LEXIKOLOGIE DER DEUTSCHEN GEGENWARTSSPRACHE ...

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28 Zeit Farbe Sprechtätigkeit früh spät hell dunkel reden schweigen Im Falle der Antonymie unterscheiden sich also die Lexeme in einem wesentlichen Bedeutungselement bzw. Sem, das den Charakter der Gegensätzlichkeit genereller Art hat. Da kategorial-semantische Seme sowie die zentralen lexikalischen Seme bei antonymischen Wörtern übereinstimmend sein müssen, sind Antonyme nur als Spracheinheiten gleicher Wortart denkbar. Man unterscheidet den kontradiktorischen Gegensatz (Sein — Nichtsein, Armut — Reichtum, Liebe — Hass, Möglichkeit — Unmöglichkeit, jeder — keiner) vom konträren (Maximum — Minimum, nehmen — geben, fragen — antworten) und komplementären Gegensatz (männlich — weiblich, verheiratet — ledig). Der kontradiktorische Gegensatz ist ein „strengerer“ Gegensatz, er stellt eine logische Negation des gegensätzlichen Begriffs dar: Sein — Nichtsein. Konträre Gegensätze hingegen sind zwei Begriffe, die innerhalb eines bestimmten Bewertungs- oder Bezugssystems als Artbegriffe existieren. Zwischen diesen bestehen die größten Unterschiede, und unter einem gemeinsamen Gattungsbegriff schließen sie einander aus, sie beide stellen aber positive Gegebenheiten dar: Maximum — Minimum. Die Komplementarität (nach J.Lyons) unterscheidet sich von der Antonymie kontradiktorischer Art dadurch, dass die Negation eines Begriffs die Behauptung eines anderen Begriffs voraussetzt: männlich — weiblich, ledig — verheiratet. Zum Unterschied von der Synonymie ist die Antonymie bedeutend weniger entwickelt. Die Möglichkeit der Antonymie ist stark gebunden an das Vorhandensein qualitativer Merkmale, die sich gradieren und / oder zum Gegensatz führen lassen. Deswegen ist die Antonymie in erster Linie bei Adjektiven und mit ihnen in Relation stehenden Substantiven und Verben entwickelt: hell — dunkel Armut — Reichtum arm — reich hell werden — dunkeln Helle — Dunkelheit verarmen — reich werden

1.1.4.2.4. Semantische Felder, lexikalisch-semantische Gruppen Einen weiteren Einblick in paradigmatische Bedeutungsbeziehungen der Wörter im lexikalisch-semantischen System ermöglicht die Wortfeldforschung in ihrer theoretischen und empirischen Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Das Wortfeld ist ein lexikalisch-semantisches Paradigma höherer Ordnung als Synonymgruppen. Der Begriff des Feldes wurde von G.Ipsen eingeführt (1924), der sich darunter eine bestimmte „Sinneinheit höherer Ordnung“ vorstellte, die sich aus Wörtern bildet, wobei die Wörter nicht nach ihrer etymologischen Zusammengehörigkeit gruppiert werden, sondern nach ihrem gegenständlichen Sinngehalt. Mit anderen Worten, Lexeme, die etymologisch und assoziativ miteinander nicht verbunden zu sein brauchen, fügen sich zu einem Mosaik zusammen, und alle zusammen gehen in „einer Sinneinheit höherer Ordnung“ auf. In der Wortforschung seit G.Ipsen gab es zahlreiche Versuche, die Lexik in Wortfelder zu gliedern. Von W.Porzig stammt die Theorie der syntaktischen Felder 49 . Syntaktische Felder entstehen durch die „wesenhaften Bedeutungsbeziehungen“, die zwischen Wörtern bestehen, die linear d.h. durch die semantische Fügungspotenz, zu einer Redekette verbunden werden können. So setzt das Verb greifen die Verbindung mit Hand voraus; sehen — das Auge; reiten — das Pferd; bellen — der Hund; oder: blond — menschliches Haar u.ä. In der Geschichte der Wortfeldforschung sind ferner die Konzeptionen der Wortfelder von J.Trier 50 und L.Weisgerber 51 zu nennen, die in der Fachliteratur mehrfach kritisch besprochen wurden. Kritisiert wurden vor allem die Auffassungen der Autoren vom Wesen der Sprache und ihrer Einheiten, wonach diese angeblich dem Menschen a priori eigen seien und das Denken des Menschen formen. Das Bedeutungssystem der Sprache sei nach einem vorgefassten Plan entstanden und ausgebaut und werde von geheimnisvollen geistigen Kräften der Sprachgemeinschaft geformt. Das Einzelwort trägt nach J.Trier keine Bedeutung. Es „empfängt seine inhaltliche Bestimmtheit vom Gefüge des Ganzen“. Es „bedeutet“ nur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzen. Die Geltung eines Wortes werde erst dann erkannt, wenn man sie gegen Geltung benachbarter und gegensätzlicher Wörter abgrenzt, denn nur im Feld gebe es ein Bedeuten. Die praktische Schlussfolgerung aus Triers Wortfeldtheorie, nämlich — das Wort einer Sprache könne erlernt und richtig gebraucht werden, wenn dem Sprechenden das ganze Feld gegenwärtig sei — hat sich experimentell nicht bestätigt. Diese Konzeption der Wortfeldtheorie wurde von L.Weisgerber besonders konsequent entwickelt, ganz im Sinne des Neohumboldtianismus, d.h. in Bezug auf das Wesen der Sprache, die Bedeutung der Einzelwörter u.a. Betrachtet man aber die Gliederung der Wörter in Wortfelder als Resultat einer realen sprachlichen Entwicklung des Wortschatzes, so erweist sich die Wortfeldforschung äußerst produktiv. 29

28<br />

Zeit<br />

Farbe<br />

Sprechtätigkeit<br />

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hell<br />

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schweigen<br />

Im Falle der Antonymie unterscheiden sich also die Lexeme in einem<br />

wesentlichen Bedeutungselement bzw. Sem, das den Charakter der Gegensätzlichkeit<br />

genereller Art hat. Da kategorial-semantische Seme sowie<br />

die zentralen lexikalischen Seme bei antonymischen Wörtern übereinstimmend<br />

sein müssen, sind Antonyme nur als Spracheinheiten gleicher Wortart<br />

denkbar.<br />

Man unterscheidet den kontradiktorischen Gegensatz (Sein — Nichtsein,<br />

Armut — Reichtum, Liebe — Hass, Möglichkeit — Unmöglichkeit,<br />

jeder — keiner) vom konträren (Maximum — Minimum, nehmen — geben,<br />

fragen — antworten) und komplementären Gegensatz (männlich — weiblich,<br />

verheiratet — ledig).<br />

Der kontradiktorische Gegensatz ist ein „strengerer“ Gegensatz, er stellt<br />

eine logische Negation des gegensätzlichen Begriffs dar: Sein — Nichtsein.<br />

Konträre Gegensätze hingegen sind zwei Begriffe, die innerhalb eines<br />

bestimmten Bewertungs- oder Bezugssystems als Artbegriffe existieren.<br />

Zwischen diesen bestehen die größten Unterschiede, und unter einem gemeinsamen<br />

Gattungsbegriff schließen sie einander aus, sie beide stellen<br />

aber positive Gegebenheiten dar: Maximum — Minimum. Die Komplementarität<br />

(nach J.Lyons) unterscheidet sich von der Antonymie kontradiktorischer<br />

Art dadurch, dass die Negation eines Begriffs die Behauptung<br />

eines anderen Begriffs voraussetzt: männlich — weiblich, ledig — verheiratet.<br />

Zum Unterschied von der Synonymie ist die Antonymie bedeutend weniger<br />

entwickelt. Die Möglichkeit der Antonymie ist stark gebunden an das<br />

Vorhandensein qualitativer Merkmale, die sich gradieren und / oder zum<br />

Gegensatz führen lassen. Deswegen ist die Antonymie in erster Linie bei<br />

Adjektiven und mit ihnen in Relation stehenden Substantiven und Verben<br />

entwickelt:<br />

hell — dunkel Armut — Reichtum<br />

arm — reich hell werden — dunkeln<br />

Helle — Dunkelheit verarmen — reich werden

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