GRUNDSCHULE Fremdsprachen - (LTSC) Karlsruhe ...
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Auch für derartige metasprachliche Betrachtungen gilt, was im<br />
Bereich des interkulturellen Lernens oft herausgestellt wird: Der<br />
Vergleich mit anderen Kulturen – und auch anderen Sprachen –<br />
erlaubt es ungleich besser, die eigene zu erkennen, oder in Anlehnung<br />
an Goethe formuliert: Wer andere Sprachen nicht kennt,<br />
weiß nichts bzw. wenig über seine eigene.<br />
Anders als in den weiterführenden Schulen, wo im Allgemeinen<br />
ausgehend von einer explizit-analytischen Vermittlung über<br />
Lehrwerk oder Lehrervortrag die sprachstrukturellen Elemente zu<br />
lernen sind, muss in der Grundschule die schulartspezifische Methodik,<br />
auch und gerade in ihren spielerischen Aspekten, alle didaktischen<br />
Ziele des lexikalischen und strukturellen <strong>Fremdsprachen</strong>erwerbs<br />
vermitteln. Der erklärende Lehrervortrag sollte für<br />
die Ebene der Sprache nur im Nachhinein und schon gar nicht<br />
durchgängig als Hilfsmittel eingesetzt werden. Dass für die landeskundlich-interkulturellen<br />
Themen oft auf Erklärungen, auch<br />
in Deutsch, nicht verzichtet werden kann, versteht sich von selbst.<br />
Daraus folgt, dass in der fremdsprachendidaktischen Aus- und<br />
Weiterbildung der Lehrkräfte insbesondere der Aspekt der Vermittlung<br />
didaktischer Ziele im Vordergrund stehen muss. Die<br />
spielerisch-musischen Aktivitäten, über die die angestrebten Ziele<br />
verwirklicht werden können, sind ebenso vielfältig wie<br />
zweitrangig – was nicht heißt, dass sie beliebig wären. Wesentliches<br />
Element der Aus- und Weiterbildung ist die Erkenntnis,<br />
dass einerseits <strong>Fremdsprachen</strong> – insbesondere im Kindesalter –<br />
auch ohne explizite Grammatikunterweisung gelernt werden,<br />
dass dieser Spracherwerb aber andererseits angesichts der geringen<br />
Zeit, die dafür in den Grundschulen zur Verfügung steht, jedoch<br />
auch nicht ohne ,Unterweisung in Grammatik‘, ohne strukturelle<br />
und strukturierende Planung, erfolgen wird. Die<br />
,Unterweisung‘ liegt in der Methodik, in den vielfältigen Aktivitäten,<br />
es braucht kein einziger Satz über Grammatik oder Struktur<br />
gesagt zu werden, damit die Strukturen in und aus der abwechslungsreichen<br />
fremdsprachlichen Kommunikation übernommen<br />
werden können. Dazu ist eine genaue Lernzielbestimmung und<br />
die Planung ihrer Umsetzung, eine Festlegung der einzusetzenden<br />
Methoden ausgehend von den sprachlichen Lernzielen unerlässlich.<br />
Das heißt auch gleichzeitig, dass die Lehrkraft ihren eigenen<br />
Weg des <strong>Fremdsprachen</strong>lernens als einen unter anderen erkennt.<br />
Ist sie selbst der Ansicht, dass <strong>Fremdsprachen</strong> eigentlich nicht ohne<br />
explizite Lexikon- und Grammatikerklärungen und -übungen<br />
erworben werden können, wird sich dies in ihrem Unterricht ausdrücken<br />
und den Kindern das Gefühl vermitteln, dass sie in der<br />
Tat erst später, in den weiterführenden Schulen, die Fremdsprache<br />
,richtig‘ lernen werden.<br />
6. Welche Erwartungen sind gerechtfertigt?<br />
Es gibt sehr viele Stimmen, insbesondere aus den Reihen der<br />
<strong>Fremdsprachen</strong>lehrkräfte der weiterführenden Schulen, aber<br />
auch von Didaktikern (cf. bspw. Sauer 2000), die sich sehr zurückhaltend,<br />
wenn nicht gar negativ, über den Kenntnisstand bzw.<br />
Wissensvorsprung der Schülerinnen und Schüler, die in der<br />
Grundschule bereits mit einer Fremdsprache begonnen haben,<br />
äußern. Hier sei die Frage erlaubt: Könnte dies unter Umständen<br />
daran liegen, dass die Erwartungen ungerechtfertigt waren, dass<br />
mit dem Maßstab der weiterführenden Schule gemessen wurde,<br />
nicht aber mit dem der Lernziele und Methoden der Grundschule,<br />
<strong>Fremdsprachen</strong> in der Grundschule<br />
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also eigentlich ,Äpfel mit Birnen‘ verglichen wurden? Nach zwei<br />
Jahren <strong>Fremdsprachen</strong>unterricht in der Grundschule ist entscheidend,<br />
was die Kinder können, nicht, was sie (über ihr Können)<br />
wissen. Sie haben gelernt, ihr (ihnen oft nicht bewusstes) Wissen<br />
anzuwenden, in Kommunikation umzusetzen, sie werden – wenn<br />
denn der Unterricht entsprechend ausgerichtet war - nach dieser<br />
Zeit z.B. spontan sagen „he goes“, „he writes“ – „two houses“,<br />
„two boys“ – „une grande maison“, „une petite fille“, und dies<br />
nicht, weil sie die Regel kennen, sondern weil sie dies so oft an unterschiedlichsten<br />
Beispielen spielerisch geübt haben, dass sie die<br />
Struktur erworben, internalisiert haben. Sie sollten in der Lage<br />
sein, diese Struktur auf entsprechend gelagerte Fälle anzuwenden,<br />
sie im Rezeptionsprozess zu erwarten, zu stutzen, wenn jemand<br />
sagt *„he go“, und dies spontan, ohne darüber nachzudenken,<br />
analog zu den Prozessen in der Muttersprache.<br />
Aber ist der fremdsprachliche Zugewinn das einzig Wichtige?<br />
Es wäre aus unserer Sicht verfehlt, mäße man – sowohl individuell<br />
als auch gesamtgesellschaftlich – den Gewinn von <strong>Fremdsprachen</strong>arbeit<br />
in der Grundschule ausschließlich mit (einzel)fremdsprachlichen<br />
Kriterien. <strong>Fremdsprachen</strong>unterricht in der Grundschule<br />
ist auch zu sehen als Bestandteil der allgemeinen<br />
pädagogisch-erzieherischen Aufgabe, als Beitrag zu einer zeitgemäß<br />
definierten grundlegenden Bildung, als Erziehung zu Offenheit,<br />
Flexibilität, Mehrsprachigkeit – alles Ziele, die sich nur<br />
verwirklichen lassen über die entsprechende Stärkung der Persönlichkeit<br />
der Schüler und Schülerinnen, über Einsicht in die<br />
prinzipielle Gleichheit aller Beteiligten in ihrem jeweiligen Anderssein,<br />
d.h. auch über die Relativierung der eigenen Sprache<br />
und Kultur, deren Evaluierung jedoch nicht nur schwierig ist, sondern<br />
auch lange Zeiträume umfasst.<br />
Professorin Dr. Heidemarie Sarter, Universität Koblenz- Landau.<br />
Romanisches Institut der Universität Koblenz- Landau.<br />
Zahlreiche Publikationen u. a. über frühen <strong>Fremdsprachen</strong>erwerb.<br />
Entwicklung und wissenschaftliche Betreuung des Fernstudienlehrgangs<br />
<strong>Fremdsprachen</strong>.<br />
Literatur<br />
Baacke, Dieter (6/1998): Die 6-12Jährigen. Einführung in die Probleme<br />
des Kindesalters, Weinheim/Basel: Beltz Verlag.<br />
Bleyhl, Werner (1999): „Empfehlungen zur Verwendung des<br />
Schriftlichen im <strong>Fremdsprachen</strong>erwerb in der Grundschule“, in:<br />
PRIMAR 22, 45-52.<br />
Burger, Günter (2000): „Englisch als globale lingua franca: Überlegungen<br />
zu einer notwendigen Neuorientierung des Englischunterrichts“,<br />
in: FREMDSPRACHENUNTERRICHT 44/53, 9-14.<br />
Calvin, William H. (2000): Die Sprache des Gehirns. Wie in unserem<br />
Bewusstsein Gedanken entstehen, München/Wien: Carl Hanser<br />
Verlag.<br />
Caspari, Daniela/Wolfgang Zydatiß (8/2000): „Mehrsprachigkeit<br />
in die Schule: Englisch avant tout?“, in: FREMDSPRACHEN-<br />
UNTERRICHT 44/53, 5-8.<br />
Gardner, Howard (1991): Abschied vom I.Q., Stuttgart: Klett-Cotta.