GRUNDSCHULE Fremdsprachen - (LTSC) Karlsruhe ...
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Einsatz wird sogar noch aufgebessert von der emotionalen Zuwendung<br />
aus Dankbarkeit des Lehrers, der solche Lerner dringend<br />
braucht. Diese Lerner bleiben im Spiel, und so gibt es immer<br />
wieder Schüler, die auch in der Schule zu einem anerkennenswerten<br />
Niveau in ihrem <strong>Fremdsprachen</strong>können und auch -wissen gelangen.<br />
Sprachwissen und Sprachkönnen korrelieren keineswegs<br />
und dass Wissen nicht Können bewirkt, ist inzwischen hinreichend<br />
bekannt, vgl. Hecht und Green 1992, Ingendahl 1999.)<br />
(e) Rezeptionsleistung und Produktionsleistung können nicht<br />
gleich sein<br />
Auch aus den Untersuchungen der Sprachentwicklung blinder<br />
und hörgeschädigter Kinder ergab sich, dass gerade bei ihnen das<br />
Verstehen sehr viel weiter entwickelt sein kann als das Sprechen.<br />
Dass beide Fertigkeiten sich bei gesunden Lernern (jedweden<br />
Alters) keineswegs parallel entwickeln, ist langsam hinreichend<br />
bekannt. Peltzer-Karpf and Zangl (1999) kommen denn auch zu<br />
dem Schluss: „verbal output should not be regarded as a reliable<br />
indicator of the child’s cognitive and linguistic abilities.“<br />
Es gilt aus den Erkenntnissen der Spracherwerbsforschung<br />
auch Konsequenzen für die Leistungsbeurteilung zu ziehen.<br />
Die logische Folgerung m. E. ist, dass den Lernern durch die „turbulente“<br />
Phase rasch hindurchgeholfen werden sollte. Eine Hilfe<br />
(außer der Erfahrung reichhaltiger Lernumgebungen) ist, dass<br />
den Schülern in den ersten beiden Lernjahren am Anfang der<br />
Sekundarstufe und für die Grundschüler im gesamten Grundschulbereich<br />
ihre produktiven Leistungen nicht mit – die Risikobereitschaft<br />
hemmenden – Noten versehen werden sollten. Erinnert<br />
sei an die Aussage Iris Füssenichs „Analphabeten werden im<br />
ersten Schuljahr gemacht.“<br />
(f) Konsequenzen in der Praxis<br />
Der Mensch lernt, was er braucht und gebraucht. Die Erkenntnisse<br />
in Linguistik, Kognitionswissenschaften, Spracherwerbswie<br />
Gehirnforschung erzwingen notwendige Veränderungen in<br />
der fremdsprachendidaktischen und -methodischen Theorie und<br />
Praxis. Daraus ergeben sich zwei Forderungen:<br />
> Geben wir dem Schüler Gelegenheit zu lernen, was er braucht.<br />
> Überlegen wir uns, wie wir das prüfen können.<br />
<strong>Fremdsprachen</strong> in der Grundschule<br />
30<br />
Dies erzwingt ein Überdenken vertrauter Positionen vor allem<br />
im Bereich der Leistungsbeurteilung. Es gilt sich zu bemühen, den<br />
Washback-Effekt der praktizierten Prüfungen, der eine weit<br />
größere Auswirkung auf die Praxis des Lernens und Unterrichts<br />
hat als alle hehren Verlautbarungen in den Richtlinien oder Lehrplänen,<br />
positiv zu nutzen. Der positive Effekt der Rückmeldung<br />
muss auf den beiden Ebenen des Lernens zum Tragen kommen,<br />
auf der Ebene des Lerngeschehens im individuellen System des<br />
Lerners im Sinne der Selbstevaluation und auf der zweiten<br />
Ebene, der Ebene des sozialen Systems der Schulklasse.<br />
2. Ebene der Selbstevaluation<br />
Die Prozesse des Lernens finden alle im Lerner statt. Der<br />
Lerner muss eine Selbstevaluation vornehmen können,<br />
muss selbst die Stimmigkeit seiner einzelnen Sinn-Konstruktionen<br />
überprüfen. Der Lerner muss sich selbst beobachten<br />
– ebenfalls ein meist unbewusster Prozess, der nur<br />
im Bedarfsfall, wenn sich nicht spontan eine stimmige Lösung<br />
irgendeines Problems ergibt, bewusst wird.<br />
Bei diesem Prozess der Selbstüberprüfung darf der Lehrer<br />
durch Lob und Tadel zwar assistieren, er sollte aber<br />
nicht jedes Handeln des Schülers mit Kommentaren begleiten.<br />
Die Folge wäre die Gefahr einer absoluten Abhängigkeit<br />
und Unmündigkeit des Lerners. (Verwiesen<br />
sei auf Kap.2 und auf empirische Untersuchungen zum<br />
Bewegungslernen (vgl. Wulf 1994 in Bleyhl 1998c), nach<br />
denen Lerner, die bei jedem Versuch kommentiert wurden,<br />
momentan zwar bessere Leistungen zu erbringen schienen,<br />
mittel- und langfristig aber signifikant schlechter waren als die<br />
Lerner, deren Leistungsbemühungen maximal bei jedem zweiten<br />
Versuch kommentiert wurden. Letztere hatten „innere Kriterien“<br />
zur Steuerung ihres Verhaltens entwickelt, die Ersteren nicht. Die<br />
Erfolgreichen hatten gelernt, sich selbst zu evaluieren.) Für erfolgreiches<br />
Lernen kommt es darauf an, dass die Lerner ihre Konstruktionen<br />
laufend selbst im Gebrauch überprüfen. Die Bedeutung<br />
der Sprache ergibt sich schließlich, worauf Wittgenstein zu<br />
recht hinwies, im Gebrauch. Im Gebrauch von Sprache lernt man<br />
Sprache. Im Gebrauch von Sprache muss man Bedeutungen konstruieren<br />
und diese Bedeutungen „viabilisieren“, d.h. überprüfen,<br />
ob sie sich im sozialen Gebrauch bewähren. Erinnert sei nur kurz<br />
an die überaus mächtige Kraft des sprachlichen Vorbilds, besonders<br />
des aus der peer group, selbst schon im Vorschulalter.<br />
Vergegenwärtigen wir uns kurz die Lernprozesse im Sprachlerner<br />
jeden Alters:<br />
1. Information ist der (vom Individuum wahrgenommene) Unterschied,<br />
der einen (vom Individuum wahrgenommenen) Unterschied<br />
ausmacht.<br />
2. Information wird erst Information bei der Abfrage. (Ein Text,<br />
der nicht gehört/gelesen wird, ist tot. Oder: Die Antwort auf eine<br />
Frage, die nicht gestellt wurde, ist keine Information; sie wird oft<br />
genug nicht zur Kenntnis genommen.)<br />
3. Erst wenn dem Lerner eine Ungereimtheit, ein Nicht-Passen<br />
auffällt, sieht er sich gezwungen, seine Vorstellung zu überprüfen,<br />
eine Neuinterpretation des Sachverhalts vorzunehmen. Erst<br />
dann wird er sensibel für Unterschiede in den Bildern seiner<br />
Wahrnehmung und vermag nun u. U. selbst neue Aspekte zu<br />
erkennen, die ihm helfen, seine Wahrnehmungsbilder konsistent<br />
zu machen.