Als letzter deutscher Gouverneur in Kamerun: Karl ... - BGV-Wuppertal

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lung gezwungen. 41 Viele Duala verließen die Stadt und die umliegenden Dörfer und flüchteten sich in den Busch, wo sie versuchten, die Bewohner des Hinterlandes für die Unterstützung der Briten zu gewinnen. Ebermaier, als Gouverneur formell Oberbefehlshaber der Truppen, leitete nach Ausbruch des Krieges die Mobilmachung ein und unterstellte die gesamte bewaffnete Macht des Schutzgebiets einschließlich der Polizeitruppe dem Kommando der Schutztruppe unter Major Carl Zimmermann. 42 Nachdem Verhandlungen über die Neutralisierung der Schutzgebiete Togo und Kamerun gescheitert waren, erklärte der Gouverneur am 8. August den Kriegszustand. An die afrikanische Bevölkerung des Schutzgebiets erließ er am gleichen Tag einen Aufruf zur Loyalität. Obgleich zahlenmäßig unterlegen und alsbald von jeglichem Nachschub abgeschnitten, konnte die deutsche Schutztruppe einige Anfangserfolge erzielen: britische Einheiten wurden im Norden über die gemeinsame Grenze zurückgeworfen, bei Garua am 29./31. August 1914 ein Bataillon fast vollständig versprengt. Der Vormarsch der französischen Verbände erreichte vorläufig nur die Grenzregion Neu-Kameruns. Zum Schwerpunkt der Verteidigung entwickelten sich das Bezirksamt Jaunde östlich von Duala und das Hochland von Ngaundere in Süd-Adamawa. Mit zunehmendem Munitionsund Materialmangel infolge der Blockade der Küste gerieten die deutschen Einheiten dann aber deutlich ins Hintertreffen. Ebermaier und Zimmermann entschieden sich letztlich dazu, das Gros der weißen und farbigen Truppe auf neutrales spanisches Gebiet zu überführen, um Soldaten und Kriegsmaterial nicht in die Hände des Gegners fallen zu lassen. Am 31. Dezember 1915 verließen sie das Hauptquartier in Jaunde und marschierten an den feindlichen Linien vorbei nach Rio Muni (Spanisch-Äquatorialguinea). Mit der Kapitulation von Mora, dem letzten von der Schutztruppe gehaltenen Punkt, war am 18. Februar 1916 der Krieg in Kamerun beendet. Über Santa Isabel auf Fernando Póo wurden die meisten Deutschen zur Internierung nach Spanien verbracht. Ebermaier wurde Leiter der Interniertenverwaltung in Madrid. Trotz der anfänglich entgegenkommenden Haltung der spanischen Behörden wurde er dort mit zahlreichen Hindernissen konfrontiert. Erst nach Wochen erhielt er die Genehmigung, zur Abwicklung der Rechnungsangelegenheiten ein Gouvernementsbüro einzurichten. Spanien hatte den Ententemächten gegen Zusicherung freien Geleits für die Kamerundeutschen zugebilligt, daß nicht nur Militärangehörige, sondern auch Zivilsten, einschließlich Frauen und Kinder, als Internierte zu behandeln seien. Da sie so mangels Arbeitsmöglichkeit ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten konnten, kam es noch während des Krieges zu Entschädigungs- und Unterstützungsforderungen bei der provisorischen Verwaltung. 43 Auf Fernando Póo befanden sich unter deutscher Führung noch rund 12.000 afrikanische Angehörige der Schutztruppe bzw. deren Familienmitglieder, die Kamerun mit der Schutzgebietsleitung verlassen hatten. Die Alliierten setzten der spanische Regierung mit der Drohung einer Blockade von Spanisch-Äquatorialafrika zu, für den Fall, daß die afrikanischen Flüchtlinge nicht nach Kamerun zurückgeführt und die restlichen Deutschen nach Spanien überstellt würden. Ebermaier wandte sich energisch gegen diese Bestrebungen – letztlich ohne Erfolg. 44 Durch die Niederlage und den erzwungenen Verzicht des Reiches auf seine Kolonien zugunsten der alliierten und assoziierten Hauptmächte in Art. 119 des Versailler Vertrages war jede weitere Bemühung um das Schutzgebiet ohnehin vergebens. Wie Ebermaier vorausgesagt hatte, war das Schicksal Kameruns „an Maas und Mosel“ entschieden worden. Ende 1919 kehrte Ebermaier als Gouverneur a. D. nach Deutschland zurück. Er wurde Vorsitzender einer Spruchkammer, später Vertreter der Reichsinteressen beim Reichsentschädigungsamt. 1921 trat er in den einstweiligen Ruhestand, wurde 1926 wegen Tropendienstbeschädigung endgültig pensioniert und ließ sich in Freiburg im Breisgau nieder. Später zog sich nach Bernried in Oberbayern zurück und verbrachte dort seinen 25

Lebensabend. 1922, schon sechzig Jahre alt, heiratete er Helene Jung aus Neidenburg in Ostpreußen; die Ehe blieb kinderlos. In Bernried ist Karl Ebermaier am 21. August 1943 verstorben. Anmerkungen: 1 Verdienstvolle Ausnahmen bilden die Überblicksdarstellung von L[ewis] Gann und Peter Duignan: The Rulers of German Africa 1884- 1914, Stanford/California 1977 und die Biographien der Kolonialstaatssekretäre Dernburg (Werner Schiefel: Bernhard Dernburg. 1865- 1937. Kolonialpolitiker und Bankier im wilhelminischen Deutschland, Zürich 1974) und Solf (Peter J. Hempenstall, Paula Tanaka Mochida: The lost man: Wilhelm Solf in German history, Wiesbaden 2005). 2 Alfred Eberhard: Gymnasium zu Elberfeld. Bericht über das Schuljahr 1880-1881, Elberfeld 1881, S. 13. 3 Auskunft von Frau AOR Prof. Dr. Auerbach (Hess. StA Marburg) vom 6.9.1999. 4 UA Tübingen 5/32, fol. 115’. 5 Erich Bauer: Die Tübinger Rhenanen, o.O. [um 1936]. Das Studentenleben in all seinen Facetten scheint er ausgiebig genossen zu haben: Sein Tübinger Abgangszeugnis vermerkt unter dem 19. Januar 1882 eine vom Amtsgericht Elberfeld ausgesprochene Geldstrafe wegen Ruhestörung (UA Tübingen 40/48 Ntr 60). Die Matrikel der Tübinger Rhenanen vermerkt sieben Mensuren, „auf denen er dreimal unberührt auf sein gefürchtetes Dessin Hochquart-Tiefquart abstach.“ (Bauer a.a.O., S. 235). 6 Vgl. UA Tübingen 40/48, Nr. 60. 7 Das Deutsch-Ostafrika-Archiv. Inventar der Abteilung „German Records“ im Nationalarchiv der Vereinigten Republik Tansania, Dar-es- Salaam, Band I, Marburg 1973, S. 137. 8 Karin Hausen (Deutsche Kolonialherrschaft in Afrika. Wirtschaftsinteressen und Kolonialverwaltung in Kamerun vor 1914, [Zürich/ Freiburg i. Br. 1970], S. 308), spricht von einer Rückkehr nach Deutschland „aus gesundheitlichen Gründen“, doch ist ein Zusammenhang mit dem Duell kaum anzuzweifeln. 9 Vgl. Leipziger Neueste Nachrichten 19.9.1900 u. Volkszeitung 20.9.1900. 10 Jesko v. Puttkamer: Gouverneursjahre in Kamerun, Berlin 1912, S. 250; [Theodor] Seitz: Die deutsche Verwaltung des Schutzgebietes Kamerun von 1884 bis 1914, in: Wilhelm Kemner: Kamerun dargestellt in kolonialpolitischer, historischer, verkehrstechnischer, rassenkundlicher und rohstoffwirtschaftlicher Hinsicht, Berlin-Grunewald 2 [1941] 11 Vgl. dazu u.a. Ebermaier an Kais. Gouvernement, Fontemdorf, 2.3.1904, BArch. Berlin R 1001/3352, Bl. 48 f. 12 Vgl. u.a Schreiben Ebermaier an die Kolonialabteilung, Buëa, 10.10.1904, BArch. Berlin R 1001/3352, Bl. 155 ff. 13 1905 erhielt er den Charakter eines Geh. Regierungsrats [vgl. Deutsches Kolonialblatt 16 (1905), S. 5]. 1906 wurde er zum Wirkl. Legationsrat und Vortragenden Rat, später zum Ministerialdirgenten und Geh. Oberregierungsrat befördert. 14 Die effektive Besetzung des Emirats Fombina (Adamaua) und der nördlich daran anschließenden Länder bis zum Tschadsee gehörte zu den Hauptforderungen bestimmter Kreise innerhalb der deutschen Koloniallobby und insbesondere der Deutschen Kolonialgesellschaft (DKG). Unter der Führung des Berliner Verlegers Ernst Vohsen hatte sich ein „Deutsches Niger-Benuë- Tsadsee-Komitee“ gebildet, dem einflußreiche Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft angehörten, und das sich vehement für die Okkupation und wirtschaftliche Inwertsetzung des Benuë- und Tschadseegebietes in Nordkamerun stark machte. 15 Kurt Hassert: Deutschlands Kolonien. Erwerbungs- und Entwicklungsgeschichte, Landesund Volkskunde und wirtschaftliche Bedeutung unserer Schutzgebiete, Leipzig 1910, S. 140. 16 Dazu u.a. Horst Gründer: Geschichte der deutschen Kolonien Paderborn u.a. 4 2000, S. 101. Dagegen W. Lochmüller: Das Marokkoabkommen und die wirtschaftliche Bedeutung der neuen deutschen Erwerbungen, in: Zeitschrift für Kolonialpolitik, Kolonialrecht und Kolonialwirtschaft 14 (1912), S. 180-191 u. den Artikel „Neu-Kamerun“ ebd., S. 630-632. 17 Heinrich Schnee: Als letzter Gouverneur in Deutsch-Ostafrika. Erinnerungen, Heidelberg 1964, S. 109. 18 Vgl. u.a. J. Hofmeister: Erlebnisse im Missionsdienst in Kamerun, Bd. 3, Cassel 1926, S. 57. 19 BArch. Berlin R 1001/4231, Bl. 29-31. 20 Hausen a.a.O., S. 109. 21 Denkschrift über die Schaffung einer Provinzialbehörde in Kamerun, BArch. Berlin R 1001/4233, Bl. 164 ff. 26

lung gezwungen. 41 Viele Duala verließen die<br />

Stadt und die umliegenden Dörfer und flüchteten<br />

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Ebermaier, als <strong>Gouverneur</strong> formell Oberbefehlshaber<br />

der Truppen, leitete nach Ausbruch<br />

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die gesamte bewaffnete Macht des<br />

Schutzgebiets e<strong>in</strong>schließlich der Polizeitruppe<br />

dem Kommando der Schutztruppe unter Major<br />

Carl Zimmermann. 42<br />

Nachdem Verhandlungen über die Neutralisierung<br />

der Schutzgebiete Togo und <strong>Kamerun</strong><br />

gescheitert waren, erklärte der <strong>Gouverneur</strong> am<br />

8. August den Kriegszustand. An die afrikanische<br />

Bevölkerung des Schutzgebiets erließ<br />

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Obgleich zahlenmäßig unterlegen und alsbald<br />

von jeglichem Nachschub abgeschnitten, konnte<br />

die deutsche Schutztruppe e<strong>in</strong>ige Anfangserfolge<br />

erzielen: britische E<strong>in</strong>heiten wurden im<br />

Norden über die geme<strong>in</strong>same Grenze zurückgeworfen,<br />

bei Garua am 29./31. August 1914<br />

e<strong>in</strong> Bataillon fast vollständig versprengt. Der<br />

Vormarsch der französischen Verbände erreichte<br />

vorläufig nur die Grenzregion Neu-<strong>Kamerun</strong>s.<br />

Zum Schwerpunkt der Verteidigung entwickelten<br />

sich das Bezirksamt Jaunde östlich von<br />

Duala und das Hochland von Ngaundere <strong>in</strong><br />

Süd-Adamawa. Mit zunehmendem Munitionsund<br />

Materialmangel <strong>in</strong>folge der Blockade der<br />

Küste gerieten die deutschen E<strong>in</strong>heiten dann<br />

aber deutlich <strong>in</strong>s H<strong>in</strong>tertreffen. Ebermaier und<br />

Zimmermann entschieden sich letztlich dazu,<br />

das Gros der weißen und farbigen Truppe auf<br />

neutrales spanisches Gebiet zu überführen, um<br />

Soldaten und Kriegsmaterial nicht <strong>in</strong> die<br />

Hände des Gegners fallen zu lassen. Am 31.<br />

Dezember 1915 verließen sie das Hauptquartier<br />

<strong>in</strong> Jaunde und marschierten an den<br />

fe<strong>in</strong>dlichen L<strong>in</strong>ien vorbei nach Rio Muni<br />

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von Mora, dem letzten von der Schutztruppe<br />

gehaltenen Punkt, war am 18. Februar<br />

1916 der Krieg <strong>in</strong> <strong>Kamerun</strong> beendet. Über<br />

Santa Isabel auf Fernando Póo wurden die<br />

meisten Deutschen zur Internierung nach<br />

Spanien verbracht.<br />

Ebermaier wurde Leiter der Interniertenverwaltung<br />

<strong>in</strong> Madrid. Trotz der anfänglich<br />

entgegenkommenden Haltung der spanischen<br />

Behörden wurde er dort mit zahlreichen<br />

H<strong>in</strong>dernissen konfrontiert. Erst nach Wochen<br />

erhielt er die Genehmigung, zur Abwicklung<br />

der Rechnungsangelegenheiten e<strong>in</strong> Gouvernementsbüro<br />

e<strong>in</strong>zurichten. Spanien hatte den<br />

Ententemächten gegen Zusicherung freien<br />

Geleits für die <strong>Kamerun</strong>deutschen zugebilligt,<br />

daß nicht nur Militärangehörige, sondern auch<br />

Zivilsten, e<strong>in</strong>schließlich Frauen und K<strong>in</strong>der, als<br />

Internierte zu behandeln seien. Da sie so<br />

mangels Arbeitsmöglichkeit ihren Lebensunterhalt<br />

nicht selbst bestreiten konnten, kam<br />

es noch während des Krieges zu Entschädigungs-<br />

und Unterstützungsforderungen bei<br />

der provisorischen Verwaltung. 43 Auf Fernando<br />

Póo befanden sich unter <strong>deutscher</strong> Führung<br />

noch rund 12.000 afrikanische Angehörige der<br />

Schutztruppe bzw. deren Familienmitglieder,<br />

die <strong>Kamerun</strong> mit der Schutzgebietsleitung<br />

verlassen hatten. Die Alliierten setzten der<br />

spanische Regierung mit der Drohung e<strong>in</strong>er<br />

Blockade von Spanisch-Äquatorialafrika zu,<br />

für den Fall, daß die afrikanischen Flüchtl<strong>in</strong>ge<br />

nicht nach <strong>Kamerun</strong> zurückgeführt und die<br />

restlichen Deutschen nach Spanien überstellt<br />

würden. Ebermaier wandte sich energisch<br />

gegen diese Bestrebungen – letztlich ohne<br />

Erfolg. 44 Durch die Niederlage und den<br />

erzwungenen Verzicht des Reiches auf se<strong>in</strong>e<br />

Kolonien zugunsten der alliierten und assoziierten<br />

Hauptmächte <strong>in</strong> Art. 119 des Versailler<br />

Vertrages war jede weitere Bemühung um das<br />

Schutzgebiet ohneh<strong>in</strong> vergebens. Wie Ebermaier<br />

vorausgesagt hatte, war das Schicksal<br />

<strong>Kamerun</strong>s „an Maas und Mosel“ entschieden<br />

worden.<br />

Ende 1919 kehrte Ebermaier als<br />

<strong>Gouverneur</strong> a. D. nach Deutschland zurück. Er<br />

wurde Vorsitzender e<strong>in</strong>er Spruchkammer, später<br />

Vertreter der Reichs<strong>in</strong>teressen beim Reichsentschädigungsamt.<br />

1921 trat er <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>stweiligen<br />

Ruhestand, wurde 1926 wegen<br />

Tropendienstbeschädigung endgültig pensioniert<br />

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