Boaz Farm - FCGW
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Projekt: Boaz Farm Rehabilitation & Wiedereingliederung in der Landwirtschaft Târgu Mureş, Rumänien ICA Rumänien / Schweiz
- Seite 2 und 3: Kurzbeschrieb Boaz Farm steht für
- Seite 4 und 5: Die Roma Die soziale Situation der
- Seite 6 und 7: Erfahrung eines Strafentlassenen Im
- Seite 8 und 9: Gesamtkonzept Die Arbeit wird nach
- Seite 10 und 11: Projektstandort Das Dorf, in dem wi
- Seite 12 und 13: Projektteam Bernd Roller, Projektle
Projekt:<br />
<strong>Boaz</strong> <strong>Farm</strong><br />
Rehabilitation & Wiedereingliederung<br />
in der Landwirtschaft<br />
Târgu Mureş, Rumänien<br />
ICA Rumänien / Schweiz
Kurzbeschrieb<br />
<strong>Boaz</strong> <strong>Farm</strong> steht für Rehabilitation und Eingliederung sozial randständiger Menschen in<br />
Târgu Mures Rumänien:<br />
Auf einem landwirtschaftlichen Betrieb mit Wohnplätzen bieten wir arbeitslosen Roma und<br />
Strafentlassenen eine Hilfe zur Wiedereingliederung in die Arbeitswelt an. Durch<br />
praxisbezogene und im Arbeitsprozess integrierte Ausbildung und durch gemeinsames<br />
Wohnen in einer Hausgemeinschaft sollen sie in ihrer Eigenverantwortung und in ihrer<br />
Verantwortung als Teil der Gesellschaft wachsen und in ihren Fähigkeiten gefördert werden.<br />
Das Ziel ist nicht, eine grosse Institution aufzubauen, vielmehr soll das Projekt eine<br />
Vorbildfunktion einnehmen und durch Multiplikation (Nachahmung) eine weiter reichende<br />
Wirkung erzielen.<br />
Der Betrieb soll wirtschaftlich geführt werden. Eine grösstmögliche Eigenfinanzierung wird<br />
angestrebt.<br />
Der Name <strong>Boaz</strong> <strong>Farm</strong> bezieht sich auf den biblischen Boas. Er war ein angesehener<br />
Landwirt, der ein grosszügiges und barmherziges Herz hatte für eine arme Frau, die bei<br />
ihm Hilfe suchte.<br />
1
Zusammenarbeit<br />
Das Projekt <strong>Boaz</strong> <strong>Farm</strong> soll in Zusammenarbeit mit der bestehenden Arbeit von ICA<br />
Rumänien entstehen.<br />
Seit mehreren Jahren arbeitet ICA unter Roma in den Slumvierteln der Stadt Târgu Mureş.<br />
Sie arbeiten punktuell mit humanitärer Hilfe im herkömmlichen Sinne, wie z. B.<br />
Hilfsgütern.<br />
Ihr Schwerpunkt aber ist es, nachhaltig in Menschen zu investieren, indem sie ihnen<br />
Wertschätzung vermitteln, ihnen seelsorgerlich zur Seite stehen und Wege aufzeigen, wie<br />
sie eigenverantwortlich ihre Situation meistern und verbessern können. ICA hilft individuell<br />
und will dabei keine Abhängigkeiten schaffen.<br />
ICA veranstaltet wöchentlich Kinderprogramme, regelmässige Treffen für Obdachlose und<br />
Sommercamps für Kinder und Familien. Es bestehen auch gute Kontakte zu Schulen und zur<br />
Stadtregierung.<br />
2
Die Roma<br />
Die soziale Situation der Roma in Rumänien ist sehr problematisch und wird vom Staat<br />
weitgehend ignoriert und totgeschwiegen. Die rasant wachsende Volksgruppe lebt<br />
buchstäblich am Rande der Gesellschaft. Die Armut ist oft gross, die<br />
Gesundheitsversorgung schlecht, die Arbeitslosigkeit sehr hoch. Diese und andere<br />
Umstände führen auch zu erhöhter Kriminalität unter den Roma.<br />
In der rumänischen Bevölkerung erfahren die Roma nur schlechte Akzeptanz und es<br />
herrschen viele, leider in vielen Fällen berechtigte „Vorurteile“. Diese erschweren ihre<br />
Integration in die Gesellschaft, selbst dann, wenn sie von Seiten der Roma angestrebt<br />
wird. Diese wollen sich oft selber nicht mehr „Zigeuner“ nennen, weil dieses Wort so<br />
negativ belastet ist. Dieses Gefühl minderwertig zu sein, lähmt die Roma enorm.<br />
Vom Staat wird wenig getan um dieser Problematik zu begegnen. Es gibt einzelne<br />
Programme, um die Situation zu verbessern, beispielsweise die „zweite Chance“ den<br />
Schulabschluss zu machen. In den Dörfern sind Beauftragte dafür angestellt, die Roma<br />
sozial zu betreuen. Das persönliche Engagement dieser Beauftragten ist aber oft sehr klein.<br />
3
Strafentlassene<br />
Strafentlassene haben in Rumänien allgemein wenig Chancen wieder eine Arbeitsstelle zu<br />
finden. Seitens des rumänischen Staates gibt es kaum wiedereingliedernde Massnahmen<br />
und auch kaum Unterstützung für solche Einrichtungen.<br />
Ein Mitarbeiter von ICA besucht regelmässig Strafgefangene im örtlichen Gefängnis und ICA<br />
hält, wenn sie es wünschen, auch nach ihrer Entlassung Kontakt zu ihnen. Dies ermutigt<br />
und bestärkt die Strafentlassenen, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren.<br />
Ohne konkrete wiedereingliedernde Massnahmen ist aber die Wahrscheinlichkeit für den<br />
Rückfall in eine kriminelle Laufbahn sehr gross.<br />
Im folgenden Bericht erzählt ein Strafentlassener von seiner Erfahrung.<br />
4
Erfahrung eines<br />
Strafentlassenen<br />
Im Ganzen war ich neun Jahre lang im Gefängnis. Ich war angeklagt wegen Diebstahl, doch<br />
meine Strafe wurde immer wieder verlängert. Am 25. August 2006 wurde ich dann<br />
entlassen. Damals war ich 43 Jahre alt. Uns hatte niemand auf die Freiheit vorbereitet.<br />
Mein Plan war, Arbeit zu finden und dann später eine Firma zu gründen. Ich besass ca. 2000<br />
RON die ich mir durch verschiedenste Arbeiten während meiner Haft erspart hatte.<br />
Als ich entlassen wurde, bestätigte sich meine Vermutung, dass meine Mutter inzwischen<br />
verstorben war.<br />
Ich ging deshalb auf den Markt, um bei Bekannten die Adresse meiner Schwester ausfindig<br />
zu machen. Meine Schwester war damals aber nicht zu Hause und ich begab mich zum<br />
Bahnhof, wo ich meine alten Freunde traf. Dort verbrachte ich dann auch meine erste<br />
Nacht in der Freiheit. Später fand ich dann meine Schwester und wohnte bei ihr.<br />
Ein Platz, wo ich etwas hätte essen können und wo ich hätte Ruhe finden können, wäre mir<br />
eine sehr grosse Hilfe gewesen. Ich war damals krank und hatte Ruhe nötig. Einen Platz auf<br />
dem Land, weg von der Stadt, wäre dazu ideal gewesen.<br />
5
Die Vision<br />
Der Grundgedanke: Arbeits- und Wohnplätze für Strafentlassene anzubieten, sowie<br />
zusätzlich einige Arbeitsplätze zu schaffen.<br />
Die Vision reicht aber weiter!<br />
Diese Menschen, die vorher am Rand der Gesellschaft standen, sollen zu aktiven<br />
Mitgliedern der rumänischen Gesellschaft werden, eine Existenzgrundlage haben und sich,<br />
und ihre Familien versorgen können.<br />
Sie sollen Verantwortung übernehmen können, nicht nur für sich selber, sondern auch für<br />
ihre Familien und für bedürftige Menschen in ihrem sozialen Umfeld.<br />
6<br />
Ehemalige Strafgefangene und andere Menschen, die für eine bestimmte Zeit auf der <strong>Boaz</strong><br />
<strong>Farm</strong> gelebt und gearbeitet haben, sollen nach ihrem Aufenthalt eine Arbeitsstelle finden<br />
und wieder in ihr altes Umfeld ziehen.<br />
Es besteht auch die Möglichkeit, dass wir bewährte Arbeitskräfte fest anstellen oder sie als<br />
externe Arbeitskraft auf unserem Betrieb beschäftigen.<br />
Im Idealfall werden wir Menschen unterstützen, ihre eigene Existenz aufzubauen. Sie<br />
könnten beispielsweise mit dem bei uns erlernten Know How einen Partnerbetrieb gründen.
Gesamtkonzept<br />
Die Arbeit wird nach christlichen Grundwerten und Grundsätzen geführt, da diese die<br />
beste Basis für einen gesunden und stabilen Lebensstil sind.<br />
Die <strong>Boaz</strong> <strong>Farm</strong> gliedert sich in drei Teilbereiche:<br />
• Landwirtschaftlicher Betrieb<br />
Dieser Teilbereich bietet Arbeitsplätze (feste und temporäre/saisonale) für Arbeitslose.<br />
Strafentlassene werden schrittweise in die Arbeitsprozesse des landwirtschaftlichen<br />
Betriebes integriert, je nach Arbeitsleistung und Fortschritten des Einzelnen.<br />
• Hausgemeinschaft<br />
Mitarbeiter und Klienten leben familienähnlich zusammen. Die Gemeinschaft gibt Halt, soll<br />
aber auch ein Ort sein, wo man sich einbringen und Verantwortung übernehmen kann.<br />
• Ausbildung & Persönlichkeitsentwicklung<br />
Wir wollen eine auf die Klienten ausgerichtete Ausbildung bieten und auch Themen, die<br />
der Integration dienen, behandeln. Dies kann im Arbeitsprozess integriert oder in<br />
Unterrichtsstunden und Gesprächen geschehen.<br />
7
Betriebskonzept<br />
Es soll ein klassischer landwirtschaftlicher Betrieb mit Ackerbau und Tierhaltung<br />
entstehen, der biologisch bewirtschaftet wird.<br />
Der Schwerpunkt soll aber bei Sonderkulturen, wie z. B. Beeren und Gemüse liegen und<br />
deren Verarbeitung zu Säften, Konfitüren, Brotaufstrichen oder Eingelegtem. Mit diesen<br />
Produkten wollen wir den wachsenden rumänischen Biomarkt beliefern.<br />
Um die soziale Arbeit mit Strafentlassenen zu finanzieren werden Teilbereiche des<br />
Betriebes (z.B. Verarbeitung und Vermarktung) ausgegliedert und Gewinn orientiert<br />
geführt. Hier ist hohe Kontinuität und Professionalität erforderlich. Dies kann mit dem<br />
sozialen Faktor nicht immer in Einklang gebracht werden.<br />
Die restlichen Teilbereiche (z. B. landwirtschaftliche Produktion) werden als<br />
Familienbetrieb mit geschützten Arbeitsplätzen geführt, der den wirtschaftlichen Betrieb<br />
beliefert.<br />
8<br />
Die biologische Bewirtschaftung und der Anbau von Sonderkulturen sind arbeitsintensiv.<br />
Dies schafft Arbeitsplätze und ermöglicht viel Teamarbeit. Die Tierhaltung dagegen soll in<br />
einer extensiven Form, wie beispielsweise Mutterkuhhaltung, betrieben werden.
Projektstandort<br />
Das Dorf, in dem wir Land kaufen, ist ein idealer Standort für die <strong>Boaz</strong> <strong>Farm</strong>. Es liegt sehr<br />
ruhig - ohne Handyempfang - eingebettet in einer weiten Hügellandschaft. Trotzdem ist es<br />
nur 25 km von der Transsilvanischen Metropole Târgu Mureş entfernt. Die Hauptstrasse, die<br />
nachTârgu Mureş führt, ist auf einfachen, aber gut zu passierenden Strassen zu erreichen.<br />
Der Boden, die topografischen und klimatischen Verhältnisse sind gut und passen zu den<br />
von uns geplanten Betriebszweigen. Viele der landwirtschaftlichen Flächen liegen seit<br />
Jahren brach, was der biologischen Bewirtschaftung entgegen kommt. Es gibt genügend<br />
Wasser, und Strom ist in ausreichender Spannung vorhanden.<br />
Die Einwohner sind meist schon im fortgeschrittenen Alter, nur einige wenige junge<br />
Familien leben hier. Die älteren Leute haben oft keine Kraft mehr, ihr Land zu bearbeiten<br />
und möchten deshalb gerne verkaufen. So wird die Betriebsfläche vermutlich auch in<br />
Zukunft erweitert werden können.<br />
9
Bauplanung<br />
Die Planungen für die Gebäude sind bereits am Laufen und erste Entwürfe liegen vor.<br />
Für die soziale Arbeit ist ein Gebäude vorgesehen, in dem sich Wohnräume, Küche,<br />
Wäscheraum, Büros und Gemeinschaftsräume befinden.<br />
Je nach Bedarf wird später der Wohnraum durch den Bau einfacher Gebäude erweitert.<br />
Wir streben eine ökologische und energieeffiziente, aber dennoch einfache und<br />
kostengünstige Bauweise an.<br />
Für die Landwirtschaft werden wir eine Halle bauen, die zur Lagerung und Aufbereitung<br />
von Erntegütern und als Maschinenunterstand dient. In der Aufbauphase kann sie aber auch<br />
anderweitig vielfältig genutzt werden.<br />
In der Tierhaltung soll auf jeden Fall auf teure Stallgebäude verzichtet werden indem wir<br />
versuchen, eine ganzjährige Freilandhaltung zu realisieren.<br />
10
Projektteam<br />
Bernd Roller, Projektleiter:<br />
Landwirtschaftsmeister und Betriebsleiter, Erfahrung in Arbeit mit Behinderten in der<br />
Landwirtschaft und in Obdachlosenarbeit, 2 Jahre Erfahrung in rumänischer Landwirtschaft<br />
als Mitarbeiter und Betriebsleiter<br />
Franziska Roller:<br />
Haus- und landwirtschaftliche Ausbildung und Erfahrung auf diesem Gebiet (davon 9<br />
Monate in Rumänien), Praxiserfahrung in einer Drogenrehabilitation (Arbeitsbereich<br />
Hauswirtschaft) und in Obdachlosenarbeit<br />
Andreas Lüscher, Administration und Allrounder:<br />
Praxiserfahrung in einer Drogenrehabilitation (Arbeitsbereich Gartenbau), Erfahrung in<br />
Kinder- und Jugendarbeit in Rumänien auch unter Roma<br />
11
Ausblick<br />
Bernd Roller, Projektleiter:<br />
"Ich träume davon, dass dieses sterbende Dorf neu belebt wird und zwar durch die Leute,<br />
die bei uns ein neues Leben angefangen und neue Perspektive bekommen haben. Könnte es<br />
nicht gelingen, dass das Dorfleben eine echte Alternative zum Stadtleben wird?<br />
Lassen Sie mich ein wenig weiter träumen: viele Häuser werden in den nächsten Jahren<br />
frei werden. Zu fast jedem Haus gehört ein grosser Garten, in dem eine Familie<br />
Lebensmittel für sich selber anbauen kann. Dies wäre eine finanzielle Entlastung, denn<br />
Lebensmittel sind sehr teuer in Rumänien. Aber sie könnten auch im kleinen Stil für unsere<br />
Lebensmittelverarbeitung produzieren und so einen Nebenverdienst erwirtschaften.<br />
12<br />
Ein Traum von mir wäre, die <strong>Boaz</strong> <strong>Farm</strong> mit einem handwerklichen Betriebszweig zu<br />
ergänzen. Dies würde ermöglichen, dass wir noch mehr Leute bei uns beschäftigen<br />
könnten.<br />
Vielleicht könnte einer von unseren Leuten im Dorf ein Gewerbe anfangen, das ihm ein<br />
Einkommen ermöglicht und auch anderen einen Arbeitsplatz bietet."