GRUNDSCHULE Fremdsprachen - (LTSC) Karlsruhe ...
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– Noch ein Wort zum Lehrbuch gerade im Anfangsunterricht:<br />
Ein Lehrbuch im <strong>Fremdsprachen</strong>unterricht muss sich daran<br />
messen lassen, ob es diesen Anforderungen an das Lernen und<br />
den Bedürfnissen der Lerner entspricht. Das alte Lesebuch des<br />
muttersprachlichen Unterrichts kam ihnen in vielen Aspekten erfreulich<br />
nahe.<br />
Das Lehrbuch hat mit zwei prinzipiellen Schwächen zu kämpfen.<br />
1. Beschränkung auf Schrift. Das Lehrbuch ist traditionell auf<br />
die symbolische Seite der Sprache, ihre schriftliche Form, beschränkt.<br />
Wenn es der Lehrer nicht versteht, die sprachlichen<br />
Erscheinungen vorher im direkten Kontakt von Sprache und Welt<br />
erfahren zu lassen, wird das Lehrbuch allein wenig Bleibendes bewirken.<br />
Im Anfangsunterricht ist das Lehrbuch somit in erster<br />
Linie das Netz unter dem Hochseil der neuen Sprache; es ist Leitfaden<br />
für einen handlungsorientierten Unterricht, bei dem eben<br />
das Lehrbuch nicht zwischen Schüler und Sprache tritt. Ist der<br />
Lerner jedoch auf der Höhe, dass er die Alphabetisation in der<br />
Fremdsprache geschafft hat, haben Lehrbuch und Lehrer die Aufgabe,<br />
dem Lerner das Lehrbuch möglichst schnell überflüssig<br />
werden zu lassen, es sei denn, es erfüllt für eine Weile die o.a.<br />
Aufgabe des alten Lesebuchs im muttersprachlichen Unterricht.<br />
2. Zu geringes Sprachangebot. Das Lehrbuch bietet im Allgemeinen<br />
zu wenig Sprache. Der Unterricht hat aber von Anfang an<br />
dem Kriterium der „kritischen Masse“ an Spracherfahrung zu entsprechen.<br />
Doch hier wird sich jedes Lehrbuch immer schwer tun,<br />
weil seine aufwendig gewordene Ausstattung kostenmäßig mit<br />
dieser ,Masse‘ an Texten in Konflikt gerät.<br />
Schrift setzt primär eben Verstehen gesprochener Sprache voraus.<br />
Die Aufgabe der Schrift ist, im Kopf des Lesers Sprache entstehen<br />
zu lassen, den Leser zu „entsprechender“ Konstruktion<br />
von Sprache im Kopf zu veranlassen. Deswegen hat Schrift den<br />
Kriterien des Lesers zu genügen, nicht denen des Schreibers. (Dies<br />
nicht gesehen zu haben war ein irriger Grundansatz mancher<br />
Rechtschreibreformer.)<br />
Voraussetzung für erfolgreichen Sprachunterricht ist, hier gibt<br />
es gerade für Deutsch bei Ausländerkindern stichhaltige Untersuchungen,<br />
dass das Verstehen gesprochener Sprache gegeben sein<br />
muss. Hat es der Unterricht bzw. das Leben nicht geschafft, den<br />
<strong>Fremdsprachen</strong> in der Grundschule<br />
12<br />
Lerner so weit zu bringen, dass er beim Verstehen der gehörten<br />
Sprache keine gravierenden Probleme mehr hat, so kann der Lerner<br />
im Handhaben geschriebener Sprache beim Recodieren und<br />
Dekodieren zwar durchaus achtbare Ergebnisse in der Handhabung<br />
formaler Aufgaben erreichen (bei Grammatikklassenarbeiten<br />
z.B.). Ein solcher Lerner erreicht aber kein Leseverstehen. Er<br />
wird in der Fremdsprache ein potentieller Analphabet bleiben,<br />
genau wie viele türkische Schüler in Deutschland. Selbstlernmaterial<br />
im <strong>Fremdsprachen</strong>bereich braucht zur Schrift eben die<br />
Lautung. Die Schrift muss im Anfangsunterricht der Lautung<br />
nach- und untergeordnet bleiben. Ist das phonologische System,<br />
ein Grundwortschatz und eine Elementargrammatik stabilisiert<br />
und das Wissen um Nachschlagemöglichkeiten gegeben, so ist<br />
rein inhaltsorientierter Gebrauch der Fremdsprache angesagt.<br />
(Im <strong>Fremdsprachen</strong>unterricht entspricht dies bilingualem Sachfachunterricht<br />
oder dem Auslandsaufenthalt). Es wird entsprechend<br />
den Bedürfnissen des Lerners weitergelernt.<br />
Das Lehrbuch bleibt somit der Interaktion des Lehrers mit den<br />
Schülern nachgeordnet.<br />
Fazit:<br />
Dass man eine lebende Sprache am besten im Gebrauch lernt,<br />
ist im Grunde nichts Neues. Schon Kant, der Aufklärer, weist auf<br />
diesen Weg hin, wie nach ihm Goethe oder Wittgenstein. Kant<br />
zeigt damit für lebende Sprachen den Ausweg aus dem urpädagogischen<br />
Dilemma zwischen Zwang und Freiheit: „Man<br />
kann sie (Sprachen) entweder durch förmliches Memorieren oder<br />
durch den Umgang lernen, und diese letztere ist bei lebenden<br />
Sprachen die beste Methode“ (Kant 1960: 31).<br />
Prof. Dr. Werner Bleyhl, PH Ludwigsburg.<br />
Arbeitsschwerpunkte und Forschungen u.a. bez. alternativer<br />
Methoden des Lehrens und Lernens, der Neurowissenschaft,<br />
des Sprachenerwerbs, Methodik und Didaktik des<br />
<strong>Fremdsprachen</strong>lernens.<br />
Mitglied der Lehrplankommission „<strong>Fremdsprachen</strong><br />
in der Grundschule“.<br />
Zahlreiche wissenschaftliche Publikationen.