de - Ordo Socialis
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Pflicht, nach <strong>de</strong>n Zeichen <strong>de</strong>r Zeit zu forschen und sie im Licht <strong>de</strong>s Evangeliums<br />
zu <strong>de</strong>uten. So kann sie dann in einer jeweils einer Generation<br />
angemessenen Weise auf die bleiben<strong>de</strong>n Fragen <strong>de</strong>r Menschen nach <strong>de</strong>m<br />
Sinn <strong>de</strong>s gegenwärtigen und <strong>de</strong>s zukünftigen Lebens und nach <strong>de</strong>m<br />
Verhältnis bei<strong>de</strong>r zueinan<strong>de</strong>r Antwort geben. Es gilt also, die Welt, in <strong>de</strong>r<br />
wir leben, ihre Erwartungen, Bestrebungen und ihren oft dramatischen<br />
Charakter zu erfassen und zu verstehen.“ (GS 4; Hervorhebung mhs)<br />
Das berühmte Wort aus <strong>de</strong>r Pastoralkonstitution Gaudium et spes wäre<br />
missverstan<strong>de</strong>n, wollte man darin nur einen allgemeinen Aufruf zur<br />
Zeitgenossenschaft vernehmen. Es formuliert die Aufgabe, die in je<strong>de</strong>r<br />
Epoche beson<strong>de</strong>ren Möglichkeiten, Herausfor<strong>de</strong>rungen und Hin<strong>de</strong>rnisse<br />
für die je neue Inkarnation und Inkulturation <strong>de</strong>s Evangeliums in <strong>de</strong>r Zeit<br />
zu ergrün<strong>de</strong>n. Die kirchliche Sozialverkündigung erfährt in dieser Aufgabe<br />
Unterstützung durch die theologische Wissenschaft. Die Christliche<br />
Sozialethik arbeitet mit ihren Möglichkeiten daran, die konkreten Nöte,<br />
Ängste, Verunsicherungen <strong>de</strong>r Menschen wahrzunehmen und <strong>de</strong>ren Ursachen<br />
auf <strong>de</strong>n Grund zu gehen, aber auch die einer neuen Zeit innewohnen<strong>de</strong>n<br />
Möglichkeiten zu erforschen und konstruktiv daran anzuknüpfen.<br />
Erschließend kann es dabei sein, das Nicht-(mehr)-Selbstverständliche zu<br />
beobachten, Diskontinuitäten gegenüber <strong>de</strong>n eingeübten Erwartungen und<br />
überlieferten Erfahrungen aufzuspüren, zu fragen, wodurch „Brüche“ bewirkt<br />
wer<strong>de</strong>n, was sie für die Menschen bewirken – und inwiefern sie eine<br />
neue Situation für die Verkündigung <strong>de</strong>s Evangeliums schaffen: „[…] die<br />
Christen in <strong>de</strong>r Kirche sollen mit aller Kraft <strong>de</strong>s Verstan<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>s Herzens<br />
in <strong>de</strong>r Erschütterung durch das ‚Ereignis’ in seiner unberechenbaren<br />
Neuheit die ‚Zeichen’ <strong>de</strong>r Zeit Gottes erkennen, die <strong>de</strong>r profanen Wirklichkeit<br />
eingeprägt sind […] Die Aktualität <strong>de</strong>s Evangeliums besteht ja<br />
gera<strong>de</strong> darin, sich <strong>de</strong>r echt menschlichen Fragen anzunehmen.“ 1<br />
Papst Johannes XXIII. hat dafür <strong>de</strong>n biblischen Topos „Zeichen <strong>de</strong>r Zeit“<br />
in die Sozialverkündigung <strong>de</strong>r Kirche eingeführt. Welche Be<strong>de</strong>utung die<br />
Hinwendung zu <strong>de</strong>n je neuen Möglichkeiten und Herausfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r<br />
Gegenwart und das Bemühen um <strong>de</strong>ren Deutung für ihn hatten, belegen<br />
nicht zuletzt seine Tagebücher und das persönliche Vermächtnis <strong>de</strong>s<br />
Papstes im Angesicht seines To<strong>de</strong>s. 2 Strukturbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Kraft gewinnt diese<br />
Wahrnehmung <strong>de</strong>r epochalen Ereignisse in <strong>de</strong>r Enzyklika Pacem in terris<br />
(1963), <strong>de</strong>m letzten großen Dokument <strong>de</strong>s ersten Konzilspapstes. Die vier<br />
Kapitel zur politischen Ordnung und zu <strong>de</strong>n Beziehungen innerhalb sowie<br />
zwischen <strong>de</strong>n Ebenen nationaler und internationaler politischer Institutionen<br />
(Kap. I – IV) schließen jeweils mit einer Darlegung von „Zeichen <strong>de</strong>r<br />
Zeit“. 3 So wer<strong>de</strong>n die epochentypischen Emanzipationsbewegungen – <strong>de</strong>r<br />
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