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GRUNDSCHULE Fremdsprachen - (LTSC) Karlsruhe ...

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(d) Bedeutung einzelner Symbole<br />

Andererseits ist es auch selbstverständlich, dass dasselbe Zeichen<br />

nicht immer dieselbe Bedeutung haben muss. Beispiel Stundenplan:<br />

IO.IO h BIOLOGIE<br />

Hier tauchen genau dieselben Zeichen, Symbole mehrfach auf.<br />

Meist wird dies uns nicht bewusst, denn wir interpretieren sie<br />

,automatisch‘ einmal als Ziffern, einmal als Buchstaben, wie es im<br />

betreffenden Kontext am sinnvollsten ist.<br />

(e) Wort<br />

Auch ein einzelnes Wort hat nicht immer dieselbe Bedeutung.<br />

Überall sind die Übergänge fließend. Wörter sind wie Kometen,<br />

die haben einen relativ dichten Kern und fransen nach außen aus,<br />

sind unscharf, fuzzy.<br />

(f) Satz<br />

Studenten im ersten Semester der Informatik wird an einem<br />

Satz klarzumachen versucht, wie mehrdeutig je nach Betonung<br />

einzelner Satzelemente Alltagssprache ist. Dieser Mehrdeutigkeit<br />

wegen haben Übersetzungs-Computer ihre Schwierigkeiten.<br />

Dem Sprachbenutzer fällt diese Mehrdeutigkeit normalerweise<br />

nie auf, weil der Kontext, die Situation, das Vorwissen und Weltwissen<br />

diese Mehrdeutigkeit gar nicht bewusst werden lässt.<br />

z. B. „Ich sah den Mann auf dem Hügel mit einem Fernglas.<br />

(g) Grammatik<br />

Die Bedeutung liegt nie allein in der Form.<br />

Nachdem Chomsky inzwischen etwa ein halbes Dutzend Versionen<br />

seiner Generativen Grammatik vorgelegt hat, ist die Relativität<br />

jedes sprachwissenschaftlichen Ansatzes nicht mehr zu<br />

übersehen. „At present no approach can claim mainstream status“<br />

(Joseph 1995: 230), „languages are ultimately rhetorical constructs“<br />

(Joseph 1997: 40). „Languages as we know them are<br />

always contructed by a way that is itself contructed so as to generate<br />

the fictions of systematicity, communicability, identity, and<br />

so on, which are integral to the archefiction, the concept of a<br />

language“ (ib.: 41).<br />

<strong>Fremdsprachen</strong> in der Grundschule<br />

8<br />

Wer will, kann ja das Aufzeigen der vielfachen Unangemessenheiten<br />

unserer Schulgrammatiken im Vergleich mit authentischer<br />

Sprache (wie es Mindt mit Hilfe des Computers erbringen<br />

konnte) als Hinweis darauf verstehen, dass Sprachen eben doch<br />

„public fictions“ (Joseph 1997: 43) sind.<br />

(h) Texte<br />

Als Fingerzeig auf die Vieldeutigkeit von Texten sei nur ein Zitat<br />

von Roland Barthes angeführt, für den ein literarisches Werk<br />

grundsätzlich die Disposition der Offenheit hat. „Das Werk besitzt<br />

gleichzeitig mehrere Bedeutungen, und zwar aufgrund seiner<br />

Struktur, nicht infolge eines Unvermögens derer, die es lesen“<br />

(1967: 62).<br />

Bei einem Blick zurück auf diesen ersten Teil, der Kurzbetrachtung<br />

der zu lernenden Sprache, sollen nur nochmals wenige<br />

Punkte betont werden:<br />

(1) Alle Sprachzeichen der konkret erfahrbaren äußeren Sprache<br />

sind, einzeln betrachtet, unscharf, fuzzy. Um mit Sinn verwendet<br />

zu werden, brauchen sie Ko-text und Kontext.<br />

(2) Der Sprachlerner muss zunächst aus ihnen allen, d.h. auf<br />

jeder Sprachaspektebene (bei Laut, Wort etc.), das Typische herausfiltern,<br />

Prototypen bilden, deren Verhaltensweisen und ihre<br />

angemessenen Verwendungsmöglichkeiten herausfinden. Dazu<br />

genügt eine einmalige Erfahrung oder Erklärung der betreffenden<br />

Phänomene nicht.<br />

(3) Die Phänomene müssen alle mit ihren Nachbarphänomenen<br />

abgeglichen werden. (Ein /i/ ist ja nur relevant, weil es in Opposition<br />

zu /e/ und anderen Selbstlauten steht.)<br />

(4) Nirgendwo gibt es eine 1:1 Zuordnung von Sprachsymbol zu<br />

Bedeutung; überall besteht die Möglichkeit, dass Gleiches ungleich<br />

und Ungleiches gleich ist. (Beispiele: IO.IO h BIOLOGIE oder<br />

Aussprache von ,no‘ und ,know‘ bzw. ,heute‘ und ,Häute‘ etc.)<br />

(5) Überall bedarf es neben des Sprachwissens eines situativen<br />

Vorwissens und generellen Weltwissens.<br />

(6) Erst die Simultaneität verschiedener Aspekte, das relativ<br />

simultane Präsent-Sein verschiedener Sprachzeichen Laut/Wort/<br />

Struktur/Intonation etc., macht die Sprachzeichen für den Benutzer<br />

relativ eindeutig. Die Bedeutung muss konstruiert werden,<br />

und dies ist eine Leistung des jeweiligen Sprachbenutzers als<br />

Sprach- und Weltkenner. Ihm genügen die unscharfen (teilweise<br />

sogar fehlerhaften) Sprachzeichen als Auslöser für seine innere<br />

Sprache.<br />

(7) Das Sprachsystem – jeder Sprache – ist von einer solchen<br />

Komplexität, zugleich mit allen Ebenen so eng verzahnt, dass es<br />

nur partiell bewusst zu handhaben ist.<br />

(8) Aber: Die Unvollkommenheit der Sprachzeichen von Sprache<br />

1 als Auslöser für Sprache 2 braucht nicht störend zu sein,<br />

denn jeder Sprachbenutzer kann als Sprachproduzent auf das<br />

(kulturspezifische?) Prinzip der Kooperation seines Gesprächspartners<br />

rechnen, wie es etwa Grice mit seinen Konversationsmaximen<br />

skizziert hat.<br />

II. Wie kommt die Sprache in den Kopf des Lerners?<br />

Es kann hier in diesem Rahmen kein Abriss des sprachlernpsychologischen<br />

Forschungsstandes geleistet werden. Es kann auch<br />

nicht darum gehen, sich zu einem der Lager zu rechnen, die sich im<br />

Bereich der Spracherwerbstheorien gebildet haben, entweder dem

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