Versionsbildung als Unterdrückungsinstrument der ... - Kriminalistik
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Weihmann, <strong>Versionsbildung</strong>, Stand: 22.5.2013,<br />
www.weihmann.info<br />
Da die Strafverfolgung in <strong>der</strong> DDR ein „Sicherheitsrelevanter Bereich“ war, unterlag<br />
sie, auch an den Hochschulen, <strong>der</strong> ständigen Überwachung durch den Staatssicherheitsdienst.<br />
107 Unter seiner Aufsicht wurde somit auch die kriminalistische Beweisführung<br />
<strong>der</strong> marxistisch-leninistischen Ideologie angepasst. 108 Insbeson<strong>der</strong>e mit <strong>der</strong><br />
f<strong>als</strong>chen Behauptung, das Ergebnis <strong>der</strong> kriminalistischen Ermittlungen führe zur<br />
Wahrheit und Gewissheit. Dazu Stelzer: „Die bürgerlichen Juristen halten es für<br />
unmöglich, im Strafprozess Gewissheit zu erlangen. … Die völlige Unhaltbarkeit<br />
dieser subjektiv-idealistischen Konzeptionen ist bereits seit langem bewiesen. Die<br />
marxistische Theorie lehrt, und das Leben bestätigt es ständig, dass <strong>der</strong> Mensch fähig<br />
ist, die Wirklichkeit richtig, d. h. adäquat wi<strong>der</strong>zuspiegeln“. 109 Das hatte aber zur<br />
Folge, dass die bisher an <strong>der</strong> Humboldt-Universität gelehrt „Analyse“ ersetzt werden<br />
musste. 110<br />
Das tat die DDR mit <strong>der</strong> <strong>Versionsbildung</strong>, die in <strong>der</strong> UdSSR 111 entwickelt wurde.<br />
Doch die Version hatte einen an<strong>der</strong>en Zweck, <strong>als</strong> die DDR-Autoren heute angeben.<br />
„Die Version diente […] ursprünglich <strong>der</strong> Lösung von beweisrechtlichen und an<strong>der</strong>en<br />
juristischen Aufgabenstellungen, nicht <strong>der</strong> Klärung offener bzw. ungeklärter<br />
kriminalistischer Fragestellungen.“ 112<br />
Stelzer beschreibt die Version aber so: „Logische Operationen sind organischer Bestandteil<br />
je<strong>der</strong> beliebigen Denktätigkeit. Eine solche logische Form stellt die Hypothese<br />
o<strong>der</strong>, wie die [DDR-] Kriminalisten sagen, die Version, dar, die man <strong>als</strong> ein<br />
ideelles informatorisch-logisches -ein wahrscheinliches- Modell betrachten kann“. 113<br />
Es war nach <strong>der</strong>en Auffassung das „Kernstück <strong>der</strong> Gedankenarbeit des Kriminalisten,<br />
<strong>der</strong>en Grundlagen insbeson<strong>der</strong>e von sowjetischen Kriminalisten erarbeitet<br />
wurden“. 114 Darüber hinaus wurden sie damit auch ideologisch verpflichtet; nämlich:<br />
„Die kriminalistische Versionstheorie basiert auf <strong>der</strong> marxistisch-leninistischen Erkenntnistheorie<br />
115 -insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Dialektik von relativer und absoluter Wahrheit<br />
und dem Aufsteigen und Vordringen von <strong>der</strong> Ungewissheit zur Gewissheit- und<br />
wendet logische Methoden -unter beson<strong>der</strong>er Berücksichtigung <strong>der</strong> reduktiven- auf<br />
die kriminalistischen Prozesse <strong>der</strong> Aufdeckung, Untersuchung und Verhütung an“. 116<br />
Beispielhaft soll hier auch auf Hermann, hingewiesen werden: „Wissenschaftlichkeit<br />
<strong>der</strong> Beweisführung im Strafverfahren ist somit auch konkreter Ausdruck <strong>der</strong><br />
sozialistischen Parteilichkeit und bedeutet Anwendung <strong>der</strong> gesicherten Erkenntnisse<br />
des Marxismus-Leninismus.“ 117 Die Feststellung <strong>der</strong> objektiven Wahrheit sollte bereits<br />
im Ermittlungsverfahren erfolgen. 118<br />
107 Eppelmann, aaO, Seite 71, und Voigt/Gries, aaO, Seite 2.030<br />
108 Schmelz, a.a.O., Seite 47 ff.<br />
109 Stelzer/Stelzer, aaO, Seite 145<br />
110 Moldenhauer/Böhm/Wardezki, Zu den Grundproblemen <strong>der</strong> Analyse, in: Stelzer, Hg., 1970, aaO,<br />
Seite 5-18<br />
111 Schmelz, a.a.O., Seite 79<br />
112 Schmelz, a.a.O., Seite 87<br />
113 Stelzer/Stelzer, aaO, Seite 162<br />
114 Stelzer, aaO, Band 1, Seite 154<br />
115 Schmelz, a.a.O., Seite 77 ff.<br />
116 Stelzer, aaO, Band 1, Seite 154<br />
117 Hermann, aaO, Seite 42<br />
118 Hahn, Zur Definition des Begriffs „Täterwissen“ und sich daraus ergebende kriminalistische und<br />
prozessrechtliche Konsequenzen für die Überprüfung des Wahrheitsgehalts von Aussagen, in:<br />
Materialien <strong>der</strong> 3. wissenschaftlichen Konferenz des Straf- und Militärkollegiums des Obersten<br />
Gerichts [<strong>der</strong> DDR], vom 25.6.1987, Berlin 1987<br />
(30 Seiten) 16