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LEXIKOLOGIE DER DEUTSCHEN GEGENWARTSSPRACHE ...

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1.2.1.4. Der Bedeutungswandel und das lexikalisch-semantische System<br />

Die sprachlichen bzw. intralinguistischen Gründe des Bedeutungswandels<br />

hängen mit der Systemhaftigkeit des Lexikons zusammen. Das Lexikon<br />

bildet eine Struktur, d.h. eine geordnete Schichtung in semantisch-grammatische<br />

und funktionale Klassen. Demnach wird die Entwicklung der sprachlichen<br />

Zeichen (ihrer Formative und Sememe) ständig von der jeweiligen<br />

Anordnung der Lexeme in den verschiedenen lexisch-semantischen Gruppen<br />

bzw. Wortfeldern und von ihren Wechselbeziehungen innerhalb dieser<br />

Gebilde bestimmt und geregelt. Lexeme, die auf Grund ihrer semantischen<br />

Beschaffenheit lexische Mikrostrukturen bilden, weisen in ihrer Entwicklung<br />

bestimmte Regelmäßigkeiten oder Gesetzmäßigkeiten auf71 . In diesem<br />

Zusammenhang besteht auch die Möglichkeit, ein in der semasiologischen<br />

Fachliteratur viel umstrittenes Problem wieder anzuschneiden, ob man in der<br />

semantischen Entwicklung überhaupt von Gesetzmäßigkeit sprechen darf72 .<br />

Eine solche Gesetzmäßigkeit wurde in der Fachliteratur festgestellt. Sie<br />

wird bei verschiedenen Sprachforschern unterschiedlich bezeichnet, das<br />

Wesen aber lässt eine allgemeine oder generelle Tendenz konzipieren.<br />

Diese Gesetzmäßigkeit wurde schon in der älteren Semasiologie im ausgehenden<br />

19. Jahrhundert von Karl Schmidt Deutlichkeitstrieb genannt und<br />

folgendermaßen formuliert: „Wenn ein Wort mehrere Bedeutungen hat, stößt<br />

es unter Umständen die eine oder die andere ab, wenn sich Ersatz dafür<br />

findet“ 73 .<br />

K.Schmidt kam also zu der klaren Erkenntnis, schreibt Kronasser, dass<br />

die Schicksale der Wörter einander beeinflussen74 .<br />

Eine ähnliche Feststellung wurde in unserer Germanistik gemacht75 . Die<br />

Analyse der Bedeutungsentwicklung vieler Wörter ließ folgendes erkennen:<br />

Die Entwicklung der Polysemie, eine Erscheinung, die selbst eine semantische<br />

Gesetzmäßigkeit darstellt (denn die meisten Konkreta einer entwickelten<br />

Sprache sind polysem), wird im System der Sprache regelmäßig von<br />

einem entgegengesetzten Prozess begleitet - der Neutralisierung oder Aufhebung<br />

der lexisch-semantischen Varianten durch Synonyme. Diese Entwicklung<br />

wird anhand der Geschichte des Lexems Art illustriert.<br />

Das Substantiv Art, ahd. art, ist aus dem ahd. Verb erren „den Acker<br />

bestellen“ abgeleitet. Die Bedeutung des ahd. art war zunächst — entsprechend<br />

dem Verb — Acker. Im weiteren wird eine Entwicklung der semantischen<br />

Struktur des Wortes belegt. Es entstehen die anderen Bedeutungen:<br />

art „Feld“, art „Land“ und aus der letzten Bedeutung art „Weise“. Im Mittelhochdeutschen<br />

werden die ehemaligen Bedeutungen des einen Substantivs<br />

nicht mehr als motiviert empfunden, sie wurden Homonyme, denn man<br />

begegnet den Formen: artacker, artlant, artfelt, artwI –<br />

se, die gewissermaßen<br />

als Verdeutlichung gemeint waren. Später wurden diese Homonyme aus<br />

„Deutlichkeitstrieb“ durch die betreffenden Synonyme Acker, Feld, Land<br />

aufgehoben. Geblieben ist nur Art im Sinne „Weise“ und eine stehende tautologische<br />

Wendung Art und Weise. Die Monosemierung des Substantivs ist<br />

auf die Tendenz nach kommunikativer Deutlichkeit zurückzuführen.<br />

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