GRUNDSCHULE Fremdsprachen - (LTSC) Karlsruhe ...
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Heidemarie Sarter<br />
1. Warum und wozu <strong>Fremdsprachen</strong> bereits in der Grundschule?<br />
Das Argument der europäischen Einigung bzw. der Globalisierung<br />
ist einer der wichtigsten Punkte, wenn es darum geht, Schüler<br />
und Schülerinnen bereits in der Grundschule mit <strong>Fremdsprachen</strong><br />
in Kontakt treten zu lassen. Mehrsprachigkeit als eine der wesentlichen<br />
Schlüsselqualifikationen der Zukunft lässt Bildungspolitiker,<br />
Schulen und Eltern befürchten, dass die künftigen Generationen<br />
ihre, unsere Zukunft ungleich schlechter werden meistern können,<br />
wenn nicht die Fähigkeit zu anderssprachiger Kommunikation<br />
weitaus besser entwickelt werde, als es bislang der Fall ist. Der Gedanke,<br />
den <strong>Fremdsprachen</strong>beginn vorzuverlegen, liegt nahe, insbesondere,<br />
wenn auch andere Länder diesen Weg gehen. Häufig<br />
sind die damit verbundenen Hoffnungen auf bessere Sprachkenntnisse<br />
allerdings nur ausgerichtet am quantitativen Aspekt: eine<br />
Verlängerung der Lernjahre wird als wichtigste Möglichkeit einer<br />
Verbesserung der Sprachkenntnisse gesehen. Demgegenüber sehen<br />
wir die Notwendigkeit, die qualitative Seite in den Mittelpunkt<br />
zu rücken, d.h. zum einen die Schulartspezifik von <strong>Fremdsprachen</strong>unterricht<br />
in der Grundschule, zum anderen aber auch die Möglichkeit,<br />
durch die Vorverlegung der ersten Fremdsprache in die Grundschule<br />
in den weiteren Schuljahren Raum für andere Sprachen zu<br />
schaffen. Beides ist zu betrachten unter dem Aspekt der Reflexion<br />
der Anforderungen, denen das Lehren und Lernen anderer Sprachen<br />
für die Zukunft genügen muss.<br />
Es ist die Aufgabe der Schule, die künftige Generation auf ihre<br />
Aufgaben in Beruf und Gesellschaft vorzubereiten und sie entsprechend<br />
auszubilden. Dass dazu eine stärkere Betonung anderer<br />
Sprachen – was auch heißt: ein anderes Umgehen damit als<br />
bisher im (<strong>Fremdsprachen</strong>-)Unterricht der Sekundarstufen 1 und 2 –<br />
nötig ist, lassen die Klagen über unzureichende <strong>Fremdsprachen</strong>kenntnisse<br />
der Schulabgänger bzw. ihrer oft festgestellten Unfähigkeit,<br />
ihre Kenntnisse in fremdsprachliche Kommunikation<br />
umzusetzen, klar erkennen.<br />
Aber dies ist nicht das einzige Argument, das für einen Einbezug<br />
anderer Sprachen bereits in die Primarstufe spricht. Ein weiteres,<br />
aus unserer Sicht ebenso wichtiges, ist die Tatsache, dass<br />
andere Sprachen ein wichtiger Bestandteil heutiger – und mehr<br />
noch: zukünftiger – Kindheit sind und bereits deshalb ihren Platz<br />
auch in der Grundschule finden sollten.<br />
Aber auch die Entwicklung der Technik und Technologie, insbesondere<br />
der modernen Medien, drängt dazu, Kinder möglichst<br />
früh mit <strong>Fremdsprachen</strong> vertraut zu machen. Die inzwischen globalisierte<br />
Welt hat bereits seit langem Einzug in Wohn- und<br />
Kinderzimmer gehalten. Andere Sprachen und Kulturen sind allgegenwärtig.<br />
Sie sind relativ problemlos zugänglich; ohne Ortsveränderung<br />
kann man von zu Hause bequem auf andere Sprachen<br />
und Kulturen ,zugreifen‘. Über Computer/Internet und über<br />
Satellitenfernsehen besteht die Möglichkeit, andere Sprachen in<br />
die Elternhäuser zu holen, DVD-Filme haben in der Regel neben<br />
<strong>Fremdsprachen</strong> in der Grundschule<br />
<strong>Fremdsprachen</strong> in der Grundschule<br />
18<br />
der Originalversion Synchronisationen in mehreren anderen<br />
Sprachen, und die Musikszene ist bereits seit langem zu einem<br />
hohen Prozentsatz auch nicht mehr deutschsprachig.<br />
Aber auch außerhalb der Welt der Medien gehören andere Sprachen<br />
zum Alltag: Beschriftungen auf Konsumartikeln sind in der<br />
Regel in mehreren Sprachen abgefasst, Wegweiser („City“) und<br />
Bezeichnungen von Gegenständen und Tätigkeiten (Computer,<br />
,recyclen‘, ,down-loaden‘, um nur einige neuere zu nennen, aber<br />
auch Toaster, Spaghetti (und die al dente), anderssprachige Produktnamen)<br />
sind zu kaum noch weg denkbaren Bestandteilen<br />
schriftlicher und mündlicher Alltagskommunikation geworden.<br />
Kinder werden bereits von klein auf und täglich mit <strong>Fremdsprachen</strong><br />
in ihrer Umgebung, ja in ihrer Welt, konfrontiert: der Prozentsatz<br />
ihrer Spielzeuge bzw. ihrer Spiel- und Unterhaltungserfahrung,<br />
die keine deutschen Namen haben, ist immens hoch:<br />
Playmobil, Teletubbies, Mickey Mouse, Mermaid, etc. etc. etc. – und<br />
vergessen wir nicht das Softeis, die Cheeseburger und Pommes<br />
frites, Milky Way und Bounty. All dies mag vielleicht oft deutsch<br />
ausgesprochen bzw. eingedeutscht (recyclen) sein und im grammatischen<br />
Gebrauch auch die Strukturen der Herkunftssprache<br />
verletzen (wir essen zwei Cheeseburger, nicht zwei Cheeseburgers),<br />
geschrieben wird jedoch nach den Regeln der Herkunftssprache.<br />
(Hinweis der Redaktion: Seit Einführung der neuen<br />
Rechtschreibung – 1. 8. 1998 – gilt auch die eingedeutschte<br />
Schreibweise, z.B. Spagetti). Wie weit findet all dies Eingang in die<br />
Grundschule? Soll Schule für das gegenwärtige Leben der Schüler<br />
und Schülerinnen ausbilden, kann dies ab einem bestimmten Stadium<br />
des Lese- und Schreiberwerbs nicht ausgeschlossen bleiben.<br />
Unter das häufig angesprochene Stichwort der veränderten<br />
Kindheit fällt auch die Tatsache, dass Kinder über die Medien ein<br />
geändertes und im Vergleich zu früheren Kindergenerationen<br />
stark erweitertes Weltbild und Weltwissen erwerben. Die Ablösung<br />
direkter Erfahrung durch indirekte, über Medien vermittelte,<br />
bestimmt den Alltag vieler Kinder. Sie entwickeln ihre<br />
Vorstellungen und Theorien von Welt und deren einzelnen Komponenten,<br />
von anderen Ländern, Menschen, Sprachen und Kulturen<br />
1 – oft ohne korrigierende Hilfestellung vonseiten der Eltern<br />
und/oder der Schule. Das Bestreben, von der Erfahrungswelt des<br />
Kindes bei der Gestaltung des Lehrplans auszugehen (von der<br />
Heimat-/Regionalkunde in der Grundschule zu (weltweiter) Geografie<br />
in den Sekundarstufen), ist und bleibt sinnvoll und angemessen;<br />
die Frage ist nur, ob die Erfahrungswelt der Kinder mit<br />
den gegenwärtigen Lehrplänen und Unterrichtsmaterialien auch<br />
tatsächlich erfasst wird. Der interkulturell-landeskundliche Aspekt,<br />
der durch den Einbezug von <strong>Fremdsprachen</strong> im Gesamtlehrplan<br />
der Grundschule hinzukommt, sollte in diesen Zusammenhang<br />
eingereiht werden.<br />
Denn diese mittelbaren Erfahrungen werden in vielen Fällen<br />
ergänzt durch direkte Erfahrungen mit anderen Sprachen und