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LEXIKOLOGIE DER DEUTSCHEN GEGENWARTSSPRACHE ...

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1.1.4.2.4. Semantische Felder, lexikalisch-semantische Gruppen<br />

Einen weiteren Einblick in paradigmatische Bedeutungsbeziehungen der<br />

Wörter im lexikalisch-semantischen System ermöglicht die Wortfeldforschung<br />

in ihrer theoretischen und empirischen Entwicklung der letzten Jahrzehnte.<br />

Das Wortfeld ist ein lexikalisch-semantisches Paradigma höherer<br />

Ordnung als Synonymgruppen.<br />

Der Begriff des Feldes wurde von G.Ipsen eingeführt (1924), der sich<br />

darunter eine bestimmte „Sinneinheit höherer Ordnung“ vorstellte, die sich<br />

aus Wörtern bildet, wobei die Wörter nicht nach ihrer etymologischen Zusammengehörigkeit<br />

gruppiert werden, sondern nach ihrem gegenständlichen<br />

Sinngehalt. Mit anderen Worten, Lexeme, die etymologisch und assoziativ<br />

miteinander nicht verbunden zu sein brauchen, fügen sich zu einem Mosaik<br />

zusammen, und alle zusammen gehen in „einer Sinneinheit höherer Ordnung“<br />

auf.<br />

In der Wortforschung seit G.Ipsen gab es zahlreiche Versuche, die Lexik<br />

in Wortfelder zu gliedern. Von W.Porzig stammt die Theorie der syntaktischen<br />

Felder 49 . Syntaktische Felder entstehen durch die „wesenhaften Bedeutungsbeziehungen“,<br />

die zwischen Wörtern bestehen, die linear d.h. durch<br />

die semantische Fügungspotenz, zu einer Redekette verbunden werden können.<br />

So setzt das Verb greifen die Verbindung mit Hand voraus; sehen —<br />

das Auge; reiten — das Pferd; bellen — der Hund; oder: blond — menschliches<br />

Haar u.ä.<br />

In der Geschichte der Wortfeldforschung sind ferner die Konzeptionen<br />

der Wortfelder von J.Trier 50 und L.Weisgerber 51 zu nennen, die in der Fachliteratur<br />

mehrfach kritisch besprochen wurden. Kritisiert wurden vor allem<br />

die Auffassungen der Autoren vom Wesen der Sprache und ihrer Einheiten,<br />

wonach diese angeblich dem Menschen a priori eigen seien und das Denken<br />

des Menschen formen. Das Bedeutungssystem der Sprache sei nach einem<br />

vorgefassten Plan entstanden und ausgebaut und werde von geheimnisvollen<br />

geistigen Kräften der Sprachgemeinschaft geformt.<br />

Das Einzelwort trägt nach J.Trier keine Bedeutung. Es „empfängt seine<br />

inhaltliche Bestimmtheit vom Gefüge des Ganzen“. Es „bedeutet“ nur in<br />

diesem Ganzen und kraft dieses Ganzen. Die Geltung eines Wortes werde<br />

erst dann erkannt, wenn man sie gegen Geltung benachbarter und gegensätzlicher<br />

Wörter abgrenzt, denn nur im Feld gebe es ein Bedeuten.<br />

Die praktische Schlussfolgerung aus Triers Wortfeldtheorie, nämlich —<br />

das Wort einer Sprache könne erlernt und richtig gebraucht werden, wenn<br />

dem Sprechenden das ganze Feld gegenwärtig sei — hat sich experimentell<br />

nicht bestätigt.<br />

Diese Konzeption der Wortfeldtheorie wurde von L.Weisgerber besonders<br />

konsequent entwickelt, ganz im Sinne des Neohumboldtianismus, d.h.<br />

in Bezug auf das Wesen der Sprache, die Bedeutung der Einzelwörter u.a.<br />

Betrachtet man aber die Gliederung der Wörter in Wortfelder als Resultat<br />

einer realen sprachlichen Entwicklung des Wortschatzes, so erweist<br />

sich die Wortfeldforschung äußerst produktiv.<br />

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