LEXIKOLOGIE DER DEUTSCHEN GEGENWARTSSPRACHE ...
LEXIKOLOGIE DER DEUTSCHEN GEGENWARTSSPRACHE ...
LEXIKOLOGIE DER DEUTSCHEN GEGENWARTSSPRACHE ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Einen bedeutenden Beitrag zur Polysemie der deutschen Spache hat<br />
I.G.Olšanskij geliefert 59 .<br />
Die semantische Derivation kann erfolgen, indem dasselbe Formativ zur<br />
Bezeichnung nicht nur neuer Sachverhalte verwendet wird, sondern auch<br />
zur Schaffung expressiver, stilistisch markierter Synonyme zu den bestehenden<br />
Lexemen. Sie sind wertenden, meistens abwertenden Charakters. So ist<br />
Huhn nicht nur Bezeichnung einer Geflügelart, sondern auch die einer Person,<br />
vgl. salopp: Dieser Mensch ist ein dummes, verdrehtes, verrücktes Huhn.<br />
Lappen ist nicht nur ein Stück Stoff, Fetzen (zum Waschen, Wischen, Polieren<br />
usw.), sondern eine umgangssprachliche Bezeichnung für Geldschein:<br />
er blätterte einige Lappen auf den Tisch. Waschlappen ist „ein feiger, energieloser,<br />
charakterschwacher, weichlicher Mensch“.<br />
Der Bedeutungswandel kann also ein Semem betreffen und es kann zur<br />
Entwicklung neuer Sememe innerhalb der semantischen Struktur des Lexems<br />
führen.<br />
38<br />
1.2.1.2. Die Ursachen des Bedeutungswandels<br />
Die Ursachen oder Triebkräfte des Bedeutungswandels können außersprachlich<br />
bzw. extralinguistisch und sprachlich bzw. intralinguistisch<br />
sein.<br />
Die allerwichtigste Ursache, die eine Zusammenfassung aller extralinguistischen<br />
Ursachen des Bedeutungswandels darstellt, wird von H. Kronasser<br />
folgenderweise formuliert: „So ist die letzte und oberste Ursache des Bedeutungswandels<br />
in der Divergenz zwischen begrenzter Wortzahl und Unendlichkeit<br />
der Erscheinungen gelegen“ 60 .<br />
Unter den wichtigsten extra- und intralinguistischen Ursachen sind zu<br />
nennen:<br />
1. Die gesellschaftliche Entwicklung mit all ihren vielseitigen Aspekten,<br />
die fortwährend neue (zum Teil durch bestehende Formative ausgedrückte)<br />
Begriffe entstehen lässt.<br />
2. Der Sachwandel, der in den bestehenden sprachlichen Zeichen ebenfalls<br />
den Bedeutungswandel hervorruft.<br />
3. Die Wechselbeziehungen zwischen dem Allgemeinwortschatz und den<br />
Fach- und Sonderwortschätzen: Spezialisierung der Bedeutung beim Wechsel<br />
eines Wortes aus der Allgemeinsprache in die Gruppensprachen, Generalisierung<br />
oder Verallgemeinerung der Bedeutung beim Wechsel eines Wortes<br />
aus der Berufssprache in die Allgemeinsprache („die sozialen Ursachen“).<br />
4. Das Ziel der sprachlichen Tätigkeit, wo zu unterscheiden sind: (l) das<br />
Streben nach Ausdrucksverstärkung oder der Affekt; (2) das Streben nach<br />
Ausdrucksabschwächung oder der Euphemismus.<br />
Die extra- und intralinguistischen Ursachen des Bedeutungswandels sind<br />
nicht in gleichem Maße erforscht. Am besten sind in der älteren Semasiologie<br />
verschiedenartige Zusammenhänge zwischen Veränderlichkeit von<br />
Gegenständen und Erscheinungen der objektiven Realität und Bedeutungsveränderlichkeit<br />
untersucht (extralinguistische Ursachen). Viel weniger ka-