de - Ordo Socialis
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Nr. 380<br />
Kirche und Gesellschaft<br />
Marianne Heimbach-Steins<br />
Christliche Sozialethik für die Welt von heute<br />
2
Die lehramtliche Sozialverkündigung und die Christliche Sozialethik<br />
gehören zu <strong>de</strong>n vergleichsweise „jungen“ Erscheinungsformen kirchlicher<br />
Verkündigung und aka<strong>de</strong>mischer Theologie. Ihre Entstehung im Zeitalter<br />
<strong>de</strong>r Industrialisierung ist Ausdruck <strong>de</strong>r Geschichtlichkeit und Entwicklungsfähigkeit<br />
kirchlicher Lehre und wissenschaftlicher Theologie. „Einsatzzeichen“<br />
für die (relativ späte) Antwort auf das geschichtlich Neue<br />
dieser Epoche sind die vor 120 Jahren erschienene erste Sozialenzyklika<br />
Rerum novarum Papst Leos XIII. (1891) und die bald darauf folgen<strong>de</strong><br />
Errichtung <strong>de</strong>r ersten Professur für „Christliche Gesellschaftslehre unter<br />
beson<strong>de</strong>rer Berücksichtigung <strong>de</strong>r praktischen Seelsorge“ an <strong>de</strong>r Universität<br />
Münster (1893). Bei<strong>de</strong> stehen auf je eigene Weise unter <strong>de</strong>m Anspruch<br />
<strong>de</strong>r Praxis: Kirchliche Sozialverkündigung ist eine Form <strong>de</strong>r Auslegung<br />
<strong>de</strong>s Evangeliums im Wan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r Zeit. Sie will die Welt<strong>de</strong>utung und das<br />
Han<strong>de</strong>ln <strong>de</strong>r Gläubigen orientieren. Christliche Sozialethik begleitet und<br />
kritisiert mit wissenschaftlichen Metho<strong>de</strong>n Muster (christlicher) Praxis in<br />
<strong>de</strong>r Gesellschaft und auch in <strong>de</strong>r Kirche, die – soziologisch betrachtet –<br />
Teil <strong>de</strong>r Gesellschaft ist, in <strong>de</strong>r sie sich vorfin<strong>de</strong>t. Sie entwirft und<br />
begrün<strong>de</strong>t Verstehensmo<strong>de</strong>lle und Handlungsnormen, die <strong>de</strong>r Wahrheit<br />
über <strong>de</strong>n Menschen in seinem sozialen Zusammenhang gerecht wer<strong>de</strong>n<br />
und Ausdruck geben sollen. Das kann nur gelingen, in <strong>de</strong>m die<br />
Erfahrungen <strong>de</strong>s Menschen mit sich selbst und seiner Welt je neu ins<br />
Verhältnis gesetzt wer<strong>de</strong>n zu <strong>de</strong>m, was die biblische Botschaft und <strong>de</strong>ren<br />
Auslegung in <strong>de</strong>r Tradition <strong>de</strong>r Kirche über <strong>de</strong>n Menschen in seiner<br />
Relation zu Gott zu sagen weiß. Die Christliche Sozialethik bezieht sich<br />
daher auf die gesellschaftlichen Funktionssysteme <strong>de</strong>r Politik und <strong>de</strong>s<br />
Rechts, <strong>de</strong>r Ökonomie, <strong>de</strong>r Ökologie usw. Sie steht in ausgezeichneter<br />
Weise unter <strong>de</strong>r Herausfor<strong>de</strong>rung, die „Zeichen <strong>de</strong>r Zeit“ im gesellschaftlichen<br />
Prozess „zu erkennen und im Licht <strong>de</strong>s Evangeliums zu <strong>de</strong>uten“<br />
(Pastoralkonstitution Gaudium et spes [GS] 4). Sie leistet einen Beitrag<br />
zur Entfaltung und menschengerechten Gestaltung <strong>de</strong>s Zusammenlebens<br />
unter <strong>de</strong>n Bedingungen <strong>de</strong>r jeweiligen geschichtlichen und gesellschaftlichen<br />
Situation.<br />
Gesellschaftsanalyse, ethische Urteilsbildung, Handlungsorientierung<br />
Dem Ansatz bei <strong>de</strong>r konkreten gesellschaftlichen Wirklichkeit entspricht<br />
eine Metho<strong>de</strong>, welche die genaue Wahrnehmung <strong>de</strong>r zeit- und situationstypischen<br />
gesellschaftlichen Herausfor<strong>de</strong>rungen mit einer sorgfältigen<br />
ethischen Urteilsbildung vermittelt und auf Handlungsorientierung hin<br />
ausrichtet. Oft wird dafür <strong>de</strong>r Dreischritt Sehen – Urteilen – Han<strong>de</strong>ln<br />
zitiert, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Christlichen Arbeiterjugend, <strong>de</strong>r spätere<br />
3
Kardinal Joseph Cardijn, für die Orientierung <strong>de</strong>r jungen Christen in <strong>de</strong>r<br />
Arbeitswelt in <strong>de</strong>n 1920er-Jahren eingeführt hat. In <strong>de</strong>r Sozialenzyklika<br />
Mater et magistra (1961) empfiehlt Papst Johannes XXIII. diesen Weg,<br />
<strong>de</strong>r die Wahrnehmung und die Analyse <strong>de</strong>r gesellschaftlichen Wirklichkeit<br />
an die erste Stelle <strong>de</strong>r theologischen Methodik setzt, für die Soziallehre<br />
<strong>de</strong>r Kirche: „Die Grundsätze <strong>de</strong>r Soziallehre lassen sich gewöhnlich in<br />
folgen<strong>de</strong>n drei Schritten verwirklichen: Zunächst muß man <strong>de</strong>n wahren<br />
Sachverhalt überhaupt richtig sehen; dann muß man diesen Sachverhalt<br />
anhand dieser Grundsätze gewissenhaft bewerten; schließlich muß man<br />
feststellen, was man tun kann und muss, um die überlieferten Normen<br />
nach Ort und Zeit anzuwen<strong>de</strong>n, Diese drei Schritte lassen sich in <strong>de</strong>n drei<br />
Worten ausdrücken: sehen, urteilen, han<strong>de</strong>ln.“ (MM 236).<br />
Das „Sehen“ ist an die Perspektive <strong>de</strong>sjenigen gebun<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r etwas sieht<br />
(das gilt für Vertreter <strong>de</strong>s kirchlichen Lehramtes ebenso wie für Wissenschaftlerinnen).<br />
Die Perspektive wird durch verschie<strong>de</strong>ne Faktoren bestimmt:<br />
durch Erfahrungen und Überzeugungen, durch Voreinstellungen,<br />
durch bereits vorhan<strong>de</strong>ne normative Orientierungen und sittliche Urteile,<br />
die aus <strong>de</strong>r Vermittlung zwischen <strong>de</strong>m überlieferten Wertwissen und <strong>de</strong>r<br />
Lehre <strong>de</strong>r Kirche mit <strong>de</strong>m zeitgenössischen Wissensbestand über die zur<br />
Debatte stehen<strong>de</strong>n Sachverhalte gewonnen wer<strong>de</strong>n. Spontane Wahrnehmungen<br />
wer<strong>de</strong>n durch wissenschaftliche Problembearbeitung unterstützt,<br />
verfeinert, eventuell auch korrigiert. Die möglichst genaue und vollständige<br />
Erfassung eines Problems ist Voraussetzung dafür, dass es sachlich<br />
richtig und ethisch angemessen beurteilt wer<strong>de</strong>n kann. In <strong>de</strong>r Regel reicht<br />
es nicht, vorgegebene Grundsätze auf eine beson<strong>de</strong>re Situation anzuwen<strong>de</strong>n;<br />
angemessene Antworten und Lösungsansätze können nur gefun<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n, wenn konkrete Erfahrung, Sachanalyse und ethische Bewertungskriterien<br />
im Prozess <strong>de</strong>r ethischen Urteilsbildung miteinan<strong>de</strong>r vermittelt<br />
wer<strong>de</strong>n. Ziel <strong>de</strong>r gesellschaftswissenschaftlichen, sozialethischen und<br />
theologischen Analyse ist es, Orientierungen zu entwerfen, die zu größerer<br />
Gerechtigkeit, zur Überwindung von Armut und Ausgrenzung, zur<br />
Vermenschlichung <strong>de</strong>r Gegenwart in einer konkreten Situation beitragen<br />
können. So bil<strong>de</strong>t die (Verbesserung <strong>de</strong>r) Praxis <strong>de</strong>n verbindlichen Ausgangs-<br />
und Zielpunkt <strong>de</strong>s sozialethischen Vorgehens.<br />
Gegenwartsanalyse und die Deutung <strong>de</strong>r „Zeichen <strong>de</strong>r Zeit“<br />
Der Vorgehensweise <strong>de</strong>s Dreischritts entspricht die Aufgabe, die das<br />
Zweite Vatikanum <strong>de</strong>r Kirche ins Stammbuch geschrieben hat: „Zur Erfüllung<br />
dieses ihres Auftrags [die Botschaft Christi vom Heil für alle Menschen<br />
in Wort und Tat zu verkündigen, mhs] obliegt <strong>de</strong>r Kirche allzeit die<br />
4
Pflicht, nach <strong>de</strong>n Zeichen <strong>de</strong>r Zeit zu forschen und sie im Licht <strong>de</strong>s Evangeliums<br />
zu <strong>de</strong>uten. So kann sie dann in einer jeweils einer Generation<br />
angemessenen Weise auf die bleiben<strong>de</strong>n Fragen <strong>de</strong>r Menschen nach <strong>de</strong>m<br />
Sinn <strong>de</strong>s gegenwärtigen und <strong>de</strong>s zukünftigen Lebens und nach <strong>de</strong>m<br />
Verhältnis bei<strong>de</strong>r zueinan<strong>de</strong>r Antwort geben. Es gilt also, die Welt, in <strong>de</strong>r<br />
wir leben, ihre Erwartungen, Bestrebungen und ihren oft dramatischen<br />
Charakter zu erfassen und zu verstehen.“ (GS 4; Hervorhebung mhs)<br />
Das berühmte Wort aus <strong>de</strong>r Pastoralkonstitution Gaudium et spes wäre<br />
missverstan<strong>de</strong>n, wollte man darin nur einen allgemeinen Aufruf zur<br />
Zeitgenossenschaft vernehmen. Es formuliert die Aufgabe, die in je<strong>de</strong>r<br />
Epoche beson<strong>de</strong>ren Möglichkeiten, Herausfor<strong>de</strong>rungen und Hin<strong>de</strong>rnisse<br />
für die je neue Inkarnation und Inkulturation <strong>de</strong>s Evangeliums in <strong>de</strong>r Zeit<br />
zu ergrün<strong>de</strong>n. Die kirchliche Sozialverkündigung erfährt in dieser Aufgabe<br />
Unterstützung durch die theologische Wissenschaft. Die Christliche<br />
Sozialethik arbeitet mit ihren Möglichkeiten daran, die konkreten Nöte,<br />
Ängste, Verunsicherungen <strong>de</strong>r Menschen wahrzunehmen und <strong>de</strong>ren Ursachen<br />
auf <strong>de</strong>n Grund zu gehen, aber auch die einer neuen Zeit innewohnen<strong>de</strong>n<br />
Möglichkeiten zu erforschen und konstruktiv daran anzuknüpfen.<br />
Erschließend kann es dabei sein, das Nicht-(mehr)-Selbstverständliche zu<br />
beobachten, Diskontinuitäten gegenüber <strong>de</strong>n eingeübten Erwartungen und<br />
überlieferten Erfahrungen aufzuspüren, zu fragen, wodurch „Brüche“ bewirkt<br />
wer<strong>de</strong>n, was sie für die Menschen bewirken – und inwiefern sie eine<br />
neue Situation für die Verkündigung <strong>de</strong>s Evangeliums schaffen: „[…] die<br />
Christen in <strong>de</strong>r Kirche sollen mit aller Kraft <strong>de</strong>s Verstan<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>s Herzens<br />
in <strong>de</strong>r Erschütterung durch das ‚Ereignis’ in seiner unberechenbaren<br />
Neuheit die ‚Zeichen’ <strong>de</strong>r Zeit Gottes erkennen, die <strong>de</strong>r profanen Wirklichkeit<br />
eingeprägt sind […] Die Aktualität <strong>de</strong>s Evangeliums besteht ja<br />
gera<strong>de</strong> darin, sich <strong>de</strong>r echt menschlichen Fragen anzunehmen.“ 1<br />
Papst Johannes XXIII. hat dafür <strong>de</strong>n biblischen Topos „Zeichen <strong>de</strong>r Zeit“<br />
in die Sozialverkündigung <strong>de</strong>r Kirche eingeführt. Welche Be<strong>de</strong>utung die<br />
Hinwendung zu <strong>de</strong>n je neuen Möglichkeiten und Herausfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r<br />
Gegenwart und das Bemühen um <strong>de</strong>ren Deutung für ihn hatten, belegen<br />
nicht zuletzt seine Tagebücher und das persönliche Vermächtnis <strong>de</strong>s<br />
Papstes im Angesicht seines To<strong>de</strong>s. 2 Strukturbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Kraft gewinnt diese<br />
Wahrnehmung <strong>de</strong>r epochalen Ereignisse in <strong>de</strong>r Enzyklika Pacem in terris<br />
(1963), <strong>de</strong>m letzten großen Dokument <strong>de</strong>s ersten Konzilspapstes. Die vier<br />
Kapitel zur politischen Ordnung und zu <strong>de</strong>n Beziehungen innerhalb sowie<br />
zwischen <strong>de</strong>n Ebenen nationaler und internationaler politischer Institutionen<br />
(Kap. I – IV) schließen jeweils mit einer Darlegung von „Zeichen <strong>de</strong>r<br />
Zeit“. 3 So wer<strong>de</strong>n die epochentypischen Emanzipationsbewegungen – <strong>de</strong>r<br />
5
„Aufstieg <strong>de</strong>r Arbeiterklasse“, die Emanzipation <strong>de</strong>r Frauen und das<br />
Freiheitsstreben <strong>de</strong>r (Kolonial-)Völker am Schluss <strong>de</strong>s ersten Kapitels (PT<br />
39 – 45) als „Zeichen <strong>de</strong>r Zeit“ entziffert; damit wird die zuvor dokumentierte<br />
Rezeption <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Menschenrechte – eine echte Innovation in<br />
<strong>de</strong>r kirchlichen Lehre – als Antwort auf eine zeittypische Herausfor<strong>de</strong>rung<br />
lesbar, <strong>de</strong>r sich die katholische Kirche nicht länger entziehen durfte.<br />
Neue Herausfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r sozialethischen Reflexion<br />
Auch heute sind es epochale Verän<strong>de</strong>rungen und Ereigniszusammenhänge,<br />
an <strong>de</strong>nen sozialethische Reflexion ansetzen muss: Die alles ergreifen<strong>de</strong><br />
Globalisierungsdynamik, die krisenhafte Entwicklung <strong>de</strong>r Weltwirtschaft,<br />
die ökologische Krise, neuartige Phänomene <strong>de</strong>s Terrors, grundstürzen<strong>de</strong><br />
Entwicklungen im Bereich <strong>de</strong>r Biotechnologie o<strong>de</strong>r die jüngsten<br />
Freiheitsbewegungen in Teilen <strong>de</strong>r islamisch geprägten Welt wer<strong>de</strong>n zu<br />
Ansatzpunkten <strong>de</strong>r Zeitanalyse und <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntifizierung von Gerechtigkeitsherausfor<strong>de</strong>rungen.<br />
4 Das ist keine beliebige aka<strong>de</strong>mische Fingerübung,<br />
son<strong>de</strong>rn eine notwendige Voraussetzung dafür, dass in einem sorgfältigen<br />
Prozess <strong>de</strong>r Vermittlung von Erfahrungswissen, wissenschaftlichem<br />
Sachwissen und ethischen Prinzipien/Kriterien neue Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
ent<strong>de</strong>ckt, handlungsleiten<strong>de</strong> Orientierungen erarbeitet und kommuniziert<br />
wer<strong>de</strong>n können. Auf <strong>de</strong>r Ebene theologisch-sozialethischer<br />
Wissenschaft wird damit ein Beitrag zu <strong>de</strong>r Aufgabe geleistet, <strong>de</strong>r die<br />
Kirche gemäß <strong>de</strong>m Konzilswort verpflichtet ist: Sie muss herausfin<strong>de</strong>n,<br />
wie sie unter <strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>ren Bedingungen <strong>de</strong>s „Heute“ verantwortlich<br />
und vernehmbar über Befreiung, Gerechtigkeit, Heil sprechen kann.<br />
Den unlösbaren Zusammenhang zwischen <strong>de</strong>r Verkündigung <strong>de</strong>s Evangeliums<br />
und <strong>de</strong>m Einsatz für die Gerechtigkeit hat das Dokument <strong>de</strong>r Weltbischofssyno<strong>de</strong><br />
über „Gerechtigkeit in <strong>de</strong>r Welt“ (1971) in aller wünschenswerten<br />
Klarheit formuliert; die vor 40 Jahren nie<strong>de</strong>rgeschriebenen<br />
Worte haben nichts an Aktualität eingebüßt: „Der Auftrag, das Evangelium<br />
zu verkün<strong>de</strong>n, erfor<strong>de</strong>rt heute <strong>de</strong>n ungeteilten Einsatz für die volle<br />
Befreiung <strong>de</strong>s Menschen, und zwar von Stund an und für die ganze Dauer<br />
seines irdischen Daseins. Den Menschen unserer Tage kann die christliche<br />
Botschaft von Liebe und Gerechtigkeit nur dann glaubwürdig erscheinen,<br />
wenn sie sich als wirksam erweist in ihrem Einsatz für Gerechtigkeit in<br />
<strong>de</strong>r Welt“ (IM 36). Es liegt auf <strong>de</strong>r Hand, dass dieser Anspruch auch auf<br />
die Sozialgestalt <strong>de</strong>r Kirche selbst zurückwirken und als Messlatte ihres<br />
Han<strong>de</strong>lns ad intra wie ad extra ernst genommen wer<strong>de</strong>n muss. Dazu gehört<br />
auch eine ernsthafte Kooperation zwischen unterschiedlichen Akteuren:<br />
Die lehramtliche Sozialverkündigung, die wissenschaftliche Sozialethik<br />
6
und die Christinnen und Christen (Gruppen, Initiativen, Verbän<strong>de</strong>) in <strong>de</strong>r<br />
konkreten gesellschaftlichen und politischen Praxis wirken dazu in je eigener<br />
Aufgabe und Verantwortung „arbeitsteilig“ zusammen.<br />
Der Christlichen Sozialethik stellen sich damit – schon vor je<strong>de</strong>r konkreten<br />
inhaltlichen Arbeit – drei grundlegen<strong>de</strong> Anfor<strong>de</strong>rungen: Sie muss sich<br />
(1.) ihres eigenen Profils als Christliche Sozialethik vergewissern, (2.) die<br />
Bedingungen und Kontexte ihres Arbeitens reflektieren, um auskunftsund<br />
gesprächsfähig zu sein, und (3.) <strong>de</strong>r Gerechtigkeitsverpflichtung durch<br />
eine klare Option entsprechen. Diese Aspekte wer<strong>de</strong>n im Folgen<strong>de</strong>n<br />
genauer skizziert.<br />
Sozialethik mit theologischem Profil<br />
Ihre christliche I<strong>de</strong>ntität klärt die Sozialethik in <strong>de</strong>r Rückbindung an ihre<br />
theologischen Quellen; zugleich argumentiert sie als „Brückenfach“ zu<br />
<strong>de</strong>n Human- und Sozialwissenschaften philosophisch und schöpft analytische<br />
Erkenntnis aus gesellschaftswissenschaftlichen Quellen. „Sprechfähigkeit“<br />
über <strong>de</strong>n theologischen und kirchlichen Horizont hinaus ist Teil<br />
<strong>de</strong>s theologischen Selbstverständnisses einer Sozialethik im Sinne von<br />
Gaudium et spes. Denn sie muss eine im pluralen gesellschaftlichen Raum<br />
kommunikationsfähige Sprache entwickeln, um ihr eigenes Profil und die<br />
davon ausgehen<strong>de</strong>n Impulse und Provokationen für die ethischen<br />
Suchbewegungen in <strong>de</strong>r Gesellschaft anbieten zu können. Ihr Eigenes<br />
muss sie je neu auf die Verstehensmöglichkeiten einer weltanschaulich<br />
pluralen Gesellschaft hin übersetzen; es versteht sich nicht „von selbst“.<br />
Vernachlässigt sie diese „Dolmetscheraufgabe“, darf sie sich nicht beschweren,<br />
wenn sie nicht gehört und verstan<strong>de</strong>n wird. Entsprechen<strong>de</strong>s gilt<br />
auch für die kirchliche Sozialverkündigung. Die eigene, theologisch<br />
informierte Perspektive <strong>de</strong>r Welt<strong>de</strong>utung muss auf vernünftige Weise,<br />
d. h. argumentativ, vermittelt wer<strong>de</strong>n. Um solche Übersetzungsarbeit<br />
leisten zu können, müssen biblische und kirchliche Traditionen min<strong>de</strong>stens<br />
als „Wi<strong>de</strong>rlager“ für die sozialethischen Sondierungs- und Verständigungsprozesse<br />
über Gegenwartsprobleme erschlossen wer<strong>de</strong>n. Ohne<br />
Erschließung ihrer theologischen Quellen wür<strong>de</strong> die Christliche Sozialethik<br />
Gefahr laufen, sich in eine Sozialphilosophie hinein aufzulösen, die<br />
es schwer haben dürfte, ihren Ort in <strong>de</strong>r Theologie und in <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />
zu legitimieren. Wie ist also mit <strong>de</strong>n theologischen Quellen umzugehen?<br />
7
Die Bibel als theologische Quelle <strong>de</strong>r Sozialethik 5<br />
Um aus <strong>de</strong>r Bibel als Quelle sozialethischer Reflexion zu schöpfen, genügt<br />
es nicht, systematische Argumente mit biblischen Motiven zu illustrieren<br />
(das wäre kaum mehr als „Dekoration“); vielmehr gilt es, die Bibel selbst<br />
in ihrer Fremdheit und ihrer Vielschichtigkeit als Quelle und als Gegenüber<br />
in einem ethischen Klärungs- und Verständigungsprozess zu ent<strong>de</strong>cken.<br />
Eine sorgfältige Bibelhermeneutik, welche die Sozialethik vor<br />
allem von neueren Ansätzen in <strong>de</strong>n Bibelwissenschaften lernen kann, vermag<br />
Perspektiven aufzu<strong>de</strong>cken, die Welt- und Gesellschafts<strong>de</strong>utung orientieren<br />
und die Wahrnehmung gegenwärtiger sozialethischer Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
schärfen können. Die Bibel antwortet nicht umstandslos auf Fragen<br />
<strong>de</strong>r Gegenwart – sei es zum Schutz <strong>de</strong>r Lebensgrundlagen, zu <strong>de</strong>n notwendigen<br />
normativen Orientierungen <strong>de</strong>r Bioethik o<strong>de</strong>r zur Lösung <strong>de</strong>r<br />
Arbeitsmarktprobleme; aber sie eröffnet Perspektiven <strong>de</strong>r Wahrnehmung,<br />
<strong>de</strong>s Verstehens und <strong>de</strong>r Kritik menschlicher Lebensbedingungen und<br />
gesellschaftlicher Verhältnisse im Horizont <strong>de</strong>r Gottesbotschaft. Solche<br />
Perspektiven sind sozialethisch aufzunehmen und für die Gegenwart zu<br />
„übersetzen“.<br />
• So bil<strong>de</strong>n Schöpfung und Inkarnation/Menschwerdung Sinnlinien<br />
einer christlichen Deutung <strong>de</strong>s Menschseins, <strong>de</strong>r Entfaltung einer<br />
christlichen Anthropologie und <strong>de</strong>r Klärung <strong>de</strong>s Weltverhältnisses<br />
bis hin zur Grundlegung einer ökologischen Ethik.<br />
• Die Hinwendung zum konkreten An<strong>de</strong>ren, in <strong>de</strong>m das Antlitz Gottes<br />
aufleuchtet, bil<strong>de</strong>t ein Fundament für ein individual- wie sozialethisch<br />
auszuarbeiten<strong>de</strong>s Ethos <strong>de</strong>r Solidarität. Die Exodus-Perspektive<br />
<strong>de</strong>r Befreiung aufgrund <strong>de</strong>r Option Gottes für die Armen bzw.<br />
für sein geknechtetes Volk bil<strong>de</strong>t in Verbindung mit <strong>de</strong>r Befähigung<br />
<strong>de</strong>s Gottesvolkes zum gerechtigkeitsorientierten Han<strong>de</strong>ln die Grundlage<br />
für die Optionalität einer Christlichen Sozialethik.<br />
• Die Bibel verknüpft das individuell-persönliche Gerufen-Sein durch<br />
Gott, das die unvertretbare Individualität je<strong>de</strong>s Einzelnen aufwertet<br />
und <strong>de</strong>n Vorrang <strong>de</strong>r Subjekte vor <strong>de</strong>n Strukturen betont, mit <strong>de</strong>m<br />
geschichtlichen und sozialen Zusammenhang <strong>de</strong>s Volkes Gottes und<br />
<strong>de</strong>ssen ten<strong>de</strong>nziell universalistischem Zug. Darin kann ein Mo<strong>de</strong>ll<br />
ent<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n, wie Christliche Sozialethik im Horizont <strong>de</strong>r Kirche<br />
als Glaubensgemeinschaft verortet und diese „partikulare“ Bestimmung<br />
zugleich mit <strong>de</strong>m Anspruch einer verallgemeinerungsfähigen<br />
Ethik vermittelt wer<strong>de</strong>n kann.<br />
8
• Schließlich re<strong>de</strong>t die Bibel „vielstimmig“ von Gott; die biblisch<br />
bezeugte Pluralität <strong>de</strong>r Gottes- und Welterfahrung erscheint notwendig<br />
für das Weltverstehen im Licht <strong>de</strong>r Bibel. Für <strong>de</strong>n theologischen<br />
(und kirchlichen) Umgang mit <strong>de</strong>r Pluralität von Überzeugungen ist<br />
das ein be<strong>de</strong>nkenswertes Vorzeichen. Solche biblischen Sinnlinien<br />
<strong>de</strong>s Selbst- und Welt-Verstehens markieren ein Vorverständnis, aus<br />
<strong>de</strong>m heraus die Christliche Sozialethik die „Zeichen <strong>de</strong>r Zeit“ zu<br />
<strong>de</strong>uten sucht und sich in die wissenschaftlich auszuweisen<strong>de</strong>n gesellschaftlichen<br />
Orientierungsprozesse einschaltet. 6<br />
Das Gespräch mit <strong>de</strong>r Tradition kirchlicher Sozialverkündigung<br />
Jenseits nahezu stereotyper Bezugnahmen auf bestimmte Formeln wie das<br />
„christliche Menschenbild“ o<strong>de</strong>r „soziale Gerechtigkeit“ ist eine sorgfältige<br />
Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>m Textkorpus <strong>de</strong>r lehramtlichen (Sozial-)-<br />
Verkündigung notwendig. Das vorgeblich Ein<strong>de</strong>utige <strong>de</strong>r Tradition ist<br />
argumentativ auszuweisen und je neu zu prüfen, um nicht <strong>de</strong>n Verdacht<br />
<strong>de</strong>r Ungeschichtlichkeit und <strong>de</strong>r i<strong>de</strong>ologischen Erstarrung zu provozieren.<br />
Die Sozialverkündigung gehört zu <strong>de</strong>n Quellen <strong>de</strong>r Christlichen Sozialethik,<br />
wird aber auch selbst von dieser „gespeist“ und empfängt Impulse<br />
von ihr. Auch die Bezugnahme auf lehramtliche Texte muss hermeneutisch<br />
reflektiert und mit <strong>de</strong>r biblischen Vergewisserung in ein Verhältnis<br />
wechselseitiger Erschließung und Kritik gebracht wer<strong>de</strong>n. 7 Die Sozialverkündigung<br />
<strong>de</strong>r Kirche ist kein starres Gebil<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn ein lebendiger<br />
Traditionszusammenhang. Sie entwickelt sich in Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit<br />
<strong>de</strong>n gesellschaftlichen Herausfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r jeweiligen Gegenwart. Kontinuität<br />
in <strong>de</strong>n Grundanliegen verlangt gera<strong>de</strong>zu <strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>l auf <strong>de</strong>r Ebene<br />
<strong>de</strong>r sachbezogenen Einschätzungen und Urteile; das kann für verschie<strong>de</strong>ne<br />
thematische Zusammenhänge in <strong>de</strong>n Dokumenten leicht nachgewiesen<br />
wer<strong>de</strong>n: Beispiele dafür bieten u. a. die Entwicklung <strong>de</strong>r lehramtlichen<br />
Haltung zur Demokratie als Staatsform, <strong>de</strong>r Lernprozess <strong>de</strong>r katholischen<br />
Kirche in ihrer Haltung zu <strong>de</strong>n mo<strong>de</strong>rnen Menschenrechten und die im<br />
Lauf <strong>de</strong>r Zeit gewan<strong>de</strong>lte Beurteilung <strong>de</strong>r Marktwirtschaft.<br />
Um diese Dimension <strong>de</strong>s Lernens aus und mit <strong>de</strong>r Geschichte ging es u. a.<br />
<strong>de</strong>m französischen Dominikaner Marie-Dominique Chenu mit seiner<br />
Kritik von Begriff und Verständnis „katholischer Soziallehre“: Seine<br />
Kritik zielte auf ein ungeschichtliches Verständnis von „Lehre“ (doctrina).<br />
Dem setzte er ein geschichtlich-dynamisches Mo<strong>de</strong>ll entgegen, das er –<br />
einer <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendsten Thomas-Forscher seiner Epoche – an <strong>de</strong>r (im 13.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rt gera<strong>de</strong>zu avantgardistischen) Theologie <strong>de</strong>s Thomas von<br />
Aquin gewonnen hatte: Sozialverkündigung „funktioniert“ nicht als ver-<br />
9
meintlich metageschichtliche „Lehre“, als Sozialmetaphysik, son<strong>de</strong>rn als<br />
eine in <strong>de</strong>r Tradition wurzeln<strong>de</strong> und in Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>n jeweiligen<br />
zeitlichen Gegebenheiten und Herausfor<strong>de</strong>rungen gebil<strong>de</strong>te und<br />
immer neu zu bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Orientierung o<strong>de</strong>r Unterweisung (frz. Enseignement).<br />
8<br />
Die Bindung an christliche Praxis<br />
Eine Sozialethik, die sich ihrer theologischen I<strong>de</strong>ntität vergewissert, be<strong>de</strong>nkt<br />
auch die Dimension <strong>de</strong>s gemeinsamen, gemeinschaftlichen<br />
Han<strong>de</strong>lns auf <strong>de</strong>m Fundament <strong>de</strong>s christlichen Glaubens: Sie bezieht sich<br />
immer auch auf die Praxis von Christinnen und Christen und ihrer<br />
Gemeinschaften, die in <strong>de</strong>n gesellschaftlichen Handlungszusammenhängen<br />
„unterwegs“ sind, sowie auf das Han<strong>de</strong>ln <strong>de</strong>r Kirche als Institution.<br />
Sie fin<strong>de</strong>t sich also in einem Kommunikationsnetz mit <strong>de</strong>r in sich<br />
differenzierten kirchlichen Basis (Gemein<strong>de</strong>n, Verbän<strong>de</strong>, Initiativen etc.)<br />
und <strong>de</strong>m lokalkirchlichen und gesamtkirchlichen Lehramt. Alle drei<br />
Akteure haben teil an <strong>de</strong>r Verantwortung für die sozial-, kulturell- und<br />
politisch-diakonische Dimension <strong>de</strong>r Kirche, die zuerst dort wahrzunehmen<br />
ist, wo sich konkrete Herausfor<strong>de</strong>rungen stellen: vor Ort. 9<br />
Dementsprechend ist von einem kooperativen und subsidiären Verhältnis<br />
<strong>de</strong>r Akteure zueinan<strong>de</strong>r auszugehen, wie es Papst Paul VI. in <strong>de</strong>m Apostolischen<br />
Schreiben Octogesima adveniens (1971) zum Ausdruck gebracht<br />
hat: Angesichts ganz unterschiedlicher politischer, sozialer, wirtschaftlicher<br />
und kultureller Herausfor<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>n unterschiedlichen lokalen<br />
Zusammenhängen sei es für das päpstliche Lehramt „untunlich, ein für<br />
alle gültiges Wort zu sagen o<strong>de</strong>r allerorts passen<strong>de</strong> Lösungen vorzuschlagen“;<br />
dies sei vielmehr die Aufgabe „<strong>de</strong>r einzelnen christlichen<br />
Gemeinschaften“. Ihnen obliege es, „mit <strong>de</strong>m Beistand <strong>de</strong>s Heiligen<br />
Geistes, in Verbun<strong>de</strong>nheit mit ihren zuständigen Bischöfen und im<br />
Gespräch mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren christlichen Brü<strong>de</strong>rn und allen Menschen guten<br />
Willens darüber zu befin<strong>de</strong>n, welche Schritte zu tun und welche Maßnahmen<br />
zu ergreifen sind, um die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und<br />
politischen Reformen herbeizuführen, die sich als wirklich geboten erweisen<br />
und zu<strong>de</strong>m oft unaufschiebbar sind.“ (OA 4).<br />
Damit schließt sich <strong>de</strong>r Kreis: Der Rückgriff auf die theologischen<br />
Quellen <strong>de</strong>r Sozialethik – Schrift, Tradition und Erfahrung <strong>de</strong>r Gläubigen<br />
– ist unverzichtbar; aber er ersetzt nicht die sorgfältige Gesellschaftsanalyse<br />
und die sozialphilosophische Argumentation. Die Christliche<br />
Sozialethik kann nicht unter Verweis auf theologische Erkenntnis die<br />
Rolle <strong>de</strong>r Wissen<strong>de</strong>n gegenüber <strong>de</strong>n Problemen <strong>de</strong>r Gegenwartsgesell-<br />
10
schaft einnehmen; eher nimmt sie als Suchen<strong>de</strong> und kritisch Begleiten<strong>de</strong><br />
an <strong>de</strong>n gesellschaftlichen Orientierungsprozessen teil. Aber sie ist durch<br />
eine im Sinnhorizont <strong>de</strong>s Glaubens geschärfte Perspektive „informiert“<br />
und gerüstet; die muss sie ausweisen und transparent machen. Um eine<br />
kompetente Gesprächspartnerin in wissenschaftlichen und gesellschaftlichen<br />
Prozessen ethischer Urteilsbildung und Praxisorientierung sein zu<br />
können, erschließt sie sich weitere Quellen <strong>de</strong>r Erkenntnis, <strong>de</strong>r Information<br />
und <strong>de</strong>r Analyse. Wie je<strong>de</strong> Sinn- bzw. Interpretationswissenschaft<br />
stellt sich auch die Christliche Sozialethik <strong>de</strong>r Aufgabe, die weiteren<br />
Kontexte, die das Weltverstehen <strong>de</strong>r Wissenschaft treiben<strong>de</strong>n Subjekte<br />
bestimmen, einer (selbst-)kritischen Reflexion auszusetzen.<br />
Kontextbewusstsein und Dialogfähigkeit<br />
Christliche Sozialethik steht unter <strong>de</strong>m Anspruch, in <strong>de</strong>r weltanschaulich<br />
pluralen Gesellschaft und im säkularen Wissenschaftszusammenhang mit<br />
eigener Stimme präsent und kommunikationsfähig zu sein. Das Eigene auf<br />
die Begegnung mit <strong>de</strong>n An<strong>de</strong>ren und An<strong>de</strong>rs<strong>de</strong>nken<strong>de</strong>n hin zu überschreiten,<br />
verlangt eine Gratwan<strong>de</strong>rung zwischen Selbstabschottung und Selbstverlust.<br />
Diesen Weg beschreitet eine „kontextuelle theologische Sozialethik“<br />
10 : Sie macht sich die gesellschaftlichen Bedingungen bewusst, unter<br />
<strong>de</strong>nen sie arbeitet und die auf die Art und Weise einwirken, wie sie sich<br />
wissenschaftlich artikuliert. Sie vergewissert sich <strong>de</strong>r gesellschaftlichen<br />
Orte und <strong>de</strong>r Reflexionsbedingungen, von <strong>de</strong>nen die eingenommene<br />
wissenschaftliche Perspektive mitbestimmt ist, und studiert die gesellschaftlichen<br />
Gegebenheiten, in <strong>de</strong>nen Probleme <strong>de</strong>r Gerechtigkeit und <strong>de</strong>s<br />
guten Lebens auftreten und gelöst wer<strong>de</strong>n sollen. Damit verbin<strong>de</strong>n sich<br />
bestimmte Ansprüche an sozialethische Arbeit. Sie beziehen sich zum<br />
einen auf die ausdrückliche Klärung <strong>de</strong>r Voraussetzungen und Bedingungen<br />
<strong>de</strong>s eigenen wissenschaftlichen Arbeitens, zum an<strong>de</strong>ren auf die<br />
Zusammenhänge, in <strong>de</strong>nen inhaltliche Herausfor<strong>de</strong>rungen ent<strong>de</strong>ckt und<br />
hermeneutisch-methodisch bearbeitet wer<strong>de</strong>n:<br />
Personen: Die Rückfrage nach <strong>de</strong>n Bedingungen sozialethischer Arbeit<br />
beginnt bei <strong>de</strong>n Personen: Deren individuelle und generationentypische<br />
Geschichtserfahrung sowie eine Reihe von Faktoren, die <strong>de</strong>n eigenen<br />
gesellschaftlichen Ort, Rolle und Entfaltungsmöglichkeiten mitbestimmen<br />
(wie Geschlechtszugehörigkeit, ethnische und religiöse Zugehörigkeit, sozialer<br />
und ökonomischer Status, Ausbildung und Spezialisierung, politische<br />
Überzeugung/Neigung etc.) gehen in das wissenschaftliche Tun als<br />
ein keineswegs voraussetzungsloses und wertfreies Geschäft ein. Wer sich<br />
als Wissenschaftler o<strong>de</strong>r Wissenschaftlerin <strong>de</strong>r eigenen Wahrnehmungsbe-<br />
11
dingungen und -grenzen nicht vergewissert, läuft Gefahr, bedingte Urteile<br />
und Auffassungen zu verabsolutieren und damit die Schwelle von Wissenschaft<br />
zu I<strong>de</strong>ologie zu überschreiten, weil Partikulares unter <strong>de</strong>r Hand als<br />
Universales behauptet wird. Das Bemühen um Objektivität wird unterstützt<br />
durch das Wissen um die Bedingtheiten <strong>de</strong>r eigenen Perspektive.<br />
Das gilt auch für <strong>de</strong>n bekenntnisbezogenen Wahrnehmungs- und Verstehenshorizont<br />
<strong>de</strong>r Christlichen Sozialethik.<br />
Orte/Institutionen: Eine Rolle spielt auch, in welchen institutionellen<br />
Zusammenhängen Sozialethik betrieben wird. Als Wissenschaft ist sie in<br />
unseren Breiten in <strong>de</strong>r Regel <strong>de</strong>r Institution Universität/Hochschule zugeordnet;<br />
aber es gibt auch an<strong>de</strong>re Orte: außeruniversitäre Forschungsinstitute,<br />
verbandliche Zusammenhänge, kirchliche Einrichtungen. Menschen<br />
arbeiten darin unter je unterschiedlichen Bedingungen, mehr o<strong>de</strong>r weniger<br />
unabhängig, mit o<strong>de</strong>r ohne Aufträge, Interessen und Erwartungen Dritter,<br />
mit o<strong>de</strong>r ohne Zielvorgaben etc. Alles dies ist nicht ohne Einfluss darauf,<br />
wie Sozialethik betrieben wird, welche Themen und Fragen vorrangig<br />
bearbeitet, welche Ziele verfolgt, welche Kommunikationswege genutzt<br />
wer<strong>de</strong>n, um nur einige Aspekte anzu<strong>de</strong>uten.<br />
Gesellschaft: Die Gesellschaften, <strong>de</strong>ren Strukturen und Probleme sozialethisch<br />
untersucht wer<strong>de</strong>n, „liefern“ nicht nur Gegenstän<strong>de</strong> für die<br />
Wissenschaft, son<strong>de</strong>rn sind selbst als Kontext wahrzunehmen: Politische<br />
und ökonomische Zusammenhänge, ein Gefüge gesellschaftlich anerkannter<br />
Werte, kultureller Selbstverständlichkeiten und Verständigungsmuster<br />
formen ein komplexes Bedingungsfeld, das eine kontextbewusste<br />
Sozialethik be<strong>de</strong>nken muss, um Reichweite und Grenzen <strong>de</strong>r Wahrnehmung,<br />
<strong>de</strong>r Analyse sowie <strong>de</strong>r Vermittlungsfähigkeit <strong>de</strong>s eigenen wissenschaftlichen<br />
Anspruchs bestimmen zu können. Das ist zugleich eine Voraussetzung<br />
dafür, dass auch Verständigungsprozesse über <strong>de</strong>n „eigenen“<br />
gesellschaftlichen Kontext hinaus auf wissenschaftlicher und gesellschaftlich-politischer<br />
Ebene gelingen können. Die Debatten um Globalisierungsprozesse<br />
und weltweite Verteilungsprobleme ebenso wie die Bemühungen<br />
um interkulturelle Verständigung über menschenrechtliche Standards<br />
haben dazu beigetragen, diesen Aspekt <strong>de</strong>r Kontextualität im „kollektiven“<br />
Bewusstsein <strong>de</strong>r Christlichen Sozialethik zu verankern. An<strong>de</strong>re<br />
Kontextfaktoren wer<strong>de</strong>n hingegen bisher viel weniger berücksichtigt, z. B.<br />
die Differenz in <strong>de</strong>n Erfahrungszusammenhängen und Perspektiven von<br />
Frauen und Männern innerhalb ein und <strong>de</strong>rselben Gesellschaft wie in<br />
internationalen und globalen Handlungsfel<strong>de</strong>rn. 11<br />
Lerngelegenheiten: Kontextgebun<strong>de</strong>nheit ist zwar unausweichlich<br />
gegeben, wird aber nicht selbstverständlich wahrgenommen. Sie muss<br />
12
<strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>n Wissenschaft Treiben<strong>de</strong>n ausdrücklich bewusst wer<strong>de</strong>n. Das<br />
geschieht vor allem in Kommunikation und Konfrontation mit an<strong>de</strong>ren<br />
Kontexten. Grenzüberschreitungen bieten Lernmöglichkeiten: Sie beginnen<br />
innerhalb <strong>de</strong>s theologisch-ethischen Diskursraums, z. B. in Prozessen<br />
ökumenischer Verständigung zwischen <strong>de</strong>n Konfessionen und ihren<br />
unterschiedlichen, die Gegenwartsdiskurse prägen<strong>de</strong>n Traditionen. Der<br />
Konsultationsprozess zur Vorbereitung <strong>de</strong>s Gemeinsamen Sozialwortes<br />
„Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit“ (1997) war z. B. eine<br />
ausgezeichnete Gelegenheit zu einer ökumenischen Schärfung <strong>de</strong>r<br />
Wahrnehmung. Interreligiöse und interkulturelle Verständigungsprozesse<br />
– z. B. in Menschenrechtsfragen – bil<strong>de</strong>n heute ein zunehmend wichtiger<br />
wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Erfahrungsfeld (beispielhaft sei auf <strong>de</strong>n Arbeitskreis Christlich-islamischer<br />
Dialog in sozialethischen Fragen verwiesen, <strong>de</strong>r am<br />
Katholisch-Sozialen Institut <strong>de</strong>r Erzdiözese Köln in Bad Honnef eingerichtet<br />
wor<strong>de</strong>n ist). Für die Sozialethik grundlegend sind interdisziplinäre<br />
Verständigungen im Bereich <strong>de</strong>r Sozial- und Humanwissenschaften, die<br />
unausweichlich mit <strong>de</strong>r Überschreitung von Grenzen zwischen verschie<strong>de</strong>nen<br />
Wissenschaftskulturen und –sprachen, Erkenntnisinteressen, Denkstilen<br />
und Paradigmen einhergehen und die Beteiligten zum wechselseitigen<br />
Lernen und Ringen um Verstehen provozieren. Exposure-Projekte und<br />
Lernreisen zum Kennenlernen frem<strong>de</strong>r sozialer, kultureller und geographischer<br />
Kontexte sind insbeson<strong>de</strong>re in <strong>de</strong>r Arbeit an Fragen sozialer Gerechtigkeit<br />
in internationalen und globalen Horizonten Instrumente, die helfen,<br />
die (Grenzen <strong>de</strong>r) eigenen Perspektiven auszuloten und mit an<strong>de</strong>ren<br />
Wahrnehmungen und Urteilsbildungen zu korrelieren.<br />
Die „Option für die Armen“ – <strong>de</strong>r sozialethische Perspektivenwechsel<br />
Im Schnittpunkt <strong>de</strong>r bisher entwickelten Überlegungen erschließt sich als<br />
drittes Merkmal die Optionalität <strong>de</strong>r Christlichen Sozialethik: Sie bezieht<br />
einen Standpunkt, von <strong>de</strong>m her sie die Fragen nach <strong>de</strong>r Gerechtigkeit <strong>de</strong>r<br />
Gesellschaft entwickelt. Dieser Standpunkt ist geprägt durch die theologische<br />
Leitperspektive <strong>de</strong>r Befreiung zu einem Leben, das sich <strong>de</strong>r Gabe<br />
Gottes verdankt und das für diese Gabe Zeugnis ablegt, in<strong>de</strong>m es <strong>de</strong>n Zusammenhang<br />
von Gottes- und Nächstenliebe zum Maßstab <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lns<br />
erhebt. Unter diesem Vorzeichen ist <strong>de</strong>r Einsatz für Gerechtigkeit und<br />
Frie<strong>de</strong>n die notwendige politische Konsequenz <strong>de</strong>s Liebesgebotes. Die<br />
biblische Botschaft <strong>de</strong>r Befreiung <strong>de</strong>s Gottesvolkes durch Gott zu einem<br />
Leben als und in gerechter Gesellschaft bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Horizont, in <strong>de</strong>m gesellschaftliche<br />
Verhältnisse und Strukturen als Gestaltungsaufgabe entziffert,<br />
kritisch beleuchtet und verän<strong>de</strong>rungsorientiert bearbeitet wer<strong>de</strong>n.<br />
13
Der theologische Topos <strong>de</strong>r Option für die Armen bün<strong>de</strong>lt diese Programmatik.<br />
Die lehramtliche Sozialverkündigung und die Christliche Sozialethik<br />
verdanken dies <strong>de</strong>m Umkehrprozess lateinamerikanischer Ortskirchen<br />
zu einer Kirche <strong>de</strong>r Armen 12 und <strong>de</strong>n diesen Prozess begleiten<strong>de</strong>n<br />
kontextuellen Theologien (Theologien <strong>de</strong>r Befreiung) sowie <strong>de</strong>ren Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
mit <strong>de</strong>r Tradition <strong>de</strong>r katholischen Soziallehre vor <strong>de</strong>m<br />
Zweiten Vatikanischen Konzil; Papst Johannes Paul II. hat die Option für<br />
die Armen ebenso wie die befreiungstheologische Re<strong>de</strong> von „Strukturen<br />
<strong>de</strong>r Sün<strong>de</strong>“ in <strong>de</strong>r Enzyklika Sollicitudo rei socialis (1987) in die gesamtkirchliche<br />
Sozialverkündigung eingeführt und damit die notwendige<br />
Optionalität <strong>de</strong>r Christlichen Sozialethik unterstrichen.<br />
„Eine Option für die Armen zu treffen be<strong>de</strong>utet, Wi<strong>de</strong>rstand zu leisten<br />
gegen die nahezu alle Bereiche <strong>de</strong>s öffentlichen Lebens durchdringen<strong>de</strong><br />
Ungerechtigkeit, Unterdrückung, Ausbeutung und Marginalisierung von<br />
Menschen. Es ist eine Verpflichtung zur Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Gesellschaft, so<br />
daß ein Ort entsteht, an <strong>de</strong>m Menschenrechte und die Wür<strong>de</strong> aller geachtet<br />
wer<strong>de</strong>n.“ 13 Die Option für die Armen be<strong>de</strong>utet also zunächst die (immer<br />
wie<strong>de</strong>r neu einzulösen<strong>de</strong>) Grun<strong>de</strong>ntscheidung für einen bestimmten Standpunkt<br />
und ein bestimmtes Engagement. Sie richtet sich an Christinnen und<br />
Christen, auch in ihrer Funktion als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.<br />
Wer – hierzulan<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Regel als Nicht-Arme(r) – diesen<br />
Standpunkt wählt, muss einen Perspektivenwechsel vollziehen. Die von<br />
<strong>de</strong>r Christlichen Sozialethik zu leisten<strong>de</strong> wissenschaftliche Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
mit <strong>de</strong>n Gerechtigkeitsfragen <strong>de</strong>r (Welt)- Gesellschaft gewinnt<br />
von hierher eine nicht beliebig zu än<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Richtung.<br />
Die Option hat eine sozialethische und politische Dimension, <strong>de</strong>nn die<br />
standpunktgeleitete Wahrnehmung ruft nach Konsequenzen. Sie drängt<br />
gegen die Bewahrung eines von strukturellen Ungerechtigkeiten bestimmten<br />
Status quo auf die Verän<strong>de</strong>rung sozialer, ökonomischer, politischer,<br />
ökologischer und kultureller Verhältnisse. Die Richtung <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung<br />
ist durch das Ziel bestimmt, die Armen und Ausgeschlossenen als Subjekte<br />
in ihr Recht zu setzen; in <strong>de</strong>r Option steckt <strong>de</strong>mnach ein Kriterium<br />
gesellschaftlicher (sozialer) Gerechtigkeit. Das hat zuerst <strong>de</strong>r Wirtschaftshirtenbrief<br />
<strong>de</strong>r US-Amerikanischen Bischöfe „Wirtschaftliche Gerechtigkeit<br />
für alle“ (1986) 14 formuliert; das Gemeinsame Wort <strong>de</strong>r Kirchen zur<br />
wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland „Für eine Zukunft in<br />
Solidarität und Gerechtigkeit“ (1997) hat <strong>de</strong>n Gedanken aufgenommen:<br />
„In <strong>de</strong>r Perspektive einer christlichen Ethik muß darum alles Han<strong>de</strong>ln und<br />
Entschei<strong>de</strong>n in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft an <strong>de</strong>r Frage gemessen<br />
14
wer<strong>de</strong>n, inwiefern es die Armen betrifft, ihnen nützt und sie zu eigenverantwortlichem<br />
Han<strong>de</strong>ln befähigt.“ 15<br />
Gera<strong>de</strong> im Blick auf die komplexen Abhängigkeitsverhältnisse und<br />
Vernetzungen in <strong>de</strong>r Weltgesellschaft muss die Sozialethik sehr fein<br />
justierte Instrumente <strong>de</strong>r Wahrnehmung und <strong>de</strong>r Kritik von Ungerechtigkeiten,<br />
Ausschlussphänomenen und verweigerten Lebenschancen entwickeln,<br />
um aufzu<strong>de</strong>cken, dass, wo und wodurch strukturelle Benachteiligung<br />
geschieht, dass, wo und wodurch Menschen und Menschengruppen<br />
im unausgeleuchteten Hintergrund bleiben. Sie muss solche Zusammenhänge<br />
kritisieren und argumentativ fundierte Vorschläge zur Durchbrechung<br />
und Überwindung entsprechen<strong>de</strong>r Konstellationen erarbeiten. Die<br />
konsequente Ausrichtung an <strong>de</strong>n For<strong>de</strong>rungen nach gerechter Verteilung<br />
und Beteiligung für alle muss als ethisches Prüfkriterium gesellschaftlicher<br />
Verhältnisse stark gemacht wer<strong>de</strong>n. Dies setzt voraus, dass im<br />
Wissen um die Begrenztheit je<strong>de</strong>r einzelnen Perspektive nicht eine einzige<br />
Sichtweise, in wessen Autorität auch immer, zur universalen erklärt wird.<br />
Vielmehr muss sozialethische Wahrnehmung systematisch die Vielfalt<br />
von Kontextbedingungen und Wahrnehmungsperspektiven bearbeiten,<br />
d. h. das Instrument <strong>de</strong>s Perspektivenwechsels zugunsten <strong>de</strong>rer einsetzen,<br />
<strong>de</strong>ren Perspektive sonst unartikuliert bleibt.<br />
Anmerkungen<br />
1 Chenu, M.-D., Volk Gottes in <strong>de</strong>r Welt, Pa<strong>de</strong>rborn 1968, 62; vgl. auch Heimbach-<br />
Steins, M., Einmischung und Anwaltschaft. Für eine diakonische und<br />
prophetische Kirche, Ostfil<strong>de</strong>rn 2001, 52 – 56.<br />
2 Vgl. Kaufmann, L./Klein, N., Johannes XXIII. Prophetie im Vermächtnis,<br />
Fribourg-Brig 1990, 22 – 55.<br />
3 Vgl. PT 39 – 45; 75 – 79; 126 – 129; 142 – 145; nur das letzte Kapitel (Pastorale<br />
Weisungen) ist an<strong>de</strong>rs aufgebaut.<br />
4 Dies spiegelt sich auch in <strong>de</strong>r außeror<strong>de</strong>ntlich breiten Themenpalette, die gera<strong>de</strong><br />
die jüngste Sozialenzyklika Papst Benedikts XVI. Caritas in veritate (2009)<br />
angesprochen und als Gegenstand von Verantwortung je unterschiedlicher<br />
Akteure reflektiert hat.<br />
5 Vgl. Heimbach-Steins, M., Bibel und Ethik – im Gespräch, Theologie und Glaube<br />
101 (2011) 315 – 337 [i. Dr.].<br />
6 Vgl. Päpstliche Bibelkommission, Bibel und Moral. Biblische Wurzeln <strong>de</strong>s<br />
christlichen Han<strong>de</strong>lns, 11. Mai 2008, (Verlautbarungen <strong>de</strong>s Apostolischen Stuhls<br />
Nr. 184), hg. vom Sekretariat <strong>de</strong>r Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 2009.<br />
7 Vgl. Heimbach-Steins, M., Kirchliche Sozialverkündigung. Eine Lesehilfe zu <strong>de</strong>n<br />
Dokumenten, in: Heimbach-Steins, M. (Hrsg.), Christliche Sozialethik. Ein<br />
Lehrbuch, Band 1: Grundlagen, Regensburg: Pustet-Verlag 2004, 200 – 219.<br />
15
8 Chenu, M.-D., Kirchliche Soziallehre im Wan<strong>de</strong>l. Das Ringen <strong>de</strong>r Kirche um das<br />
Verständnis <strong>de</strong>r gesellschaftlichen Wirklichkeit, Fribourg-Luzern 1991.<br />
9 Vgl. Heimbach-Steins, M., Einmischung und Anwaltschaft. Für eine diakonische<br />
und prophetische Kirche, Ostfil<strong>de</strong>rn 2001.<br />
10 Vgl. Heimbach-Steins, M., Sozialethik als kontextuelle theologische Ethik – Eine<br />
programmatische Skizze, in: JCSW 43 (2002) 46 – 64.<br />
11 Vgl. Ammicht Quinn, R., Re-Vision von Wissenschaft und Glaube: Zur<br />
Geschlechterdifferenz in <strong>de</strong>r Theologie, in: Bußmann, H./Hof, R. (Hrsg.), Genus.<br />
Geschlechterforschung / Gen<strong>de</strong>r Studies in <strong>de</strong>n Kultur- und Sozialwissenschaften.<br />
Ein Handbuch, Stuttgart 2005, 558 – 594; Heimbach-Steins, M. „… nicht mehr<br />
Mann und Frau“ (Gal 3,28). Sozialethische Studien zu Geschlechterverhältnis und<br />
Geschlechtergerechtigkeit, Regensburg 2009.<br />
12 Collet, G., „Den Bedürftigsten solidarisch verpflichtet“. Implikationen einer<br />
authentischen Re<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Option für die Armen, in: JCSW 33 (1992) 67 – 84.<br />
13 Dorr, D., Art. Poor, Preferential Option For, in: Dwyer, J. (Ed.), The New<br />
Dictionary of Catholic Social Thought, Collegeville (Minn.) 1994, 755 – 759, 755<br />
(Übersetzung mhs).<br />
14 Vgl. Gegen Unmenschlichkeit in <strong>de</strong>r Wirtschaft. Der Hirtenbrief <strong>de</strong>r Katholischen<br />
Bischöfe <strong>de</strong>r USA „Wirtschaftliche Gerechtigkeit für alle“ [1986], Freiburg-<br />
Basel-Wien 1987.<br />
15 Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit. Wort <strong>de</strong>s Rates <strong>de</strong>r<br />
Evangelischen Kirche in Deutschland und <strong>de</strong>r Deutschen Bischofskonferenz zur<br />
wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland, hg. vom Sekretariat <strong>de</strong>r<br />
Deutschen Bischofskonferenz und vom Kirchenamt <strong>de</strong>r EKD, Bonn u. Hannover<br />
1997 (Gemeinsame Texte 9), Nr. 107.<br />
Zur Person <strong>de</strong>r Verfasserin:<br />
Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins ist Direktorin <strong>de</strong>s Instituts für Christliche<br />
Sozialwissenschaften an <strong>de</strong>r Universität Münster.<br />
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