Semantik <strong>der</strong> <strong>im</strong> Einzelfall benötigten<br />
Informationsquellen, um Metainformation also, um es auf einen gängigen Begriff zu<br />
bringen. Diese Metainformation kann als Schlüsselbegriff für ein künftiges Public-Health-<br />
Informationssystem betrachtet werden, da sie einerseits die Orientierung des menschlichen<br />
Benutzers innerhalb des Systems ermöglicht und an<strong>der</strong>erseits die Basis bildet für<br />
1 Autor: Klaus Prätor<br />
90
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
eine automatische Anpassung von Strukturen und Terminologien mittels virtueller<br />
Datenbanklayer und Metathesauri bildet.<br />
91
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
6.3 Telemedizin und Zweitbefundungen<br />
Inhalt <strong>der</strong> Anwendungslösung<br />
• Übertragung und Archivierung von Befunddaten<br />
• Austausch und Diskussion von Befunden, Absicherung von Befunden<br />
• Zugang zu Experten<br />
Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung<br />
• Qualitätsverbesserung bei Befund und anschließen<strong>der</strong> Therapie<br />
• Weiterverbreitung von Expertenwissen<br />
• stärkere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung<br />
Beitrag zum Aufbau einer Telematikplattform<br />
• Einstieg in stärkere elektronische Kommunikation ambulant/stationär<br />
• Ansatzpunkt für den Aufbau einer elektronischen Patientenakte<br />
• Nutzbarkeit <strong>im</strong> konkreten Fall schafft Akzeptanz für IT-Anwendung<br />
Konkrete Empfehlungen <strong>der</strong> Autoren zur Umsetzung<br />
• Schaffung notwendiger Rahmenbedingungen (z. B. Honorierung, Datenschutz,<br />
Datensicherheit)<br />
• Einbindung in regionale Versorgungskonzepte mit definierten Inhalten und<br />
gesicherter Finanzierung, um langfristigen Erfolg und Breitenwirkung zu sichern.<br />
• Begleitende Evaluierung und Validierung, um akzeptierte „Standardlösungen“<br />
zu schaffen.<br />
92
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
6.3.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen<br />
Thema „Telemedizin und Zweitbefundungen“ 1<br />
6.3.1.1 Technische Plattform / Protokolle<br />
Standardisierte Protokolle für den Datenaustausch finden zur Zeit noch keine flächendeckende<br />
Anwendung. Es dominieren herstellerspezifische Lösungen. Die meisten praktischen<br />
Anwendungen nutzen zur externen Kommunikation herkömmliche ISDN-Leitungen,<br />
je nach Anfor<strong>der</strong>ungen mit Kanalbündelung.<br />
Im Bereich <strong>der</strong> bildgebenden Verfahren ermöglicht <strong>der</strong> sog. DICOM-Standard grundsätzlich<br />
eine Kommunikation von Bilddaten zwischen Geräten verschiedener Hersteller.<br />
Von Herstellerseite wird <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> bestätigt, daß alle technischen Voraussetzungen<br />
vorhanden sind. Problematisch ist jedoch das Einbinden <strong>der</strong> vorhandenen Einzellösungen<br />
in ein Gesamtsystem. Dementsprechend dominieren zur Zeit noch lokale Einzellösungen<br />
(vernetzte Krankenhäuser bzw. Abteilungen).<br />
Eine Übersicht über vorhandene technische Lösungen und Protokolle sollte erstellt<br />
werden, um Transparenz herzustellen.<br />
6.3.1.2 Innere Dynamik <strong>der</strong> Entwicklungen (för<strong>der</strong>nde / hemmende Faktoren)<br />
Es fehlt vor allem eine Vergütungsstruktur für den Einsatz von Telemedizin. Vor allem für<br />
Projekte <strong>im</strong> Bereich Teleradiologie/Zweitbefundung macht sich das Fehlen einer Abrechnungsziffer<br />
negativ bemerkbar. In <strong>der</strong> Regel müssen zwischen den beteiligten Parteien<br />
eigene Vereinbarungen zur Honorarteilung ausgearbeitet werden, die den Grundsätzen<br />
des Vergütungssystems nicht wi<strong>der</strong>sprechen dürfen. Eine gesicherte wirtschaftliche<br />
Grundlage für die notwendigen Investitionen ist deshalb für die Anwen<strong>der</strong> nicht gegeben.<br />
Im Krankenhausbereich ist außerdem eine grundsätzliche Investitions- bzw. Finanzierungsbereitschaft<br />
<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> und <strong>der</strong> Krankenkassen nötig (siehe Geschäftsmodelle).<br />
Die hohen Übertragungskosten <strong>der</strong> Telekom sind ein weiterer hemmen<strong>der</strong> Faktor. Die<br />
Anwendung von Telemedizin wird aus Sicht <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> durch die hohen Kommunikationskosten<br />
unwirtschaftlich, da diese Kosten in <strong>der</strong> Honorierung nicht berücksichtigt<br />
werden. Es fehlt eine flächendeckende, kostengünstige Infrastruktur. Verschiedene Pilotprojekte<br />
<strong>im</strong> Bereich Telemedizin sind aus diesem Grund nicht über die Erprobungs- und<br />
För<strong>der</strong>ungsphase hinausgekommen.<br />
1 Autor: Hans-Peter Bursig<br />
93
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
Erfolgreich sind dagegen Projekte, die für eine best<strong>im</strong>mte Versorgungssituation Lösungen<br />
bieten und von <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong>seite mit entwickelt wurden. Ein Beispiel ist die Fernbefundung<br />
von CT-Aufnahmen von Unfallopfern durch die Universitätsklinik Greifswald.<br />
Eine Beispielsammlung laufen<strong>der</strong> Projekte wäre auch hier hilfreich.<br />
Für erfolgversprechende Lösungen ist deshalb die Einbindung in ein Versorgungskonzept<br />
entscheidend (Beispiel Greifswald). D<strong>ab</strong>ei müssen organisatorische Vorteile und/o<strong>der</strong><br />
Kosteneinsparungen <strong>der</strong> Anwendung direkt erkennbar sein und zu einer entsprechenden<br />
finanziellen Beteiligung <strong>der</strong> Nutznießer führen.<br />
6.3.1.3 Flankierende Maßnahmen (organisatorisch-technischer Rahmen)<br />
Großangelegte Projekte (z.B. Vernetzen von Arztpraxen und regionalem Krankenhaus)<br />
scheitern in <strong>der</strong> Regel an <strong>der</strong> ungeklärten Kostenübernahme und den nicht offensichtlichen<br />
Vorteilen für die Beteiligten. Hier ist auch auf <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong>seite ein starkes<br />
<strong>ab</strong>teilungsbezogenes Denken zu beobachten.<br />
Große ungeklärte Probleme existieren außerdem bei Fragen von Datenschutz, Datenintegrität,<br />
Datensicherheit und Sicherstellung <strong>der</strong> Aufbewahrungsfristen. Hersteller und<br />
Anwen<strong>der</strong> müssen hier gemeinsam organisatorisch-technische Festlegungen für die<br />
Zulassung <strong>der</strong> Systeme entwickeln und diese mit den zuständigen Behörden <strong>ab</strong>st<strong>im</strong>men<br />
(BMA, BMG bzw. zuständige Län<strong>der</strong>behörden).<br />
Bis auf weiteres scheinen jedoch lokale Lösungen vorzuherrschen. Hier ist es notwendig,<br />
Vorkehrungen für eine spätere Vernetzung zu treffen (offene Systeme).<br />
6.3.1.4 Geschäftsmodelle<br />
Vielversprechend erscheinen vor allem regional orientierte Lösungskonzepte, die in ein<br />
konkretes Versorgungskonzept eingebunden werden. Entscheidend ist hier ein gesicherter<br />
Finanzierungsplan für Anfangsinvestitionen und Folgekosten. Hierfür ist eine Einbeziehung<br />
<strong>der</strong> Krankenkassen notwendig.<br />
Standard-Softwarelösungen nach Art von PC-Anwendungsprogrammen scheitern dagegen<br />
an einer noch nicht existierenden Infrastruktur und <strong>der</strong> heterogenen apparativen Ausrüstung<br />
<strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong>. PCs sind in Arztpraxen zwar flächendeckend vorhanden, nicht<br />
jedoch Zugänge zu einem Informationsnetzwerk, das in Hinsicht auf Kosten und Sicherheitsaspekte<br />
den Ansprüchen medizinischer Anwen<strong>der</strong> genügt.<br />
94
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
6.4 En<strong>ab</strong>lingsysteme für Ärzte<br />
Inhalte <strong>der</strong> Anwendungslösungen<br />
• Informationstechnologische Systeme zu Aus-, Fort- und Weiterbildung<br />
• Aufbau interaktiver Trainingsprogarmme für den Umgang mit medizin-technischen<br />
Geräten und damit verbundene Diagnose- und Therapieverfahren<br />
• Video Online-Foren<br />
Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung<br />
• Qualifizierter Umgang mit aktuellen medizin-technischen Geräten / Diagnoseund<br />
Therapieverfahren erhöht die Versorgungsqualität, reduziert Rüstzeiten und<br />
Fehler, spart damit Kosten und setzt Zeit für Zuwendung zum Patienten frei<br />
• Fallbezogen werden Diagnose- und Therapieentscheidungen unterstützt<br />
Beitrag zum Aufbau einer Telematikplattform<br />
• Online Aus-, Fort- und Weiterbildungsprogramme erhöhen den Nutzwert und<br />
damit die Akzeptanz einer Plattform, sofern <strong>der</strong>en Qualität durch Zertifizierungen<br />
sichergestellt ist.<br />
• Mult<strong>im</strong>ediales Veranschaulichungsmaterial kann auch in <strong>der</strong> Patientenaufklärung<br />
und - als Referenzobjekt - in telemedizinischen Kooperationen über<br />
Bilddaten genutzt werden.<br />
Konkrete Empfehlungen <strong>der</strong> Autoren zur Umsetzung<br />
• Zur Anschubfinanzierung bei <strong>der</strong> Entwicklung von En<strong>ab</strong>lingsystemen können die<br />
Medizintechnische Industrie und die Pharmaindustrie eingebunden werden.<br />
96
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
6.4.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen<br />
Thema „En<strong>ab</strong>lingsysteme für Ärzte“ 1<br />
In vielen Bereichen <strong>der</strong> Medizin werden <strong>im</strong>mer komplexere technische Geräte und damit<br />
verbundene Diagnose- / Therapieverfahren in <strong>im</strong>mer kürzeren Innovationszyklen<br />
eingesetzt. Die dahinterstehenden physikalischen Prozesse sind zunehmend <strong>der</strong><br />
Anschauung des Arztes entzogen. Diese Entwicklung können informationstechnische<br />
Systeme kompensieren, die die Imaginations- und Handlungsfähigkeiten des Menschen<br />
verbessern (sogenannte En<strong>ab</strong>ling-Systeme). Im Bereich <strong>der</strong> Medizin hat das GMD<br />
Projektcluster SCENE solche Unterstützungssysteme für den Arzt realisiert (u.a.<br />
Ultraschalluntersuchungen des Herzens) und damit die <strong>der</strong>zeitigen Möglichkeiten solcher<br />
Systeme aufgezeigt.<br />
Die Entwicklungen von En<strong>ab</strong>lingsystemen, die für den medizinischen Zielbereich relevant<br />
werden sollen, werden von den folgenden Kriterien gelenkt:<br />
• Die Systeme sollen das interaktive Erlernen <strong>im</strong>aginativer Fähigkeiten<br />
unterstützen und damit den Nutzer zu schnellerem und fundierterem Handeln<br />
befähigen.<br />
• Die Systeme sollen sowohl ein Training in <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> medizinischen<br />
High Tech als auch eine Unterstützung bei <strong>der</strong> damit verbundenen<br />
medizinischen Diagnostik / Therapie bieten.<br />
• Die Systeme sollen hohe ergonomische Qualität aufweisen und soweit wie<br />
möglich an die Arbeitssituation des Arztes angepaßt sein.<br />
• Auf informationstechnischem Gebiet sollen Werkzeugumgebungen zur<br />
Ausgestaltung <strong>der</strong> Systeme durch den Arzt selbst entwickelt werden.<br />
• Die Projekte sollen die Möglichkeiten und Grenzen computerbasierter<br />
Unterstützungssysteme demonstrieren und eine kommerzielle Perspektive für<br />
solche Systeme aufzeigen.<br />
Die Entwicklungen verlangen i.d.R. einen iterativen partizipativen Entwicklungsprozeß.<br />
Als Beispiele und Orientierungen können die bereits von <strong>der</strong> GMD entwickelten<br />
Prototypen fungieren.<br />
Der Nutzen <strong>der</strong> Systeme besteht in einer besseren ärztlichen Ausbildung sowie einer<br />
höheren Qualität <strong>der</strong> Diagnostik / Therapie auch des nicht an einer Spezialklinik tätigen<br />
Facharztes. Der Arzt spart Zeit be<strong>im</strong> Umgang mit technischem Gerät, die <strong>der</strong> Patientenbetreuung<br />
zugute kommt. Für den Hersteller von medizinischen Hightechgeräten<br />
reduziert sich <strong>der</strong> Aufwand für Einweisung und Support, <strong>der</strong> sich in einer höheren<br />
Kundenzufriedenheit und einer besseren Marktstellung bemerkbar macht.<br />
1 Autor: Gernoth Grunst<br />
97
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
Diese Systeme eignen sich auch für den Einsatz in medizinischen Telekooperationen.<br />
Hier als Kombination von medizinischen Bilddaten und Virtual Reality Modellen<br />
("Augmented Reality"), wodurch auch unanschaulichen 2 / 3D Bil<strong>der</strong>n eine unmittelbare<br />
Interpretation zugeordnet wird.<br />
Beispiel eines En<strong>ab</strong>lingsystems für räumlich-strukturelle Orientierung in <strong>der</strong> Echokardiographie<br />
Angestrebte Projektergebnisse:<br />
Im Vor<strong>der</strong>grund steht die Entwicklung realer Prototypen, die Medizinern die neue<br />
Technologie anfaß - und damit beurteilbar machen sollten.<br />
Demonstrierbarkeit:<br />
Die Softwarebasis ist so offen zu konzipieren, daß eine aufgrund <strong>der</strong> Marktverhältnisse<br />
notwendige Übertragung auf an<strong>der</strong>e Rechnerplattformen möglich ist. Sämtliche Module<br />
sollten daher sowohl auf Macintosh als auch auf Windows PCs demonstrierbar sein. Als<br />
unmittelbar in Netze übertragbare Demonstratoren sind interaktive CD-ROMs anzusehen,<br />
die in beiden Systemwelten lauffähig sind. Eine Vielzahl medizinischer Ausbildungseinrichtungen<br />
hat an <strong>der</strong>artigen CD-ROMs bereits großes Interesse bekundet.<br />
98
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
6.5 Qualitätssicherndes <strong>Dokument</strong>ations- und Expertensystem<br />
für die zahnärztliche Praxis<br />
Inhalt <strong>der</strong> Anwendungslösung<br />
• Qualitätssichernde Falldokumentation und -Auswertung durch computerunterstützte<br />
Analyse <strong>der</strong> Behandlungsergebnisse von Einzelfällen und Patientenkollektiven<br />
• Automatische Entscheidungsunterstützung und Expertensystem, basierend auf<br />
<strong>der</strong> EDV gestützten Bewertung <strong>der</strong> erhobenen Befunde und <strong>der</strong> Fallgeschichte<br />
• Austausch von Behandlungsergebnissen durch Installation einer telematischen<br />
Diskussionsplattform zur Identifizierung relevanter prognostischer Kriterien<br />
Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung<br />
• För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Standardisierung <strong>der</strong> Falldokumentation<br />
• Erweiterung <strong>der</strong> fachlichen Kommunikation<br />
• Befreiung aus <strong>der</strong> Isolation <strong>der</strong> eigenen Praxis<br />
• Möglichkeit <strong>der</strong> interkollegialen Bewertung von Behandlungsergebnissen<br />
• systematische Akkumulation von Wissen und Erfahrungen über Behandlungsverläufe<br />
• Identifizierung von Behandlungsbereichen, in denen Behandlungsroutinen neu<br />
konzipiert werden müssen<br />
Beitrag zum Aufbau einer Telematikplattform<br />
• Aufbau eines Netzes von Qualitätszirkeln zur Sicherung und Verbesserung <strong>der</strong><br />
Prozeßqualität<br />
• durch die Institution <strong>der</strong> „Akademie für zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe“ ist<br />
gesichert, daß die notwendige Ausbildung für Zahnärzte durchgeführt werden<br />
kann.<br />
Konkrete Empfehlungen <strong>der</strong> Autoren zur Umsetzung<br />
• Ausrichtung <strong>der</strong> Falldokumentationen in <strong>der</strong> Praxis nach den Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
einer klinischen Qualitätssicherung<br />
99
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
6.5.1 IDDS - Integrated Dental Data System 1<br />
Thema: „Qualitätssicherndes <strong>Dokument</strong>ations- und Expertensystem für die<br />
zahnärztliche Praxis“<br />
Vorbemerkung: Dieses Projekt wurde von Herrn Prof. W. Walther in <strong>der</strong> Zahnarztpraxis<br />
<strong>der</strong> Akademie für zahnärztliche Fortbildung, Karlsruhe, Leitung Herr Prof. Dr. M. Heners,<br />
entwickelt. Es ist in seinen grundsätzlichem Ansatz jedoch nicht auf die Zahnarztpraxis<br />
beschränkt, son<strong>der</strong>n das beschriebene System könnte in allen Bereichen <strong>der</strong> Medizin<br />
eingesetzt werden<br />
Problemstellung<br />
Zahnärztliche Behandlungsentscheidungen werden zumeist durch den Ausbildungsstand<br />
und die individuellen klinischen Erfahrungen des beteiligten Zahnarztes best<strong>im</strong>mt. Auch<br />
Affekte <strong>im</strong> Moment <strong>der</strong> Entscheidung können die Therapiewahl beeinflussen. Der<br />
Zahnarzt selbst hat keine Möglichkeit, die Langzeitfolgen seiner Entscheidungspraxis<br />
systematisch einzuschätzen. Selbst wenn Krankenblätter mit guter Befund- und Behandlungsdokumentation<br />
vorliegen, wäre eine entsprechende Analyse viel zu arbeitsintensiv.<br />
Nur eine solche Analyse würde ihm jedoch ermöglichen, Unvollkommenheiten seiner<br />
Entscheidungsroutine zu erkennen und <strong>ab</strong>zuwenden.<br />
Deswegen wurde wie<strong>der</strong>holt gefor<strong>der</strong>t, die EDV-gestützte <strong>Dokument</strong>ation in <strong>der</strong> zahnärztlichen<br />
Praxis nach den Anfor<strong>der</strong>ungen einer klinischen Qualitätssicherung auszurichten.<br />
Diese For<strong>der</strong>ung wurde bis heute nicht erfüllt. Vielmehr erfüllte die zahnärztliche<br />
<strong>Dokument</strong>ation mit dem Praxiscomputer weiterhin rein administrative Aufg<strong>ab</strong>en. Die hier<br />
beschriebene Anwendung soll diese Lücke füllen und den Zahnarzt befähigen, strategische<br />
Behandlungsplanungen durchzuführen sowie systematisch Wissen über Behandlungsverläufe<br />
zu akkumulieren und mit an<strong>der</strong>en Kollegen auszutauschen.<br />
Vorarbeiten<br />
In <strong>der</strong> „Akademie für zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe“ wurde seit 1986 eine subsequente<br />
<strong>Dokument</strong>ation zur Analyse von zahnärztlichen Behandlungsverläufen aufgebaut.<br />
Die <strong>Dokument</strong>ation umfaßt zur Zeit ca. 4000 Behandlungsfälle und wird zur wissenschaftlichen<br />
und internen Überprüfung von Therapie und Behandlungsentscheidung<br />
ständig genutzt. Der qualitätssichernde Effekt dieser <strong>Dokument</strong>ationsmethode soll für die<br />
zahnärztliche Praxis erschlossen werden.<br />
1 Autorin: Heide Wiese<br />
100
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
Beschreibung und Anwendung<br />
Das System soll auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> bestehenden subsequenten <strong>Dokument</strong>ation<br />
entwickelt werden. Um den Anfor<strong>der</strong>ungen eines qualitätssichernden <strong>Dokument</strong>ationssystems<br />
gerecht zu werden, besteht die Anwendung aus folgenden Systemkomponenten:<br />
• Qualitätssichernde Falldokumentation und -Auswertung durch Analyse <strong>der</strong><br />
Behandlungsergebnisse von Einzelfällen und Patientenkollektiven<br />
• Automatische Entscheidungsunterstützung und Expertensystem, basierend<br />
auf <strong>der</strong> EDV-gestützten Bewertung <strong>der</strong> erhobenen Befunde und <strong>der</strong> Fallgeschichte<br />
• Austausch von Behandlungsergebnissen, Installation einer telematischen<br />
Diskussionsplattform zur Identifizierung relevanter prognostischer Kriterien.<br />
Das Projekt zielt auf eine Verbesserung <strong>der</strong> zahnärztlichen Basisdokumentation, die<br />
durch neue Analysemethoden effektiv genutzt wird. Der Zahnarzt erhält die Möglichkeit,<br />
die von ihm erzielten Behandlungsergebnisse zu überprüfen. Der telematische Teil <strong>der</strong><br />
Anwendung gibt ihm Gelegenheit, seine <strong>Ergebnisse</strong> mit denen seiner Kollegen zu<br />
vergleichen. Durch die Analyse <strong>der</strong> klinischen <strong>Ergebnisse</strong> können solche Behandlungsbereiche<br />
identifiziert werden, in denen Behandlungsroutinen neu konzipiert werden<br />
müssen, um bessere <strong>Ergebnisse</strong> zu erzielen. Durch die Akkumulation klinischer<br />
Erfahrung wird die Wissensbasis <strong>der</strong> automatischen Entscheidungsunterstützung<br />
kontinuierlich erweitert. Modifikation <strong>der</strong> Entscheidungsfindung werden kontinuierlich<br />
hinsichtlich <strong>der</strong> klinischen <strong>Ergebnisse</strong> überprüft.<br />
Die Qualitätssichernde Falldokumentation und -Auswertung umfaßt Informationen über<br />
den klinischen Status, Verän<strong>der</strong>ungen des Status, Häufigkeit von Behandlungen und<br />
Komplikationen, Lebensdauer <strong>der</strong> Konstruktionen und drop-out <strong>der</strong> Patienten. Die<br />
<strong>ab</strong>rechnungsrelevanten Daten sind über eine Schnittstelle von <strong>der</strong> administrativen<br />
Software als Grundlage <strong>der</strong> Verwaltungsvorgänge einzusetzen.<br />
Die Automatische Entscheidungsunterstützung informiert den Zahnarzt über die Prognose<br />
oraler Strukturen (Zähne, Parodontium usw.). Auf Grundlage eines empirisch <strong>ab</strong>gesicherten<br />
Entscheidungsalgorithmus werden Behandlungsoptionen angeboten, ohne<br />
standardisierte Lösungen zu diktieren. Klinische Entscheidungsfindung auf Grundlage<br />
dieser Empfehlung sichert, daß alle erhobenen Informationen Berücksichtigung finden.<br />
Der Austausch von Behandlungsergebnissen wird den einzelnen Praktiker aus <strong>der</strong><br />
Isolierung in <strong>der</strong> eigenen Praxis befreien und eine interkollegiale Bewertung von Behandlungsergebnissen<br />
ermöglichen.<br />
Nutzen<br />
Das System wird eine Standardisierung <strong>der</strong> zahnärztlichen <strong>Dokument</strong>ation för<strong>der</strong>n und<br />
die Erkenntnisse über rationelle Methoden <strong>der</strong> zahnärztlichen Therapie gewinnen. Die<br />
101
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
fachliche Kommunikation wird entscheidend erweitert und für neue Aufg<strong>ab</strong>enstellungen<br />
genutzt. Prinzipiell ist das System in allen medizinischen Bereichen einsetzbar.<br />
Es kann erwartet werden, daß das System von Zahnärzten angenommen wird, da es auf<br />
<strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> Einzelpraxis konzipiert ist und seine Anwendung freiwillig erfolgt.<br />
Durch die Institution <strong>der</strong> „Akademie für zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe“ ist gesichert,<br />
daß das System Gegenstand <strong>der</strong> zahnärztlichen Fortbildung wird und die erfor<strong>der</strong>liche<br />
Ausbildung für Zahnärzte durchgeführt werden kann.<br />
Barrieren für die Umsetzung<br />
Das System steht bisher noch nicht für eine allgemein weit verbreitete Bedieneroberfläche<br />
wie z.B. Windows 97 zur Verfügung, son<strong>der</strong>n ist auf dem hauseigenen EDV<br />
System entstanden und müßte entsprechend umprogrammiert werden.<br />
102
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
6.6 Qualitätssicherung <strong>der</strong> Wissensvermittlung als iterativer<br />
Prozeß - am Beispiel <strong>der</strong> Zahnmedizin -<br />
Inhalt <strong>der</strong> Anwendungslösung<br />
• Patienteninformation am Behandlungsplatz: “PED” - “Patient Education on<br />
DVD (Digital Versatile Disk)-Video”.<br />
• Dynamics of Dentistry: Ein multilinguales, interaktives Mult<strong>im</strong>edia Programm mit<br />
Computer Based Training auf DVD-ROM, DVD-Video, Standard-Glossary und<br />
3-D-Library zur Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie zur Entscheidungsunterstützung<br />
in <strong>der</strong> Zahnmedizin.<br />
• Online Akademie: Nutzung von Telekommunikationsdienste für ein hochwertiges,<br />
interaktives und mehrsprachiges Online - Mult<strong>im</strong>edia - Programmangebot<br />
zur Unterstützung einer strukturierten und qualifizierten Aus- und Fortbildung in<br />
<strong>der</strong> Zahnmedizin. Das Kursprogramm umfaßt: die Teilnahme an Experten-<br />
Hearings, den Zugriff auf CBT und auf vernetzte Literatur- und Falldokumentationsdatenbanken<br />
für eine aufg<strong>ab</strong>en- und problemorientierte Recherche, den<br />
Abruf von Programmen aus <strong>der</strong> Video-Bibliothek und die Live-Übertragung von<br />
neuen Behandlungsmethoden.<br />
• Globaldent- Internet-Service: <strong>der</strong> Informationsdienst für die zahnmedizinische<br />
Fachwelt (http://www.globaldent.com) mit einem datenbankbasierten Konzept<br />
zur Recherche sowie Richtlinien zur Sicherstellung <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> eingestellten<br />
Daten.<br />
Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung<br />
• Konzeption eines Anfor<strong>der</strong>ungsprofils für mo<strong>der</strong>ne Informations- und Kommunikationskonzepte<br />
<strong>im</strong> Bereich Aus-, Fort- und Weiterbildung am Beispiel Zahnmedizin<br />
mit dem Ziel einer besseren Qualität <strong>der</strong> gesundheitlichen und medizinischen<br />
Versorgung<br />
• Einführung von Regelmechanismen zur Qualitätssicherung <strong>der</strong> angebotenen<br />
Inhalte für den Aufbau neuer und den Erhalt bereits bestehen<strong>der</strong> wettbewerbsfähiger<br />
medizinischer Arbeitswelten <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> europäischen und weltweiten<br />
Öffnung <strong>der</strong> Märkte<br />
• Bereitstellung von Informationen in je<strong>der</strong>zeit verfügbaren, mehrd<strong>im</strong>ensionalen<br />
Wissensräumen und damit eine stärkere Ergebnisorientierung und Rationalität<br />
<strong>im</strong> Gesundheitswesen.<br />
Beitrag zum Aufbau einer Telematikplattform<br />
• Aus <strong>der</strong> Gesamtprojektidee ergeben sich Anfor<strong>der</strong>ungen an eine Telematikplattform:<br />
Zum einen an eine Online-Plattform für die Navigation durch die<br />
vorgehaltenen Inhalte, mit einer Anbindung an TV- und Offline-Angebote. Und<br />
zum an<strong>der</strong>en an eine Broadcast Präsentations-Plattform.<br />
• Insbeson<strong>der</strong>e eine Sicherheitsinfrastruktur für die angebotenen Dienste muß zur<br />
Verfügung stehen. Auch ein leistungsfähiges Abrechnungssystem für die elektronische<br />
Abrechnung elektronisch übermittelter Leistungen muß et<strong>ab</strong>liert<br />
werden. Hierzu werden Schnittstellen des Projektträgers innerhalb des Aufbaus<br />
<strong>der</strong> Telematikplattform gesucht, um sich an bestehende o<strong>der</strong> zu entwickelnde<br />
Standards anschließen zu können.<br />
Konkrete Empfehlung <strong>der</strong> Autoren zur Umsetzung<br />
• Die <strong>Ergebnisse</strong> <strong>der</strong> oben beschriebenen laufenden Modellvorh<strong>ab</strong>en müssen zu<br />
einem best-practice Beispiel verdichtet werden, das innovative Leitlinien auch<br />
für Projekte in an<strong>der</strong>en medizinischen Bereichen geben kann.<br />
• Zudem wird das technische und methodische “state of the art” bei <strong>der</strong> Umsetzung<br />
<strong>der</strong> Module berücksichtigt. Insbeson<strong>der</strong>e Guidelines für eine Qualitätssicherung<br />
müssen hier <strong>im</strong> Mittelpunkt stehen.<br />
103
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
6.6.1 Analyse und <strong>Ergebnisse</strong><br />
Thema „Qualitätssicherung <strong>der</strong> Wissensvermittlung als iterativer Prozeß - am<br />
Beispiel <strong>der</strong> Zahnmedizin -“ 1<br />
6.6.1.1 Einführung<br />
Das Wissen auf <strong>der</strong> Welt wächst täglich exponentiell und liegt auf vielen traditionellen und<br />
elektronischen Trägern verteilt, so daß das Auffinden qualitätsgesicherter Informationen<br />
<strong>im</strong>mer schwieriger wird.<br />
Für eine Lösung dieses Problems müssen drei Faktoren berücksichtigt werden:<br />
• die Elemente (Assets), wie das Wissen aufbereitet wird,<br />
• die Struktur, in <strong>der</strong> das Wissen <strong>ab</strong>gebildet wird und<br />
• die Navigation, mit <strong>der</strong>en Hilfe man die Informationen finden kann.<br />
Um eine Qualitätssicherung in <strong>der</strong> Wissensvermittlung zu gewährleisten, muß ein<br />
iteratives System et<strong>ab</strong>liert und in den Wissensproduktions- und Distributionsprozeß<br />
<strong>im</strong>plementiert werden:<br />
• bezogen auf das prüfbare Expertenwissen mit seinen gegenseitigen Abhängigkeiten<br />
(Verfügungswissen)<br />
• bezogen auf die Transparenz und Vergleichbarkeit des Wissens (Orientierungswissen)<br />
• bezogen auf die Integrationsfähigkeit in den Arbeitsprozeß (Handlungswissen).<br />
Für eine Opt<strong>im</strong>ierung des Wissensproduktionsprozesses werden, ebenso wie für eine<br />
effektive Nutzung (z.B. Navigationsoptionen) <strong>der</strong> Informationen, Richtlinien benötigt.<br />
Diese Richtlinien h<strong>ab</strong>en <strong>im</strong>mer ein Ziel: die Information in einen problemorientierten<br />
Kontext des jeweiligen Wissenschafts- und Wirtschaftsbereichs zu stellen, um damit ein<br />
Navigationssystem für die vernetzten Inhalte in einzelnen Medien zu schaffen, das<br />
Informationsproduzenten und Informationsnutzern gleichermaßen adäquate Hilfestellung<br />
be<strong>im</strong> Wissenstransfer geben kann.<br />
Ferner sollen die Richtlinien die Et<strong>ab</strong>lierung eines Wissensmanagementsystems<br />
unterstützen, das die Generierung des Wissens über den Transfer bis zum Controlling<br />
umfaßt:<br />
• Dem Autor müssen Richtlinien für die strukturelle Aufbereitung <strong>der</strong> Informationen<br />
gegeben werden.<br />
1 Autor: Alexan<strong>der</strong> Ammann<br />
104
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
• Die Informationen müssen mit Schnittstellen (etwa keywords o<strong>der</strong> sensitive<br />
areas) versehen werden, um Verweise auf an<strong>der</strong>e Informationen zu ermöglichen.<br />
• Die Informationen müssen in dem gewählten Medium so <strong>ab</strong>gebildet werden,<br />
daß transparente Strukturen für den Nutzer erkennbar sind (Hierarchien,<br />
Pfade, etc.). Für den Online-Bereich etwa werden durch Experten <strong>Dokument</strong>ationsrichtlinien<br />
festgelegt, die die inhaltliche Konsistenz <strong>der</strong> Wissensbasen<br />
gewährleisten.<br />
• Unterschiedliche Medien (Wissensträger) müssen logistisch verbunden<br />
werden, wobei die Verweise transparent und inhaltlich sinnvoll strukturiert<br />
werden müssen.<br />
Dieses Vorgehen stellt zunächst eine Transparenz <strong>im</strong> Sinne einer opt<strong>im</strong>alen Nutzung<br />
sicher. Daran anschließend müssen auch für die Integration neuer Informationen in diese<br />
Wissenssysteme qualitätssichernde iterative Prozesse et<strong>ab</strong>liert werden. Das bedeutet,<br />
daß nur solche Informationen integriert werden dürfen, die gemäß <strong>der</strong> festgelegten<br />
Richtlinien aufbereitet wurden.<br />
6.6.1.2 Modellhaftes Vorgehen bei Projekten in <strong>der</strong> Zahnmedizin<br />
Die Qualitätssicherung <strong>der</strong> Wissensvermittlung sollte in <strong>der</strong> Zahnmedizin eine zentrale<br />
Rolle einnehmen, da zur Sicherstellung einer bestmöglichen Patientenversorgung in je<strong>der</strong><br />
Phase von <strong>der</strong> Anamnese bis zur Therapie stets das relevante klinische Wissen zur<br />
Verfügung stehen muß. Grundlage hierfür ist die Unterstützung des Wissenstransfers<br />
zwischen Wissenschaft, Klinik, Praxis und Wirtschaft.<br />
Bei <strong>der</strong> Arbeit an Projekten zur Wissensvermittlung in <strong>der</strong> Zahnmedizin stehen die<br />
folgenden Aspekte <strong>im</strong> Zentrum <strong>der</strong> Planung und Durchführung:<br />
1. Die Funktionalität <strong>der</strong> Navigationswege sowie die Tauglichkeit <strong>der</strong> Wissensrepräsentation<br />
und -modellierung für Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie für die<br />
Entscheidungsunterstützung wird durch die Berücksichtigung <strong>der</strong> kognitiv-perzeptiven<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Zielgruppen in ihrem jeweiligen Arbeitskontext bereits<br />
während <strong>der</strong> Mult<strong>im</strong>edia-Entwicklung sichergestellt (Evaluation des Instruktionsdesigns).<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> Entwicklung arbeiten hierzu Autoren, Benutzer, Instruktionsexperten<br />
und Programmierer zusammen; dies auch, um die Software-Ergonomie<br />
<strong>der</strong> Programme zu opt<strong>im</strong>ieren (Evaluation des Softwaredesigns).<br />
2. Methoden wie die Aufzeichnung von Nutzeraktionen, durch den Computer protokolliert<br />
und unterstützt durch Interviews und Fragebögen, werden während aller<br />
Entwicklungs- und Testphasen <strong>im</strong> Projekt angewandt.<br />
3. Eine umfassende Methodologie <strong>der</strong> Qualitätssicherung wird et<strong>ab</strong>liert, die auf eine<br />
Sicherstellung folgen<strong>der</strong> Punkte <strong>ab</strong>zielt:<br />
• Vergleichbarkeit <strong>der</strong> Inhalte<br />
• Darstellung <strong>der</strong> wissenschaftlichen Relevanz<br />
• Beurteilung <strong>der</strong> klinischen Relevanz<br />
105
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
• Transparenz und Präsentation <strong>der</strong> Wissenseinheiten<br />
• Prüfung <strong>der</strong> Nutzungsrelevanz und des Perzeptionsverhaltens<br />
• Ergonomie <strong>der</strong> Kommunikationsprozesse am Behandlungs- und Arbeitsplatz.<br />
Am Beispiel mehrerer z.Zt. laufen<strong>der</strong> Projekte wird nun ein Lösungskonzept für die oben<br />
skizzierten Probleme <strong>im</strong> Bereich Zahnmedizin vorgestellt. Die vier Teilprojekte ergänzen<br />
einan<strong>der</strong>, um Idealbedingungen für eine Navigation durch zahnmedizinisches Fachwissen<br />
zu schaffen. Lineare Medien wie Video o<strong>der</strong> Bücher werden genutzt, um Handlungs<strong>ab</strong>läufe<br />
zu zeigen und differenziertere Theorien und Methoden zu erklären. Vernetzte,<br />
interaktive Medien wie DVD-ROM und Online-Dienste bieten hochwertige Navigationsmöglichkeiten<br />
und mult<strong>im</strong>ediale Elemente für eine aufg<strong>ab</strong>en- und problemorientierte<br />
Recherche sowie für die S<strong>im</strong>ulation von Behandlungs<strong>ab</strong>läufen.<br />
DVD-ROM und DVD-Video:<br />
DVD: “Digital Versatile Disk”, ein neuer Technologiestandard, bietet <strong>im</strong> Vergleich zu<br />
herkömmlichen Speichermedien enorme Speicherkapazität und eine brillante Darstellung<br />
<strong>der</strong> Inhalte. Bei <strong>der</strong> Wissensvermittlung in <strong>der</strong> Zahnmedizin läßt sich damit eine höhere<br />
Qualität bei <strong>der</strong> Bildschirmdarstellung klinischer Bil<strong>der</strong> erreichen und die Navigation durch<br />
die Informationen komfort<strong>ab</strong>ler gestalten.<br />
Anwendungsbereiche für zahnmedizinische Inhalte auf DVD sind z.B.:<br />
• Behandlungsplanung und -s<strong>im</strong>ulation<br />
• Entscheidungsunterstützung<br />
• Computer Based Training (CBT)(vorwiegend auf DVD-ROM)<br />
• Patienteninformation (mit Hilfe von DVD-Video).<br />
Ein Beispiel für die Einsatzmöglichkeit von DVD-Video zur Patienteninformation am<br />
Behandlungsplatz ist das be<strong>im</strong> Quintessenz Verlag erschienene Programm “PED” -<br />
“Patient Education on DVD-Video”. Der Zahnarzt kann aus einer Palette von Indikationen<br />
und Behandlungsmöglichkeiten auswählen, die er dem Patienten vorführen möchte und<br />
diese Sequenzen beliebig kombinieren.<br />
Dynamics of Dentistry:<br />
Der Projektzyklus “Dynamics of Dentistry” (siehe Abbildung) wurde entworfen, um den<br />
Paradigmenwechsel vom linearen Zugriff auf Informationen zur interaktiven Navigation<br />
innerhalb des Wissensraums Zahnmedizin zu vollziehen. Alle großen Fachgebiete <strong>der</strong><br />
Zahnmedizin werden hierbei <strong>ab</strong>gedeckt mit dem Ziel, einen relevanten Überblick über das<br />
gesamte Wissensspektrum zu geben.<br />
Die Struktur dieses Projektes kann auf drei Ebenen beschrieben werden:<br />
• Die inhaltliche Struktur, die die Themen Parodontologie, Restaurative Zahnheilkunde,<br />
Prothetik, Chirurgie, Implantologie und Kieferorthopädie umfaßt.<br />
106
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
• Die Mult<strong>im</strong>edia-Struktur, die sowohl lineare Medien wie Bücher und Videos<br />
als auch interaktive Medien wie Online-Datenbanken und DVD-ROM umfaßt.<br />
• Die methodische Struktur, die eine einheitliche Aufbereitung und Darstellung<br />
<strong>der</strong> Informationen in den einzelnen Medien beinhaltet, um eine Vernetzung<br />
zwischen den einzelnen Fachdisziplinen sicherzustellen.<br />
Der Nutzer kann in das System mit je<strong>der</strong> klinischen Fragestellung einsteigen, um Informationen<br />
einzuholen, die ein qualitätsgesichertes Handeln möglich machen, und er erhält<br />
zu je<strong>der</strong> Fragestellung <strong>im</strong>mer die geeignete Darstellungsform für das gesuchte Wissen.<br />
Abbildung: “Dynamics of Dentistry”: Projektdesign<br />
Eines <strong>der</strong> Hauptziele des Projektes ist <strong>der</strong> Aufbau einer 3D-Bibliothek, die digitalisierte<br />
Zähne, Schädel sowie Weichgewebe in Form von Polygonstrukturen enthält, die in je<strong>der</strong><br />
vom Autor gewünschten Art und Weise manipuliert werden können, um best<strong>im</strong>mte<br />
Sinnzusammenhänge plastisch darstellbar zu machen. Eine solche Bibliothek hat zwei<br />
große Vorteile: Zum einen wird eine Standardisierung und damit Vergleichbarkeit aller zu<br />
Lehr- und Demonstrationszwecken eingesetzten Bil<strong>der</strong> erreicht. Damit bekommen dann<br />
auch fachübergreifende Themen einen direkten, vergleichbaren Bezug zueinan<strong>der</strong>. Zum<br />
an<strong>der</strong>en bietet sich die Möglichkeit <strong>der</strong> dreid<strong>im</strong>ensionalen S<strong>im</strong>ulation von Prozessen für<br />
alle geeigneten Themen.<br />
Innerhalb des Projektes Dynamics of Dentistry werden zur Zeit die Module Dynamics of<br />
Orthodontics, Dynamics of Oral Surgery und Dynamics of Implant Dentistry umgesetzt.<br />
Erste Veröffentlichungen sind für das zweite Halbjahr 1998 vorgesehen. Die 3-D-Library<br />
107
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
besteht bereits aus dem kompletten Milch- und dem bleibenden Gebiß, sowie prä- und<br />
postnatalen Schädeln.<br />
Die Online Akademie:<br />
Ziel <strong>der</strong> Online Akademie ist es, die Telekommunikationsdienste für ein hochwertiges,<br />
interaktives und mehrsprachiges Online-Mult<strong>im</strong>edia-Programmangebot zur Unterstützung<br />
einer strukturierten und qualifizierten Aus- und Fortbildung in <strong>der</strong> Zahnmedizin zu nutzen.<br />
Das Kursprogramm umfaßt: Die Teilnahme an Experten-Hearings, den Zugriff auf CBT<br />
und auf vernetzte Literatur- und Falldokumentationsdatenbanken für eine aufg<strong>ab</strong>en- und<br />
problemorientierte Recherche, den Abruf von Programmen aus <strong>der</strong> Video-Bibliothek und<br />
auch die Live-Übertragung von neuen Behandlungsmethoden. Im Rahmen einer Pilotveranstaltung<br />
zur Online Akademie wurde <strong>im</strong> Februar 1998 bereits ein Satelliten Symposium<br />
veranstaltet in dem Fachbeiträge, Live-Behandlungen und ein Expert-Hearing von<br />
München aus gleichzeitig in zehn Universitäten-Hörsäle übertragen wurden. Die aktive<br />
Teilnahme aller Anwesenden wurde durch den Rückkanal Telefon sichergestellt.<br />
Zwei Aspekte des Projekts Online Akademie sollen beson<strong>der</strong>s hervorgehoben werden:<br />
• Ein Dental Education Credit System unterstützt die Aufzeichnung <strong>der</strong><br />
Nutzung <strong>der</strong> Online Akademie. Abhängig von <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Programme, an<br />
denen <strong>der</strong> Nutzer teiln<strong>im</strong>mt und <strong>der</strong>en Wertigkeit, die sie gemäß den Richtlinien<br />
einnehmen, wird eine Validierung durchgeführt. Mit Hilfe einer Dental<br />
Education Credit Karte, die er in eine Set-top-Box einführt, kann er sich selbst<br />
identifizieren und sich für alle Angebote registrieren lassen. Auch die<br />
Bezahlung <strong>der</strong> Programme wird mit Hilfe dieser Karte koordiniert.<br />
• Das weltweite DentLive Network bietet die technische Plattform für die<br />
Online Akademie, basierend auf Fernseh-, Internet- und PC-Technologie. Mit<br />
Hilfe eines Autoren-Tools werden fallbasierte und indikationsbezogene Informationen<br />
dokumentiert, in mehreren Medien aufgearbeitet und zur Verfügung<br />
gestellt: in den Datenbanken des “Globaldent” Internet-Services für die weltweite<br />
zahnmedizinische Fachwelt und in den Fernsehangeboten <strong>der</strong> Online<br />
Akademie, die via Satellit zu empfangen sind. Die Inhalte bei<strong>der</strong> Trägertechnologien<br />
werden eng miteinan<strong>der</strong> verzahnt, um dem Nutzer den jeweils<br />
besten Informationszugang zu ermöglichen. Ihm werden opt<strong>im</strong>ierte Retrievalund<br />
Navigationsmöglichkeiten geboten, damit er genau jene <strong>Dokument</strong>e<br />
finden kann, die relevant für eine spezielle Anwendungssituation in <strong>der</strong> klinischen<br />
Praxis sind.<br />
Das Projekt Online Akademie befindet sich <strong>im</strong> Übergang von Planungsphase und<br />
Testbetrieb. Ein Regelbetrieb ist <strong>ab</strong> 1999 vorgesehen. Die einzelnen Module werden<br />
permanent mit den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> wissenschaftlichen Fachgesellschaften an die<br />
Aus- und Fortbildung und den aktuellen Marktbedürfnissen <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mt und daraufhin<br />
sukzessive weiter ausgebaut.<br />
Der Globaldent-Informationsdienst für die zahnmedizinische Fachwelt:<br />
Der Globaldent-Dienst wird als Internet-Service aufgebaut (http://www.globaldent.com).<br />
Die Leitidee ist es, ein datenbankbasiertes System zu erstellen, das es erlaubt, alle<br />
108
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
inhaltlich verwandten Informationen un<strong>ab</strong>hängig von ihrer Quelle miteinan<strong>der</strong> zu<br />
verbinden. Problemorientierte Fragestellungen bezüglich spezifischer Themen sollen vom<br />
System aus jedem möglichen Blickwinkel beantwortet werden - fachgebietsübergreifend,<br />
umfassend und schnell.<br />
Aus folgenden Datenbanken werden die Antworten auf eine solche Suchanfrage<br />
rekrutiert:<br />
• Fallstudien (Treatment Reports)<br />
• Publikationen<br />
• Computer Based Training<br />
• Total Quality Management<br />
• Veranstaltungen<br />
• Produkte<br />
• <strong>Dokument</strong>e<br />
• Öffentlichkeit (mit <strong>der</strong> Möglichkeit des Abrufs von Clips zur Patienteninformation).<br />
Diese Bereiche sind die “Knoten” des Wissens-Netzwerks für die Zahnmedizin. Jede in<br />
das System eingespeiste Information muß best<strong>im</strong>mten <strong>Dokument</strong>ationsrichtlinien<br />
entsprechen, um die Qualität <strong>der</strong> Informationen und die Kompar<strong>ab</strong>ilität zwischen den<br />
Datenbanken des Systems sicherzustellen. Alle Inhalteanbieter wie Industrie, Handel,<br />
Institutionen, Kliniken, L<strong>ab</strong>ors und Verlage sind an diese <strong>Dokument</strong>ationsrichtlinien<br />
gebunden. Der Nutzer profitiert damit von einer einheitlichen Form, die einen Vergleich<br />
<strong>der</strong> Information erleichtert.<br />
Ein Anwendungsbeispiel dieser <strong>Dokument</strong>ationsrichtlinien ist in <strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> Datenbank<br />
für Falldokumentationen <strong>im</strong>plementiert. In <strong>der</strong> Suchmaske für Falldokumentationen<br />
bekommt <strong>der</strong> Nutzer diejenigen Suchergebnisse angezeigt, die seiner Fragestellung am<br />
ehesten entsprechen. Unnötiger Informationsballast wird vermieden. Zudem verifiziert das<br />
System eigenständig die ausgegebenen Informationen anhand <strong>der</strong> angegebenen Fragestellungen.<br />
Die Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> dokumentierten Fälle werden zunächst als “thumbnails” dargestellt,<br />
um die Ladezeiten zu reduzieren und eine einfache Vorselektion <strong>der</strong> gewünschten<br />
Informationen zu erleichtern. Zudem wird angezeigt, in welchen <strong>Dokument</strong>ationsstufen<br />
<strong>der</strong> Fall aufgezeichnet wurde.<br />
Der Globaldent-Dienst arbeitet <strong>im</strong> Regelbetrieb, wobei die einzelnen Bereiche wie Datenbanken,<br />
Dienste (z.B. Newspoint, Forum) und Präsentation von Inhalten <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>,<br />
sukzessiv weiter ausgebaut werden.<br />
109
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
6.7 Informationssystem zu Tumorerkrankungen für Ärzte und<br />
Laien<br />
Inhalt <strong>der</strong> Anwendungslösung<br />
• Aufbereitung textbasierter Leitlinien des National Cancer Institute (NCI, USA)<br />
bezüglich <strong>der</strong> Behandlung von mehr als 80 verschiedenen Tumorarten für das<br />
Internet.<br />
• Ergänzung <strong>der</strong> Leitlinien um die Abstracts <strong>der</strong> relevanten Literatur.<br />
• Aufbereiten und Übersetzen <strong>der</strong> entsprechenden Informationen für Patienten.<br />
• Aufbereitung und Bereitstellung mehrerer 100 weiterer <strong>Dokument</strong>e mit allgemeinen<br />
Informationen zur Krebstherapie.<br />
• Monatliche Aktualisierung.<br />
Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung<br />
• För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Nutzung von Leitlinien, die Verfahren <strong>der</strong> gesicherten (evidencebased)<br />
Medizin beinhalten und Wirtschaftlichkeit und Qualität miteinan<strong>der</strong><br />
verbinden.<br />
• Neben Ärzten werden auch an<strong>der</strong>e an <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung Beteiligte<br />
und Patienten angesprochen.<br />
• Der standortun<strong>ab</strong>hängige Zugriff auf aktuelle Informationen ist je<strong>der</strong>zeit möglich.<br />
• Zur Zeit nutzen jährlich 70.000 Ärzte und fast 300.000 Laien diesen Informationsdienst.<br />
Beitrag zum Aufbau einer Telematikplattform<br />
• Die Integration von Leitlinien und Literatur in eine elektronische Patientenakte<br />
sowie <strong>der</strong> Zugriff auf Informationen zu klinischen Studien lassen sich durch den<br />
Gebrauch von Standards auf einer Telematikplattform realisieren.<br />
Konkrete Empfehlungen <strong>der</strong> Autoren zur Umsetzung<br />
• Das seit 4 Jahren angebotene Informationssystem sollte an nationale Gegebenheiten<br />
angepaßt werden.<br />
• Für alle Krankheitsbereiche sollten vergleichbare Informationssysteme aufgebaut<br />
werden.<br />
110
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
6.7.1 Analyse und <strong>Ergebnisse</strong><br />
Thema „Informationssysteme zu Tumorerkrankungen“ 1<br />
Ausgangslage und Problemstellung:<br />
Wichtige Voraussetzung für die Verbesserung <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> Patientenversorgung bei<br />
gleichzeitiger Min<strong>im</strong>ierung <strong>der</strong> Kosten ist die Beachtung von Standards bei Diagnostik<br />
und Therapie von Krankheiten. Nur wenn <strong>der</strong> behandelnde Arzt Umfang und Ablauf <strong>der</strong><br />
diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen den anerkannten Regeln <strong>der</strong> medizinischen<br />
Wissenschaft und den Erfahrungen <strong>der</strong> ärztlichen Berufspraxis nach durchführt,<br />
kann ein qualitativ hochwertiges Behandlungsergebnis erzielt werden. Diese Regeln<br />
können dem Arzt in Form von Leitlinien zur Verfügung gestellt werden. Bei geeigneter<br />
Aufbereitung können diese Leitlinien auch für die Weiterbildung von Ärzten eingesetzt<br />
werden.<br />
Seit Anfang 1994 bietet eine Arbeitsgruppe am Institut für Medizinische Statistik, <strong>Dokument</strong>ation<br />
und Datenverarbeitung <strong>der</strong> Universität Bonn monatlich aktualisierte onkologische<br />
Leitlinien <strong>im</strong> Internet an. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit dem National<br />
Cancer Institute <strong>der</strong> USA, das aktuelle Leitlinien für den Arzt und darauf <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mte<br />
Informationen für Patienten erstellt. Die <strong>Dokument</strong>e für Patienten informieren diese in<br />
verständlicher Diktion über ihre Erkrankung, die Stadieneinteilung sowie die diagnostischen<br />
und therapeutischen Möglichkeiten des Arztes. Ziel ist die Verbesserung <strong>der</strong><br />
Qualität <strong>der</strong> Patientenversorgung sowie eine Stärkung des Vertrauensverhältnisses<br />
zwischen Arzt und Patient und die aktive Einbindung des Patienten in den Behandlungs<strong>ab</strong>lauf.<br />
Zur Bereitstellung <strong>der</strong> Informationen wurde das World Wide Web gewählt, das mit seiner<br />
Hyperlink-Funktionalität ausreichende Voraussetzungen zum Aufbau eines komplexen<br />
Informationssystems bietet. Der Zugriff auf die Informationen ist für den Nutzer kostenfrei.<br />
Die bereitgestellte Informationsquelle genügt folgenden Ansprüchen:<br />
• Sie ist ein durch eine weltweit anerkannte Organisation definierter Standard<br />
und basiert auf <strong>Ergebnisse</strong>n zahlreicher klinischer Studien. Sie betrifft mehr<br />
als nur eine Krankheit.<br />
• Sie bezieht Ärzte und Patienten mit ein.<br />
• Sie beinhaltet Informationen zu Diagnostik, Therapie und Prävention.<br />
• Sie wird regelmäßig aktualisiert.<br />
1 Autor: Gustav Quade<br />
111
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
Diese Kriterien für die Informationsquelle werden durch das CancerNet des National<br />
Cancer Institute opt<strong>im</strong>al erfüllt. Vergleichbare Informationsquellen gibt es für den Bereich<br />
<strong>der</strong> Medizin nicht.<br />
Die von <strong>der</strong> Bonner Arbeitsgruppe Anfang 1994 erstellte CancerNet Version war das<br />
weltweit erste umfassende medizinische Informationssystem mit Leitlinien <strong>im</strong> Internet<br />
unter Nutzung <strong>der</strong> WWW-Technologie.<br />
Die speziell für das WWW aufbereiteten <strong>Dokument</strong>e des NCI lassen sich sowohl über<br />
einen themenorientierten Suchbaum als auch über eine Volltextsuche leicht finden. Da<br />
alle Ang<strong>ab</strong>en in den Leitlinien von Hinweisen auf die zugrunde liegende Literatur begleitet<br />
werden, wurde <strong>der</strong> direkte Zugriff auf die Abstracts (ca. 8.000) dieser Literatur realisiert,<br />
um dem Arzt ein Max<strong>im</strong>um an Information ohne Suchaufwand seinerseits zugänglich zu<br />
machen. Das Informationsangebot liegt in Englisch und Spanisch vor.<br />
Durch Server-Statistiken und Befragungen <strong>der</strong> Nutzer wurde ermittelt, daß weltweit jährlich<br />
ca. 70.000 Ärzte diesen Dienst in Anspruch nehmen. Hinzu kommen noch mehrere<br />
hun<strong>der</strong>ttausend Patienten. Monatlich werden bis zu 1 Million <strong>Seite</strong>n Informationen <strong>ab</strong>gerufen.<br />
D<strong>ab</strong>ei liegen die Übermittlungskosten zum Teil unter 1 Prozent <strong>der</strong> Kosten <strong>der</strong> herkömmlichen<br />
Informationsbeschaffung.<br />
Ergebnis:<br />
• Mit Hilfe <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Informations- und Kommunikationstechnologie lassen<br />
sich hochwertige Informationen aus dem Bereich <strong>der</strong> Medizin nicht nur dem<br />
Fachmann, son<strong>der</strong>n auch dem interessierten Laien zur Verfügung stellen.<br />
D<strong>ab</strong>ei kann diese Information stets in ihrer aktuellen Version unter min<strong>im</strong>alem<br />
Kostenaufwand <strong>ab</strong>gerufen werden.<br />
• Durch die weltweite Zugriffsmöglichkeit auf diese Art <strong>der</strong> Informationsdienste<br />
wird die globale Anhebung <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> Patientenversorgung auf ein<br />
hohes Niveau geför<strong>der</strong>t.<br />
112
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
6.8 Ärztliche Fortbildung und Qualitätssicherung<br />
Inhalt <strong>der</strong> Anwendungslösung<br />
• Ein auf alle Fortbildungsthemen in den medizinischen Disziplinen orientiertes<br />
Fortbildungskonzept. Aus Kapazitätsgründen wird zunächst modellhaft das<br />
Thema des Rheumatischen Formenkreises behandelt.<br />
• Verbindung traditioneller Formen ärztlicher Fortbildung mit den neuen Möglichkeiten<br />
<strong>der</strong> Vernetzung und <strong>der</strong> Mult<strong>im</strong>edia-Technik.<br />
• Aufsetzen des Vorh<strong>ab</strong>ens auf ein über Jahre gereiftes Tutorensystem als<br />
Software-Plattform.<br />
Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung<br />
• Ergänzung <strong>der</strong> bestehenden Angebote zur Fortbildung in den medizinischen<br />
Disziplinen allgemein.<br />
• Verbesserung des Wissens über Qualitätsmanagement <strong>im</strong> Gesundheitswesen.<br />
• Intensivierung <strong>der</strong> kollegialen Kooperation in Form von Qualitätszirkeln.<br />
Beitrag zum Aufbau einer Telematikplattform<br />
• Intensivierung <strong>der</strong> Kooperation zwischen ärztlichen Standesorganisationen,<br />
Universitätsinstituten, und Dienste-Anbietern auf dem Gebiet <strong>der</strong> elektronischen<br />
Wissensverbreitung zum Zweck <strong>der</strong> Sicherstellung qualitativ hochwertiger mult<strong>im</strong>edialer<br />
Fortbildungsprogramme.<br />
• Intensivierung <strong>der</strong> Nutzung von Telematik-Diensten durch nie<strong>der</strong>gelassene<br />
Ärzte.<br />
Konkrete Empfehlung <strong>der</strong> Autoren zur Umsetzung<br />
• Modellvorh<strong>ab</strong>en 3/98-10/98 zur Ausgestaltung technischer Verfahren<br />
• Erste Phase des Routineeinsatzes <strong>ab</strong> Ende 1998<br />
• Teilnahme deutschsprachiger Ärzte aus dem benachbarten Ausland vorgesehen<br />
113
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
6.8.1 <strong>Ergebnisse</strong><br />
Thema „Ärztliche Fortbildung und Qualitätssicherung“ 1<br />
Gegenwärtig gibt es verschiedene Versuche, die komplexe Fortbildung <strong>der</strong> Ärzte und die<br />
Vermittlung von Aspekten des Qualitätsmanagements miteinan<strong>der</strong> zu verbinden. So<br />
bearbeitet eine deutsche Gruppe von Ärzten ein Vorh<strong>ab</strong>en, Patientendaten auszuwerten<br />
und daraus praktische Hinweise für Patienten und Ärzte, <strong>ab</strong>er auch für die Fortbildung <strong>der</strong><br />
Ärzteschaft <strong>ab</strong>zuleiten (Daten-Ansatz) (s.a. Abschn. 7.7). Dieses Vorh<strong>ab</strong>en läßt sich<br />
dadurch ergänzen, das die subjektiven Bedürfnisse und drängenden Fragen <strong>der</strong> Ärzte<br />
sowie fachliche Unklarheiten gesammelt, ausgewertet und zur Gestaltung <strong>der</strong> Fortbildung<br />
aufgearbeitet werden (Fragen-Ansatz). Beide Ansätze versuchen, die bestehenden<br />
Möglichkeiten von Qualitätszirkeln zu ergänzen und die Ärzte nachhaltig in ihrer Tätigkeit<br />
zugunsten <strong>der</strong> Patienten zu unterstützen. Qualitätszirkel h<strong>ab</strong>en sich in vielen Bereichen<br />
als wirksames Instrument zur Verbesserung best<strong>im</strong>mter Aspekte <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung<br />
erwiesen.<br />
Die Verknüpfung von Qualitätssicherung und ärztlicher Fortbildung ist seit längerem das<br />
Ziel <strong>der</strong> Ärzteschaft. Hierzu gibt es Vorg<strong>ab</strong>en <strong>der</strong> Zentralstelle für ärztliche<br />
Qualitätssicherung. Inhalte werden mit dem Deutschen Senat für Ärztliche Fortbildung<br />
<strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mt und Zertifizierungsansätze für die Ausrichtung von Fortbildungsangeboten<br />
werden <strong>der</strong>zeit in verschiedenen Bundeslän<strong>der</strong>n entwickelt.<br />
Im Verlauf des Jahres 1997 wurde auf Anregung des Präsidenten des Deutschen Senats<br />
für Ärztliche Fortbildung, Herrn Prof. Eckel, Göttingen, eine ad hoc Arbeitsgruppe<br />
gebildet. Diese hat in vielen Fachgesprächen und Erörterungen nach einer Möglichkeit<br />
gesucht, vorsichtig und dennoch zielstrebig den Einsatz neuer Computermedien in <strong>der</strong><br />
ärztlichen Fortbildung zu testen 2 . Bis Oktober 1998 soll in Zusammenarbeit mit Verlagen<br />
und Universitätseinrichtungen ein Fortbildungsmodell entstehen, das bewährte<br />
traditionelle Formen <strong>der</strong> Fortbildung mit neuen Möglichkeiten <strong>der</strong> Vernetzung und <strong>der</strong><br />
Mult<strong>im</strong>edia-Technik verknüpft. Dieses Modell soll das bestehende Fortbildungsangebot<br />
nicht <strong>ab</strong>lösen, son<strong>der</strong>n ergänzen.<br />
Das Modellvorh<strong>ab</strong>en soll es Ärzten ermöglichen:<br />
• sich auch zu Hause nach individuellem Zeitplan fortzubilden,<br />
• Zeit und Aufwand für die Reise zu Veranstaltungen einzusparen,<br />
1<br />
2<br />
Autor: Otto Rienhoff<br />
Modellvorh<strong>ab</strong>en <strong>der</strong> Ärztekammer Bayern und <strong>der</strong> Kassenärztlichen Vereinigung Bayern, <strong>der</strong><br />
Ärztekammer Nie<strong>der</strong>sachsen und <strong>der</strong> Deutschen Klinik für Diagnostik, in Verbindung mit dem<br />
Verlag Ullstein Medical, Wiesbaden, <strong>der</strong> InterMedical Kommunikationsgesellschaft, Wiesbaden,<br />
dem Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz und Angewandte Informatik <strong>der</strong> Universität Würzburg<br />
und <strong>der</strong> Abteilung Medizinische Informatik <strong>der</strong> Universität Göttingen.<br />
114
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
• den Aufwand für Fortbildung und Qualitätssicherung wirksamer zu gestalten,<br />
• Qualitätsmanagement und Fortbildung aufeinan<strong>der</strong> <strong>ab</strong>zust<strong>im</strong>men,<br />
• mit Freude Fortbildung zu betreiben.<br />
Das Modellvorh<strong>ab</strong>en soll den ärztlichen Körperschaften ermöglichen:<br />
• Fortbildungsveranstaltungen nach dem aktuellen Bedarf <strong>der</strong> Ärzte zu<br />
gestalten,<br />
• Fortbildung und Qualitätssicherung nach dem tatsächlichen Bedarf zu<br />
entwickeln,<br />
• Fortbildung nachvollziehbar zu zertifizieren,<br />
• den Anschluß an zeitgemäße Formen <strong>der</strong> Erwachsenenbildung zu finden,<br />
• die Dienstleistungen <strong>der</strong> Kammern zugunsten ihrer Mitglie<strong>der</strong> zu intensivieren.<br />
• Grundsätzlich sollen alle Ärzte in <strong>der</strong> Fortbildung an dem neuen Konzept<br />
teilh<strong>ab</strong>en können - die Modellphase soll sich jedoch aus Praktik<strong>ab</strong>ilitätsgründen<br />
auf nie<strong>der</strong>gelassene Ärzte und Ärzte in <strong>der</strong> stationären Versorgung,<br />
die eine klinische Fortbildung anstreben, beschränken.<br />
Die <strong>im</strong> Modellvorh<strong>ab</strong>en getesteten Verfahren sollen später für alle medizinischen Disziplinen<br />
und Fortbildungsthemen geeignet sein. Im Modellvorh<strong>ab</strong>en soll jedoch eine Themenauswahl<br />
getroffen werden, um die Kosten zu begrenzen. Das Thema Rheumatischer<br />
Formenkreis, inhaltlich von Prof. Schewe, München, entwickelt, wird als Beispiel genutzt.<br />
Das Modell soll Möglichkeiten aufzeigen, wie mit mult<strong>im</strong>edialen Techniken später eine<br />
<strong>ab</strong>wechslungsreiche Fortbildung verwirklicht und am tatsächlichen Bedarf <strong>der</strong> Ärzte<br />
ausgerichtet werden kann.<br />
Während des Modellvorh<strong>ab</strong>ens soll auch eine organisatorische Lösung gefunden werden,<br />
die später einen wirtschaftlichen Routinebetrieb ermöglicht. Die Organisation soll so<br />
ausgerichtet werden, daß nicht am Modellvorh<strong>ab</strong>en beteiligte Kammern das Modell<br />
übernehmen können.<br />
Folgende sechs Bereiche sind miteinan<strong>der</strong> zu verzahnen:<br />
1. Die Ärztekammer, die die Fortbildung und Authentifizierung <strong>der</strong> Ärzte sicherstellt und<br />
den Gesamtprozeß in Abst<strong>im</strong>mung mit <strong>der</strong> Kassenärztlichen Vereinigung leitet (z.B.<br />
Bayerische Landesärztekammer und Kassenärztliche Vereinigung Bayern).<br />
2. Die Ärzte in einer Kammer, die praxisnahe, erwachsenengerechte Fortbildung<br />
möglichst effizient benötigen (z.B. ein Qualitätszirkel (QZ) nie<strong>der</strong>gelassener Ärzte).<br />
3. Der Serviceprovi<strong>der</strong> (1), <strong>der</strong> das Fortbildungsmaterial in Zusammenarbeit mit<br />
wissenschaftlichen Einrichtungen erstellt und entsprechend den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />
Kammer zusammenstellt und editiert (z.B. Verlag Ullstein Medical).<br />
115
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
4. Der Serviceprovi<strong>der</strong> (2), <strong>der</strong> den Aspekt Qualitätssicherung innerhalb <strong>der</strong> Abläufe <strong>im</strong><br />
Auftrag <strong>der</strong> Kammer organisiert und gegenüber den an<strong>der</strong>en Servicepartnern Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
spezifiziert (z.B. Zentrum Qualitätsmanagement <strong>der</strong> ÄK Nie<strong>der</strong>sachsen).<br />
5. Der Serviceprovi<strong>der</strong> (3), <strong>der</strong> die elektronischen Maßnahmen zur Fortbildung und Qualitätssicherung<br />
in sein Gesamtprogramm integriert (z.B. Akademie für Ärztliche Fortbildung).<br />
6. Externe Einrichtungen, die den Gesamtprozeß evaluieren und ggf. verifizieren (z.B.<br />
Universitätsinstitute).<br />
Im Rahmen des Modellversuches sollen das Zusammenwirken <strong>der</strong> sechs Bereiche<br />
erprobt, die jeweiligen Aufg<strong>ab</strong>en spezifiziert und die Ablauforganisation detailliert<br />
beschrieben werden.<br />
Für das Modellvorh<strong>ab</strong>en sollen als Softwarebasis u.a. die über Jahre entwickelten<br />
Tutorensysteme auf <strong>der</strong> Software-Plattform D-3 (Prof. Puppe, Würzburg) dienen. Dieses<br />
Tutorensystem präsentiert Fälle, die systematisch gelöst werden müssen. Wichtige<br />
Aspekte des Lösungsweges werden dokumentiert und anonym einer Auswertung<br />
zugeführt.<br />
Die Erweiterung <strong>der</strong> Fallbasis entsprechend den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Fortbildung und<br />
Qualitätssicherung kann später durch verschiedene Autorengruppen erfolgen. In den<br />
sechs Monaten des Modellvorh<strong>ab</strong>ens sollen nur wenige Fälle präsentiert und gelöst<br />
werden. Die Edition <strong>der</strong> Fälle nach einheitlichen inhaltlichen Qualitätsmaßstäben wird<br />
durch das Lektorat des Verlages Ullstein Medical gesichert.<br />
Das gesamte Modell beruht auf einem einfachen Regelkreis: Ärzte lösen Beispiel-Fälle<br />
auf einem Mult<strong>im</strong>edia-PC, <strong>der</strong> ihre Lösungsstrategie dokumentiert. Die anonymisierten<br />
Fallkommentare <strong>der</strong> Ärzte und die anonymisierte <strong>Dokument</strong>ation <strong>der</strong> Lösungsstrategie<br />
werden ausgewertet. Diese Auswertungen und Rahmenvorg<strong>ab</strong>en <strong>der</strong> Kammern<br />
best<strong>im</strong>men die Fallauswahl für die kommenden Fortbildungsfälle. Der Kreislauf wird mit<br />
an<strong>der</strong>en Arbeitsprozessen aus den Zuständigkeiten <strong>der</strong> Kammern bzw. <strong>der</strong><br />
Kassenärztlichen Vereinigungen verknüpft (Qualitätsmanagement, Themenauswahl <strong>der</strong><br />
Akademien etc.).<br />
Obwohl grundsätzlich anonym, kann <strong>der</strong> Prozeß für spezielle Anliegen <strong>der</strong> Ärzte (z.B.<br />
Zertifizierung) auch verbindlich organisiert werden.<br />
Das Grundprinzip kann für verschiedene Zwecke unterschiedlich erweitert werden. Einige<br />
davon sollen <strong>im</strong> Modellvorh<strong>ab</strong>en als Szenarien detailliert beschrieben werden. Im<br />
Modellversuch soll jedoch nur das Szenarium 1 getestet werden.<br />
116
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
Szenarium 1: Einsatz in Verbindung mit Qualitätszirkeln (QZ)<br />
2: Nachstudium von QZ<br />
3: Zertifizierte Fortbildung<br />
4: Themenauswahl Akademien (Medienverbund)<br />
5: Online-Informationsdienste<br />
6: Verknüpfung mit Qualitätsdokumentation aus Arztpraxen<br />
Langfristig sind auch weitergehende Szenarien denkbar - etwa <strong>der</strong> Einsatz von En<strong>ab</strong>ling-<br />
Technologien zur Übung des Raumempfindens (s. dazu auch Abschn. 6.4).<br />
117
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
118
7 Patientenorientierte<br />
Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre<br />
Vernetzung<br />
7.1 Überblick 1<br />
Die hochgradige Spezialisierung in <strong>der</strong> Medizin und die daraus resultierende Arbeitsteilung<br />
verschiedener Versorgungseinrichtungen bei <strong>der</strong> Behandlung von kranken Menschen<br />
macht es notwendig, Diagnostik, Behandlung und Betreuung von Patienten sorgfältig<br />
zwischen den an <strong>der</strong> Versorgung beteiligten Personen und Institutionen <strong>ab</strong>zust<strong>im</strong>men.<br />
Es ist vorhersehbar, daß diese Abst<strong>im</strong>mung, Koordination und gegenseitige<br />
Information <strong>der</strong> Beteiligten durch die Unterstützung mit mo<strong>der</strong>nen Informations- und<br />
Kommunikationstechnologien erheblich verbessert und beschleunigt werden kann.<br />
D<strong>ab</strong>ei stellt sich die Frage, welche Versorgungs<strong>ab</strong>läufe sinnvoll elektronisch unterstützt<br />
werden sollten und welche Infrastrukturen dafür zu welchen Kosten zu erstellen sind.<br />
Abb.: Versorgungseinrichtungen, <strong>der</strong>en Vernetzung diskutiert wird<br />
¡ ¢ £¤ ¥ ¤ ¦<br />
§ ¨© <br />
1 Peter Haas (Berichterstatter)
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
Naheliegend erscheint es, mit <strong>der</strong> Unterstützung <strong>der</strong> Kommunikation und Kooperation von<br />
Arztpraxen untereinan<strong>der</strong> o<strong>der</strong> zwischen dem ambulanten und stationären Versorgungsbereich<br />
zu beginnen. In <strong>der</strong> Dreierbeziehung zwischen Hausarzt, nie<strong>der</strong>gelassenem<br />
Facharzt und Fach<strong>ab</strong>teilungen <strong>der</strong> Krankenhäuser kommt es durch die 'klassische'<br />
papiergestützte Kommunikation oft zu erheblichen Verzögerungen <strong>im</strong> Informationsfluß<br />
und damit zu Behin<strong>der</strong>ungen einer kontinuierlichen Behandlung <strong>der</strong> Patienten. Dies<br />
führt nicht selten zu unnötiger Doppelarbeit, zu wi<strong>der</strong>sprüchlichen o<strong>der</strong> überholten<br />
Therapien und 'last but not least' zu vermeidbaren Kosten. Die intensive interdisziplinäre<br />
Kooperation in <strong>der</strong> Medizin ist jedoch un<strong>ab</strong>dingbare Voraussetzung dafür, daß die bei<br />
vielen Patienten notwendigen komplexen Diagnose- und Therapieschritte in einem<br />
angemessenen Zeitrahmen erfolgen können.<br />
Facetten <strong>der</strong> informationstechnologischen Unterstützung <strong>der</strong> ambulant-stationären<br />
Verzahnung sind z.B:<br />
• Einrichtung kommunikationsfähiger Computersysteme in allen Krankenhäusern,<br />
Arztpraxen und Pflegestationen<br />
• Erarbeitung einer standardisierten <strong>Dokument</strong>ation (Elektronisches Krankenblatt),<br />
verbindlich für alle Teilnehmer.<br />
• elektronische Übermittlung von Befunden und Arztbriefen zwischen Ärzten in<br />
Krankenhaus, Praxis und an<strong>der</strong>en Versorgungseinrichtungen<br />
• Erstellung eines elektronischen Formular- und Auftragswesens<br />
• Elektronische Leistungs<strong>ab</strong>rechnung durch alle Beteiligten, einschließlich <strong>der</strong><br />
gefor<strong>der</strong>ten <strong>Dokument</strong>ation<br />
• Nutzung einer für alle an <strong>der</strong> Behandlung Beteiligten einsehbaren Patientenakte,<br />
einschließlich fortlaufen<strong>der</strong> Befund- und Medikamentendokumentation,<br />
(nur mit ausdrücklichem Einverständnis des jeweiligen Patienten).<br />
• Telekonsultation entfernt ansässiger Spezialisten (Videokonferenzen mit<br />
gemeinsamen Zugriff auf Befunde)<br />
• Auskunftssysteme über Leistungsspektrum nie<strong>der</strong>gelassener Ärzte und Krankenhäuser,<br />
ggf. mit Terminbuchung;<br />
• Betreuung von Risikopatienten Zuhause (Home Care) und Überwachung von<br />
Vitalfunktionen<br />
Um solche Unterstützung zu leisten, bedarf es <strong>ab</strong>er in den einzelnen Versorgungseinrichtungen<br />
des Aufbaus einer informationstechnologischen Infrastruktur mit entsprechenden<br />
kommunikationsfähigen Informationssystemen. Mehr als 150 verschiedene Computer-<br />
Systeme für nie<strong>der</strong>gelassene Ärzte und sehr unterschiedlich ausgeprägte Krankenhaus-<br />
Informations-Systeme (KIS) bedürfen <strong>der</strong> Harmonisierung bzw. informationstechnischer<br />
Anpassung (Schnittstellen).<br />
120
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
Eine verfügbare informationstechnisch gestützte Verzahnung ermöglicht nicht nur<br />
innerhalb einer Versorgungsinstitution son<strong>der</strong>n auch Institutionen übergreifend ein Qualitätsmanagement<br />
auf hohem Niveau. Dies kann orientiert an <strong>der</strong> Behandlung einzelner<br />
Patienten (case management) o<strong>der</strong> <strong>ab</strong>er auch für eine definierte Patientenpopulation<br />
diagnosebezogen (desease management) erfolgen. D<strong>ab</strong>ei muß <strong>im</strong> Zentrum <strong>der</strong><br />
Bemühungen die Entwicklung von Qualitätsindikatoren und entsprechen<strong>der</strong> Leitlinien<br />
sowie <strong>der</strong>en Validierung und letztlich <strong>der</strong>en Umsetzung stehen. Auf dieser Grundlage<br />
könnte dann unter Verwendung standardisierter <strong>Dokument</strong>ation, eine institutionsübergreifende<br />
Kommunikation, Qualitätsmanagement und Auswertung <strong>der</strong> <strong>Ergebnisse</strong> des<br />
Bemühens (Evaluation) möglich werden. Neben den bereits vorangehend erwähnten<br />
Effekten die sich bei einer Vernetzung auch auf die Qualität <strong>der</strong> Versorgung auswirken,<br />
gibt es weitere positive Effekte für Patient, Leistungserbringer und Kostenträger durch<br />
den Einsatz von Leitlinien und Standards wie:<br />
Anwendungsfel<strong>der</strong><br />
Leitlinien und Standardisierung<br />
Patient Leistungserbringer Kostenträger<br />
<br />
<br />
Kontakt zwischen<br />
Patient und Arzt<br />
rascher Zugang zu<br />
aktuellem Wissen<br />
Entscheidungssicherheit<br />
Innerhalb einer<br />
Versorgungseinrichtung<br />
Rational begründete,<br />
d.h. evidenzbasierte<br />
Behandlung<br />
Wirksamkeit<br />
Transparenz<br />
<strong>der</strong> Abläufe<br />
Selbstbest<strong>im</strong>mung<br />
Rechtssicherheit<br />
rascher Zugang<br />
Effizienzsteigerung<br />
Qualitätssicherung<br />
Aktualität<br />
Kenntnis<br />
Einheitliche<br />
Anwendung<br />
Transparenz<br />
komplexer<br />
Vorgänge<br />
Über verschiedene<br />
Versorgungseinrichtungen<br />
hinweg<br />
Transparenz<br />
<strong>der</strong> Angebote<br />
Gezielte Auswahl<br />
<br />
<strong>der</strong> Behandlungseinrichtung<br />
<br />
Vergleichbarkeit<br />
Überprüfung u.<br />
Validierung<br />
Qualitätsmanagement<br />
Diffusion<br />
Gesundheitsökonomische<br />
Bewertung<br />
von Leitlinien<br />
Budgetsteuerung<br />
Damit erweitert sich die Liste <strong>der</strong> bereits aufgeführten Facetten um die Möglichkeiten,<br />
medizinisches Wissen und Leitlinien in adäquater Weise für Patienten und medizinisches<br />
Fachpersonal nutzbar und verfügbar zu machen.<br />
Wird <strong>der</strong> Patient selbst als aktives Element in den Versorgungsprozeß mit einbezogen,<br />
ergeben sich vielseitige Möglichkeiten, die unter dem Begriffen "Patientenautonomie" und<br />
"Home Care" subsumiert werden können. Die Stärkung <strong>der</strong> Autonomie, <strong>der</strong> Selbstbest<strong>im</strong>mung<br />
und Selbstverantwortung des Patienten sollte ein Resultat <strong>der</strong> Patientenorientierung<br />
<strong>der</strong> Versorgungs<strong>ab</strong>läufe <strong>der</strong> Zukunft sein. Das Verbleiben eines kranken<br />
älteren Menschen in den eigenen vier Wänden, die Erhaltung seiner Selbständigkeit<br />
durch den Einsatz mo<strong>der</strong>ner Informations- und Kommunikationstechnik (Telemedizin) ist<br />
121
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
ein weiterer Aspekt patientenorientierter Versorgung, <strong>der</strong> mit dem englischen Begriff <strong>der</strong><br />
Home Care umschrieben wird.<br />
Home-Care wird als Konzept definiert, eine gesundheitliche Fernbetreuung zwischen<br />
einer medizinischen Einrichtung (z.B. einem nie<strong>der</strong>gelassenen Arzt, einer Pflegeeinrichtung<br />
o<strong>der</strong> auch einem Krankenhaus) und einem <strong>im</strong> häuslichen Umfeld lebenden<br />
Patienten sicherzustellen. Dies soll unter Zuhilfenahme mult<strong>im</strong>edialer Informationsübertragungen<br />
(z.B. Sprache, Bild, EKG, Blutdruck o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er Parameter) unter <strong>der</strong><br />
Voraussetzung einer geeigneten Telekommunikationsinfrastruktur ermöglicht werden.<br />
Dazu bedarf es nicht nur <strong>der</strong> geeigneten Technik bei den Versorgungseinrichtungen<br />
(Krankenhaus, Arztpraxis, Pflegeeinrichtung), son<strong>der</strong>n auch be<strong>im</strong> Patienten. Der Aufwand<br />
ist erheblich. Eine Kosten-/Nutzen<strong>ab</strong>wägung sollte daher den erfor<strong>der</strong>lichen Investitionen<br />
vorausgehen.<br />
Zur Einführung <strong>der</strong> vorangehend beschriebenen Vernetzung und <strong>der</strong>en breiten Nutzung<br />
bedarf es einer informationstechnischen Infrastruktur, die geeignet ist, alle wichtigen<br />
Informationen sicher und schnell zu kommunizieren. D<strong>ab</strong>ei ergeben sich zwei grundsätzliche<br />
Möglichkeiten: Die sog. "online-Kommunikation" über (Telefon-)Netze und/o<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Einsatz von "intelligenten Chipkarten" sog. Smart Cards. Mit Chipkarten ist es<br />
möglich, relevante Patienteninformationen auf einer solchen Karte, die <strong>der</strong> Patient stets<br />
bei sich trägt, zu speichern und regelmäßig zu aktualisieren. Bei einer<br />
Krankenhausaufnahme o<strong>der</strong> Arztkonsultation können die Daten, sofern <strong>der</strong> Patient<br />
zust<strong>im</strong>mt, ausgelesen und verwertet werden. Eine bekannte administrative Anwendung<br />
ist die Krankenversichertenkarte in Deutschland (KVK). Darüber hinaus wurden <strong>ab</strong>er in<br />
einzelnen Projekten bereits Karten für definierte Patientengruppen wie Di<strong>ab</strong>etiker,<br />
Dialysepatienten und Herzpatienten auf freiwilliger Basis erprobt. Allen Ansätzen<br />
gemeinsam ist das Ziel einer besseren Patientenversorgung, namentlich <strong>der</strong> chronisch<br />
Kranken. Auch hier werden Kosten-/Nutzen Abwägungen das weitere Schicksal dieser<br />
Anwendungsart best<strong>im</strong>men. Es ist <strong>ab</strong>zusehen, daß die Gewährleistung einer vertrauenswürdigen<br />
Kommunikation in <strong>der</strong> Medizin wie in <strong>der</strong> Gesundheitsverwaltung auf die<br />
Kartentechnik angewiesen sein wird. Die Identifikation berechtigter Teilnehmer in medizinischen<br />
Netzen wird ebenso wie die Verschlüsselung <strong>der</strong> sensiblen Patienteninformationen<br />
nur gewährleistet sein, wenn alle Gesundheitsberufe über einen elektronischen<br />
Ausweis, eine Karte für die Gesundheitsberufe verfügen, die ihnen auch die elektronische<br />
Unterschrift ("Digitale Signatur") unter alle <strong>Dokument</strong>e ermöglicht. Die bereits erwähnte<br />
Alternative zu den Karten stellen die Netze dar: Elektronische Netze sollen<br />
Rechnersysteme verschiedener Versorgungseinrichtungen verbinden um einen schnellen<br />
und sicheren Informationsaustausch zu ermöglichen.<br />
122
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
In den nachfolgenden sechs Kapiteln, 7.1 bis 7.6, gehen Experten vertiefend auf die<br />
Möglichkeiten und Grenzen patientenorientierter Versorgungs<strong>ab</strong>läufe mittels TELEMATIK<br />
ein.<br />
123
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
7.2 Verzahnung ambulanter und stationärer Versorgung<br />
124<br />
Spektrum <strong>der</strong> Anwendungen<br />
• elektronische Übermittlung von Befunden und Arztbriefen zwischen Ärzten in<br />
Krankenhaus, Praxis und an<strong>der</strong>en Versorgungseinrichtungen<br />
• elektronische Formular- und Auftragsübermittlung<br />
• Leistungs<strong>ab</strong>rechnung einschließlich <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten <strong>Dokument</strong>ation<br />
• Erstellung und Nutzung einer für alle an <strong>der</strong> Behandlung Beteiligten (mit<br />
Einverständnis des Patienten) einsehbaren Patientenakte<br />
• Telekonsultation (Videokonferenzen mit gemeinsamen Zugriff auf Befunde)<br />
• Auskunftssysteme über Leistungsangebote nie<strong>der</strong>gelassener Ärzte („virtuelles<br />
Praxisschild“) und Krankenhäuser mit Terminbuchung;<br />
• Home Care und Überwachung von Vitalfunktionen<br />
Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung<br />
• Zeitverkürzung zwischen Leistung und Informationsübermittlung<br />
• Verbesserung des Behandlungsmanagements mit schneller Notfallversorgung<br />
• Verkürzung <strong>der</strong> Gesamtbehandlungsdauer<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an den Aufbau einer Telematikplattform<br />
• Befundübermittlung und patientenbezogene Auskunftssysteme h<strong>ab</strong>en große<br />
Breitenwirkung für den Aufbau einer Telematikplattform<br />
• Entwicklung bzw. Einsatz definierter Standards für die Kommunikation medizi<br />
nischer und administrativer Daten o<strong>der</strong> entsprechen<strong>der</strong> Komponenten<br />
• Entwicklung und Einsatz von Sicherheitsinfrastrukturen<br />
• <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mter und koordinierter Aufbau von dezentralen Gesundheitsnetzwerken<br />
Konkrete Empfehlungen <strong>der</strong> Autoren zur Umsetzung<br />
• Verankerung telemedizinischer Leistungen in den Gebührenordnungen.<br />
• Verankerung telemedizinischer Leistungen <strong>im</strong> ärztlichen Berufsrecht.<br />
• Prüfung weiterer Rechtskreise (Strafrecht, Strafprozeßordnung, etc.) auf<br />
mögliche relevante Regelungen für die Einführung und Durchführung telemedizinischer<br />
Leistungen <strong>im</strong> ärztlichen und pflegerischen Bereich.<br />
• Sicherstellung <strong>der</strong> Kompatibilität <strong>der</strong> Systeme <strong>im</strong> stationären und ambulanten<br />
Bereich zur Gewährleistung einer vollständigen und korrekten Übermittlung<br />
medizinischer und administrativer Informationen.<br />
• Definition von Abrechnungspositionen für telematikgestützte Dienstleistungen <strong>im</strong><br />
ambulanten Bereich, um die Refinanzierung <strong>der</strong> Investitionskosten und <strong>der</strong><br />
laufenden Kosten zu ermöglichen.<br />
• Anpassung <strong>der</strong> Entgeltordnungen <strong>im</strong> stationären Bereich zur Berücksichtigung<br />
des Einsatzes patientenorientierter Telematikdienste.<br />
• Aufzeigen und Realisierung von Einsparpotentialen.<br />
• Laufende Evaluation <strong>der</strong> Effekte <strong>der</strong> telematikgestützten Diagnostik und<br />
Therapie und des Austausches von entsprechenden Informationen zwischen<br />
dem ambulanten und stationären Bereich.<br />
• Erschließung und Nutzung neuer Möglichkeiten <strong>der</strong> Evaluation <strong>der</strong> medizinischen<br />
Versorgung mit <strong>der</strong> Unterstützung patientenorienter Telematikdienstleistungen<br />
<strong>im</strong> Gesundheitswesen.
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
7.2.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen<br />
Themengruppe „Verzahnung ambulanter und stationärer Versorgung“ 1<br />
7.2.1.1 Allgemeine Ausgangssituation und Schwachstellen<br />
Die hochgradige Spezialisierung in <strong>der</strong> Medizin macht es in zunehmenden Maße notwendig,<br />
die Behandlung und Betreuung von Patienten sorgfältig zwischen den an <strong>der</strong><br />
Gesundheitsversorgung beteiligten Personen und Institutionen <strong>ab</strong>zust<strong>im</strong>men. Nur so<br />
kann eine opt<strong>im</strong>ale - zeitnahe und problemorientierte - medizinische Versorgung gewährleistet<br />
werden.<br />
Unter dem Stichwort 'Verzahnung' wird von <strong>der</strong> Gesundheitspolitik und vielen Akteuren<br />
des Gesundheitswesens seit langem eine bessere Verbindung <strong>der</strong> ambulanten und<br />
stationären Versorgungsbereiche gefor<strong>der</strong>t. Diese wird in <strong>der</strong> Praxis jedoch noch zu<br />
selten umgesetzt. So hat auch die bisherige 'Gesundheitsstruktur'gesetzgebung bislang<br />
wenig an den sektoral orientierten Strukturen und Funktionen des Gesundheitswesens<br />
verän<strong>der</strong>t.<br />
Bei den nicht zuletzt interessens- und berufspolitisch geprägten Diskussionen um eine<br />
bessere Verzahnung <strong>der</strong> ambulanten und stationären Versorgung stehen zumeist<br />
Modelle <strong>der</strong> personellen o<strong>der</strong> institutionellen Verzahnung (Belegarztwesen, Chefarztermächtigungen,<br />
Institutsambulanzen o<strong>der</strong> institutionelle Verbindungen z.B. durch Einrichtung<br />
gemeinsam genutzter Einrichtungen <strong>der</strong> Hochleistungsmedizin) <strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>grund.<br />
D<strong>ab</strong>ei wird oftmals zu wenig beachtet, daß Lösungsansätze für eine Verzahnung <strong>der</strong><br />
Versorgung auch auf einer völlig an<strong>der</strong>en Ebene existieren: Durch Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />
technologischen und organisatorischen Infrastruktur könnte - bei Erhaltung <strong>der</strong> bestehenden<br />
organisatorischen Grundstrukturen - eine neue Form <strong>der</strong> „verzahnten“ Zusammenarbeit<br />
auf <strong>der</strong> Basis einer einheitlichen und gemeinsamen elektronischen Krankenakte<br />
erreicht werden.<br />
Die heute und zukünftig für das Gesundheitswesen verfügbaren Telematikanwendungen<br />
(auch die Telemedizin <strong>im</strong> engeren Sinne) eröffnen grundsätzlich neue Chancen für<br />
Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> medizinischen Versorgung. Diese beinhalten zunächst Verän<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> technologischen Infrastruktur, die in zweiter Linie dann auch einen sachlichlogischen<br />
Strukturwandel herbeiführen könnten.<br />
Zusammenfassend kann <strong>der</strong> heutige Stand <strong>der</strong> Kooperation und Kommunikation <strong>im</strong><br />
Gesundheitswesen unter Berücksichtigung des tatsächlich technisch Möglichen noch<br />
keinesfalls als zufriedenstellend bezeichnet werden. Im jeweiligen Dreiecksverhältnis z.B.<br />
1 Stephan H. Schug (Berichterstatter), Karin Bär, Merte Bosch, Peter Haas<br />
125
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
von Hausarzt, nie<strong>der</strong>gelassenem Facharzt und Fach<strong>ab</strong>teilung <strong>im</strong> Krankenhaus kommt es<br />
durch die „klassischen“ papiergestützten Kooperations- und Kommunikationsformen oft<br />
zu erheblichen Verzögerungen <strong>im</strong> Informationsfluß und damit zu Behin<strong>der</strong>ungen des<br />
Behandlungs<strong>ab</strong>laufes. Dies führt zu unnötigen Doppelarbeiten und vermeidbaren Kosten.<br />
Schwachstellen <strong>der</strong> klassischen Kooperations- und Kommunikationsformen sind 2 :<br />
• Verzögerung bei <strong>der</strong> Erstellung und Weiterg<strong>ab</strong>e von Befunden und<br />
Arztbriefen<br />
• keine gemeinsame Nutzung von Voruntersuchungen und Vorbefunden<br />
• keine opt<strong>im</strong>ale Verlaufskontrollen (teilweise aufgrund des fehlenden<br />
Vertrauens zu den Untersuchern und Untersuchungsmethoden <strong>im</strong> jeweils<br />
an<strong>der</strong>en Versorgungssegment)<br />
• zum Teil Mehrfacherbringung <strong>der</strong> gleichen Leistung aufgrund fehlen<strong>der</strong><br />
Information über die durchgeführten Maßnahmen von mitbehandelnden<br />
Einrichtungen<br />
• keine Abst<strong>im</strong>mung <strong>der</strong> Behandlungsplanung bzw. <strong>der</strong> diagnostisch/-<br />
therapeutischen Entscheidungsprozesse zwischen den Beteiligten.<br />
• zeitaufwendige Termin<strong>ab</strong>st<strong>im</strong>mung.<br />
Es besteht daher ein erheblicher Bedarf, die Kooperation <strong>im</strong> Gesundheitswesen durch<br />
eine schnellere und umfassen<strong>der</strong>e - und d<strong>ab</strong>ei gleichzeitig sichere - Kommunikation zu<br />
verbessern. Dieses Potential zu erschließen ist eine dringende Aufg<strong>ab</strong>e, da die intensive<br />
interdisziplinäre Kooperation in <strong>der</strong> Medizin zunehmend zur un<strong>ab</strong>dingbaren Voraussetzung<br />
dafür wird, daß die bei vielen Patienten notwendigen komplexen Diagnose- und<br />
Therapieschritte in einem angemessenen Zeitrahmen erfolgen können. Insofern bedingt<br />
die Verbesserung <strong>der</strong> Informationsweiterg<strong>ab</strong>e an den ambulant-stationären und stationärambulanten<br />
Schnittstellen für die Patienten nicht nur die Vermeidung von lästigen Wartezeiten,<br />
unnötigen Doppeluntersuchungen und an<strong>der</strong>en unkoordinierten Behandlungen,<br />
son<strong>der</strong>n trägt wesentlich zu den Behandlungserfolgen bei. Damit best<strong>im</strong>mt die Koordination<br />
<strong>der</strong> gesamten Versorgungskette von <strong>der</strong> Erstdiagnose bis zur Nachsorge das<br />
Patientenschicksal in vergleichbarem Maße wie die Qualität <strong>der</strong> einzelnen medizinischen<br />
Maßnahmen.<br />
Für diese Abst<strong>im</strong>mung wird eine aussagekräftige <strong>Dokument</strong>ation aller diagnostischen und<br />
therapeutischen Maßnahmen <strong>im</strong> Versorgungs<strong>ab</strong>lauf benötigt. Auf dieser Grundlage<br />
2<br />
Einige dieser Schwachstellen konnten z.B. bei einer Umfrage <strong>im</strong> Rahmen eines Projekts zur<br />
Qualitätssicherung an <strong>der</strong> Schnittstelle ambulant/stationärer Versorgung in Dresden aufgedeckt<br />
werden: Dort wurde am Beispiel <strong>der</strong> Diagnosen Mamma - und Prostatakarzinom die<br />
Zusammenarbeit <strong>der</strong> Versorgungsebenen ambulant und stationär hinsichtlich Diagnostik,<br />
Therapie und Nachbehandlung untersucht. Bei einer Fragebogenaktion an 600 Hausärzte und<br />
520 nie<strong>der</strong>gelassene Fachärzte (Gynäkologen, Chirurgen, Urologen) wurde die<br />
Zusammenarbeit mit den Klinken und Krankenhäusern insgesamt positiv bewertet. Kritisiert<br />
wurde jedoch die zu späte Übermittlung des Entlassungsberichts bis hin zum völligen Fehlen<br />
von Informationen nach stationärer Behandlung.<br />
126
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
können - das Einverständnis des Patienten zur Dateneinsicht vorgesetzt - die beteiligten<br />
Ärzte und ggf. an<strong>der</strong>e Angehörige des Gesundheitswesens gemeinsam und transparent<br />
den individuellen Behandlungsplan gestalten und umsetzen.<br />
7.2.1.2 Facetten <strong>der</strong> informationstechnologischen Unterstützungsmöglichkeiten<br />
Basierend auf <strong>der</strong> beschriebenen Ausgangssituation bieten sich eine Reihe von Lösungsansätzen<br />
an, die nach <strong>der</strong> hauptsächlichen Zielsetzung in zwei Klassen einzuteilen sind:<br />
Einerseits jene Lösungen, die <strong>im</strong> wesentlichen die gegenseitige Informiertheit z.B. durch<br />
eine gemeinsame elektronische <strong>Dokument</strong>ation o<strong>der</strong> den schnellen Befundaustausch<br />
ermöglichen, an<strong>der</strong>erseits jene Lösungen, die <strong>im</strong> wesentlichen die gemeinsame Kooperation<br />
stärken und eine organisatorische Unterstützung darstellen. Im einzelnen bieten sich<br />
die nachfolgend aufgezeigten Unterstützungsmöglichkeiten an, die überwiegend mit konkreten<br />
Fallbeispielen o<strong>der</strong> „Szenarios“ veranschaulicht werden:<br />
• elektronische Übermittlung von Befunden und Arztbriefen zwischen Ärzten in<br />
Krankenhaus, Praxis und an<strong>der</strong>en Versorgungseinrichtungen<br />
• elektronische Formular- und Auftragsübermittlung<br />
• Leistungs<strong>ab</strong>rechnung einschließlich <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten <strong>Dokument</strong>ation<br />
• Erstellung und Nutzung einer für alle an <strong>der</strong> Behandlung Beteiligten (mit<br />
Einverständnis des Patienten) einsehbaren Patientenakte<br />
• Telekonsultation (Videokonferenzen mit gemeinsamen Zugriff auf Befunde)<br />
• Auskunftssysteme über Leistungsangebote nie<strong>der</strong>gelassener Ärzte<br />
(„virtuelles Praxisschild“) und Krankenhäuser mit Terminbuchung;<br />
• Home Care und Überwachung von Vitalfunktionen<br />
Schnelle Übermittlung von Befunden:<br />
Werden in den einzelnen Versorgungsinstitutionen wie Arztpraxis o<strong>der</strong> Krankenhaus<br />
EDV-Systeme für die medizinische <strong>Dokument</strong>ation eingesetzt, liegt eine Verbindung<br />
dieser Systeme zum schnellen Datenaustausch auf <strong>der</strong> Hand. Wie bereits erfolgreich <strong>im</strong><br />
ambulanten Bereich zwischen Praxen und L<strong>ab</strong>orgemeinschaften - wo L<strong>ab</strong>orergebnisse<br />
online vom L<strong>ab</strong>or in die Praxis mittels eines definierten Kommunikationsstandards (jetzt<br />
L<strong>ab</strong>ordatenträger [LDT] des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung) übertragen<br />
werden - o<strong>der</strong> <strong>im</strong> stationären Bereich in großen Kliniken - wo eine Vielzahl unterschiedlicher<br />
medizinischer Informationssysteme miteinan<strong>der</strong> kommuniziert - eingesetzt,<br />
könnte auch zwischen Arztpraxis und Klinik <strong>der</strong> Befundaustausch direkt elektronisch<br />
geschehen. Dies würde zu kürzeren und effektiveren Behandlungen führen, wobei dem<br />
Patienten ggf. unnötige Doppeluntersuchungen erspart bleiben. D<strong>ab</strong>ei kann es sich bei<br />
den übermittelten Daten auch um Bildinformationen wie Röntgenbil<strong>der</strong>, Elektrokardiogramme<br />
(EKGs) etc. handeln.<br />
127
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
Institutionsübergreifendes Behandlungsmanagement:<br />
Die Kontinuität <strong>der</strong> Versorgung von Patienten, <strong>der</strong>en Erkrankungen sowohl eine<br />
ambulante wie auch stationäre Behandlung notwendig machen, kann durch eine frühzeitige<br />
Zusammenarbeit aller am Behandlungsprozeß Beteiligten - z.B. schon in <strong>der</strong><br />
Phase <strong>der</strong> Behandlungsplanung - gewährleistet werden. Die Zusammenarbeit wird durch<br />
eine einheitliche und gemeinsame elektronische (mult<strong>im</strong>ediale) Patientenakte bzw. einen<br />
entsprechenden Zugriff auf patientenbezogene Informationen (ggf. auch auf Chipkarten)<br />
<strong>im</strong> Sinne einer virtuellen Patientenakte wesentlich unterstützt. Die Einbindung <strong>der</strong> neuen<br />
Informationstechnologien unmittelbar in den Versorgungs<strong>ab</strong>lauf macht gleichzeitig neue<br />
Formen <strong>der</strong> wissensbasierten Entscheidungsunterstützung möglich.<br />
Zugriff auf gemeinsame Langzeitdokumentation. Neben <strong>der</strong> Behandlung von akuten<br />
Erkrankungen rückt in den Industrienationen <strong>im</strong>mer mehr die Therapie von chronischen<br />
und geriatrischen Erkrankungen in den Vor<strong>der</strong>grund. Die betroffenen Patienten bedürfen<br />
einer kontinuierlichen und auch langfristig konsequenten Behandlung. Diese sollte<br />
opt<strong>im</strong>al durch eine institutionsübergreifende medizinische Langzeitdokumentation in Form<br />
einer für die an <strong>der</strong> Behandlung Beteiligten einsehbaren elektronischen Krankenakte<br />
unterstützt werden. Die jetzt verfügbaren neuen Technologien erlauben es, künftig diese<br />
medizinische <strong>Dokument</strong>ation verteilt in den einzelnen Einrichtungen (Klinik und Praxis)<br />
o<strong>der</strong> auch auf einer Chipkarte zu führen und nur über eine durch den Patienten erteilte<br />
Autorisierung zugänglich zu machen.<br />
Fragen wie: Welche medizinische Vorgeschichte hat <strong>der</strong> chronische Patient? Welche<br />
Untersuchungen und Behandlungen wurden bereits durchgeführt? Hat <strong>der</strong> Patient<br />
Allergien o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Risikofaktoren? etc. sind effizient beantwortbar. Erste Projekte und<br />
Erfolge einer solchen Langzeitdokumentation gibt es in <strong>der</strong> Tumorbehandlung, bei <strong>der</strong><br />
Di<strong>ab</strong>etesbehandlung und in <strong>der</strong> Kardiochirurgie.<br />
Leitlinien und entscheidungsunterstützende Behandlungs<strong>ab</strong>laufpläne. Bei den<br />
Bemühungen um eine Verbesserung <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> Krankenversorgung kommt Leitlinien<br />
(auch Standards, Empfehlungen) für Diagnostik und Therapie sowie detaillierten,<br />
entscheidungsunterstützenden Behandlungs<strong>ab</strong>laufplänen (Diagnostic and Therapeutic<br />
Pathways) eine zentrale Rolle zu. Durch die ubiquitäre Verfügbarkeit dieser allgemeinen<br />
Vorschläge sowie <strong>der</strong>en gemeinsame Adaption an die individuelle Situation des Patienten<br />
können alle an <strong>der</strong> Behandlung beteiligten Ärzte frühzeitig ein <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mtes konsensfähiges<br />
Vorgehen festlegen und transparent umsetzen. Dies schließt in geeigneten Fällen<br />
eine sorgfältige Krankenhausentlassungsplanung ein. Durch einen solchen übergreifenden<br />
Behandlungsplan für den gesamten Behandlungsprozeß, <strong>der</strong> - un<strong>ab</strong>hängig vom<br />
Versorgungssegment, in dem <strong>der</strong> Patient gerade behandelt wird - stets verfügbar ist,<br />
entsteht auch ein Bezugsrahmen für eine aussagekräftige medizinische <strong>Dokument</strong>ation,<br />
die von den am Behandlungsprozeß Beteiligten fortlaufend durch Befunde, <strong>Ergebnisse</strong><br />
128
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
und neue diagnostisch-therapeutische Erkenntnisse vervollständigt wird. Eine solche<br />
vorausschauende Informationsvernetzung bietet wesentliche Chancen zur Ergänzung <strong>der</strong><br />
personellen und/o<strong>der</strong> institutionellen Verzahnung und gleichzeitig auch zu einer<br />
Erfassung von längerfristigen Behandlungserfolgen.<br />
Kooperationsunterstützung/Serviceleistung:<br />
Die Zusammenarbeit zwischen nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzten und den Krankenhäusern in <strong>der</strong><br />
Region wird häufig durch fehlende Informationen über die Angebote/Leistungen <strong>der</strong><br />
Krankenhäuser und Arztpraxen und vor allem auch durch einen hohen zeitlichen Aufwand<br />
für Terminvereinbarungen und Überweisungen behin<strong>der</strong>t.<br />
Mittels umfangreicher Darstellung des eigenen Leistungsangebotes in einem geeigneten<br />
Datennetz können Krankenhäuser und Ärzte (aktuelles Stichwort: „virtuelles<br />
Praxisschild“) ihr Angebot für Bürger und Patienten sowie an<strong>der</strong>e<br />
Versorgungsinstitutionen transparenter machen. Ein Arzt kann dann schnell und effizient<br />
jene Kliniken heraussuchen, die für eine best<strong>im</strong>mte stationäre Behandlung in Frage<br />
kommen. Werden darüber hinaus Verfahren <strong>der</strong> Terminbuchung und Überweisung (mit<br />
Übermittlung von Anamnese, Vorbefunden und an<strong>der</strong>en relevanten Informationen)<br />
elektronisch unterstützt, tritt eine erhebliche Effektivierung <strong>der</strong> Zusammenarbeit ein. Der<br />
ambulant tätige Arzt kann seinen Patienten schneller und genauer über von ihm<br />
vorgesehene Eingriffs- o<strong>der</strong> Untersuchungstermine in an<strong>der</strong>en Institutionen unterrichten<br />
und unaufwendig alle nötigen Ang<strong>ab</strong>en aus seiner medizinischen <strong>Dokument</strong>ation heraus<br />
direkt an das Krankenhaus übermitteln. Umdispositionen, Stornierungen etc. sind schnell<br />
und effizient möglich. Dies erhöht die Flexibilität für Patient und Arzt.<br />
Erweiterte Möglichkeiten für Home-Care-Ansätze:<br />
Home Care versteht sich als Verlagerung von traditionell <strong>im</strong> stationär-klinischen Umfeld<br />
durchgeführten Behandlungsmaßnahmen in den ambulanten Bereich, in diesem Fall in<br />
das häusliche Umfeld <strong>der</strong> Patienten. Dies betrifft z.B. die Versorgung von schweren<br />
Pflegefällen sowie die Überwachung von Patienten in <strong>der</strong> Reh<strong>ab</strong>ilitätionsphase o<strong>der</strong> nach<br />
stationären Eingriffen, die beson<strong>der</strong>e Maßnahmen wie etwa künstliche Ernährung per<br />
Sonde, Port o<strong>der</strong> intravenösem Katheter benötigen. Diese Maßnahmen müssen <strong>im</strong><br />
Rahmen <strong>der</strong> Krankenhausentlassungsplanung vorbereitet sowie intensiv ärztlich und<br />
pflegerisch überwacht werden. Gleichzeitig muß eine ausreichende Schulung und<br />
dauerhafte Betreuung und Beratung <strong>der</strong> Angehörigen sichergestellt werden.<br />
In dieser Situation ist eine enge Verzahnung von Krankenhaus, nie<strong>der</strong>gelassenem Arzt<br />
und ambulantem Pflegedienst notwendig. Mit Telematik-Diensten kann hier eine weit über<br />
das übliche Maß hinausgehende Kooperation erfolgen, die auch die Möglichkeiten des<br />
Patienten und <strong>der</strong> Angehörigen zur Mithilfe miteinbezieht.<br />
129
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
So können bei Bedarf <strong>Ergebnisse</strong> <strong>der</strong> Überwachung wie Vitalwerte, EKGs, Cardiotokogramme<br />
(CTGs) etc. direkt telemetrisch aus dem häuslichen Umfeld <strong>der</strong> Patienten an<br />
das Behandlungsteam <strong>im</strong> Krankenhaus übermittelt werden. Dort kann das stationäre<br />
Team in Kooperation mit <strong>der</strong> Arztpraxis die weiteren Versorgungsschritte <strong>ab</strong>st<strong>im</strong>men,<br />
wobei z.B. Entscheidungen zu einer erneuten Einweisung kompetent und schnell<br />
getroffen werden können. Gleichfalls können unter Verwendung von Internettechniken<br />
individualisierte Informationen (z.B. Plan für die schrittweise Umstellung auf die orale<br />
Ernährung) für Patienten und Angehörige in jeweils aktualisierter Form zur Verfügung<br />
gestellt werden.<br />
7.2.1.3 Projektskizzen<br />
Schnelle Befundübermittlung:<br />
Fallstudie 1<br />
Da heute aus Finanzierungs- und Auslastungsüberlegungen nicht mehr alle technischen<br />
Möglichkeiten zur Diagnostik überall vorgehalten werden können, kooperiert ein kleineres<br />
Krankenhaus mit einer radiologischen Schwerpunktpraxis/Radiologischen Zentrum und<br />
einer externen L<strong>ab</strong>orgemeinschaft in <strong>der</strong>selben Stadt. Wird ein Patient zum Röntgen<br />
gebracht, braucht er danach nicht mehr auf die Bil<strong>der</strong> und den Befund zu warten, um<br />
diese mit zurückzunehmen, son<strong>der</strong>n die Praxis übermittelt diese direkt nach Fertigstellung<br />
per Datenfernübertragung an das Krankenhaus. Dort werden die neuen Informationen<br />
automatisch in die medizinische Akte des Patienten eingefügt, gleichzeitig wird eine<br />
Nachricht an den gerade zuständigen bzw. diensth<strong>ab</strong>enden Arzt entwe<strong>der</strong> auf dessen<br />
Bildschirm o<strong>der</strong> den Pieper erzeugt, die ihn über das Eintreffen neuer Befunde<br />
unterrichtet.<br />
Gleichzeitig erhält das Krankenhaus auch L<strong>ab</strong>orergebnisse <strong>der</strong> L<strong>ab</strong>orgemeinschaft über<br />
das übliche Datenaustauschverfahren, diese werden ebenso in die Akte einsortiert und<br />
<strong>der</strong> Arzt benachrichtigt. So stehen alle Informationen dem Arzt für seine Arbeit frühestmöglich<br />
zur Verfügung. Bei Fragen zum radiologischen Befund kann er <strong>im</strong> Rahmen eines<br />
teleradiologischen Konzils mit dem Radiologen in <strong>der</strong> Arztpraxis die Bil<strong>der</strong> besprechen.<br />
Der Hausarzt und/o<strong>der</strong> <strong>der</strong> einweisende Facharzt werden ebenso per Datenfernübertragung<br />
über den Behandlungsverlauf und -fortschritt informiert, indem automatisch die<br />
wichtigsten Befunde übermittelt werden. Nach Entlassung des Patienten stehen den<br />
betroffenen Ärzten <strong>im</strong> ambulanten Bereich alle notwendigen Informationen für die<br />
Weiterbehandlung zeitnah und korrekt zur Verfügung.<br />
Fallstudie 2<br />
In <strong>der</strong> Notfallversorgung zählt jede Sekunde. In <strong>der</strong> Regel erfolgt <strong>der</strong> Informationsaustausch<br />
zwischen Notarzt und Krankenhausarzt direkt nach Eintreffen in <strong>der</strong> Notfallambulanz<br />
überwiegend mündlich und unter hektischen Bedingungen. Eine Kommune hat<br />
hingegen alle ihre Rettungswagen mit Notebooks bzw. Subnotebooks o<strong>der</strong> Handhelds<br />
130
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
(PDAs) ausgestattet. Unmittelbar am Notfallort und während des Transports werden die<br />
Informationen <strong>im</strong> Sinne des standardisierten Notfallprotokolls mittels dieser EDV nachvollziehbar<br />
dokumentiert. Nach Fertigstellung wird dieses Protokoll sowie ggf. die <strong>Ergebnisse</strong><br />
von ergänzenden technischen Untersuchungsverfahren wie Blutgase, EKG etc. (Vitalwerte)<br />
direkt mittels Funkmodem o<strong>der</strong> Funktelefonkopplung an die Rettungsleitstelle und<br />
das bzw. die (potentiell) anzufahrende(n) Krankenhaus/(häuser) übermittelt. Dort werden<br />
diese Informationen über den Zustand des Patienten <strong>im</strong> Rechner <strong>der</strong> Notfallambulanz<br />
gespeichert. Das diensth<strong>ab</strong>ende Team kann - wenn notwendig - weitere Personen alarmieren<br />
und die ggf. bereits in <strong>der</strong> Klinik vorhandenen Akten des Patienten bereits <strong>im</strong> Vorfeld<br />
<strong>ab</strong>rufen. Damit werden sehr frühzeitig - nämlich schon vor Eintreffen des Rettungswagens<br />
<strong>im</strong> Krankenhaus - die auf diesen Notfall <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mten Vorbereitungen getroffen.<br />
Institutionsübergreifendes Behandlungsmanagement:<br />
Stationär/ambulant übergreifend einheitliche Langzeitdokumentation<br />
Fallstudie 3<br />
In einer Region arbeiten Tumorzentren, klinische Krebsregister, onkologische Fach<strong>ab</strong>teilungen,<br />
Krankenhäuser, Nachsorgezentren und ambulante Arztpraxen bei <strong>der</strong> Akut- und<br />
Langzeitversorgung von Tumorpatienten Hand in Hand. Durch die vom Bundesministerium<br />
für Gesundheit frühzeitig geför<strong>der</strong>te Et<strong>ab</strong>lierung eines einheitlichen <strong>Dokument</strong>ationsstandards<br />
steht eine Software zur Verfügung, mit <strong>der</strong> die gesamte Behandlung von<br />
Krebspatienten erfaßt werden kann. Mit einer integrierten Nachsorgeplanung und -dokumentation<br />
greift <strong>der</strong> Anwendungsbereich des Systems vom stationären in den ambulanten<br />
Bereich über. Im Rahmen eines Modellverbundes erhalten alle an <strong>der</strong> Behandlung<br />
des Patienten Beteiligten (mit Einverständnis des Patienten und unter Verwendung<br />
anerkannter Sicherheitsmechanismen 3 ) je<strong>der</strong>zeit Zugriff auf die jeweils benötigte Information.<br />
Mit Hilfe des EDV-Systems fällt es den Behandlern leicht, eine detaillierte und aussagefähige<br />
<strong>Dokument</strong>ation des Erkrankungsverlaufs zu erstellen und zu jedem Diagnoseund<br />
Behandlungstermin zu aktualisieren.<br />
Sollte <strong>der</strong> Patient in eine Versorgungseinrichtung wechseln, die noch nicht über die<br />
benötigte Technik verfügt, kann je<strong>der</strong>zeit auch in Papierform eine synoptische Darstellung<br />
von Verlaufs- und Behandlungsinformationen erstellt und versendet werden. Auch mit<br />
an<strong>der</strong>en vergleichbaren EDV-Systemen kann kommuniziert werden. Hierzu wurden<br />
Schnittstellen gemäß <strong>der</strong> Standards BDT 3 und HL7 4 für den Bereich <strong>der</strong> Onkologie<br />
erweitert bzw. definiert und <strong>im</strong>plementiert. Wenn eine einheitliche Telematikplattform für<br />
das Gesundheitswesen insgesamt geschaffen wird, kann das EDV-System die Tumor-<br />
3<br />
3<br />
4<br />
Kommunikations- und Datenschutztechnologien unter Verwendung <strong>der</strong> Nutzerauthentifikation mit Chipkarte,<br />
<strong>der</strong> RSA-Verschlüsselung, <strong>der</strong> digitalen Signatur etc.<br />
BehandlungsDatenTräger des Zentralinstituts (ZI) für die Kassenärztliche Versorgung.<br />
Health Level 7 - internationaler Standard für die Definition und Übermittlung von Gesundheitsdaten.<br />
131
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
dokumentation als Teil einer gemeinsam nutzbaren 'mult<strong>im</strong>edialen Krankenakte' bereitstellen.<br />
Fallstudie 4<br />
Im Einzugsbereich eines epidemiologischen Krebsregisters wird eine computergestützte<br />
Schnittstelle für die Tumordokumentation genutzt, die sich auf die Standards des Internets<br />
stützt (Java-Programmierung, Einbindung in WWW-Techniken) und damit universell<br />
auf den Rechnern von Klinischen Krebsregistern, onkologischen Fach<strong>ab</strong>teilungen und in<br />
Arztpraxen einsatzfähig ist. Hiermit wird das aufwendige papiergestützte Verfahren <strong>der</strong><br />
<strong>Dokument</strong>ation und Meldung von Tumorpatienten mittelfristig ersetzt. Dies ermöglicht<br />
eine wesentlich bessere Einbindung von nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzten in die Tumordokumentation.<br />
Die Nutzung <strong>der</strong> genannten Technologien ermöglicht es nicht nur, die computergestützte<br />
<strong>Dokument</strong>ation einschließlich aller Formulare zentral zu pflegen, son<strong>der</strong>n<br />
gleichfalls die Daten unmittelbar be<strong>im</strong> Anwen<strong>der</strong> auf St<strong>im</strong>migkeit (Plausibilität) zu prüfen.<br />
Leitlinien und entscheidungsunterstützende Behandlungs<strong>ab</strong>laufpläne<br />
Fallstudie 5<br />
In einem Fachgebiet h<strong>ab</strong>en wissenschaftliche Institute gemeinsam mit den betroffenen<br />
Fachkollegen und den wissenschaftlichen Fachgesellschaften Leitlinien für die Behandlung<br />
festgelegt und auf dieser Grundlage ein Informationsangebot geschaffen, das die für<br />
die Patientenbehandlung benötigten Informationen auf einem Datenbankserver bündelt.<br />
Mit Hilfe eines computergestützten <strong>Dokument</strong>ationssystems werden nun sowohl den<br />
Ärzten innerhalb <strong>der</strong> Krankenhäuser als auch den nie<strong>der</strong>gelassenen Kollegen zielgerichtet<br />
Informationen angeboten, die dem Stand <strong>der</strong> Diagnose und Behandlung des<br />
Patienten entsprechen. Sie sind damit stets ausreichend über die aktuellen Behandlungsstandards<br />
informiert, ohne ständig umfassende Zeitschriftenbestände o<strong>der</strong> auch<br />
elektronische Bibliotheken durchsuchen zu müssen.<br />
Kooperationsunterstützung/Serviceleistungen<br />
Fallstudie 6<br />
Ein Krankenhaus präsentiert sich in einem öffentlichen Datennetz (in einer eigenen<br />
Internet-Domäne o<strong>der</strong> unter Nutzung einer Internet-Präsenz des Krankenhausträgers).<br />
Nie<strong>der</strong>gelassene Ärzte, (potentielle) Patienten und interessierte Bürger können sich <strong>im</strong><br />
Vorfeld einer medizinisch notwendigen Behandlung über das Leistungsangebot des<br />
Hauses informieren. Nie<strong>der</strong>gelassene Ärzte können die Krankenhausbehandlung ihrer<br />
Patienten damit systematischer planen. Im Falle häufiger Behandlungsverfahren (z.B.<br />
Leisten-Operation) wird <strong>der</strong> Weg des Patienten durch die verschiedenen Diagnose- und<br />
Behandlungsschritte mit Hilfe von strukturierten (mult<strong>im</strong>edialen) Darstellungen, d.h.<br />
mindestens mit Text und Bil<strong>der</strong>n veranschaulicht. Die Patienten sind bereits zum Zeitpunkt<br />
<strong>der</strong> Krankenhausaufnahme soweit informiert, daß sich die Aufklärungsgespräche<br />
132
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
und die Operationseinwilligung auf die <strong>im</strong> Einzelfall wichtigen Aspekte konzentrieren<br />
können.<br />
Im einzelnen umfaßt das Informationsangebot des Krankenhauses<br />
• die Ankündigung von Spezialsprechstunden und Spezialuntersuchungen,<br />
• Terminübersichten mit <strong>der</strong> Möglichkeit interaktiver Terminvereinbarungen,<br />
• ein elektronisches Anmeldungs- und Überweisungsverfahren, bei dem mit<br />
geringem Aufwand behandlungsrelevante Zusatzinformationen übermittelt<br />
und für die elektronische Patientenakte gespeichert werden. Das Krankenhaus<br />
nutzt anerkannte Verfahren, um Datenschutz, Datensicherheit und<br />
Authentizität sicherzustellen. Das Krankenhausinformationssystem wurde für<br />
die ambulant/stationäre Datenübermittlung vorbereitet, in dem die entsprechenden<br />
Kommunikationsstandards (HL 7 und xDT, s.o.) <strong>im</strong>plementiert<br />
wurden. So können administrative und medizinische Patientendaten aus dem<br />
jeweils verwendeten <strong>Dokument</strong>ationssystem übernommen und übermittelt<br />
werden.<br />
Als beson<strong>der</strong>e Serviceleistung bietet das Krankenhaus nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzten <strong>der</strong><br />
Region an, sich per Einwahl in einen speziellen Kommunikationsserver in an<strong>der</strong>e Datennetze<br />
(Gesundheitsnetz, Internet) einzuwählen. Auf mehreren Leitseiten steht ein recherchierbares<br />
Leistungsangebot <strong>der</strong> verschiedenen Leistungsanbieter <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
bereit. Für Patienten bietet das Krankenhaus gemeinsam mit einigen Krankenkassen<br />
allgemeine Informationen zur Gesundheitsför<strong>der</strong>ung für Bürger und Patienten an.<br />
Fallstudie 7<br />
Ein universitäres Schwerpunktklinikum bietet als einziger Leistungsanbieter in <strong>der</strong> Region<br />
neurochirurgische Operationsleistungen und damit auch neurochirurgischen Sachverstand.<br />
Durch die Einführung eines Telekonsultationssytems (Videokonferenz mit gleichzeitiger<br />
Übermittlung von Röntgenbil<strong>der</strong>n und sonstigen Befunden) können Notfallambulanzen<br />
und Krankenhäuser <strong>der</strong> Regelversorgung sich unmittelbar an die neurochirurgischen<br />
Kollegen wenden und erhalten - auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> geschil<strong>der</strong>ten klinischen<br />
Befunde und des parallel übermittelten Bildmaterials - umgehend fachlichen Rat. Diese<br />
Vorgehensweise ermöglicht es, gezielt nur die Patienten, bei denen nach Expertenmeinung<br />
eine neurochirurgische Behandlung notwendig und indiziert, in das Schwerpunktkrankenhaus<br />
zu verlegen. Damit werden für die Patienten, die nicht verlegt werden,<br />
die (teilweise lebensbedrohlichen) Transportrisiken vermin<strong>der</strong>t (und gleichzeitig Kosten<br />
gespart), die Patienten, die verlegt werden, können mit großer Wahrscheinlichkeit<br />
umgehend behandelt und intensivmedizinisch versorgt werden, da die Kapazitäten des<br />
Schwerpunktkrankenhauses gezielt genutzt werden.<br />
Erweiterte Möglichkeiten für Home-Care-Ansätze<br />
(Fallbeispiele s. Papier <strong>der</strong> Themengruppe Home-Care - Abschn. 7.5)<br />
133
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
7.3 Medizinische Netze<br />
Inhalt <strong>der</strong> Anwendungen<br />
• Medizinisches Wissen<br />
• Patientenbezogene Information<br />
• Medizinische Verwaltungsdaten<br />
Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung<br />
• Verbesserung <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> Patientenversorgung<br />
• Schnellere Verfügbarkeit relevanter Information<br />
• Vermeidung von Doppeluntersuchungen und Verringerung von KHS-Einweisungen<br />
• Vermeidung bzw. Verringerung von Medienbrüchen<br />
Anfor<strong>der</strong>ung an den Aufbau einer Telematikplattform<br />
• Rechtlich, technisch und organisatorisch notwendige Rahmenbedingungen<br />
• Interoper<strong>ab</strong>le Kommunikationsstandards<br />
• Abgestufte und verläßliche Sicherheitsarchitektur<br />
Konkrete Empfehlungen <strong>der</strong> Autoren zur Umsetzung<br />
• Guidelines für Anwen<strong>der</strong><br />
• Guidelines für Anbieter medizinischer Inhalte<br />
• Guidelines für Übermittler patientenbezogener Daten<br />
• Schaffung <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mter Authentifikation<br />
• Harmonisierung vorhandener Kommunikationsschnittstellen<br />
7.3.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen 1<br />
Der Bericht <strong>der</strong> Themengruppe „Medizinische Netze” wurde als Schwerpunktthema in<br />
Kapitel 3. <strong>ab</strong>gedruckt.<br />
1<br />
Christoph F-J Goetz (Berichterstatter), Bernd Blobel, Joach<strong>im</strong> Dudeck, Ach<strong>im</strong> Jäckel, Herbert K.<br />
Matthies, Christian Post, Jürgen Sembritzki<br />
134
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
7.4 Karten <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
Inhalt <strong>der</strong> Anwendungen<br />
• Administrative Karten<br />
• Patienten Daten - Karten (PDC)<br />
• Karten für Gesundheitsberufe (Health Professional Card = HPC)<br />
• Nischen - Anwendungen<br />
Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung<br />
• Rationalisierung <strong>der</strong> Übermittlungs- und Kommunikationsprozesse (Ökonomische<br />
Effekte)<br />
• Stärkung von Selbstverantwortung und Autonomie <strong>der</strong> Versicherten/Patienten<br />
• För<strong>der</strong>ung des Qualitätsbewußtseins und <strong>der</strong> Maßnahmen zur Qualitätssicherung<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an den Aufbau einer Telematikplattform<br />
• Einrichtungen von Zertifizierungsstellen<br />
• Schaffung einer kommunikations- und kartenfähigen Infrastruktur bei allen<br />
Beteiligten <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
• Definition einer HPC und des elektronischen Arztausweises<br />
Konkrete Empfehlungen <strong>der</strong> Autoren zur Umsetzung<br />
• Motivation und Aufklärung <strong>der</strong> Nutzer medizinischer Netze und <strong>der</strong><br />
Telematikplattform<br />
• Weiterentwicklung <strong>der</strong> Krankenversichertenkarte<br />
• Einführung des elektronischen Arztausweises<br />
• Einführung <strong>der</strong> digitalen Signatur <strong>im</strong> medizinischen Datenverkehr<br />
• Erprobung (Modellregion) und schrittweise Einführung <strong>der</strong> elektronischen<br />
Rezeptur<br />
• Gewährleistung internationaler Kompatibilität<br />
135
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
7.4.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen<br />
Themengruppe „Karten <strong>im</strong> Gesundheitswesen“ 1<br />
7.4.1.1 Ausgangssituation national/international<br />
Die internationale Entwicklung von Kartensystemen <strong>im</strong> Gesundheitswesen war,<br />
gemessen an den technischen Möglichkeiten, in den Jahren 1985 bis 1995 zunächst<br />
zögerlich und vollzog sich eher <strong>im</strong> Verborgenen. Sie war best<strong>im</strong>mt von Pilot- und Modellvorh<strong>ab</strong>en<br />
in Europa, namentlich in Frankreich, wo man frühzeitig auf den Mikroprozessor-<br />
Chip als das geeignete elektronische Medium setzte.<br />
Das Ziel<br />
war die Erprobung dieses neuen Mediums <strong>im</strong> gesamten Medizinbetrieb. Es ging um die<br />
Klärung <strong>der</strong> Frage, ob mit Hilfe von Kartensystemen drängende Probleme <strong>der</strong> Kommunikation<br />
und Informationsverarbeitung in <strong>der</strong> Gesundheitsadministration und in <strong>der</strong><br />
Medizin schneller und besser gelöst werden können, als mit den herkömmlichen Mitteln.<br />
Man setzte auch auf den Zusatznutzen <strong>der</strong> elektronischen Kommunikation, <strong>der</strong> antizipiert<br />
werden konnte, namentlich auf den Effekt <strong>der</strong> Kosteneinsparung.<br />
Europa:<br />
Die Generaldirektion XIII <strong>der</strong> Europäischen Union hat in den letzten Jahren zahlreiche<br />
Kartenprojekte in enger Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Europäischen Kommission für Standardisierung<br />
und Normierung (CEN, TC 251) geför<strong>der</strong>t, mit dem Ziel exemplarische Vorschläge<br />
und Lösungsansätze zur Einführung international brauchbarer Standards<br />
(EUROCARDS – concerted action) zu erarbeiten. Das Europäische Parlament beschloß<br />
1996 auf Antrag des Italienischen Abgeordneten Leopardi, bis 1999 den Europäischen<br />
Notfallausweis auf einer Chipkarte zu entwickeln und den Bürgern Europas auf freiwilliger<br />
Basis verfügbar zu machen.<br />
Als 1991 in Deutschland die Pläne heranreiften, eine Speicher-Chipkarte national an alle<br />
Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auszugeben, wurde man auch in<br />
an<strong>der</strong>en Europäischen und außereuropäischen Län<strong>der</strong>n auf den praktischen Nutzen und<br />
die vielfältigen Möglichkeiten nationaler Kartensystemen <strong>im</strong> Gesundheitswesen aufmerksam.<br />
Mittlerweile gibt es kaum ein Land in Europa einschließlich Osteuropa, das sich<br />
noch nicht mit dem Einsatz <strong>der</strong> Smart Card-Technik <strong>im</strong> Gesundheitswesen befaßt, viele<br />
von ihnen h<strong>ab</strong>en bereits eine konkrete Planung für die Einführung o<strong>der</strong> h<strong>ab</strong>en bereits mit<br />
<strong>der</strong> Ausg<strong>ab</strong>e unterschiedlich leistungsfähiger Karten begonnen.<br />
1 Otfrid P. Schaefer (Berichterstatter), Werner Brill, Gottfried Dietzel, Schmitt, Jürgen Sembritzki<br />
136
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
Neben den Patienten-Daten-Karten (PDC) mit standardisierten Datensätzen (CARDLINK,<br />
Di<strong>ab</strong>Card) wird eine große Zahl telemedizinischer Anwendungen von <strong>der</strong> EU geför<strong>der</strong>t.<br />
(Lei<strong>der</strong> ohne die notwendige Abst<strong>im</strong>mung <strong>der</strong> Projekte untereinan<strong>der</strong>.) Sie bedienen sich<br />
teilweise <strong>der</strong> Möglichkeiten <strong>der</strong> Satellitenkommunikation. Daneben sollen nur drei EU<br />
Projekte erwähnt werden, die Bestandteil des vierten und fünften Rahmenprogramms<br />
sind und sich ergänzen:<br />
• TRUSTHEALTH 2<br />
• TESS<br />
• NETLINK.<br />
Letzteres unter Beteiligung Frankreichs, Italiens und Deutschlands sowie möglicherweise<br />
mit Kooperationspartnern in Canada und <strong>der</strong> Tschechischen Republik.<br />
TRUSTHEALTH 2 als Nachfolgeprojekt von TRUSTHEALTH 1 läuft seit dem 1.10.1997,<br />
TESS bereits seit Jahren und NETLINK ist Oktober 97 beantragt worden. Die Fe<strong>der</strong>führung<br />
liegt bei Frankreich (CNAM/Sesam vitale), Deutschland ist über das ZI 2<br />
Subkontraktor. Das Projekt soll am 1.Januar 1998 beginnen und wird mit QUASINIERE<br />
und den erwähnten Europäischen Projekten TRUSTHEALTH und TESS eng zusammenarbeiten<br />
(müssen !).<br />
Der vorerwähnte „Interoper<strong>ab</strong>ility-Datensatz“, das Multifunktionale Kartenterminal (MCT)<br />
und eine unter den Projektpartnern <strong>ab</strong>gest<strong>im</strong>mte Version <strong>der</strong> HPC sollen Verwendung<br />
finden. NETLINK hat die grenzüberschreitende Erprobung von Patienten-Datenkarten<br />
(PDC) und HPC <strong>im</strong> medizinischen Bereich sowie eine vereinfachte, grenzüberschreitende<br />
Abrechnung von medizinischen Leistungen mittels TESS und <strong>der</strong> verfügbaren Netzwerke<br />
zum Ziel.<br />
Derart komplexe Projekte bergen die Gefahr, sich in nationale Egoismen zu verstricken<br />
und durch langwierige Abst<strong>im</strong>mungsprozesse zu scheitern. Dem kann nur durch eine<br />
wahrhaft Europäische Entschlossenheit und durch die Bereitschaft zum allseitigen<br />
Kompromiß begegnet werden.<br />
G7 SP6:<br />
Das Thema „Health Cards“ wurde in den letzten zwei Jahren zusätzlich durch die Regierungschefs<br />
<strong>der</strong> G7 Nationen beflügelt. Sie beschlossen, den Aufbruch <strong>der</strong> Gesellschaft in<br />
das Informationszeitalter mit überzeugenden Projekten für die Bürger dieser Län<strong>der</strong> -<br />
offen für alle an<strong>der</strong>en Nationen - vorzubereiten und zu begleiten. Das Subprojekt 6 <strong>der</strong><br />
G7 Projekte, hat die ‘Globale Harmonisierung von Kartensystemen <strong>im</strong> Gesundheitsbereich'<br />
zum Ziel. Seit nahezu zwei Jahren laufen die Vorbereitungen zur Definition <strong>der</strong><br />
2<br />
ZI = Zentralinstitut für die ambulante Kassenärztlichen Versorgung in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
Deutschland, Rechtsfähige Stiftung , D-50931 Köln, Herbert-Lewin-Straße 5<br />
137
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
erfor<strong>der</strong>lichen „interoper<strong>ab</strong>len“ Komponenten und zur Einigung auf brauchbare Pilotregionen.<br />
Das Ergebnis ist ermutigend, auch wenn <strong>der</strong>zeit offen ist, wie die G7 Aktivitäten<br />
zukünftig koordiniert und finanziert werden sollen.<br />
Kern aller Bemühungen, national wie international, ist inzwischen die technische, strukturelle<br />
und inhaltliche Interoper<strong>ab</strong>ilität <strong>der</strong> Kartensysteme, ohne <strong>der</strong>en Gewährleistung alle<br />
Anstrengungen <strong>der</strong> Experten nur Stückwerk blieben. Man ist sich inzwischen dessen<br />
bewußt, daß <strong>der</strong> Mobilität <strong>der</strong> Menschen aus aller Herren Län<strong>der</strong> auch und beson<strong>der</strong>s <strong>im</strong><br />
Gesundheitsbereich Rechnung getragen werden muß. Das erfor<strong>der</strong>t die Einhaltung o<strong>der</strong><br />
Erarbeitung internationaler Normen (ISO). Diese Erkenntnis war auch <strong>der</strong> Anlaß dafür,<br />
daß man sich seit gut einem Jahr um die Einrichtung eines ISO TC „Health Informatics“<br />
bemüht. Dem Aspekt <strong>der</strong> Sicherheit des elektronischen Datenverkehrs wird ebenso wie<br />
<strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> internationalen Standardisierung höchste Aufmerksamkeit gewidmet.<br />
Ein Deutscher Beitrag zu den G7 SP6 Projekten ist eine in Zusammenarbeit mit dem<br />
Deutschen Institut für Rationale Medizin (DIRM) in Köln, dem Zentralinstitut (ZI) und <strong>der</strong><br />
Deutschen Lufthansa durchgeführte Akzeptanzstudie zur Einführung einer „Vielflieger<br />
Health Card“, die <strong>im</strong> Herbst 97 zu überraschend positiven <strong>Ergebnisse</strong>n kam.<br />
Health Professional Card:<br />
Die Notwendigkeit, sich <strong>im</strong> elektronischen Datenverkehr als berechtigter Teilnehmer auszuweisen,<br />
sich für den Zugriff auf geschützte Dateien und Datenbanken authentisieren zu<br />
lassen und ggf. ein elektronisches <strong>Dokument</strong> rechtsverbindlich zu unterzeichnen, hat<br />
international zur For<strong>der</strong>ung nach <strong>der</strong> Definition einer Karte für die Gesundheitsberufe<br />
(Health Professionals) geführt. Wenngleich nationale Ansprüche an die zu verwendenden<br />
Krypto-Agorithmen und die Ausgestaltung <strong>der</strong> Security-Infrastructure eher hemmend<br />
wirken, besteht doch Einigkeit, daß eine Health Professional Card unverzichtbares<br />
Werkzeug einer sicheren und vertrauenswürdigen Kommunikation <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
sein wird. Bei <strong>der</strong> Globalisierung von Handel und Industrie, von Wirtschaft und<br />
Wissenschaft bedient man sich weltweit <strong>der</strong> „Datenautobahnen“ <strong>im</strong> INTERNET. Dem<br />
folgt nun nahtlos die Globalisierung <strong>der</strong> Informations- und Kommunikationstechnik in <strong>der</strong><br />
Medizin. Sich rechtzeitig mit den erfor<strong>der</strong>lichen Werkzeugen darauf einzurichten, ist die<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung für die Gesundheitspolitik, für die Gesundheitsadministration, die Heilberufe<br />
und für die medizinische Wissenschaft vor <strong>der</strong> Jahrtausendwende.<br />
Daß die Bundesrepublik Deutschland mit <strong>der</strong> Einführung eines elektronischen Arztausweises<br />
keineswegs einen Alleingang macht, zeigen die angelaufenen umfangreichen<br />
Abst<strong>im</strong>mungs- und Harmonisierungsbemühungen, nicht zuletzt mit Frankreich, wo man<br />
bereits in diesem Jahr mit <strong>der</strong> Ausstattung <strong>der</strong> Ärzte und Apotheker mit HPC’ s beginnt<br />
(GIP/CPS).<br />
138
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
Dem „Le Quotidien du Medecin“ vom 17.9.97 war zu entnehmen, daß noch in 1998 mit<br />
<strong>der</strong> Ausg<strong>ab</strong>e von 300 000 HPC’ s an Ärzte und Apotheker zu rechnen ist.<br />
Auch auf G7-Ebene wird dieses Thematik vorangetrieben und <strong>im</strong> Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />
internationalen Harmonisierung digitaler Signaturen <strong>im</strong> Gesundheitswesen sowie <strong>der</strong><br />
Einführung eines sicheren europäischen Gesundheitspasses diskutiert.<br />
In Deutschland werden die Bemühungen in den anfangs genannten Gremien sowie dem<br />
DIN-Ausschuß NI 17.12 „Karten <strong>im</strong> Gesundheitswesen“ behandelt, <strong>der</strong> seinerseits die<br />
europäischen Arbeiten des CEN TC 224 „Machine Read<strong>ab</strong>le Cards“ spiegelt.<br />
Voraussichtlich wird <strong>der</strong> elektronische Arztausweis, dessen Einführung inzwischen vom<br />
Vorstand <strong>der</strong> Bundesärztekammer beschlossen wurde, noch in diesem Jahr in zwei<br />
Kammerbezirken in einer Vorläuferversion (ohne den vollen Funktionsumfang) erprobt. Im<br />
Jahr 1999 könnte das neue Medium voll funktionsfähigen getestet werden, um<br />
schließlich, wenn alle Rahmenbedingungen und die Infrastruktur geschaffen ist, bis zum<br />
Jahr 2000 flächendeckend eingeführt zu werden.<br />
Sensiblen Daten vor unbefugtem Zugriff, Verlust und/o<strong>der</strong> Verfälschung zu schützen,<br />
sowie die Berechtigung für konkrete Aktionen in einem Netz zu erhalten, sind Aufg<strong>ab</strong>en<br />
<strong>der</strong> HPC für Ärzte.<br />
Die HPC gewährleistet zukünftig<br />
• Sicherheit → Security<br />
• Vertraulichkeit → Confidentiality<br />
• Wahrung des Patientengehe<strong>im</strong>nisses → Privacy<br />
• Integrität <strong>der</strong> Daten → Integrity<br />
Die Health Professional Card wirft an<strong>der</strong>erseits - und das sollte man nicht verkennen -<br />
noch eine große Zahl von Problemen auf, die, sofern wir schon jetzt mit einer vertrauenswürdigen<br />
elektronischen Kommunikation beginnen wollen, dringend <strong>der</strong> Lösung bedürfen.<br />
So ist beispielsweise zu klären, wer neben den „verkammerten“ Berufen (Ärzte, Zahnärzte,<br />
Apotheker) für die zentrale o<strong>der</strong> dezentrale Registrierung und Zertifizierung <strong>der</strong><br />
übrigen Heilberufe (Schwestern Pfleger, Rettungssanitäter, Hebammen, Logopäden etc.)<br />
zuständig sein soll. In Deutschland noch eine offene Frage. Denn auch diese Berufsgruppen<br />
werden mit unterschiedlicher Zuständigkeit am elektronischen Datenverkehr<br />
teilnehmen müssen. Erste Gespräche zur Einrichtung einer gemeinsamen Zertifizierungsinstanz<br />
für die Gesundheitsberufe wurden mit allen zu beteiligenden Verbänden und<br />
Institutionen auf Initiative <strong>der</strong> Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) <strong>im</strong> Dezember<br />
1997 aufgenommen.<br />
Weitere internationale Projekte:<br />
139
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
Weltweit sind zahlreiche Nationale Projekte in unmittelbarer Vorbereitung o<strong>der</strong> konkreter<br />
Umsetzung begriffen. In Europa sind solche Projekte bekannt aus Belgien, Finnland,<br />
Frankreich, Griechenland, Holland, Österreich, Slowenien, Spanien (Nicht ISO-konform),<br />
Tschechien, Türkei, Ukraine.<br />
In Australien, Canada (Quebec), Brasilien, Argentinien, China, Indien, Malaysia,<br />
Singapur, Taiwan und vielen an<strong>der</strong>en fernöstlichen Län<strong>der</strong>n gibt es ebenfalls mehr o<strong>der</strong><br />
weniger konkrete Pläne zur Einführung von Kartensystemen, zumeist multifunktional,<br />
nicht zuletzt um die Kosten durch Kostenteilung auf <strong>der</strong> Basis eines Zusatznutzens, z.B.<br />
mit Kreditkarten- o<strong>der</strong> „Cash-Funktion“ aufzufangen.<br />
7.4.1.2 Die nationale Entwicklung in Deutschland<br />
Die Deutsche Krankenversichertenkarte wurde zum größten Feldtest eines Kartensystems<br />
<strong>im</strong> Gesundheitsbereich weltweit. Die Kostenfrage und die Auflagen des Bundesbeauftragten<br />
für den Datenschutz waren zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Karte (1991)<br />
dafür entscheidend, daß ein Memory Chip geringer Kapazität (256 Byte) anstelle eines<br />
Prozessor Chips gewählt wurde.<br />
Die Versichertenkarte (KVK)<br />
Die Einführung <strong>der</strong> KVK <strong>im</strong> Jahr 1994 für mehr als 73 Millionen Versicherte und die<br />
gleichzeitige Ausstattung aller Arzt- und Zahnarztpraxen, Krankenhaus- Notfallambulanzen<br />
und mehr als 2500 Alten- und Pflegehe<strong>im</strong>en mit rund 150 000 Kartenlesegeräten<br />
und Druckern war ein wichtiger Schritt hin zur Schaffung einer neuen Informations- und<br />
Kommunikationsstruktur <strong>im</strong> deutschen Gesundheitswesen.<br />
Im vergangenen Jahr hat auch die Mehrzahl <strong>der</strong> Privatversicherungen ihre Kunden mit<br />
einer Versichertenkarte (PKV-Card) ausgestattet, die inhaltlich <strong>der</strong> gesetzlichen Karte<br />
ähnlich ist und die gleiche Datenstruktur aufweist, so daß sie heute problemlos von den<br />
existierenden Kartenterminals gelesen werden kann. Allerdings ist <strong>der</strong>en Benutzung <strong>im</strong><br />
Gegensatz zur KVK für die privat Versicherten freiwillig.<br />
Heute kann man feststellen, daß <strong>der</strong> Gebrauch <strong>der</strong> VK und PKV-Card durch annähernd<br />
98% <strong>der</strong> Bevölkerung und in allen Arztpraxen zur Routine geworden ist. Ein Kartenterminal<br />
gehört mittlerweile ebenso selbstverständlich zur Ausstattung einer Arztpraxis<br />
wie Telefon o<strong>der</strong> Stethoskop.<br />
Parallel zur Einführung <strong>der</strong> Karte und durch zahlreiche dem Arzt zusätzlich auferlegte<br />
Verwaltungsarbeiten begünstigt, stieg <strong>der</strong> Computereinsatz in den Arztpraxen bis 30.<br />
September 1997 auf bundesweit 66.5 %, in einigen Bundeslän<strong>der</strong>n auf über 74 %.<br />
Pilotprojekte in Deutschland:<br />
140
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
Bereits während <strong>der</strong> bundesweiten Einführung <strong>der</strong> Krankenversichertenkarte wurden<br />
einige Kartenprojekte mit unterschiedlichen Zielsetzungen initiiert (s. Abb.). Sowohl die<br />
Beweggründe als auch Dateninhalte und die Technik waren <strong>der</strong>art vielfältig, daß eine<br />
Abst<strong>im</strong>mung dringend geboten war. Es galt eine Verschwendung von Investitionen, von<br />
Forschungs- und Entwicklungsgel<strong>der</strong>n und die Entwicklung nicht übertragbarer Insellösungen<br />
zu vermeiden. Es handelt sich <strong>im</strong> einzelnen um folgende Projekte, geordnet<br />
nach Kartentyp:<br />
Speicherkarten:<br />
• KVK (= nationale Krankenversichertenkarte, Benutzung verpflichtend, rein<br />
administrativ, Identifikation des Versicherten und seiner gesetzlichen<br />
Krankenkasse)<br />
• PKV-CARD für Privatversicherte (freiwillig, administrativ, identifizierend,<br />
Deckungsumfang<br />
• Prozessorkarten:<br />
• A-Card (= Apothekerkarte, pharmazeutisch/medizinisch)<br />
• MPK (= Medizinische Patientenkarte Koblenz /Neuwied, freiwillig, medizinisch<br />
MPK zusammen mit A-Card)<br />
• Deficard (medizinisch, freiwillig, Spezialkarte für definierte Patientengruppe,<br />
Uni Bochum )<br />
• OncoCard (= Krebsnachsorgekarte, medizinisch, freiwillig, DKFZ Heidelberg)<br />
• QuaSi-Niere (= Spezialkarte, medizinisch, freiwillig, für dialysepflichtige<br />
Patienten zur Qualitätssicherung in <strong>der</strong> Nierenersatztherapie, Berlin)<br />
• DentCard (zahnmedizinisch, freiwillig, Bühl)<br />
Prozessorkarten mit Kryptoprozessor<br />
• Di<strong>ab</strong>Card (=Spezialkarte, medizinisch, freiwillig, für Di<strong>ab</strong>etiker, Europäisches<br />
Projekt, München, Kassel))<br />
Hybrid-Karten:<br />
• HPC (= Health Professional Card, medizinisch, freiwillig, erste Stufe „Elektronischer<br />
Arztausweis“, Identifikation, Authentisierung, digitale Signaturfunktion,<br />
Optionen für weitere Funktionen) in Vorbereitung<br />
• HealthCard (= Gesundheitskarte, medizinisch, freiwillig , mit Bildinformation auf<br />
CD-ROM-Teil) Bisher nicht realisiert !<br />
Derzeit laufendeProjekte:<br />
Einige <strong>der</strong> anfangs initiierte Projekte sind inzwischen aufgegeben, an<strong>der</strong>e sind neu hinzugekommen.<br />
Die <strong>der</strong>zeit laufenden o<strong>der</strong> in unmittelbarer Vorbereitung befindlichen<br />
Projekte sind:<br />
• DIABCARD<br />
141
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
• DEFICARD<br />
• DENTCARD<br />
• MPK<br />
• QUASINIERE<br />
Der „Elektronische Arztausweis“:<br />
Einer <strong>der</strong> wichtigsten Bausteine zur Schaffung einer Kommunikationsinfrastruktur <strong>im</strong><br />
Gesundheitswesen ist die schon zuvor erwähnte „Health Professional Card“ (HPC). Der<br />
elektronische Arztausweis, <strong>der</strong> in Frankreich von GIP/CPS bereits Ende 97 in <strong>der</strong> Region<br />
Straßburg eingeführt wird und in Deutschland vor seiner <strong>ab</strong>schließenden Spezifikation<br />
steht, stellt eine Untermenge <strong>der</strong> HPC dar.<br />
Bereits während <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Krankenversichertenkarte wurde auf <strong>Seite</strong>n <strong>der</strong><br />
Ärztekammern in Deutschland über die Ausg<strong>ab</strong>e eines neuen Arztausweises in Scheckkartenform<br />
nachgedacht. Da zwischenzeitlich auch die Diskussion über das Verfahren <strong>der</strong><br />
digitalen Signatur bei den Gesetzgebenden Organen in <strong>der</strong> Bundesrepublik in Gang kam,<br />
war es naheliegend, die Überlegungen in Richtung eines Ausweises mit zusätzlichen<br />
Funktionalitäten zu lenken. Zu diesem Zweck wurde <strong>im</strong> Juni 1996 eine gemeinsame<br />
Arbeitsgruppe „Elektronischer Arztausweis“ <strong>der</strong> Bundesärztekammer und <strong>der</strong> Kassenärztlichen<br />
Bundesvereinigung gegründet. Aufg<strong>ab</strong>e ist es, ein Konzept zu erarbeiten, wie<br />
die bisherige Funktion des Arztausweises und die neuen Anfor<strong>der</strong>ungen bzw. Möglichkeiten<br />
einer „Karte für Ärzte“ zusammengeführt werden können. Außerdem ist zu klären,<br />
welche Infrastruktur bei den Körperschaften aufzubauen ist, um zum Beispiel Beglaubigungsverfahren<br />
(Zertifizierung) für die privaten Schlüssel („Digitale Signatur“) gewährleisten<br />
zu können (Trustcenter, Trusted third parties). Der elektronische Ausweis wird<br />
<strong>der</strong>zeit bereits in einigen Projekten getestet, so zum Beispiel <strong>im</strong> Deutschen QuaSi-Niere-<br />
Projekt (Qualitätssicherung in <strong>der</strong> Nierenersatztherapie) und <strong>im</strong> Rahmen des europäischen<br />
Projektes TRUST HEALTH in Magdeburg (Tumorregister). Der Vorstand <strong>der</strong><br />
Bundesärztekammer hat <strong>im</strong> Dezember 1997 die Erprobung des „Elektronischen Arztausweises“<br />
in den Län<strong>der</strong>n Nordrhein-Westfalen und Nie<strong>der</strong>sachsen beschlosen.<br />
Der ELEKTRONISCHE ARZTAUSWEIS wird zum Schlüssel, zum unverzichtbaren<br />
Instrument, mit dem sich <strong>der</strong> Arzt in einem digitalisierten Umfeld vertrauenswürdig und<br />
sicher wird bewegen können.<br />
Inzwischen h<strong>ab</strong>en wir in <strong>der</strong> Bundesrepublik, als erstes Land weltweit, ein national<br />
geltendes Signaturgesetz, Teil des Informations- und Kommunikationsdienstegesetzes<br />
(Artikel 3). Es wird die Grundlage einer rechtssicheren und geschützten Kommunikation<br />
<strong>im</strong> Gesundheitswesen sein.<br />
142
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
Den Ärztinnen und Ärzten muß vermittelt werden, welchen ganz an<strong>der</strong>en Stellenwert, als<br />
das bisherige Papierdokument, <strong>der</strong> zukünftige „Elektronische Arztausweis“ h<strong>ab</strong>en wird.<br />
Da die elektronische Kommunikation in <strong>der</strong> Medizin bereits begonnen hat und zügig<br />
fortschreitet, wird es höchste Zeit, daß sich die Berufsvertretungen <strong>der</strong> Heilberufe in allen<br />
Län<strong>der</strong>n intensiv um standardisierte Lösungen bemühen. Eine „Kryptoregulierung“ ist<br />
<strong>ab</strong>zulehnen, weil an<strong>der</strong>nfalls eine Relativierung des Rechts <strong>der</strong> Patienten auf die<br />
Verschwiegenheit ihrer Ärzte gegenüber Dritten nicht mehr aufzuhalten ist.<br />
Arbeitsgemeinschaft Karten <strong>im</strong> Gesundheitswesen:<br />
Durch Gründung <strong>der</strong> „Arbeitsgemeinschaft Karten <strong>im</strong> Gesundheitswesen“ <strong>im</strong> Februar<br />
1995 h<strong>ab</strong>en Projektbeteiligte und Verantwortliche versucht, sich hinsichtlich <strong>der</strong> Einführung<br />
medizinischer Patientenkarten zu verständigen. Alle 1996 existierenden Einzelprojekte<br />
folgten <strong>der</strong> Einladung. Die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgemeinschaft sind:<br />
• Vertreter <strong>der</strong> verschiedenen Kartenprojekte<br />
• Vertreter des Bundesbeauftragten und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>beauftragten für den Datenschutz<br />
• Vertreter des Bundesamtes für Sicherheit in <strong>der</strong> Informationstechnik<br />
• Vertreter wissenschaftlicher Institute und <strong>der</strong> einschlägigen Fachgesellschaft<br />
• Vertreter <strong>der</strong> Spitzenverbände <strong>der</strong> Krankenkassen<br />
• Vertreter <strong>der</strong> Kassenärztlichen- und Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung<br />
• Vertreter des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung in <strong>der</strong><br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
• Vertreter von Patientenorganisationen und Verbraucherverbänden (eingeladen)<br />
Fünf Arbeitskreise (AK) wurden ins Leben gerufen:<br />
1. Health Professionell Cards (HPC)<br />
2. Checkliste<br />
3. Datenstrukturen<br />
4. Sicherheitsinfrastruktur<br />
5. Multifunktionales Kartenterminal (MKT)<br />
Diese fünf AK’s h<strong>ab</strong>en bis heute eine Reihe wichtiger, z.T. wegweisende Arbeiten hervorgebracht:<br />
• Eine erprobungsbereite Spezifikation <strong>der</strong> HPC für Ärzte<br />
• Eine Checkliste für alle potentiellen Karteninitiativen, insbeson<strong>der</strong>e hinsichtlich<br />
<strong>der</strong> einzuhaltenden Standards o<strong>der</strong> ‘de facto - Standards’<br />
143
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
• Ein Thesenpapier (10 Thesen) zu Grundsätzen <strong>der</strong> Datenstruktur und<br />
Autonomie des Patienten sowie eine überarbeitete Version des G7<br />
Interoper<strong>ab</strong>ility-Datensatzes<br />
• Einen Entwurf einer Sicherheitsinfrastruktur unter Beachtung <strong>der</strong><br />
Arbeitsergebnisse <strong>der</strong> „Deutschen TeleTrusT“ e.V.<br />
• Den Vorschlag eines standardisierten „Multifunktionalen Kartenterminals“<br />
(MKT, Version 1.0), das sowohl in den Europäischen Vorh<strong>ab</strong>en, als auch für<br />
die G7 Projekte Anwendung finden soll.<br />
Ein zusätzlicher, 6. Arbeitskreis wurde Anfang 1997 ins Leben gerufen, um Vorschläge<br />
für die Weiterentwicklung <strong>der</strong> Krankenversichertenkarte zu erarbeiten.. Inzwischen hat<br />
auf Einladung des VdAK eine Arbeitsgruppe mit Vertretern <strong>der</strong> Spitzenverbände <strong>der</strong><br />
Krankenkassen, <strong>der</strong> Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), des Zentralinstituts (ZI)<br />
und <strong>der</strong> Apotheker (ABDA), unterstützt durch das Projektbüro Debold/Lutz, die Beratungen<br />
zur Einführung <strong>der</strong> zweiten Generation <strong>der</strong> Versichertenkarte aufgenommen. Die<br />
Gespräche konzentrieren sich neben <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Sicherheit vor Fälschung und<br />
Mißbrauch vor allem auf die Möglichkeiten einer Kosteneinsparung und einer verbesserten<br />
Arzne<strong>im</strong>ittelsicherheit, durch die „elektronische Rezeptur.“ Diese neue Funktion<br />
<strong>der</strong> KVK wäre, sofern Bedenken des Datenschutzes ausgeräumt werden können, bei <strong>der</strong><br />
Definition einer neuen Versichertenkarte hinsichtlich Datensicherheit, Speicherkapazität<br />
und zu verwenden<strong>der</strong> Technik von vornherein zu berücksichtigen.<br />
Die gemeinsame Presseerklärung <strong>der</strong> Spitzenverbände <strong>der</strong> gesetzlichen Krankenkassen<br />
vom 11.12.1997, in <strong>der</strong> festgestellt wird, daß die Krankenkassen keine Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> KVK<br />
vornehmen wollen, steht nur scheinbar <strong>im</strong> Wi<strong>der</strong>spruch zu dieser Diskussionslage, denn<br />
auf <strong>Seite</strong> 2 <strong>der</strong> gleichen Presseerklärung wird <strong>im</strong> zweiten Absatz die gemeinsam mit<br />
Ärzten und Apothekern geführte Diskussion korrekt wie<strong>der</strong>gegeben. 3<br />
Der Mißbrauch von Versichertenkarten kann auf verschiedene Weise verhin<strong>der</strong>t,<br />
zumindest erschwert werden. Das zu verwendende Verfahren ist letztlich auch eine<br />
Kostenfrage. Näheres dazu unter 7.3.2.4.<br />
7.4.1.3 Schwachstellenanalyse<br />
Während die Akzeptanz <strong>der</strong> Karte (VK) bei den Versicherten nahezu uneingeschränkt<br />
positiv ist, müssen wir bei den Ärzten eine Spaltung in zwei Lager feststellen. Die<br />
Mehrzahl <strong>der</strong> Fachärzte, ausgenommen die hausärztlich tätigen Internisten, hat keine<br />
Probleme mit <strong>der</strong> VK. Der Zugang zum Facharzt ist erleichtert, das Überweisungsverfahren<br />
de facto außer Kraft gesetzt. Eine zunehmende Opposition <strong>der</strong> Allgemeinärzte<br />
gegen die KVK bezieht sich auf den - allerdings schwer nachweisbaren - Mißbrauch von<br />
3<br />
AOK Bundesverband Pressestelle: Gemeinsame Presseerklärung <strong>der</strong> Arbeitsgemeinschaft <strong>der</strong><br />
Spitzenverbände <strong>der</strong> gesetzlichen Krankenkassen vom 11.12.1997 <strong>Seite</strong> 2, zweiter Absatz.<br />
144
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
Karten, <strong>der</strong> verschiedene Facetten hat: Viele Patienten suchen unter Berufung auf die<br />
freie Arztwahl - <strong>im</strong>mer häufiger - pr<strong>im</strong>är Fachärzte auf, was zu Informationsverlusten bei<br />
den Hausärzten einerseits und zu einem relativen Fallzahlrückgang mit wirtschaftlichen<br />
Konsequenzen für die Basisversorger an<strong>der</strong>erseits führt. 4 Die Karte wird auch nicht selten<br />
<strong>im</strong> gleichen Quartal bei mehreren Allgemein- und Fachärzten gleichzeitig vorgelegt, was<br />
zu Informationsverlusten bei den Hausärzten, zu völlig unsinnigen, gelegentlich<br />
gefährlichen Mehrfachuntersuchungen (Röntgen u.a. invasive Diagnostik !) und Mehrfachverordnungen,<br />
vor allem von Arzne<strong>im</strong>itteln führt. Dadurch entstehen neue Risiken<br />
und letztlich auch nicht unerhebliche, vermeidbare Kosten. Die Mehrkosten gehen angesichts<br />
<strong>der</strong> Budgetierung <strong>der</strong> Ausg<strong>ab</strong>en für die ambulante ärztliche Versorgung einseitig zu<br />
Lasten <strong>der</strong> Ärzte und werden von <strong>der</strong> Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die<br />
vergangenen zwei Jahre, nicht unwi<strong>der</strong>sprochen 5 , mit 3 Milliarden DM beziffert. Der<br />
Hausärzteverband (BdA) hat daraufhin und angesichts <strong>der</strong> rigorosen Budgetierung <strong>der</strong><br />
Fachgruppen die Einführung des Pr<strong>im</strong>ärarztsystems und die Gründung von Hausarzt-<br />
KVen gefor<strong>der</strong>t. Dies ist sicher nicht <strong>der</strong> einzige denkbare Weg, den nicht nur durch die<br />
Karte entstandenen Verwerfungen zu begegnen. We<strong>der</strong> <strong>der</strong> Rückschritt, also die Abschaffung<br />
<strong>der</strong> Karte, wie jüngst von einem Sozialpolitiker versprochen, noch die Einschränkung<br />
<strong>der</strong> freien Arztwahl, sind u. E. diskut<strong>ab</strong>le Antworten.<br />
Bei Karten mit medizinischen Inhalten (MPK mit A-Card, DIABCARD etc.) stellen sich die<br />
fehlende IT Infrastruktur bei Ärzten und Krankenhäusern und die freiwillige Teilnahme <strong>der</strong><br />
Versicherten als Haupthin<strong>der</strong>nisse einer breiten Akzeptanz o<strong>der</strong> Durchsetzung heraus.<br />
An<strong>der</strong>s verhält es sich bei einer homogenen Klientel, wie bei den Spezialanwendungen<br />
<strong>der</strong> Deficard und dem QuaSiNiere-Projekt, wo von einer Akzeptanz nahe 90 %<br />
ausgegangen werden darf.<br />
7.4.1.4 Lösungsvorschläge und Empfehlungen<br />
Die Alternative zu unserer gültigen KVK ist die Definition einer zweiten Generation dieser<br />
Versichertenkarte, die geeignet ist, den bekannten Mißständen wirksam zu begegnen und<br />
zukunftsweisende Lösungen anzubieten. D<strong>ab</strong>ei müssen wir nicht nur den technischen<br />
Fortschritt, <strong>der</strong> in den vergangenen sechs Jahren neue Möglichkeiten eröffnet hat,<br />
berücksichtigen, son<strong>der</strong>n auch zur Kenntnis nehmen, was in den an<strong>der</strong>en europäischen<br />
und außereuropäischen Län<strong>der</strong>n geplant bzw. verwirklicht wird. Zumindest müssen wir<br />
unsere Rolle auch als Mitglied <strong>der</strong> Europäischen Union verstehen, die eine Annäherung<br />
<strong>der</strong> Sozialsysteme anstrebt, ohne d<strong>ab</strong>ei die nationale Eigenständigkeit ihrer Mitglie<strong>der</strong> in<br />
frage zu stellen. Wir müssen spätestens <strong>im</strong> Jahr 2000 auch dem Umstand Rechnung<br />
tragen, daß die Mobilität <strong>der</strong> Arbeitnehmer und Urlauber grenzüberschreitend weiter<br />
4 Brenner, G., Koch, W.: Quantitative Auswirkungen <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Versicherteninanspruchnahme,<br />
Teil II des Beitrages Die Krankenversichertenkarte, Der Allgemeinarzt, 15/97 S1348-1359<br />
und 16/97, S. 1451-1460, 1997<br />
5 AOK Bundesverband Pressestelle: Gemeinsame Presseerklärung <strong>der</strong> Arbeitsgemeinschaft <strong>der</strong><br />
Spitzenverbände <strong>der</strong> gesetzlichen Krankenkassen vom 11.12.1997<br />
145
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
zun<strong>im</strong>mt und daß mit Recht erwartet wird, daß die medizinische Versorgung dann auch<br />
grenzüberschreitend funktioniert, möglichst ohne finanzielle Mehrbelastung für unsere<br />
Mitbürger.<br />
Die Weiterentwicklung <strong>der</strong> Versichertenkarte:<br />
Am 24.10.97 trafen sich Vertreter <strong>der</strong> Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), <strong>der</strong><br />
Apothekerschaft (ABDA), des AOK Bundesverbandes, <strong>der</strong> Technikerkrankenkasse und<br />
des VdAK <strong>im</strong> Hause des VdAK zu einer ersten Positionsbest<strong>im</strong>mung zur Weiterentwicklung<br />
<strong>der</strong> Versichertenkarte.<br />
Die Spitzenverbände <strong>der</strong> Krankenkassen rechnen nicht so sehr die erkannten Mängel<br />
son<strong>der</strong>n eher einen möglicherweise höheren Nutzen zu den Beweggründen, sich mit<br />
einer neu zu definierenden Versichertenkarte zu befassen.<br />
Die zu erwartenden erheblichen Investitionen sind nur gerechtfertigt, wenn auf <strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>en <strong>Seite</strong> höhere Einsparungen aus einer Neuentwicklung resultieren.<br />
Die Ärzteseite denkt hingegen auch an die Verwirklichung <strong>der</strong> Fälschungssicherheit<br />
mittels eines <strong>der</strong> heute möglichen Verfahren:<br />
• Paßfoto auf <strong>der</strong> Karte und/o<strong>der</strong> <strong>im</strong> Chip gespeichert<br />
• Pin-Code<br />
• Online-Check und Online-Update <strong>der</strong> Karte<br />
• Biometrische Verfahren:<br />
• Fingerprint<br />
• Iris<br />
• Voice (St<strong>im</strong>merkennung)<br />
Auch die quartalsweise Eintragung des Hausarztes o<strong>der</strong> des jeweils zuletzt behandelnden<br />
Arztes könnte die Mißbrauchsmöglichkeiten einschränken. Darüber hinaus sollte erwogen<br />
werden, den Nutzen <strong>der</strong> Karte durch Speicherung medizinischer Daten, zumindest des<br />
Europäischen Notfallausweises, zu opt<strong>im</strong>ieren, auch wenn die gegenwärtige Rechtslage<br />
(Bundesdatenschutzgesetz) dies noch nicht zuläßt. Es ist auch denkbar, daß <strong>im</strong> administrativen<br />
Teil zukünftig <strong>der</strong> Auslandskrankenschein (E111, E121) <strong>ab</strong>gelegt, die Höhe o<strong>der</strong><br />
Einschränkung einer Zuzahlungspflicht vermerkt wird und endlich auch die beson<strong>der</strong>en<br />
Gruppen (BVG, Bahn, Post, Bundeswehr) eine Einbeziehung in das Kartensystem<br />
eröffnet bekämen. (Siehe Abb. 1 -3 )<br />
Das elektronische Rezept:<br />
Sind die Bausteine erst einmal vorhanden, die (neue) Patientenkarte, <strong>der</strong> elektronische<br />
Arztausweis und eine vollständige, funktionierende und <strong>ab</strong>gesicherte Kommunikations-<br />
146
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
infrastruktur, ist <strong>der</strong> nächste Schritt hin zu einem Feldversuch „Elektronisches Rezept“<br />
mit interessanten ökonomischen Vorteilen nicht mehr weit und folgerichtig.<br />
Derzeit werden zwei unterschiedliche Lösungen für ein elektronisches Rezept diskutiert.<br />
Eine rein auf einer Chipkarte basierende und eine sogenannte Serverlösung.<br />
Die Idee ist stark vereinfacht die, daß ein Arzt ein Rezept nicht mehr ausdruckt, son<strong>der</strong>n<br />
es digitalisiert über ein sicheres Netz verschlüsselt auf einem zentralen Server hinterlegt,<br />
von dem es <strong>der</strong> Apotheker bei Erscheinen des Patienten in <strong>der</strong> Apotheke, nach Einlesen<br />
<strong>der</strong> Versichertenkarte, herunterlädt und nach Abg<strong>ab</strong>e <strong>der</strong> Medikamente die Abrechnung<br />
über ein elektronisches Netz direkt an den Kostenträger weiterleitet.<br />
Dafür muß sich <strong>der</strong> Arzt/Ärztin mit seinem elektronischen Arztausweises identifizieren und<br />
mittels Digitaler Signatur das Rezept „unterschreiben“ um das Rezept rechtssicher und<br />
nachvollziehbar- wie oben dargestellt - auf einem „Server“ zu hinterlegen. Der Apotheker<br />
braucht seinerseits einen entsprechenden „elektronischen Ausweis“ (HPC) um das<br />
Rezept, nach Vorlage <strong>der</strong> Versichertenkarte durch den Patienten, herunterzuladen, zu<br />
entschlüsseln, einsehen und bearbeiten zu können. Die Zweit- und Dritterfassung <strong>der</strong><br />
Rezepturen in Apothekenrechenzentren und großen Mitglie<strong>der</strong>dateien <strong>der</strong> Krankenkassen<br />
könnte entfallen.<br />
Als Alternative wird die elektronische Rezeptur auf einer zusätzlichen Chipkarte o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Versichertenkarte (ohne o<strong>der</strong> mit zusätzlicher Inanspruchnahme eines regionalen/-<br />
zentralen Servers ) mit digitaler Signatur diskutiert. Diese Version würde auch die<br />
Erfassung <strong>ab</strong>gegebener Ärztemuster und die Selbstmedikation des Patienten berücksichtigen.<br />
Ein Sachverhalt, <strong>der</strong> zur Vermeidung schädlicher Interaktionen von Arzne<strong>im</strong>itteln<br />
und zum Abbau <strong>der</strong> Müllberge nicht benutzter Arzne<strong>im</strong>ittel nicht außer acht<br />
gelassen werden sollte. Auch bei dieser Kartenversion <strong>der</strong> elektronischen Rezeptur<br />
sollten die in den Apotheken <strong>ab</strong>gegebenen Arzne<strong>im</strong>ittel einem, von Krankenkassen und<br />
Kven gleichermaßen nutzbaren, gemeinsamen, regionalen o<strong>der</strong> zentralen Arzne<strong>im</strong>ittel-<br />
Rechenzentrum (Server), per Netzwerk übertragen werden.<br />
Zur Entscheidung für eine <strong>der</strong> beiden Varianten bedarf es einer sorgfältigen Abwägung<br />
<strong>der</strong> Vor- und Nachteile und <strong>der</strong> Abst<strong>im</strong>mung unter allen Beteiligten.<br />
Am ehesten ist mit <strong>der</strong> Entwicklung einer Mischform von Server- und Kartenlösung zu<br />
rechnen, insbeson<strong>der</strong>e deswegen, weil dies vorerst <strong>der</strong> kostengünstigere Einstieg in das<br />
Verfahren ist und weil außerdem die Autonomie des Versicherten nicht völlig<br />
unberücksichtigt bleiben kann. Der Patient muß vom Arzt ohnehin eine schriftliche<br />
Einnahmeanweisung erhalten, die ihn auch in die Lage versetzt, verordnetes und<br />
<strong>ab</strong>gegebenes Arzne<strong>im</strong>ittel auf Plausibilität zu überprüfen.<br />
147
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
Auch für die Realisierung des Elektronischen Rezeptes bedarf es <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung und<br />
Ergänzung <strong>der</strong> gesetzlichen Grundlagen <strong>im</strong> SGBV und <strong>der</strong> Zust<strong>im</strong>mung aller Beteiligten,<br />
sowie <strong>der</strong> Datenschutzbeauftragten des Bundes und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>. Es ist viel Überzeugungsarbeit<br />
zu leisten.<br />
7.4.1.5 Ausblick und Schlußbetrachtung<br />
Über Kartenanwendungen <strong>im</strong> Gesundheitswesen wird weltweit <strong>der</strong>zeit viel diskutiert,<br />
manches vorangebracht, vieles verhin<strong>der</strong>t. Wi<strong>der</strong>stände und Ablehnung <strong>der</strong> Chiptechnik<br />
beruhen häufig auf Voreingenommenheit o<strong>der</strong> Unkenntnis <strong>der</strong> Möglichkeiten und<br />
Grenzen. Nicht selten werden Karten auch wegen eines tiefen Mißtrauens, einer<br />
grundsätzlichen Ablehnung von elektronischen Informationsverarbeitung in <strong>der</strong> Medizin<br />
verteufelt. D<strong>ab</strong>ei wird übersehen, daß Karten <strong>im</strong> Gesundheitswesen zukünftig sehr<br />
wahrscheinlich <strong>der</strong> einzig wirksame Schlüssel einer sicheren elektronischen Kommunikation<br />
sein werden und die Autonomie von Patienten und Heilberufsangehörigen in<br />
einer elektronischen Welt überhaupt erst ermöglichen.<br />
Aufklärung, sachliche Information und vollständige Transparenz dessen, was Gegenstand<br />
<strong>der</strong> Pläne und Maßnahmen <strong>der</strong> Verantwortlichen ist, sind die Voraussetzungen für einen<br />
schrittweisen Fortschritt durch Nutzung mo<strong>der</strong>ner Informationstechnik, auch und<br />
beson<strong>der</strong>s <strong>im</strong> Gesundheitswesen.<br />
D<strong>ab</strong>ei sollten folgende Grundsätze berücksichtigt werden:<br />
• Nur ausgereifte, erprobte und standardisierte Technik einsetzen<br />
• Nur Karten auf nationaler (gesetzlicher) Basis werden sich, neben einigen<br />
wenigen Spezialanwendungen, durchsetzen und den vollen Nutzen entfalten<br />
• Je weniger Daten und Funktionen wir auf den Karten unterbringen, desto<br />
schneller werden wir das angestrebte Ziel erreichen. (less is more !)<br />
• Chipkarten müssen zukünftig in eine vollständige, standardisierte, elektronische<br />
Kommunikationsinfrastruktur eingebettet werden.<br />
• Für beide Komponenten - Netze und Karten - gilt es, eine überzeugende<br />
Sicherheitsinfrastruktur mit voller Transparenz zu entwerfen<br />
• Es wäre gut, zukünftig von einer neuen Kommunikations- und Sicherheits-<br />
Kultur zu sprechen, um dem hohen Gesellschaftspolitischen Anspruch<br />
Ausdruck zu verleihen<br />
• Es gilt, dem legit<strong>im</strong>en Sicherheitsbedürfnis <strong>der</strong> Bürger zu entsprechen und<br />
das Mult<strong>im</strong>ediale Gesamtsystem vor Mißbrauch zu schützen.<br />
148
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
Anlagen Abb. 1- 3<br />
Weiterentwicklung<br />
<strong>der</strong> Versichertenkarte<br />
für das Jahr 2000<br />
Administrative<br />
Anwendung<br />
Medizinische<br />
Anwendung<br />
Die Karte in <strong>der</strong> Karte,<br />
kryptographisch getrennter<br />
Zugang<br />
Abbildung 1<br />
KV-Karte<br />
§291<br />
SGB V<br />
Weiterentwicklung<br />
<strong>der</strong> Versichertenkarte<br />
Elektronisches<br />
Rezept<br />
Administrative<br />
Anwendung<br />
Medizinische<br />
Anwendung<br />
Auslandskrankenschein<br />
E111, E121<br />
Die Karte in <strong>der</strong> Karte,<br />
kryptographisch getrennter<br />
Zugang<br />
EU-Notfall-<br />
Ausweis (gelb)<br />
Interoper<strong>ab</strong>ilitydatensatz<br />
Abbildung 2<br />
149
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
KV-Karte<br />
§291<br />
SGB V<br />
Versicherten-Ausweis 2000<br />
Optionale Anwendungsfel<strong>der</strong><br />
mit getrenntem Kryptozugang<br />
Karte(n) in <strong>der</strong> Karte<br />
Elektronisches<br />
Rezept<br />
A-Card Funktion<br />
Zuzahlungen<br />
Einschränkungen<br />
Beson<strong>der</strong>e Gruppen<br />
wie BVG-Betreute<br />
beson<strong>der</strong>e Institutionen<br />
wie Bahn, Post, Grenzer<br />
Auslandsversicherte<br />
Auslandskrankenschein<br />
E111, E121<br />
Administrative<br />
Anwendung<br />
Medizinische<br />
Anwendung<br />
C A S H - F U N K T I O N ?<br />
A-Card<br />
DentCard<br />
Di<strong>ab</strong>Card<br />
KoblenzCard<br />
NutriCard<br />
OnkoCard<br />
QuasiNiere<br />
RöntgenPass<br />
vari<strong>ab</strong>le<br />
Anwendung<br />
EU-Notfall-<br />
Ausweis (gelb)<br />
od. G7<br />
Interope<strong>ab</strong>ilitydatensatz<br />
Hausarzt od.<br />
zuletzt beh.Arzt<br />
Abbildung 3<br />
150
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
7.5 Home-Care<br />
Inhalt <strong>der</strong> Anwendungen<br />
• Medizinische Fernbetreuung <strong>im</strong> häuslichen Umfeld, exemplarisch dargestellt<br />
anhand von Herz-Kreislauf-Patienten und Patienten mit Atemwegserkrankungen.<br />
Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung<br />
• Verbesserung <strong>der</strong> Lebensqualität von Risikopatienten durch eine umfassende<br />
medizinische Versorgung in ihrem häuslichen Umfeld<br />
• Verringerung von kostenintensiven stationären Krankenhausaufenthalten<br />
• Verhin<strong>der</strong>ung von irreversiblen Gesundheitsschäden durch schnelle ärztliche<br />
Intervention bei Risikopatienten<br />
Beitrag zum Aufbau einer Telematikplattform<br />
• Vernetzung von Patienten und ambulanten bzw. stationären medizinischen Versorgungseinrichtungen<br />
Konkrete Empfehlung <strong>der</strong> Autoren zur Umsetzung<br />
• Durchführung eines Demonstrationsprojektes<br />
• Verankerung telematischer Leistungen in den Gebührenordnungen<br />
151
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
7.5.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen<br />
Themengruppe „Home-Care“ 1<br />
7.5.1.1 Entwicklung <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
Demographische Verschiebung (Überalterung <strong>der</strong> Bevölkerung und die damit<br />
einhergehende Zunahme chronisch kranker Menschen):<br />
Heute repräsentieren die über 65-jährigen einen Anteil von 15% <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung<br />
in Deutschland. Im Jahr 2005 werden dies 18% und <strong>im</strong> Jahre 2030 nach Schätzung <strong>der</strong><br />
Vereinten Nationen 26% sein. Bei den über 75-jährigen ist das <strong>im</strong>mer noch ein Anstieg<br />
von über 31% in den nächsten 10 Jahren.<br />
Aufgrund dieser demographischen Verschiebung und <strong>der</strong> Tatsache, daß ältere Menschen<br />
häufiger erkranken bzw. oft gleichzeitig mehrere Erkrankungen h<strong>ab</strong>en, ist mit einem<br />
überproportionalen Anstieg <strong>der</strong> älteren Bevölkerungsgruppe zu rechnen, die auf eine<br />
ausreichende medizinische Versorgung angewiesen ist. Bereits heute werden 46% aller<br />
Krankenhausaufenthalte durch Ältere verursacht.<br />
Angesichts dieser Entwicklung soll exemplarisch aufgezeigt werden, welchen Beitrag<br />
Home-Care bei <strong>der</strong> Betreuung chronisch kranker Risikopatienten leisten kann und<br />
inwieweit diese Lösung dem Wunsch vieler Patienten gerecht wird, möglichst lange in<br />
ihrer häuslichen Umgebung bleiben zu können und gleichzeitig eine qualitative hochwertige<br />
medizinische Versorgung zu erhalten.<br />
Neben einer Verbesserung <strong>der</strong> Lebensqualität <strong>der</strong> Patienten, soll Home-Care auch zu<br />
einer Reduzierung <strong>der</strong> stationären Einweisungen führen und damit verbunden zu einer<br />
Begrenzung <strong>der</strong> Kosten <strong>im</strong> Gesundheitswesen.<br />
In diesem Zusammenhang ist Home-Care als unterstützende Technologie zu sehen. Die<br />
menschliche Zuwendung und medizinische kompetente Betreuung kann und soll dadurch<br />
nicht ersetzt werden.<br />
7.5.1.2 Definition Home-Care<br />
Home-Care wird als Konzept definiert, eine gesundheitliche Fernbetreuung zwischen<br />
einer medizinischen Einrichtung (z.B. einem nie<strong>der</strong>gelassenen Arzt, einer Pflegeeinrichtung<br />
o<strong>der</strong> auch einem Krankenhaus) und einem <strong>im</strong> häuslichen Umfeld lebenden<br />
Patienten sicherzustellen, unter Zuhilfenahme mult<strong>im</strong>edialer Informationen (z.B. Sprache,<br />
Bild, EKG, Blutdruck o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er Parameter) und einer geeigneten Telekommunikationsinfrastruktur.<br />
1 Christoph Westerteicher (Berichterstatter), Rupert Gerzer<br />
152
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
Ziel ist es, die außerklinische Versorgung von postakuten und chronisch kranken Risikopatienten<br />
zu Hause sicherzustellen. Die erfaßten Informationen sollten es <strong>der</strong> betreuenden<br />
medizinischen Einrichtung ermöglichen, zeitnah einen genauen Überblick über den<br />
Gesundheitszustand ihrer Risikopatienten zu erhalten, um gegebenenfalls frühzeitig<br />
intervenieren zu können.<br />
7.5.1.3 Home-Care für Herz und Lunge<br />
Anhand von Herz-Kreislauf-Patienten (49% Mortalität) und anhand von Atemwegserkrankungen<br />
(6% Mortalität) soll exemplarisch <strong>der</strong> mögliche Einsatz von Home-Care<br />
dargestellt werden.<br />
Die zentrale Aufg<strong>ab</strong>e von Herz und Lunge ist die Sicherstellung <strong>der</strong> Sauerstoffversorgung<br />
des menschlichen Körpers. D<strong>ab</strong>ei übern<strong>im</strong>mt die Lunge die Teilaufg<strong>ab</strong>e, den Gasaustausch<br />
mit <strong>der</strong> Umgebung durchzuführen, während dem Herzen zusammen mit dem<br />
Gefäßsystem die Aufg<strong>ab</strong>e des An- und Abtransports von Sauerstoff bzw. Kohlendioxid<br />
zukommt.<br />
Da bei Ausfall nur einer dieser Funktionen binnen kurzer Zeit zunächst reversible<br />
Gewebeschäden aufgrund eines Sauerstoffmangels auftreten, was sich binnen Sekunden<br />
zunächst beispielsweise <strong>im</strong> Ausfall von Gehirnfunktionen mit Kollaps und Bewußtlosigkeit<br />
äußert, und bereits nach Minuten zu bleibenden Schäden und zum Tode führen kann,<br />
sind Patienten mit Störungen in diesem System zu je<strong>der</strong> Zeit lebensbedrohend gefährdet.<br />
Problemstellung<br />
Häufig durchlaufen diese Risikopatienten einen Kreislauf zwischen ambulanter Versorgung<br />
und stationärem Klinikaufenthalten. Die stationäre Versorgung ist zwar mit hoher<br />
Qualität durchführbar, jedoch sehr teuer und mit erheblichen Einbußen <strong>der</strong> Lebensqualität<br />
verbunden. Hinzu kommt <strong>der</strong> unzureichende Informationsfluß zwischen nie<strong>der</strong>gelassenem<br />
Arzt und Krankenhaus, bedingt durch die starke Trennung zwischen ambulanten<br />
und stationären Einrichtungen.<br />
Ferner leben diese durch ihre Krankheit wesentlich in ihrer Lebensqualität eingeschränkten<br />
Patienten in <strong>der</strong> Furcht, <strong>im</strong> Ernstfall auf ärztliche Hausbesuche, die Erste Hilfe<br />
medizinischer Laien o<strong>der</strong> sich selbst angewiesen zu sein.<br />
Neben dem akuten (Re-) Infarkt stellen die Herzrhythmusstörung die häufigsten<br />
Komplikationen <strong>der</strong> koronaren Herzkrankheiten (KHK) dar. Gerade <strong>ab</strong>er die Therapie <strong>der</strong><br />
Herzrhythmusstörung stellt für den nie<strong>der</strong>gelassenen Arzt häufig eine kaum lösbare<br />
Aufg<strong>ab</strong>e dar, da Episoden von Rhythmusstörungen ohne telemedizinische Überwachungsmöglichkeiten<br />
oft nur durch Zufall entdeckt werden, dann <strong>ab</strong>er wesentliche<br />
therapeutische Konsequenzen mit sich bringen.<br />
1<strong>53</strong>
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
Unter den chronischen Lungenerkrankungen ist die volkswirtschaftlich bedeutendste das<br />
chronische Asthma Bronchiale; in <strong>der</strong> BRD leben ca. 4,7 Mio. Asthmatiker, darunter 1,5<br />
Mio. Kin<strong>der</strong>. Exazerbationen <strong>der</strong> Krankheit mit dem dringenden Bedarf ärztlicher Hilfe<br />
treten häufig in den frühen Morgenstunden auf, zu einer Zeit also, in <strong>der</strong> typischerweise<br />
nur ärztliche Notdienste erreicht werden können, die mit dem speziellen Patienten oft<br />
nicht vertraut sind.<br />
Sowohl die KHK als auch das Asthma Bronchiale sind Volkskrankheiten, bei denen die<br />
Einführung von Home-Care Methoden dem Patienten wie auch dem betreuenden Arzt<br />
direkte Verbesserungen bringen kann.<br />
Vorgeschlagenes Modell Projekt:<br />
Aufgrund <strong>der</strong> klar zu beschreibenden Vorteile einer Home-Care Betreuung für die<br />
Versorgungsqualität dieser Patientengruppe soll die telemedizinische Betreuung herzund/o<strong>der</strong><br />
lungenkranker Patienten beispielhaft demonstriert werden. Konkret könnten in<br />
einem Modellprojekt Patienten zu Hause überwacht werden, die aufgrund einer schweren<br />
Herz- o<strong>der</strong> Lungenfunktionsstörung, z.B. nach Infarkt o<strong>der</strong> aufgrund einer<br />
Emphysemlunge, bettlägerig o<strong>der</strong> an das häusliche Umfeld gebunden sind. D<strong>ab</strong>ei ist eine<br />
den Erfor<strong>der</strong>nissen entsprechende typischerweise diskontinuierliche Übertragung von<br />
Vitalfunktionen (z.B. EKG, O 2 -Sättigung, Blutdruck, Spirometrie) an eine kontinuierlich<br />
besetzte Telemedizin-Servicezentrale einzubeziehen. Die dort <strong>im</strong> Bedarfsfall eingehenden<br />
Daten werden direkt an den betreuenden Hausarzt bzw. den zuständigen ärztlichen<br />
Notdienst zur weiteren Veranlassung übersandt. Dadurch erhält <strong>der</strong> betreuende Arzt<br />
gerade in kritischen Situationen wichtige Hinweise über den Gesundheitszustand des<br />
Patienten und kann ihn auf diese Weise wesentlich effektiver und effizienter betreuen als<br />
wenn er alleine auf Hausbesuche angewiesen wäre.<br />
Anhand dieses Projekts kann modellhaft die durch telemedizinische Betreuung erzielbare<br />
erhöhte Versorgungsqualität bei gleichzeitigem Kosteneinsparungspotential aufgezeigt<br />
werden. Schließlich kann erwartet werden, daß ein Modellprojekt für diese Indikationsgebiete<br />
von allen Beteiligten <strong>im</strong> Gesundheitswesen akzeptiert wird, weil die wesentlichen<br />
Treiber zunächst die Akzeptanz durch den Patienten und die Entlastung <strong>der</strong> betreuenden<br />
Hausärzte (Notfälle nachts; mehr Information vom Patienten) sein werden, zusätzlich für<br />
das Gesundheitswesen die mögliche Qualitätserhöhung <strong>der</strong> Versorgung bei Kosteneinsparung<br />
sowie für die Industrie das Erproben neuer, auch exportierbarer Marktmöglichkeiten<br />
wichtige positive Argumente sein werden.<br />
7.5.1.4 Chancen und Potential von Home-Care<br />
Unterstützung des mündigen Patienten:<br />
• Die Gesundheitsversorgung wird zum Patienten gebracht<br />
• Verbesserung <strong>der</strong> Lebensqualität des Patienten<br />
154
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
Home-Care beinhaltet entscheidende Verbesserungen für Patienten:<br />
Durch die Vernetzung des häuslichen Betreuungssystems können Risikopatienten in<br />
ihrem vertrauten sozialen Umfeld verbleiben und trotzdem versichert sein, daß in<br />
kritischen Situationen entsprechend schnell geholfen werden kann, bzw. durch eine<br />
zeitnahe Betreuung <strong>der</strong> gesundheitliche Zustand st<strong>ab</strong>iler gehalten werden kann um<br />
kritische Situationen nicht erst entstehen zu lassen.<br />
Kostendämpfung:<br />
Das Einsparungspotential einer Home-Care-Lösung spiegelt sich vorrangig in einer<br />
Reduzierung <strong>der</strong> Krankenhaustage, <strong>ab</strong>er auch in einer Verringerung <strong>der</strong> Transportkosten,<br />
einer Zeitersparnis für die Patienten und die medizinischen Versorgungseinrichtungen,<br />
sowie in einer effizienteren Betreuung durch die Verfügbarkeit relevanter Patientendaten.<br />
Verbesserung des Informationsaustausches zwischen nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzten<br />
und Krankenhaus:<br />
Home-Care ermöglicht durch die Vernetzung von Patient und pr<strong>im</strong>ärer Versorgungseinrichtung<br />
und darüber hinaus mit Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, wichtige<br />
medizinische Daten berechtigten Personen zugänglich zu machen, um damit eine<br />
opt<strong>im</strong>ale Versorgung <strong>der</strong> Patienten zu erreichen und redundante Informationserfassung<br />
zu meiden.<br />
7.5.1.5 Rahmenbedingungen<br />
Die erfor<strong>der</strong>lichen technischen Komponenten für eine Home-Care-Lösung stehen heute<br />
weitestgehend zur Verfügung.<br />
Der kommerzielle Einsatz in Deutschland könnte zusätzlich geför<strong>der</strong>t werden durch:<br />
• Verankerung telematischer Leistungen in den Gebührenordnungen<br />
• Definition von Richtlinien zur Arzthaftung bei telematischer Fernbetreuung<br />
• Festlegung sinnvoller Datenschutzmechanismen, um einen ausreichenden<br />
Schutz relevanter Daten in einem Home-Care System sicherzustellen.<br />
155
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
7.6 Qualitätsmanagement und Informationstechnologie<br />
Inhalt <strong>der</strong> Anwendung<br />
Entwicklung von Qualitätsindikatoren, Datensätzen und Kommunikationswegen für<br />
die drei Säulen <strong>der</strong> patientenorientierten Versorgungs<strong>ab</strong>läufe:<br />
• Leitlinien und Standardisierung<br />
• Betrieb und Koordination<br />
• <strong>Dokument</strong>ation und Evaluation<br />
Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung<br />
• Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, am aktuellen Wissenstand orientierten<br />
Versorgungsleistung bei akuten und chronischen Erkrankungen unter<br />
wirtschaftlichen Gesichtspunkten.<br />
• Übertragung <strong>der</strong> aktuellen Leitlinien in standardisierte Datensätze und ein effizienter<br />
Zugang zu den jeweils aktuellen Leitlinien wirken handlungsleitend.<br />
• Verbesserung von Kooperation und Koordination zwischen allen an <strong>der</strong> Behandlung<br />
beteiligten Leistungserbringern durch zeitgerechte, ausreichende und richtige<br />
Informationsübermittlung.<br />
• Bereitstellung von Information zur Opt<strong>im</strong>ierung effektiver und effizienter Versorgungsstrukturen<br />
durch die Partner <strong>der</strong> Selbstverwaltung (Sicherstellungsauftrag).<br />
• Unterstützung <strong>der</strong> Patienten bei <strong>der</strong> Ausübung einer verantwortlichen Rolle in<br />
Bezug auf Inanspruchnahme von Ressourcen <strong>im</strong> Gesundheitswesen.<br />
Beitrag zum Aufbau einer Telematikplattform<br />
Breitenwirkung für den Aufbau einer Telematikplattform zum Qualitätsmanagement<br />
wird erreicht durch:<br />
• Strukturierte und standardisierte <strong>Dokument</strong>ation<br />
• Regelmäßige Evaluierung<br />
Konkrete Empfehlungen <strong>der</strong> Autoren zur Umsetzung<br />
• Integration <strong>der</strong> standardisierten Datensätze in die relevanten Schnittstellen (z.B.<br />
BDT) und in die verschiedenen Anwen<strong>der</strong>systeme (Praxisverwaltungssysteme,<br />
Krankenhaus-Informationssysteme)<br />
• Qualitätsorientierte materielle Anreize<br />
• För<strong>der</strong>liche vertragliche und gesetzliche Regelungen.<br />
• Vereinbarung von Gesundheitszielen auf allen Versorgungsebenen (Patient-<br />
Arzt, stationär-ambulant, Selbstverwaltung, Gesundheitspolitik)<br />
156
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
7.6.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen<br />
Themengruppe „Qualitätsmanagement und Informationstechnologie“ 1<br />
7.6.1.1 Inhalt <strong>der</strong> Anwendung<br />
Qualitätsmanagement bezieht sich auf die Leistungserbringung innerhalb einer Versorgungsebene<br />
(Patienten-Arzt, stationär-ambulant, Leistungserbringer-Kostenträger) als<br />
auch die Übergänge zwischen den Ebenen und orientiert sich sowohl an <strong>der</strong> Behandlung<br />
einzelner Patienten (case management) als auch auf die strukturierte Versorgung<br />
innerhalb spezifischer Diagnosen (disease management).<br />
Im Zentrum steht die Entwicklung von Qualitätsindikatoren, Datensätzen und Kommunikationswegen<br />
für die drei Säulen <strong>der</strong> patientenorientierten Versorgungs<strong>ab</strong>läufe:<br />
• Leitlinien und Standardisierung<br />
• Betrieb und Koordination<br />
• <strong>Dokument</strong>ation und Evaluation<br />
Die aktuellen Leitlinien werden jeweils von Fachgesellschaften, Berufsverbänden, Partnern<br />
<strong>der</strong> Selbstverwaltung und Patienten konsentiert bereitgestellt und für die praktische<br />
Anwendung in <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung akkreditiert.<br />
Gezielte Kommunikation zwischen den verschiedenen Ebenen werden dadurch ermöglicht,<br />
daß kompatible Datensätze und Qualitätsindikatoren bereitgestellt werden. Dadurch<br />
können die Schnittstellen strukturiert bedient und die Partner auf den verschiedenen<br />
Ebenen organisatorisch und informationstechnisch miteinan<strong>der</strong> verbunden werden.<br />
Die strukturierte <strong>Dokument</strong>ation und Auswertung innerhalb und zwischen den verschiedenen<br />
Versorgungsebenen liefert die Grundlage zur transparenten Lenkbarkeit des<br />
Versorgungssystems nach Effektivitäts- und Effizienzkriterien.<br />
7.6.1.2 Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung<br />
• Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, am aktuellen Wissenstand orientierten<br />
Versorgungsleistung bei akuten und chronischen Erkrankungen unter<br />
wirtschaftlichen Gesichtspunkten.<br />
• Übertragung <strong>der</strong> aktuellen Leitlinien in standardisierte Datensätze und ein<br />
effizienter Zugang zu den jeweils aktuellen Leitlinien wirken handlungsleitend.<br />
• Verbesserung von Kooperation und Koordination zwischen allen an <strong>der</strong><br />
Behandlung beteiligten Leistungserbringern durch zeitgerechte, ausreichende<br />
und richtige Informationsübermittlung.<br />
1 Klaus Piwernetz (Berichterstatter), Harald Herholz, Sigrid Pötter, Ursula Z<strong>im</strong>mermann<br />
157
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
• Unterstützung <strong>der</strong> Patienten bei <strong>der</strong> Ausübung einer verantwortlichen Rolle in<br />
Bezug auf Inanspruchnahme von Ressourcen <strong>im</strong> Gesundheitswesen.<br />
In den folgenden T<strong>ab</strong>ellen werden diese For<strong>der</strong>ungen aus <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Beteiligten<br />
in den verschiedenen Versorgungsebenen dargestellt. Die drei T<strong>ab</strong>ellen beschreiben<br />
diese Zusammenhänge <strong>im</strong> Hinblick auf die drei Säulen <strong>der</strong> Versorgung nach 7.7.1.1.<br />
Anwendungsfel<strong>der</strong><br />
Leitlinien und Standardisierung<br />
Patient Leistungserbringer Kostenträger<br />
<br />
<br />
Kontakt zwischen<br />
Patient und Arzt<br />
rascher Zugang zu<br />
aktuellem Wissen<br />
Entscheidungssicherheit<br />
Innerhalb einer<br />
Versorgungseinrichtung<br />
Über verschiedene<br />
Versorgungseinrichtungen<br />
hinweg<br />
Rational begründete,<br />
d.h. evidenzbasierte<br />
Behandlung<br />
Wirksamkeit<br />
Transparenz<br />
<strong>der</strong> Abläufe<br />
Transparenz <strong>der</strong><br />
Angebote<br />
• Bereitstellung von Information zur Opt<strong>im</strong>ierung effektiver und effizienter<br />
Versorgungsstrukturen durch die Partner <strong>der</strong> Selbstverwaltung (Sicherstellungsauftrag).<br />
Aktualität<br />
Kenntnis<br />
<br />
rascher Zugang Einheitliche<br />
Anwendung<br />
Überprüfung<br />
und Validierung<br />
Diffusion<br />
gesundheitsökonomische<br />
Bewertung<br />
von Leitlinien<br />
Anwendungsfel<strong>der</strong><br />
Betrieb und Koordination<br />
Patient Leistungserbringer Kostenträger<br />
<br />
<br />
Kontakt zwischen<br />
Patient und Arzt<br />
Reibungsloser Ablauf<br />
Vermeidung von Wartezeiten<br />
und Doppeluntersuchungen<br />
Abst<strong>im</strong>mung zwischen<br />
den Leistungserbringern<br />
Innerhalb einer<br />
Versorgungseinrichtung<br />
Über verschiedene<br />
Versorgungseinrichtungen<br />
hinweg<br />
<br />
<br />
Termintreue, bessere<br />
Orientierung<br />
keine Doppeluntersuchungen<br />
Orientierung über das<br />
Versorgungsangebot<br />
höhere Effektivität<br />
angemessene<br />
Information<br />
informierter Patient<br />
Lenkbarkeit<br />
Übersicht über die<br />
erbrachten<br />
Leistungen, Daten<br />
und <strong>Ergebnisse</strong><br />
Kenntnis von<br />
<br />
Kompetenzzentren<br />
Umsetzung<br />
Anwendung<br />
Beachtung<br />
Keine Doppeluntersuchungen<br />
<br />
<br />
Verfügbarkeit von<br />
Information<br />
sachgerechter<br />
Zugang und Inanspruchnahme<br />
des<br />
Patienten<br />
158
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
Anwendungsfel<strong>der</strong><br />
<strong>Dokument</strong>ation und Evaluation<br />
Patient Leistungserbringer Kostenträger<br />
<br />
<br />
Kontakt zwischen<br />
Patient und Arzt<br />
Innerhalb einer<br />
Versorgungseinrichtung<br />
Über verschiedene<br />
Versorgungseinrichtungen<br />
hinweg<br />
<br />
Qualität des<br />
Arztes<br />
Übersicht über<br />
eigenen<br />
Gesundheitszustand<br />
Leistungsprofile<br />
<strong>der</strong> Einrichtung<br />
<br />
Kenntnis von<br />
Kompetenz-<br />
Zentren<br />
Stärken und Schwächen<br />
Verbesserungspotential<br />
Anwendung <strong>der</strong> Leitlinien<br />
Effizienz<br />
<br />
<br />
Stärken und Schwächen,<br />
Verbesserungspotential<br />
Anwendung <strong>der</strong><br />
Leitlinien, Effizienz<br />
Stärken und Schwächen<br />
(eigene und<br />
Mitbewerber = Benchmarking)<br />
Wirksamkeit <strong>der</strong> Leitlinien<br />
in verschiedenen<br />
Settings<br />
<br />
Effektivität und<br />
Effizienz (Qualität und<br />
Wirtschaftlichkeit)<br />
<br />
Zufriedenheit <strong>der</strong><br />
Versicherten<br />
<br />
Effektivität und Effizienz<br />
(Qualität und<br />
Wirtschaftlichkeit)<br />
Zufriedenheit <strong>der</strong><br />
Versicherten<br />
Vergleich von Versorgungseinrichtungen<br />
bzgl. Effektivität und<br />
Effizienz (Qualität und<br />
<br />
Wirtschaftlichkeit)<br />
Zufriedenheit <strong>der</strong><br />
Versicherten<br />
7.6.1.3 Beitrag zum Aufbau einer Telematikplattform<br />
Breitenwirkung für den Aufbau einer Telematikplattform zum Qualitätsmanagement wird<br />
erreicht durch:<br />
• Strukturierte und standardisierte <strong>Dokument</strong>ation<br />
• Regelmäßige Evaluierung<br />
In <strong>der</strong> folgenden T<strong>ab</strong>elle ist für die verschiedenen Ebenen dargestellt, welche Vorgehensweisen<br />
<strong>im</strong> Qualitätsmanagement mit welchen Instrumenten <strong>der</strong> Informationstechnologie<br />
auf dieser Plattform unterstützt werden können:<br />
Ebene Qualitätsmanagement Informationstechnik<br />
Patient – Arzt<br />
Beziehung<br />
Praxis und<br />
Praxiszirkel<br />
Qualitätszirkel<br />
Gesundheitssystem<br />
• Behandlung nach Leitlinien<br />
• Risiko Management<br />
• Schnittstellen bedienen<br />
• Umsetzung <strong>der</strong> Leitlinien<br />
• Übertragung in organisatorische<br />
Verbesserungen<br />
• Praxisübergreifende Vergleiche<br />
• kompatible Qualitätsindikatoren<br />
• vergleichbare Patienten<br />
• Schnittstellen:<br />
Hausarzt-Schwerpunkt<br />
stationär-ambulant<br />
und<br />
• qualitätsorientierte Vergütung<br />
• Watchdog-Funktionen<br />
• Leitlinien <strong>im</strong> Hintergrund<br />
• Risikoindikatoren online auswerten<br />
• Patientenbezug <strong>der</strong><br />
Qualitätsindikatoren<br />
• Patientenlisten zur Opt<strong>im</strong>ierung<br />
• Datenaggregation<br />
• Benchmarking<br />
• zeitnahe Rückmeldung<br />
• Longitudinale Verfolgung <strong>der</strong> Patienten<br />
• systemische Vergleiche: Kosten und<br />
Qualität<br />
• Gestaltung <strong>der</strong> Mengengerüste<br />
159
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
Im Einzelnen sind folgende Anfor<strong>der</strong>ungen an die verschiedenen Instrumente und<br />
Verfahren zu stellen:<br />
7.6.1.4 Zyklus <strong>der</strong> Qualitätsentwicklung<br />
! " # $ % & ' ( ) # % * + ) & , ) & - . / & ) # 0 1 2 3 4 5 6 4 7 1 8<br />
1 <strong>Dokument</strong>ation einheitliche Datensatzdefinition, zeitliche<br />
Belastung reduzieren, problemorientierte<br />
<strong>Dokument</strong>ation, Planung <strong>der</strong> Auswertung vor<br />
Beginn <strong>der</strong> Erhebung<br />
2 Umgang mit den Daten Vertraulichkeit, Sicherheit (EU-Richtlinie,<br />
Trusted Third Party, PGP )<br />
3 Datenaggregation nachvollziehbar, transparent<br />
4 Datenanalyse so peripher wie möglich<br />
5 Feedback <strong>der</strong> <strong>Ergebnisse</strong> Zeitnah<br />
7.6.1.5 Qualität und Leitlinien<br />
4 : 1 ; < 4 7 = 6 1 < 3 5 6 4 > 6 4 2 ? @ 4 6 1 0 1 2 3 4 5 6 4 7 1 8<br />
9<br />
6 Wissen und Leitlinien Aktualität und Zugänglichkeit, Akkreditierung<br />
7 Qualität und Wirtschaftlichkeit möglichst auf Ergebnismaße beziehen<br />
8 Qualitätsindikatoren Einfachheit, Konsensusbasiert, Akzeptanz,<br />
Evidenzbasiert<br />
7.6.1.6 Integration in die Versorgungs<strong>ab</strong>läufe<br />
4 : 1 ; < 4 7 = 6 1 < 3 5 6 4 > 6 4 2 ? @ 4 6 1 0 1 2 3 4 5 6 4 7 1 8<br />
9<br />
9 Integration und Interaktion <strong>der</strong> Akteure Kontinuität<br />
10 Schnittstellen ( technisch und inhaltlich ) Kompatibilität<br />
11 Longitudinale Verlaufsbeobachtung<br />
(Monitoring)<br />
12 IT folgt Versorgungs<strong>ab</strong>läufen (structure<br />
follows strategy, form follows function)<br />
Daten müssen problemorientiert<br />
zusammengeführt werden können<br />
Anwendungs- und<br />
Nutzerorientierung<br />
7.6.1.7 Konkrete Empfehlungen <strong>der</strong> Autoren zur Umsetzung<br />
160<br />
• Integration <strong>der</strong> standardisierten Datensätze in die relevanten Schnittstellen<br />
(z.B. BDT) und in die verschiedenen Anwen<strong>der</strong>systeme (Praxisverwaltungssysteme,<br />
Krankenhausinformationssysteme)
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
• Qualitätsorientierte materielle Anreize<br />
• För<strong>der</strong>liche vertragliche und gesetzliche Regelungen (Berufsrecht, Standesrecht,<br />
Vergütung stationär und ambulant).<br />
• Vereinbarung von Gesundheitszielen auf allen Versorgungsebenen (Patient-<br />
Arzt, stationär-ambulant, Selbstverwaltung, Gesundheitspolitik)<br />
161
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
7.7 Krankenhaus-Informationssysteme<br />
Inhalte<br />
• Der Nutzen <strong>der</strong> Informationstechnologie bzw. <strong>der</strong> Krankenhaus-Informationssysteme<br />
(KIS) besteht in<br />
• <strong>der</strong> strategischen Planung für die Häuser<br />
• <strong>der</strong> Prozeßopt<strong>im</strong>ierung<br />
• <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit<br />
• <strong>der</strong> Steigerung <strong>der</strong> Qualität<br />
• dem Informationsaustausch mit an<strong>der</strong>en Krankenhäusern<br />
• dem Informationsaustausch mit allen an<strong>der</strong>en Versorgungseinrichtungen (u.a.<br />
ambulante Versorgung - Reha - Pflege -...)<br />
Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Gesamtversorgung<br />
• Verbesserung <strong>der</strong> Stellung <strong>der</strong> Krankenhäuser <strong>im</strong> Wettbewerb<br />
• Verringerung <strong>der</strong> Kosten (Liegezeiten…)<br />
• <strong>der</strong> Patient erhält umfassende Informationen und damit eine verbesserte<br />
Versorgung entsprechend seinem Krankheitszustand<br />
• Telekonsulation etc.<br />
Beitrag zum Aufbau einer Telematikplattform<br />
KIS ist eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren einer Telematikplattform<br />
<strong>im</strong> Gesundheitswesen; Bsp.:<br />
• Vernetzung mit ambulanter Versorgung<br />
• Patientenakte<br />
• Digitale Radiologie<br />
• Standardisierung <strong>der</strong> Informationsbeziehungen<br />
• Zwischen Krankenhaus uns an<strong>der</strong>en Leistungserbringern, Krankenkassen und<br />
an<strong>der</strong>en Institutionen<br />
Konkrete Empfehlung<br />
Einbindung <strong>der</strong> KIS- (Krankenhäuser und Hersteller) Anwendungen in alle auch für<br />
an<strong>der</strong>e Leistungsbringer (u.a. ambulante Versorgung) entwickelten und noch zu<br />
entwickelnden Anwendungen; z.B.:<br />
• Arztbriefschreibung<br />
• Befundung<br />
• § 301 - Datenaustausch<br />
• Sicherheitsarchitekturen<br />
162
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
7.7.1 <strong>Ergebnisse</strong> und Empfehlungen<br />
Themengruppe „Krankenhaus-Informationssystem“ 1<br />
7.7.1.1 Ausgangssituation<br />
Historisch fand die Informationstechnologie als administrative Datenverarbeitung seit<br />
Anfang <strong>der</strong> 70er Jahre Eingang in die Krankenhäuser. Sie diente zunächst <strong>der</strong> Unterstützung<br />
vorhandener Verwaltungs<strong>ab</strong>läufe. Dem Stand <strong>der</strong> Technik entsprechend war sie als<br />
Rechenzentrums-Lösung organisiert (Übertragung <strong>der</strong> erfaßten Daten an das Rechenzentrum,<br />
Verarbeitung, Ausdruck <strong>der</strong> <strong>Ergebnisse</strong>). In <strong>der</strong> Folge entwickelten sich Verbundlösungen<br />
mit EDV-Kapazitäten <strong>im</strong> Krankenhaus und <strong>der</strong> Verarbeitung <strong>der</strong> Daten in<br />
Rechenzentren; die Datenfernübertragung war d<strong>ab</strong>ei ein unter Kostengesichtspunkten<br />
bedeutsamer Fortschritt.<br />
Zu Beginn <strong>der</strong> 80er Jahre gewann die autonome Datenverarbeitung <strong>im</strong> Krankenhaus,<br />
zum Teil für medizinische Subsysteme, an Bedeutung. Im Verwaltungsbereich h<strong>ab</strong>en in<br />
starkem Maße gesetzliche Vorg<strong>ab</strong>en <strong>im</strong> Rechnungswesen zur Kosten- und Leistungsrechnung<br />
und zu externen Berichtspflichten Anstöße gegeben.<br />
Die breite Einführung <strong>der</strong> Informationstechnologie in Krankenhäusern hatte sich zum Teil<br />
auf Grund <strong>der</strong> finanziellen und personellen Ausstattung <strong>der</strong> Krankenhäuser verzögert.<br />
Nicht <strong>im</strong>mer wurde <strong>der</strong> Stellenwert <strong>der</strong> Informationstechnologie für das Management<br />
frühzeitig erkannt. Inzwischen werden Information und Informationsverknüpfung als<br />
wichtige unternehmerische Produktionsfaktoren begriffen, so daß die Bedeutung <strong>der</strong><br />
Informationstechnologie heute unbestritten ist. Sie wird bereits zur strategischen Planung<br />
und Prozeßopt<strong>im</strong>ierung genutzt anstatt vorhandene Organisationsstrukturen nur <strong>ab</strong>zubilden.<br />
Historisch gewachsene Teillösungen erweisen sich heute mitunter als Problem,<br />
wenn durch die Unterschiedlichkeit <strong>der</strong> Protokolle, <strong>der</strong> Betriebssysteme und Datensatzinkomp<strong>ab</strong>ilitäten<br />
eine reibungslose Kommunikation erschwert wird.<br />
Heute h<strong>ab</strong>en fast alle Krankenhäuser DV-Lösungen - in unterschiedlichem Umfang -<br />
installiert. Diese müssen nun in Richtung auf integrierte und vernetzte Systeme weiterentwickelt<br />
werden. Der weitere Ausbau <strong>der</strong> Informationstechnologie und die Herausbildung<br />
eines qualifizierten Anbieterkreises von Krankenhaussoftware und Informationssystemen<br />
unterstützen diese Entwicklung. Die Anbieter stellen d<strong>ab</strong>ei einen bedeutsamen<br />
Multiplikator für zukünftige Telematik-Lösungen dar.<br />
Insgesamt stehen die Krankenhausträger und Krankenhäuser vor <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />
sich dieser Entwicklung durch eine integrative IT-Strategie zu stellen und die neuen,<br />
1 Dieter M. Kampe, Dietrich Bär, Jürgen Völlink<br />
163
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
zukunftsträchtigen Chancen zu nutzen, die sich daraus für eine qualitativ hochwertige<br />
Patientenversorgung ergeben.<br />
7.7.1.2 Telematik un<strong>ab</strong>dingbar für die Zukunft des Unternehmens Krankenhaus<br />
Von <strong>der</strong> Vernetzung <strong>im</strong> Krankenhaus zur Telematik:<br />
Auf Grund <strong>der</strong> gegenseitigen Beeinflussung verän<strong>der</strong>ter Anfor<strong>der</strong>ungen und des<br />
schnellen Wachstums <strong>der</strong> technisch-kommunikativen Möglichkeiten wird die mo<strong>der</strong>ne<br />
Telematik an Bedeutung für die Krankenhäuser zunehmen. Sie erweitert die Einsatzmöglichkeiten<br />
für Information und Kommunikation innerhalb des Krankenhauses und des<br />
Krankenhauses mit seiner Außenwelt. Insellösungen <strong>im</strong> Krankenhaus und in den<br />
Gesundheitsversorgungsbereichen werden durch die Informations- und Kommunikationstechnologie<br />
in Frage gestellt und technisch aufgebrochen.<br />
Zudem hat ein verän<strong>der</strong>tes Bewußtsein - nicht zuletzt veranlaßt durch gesetzgeberische<br />
Maßnahmen und den Kostendruck - und ein Denken in Gesamtprozessen und -zusammenhängen<br />
einen fruchtbaren Boden für die kommunikativen Informationsbeziehungen<br />
<strong>im</strong> Krankenhaus und mit an<strong>der</strong>en Einrichtungen geschaffen. Das Begriffspaar Information/Kommunikation<br />
ist geeignet, Grenzen zwischen Abteilungen innerhalb eines Krankenhauses<br />
zu öffnen. Es trägt <strong>ab</strong>er ebenso außerhalb des Krankenhauses dazu bei, daß<br />
die bisher organisatorisch getrennten Versorgungsbereiche <strong>der</strong> stationären und ambulanten<br />
Akutversorgung wie auch <strong>der</strong> Reh<strong>ab</strong>ilitation besser miteinan<strong>der</strong> verzahnt werden<br />
können. Damit ist die Entwicklung zur Telematik für Krankenhäuser eingeleitet.<br />
Telematik-Anwendungen für die Krankenhäuser:<br />
Telematik bezeichnet als Weiterentwicklung <strong>der</strong> bisherigen Informationstechnologie einen<br />
telekommunikativen Prozeß, <strong>der</strong> mit strukturellem Wandel und Verzahnung verbunden ist<br />
und den Weg für neuartige Versorgungskonstellationen und -kooperationen bereiten<br />
kann. Damit kann die Informations- und Kommunikationstechnologie eine versorgungsbereichsübergreifende<br />
Wegbereiterfunktion für eine Entwicklung übernehmen, <strong>der</strong> bisher<br />
noch faktische und rechtliche Rahmenbedingungen entgegenstehen. Unter dem Begriff<br />
Vernetzung findet ein struktureller und informationstechnischer Wandel statt. Vernetzung<br />
ist demnach die - zumindest informationstechnische - Voraussetzung für künftige Verän<strong>der</strong>ungen<br />
in <strong>der</strong> medizinischen Versorgung. Diese können bis hin zu neuartigen Versorgungsformen<br />
reichen.<br />
Konkrete Telematikanwendungen für die Krankenhäuser bestehen z.B. in folgenden<br />
Bereichen:<br />
• schneller Informationsaustausch zwischen Krankenhäusern, nie<strong>der</strong>gelassenen<br />
Ärzten und an<strong>der</strong>en Versorgungsbereichen über beliebige Entfernungen,<br />
164
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
• Nutzung vorhandener und künftig entstehen<strong>der</strong> Netze auch für Zwecke des<br />
Gesundheitswesens (Intranet, Internet),<br />
• Telekonsultation und Telepräsenz,<br />
• Karten <strong>im</strong> Gesundheitswesen,<br />
• Aus- und Fortbildung (Teleteaching, Telelearning),<br />
• medizinische Informationssysteme (Expertensysteme),<br />
• Information <strong>der</strong> Patienten und <strong>der</strong> Bevölkerung (z.B. Prävention).<br />
Nutzen <strong>der</strong> Telematik für die Krankenhäuser und die Gesamtversorgung:<br />
Der mögliche Nutzen <strong>der</strong> künftigen Telematikanwendungen für Krankenhäuser wird mit<br />
dem Begriff "Telemedizin" umschrieben, mit <strong>der</strong> die Bereitstellung hochqualifizierter medizinischer<br />
Versorgung un<strong>ab</strong>hängig von räumlichen Grenzen eröffnet wird.<br />
Die Chance <strong>der</strong> Telematik wird um so mehr aufgegriffen werden, wenn sich für alle<br />
Beteiligten - Anwen<strong>der</strong>, Betroffen, Hersteller - ein erkennbarer Nutzen ergibt. Mit Aussicht<br />
auf Erfolg werden vor allem solche Projekte umgesetzt werden können, <strong>der</strong>en Lösungen,<br />
Verfahren und Entwicklungen einen sichtbaren Fortschritt und konkret meßbaren Nutzen<br />
bringen. D<strong>ab</strong>ei kann <strong>der</strong> Nutzen in vielfältiger Hinsicht sowohl für die Krankenhäuser, für<br />
das Gesundheitsversorgungssystem und für den Aufbau einer Telematikplattform<br />
bestehen. Beispiele dafür sind:<br />
• die Verbesserung <strong>der</strong> Versorgungsqualität für die Patienten,<br />
• die Bereitstellung einer hochqualifizierten medizinischen Versorgung un<strong>ab</strong>hängig<br />
von Entfernungen,<br />
• eine Verringerung von Kosten und Belastungen (Doppeluntersuchungen,<br />
Krankentransporte),<br />
• wirtschaftlichere und kostengünstigere Abläufe,<br />
• ein größerer Umsatz bei geringerem Faktoreinsatz,<br />
• eine Erhöhung <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit <strong>der</strong> Gesamtversorgung,<br />
• die bessere Verfügbarkeit und Verwendung von Informationen,<br />
• die Eignung interner Krankenhausinformationssysteme auch für Zwecke<br />
externer Kommunikation (Digitalisierung von Daten),<br />
• die generelle Bewältigung des strukturellen Wandels auch <strong>im</strong> Krankenhausbereich,<br />
• die Eröffnung neuartiger Versorgungskonstellationen und Kooperationen,<br />
165
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
• eine Verbesserung <strong>der</strong> Stellung des Krankenhauses <strong>im</strong> Wettbewerb und<br />
gegenüber den Kostenträgern,<br />
• eine bessere Information <strong>der</strong> Patienten,<br />
• die umfangreiche Bereithaltung und Bereitstellung <strong>der</strong> patientenorientierten<br />
medizinischen Daten,<br />
• die Verknüpfung dieser Daten mit externen Partnern bis hin zum Patienten<br />
selbst.<br />
7.7.1.3 For<strong>der</strong>ungen und Empfehlungen<br />
Eine künftig intensivere Einführung und Nutzung <strong>der</strong> Telematik für den Krankenhausbereich<br />
erfor<strong>der</strong>t:<br />
• Aufgeschlossenheit für die Telematik in technischer und versorgungspolitischer<br />
Hinsicht,<br />
• Ausrichtung des Informationsmanagements an den Krankenhaus-Unternehmenszielen,<br />
in denen das Krankenhaus als eine vernetzte Einheit in einem<br />
kooperierenden und konkurrierenden Versorungssystem begriffen wird,<br />
• Planung und nicht nur Reagieren o<strong>der</strong> situatives Handeln,<br />
• eine weitere Aufwertung des Informationsmanagements als bedeuten<strong>der</strong><br />
unternehmerischer Faktor und die Berücksichtigung <strong>der</strong> damit verbundenen<br />
Wirkungen und Notwendigkeiten (interne Organisation, Einsatz entsprechend<br />
qualifizierten Personals),<br />
• die Herausstellung des integrativen Charakters von Informatik-Lösungen,<br />
• einvernehmliches Zusammenwirken aller an <strong>der</strong> Entwicklung und Umsetzung<br />
<strong>der</strong> Telematik mitwirkenden Partner aus staatlichen, halbstaatlichen wie<br />
privatrechtlichen Institutionen mit dem Ziel, allgemeine, anerkannte Rahmenbedingungen<br />
und Anfor<strong>der</strong>ungen für Telematiklösungen zu definieren,<br />
• Standardisierung von Anwendungen <strong>im</strong> nationalen wie internationalen<br />
Bereich, vor allem bei Protokollen und Schnittstellen,<br />
• Weiterentwicklung des Datenschutzrechts und <strong>der</strong> kryptographischen Möglichkeiten,<br />
auch <strong>im</strong> internationalen Zusammenhang,<br />
• die wissenschaftliche Weiterentwicklung telematischer Anwendungen vor<br />
allem durch die Hochschulkliniken,<br />
• die Anpassung <strong>der</strong> telematischen Entwicklung an die Bedürfnisse auch<br />
kleinerer o<strong>der</strong> mittelgroßer Allgemeinkrankenhäuser (technologische D<strong>im</strong>ensionierung,<br />
Zeitfaktor).<br />
• Schaffung von anwen<strong>der</strong>orientierten Telematik-Lösungen, die dem Normalanwen<strong>der</strong><br />
bei <strong>der</strong> Erfüllung <strong>der</strong> Versorgungsziele (Qualität und Wirtschaftlichkeit<br />
einer patientennahen Versorgung) einen deutlich spürbaren Nutzen<br />
bei <strong>der</strong> Bewältigung seiner täglichen Arbeit bringen,<br />
166
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
• praktische und einfache Handh<strong>ab</strong>ung je<strong>der</strong> Lösung,<br />
• breite fachliche Information und Diskussion über gute Ansätze und Beispiele<br />
für Telematikanwendungen sowie Hinweise zu ihrer Umsetzung und Übernahme,<br />
• Erleichterung <strong>der</strong> Erprobung neuer Telematik-Lösungen, keine Erschwerung<br />
durch gesetzliche Auflagen,<br />
• Klärung <strong>der</strong> Auswirkungen von Telematikverfahren auf das Entgeltsystem,<br />
• Nutzung aller denkbaren Formen von "Incentive"-Möglichkeiten für die<br />
Einführung und Übernahme von Telematik-Lösungen <strong>im</strong> Hinblick auf das<br />
Kosten-Nutzen-Verhältnis.<br />
7.7.1.4 Zusammenfassung<br />
Der Krankenhausbereich spielt bei <strong>der</strong> Einführung und Weiterentwicklung von Telematikanwendungen<br />
eine zentrale Rolle. Bereits zur Verfügung stehende Lösungen, die sich<br />
bewährt h<strong>ab</strong>en, sollten umfassend genutzt, innovative und kreative Ansätze müssen<br />
unterstützt werden. D<strong>ab</strong>ei bedarf es eines pragmatischen und zeitlich angemessenen<br />
Vorgehens bei <strong>der</strong> Umsetzung mit allen Beteiligten. Standardisierung, offene Hard- wie<br />
Softwareplattformen, einheitliche Protokolle und Schnittstellen können d<strong>ab</strong>ei wegweisend<br />
sein. Auch gesetzgeberische Vorg<strong>ab</strong>en, wie z.B. zum Datenaustausch mit den<br />
Kostenträgern, sind d<strong>ab</strong>ei von Bedeutung. Die Gesamtentwicklung muß aufmerksam<br />
begleitet, hinsichtlich <strong>der</strong> technischen und versorgungspolitischen Auswirkungen bewertet<br />
und, soweit möglich und nötig, beeinflußt werden.<br />
Für ein mo<strong>der</strong>nes Krankenhausmanagement stellt die Nutzung <strong>der</strong> Informations- und<br />
Kommunikationstechnologie <strong>im</strong> ärztlichen, pflegerischen und administrativen Bereich eine<br />
wesentliche zukunftssichernde Größe dar.<br />
167
C<br />
M<br />
C<br />
LOK<br />
J<br />
Anhang<br />
Autoren und Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> AG 7 „Telematik-Anwendungen <strong>im</strong> Gesundheitswesen“<br />
Name: Organisation: Ort: E-Mail: UAG*:<br />
Herr Dipl. Wi.-Ing. Alexan<strong>der</strong> Ammann Quintessenz Verlags-GmbH Berlin ammann@quinline.com 7.2<br />
Herr Dr.-Ing. Thomas Baehring Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Düsseldorf baehring@uni-duesseldorf.de 7.1<br />
Herr Dr. Andreas Barner Boehringer Ingelhe<strong>im</strong> GmbH Ingelhe<strong>im</strong> barner@ing.boehringer-ingelhe<strong>im</strong>.com 7.2<br />
Frau Dr. Bär Fa. Convatec München 7.3<br />
München 106241.2055@compuserve.com 7.3<br />
Herr MR Dietrich Bär Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und<br />
Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit<br />
Herr Dr. Thomas Berger MEDIAGATE Medical Services GmbH Krefeld berger@mediagate-medical.com 7.3<br />
7.3<br />
RS CQPA<br />
LOK<br />
FNJ<br />
HEI J<br />
LKK<br />
EG<br />
BA<br />
C D<br />
EFC<br />
Herr Dr. Enno Bialas Techniker Krankenkasse Hamburg<br />
Herr Dr. Bernd Blobel Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Magdeburg bernd.blobel@mrz.uni-magdeburg.de 7.3<br />
Herr Dr. Horst Blume DLR - Abteilung MD-IT-GE Köln horst.blume@dlr.de 7.1<br />
Herr Dr. Konstantin Bob HOS mult<strong>im</strong>edica Online Service GmbH & Co. KG Berlin kb@bsmedic.de 7.1<br />
Frau Merte Bosch Hartmannbund - Verband <strong>der</strong> Ärzte Deutschlands e.V. Bonn hb@hartmannbund.bn.eunet.de 7.1<br />
Köln BWeber@kbv.de 7.3<br />
Herr Dr. Gerhard Brenner Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in<br />
<strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland (ZI)<br />
Eschborn w.brill@<strong>ab</strong>da.de 7.3<br />
Herr Werner Brill ABDA - Bundesvereinigung Deutscher<br />
Apothekerverbände<br />
Herr Dipl.-Vw. Hansjörg Brüggemann Da<strong>im</strong>ler-Benz AG / debis Frankfurt a.M. db@aeg-f.de 7.2<br />
München 106241.2055@compuserve.com 7.3<br />
Herr MR Dr. Martin Brummer Bayer. Staatsministerium für Arbeit und<br />
Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit<br />
Herr Hans-Peter Bursig Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie Frankfurt a.M. medtech@zvei.org 7.2
e. V.<br />
169
Name: Organisation: Ort: E-Mail: UAG*:<br />
Herr Dr. Jobst-Wilken Carl Bundeszahnärztekammer (BZÄK) Osn<strong>ab</strong>rück 7.3<br />
Herr Dr. Frank Diener ABDA - Bundesvereinigung Deutscher<br />
Apothekerverbände<br />
Eschborn w.brill@<strong>ab</strong>da.de 7.3<br />
Herr MR Dr. Gottfried Dietzel Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Bonn dietzel@hausVI.bmg.bund400.de 7.3<br />
Herr Arnd Dilges Fresenius AG Bad Homburg<br />
v.d.H.<br />
homecare@fresenius.de 7.3<br />
Herr Prof. Dr. Joach<strong>im</strong> Dudeck Justus-Liebig-Universität Gießen Gießen joach<strong>im</strong>.dudeck@informatik.med.unigi.de<br />
Herr Dr. Oliver Erens Landesärztekammer Baden-Württemberg Stuttgart oliver.erens@dgn.de 7.3<br />
7.2; 7.3<br />
Herr Walter Ernestus Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Bonn walter.ernestus@bfd.bund400.de 7.3<br />
Herr Dr. Wolfgang F<strong>ab</strong>ricius Ärztekammer Berlin Berlin w.f<strong>ab</strong>ricius@bgvv.de 7.1<br />
Herr Dr. Elmar Fassbin<strong>der</strong> debis Systemhaus GmbH Leinfelden-<br />
Echterdingen<br />
efassbin@debis.com 7.3<br />
Herr Dr. Dagobert Fell nie<strong>der</strong>gelassener Arzt Bexbach / Saar dfell10303@aol.com 7.3<br />
Herr Harald Flex Informationstechnische Servicestelle <strong>der</strong> Gesetzlichen<br />
Krankenversicherung GmbH (ITSG)<br />
Rodgau harald.flex@itsg.de 7.3<br />
Frau RDin Dr. Christina Friede-Mohr Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Bonn Friede@hausVI.bmg.bund400.de 7.1; 7.2<br />
Herr Prof. Dr. med. Rupert Gerzer DLR - Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin Köln rupert.gerzer@dlr.de 7.3<br />
Herr Christoph F-J Goetz Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) München 100124.3163@compuserve.com 7.3<br />
Herr Dr. rer. nat. Georgi Graschew Robert Rössle Klinik Berlin graschew@orion.rz.mdc-berlin.de 7.3<br />
Herr Klaus Gritschne<strong>der</strong> HealthNet i.Gr. Wiesbaden kgrit@aol.com 7.2<br />
Frau Dr. S<strong>ab</strong>ine Groner-Weber Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und<br />
Verkehr (ÖTV)<br />
Herr Dr. Gernoth Grunst GMD - Forschungszentrum Informationstechnik<br />
GmbH (FIT)<br />
Stuttgart s<strong>ab</strong>ine.groner-weber@oetv.de<br />
Sankt Augustin grunst@gmd.de 7.2<br />
170
Name: Organisation: Ort: E-Mail: UAG*:<br />
Herr Prof. Dr. Peter Haas Berufsverband Medizinischer Informatiker e.V. (bvmi) Heidelberg haas@fh-dortmund.de 7.3<br />
Herr Michael Hägele Universität Heidelberg Heidelberg mhaegele@ix.urz.uni-heidelberg.de 7.1<br />
Herr Dr. Harald Herholz Kassenärztliche Vereinigung Hessen Frankfurt a.M. 7.3<br />
Frau Renate Hermann Bayerisches Fernsehen München rehe@traxxx.de 7.1<br />
Herr Walter Hohberg Verband <strong>der</strong> Angestellten-Krankenkassen e.V.<br />
(VdAK/AEV)<br />
Siegburg hohberg@vdak-aev.de<br />
Herr Prof. Dr. Siegfried Höfling Hanns-Seidel-Stiftung e.V. (HSS) München 7.1<br />
Frau Dr. Erentraud Hömberg Büro für Medizinpublizistik München Erentraud.Hoemberg@muenchen.me<br />
d.de<br />
Herr Andreas Hustadt Verband <strong>der</strong> Angestellten-Krankenkassen e.V.<br />
(VdAK/AEV)<br />
Siegburg mail@vdak-aev.de 7.3<br />
Herr Dr. Ach<strong>im</strong> Jäckel Deutsches Medizin Forum Bad Nauhe<strong>im</strong> 100305.522@compuserve.com 7.3<br />
7.1<br />
Herr Dieter M. Kampe Verband <strong>der</strong> Hersteller von Krankenhaus<br />
Informationssystemen e.V.<br />
Bruchköbel dmkampe@aol.com 7.3<br />
Frau Drs. Gundula Keese Deutscher Frauenrat (DF) Rö<strong>der</strong>mark Gundula_Keese@Compuserve.com 7.1<br />
Herr Notker Klann Deutscher Arbeitskreis für Jugend-, Ehe- und<br />
Familienberatung c/o Katholische BAG-Beratung<br />
Bonn 7.1<br />
Herr Dr. Otmar Kloiber Bundesärztekammer Köln otmar.kloiber@uni-koeln.de 7.2<br />
Herr Prof. Dr. Claus Köhler Universität Heidelberg Wiesloch c.o.koehler@dkfz-heidelberg.de 7.1<br />
Herr Armin Kretschmar Medical Tribune Verlagsgesellschaft mbH Wiesbaden 101657.1410@compuserve.com 7.2<br />
Herr Dr. Dietmar Krischausky AOK-Bundesverband (AOK-BV) Bonn dietmar.krischausky@bv.aok.de 7.1<br />
Herr Prof. Dr. Ulrich Laaser Universität Bielefeld Bielefeld u.laaser@post.uni-bielefeld.de 7.2<br />
Herr MR Dr. Peter Lange Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft,<br />
Forschung und Technologie (BMBF)<br />
Bonn peter.lange@bmbf.bund400.de<br />
Herr Dr. Florian Leiner Georg August Universität Göttingen Göttingen fleiner@med.uni-goettingen.de 7.2<br />
Herr Dipl.-Ing. Rainer Malkewitz Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung<br />
(IDG)<br />
Darmstadt malkewit@igd.fhg.de 7.3<br />
171
Name: Organisation: Ort: E-Mail: UAG*:<br />
Herr PD Dr. Dr. Herbert K. Matthies Medizinische Hochschule Hannover (MHH) Hannover matthies.herbert@mh-hannover.de 7.3<br />
Herr Prof. Dr. Christoph Meinel Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik e.V.<br />
ITWM-Trier<br />
Trier meinel@itwm-trier.fhg.de 7.3<br />
Herr Dr. Franz-Josef Oldiges Sozialverband VdK Deutschland Bonn VdK.Deutschland@t-online.de 7.1<br />
Herr Wilhelm Peters Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Köln peters@bzga.de 7.1<br />
Herr Ernst Picard AOK-Bundesverband (AOK-BV) Bonn 100431.2772@compuserve.com 7.3<br />
Frau Ursula Piccolo Georg August Universität Göttingen Göttingen upicco@ med.uni-goettingen.de 7.2<br />
Herr Dr. Dr. Klaus Piwernetz Di<strong>ab</strong>care / mediNET GmbH München kpi@di<strong>ab</strong>care.de 7.3<br />
Herr Dr. Christian Post Medical Network e.V. Morfelden-Walldorf dr.post@medical-network.de 7.3<br />
Frau Dr. Sigrid Pötter Dr. Göhring & Partner Unternehmensberatung GmbH Düsseldorf poetter@g-und-p.de 7.3<br />
Herr Dr. Klaus Prätor LÖGD Bielefeld Bielefeld praetor@nrw-dvs.dbp.de 7.2<br />
Herr Dr. Gustav Quade Institut für medizinische Statistik, <strong>Dokument</strong>ation und<br />
Datenverarbeitung<br />
Bonn gustav@<strong>im</strong>sdd.meb.uni-bonn.de 7.2<br />
Herr Dr. Hermann Rampacher Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) Bonn gibonn@gmd.de 7.1<br />
Herr Prof. Dr. Otto Rienhoff Georg August Universität Göttingen Göttingen haegar@med.uni-goettingen.de 7.2<br />
Herr Dr. Karl-Heinz Rö<strong>der</strong>er Hartmannbund - Verband <strong>der</strong> Ärzte Deutschlands e.V. Bonn hb@hartmannbund.bn.eunet.de 7.3<br />
Herr Christian Sachse Journalist München Christian.Sachse@munich.netsurf.de 7.2<br />
Herr Dr. med. Otfrid P. Schaefer Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Frankfurt a.M. DROPS@compuserve.com 7.3<br />
Frau Dipl.-Pol. Anke Scheiber Technische Universität Berlin Institut für<br />
Gesundheitswissenschaften<br />
Herr Prof. Dr. Peter M. Schlag Robert Rössle Hospital Virchow Klinikum Alexan<strong>der</strong><br />
von Humboldt Universität<br />
Berlin ifg.ph-doc@tu-berlin.de 7.2<br />
Berlin graschew@orion.rz.mdc-berlin.de 7.3<br />
Herr Werner Schmitt Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Bonn werner.schmidt@bfd.bund400.de 7.3<br />
172
Name: Organisation: Ort: E-Mail: UAG*:<br />
Herr Rüdiger Schneemann Technische Universität Berlin Institut für<br />
Gesundheitswissenschaften<br />
Berlin heclinet@tu-berlin.de 7.2<br />
Herr Dr. Ulrich Schoch Telekom Mult<strong>im</strong>edia Systemhaus Bonn ulrich.schoch@telekom.de 7.3<br />
Herr Dr. Stephan H. Schug CON MOTO Strategie & Realisierung<br />
Unternehmensberatung GmbH<br />
Frankfurt a.M. schug@conmoto.de 7.3<br />
Herr Dr. Dieter Schüll Gesellschaft. für Schwerionenforschung (GSI) Darmstadt d.schuell@gsi.de 7.1<br />
Herr Oliver Schwarz Deutscher Sportbund (DSB) Frankfurt a.M. oschwsport@aol.com 7.1<br />
Herr Jürgen Sembritzki Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in<br />
<strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland (ZI)<br />
Köln jsembritzki@kbv. 7.3<br />
Frau Dr. Ursula Sottong Deutscher Frauenrat (DF) Bonn Dfrauenrat@aol.com 7.1<br />
Frau Dr. Veli Stroetmann Forum Info 2000 Geschäftsstelle Bonn veli.stroetmann@forum-info2000.de<br />
Herr Prof. Dr. Wilhelm van E<strong>im</strong>eren GSF - MEDIS Institut für medizinische Informatik und<br />
Systemforschung<br />
Oberschleißhe<strong>im</strong> ve@gsf.de 7.2; 7.3<br />
Herr Dr. Karl Hinrich Vöge Deutsche Telekom Berkom GmbH Berlin breme@berkom.de 7.2<br />
Herr Dipl.-Vw. Jürgen Völlink Deutsche Krankenhausgesellschaft Düsseldorf voellink@dktig.de 7.3<br />
Herr Dr. Rainald von Gizycki Bundesagm. Hilfe für Behin<strong>der</strong>te e.V. (BAGH) Bad Nauhe<strong>im</strong> 100305.132@compuserve.com 7.1<br />
Herr Dr. Helmut Weiss Siemens AG Erlangen helmut.weiss@med.siemens.de 7.3<br />
Herr Joach<strong>im</strong> Weith SMS Eschborn jweith@compuserve.com 7.3<br />
Herr Dipl.-Ing. Christoph Westerteicher Hewlett-Packard (HP) Böblingen christoph_westerteicher@hp.com 7.3<br />
Frau Dipl.-Vw. Heide Wiese Bundes-Verband Dentalhandel e.V. (BVD) Verband<br />
<strong>der</strong> Deutschen Dental Industrie e.V. (VDDI)<br />
Lindenfels 062552263-0001@t-online.de 7.1; 7.2<br />
Frau Ursula Z<strong>im</strong>mermann AOK-Bundesverband (AOK-BV) Bonn 7.3<br />
*UAGs 7.1 - 7.3 Mitglie<strong>der</strong>:<br />
7.1<br />
7.2<br />
7.3<br />
Informationen für Bürger und Patienten<br />
Fachinformation und Entscheidungsunterstützung<br />
Patientenorientierte Versorgungs<strong>ab</strong>läufe und ihre Vernetzung<br />
173