GRUNDSCHULE Fremdsprachen - (LTSC) Karlsruhe ...
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Hildgund Berger<br />
Unsere Schönenberg-Grundschule gehört zu den Schulen, an<br />
denen schon seit mehreren Jahren an Klasse 3 und 4 Englisch unterrichtet<br />
wird. Als sich Inhalte, Prinzipien und Methoden des<br />
frühen <strong>Fremdsprachen</strong>unterrichts schon in der Eingangsstufe bei<br />
der Erarbeitung des Lehrplanentwurfs herauskristallisierten, versuchte<br />
ich mit einer zweiten Klasse – seit Oktober 1999 mit den<br />
Kindern meiner ersten Klasse – den Einstieg in Englisch in kurzen,<br />
täglichen Einheiten entsprechend dem neuen Lehrplan. Der Anfang<br />
mit den Erstklässlern verlief besser.<br />
Zeitpunkt des Beginns<br />
Meine Vorstellung, dass der Beginn sicher nach den Herbst-,<br />
eher nach den Weihnachtsferien liegen sollte, wurde von den<br />
Realitäten in der Klasse eingeholt. Nach vier Wochen schienen<br />
mir die Kinder reif, mit dem Englischunterricht anzufangen. Dies<br />
ist sicher in jeder Klasse anders; jeder Lehrer wird den richtigen<br />
Zeitpunkt für seine Klasse finden. Die Bindung des frühen Englischunterrichts<br />
an die anderen Fächer (Zusammenleben und lernen<br />
in der Schule, Zahnwechsel, Zahnpflege im HuS-Unterricht)<br />
erfordert ebenfalls einen frühen Beginn. Ein weiterer Aspekt<br />
scheint mir die Wechselwirkung von Deutsch- und Englischunterricht<br />
zu sein. Kinder mit Problemen bei der Wahrnehmung fielen<br />
mir zuerst im Englischunterricht, und erst dann beim Lesenlernen<br />
auf. Der sanfte Zwang zum genauen Hinhören in Englisch<br />
veranlasste zumindest einen meiner Schüler zum genaueren Hinhören<br />
auf die Laute auch in Deutsch.<br />
Motivation<br />
Obwohl die Kinder wissen, an welcher Stelle des Morgenunterrichts<br />
die Englischsequenz ihren Platz hat, fragen sie fast täglich<br />
danach – in Sorge, dass sie vielleicht vergessen werden könnte.<br />
Die Wiederholung in verschiedenem Gewand und in verschiedenen<br />
Situationen wirkt nach meiner Erfahrung sehr motivierend.<br />
Unterrichtswerke<br />
Ich verwende nur Einzelelemente der bisher angebotenen geschlossenen<br />
Unterrichtswerke verschiedener Verlage. Durch die<br />
enge Bindung an den übrigen Unterricht ergibt sich, dass ich die<br />
verschiedenen Elemente, auch aus dem Schulalltag, meinem Unterricht<br />
flexibel zuordne.<br />
Handpuppe<br />
Unsere Handpuppe Polly kann „leider“ nur Englisch verstehen<br />
und dient mir als Gesprächspartner bei der Darbietung kleiner Sequenzen<br />
für einen größeren sprachlichen Input. Sie ist emotionale<br />
Bezugs- und Identifikationsfigur für die Kinder und kann ein<br />
Partner für erste eigene sprachliche Äußerungen sein.<br />
<strong>Fremdsprachen</strong> in der Grundschule<br />
Englischunterricht nach dem neuen<br />
Lehrplan in Klasse 1<br />
48<br />
Der Weg zum Hörverstehen<br />
Für Lieder und Reime, die fast immer von Gesten begleitet werden,<br />
wie Hörverstehen auch ausgeprägte Spiellieder, zeigen die<br />
Kinder eine nicht enden wollende Begeisterung. Immer wieder<br />
erhalten sie die Bestätigung, dass sie das gesprochene Wort verstanden<br />
haben. Eindeutige Mimik und Gestik der Lehrkraft, zum<br />
Beispiel bei Aufforderungen oder sich aus der Situation ergebenden<br />
Mitteilungen, hilft beim Verstehen, das die Kinder durch freudiges<br />
Ausführen und Handeln zeigen. Ich erlebte bei Bastelarbeiten<br />
mit bekannten Vorgehensweisen oder im Sportunterricht,<br />
der gerade bei den Kleinen auch vom Vor- und Nachmachen lebt,<br />
dass die Kinder nach einiger Zeit gar nicht mehr darauf Acht gaben,<br />
ob die Anweisung nun englisch oder deutsch war. Gelegentlich<br />
kam es vor, dass ein Kind seinem Nachbarn einen Satz ins<br />
Deutsche „übersetzte“.<br />
Eigene Sprachproduktion<br />
Nach ganz unterschiedlich langer Zeit begannen einzelne Kinder<br />
Wörter, Reime oder Liedtexte nachzusprechen oder mitzusingen,<br />
wobei ich beobachtete, dass sie dabei manchmal Textteile oder<br />
Wörter ausließen und nur das sprachen, was sie nach ihrer Ansicht<br />
richtig artikulieren konnten. Einige Kinder drängten auch danach,<br />
sich zu äußern, und fragten nochmals nach der korrekten Aussprache.<br />
Andere zeigten dazu keine Neigung und erzählten zu Hause<br />
wohl, worüber wir im Englischunterricht gesprochen hatten, produzierten<br />
aber die „verstandenen“ Wörter noch nicht selbst. Es ist<br />
ganz erstaunlich, wie viele Lieder, Reime und kurze Geschichten die<br />
Kinder im Laufe des Schuljahres verstehen gelernt haben und handelnd,<br />
zum Teil auch sprechend nachvollziehen können.<br />
Unterrichtsmaterial<br />
Kleine Sprechszenen oder Lieder auf Kassette, die angehört,<br />
Videosequenzen, die angeschaut werden, bieten authentische<br />
Sprechweisen an und dienen der Wahrnehmungsförderung. Ich<br />
halte sie aus meiner Erfahrung heraus für sehr wichtig. Zu den Anschauungsmaterialien<br />
rechne ich auch die Bilderbücher; sie nehmen<br />
Situationen, Erlebnisse und Grunderfahrungen aus dem Kinderleben<br />
auf. (Mr. Noisy, Miss Bossy, The Wobbly Tooth) und bieten<br />
auch noch landeskundliche Aspekte und Vergleichsmöglichkeiten.<br />
Zusammenfassend kann ich den Englischunterricht nur als<br />
große Bereicherung der Grundschule sehen, denke aber, dass der<br />
Gewinn umso größer sein könnte, je mehr Klassenlehrer sich bereit<br />
finden und es durch Fortbildung möglich machen könnten,<br />
den Englischunterricht selbst zu übernehmen. Die Prinzipien<br />
grundschulgemäßer Arbeit sind im Englischunterricht ebenso bedeutsam<br />
wie in allen anderen Fächern, wobei für mich die Integration<br />
in die verschiedenen Fächer mit Sicherheit einen Teil der<br />
Faszination des Englischunterrichts ausmacht.<br />
Hildgund Berger, Rektorin,<br />
Schönenberg-Grundschule, Ulm. Mitglied der Lehrplankommission<br />
„<strong>Fremdsprachen</strong> in der Grundschule“.