LEXIKOLOGIE DER DEUTSCHEN GEGENWARTSSPRACHE ...
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Wie die Wortgeschichte von Mühle zeigt, hat das aus dem Lateinischen<br />
entlehnte Wort Mühle das deutsche verdrängt, weil im Mhd. infolge lautlicher<br />
Entwicklung das heimische kurne, kürn Homonyme besaß, Mühle hingegen<br />
monosem war 76 .<br />
Im Konkurrenzkampf der Wörter gehen gewöhnlich monoseme Wortformative<br />
als Sieger hervor: Familie hatte das alte polyseme Wort Haus in dieser<br />
Bedeutung ersetzt, denn Familie war als entlehntes Wort monosem.<br />
Ferner wurde auf Grund der diachronen Analyse festgestellt, dass auch<br />
die Prozesse der Spezialisierung und Generalisierung der Bedeutung nicht<br />
isolierte Bedeutungsentwicklungen einzelner Wörter sind, sondern Folgeerscheinungen<br />
der jeweiligen Veränderungen in den betreffenden synonymischen<br />
Reihen bzw. thematischen Gruppen.<br />
Eine Spezialisierung der Bedeutung tritt gewöhnlich dann ein, wenn<br />
die synonymische Reihe durch neue Lexeme gleichen Sachverhaltes<br />
aufgefüllt wird. So geschah es mit dem Wort Genosse, das im Ahd. ein<br />
vieldeutiges Lexem war und seit der Übernahme der Fremdwörter Kollege,<br />
Kamerad, Kumpan eine spezialisierte Bedeutung „Gesinnungsgenosse“ entwickelte,<br />
was seine Auswertung bei der Anrede unter Angehörigen der Arbeiterparteien<br />
seit 1879 möglich machte 77 .<br />
Die Bedeutungsspezialisierung, genauer Bedeutungsverschlechterung des<br />
Wortes Weib (ahd. w - Ib, neutrale Bezeichnung) erfolgt seit der Auffüllung<br />
der entsprechenden synonymischen Reihe durch die Lexeme Frau (frühere<br />
Bedeutung „Herrscherin“, „adelige Frau“), Frauenzimmer (urspr. eine neutrale<br />
Bezeichnung) 78 .<br />
Somit gewährt die Betrachtung des Wortes im lexikalisch-semantischen<br />
System einen Einblick in die Wechselbeziehungen zwischen extra- und<br />
intralinguistischen Faktoren, die den Bedeutungswandel der Lexik bestimmen.<br />
1.3. WORTSCHATZERWEITERUNG DURCH ÜBERNAHME<br />
AUS AN<strong>DER</strong>EN SPRACHSYSTEMEN (ENTLEHNUNG)<br />
1.3.1. ALLGEMEINES ZUR ART UND FORM LEXIKALISCHER<br />
ENTLEHNUNGEN<br />
Die Entlehnung der Lexik aus einer Sprache in die andere gehört zu den<br />
gesetzmäßigen Folgen der sprachlichen Kontakte auf ökonomischem, politischem,<br />
kulturellem, wissenschaftlichem und sportlichem Gebiet, die es in<br />
der Entwicklungsgeschichte einer jeden Sprache gibt.<br />
Unter dem Terminus Entlehnung versteht man in der einschlägigen Literatur<br />
sowohl den Entlehnungsvorgang, d.h. die Übernahme fremden Sprachgutes,<br />
als auch das Resultat dieses Prozesses — das entlehnte fremde Sprachgut<br />
selbt. In der lexikologischen Forschung sind entlehnte Lexeme und feste<br />
Wortkomplexe Objekte der Analyse.<br />
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