03.11.2013 Aufrufe

„It's Our Community“ – Eine Beschreibung unterschiedlicher ...

„It's Our Community“ – Eine Beschreibung unterschiedlicher ...

„It's Our Community“ – Eine Beschreibung unterschiedlicher ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong><br />

<strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Rogerio Amaro, Emily Fennell,<br />

Oli Henman, Frank Heuberger,<br />

Veronique Jochum, David Lopez<br />

Danksagung<br />

Wir möchten den Unterstützern dieses<br />

Projekts, der Calouste Gulbenkian Stiftung<br />

und NESTA, danken, die diese Arbeit<br />

erst möglich gemacht und dabei stets<br />

Verbesserungen angeregt haben.<br />

Ein besonderer Dank gilt Fiona Talcott,<br />

die im Sommer 2011 die Studie zur<br />

Festlegung des für „It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong><br />

geltenden Untersuchungsrahmens<br />

zusammengestellt hat, die dann<br />

Grundlage für diese Arbeit bildete.<br />

Darüber hinaus zog dieser Bericht großen<br />

Gewinn aus den wertvollen Beiträgen und<br />

Anregungen des Gutachters dieses Projekts,<br />

Ian Duke von MAG (Micah Gold Associates).<br />

Vielen Dank auch an Cristina Castellano,<br />

Brodie und Ellie Ferreira Marques.<br />

Ein Dank geht auch an Louisa Hooper,<br />

Hugo de Seabra und Miguel Maghalaes von<br />

der Calouste Gulbenkian Stiftung, die uns<br />

ihre Zeit so freigiebig und bereitwillig zur<br />

Verfügung gestellt haben.<br />

Darüber hinaus sind wir auch den Mitgliedern<br />

des Leitungsausschusses sehr zu Dank<br />

verpflichtet, die uns über das ganze<br />

Projekt hinweg sehr stark durch anregende<br />

Erkenntnisse und Ratschläge unterstützt<br />

haben: Steve Moore, Andrew Laird, Neil<br />

Berry, Allison Smith, Alice Casey, Kate Burls,<br />

Peter Couchman, Micah Gold, Tim Pope,<br />

Neena Bhati und David Hunter.<br />

Ein großes Dankeschön geht auch an<br />

all jene, die uns ihre Zeit während der<br />

Beratungsworkshops in London und Paris zur<br />

Verfügung gestellt und einen Beitrag zu dieser<br />

Arbeit geleistet haben.<br />

Abschließend gilt ein großer Dank all jenen,<br />

die für die untersuchten kommunalen<br />

Projekte verantwortlich waren und ihre<br />

Zeit für die zahlreichen Interviews geopfert<br />

haben, durch welche dieser Bericht erst<br />

möglich gemacht wurde.<br />

Über „It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong><br />

Über diesen Bericht 3<br />

Hintergrund 4<br />

Die Untersuchung 5<br />

Länderspezifische Kontexte 7<br />

Frankreich 7<br />

Deutschland 8<br />

Portugal 10<br />

Vereinigtes Königreich 11<br />

Über die Fallstudien 13<br />

Die Fallstudien 14<br />

Frankreich 14<br />

E-Commerce, Rhône Alpes und<br />

La Bourgogne 14<br />

Wasserzentrum Le Razay 14<br />

‘Tell us your story’, Paris 15<br />

Deutschland 15<br />

Die Wiesbaden Stiftung (BSW) 15<br />

Die Kooperative „Elektrizitatswerke<br />

Schonau“ (EWS) 15<br />

Partnersenioren in Schulen (Senior<br />

Partners in Schools, SiS) 16<br />

Portugal 17<br />

Associação para o Desenvolvimento<br />

do Concelho de Moura (Vereinigung<br />

zur Entwicklung der Gemeinde von<br />

Moura) (ADC MOURA) 17<br />

Associação Tempo de Mudar para o<br />

Desenvolvimento do Bairro dos Lóios<br />

(Vereinigung “Time for a Change” zur<br />

Entwicklung von Lóios) (ATM) 17<br />

Associação para a Valorização<br />

Ambiental da Alta de Lisboa<br />

(Vereinigung für umweltbezogene<br />

Verbesserungen in<br />

Alta de Lisboa (AVAal) 17<br />

Cooperativa “Terra Chã” <strong>–</strong><br />

Desenvolvimento Local, Artesanato<br />

e Serviços, (“Terra Chã” Cooperative<br />

<strong>–</strong> Lokalentwicklung, Handwerk und<br />

Dienstleistungen) 18<br />

Vereinigtes Königreich (England) 18<br />

Die Kohlenstoff-Kooperative<br />

(Carbon Co-op) 18<br />

Die Eisenbahnpartnerschaft der<br />

Kommune von Marston Vale (MVCRP) 19<br />

Organiclea 19<br />

Die Untersuchungsergebnisse 20<br />

Die Anfänge 20<br />

Der Anfang 25<br />

Fort- und Weiterentwicklung 31<br />

Schlussbetrachtung und Empfehlungen 34


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Über<br />

It’s <strong>Our</strong> Community<br />

Über diesen Bericht<br />

In dieser Studie untersuchen wir die<br />

Realität kommunalen Besitzes im<br />

Vereinigten Königreich, Frankreich,<br />

Portugal und Deutschland. In allen<br />

Fällen haben wir einen Blick auf Beispiele<br />

von Kommunen geworfen, die auf lokaler<br />

Ebene eigenständig die Ausführung von<br />

Dienstleistungen, Projekten und anderer<br />

Leistungen übernommen haben. Diese<br />

Fallstudien wurden ausgewählt, da sie<br />

Ansätze zu repräsentieren scheinen, die<br />

sowohl dahingehend aussagekräftig sind,<br />

was in diesen Ländern im Bereich der<br />

Zivilgesellschaft vor sich geht, als auch<br />

Einsichten in die ländertypischen Kontexte<br />

bzw. Möglichkeiten zur Nachahmung<br />

dieser bieten.<br />

Aufgrund der Tatsache, dass wir<br />

Untersuchungen über vier Länder hinweg<br />

durchgeführt haben, waren wir in der<br />

Tiefe, in die wir gehen konnten, etwas<br />

eingeschränkt. Demgegenüber basiert die<br />

Idee dieser Studie darauf, die Breite der in<br />

den Ländern zu findenden Ansätze wie auch<br />

die darin schlummernden Problemfelder<br />

aber auch Chancen, die sich uns gegenüber<br />

zeigten, auszuloten und zu nutzen. Wir<br />

hoffen, dass dieser Forschungsbericht<br />

zu mehr und reichhaltigeren Daten und<br />

Erkenntnissen führen wird. Zur Unterstützung<br />

dieses Vorhabens haben wir auf der Domain<br />

www.itsourcommunity.eu einen „It’s <strong>Our</strong><br />

<strong>Community“</strong> Bereich eingerichtet und dort<br />

die Informationen zu vielen verschiedenen<br />

Fallstudien und Ereignissen präsentiert.<br />

Der Beginn dieser Studie markierte auch<br />

gleichzeitig den Beginn vieler Gespräche und<br />

Konversationen, die über die Netzwerke in<br />

den einzelnen Ländern selbst wie auch über<br />

ganz Europa hinweg geführt wurden.<br />

Die aus den Fallstudien gewonnenen<br />

Ergebnisse deuten auf viele gemeinhin<br />

bestehende Problematiken wie auch Chancen<br />

hin, denen sich kommunale Initiativen<br />

bezüglich des Beginns eines Projekts (Der<br />

Anfang), der Aufbau bzw. die Formalisierung<br />

des entsprechenden Ansatzes (Sich<br />

etablieren) und der langfristig anvisierten<br />

Nachhaltigkeit und Beständigkeit (Fort- und<br />

Weiterentwicklung) gegenübersehen.<br />

Basierend auf den uns durch die Fallstudien<br />

gewonnenen Erkenntnissen kommt diese<br />

Untersuchung grundsätzlich zu der Ansicht,<br />

dass weitere Arbeiten notwendig sind, um:<br />

Kommunalen Organisationen bei der<br />

Formalisierung und Weiterentwicklung<br />

zu helfen<br />

• Es benötigt noch mehr Unterstützung zum<br />

Aufbau entsprechender Infrastrukturen,<br />

um kommunale Organisationen zu bei<br />

der Formalisierung und Stärkung ihrer<br />

Aktivitäten zu unterstützen.<br />

<strong>Eine</strong> nachhaltige und vielschichtige<br />

Finanzierung sicherzustellen<br />

• Verbesserung der Einstellung zur<br />

unternehmerischen Sozialverantwortung<br />

und Erhalt entsprechender Gelder auf<br />

Basis dieses Ansatzes.<br />

• Errichtung entsprechender Foren auf<br />

lokaler Ebene.<br />

• Bereitstellung von Beratungsangeboten<br />

für Unternehmen.<br />

• Bereitstellung von Schulungsmöglichkeiten<br />

für kommunale Organisationen, die das<br />

Ziel verfolgen, sich zu autonomen sozialen<br />

Unternehmen zu entwickeln.<br />

Mit der Schaffung von Anreizen für<br />

kommunale Eigenverantwortung<br />

fortzufahren<br />

• Bereitstellung ‘positiver’ Anreize für<br />

kommunale Eigenverantwortung.<br />

• Anerkennung des sozialen Werts im<br />

Beschaffungs- und Finanzierungsprozess.<br />

3


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Sowohl Potenziale als auch Fähigkeiten<br />

zu entwickeln<br />

• Ausweitung der Unterstützungsleistungen<br />

zum Ausbau von Potenzialen auf<br />

benachteiligte Kommunen.<br />

• Einführung von Verantwortlichkeiten<br />

und Verantwortungsbereichen.<br />

• Erleichterung des Wissenstransfers<br />

zwischen den Kommunen.<br />

Hintergrund<br />

Die aktuelle Situation in Europa ist durch eine<br />

zunehmende Neuerwägung der Rolle des<br />

Staates, der Märkte und der Zivilgesellschaft<br />

geprägt, die in einer Weise vonstattengeht,<br />

die einige Jahre zuvor so noch nicht möglich<br />

gewesen wäre. Für diesen Wandel gibt es<br />

verschiedene zugrundeliegender Ursachen,<br />

die wir allerdings nicht alle in diesem<br />

Forschungsbericht abdecken können. Die<br />

wichtigsten Faktoren lassen sich aber wie<br />

folgt zusammenfassen:<br />

• Die aktuelle Finanzkrise, die die<br />

Schwierigkeiten deutlich gemacht<br />

hat, denen sich alle europäischen<br />

Volkswirtschaften in einer von<br />

Globalisierung und weltweitem<br />

Wettbewerb gekennzeichneten Welt<br />

gegenübersehen;<br />

• Der demographische Wandel, der<br />

sicherstellt, dass sich die Prioritäten<br />

bestimmter Dienstleistungssektoren<br />

in Richtung bestimmter<br />

Bevölkerungsteile verschieben;<br />

• Umweltfaktoren wie z. B. die Realität<br />

des Klimawandels, die hohen Kosten für<br />

fossile Brennstoffe und die Notwendigkeit<br />

vielschichtiger Energieformen machen sich<br />

bemerkbar;<br />

• <strong>Eine</strong> sich wandelnde Einstellung zur Rolle<br />

der Zivilgesellschaft hin zur Einnahme<br />

einer weit engagierteren Rolle des Bürgers,<br />

die zur gewünschten Architektur lokaler<br />

Dienstleistungen führen soll.<br />

Diese Änderungen machen sich in den<br />

verschiedenen Ländern auf unterschiedliche<br />

Weisen bemerkbar. Dennoch besteht<br />

kein Zweifel daran, dass sich viele Teile<br />

Europas ähnlichen oder sogar gleichen<br />

Herausforderungen gegenübersehen.<br />

Gleichzeitig ringen im Lichte dieser<br />

Herausforderungen viele Regierungen<br />

wie auch die Europäische Kommission um<br />

konstruktive Lösungen, die die Erbringung<br />

entsprechender Dienstleistungen nachhaltig<br />

und in innovativen Weisen sicherstellen. Die<br />

Europäische Kommission hat ein Paket von<br />

Reformen aufgelegt, die darauf ausgerichtet<br />

sind, einige innovative Wege nach vorn zu<br />

bereiten. Diese Reformen laufen unter dem<br />

Namen „Social Business Initiative“ 1 und<br />

zielen darauf ab, positive Änderungen zu<br />

identifizieren, die entsprechend eingeleitet<br />

werden können, um der Zivilgesellschaft<br />

die Erbringung entsprechend erforderlicher<br />

Dienstleistungen zu ermöglichen und<br />

Wege für Innovationen in diesen Bereichen<br />

zu eröffnen. In diesem Prozess muss<br />

entsprechendes Fachwissen mit den<br />

Erfahrungen aus dem Vergangenen und der<br />

Gegenwart zur Formulierung zukünftiger<br />

Ansätze effektiv kombiniert werden.<br />

Ein Ergebnis diese Untersuchung soll sein,<br />

potenzielle Lösungen zu identifizieren, die<br />

von Bürgern und Organisationen gemeinsam<br />

in den entsprechenden europäischen<br />

Ländern genutzt werden können. Die<br />

Arbeit wurde mit den Partnern in einer<br />

Reihe europäischer Länder in gemeinsamer<br />

Zusammenarbeit entwickelt und soll<br />

zu allererst informieren und inspirieren<br />

und weniger ein vollständiges Bild der<br />

lokalen Möglichkeiten zur Erbringung der<br />

Dienstleistungen zeichnen.<br />

Das Ziel des Projekts „It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong><br />

ist es, ein Verständnis dahingehend zu<br />

schaffen, wie Kommunen in ganz Europa<br />

lokale Dienstleistungen und Initiativen<br />

erbringen bzw. durchführen. Es ist<br />

klar, dass es in Europa tief verwurzelte<br />

Traditionen gibt, dies sich zuweilen stark<br />

voneinander unterscheiden, und viele der<br />

beschriebenen Modelle sind gerade wegen<br />

dieser sich über viele Jahre entwickelten<br />

unterschiedlichen praktischen Erfahrungen,<br />

die im Bereich kommunaler Autonomie<br />

und Dienstleistungserbringung gemacht<br />

wurden, so enorm wertvoll. Insbesondere<br />

untersuchten wir Beispiele aus dem<br />

4


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Vereinigten Königreich, Frankreich, Portugal<br />

und Deutschland. Das Projekt wird durch die<br />

Calouste Gulbenkian Stiftung und NESTA<br />

unterstützt und durch das Big Society<br />

Network in Partnerschaft mit der NCVO<br />

bereitgestellt.<br />

Die Forschungspartner in jeder der<br />

Länder haben die Untersuchungen in ihren<br />

jeweiligen länderspezifischen Kontexten<br />

mit dem Ziel durchgeführt, Erkenntnisse<br />

zu Möglichkeiten wie auch Hindernissen<br />

einer kommunalen Eigenverantwortung<br />

zu gewinnen.<br />

Die Untersuchung<br />

Das Ziel des Projekts „It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong><br />

war es, nützliche Erkenntnisse rund um<br />

das Potenzial zur Entwicklung, Erneuerung<br />

und dem Transfer von Ideen im Bereich<br />

kommunaler Eigenverantwortung mit<br />

verschiedenen europäischen Partnern zu<br />

gewinnen. Hierbei haben wir versucht,<br />

sowohl förderliche Faktoren wie auch<br />

allgemeine Hindernisse für eine kommunale<br />

Eigenverantwortung in jedem unserer<br />

Länder zu verstehen.<br />

Die Forschungsteams des Projekts „It’s<br />

<strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> haben in jedem der<br />

Länder ausführliche qualitative Interviews<br />

mit denjenigen Personen durchgeführt,<br />

die inspirierende kommunale Initiativen<br />

auf die Beinen gestellt haben. Neben der<br />

interviewbasierten Forschung haben wir zur<br />

teilnehmenden Forschung auch Workshops<br />

mit den Verantwortlichen der kommunalen<br />

Projekte in Frankreich und dem Vereinigten<br />

Königreich abgehalten.<br />

Die Untersuchung basierte auf 13<br />

unterschiedlichen Fallstudien mit lokalen<br />

Kommunen in Frankreich, dem Vereinigten<br />

Königreich, Portugal und Deutschland.<br />

Hierdurch konnten wir ein gemeinsames<br />

Verständnis dahingehend entwickeln, was<br />

kommunale Eigenverantwortung in Europa<br />

eigentlich ist, und darüber hinaus wichtige<br />

Empfehlungen für Politiker, kommunale<br />

Gruppen und interessierte Einzelpersonen<br />

ausarbeiten. Unsere begleitende Webseite<br />

www.itsourcommunity.eu fasst die<br />

praktischen Lektionen des Projekts<br />

zusammen und beschreibt die Fallstudien in<br />

detaillierterer Form und bietet so wichtige<br />

Hinweise für kommunale Gruppen, die<br />

nach entsprechenden Anregungen und<br />

Ratschlägen suchen.<br />

Diese auf Fallstudien basierende<br />

Untersuchung arbeitet mit Beispielen aus<br />

jedem der Länder zu den im Folgenden<br />

aufgeführten Themenbereichen. Diese<br />

wurden während der Konferenz in London<br />

im November 2011 unter Mitwirkung von<br />

Vertretern der Zivilgesellschaft aus jedem<br />

der einzelnen Länder im Vorfeld bestimmt.<br />

Natürliche Ressourcen<br />

Projekte, die natürliche Ressourcen zum<br />

Vorteil der Kommune nutzbar machen, wie<br />

z. B. die Produktion von Lebensmitteln oder<br />

die Erzeugung von Energie.<br />

Unsere Beispiele umfassen: Organiclea, eine<br />

kommunale Kooperative zur Produktion von<br />

Nahrungsmitteln aus biologischem/r Anbau<br />

bzw. Haltung und die „Elektrizitätswerke<br />

Schönau“ (EWS), eine Kooperative im<br />

Bereich erneuerbarer Energien.<br />

Soziale Unterstützung<br />

Projekte, die Einzelpersonen basierend auf<br />

deren Bedürfnissen unterstützen. Hierbei<br />

werden die entsprechenden Personen stark<br />

in die entsprechende Leistung einbezogen.<br />

Unsere Beispiele umfassen: „Tell Us Your<br />

Story“, ein kommunales Projekt, welches mit<br />

asylsuchenden Kindern und Partnersenioren<br />

in Schulen zusammenarbeitet, ein Projekt,<br />

welches verschiedene Generationen<br />

mit einbezieht und ältere Menschen in<br />

Klassenräume bringt, um im Falle von<br />

Konflikten zu vermitteln.<br />

Universelle Dienstleistungen<br />

Projekte, die eine Dienstleistung für<br />

alle Personen in der Kommune zur<br />

Verfügung stellen.<br />

Unsere Beispiele umfassen: „Mid Vale<br />

Community Rail Partnership“, eine<br />

kommunale Eisenbahnlinie, und „ATM“,<br />

ein kommunale Anwohnervereinigung,<br />

die die Einbindung von Anwohnern an<br />

der kommunalen Entwicklung unterstützt.<br />

5


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Was ist kommunale<br />

Eigenverantwortung?<br />

Für ein länderübergreifendes Projekt<br />

wie dieses, das Länder mit ziemlich<br />

unterschiedlichen historischen, sozialen und<br />

politischen Hintergründen umfasst, besteht<br />

eine Schwierigkeit darin, eine gemeinsame<br />

Definition des Begriffes kommunaler<br />

Eigenverantwortung zu finden. <strong>Eine</strong> solche<br />

Definition muss breit genug sein, um nicht<br />

nur die Nuancen in den Motivationen<br />

einzubeziehen, wie sie zwischen den Ländern<br />

bestehen, sondern auch die lokalen Ansätze<br />

auf kommunaler Ebene ordnungsgemäß zu<br />

berücksichtigen.<br />

Um die Erfahrungen und Modelle in<br />

Europa zu vergleichen, haben wir eine<br />

gemeinsame Vorstellung von dem Begriff<br />

‘kommunale Eigenverantwortung im<br />

Dienstleistungsbereich’ entwickelt. Wir<br />

haben eine sehr breite Arbeitsdefinition<br />

von kommunaler Eigenverantwortung<br />

zusammengestellt, um einen offenen<br />

Ansatz zu ermutigen, welcher so wenig wie<br />

möglich ausschließt, und um sicherzustellen,<br />

dass wir den vollen Umfang potenzieller<br />

Innovationen erfassen:<br />

Kommune <strong>–</strong> Einzelpersonen, die etwas<br />

gemeinsam haben (Interessen oder lokale<br />

Dinge) oder die aufgrund einer gemeinsamen<br />

Sache zusammengehören.<br />

Eigenverantwortung <strong>–</strong>die tatsächliche oder<br />

wahrgenommene Fähigkeit zur Nutzung,<br />

Beeinflussung, Kontrolle, Ausübung und/<br />

oder Inanspruchnahme der Vorteile<br />

von etwas (z. B. einer Dienstleistung),<br />

dies kann auf Basis einer per Gesetz<br />

zustehenden Eigenverantwortung oder<br />

einfach durch eine wahrgenommene oder<br />

ausgeübte Eigenverantwortung sein,<br />

die durch Teilhabe und bedeutungsvolle<br />

Beiträge entsteht. In dieser Untersuchung<br />

kann sich Eigenverantwortung auch auf<br />

Eigenverantwortung von Organisationen<br />

beziehen wie auch auf Eigenverantwortung<br />

bei der Ausführung von Abläufen<br />

(einschließlich des Entwurfs und dem<br />

Treffen von Entscheidungen).<br />

Die Studie kommt zu dem Ergebnis,<br />

dass kommunale Eigenverantwortung in<br />

Wirklichkeit, d. h. wenn wir uns die Länder<br />

ansehen, ein sehr stark fließender Begriff ist,<br />

und eine Definition flexibel genug sein muss,<br />

um Projekt zu umfassen, die kurzfristig durch<br />

kommunale Aktivitäten entstehen und später<br />

aber dauerhaft kommunalen Interessen<br />

dienen. Wir haben versucht, uns nicht zu<br />

stark auf ein bestimmtes Rechtsmodell von<br />

Eigenverantwortung zu fixieren (zum Bsp.<br />

auf die Kooperative, sogenannte „Mutuals“,<br />

Vereinigungen usw.). Wir gehen davon aus,<br />

dass einige der besten Initiativen Elemente<br />

kooperativer Ansätze zeigen werden,<br />

aber unter verschiedenen Rechtsformen<br />

eingetragen sein können. Weiter glauben wir,<br />

dass die Art, in der eine Organisation mit den<br />

Mitgliedern einer Kommune arbeitet, und die<br />

Arten, in denen die breitere Gemeinschaft<br />

das Projekt annimmt und unterstützt, die<br />

besten Nagelproben für eine kommunale<br />

Initiative sind.<br />

Was sich gezeigt hat ist, dass es in all den<br />

Ländern bestimmte Gemeinsamkeiten in<br />

Bezug auf die Motivationen und Triebkräfte<br />

gibt, auf Basis welcher die Kommunen<br />

solche Initiativen beginnen. Alle unsere<br />

Fallstudien sind lokale Lösungen zu breit<br />

angelegten Problemstellungen, die sich in<br />

ganz Europa zeigen. Beispiele dafür sind<br />

z. B. die alternde Bevölkerung, der<br />

Klimawandel, Energieknappheit und die<br />

Schwächung der Konjunktur.<br />

6


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Länderspezifische Kontexte<br />

Frankreich<br />

In Frankreich wird kommunale<br />

Eigenverantwortung als ESS (Economie<br />

Sociale et Solidaire oder „Sozialund<br />

Solidarwirtschaft“) bezeichnet.<br />

Sozialwirtschaft wird durch die Fokussierung<br />

auf das allgemeine oder kollektive<br />

Interesse, demokratische Führung, offene<br />

Mitgliedschaften, eingeschränkte Profitabilität<br />

und die Besinnung auf lokale Wurzeln und die<br />

Mobilisierung der Bürger definiert.<br />

Die Sozialwirtschaft hat in Frankreich<br />

eine lange Geschichte. Sie beginnt mit<br />

Geburt der Industriegesellschaft, die zu<br />

neuen sozialen Bedürfnissen führte, für<br />

die dann Sorge getragen werden musste.<br />

Organisationen in der ESS waren zumeist<br />

im Dienstleistungssektor aktiv.<br />

In den 1970er Jahren entwickelten<br />

soziale Unternehmen aufgrund der<br />

steigenden Arbeitslosigkeit und<br />

Armut neue Aktivitäten im Bereich der<br />

Dienstleistungen für arbeitslose und arme<br />

Menschen: Unternehmen im Bereich<br />

Integration, Finanzdienstleistungen, sozialer<br />

Ladeneinrichtungen und Restaurants etc.<br />

Diese Organisationen sehen sich immer<br />

öfter der Solidarwirtschaft (économie<br />

solidaire) zugehörig.<br />

Die Strategie der Regierung in Sachen<br />

Sozialwirtschaft änderte sich im Jahre 2002<br />

drastisch. Vor und insbesondere zwischen<br />

den Jahren 1997 und 2002 war die Regierung<br />

gegenüber der Sozialwirtschaft sehr<br />

unterstützend eingestellt und es wurde eine<br />

sogenannte DIES-Initiative (Interministeriale<br />

Delegation für soziale Innovation und<br />

Sozialwirtschaft) unter der Führung des<br />

Premierministers und eines dafür zuständigen<br />

Staatssekretärs (implementiert im Jahr 2000)<br />

eingerichtet, welche für die Koordination<br />

entsprechender auf die Sozialwirtschaft als<br />

Ganzes zugeschnittener Maßnahmen und<br />

Programme verantwortlich waren.<br />

Seit 2002 wird die Sozialwirtschaft als<br />

solches nicht länger als eigenständiger<br />

Sektor angesehen, und die nationale Politik<br />

wurde hauptsächlich nur auf Vereinigungen<br />

ausgerichtet. DIES wurde unter die Autorität<br />

des Ministeriums für Jugend, Sport und<br />

Vereinsleben gesetzt. Die Prioritäten des<br />

Ministeriums sind: die bessere Anerkennung<br />

von Vereinigungen, Wertschätzung<br />

ehrenamtlicher Arbeit und Unterstützung für<br />

die Aktivitäten der Vereinigungen. Auch sind<br />

öffentliche Subventionen für Vereinigungen<br />

auf nationaler Ebene stark zurückgegangen.<br />

Im Februar 2006 wurde DIES zum<br />

wiederholten Male reformiert und unterliegt<br />

nun der Autorität des Ministeriums für Arbeit,<br />

sozialen Zusammenhalt und Wohnungsbau<br />

und wird als Interministeriale Delegation<br />

für Innovation, soziale Experimente und<br />

Sozialwirtschaft. bezeichnet. Darüber<br />

hinaus wurde auch ein nationaler Beirat für<br />

Sozialwirtschaft (CNES) gegründet, der bis<br />

zum heutigen Tage allerdings noch nicht<br />

zusammengekommen ist.<br />

Die mangelnde politische Anerkennung<br />

für die Sozialwirtschaft in den vergangenen<br />

Jahren hat den sozialen Unternehmen bei<br />

weitem nicht geholfen, die Schwierigkeiten<br />

zu überwinden, die diese bei der<br />

Rekrutierung und Schulung qualifizierten<br />

Personals hatten. Darüber hinaus wird der<br />

Sektor auch stark durch das wirtschaftliche<br />

Klima beeinflusst, wodurch Organisationen<br />

oft an mangelnden Finanzmitteln leiden.<br />

Dies trifft besonders dann zu, wenn über<br />

Subventionen auf jährlicher Basis<br />

entschieden wird, denn hierdurch ist es<br />

sehr schwierig, mittelfristige Programme<br />

aufzubauen und umzusetzen.<br />

7


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Man könnte argumentieren, dass in<br />

Frankreich die Herausforderung darin<br />

besteht, eine neue Vorgehensweise in<br />

Richtung einer neuen DIES und CNES<br />

einzuschlagen, welche einen wirklichen<br />

Dialog zwischen öffentlichen Behörden<br />

und Vertretern aller Familien der<br />

Sozialwirtschaft fördert, um letztlich<br />

eine angemessene öffentliche Politik zu<br />

ermöglichen.<br />

Man könnte argumentieren, dass<br />

personenbezogene Dienstleistungen<br />

insbesondere aufgrund unerfüllter<br />

Bedürfnisse, die mit einer alternden<br />

Bevölkerung zusammenhängen, für die<br />

Sozialwirtschaft einen Wachstumsbereich<br />

darstellen. Tatsache ist allerdings, dass als<br />

Ergebnis einer Regierungspolitik, im Zuge<br />

welcher sozialen Unternehmen nicht die<br />

erforderliche Unterstützung gewährt wird,<br />

den ihre soziale Rolle verdient, nun sehr<br />

große Privatunternehmen in die Branche<br />

eindringen. Aus diesem Grund ist ein<br />

ungleicher Wettbewerb zu befürchten.<br />

Andere Wachstumsbereiche für soziale<br />

Unternehmen in Frankreich umfassen die<br />

Sektoren Fair Trade und Umweltdienste. 2<br />

Zum Zeitpunkt, an dem dieser Bericht<br />

verfasst wurde, hat Präsident Hollande einen<br />

Minister für Sozialwirtschaft ernannt. Es ist<br />

eines der ersten Male, dass die Regierung der<br />

Sozialwirtschaft explizit eine Erwähnung hat<br />

zukommen lassen. Da extra ein zuständiger<br />

Minister ernannt wurde, könnte dies als<br />

Beweis des Interesses der Regierung von<br />

Hollande an der Rolle gewertet werden, die<br />

die Sozialwirtschaft in der Wiederbelebung<br />

der Wirtschaft einnehmen kann.<br />

Deutschland<br />

Der gemeinnützige Sektor in Deutschland<br />

ist eine Ansammlung von Organisationen,<br />

die formal, privat, nicht auf Gewinn<br />

ausgerichtet, selbstbestimm und<br />

freiwillig sind.<br />

In der Geschichte des deutschen<br />

Wohlfahrtstaates gab es immer eine<br />

enge Verbindung zwischen staatlichen<br />

Institutionen als Garant des Gemeinwohls<br />

und Zivilgesellschaftsorganisationen,<br />

insbesondere in der Form von<br />

gemeinnützigen Vereinigungen. Bezüglich<br />

der Erbringung der Vorteile und<br />

Dienstleistungen des Wohlfahrtsstaates<br />

besteht hier eine lange Geschichte der<br />

Auslagerung staatlicher Verantwortlichkeiten<br />

an große Wohltätigkeitsorganisationen wie z.<br />

B. das Rote Kreuz. Das Subsidiaritätsprinzip,<br />

welches seinen Ursprung in den Reibungen<br />

zwischen Weltlichkeit und Religion hat,<br />

entwickelte sich vollständig nach dem<br />

2. Weltkrieg. Dessen Haupteigenschaft<br />

besteht darin, dass es im Bereich sozialer<br />

Dienste gemeinnützigen Dienstleistungen<br />

gegenüber öffentlichen Dienstleistungen<br />

eine Priorität einräumt. Dies erleichterte<br />

die Entstehung und Entwicklung großer<br />

Wohltätigkeitsorganisationen. Um die ihnen<br />

zugewiesenen Aufgaben auszuführen, sind<br />

die Wohltätigkeitsorganisationen zum Bezug<br />

öffentlicher Gelder berechtigt, um in der Lage<br />

zu sein, die entsprechenden Dienstleistungen<br />

ordnungsgemäß aufrechtzuerhalten. 3<br />

In den 1990-er Jahren stellen wir in<br />

Deutschland einen allgemeinen Wandel<br />

in Richtung des Grundsatzes eines<br />

aktivierenden Sozialstaats, der das<br />

Prinzip freiwilliger Arbeit und die damit<br />

zusammenhängende Infrastruktur unterstützt<br />

und fördert. Heute sind diese Infrastrukturen<br />

einer bürgerlichen Beteiligung noch immer<br />

hochgradig von der Finanzierung öffentlicher<br />

Budgets abhängig. Darüber hinaus gibt es<br />

allerdings auch Finanzmittel von Stiftungen.<br />

Besonders aktiv sind die Robert Bosch<br />

Stiftung und der Generali Zukunftsfond. Diese<br />

betrachten bürgerliches Engagement als eine<br />

Kernaufgabe. Bei individuellen Projekten, die<br />

nicht an laufenden Finanzierungen teilhaben,<br />

spielen hauptsächlich Spendengelder und<br />

8


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Patenschaften eine Rolle. Schätzungen<br />

zufolge liegt Anteil der öffentlichen<br />

Finanzierung für den dritten Sektor bei ca.<br />

50 %, während der Finanzierungsanteil von<br />

öffentlichen Finanzmitteln auf drei Viertel<br />

der Gesamteinnahmen der ehrenamtlichen<br />

Infrastrukturen zur bürgerlichen Einbindung<br />

geschätzt wird.<br />

Heute verändert sich das Gleichgewicht<br />

der Verantwortlichkeiten aufgrund des<br />

aktuellen wirtschaftlichen Klimas. Der<br />

Staat zieht sich teilweise aus seiner<br />

Verantwortung zurück und die Rolle großer<br />

Dienstleistungsorganisationen und des<br />

privaten Sektors vergrößert sich weiter.<br />

Aus diesem Grund kann vermehrt ein<br />

Bedeutungszuwachs für den unabhängigen<br />

Sektor wie z. B. kommunale Initiativen<br />

beobachtet werden.<br />

Von der Bundesregierung wurde im<br />

Jahre 2010 eine sogenannte Nationale<br />

Strategie zur Einbindung der Bürger<br />

(National Engagement Strategy) gestartet,<br />

welche die Grundlagen einer möglichen<br />

Unterstützung und deren Instrumente für<br />

den ehrenamtlichen Sektor im Allgemeinen<br />

und teilweise für den unabhängigen Sektor<br />

darlegte. Bspw. bietet sie symbolische<br />

Unterstützung für den Ansatz kommunaler<br />

Stiftungen (ein Bsp. dieser erscheint in<br />

unserer Fallstudie <strong>–</strong> Die Wiesbaden Stiftung<br />

(BSW)). Darüber hinaus umfasst die Strategie<br />

neue Ansätze zu anderen Problematiken<br />

wie soziale Investitionen, Förderung von<br />

sozial eingestellten Geschäftsleuten und<br />

Wertschätzung sozialer Dienstleistungen.<br />

Der unabhängige Sektor wird also verstärkt<br />

von der Regierung angehalten, sich stärker<br />

auf die Bereitstellung von Dienstleistungen<br />

zu konzentrieren. Die damit verbundenen<br />

Schwierigkeiten umfassen:<br />

• <strong>Eine</strong> hohe Abhängigkeit von öffentlichen<br />

Finanzmitteln: Eigenfinanzierung durch<br />

Spenden, Stiftungen und ähnliche Mittel<br />

sind noch immer unterentwickelt.<br />

• Die Dominanz großer und mächtiger<br />

Vereinigungen<br />

• Der steigende Druck nach Professionalität<br />

innerhalb des Dienstleistungsbereiches 4<br />

Ein Problem liegt darin, dass es im Markt<br />

momentan wenig Unterstützung für den<br />

unabhängigen Sektor gibt. Die Regierungen<br />

des Bundes und der Länder stehen unter<br />

Druck, unterstützende Infrastrukturen für<br />

kommunale Organisationen bereitzustellen,<br />

sodass sie sich selbst im Markt etablieren<br />

können, um letztlich eine Mehrwertleistung<br />

zu erbringen.<br />

9


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Portugal<br />

Die Begriffe „Sozialwirtschaft“, „Sozial- und<br />

Solidarwirtschat“ und „Solidarwirtschaft“<br />

werden genutzt, um Organisationen<br />

zu beschreiben, die den kommunalen<br />

Zusammenhalt fördern zugleich aber auch<br />

während Waren und Dienstleistungen<br />

bereitstellen. Die portugiesische<br />

sozialwirtschaften Organisationen haben<br />

viele verschiedene Rechtsformen wie<br />

z. B. Vereinigungen, Stiftungen, lokale<br />

Entwicklungsorganisationen (die das Ziel<br />

haben, Menschen in ländlichen Gebieten zu<br />

helfen), gemeinnützige Vereinigungen und<br />

Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs).<br />

Der Wohlfahrtsstaat wurde erst spät in<br />

Portugal eingeführt und diese „erzwungenen“<br />

Kommunen mussten ihre eigenen informellen<br />

kommunalen Solidarsysteme entwickeln,<br />

die dem sozialen Schutz der Bevölkerung<br />

dienten. Im Vergleich mit den anderen drei<br />

Ländern ist der Bereich der portugiesischen<br />

Zivilgesellschaft in einem höheren Maß für<br />

die Erbringung sozialer Dienstleistungen<br />

verantwortlich. Portugal konnte, verglichen<br />

mit den anderen Ländern, einige Erfolge in<br />

der Ausbreitung und Annahme kommunaler<br />

Entwicklungsprojekte verzeichnen.<br />

Es ist allerdings nicht so, dass es im<br />

Sektor keine Herausforderungen bzw.<br />

Problemstellungen gibt, und es existieren<br />

historische, politische und wirtschaftliche<br />

Sachverhalte, die das Dasein kommunaler<br />

Initiativen behindern.<br />

Das Prinzip der Demokratie ist in Portugal<br />

relative neu. Dadurch könnte man<br />

argumentieren, dass es dort weniger<br />

Offenheit für die Ideen einer bürgerlichen<br />

Einbindung gibt, die diesen Initiativen<br />

zugrunde liegen.<br />

Weiterhin führte die momentan in Portugal<br />

durchlebte Wirtschaftskrise zu einem<br />

höheren Maß an Misstrauen der Bürger<br />

gegenüber ihrer Regierung und deren<br />

Fähigkeit, das Land gut zu regieren. Die<br />

Krise bedeutet, dass auch andere Akteure<br />

beteiligt sind: der IMF (Internationaler<br />

Währungsfonds), die ECB (Europäische<br />

Zentralbank) und die EC (Europäische<br />

Kommission). Dies führte zu einer weiteren<br />

Verringerung des Vertrauens in bürgerlichen<br />

Initiativen.<br />

Budgetbeschränkungen werden durch<br />

einen umfassenden Rückzug der Rolle des<br />

Staates in der Wirtschaft begleitet. Inspiriert<br />

wird diese Entwicklung von neo-liberalen<br />

Idealen, die die öffentliche Politik und<br />

Finanzierungsprogramme zu beeinflussen<br />

drohen, die zuvor von solchen Initiativen<br />

unterstützt wurden.<br />

Offensichtlich haben diese Faktoren auch<br />

eine gegenteilige Wirkung, was wiederum<br />

Räume und Möglichkeiten für die sogenannte<br />

partizipatorische Demokratie eröffnet und<br />

günstige Bedingungen für Initiativen und<br />

kommunale Organisationen schafft (siehe<br />

folgende Fälle). Allerdings bleiben viele<br />

Herausforderungen weiter bestehen.<br />

<strong>Eine</strong> Antwort auf diese Problematiken<br />

könnte das Konzept und die Praktiken der<br />

Solidarwirtschaft liegen, die sich in den<br />

letzten 30 Jahren entwickelte und in Portugal<br />

kürzlich an Zugkraft gewonnen hat. Dies ist<br />

ein Konzept, das sich im Einklang mit der<br />

Sozialwirtschaft befindet, aber einige andere<br />

Problematiken durch z. B. die Öffnung des<br />

Sektors für eine breitere Einbindung lokaler<br />

Kommunen adressiert, wodurch „soziale<br />

Sicherheitsnetze“ für einige der sich durch<br />

die globalen Herausforderungen ergebenden<br />

Probleme erstellt werden.<br />

10


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Vereinigtes Königreich<br />

Kommunale und organisierte<br />

Dienstleistungen und Organisationen waren<br />

schon immer ein wesentlicher Kernbereich<br />

der Zivilgesellschaft und des damit in<br />

Verbindung stehenden Lebens, in welcher die<br />

Menschen entsprechend zusammenkommen<br />

und gemeinsam das Allgemeinwohl und/oder<br />

gemeinschaftliche Vorteile organisieren. Die<br />

Mehrheit dieser Initiativen wurde unabhängig<br />

von den Vorgaben der Regierung errichtet.<br />

Vielmehr haben sich die Menschen selbst<br />

mobilisiert, um die lokalen Bedürfnisse und<br />

Interessen, um die sie sich sorgen, in ihren<br />

Kommunen zu verbessern bzw. zu bedienen.<br />

In den vergangenen Jahren haben wir eine<br />

wachsende Anzahl kommunaler Initiativen<br />

beobachten können, die sich um eine andere<br />

Art des Konsums, d.h. einen nachhaltigeren<br />

Ansatz, drehen. Diese waren oft innovativ<br />

und symbolisierten einen großen Appetit<br />

nach sozialem Wandel. Die sogenannte<br />

Übergangsbewegung hat im Vereinigten<br />

Königreich und auf der ganzen Welt großes<br />

Aufsehen ausgelöst. Übergangsstädte<br />

haben Initiativen in vielen Bereichen<br />

eingeleitet wie z. B. dem Energiesektor,<br />

im Nahrungsmittelbereich, Abfallwesen,<br />

Transportwesen und Wohnungsbau. Oft<br />

zitierte Beispiele sind Totnes, Lewes und<br />

Brixton. In den vergangenen 20 Jahren haben<br />

wir auch die Entwicklung des kommunalen<br />

Personennahverkehrs und kommunaler<br />

Partnerschaften, ehrenamtlich geführte<br />

Ladeneinrichtungen und kommunale „Pubs“<br />

beobachten können. Dies trifft insbesondere<br />

in ländlichen Gebieten aufgrund des<br />

Rückzuges bestimmter Dienstleistungen wie<br />

Läden, Postfilialen und Verkehrsmitteln zu.<br />

Nach Angaben des Netzwerkes „Plunkett<br />

Community Shop Network“ sind gegenwärtig<br />

über 270 kommunale Ladeneinrichtungen im<br />

Vereinigten Königreich im Einzelhandel tätig.<br />

Obgleich der Sektor der Zivilgesellschaft<br />

im Vereinigten Königreich ziemlich<br />

unabhängig existiert, hat er über das<br />

vergangene Jahrzehnt ein gestiegenes<br />

Interesse von Politikern und politischen<br />

Entscheidungsträgern verzeichnen<br />

können. Dies war insbesondere in den<br />

vergangenen zwei Jahren der Fall, seit die<br />

Regierungskoalition an die Macht kam.<br />

Vor 2010 zielten eine Reihe politischer<br />

Maßnahmen und Ansätze, die von der<br />

Labour Regierung eingeleitet wurden,<br />

darauf ab, das kommunale Engagement<br />

und Weiterentwicklung insbesondere auf<br />

lokaler Ebene zu fördern. Die sogenannte<br />

„Lokalagenda“ der Regierung war hochgradig<br />

mit der allumfassenden Zielstellung<br />

zur Reformierung der öffentlichen<br />

Dienstleistungen verbunden.<br />

Die Dezentralisierung der Macht und die<br />

gestärkten lokalen Kommunen sind auch<br />

wesentliche Themen der sogenannten „Big<br />

Society Agenda“ der Koalitionsregierung, die<br />

drei wichtige Standpfeiler hat:<br />

• Soziales Handeln: Ermutigung und<br />

Motivation der Menschen, in der<br />

Gesellschaft eine aktivere Rolle<br />

einzunehmen.<br />

• Kommunale Entwicklung: Übertragung<br />

größerer Machtbefugnisse zur<br />

Entscheidungsfindung und Gestaltung<br />

ihrer eigenen Bereiche an Kommunalräte<br />

und nachbarschaftliche Gremien.<br />

• Öffnung öffentlicher Dienstleistungen:<br />

es wurde Wohltätigkeitsorganisationen,<br />

sozialen Unternehmen, privaten<br />

Unternehmen und genossenschaftlichen<br />

Kooperativen ermöglicht, öffentliche<br />

Dienstleistungen zu erbringen.<br />

11


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Seit 2010 gab es eine Menge Maßnahmen,<br />

um diese Ziele voranzutreiben. Von<br />

besonderer Bedeutung für dieses Projekt<br />

ist der sogenannte „Localism Act“, welcher<br />

im November 2011 die Zustimmung des<br />

Parlamentes erhielt. Dieses neue Gesetz<br />

verleiht Kommunen wie auch Einzelpersonen<br />

zusätzliche Rechte und Machtbefugnisse<br />

zur Ausschreibung und Durchführung<br />

lokaler Dienste.<br />

Es wurde das kommunale<br />

Organisationsprogramm eingerichtet,<br />

um kommunale Maßnahmen auf<br />

nachbarschaftlicher Ebene zu unterstützen<br />

und lokalen Kommunen zu helfen,<br />

entsprechend erforderliche Fähigkeiten<br />

bzw. das entsprechende Wissen zu erwerben,<br />

um lokale Problemstellungen in Angriff<br />

zu nehmen und aus den im „Localism Bill“<br />

enthaltenen neuen Rechten Vorteile zu ziehen.<br />

Trotz dieser politischen Richtlinien zeigt sich<br />

noch immer ein Bild verschiedener Probleme,<br />

die mit kommunaler Eigenverantwortung<br />

eingehergehen. Für die meisten Menschen<br />

ist die „Big Society Agenda“ untrennbar<br />

mit dem verbunden, was in der Wirtschaft<br />

passiert. Gemeint ist hier eine Zeit<br />

der großen Instabilität für kommunale<br />

Organisationen, da sich die Zivilgesellschaft<br />

den öffentlichen Ausgabenkürzungen<br />

anpasst, die wiederum Auswirkungen auf<br />

Einzelpersonen und Kommunen wie auch<br />

lokale Behörden, gesetzliche Dienstleister<br />

und zivilgesellschaftliche Organisationen<br />

haben. Der „Civil Society Almanac“ des<br />

Vereinigten Königreichs geht davon<br />

aus, dass dies, falls diese Kürzungen<br />

auf lokale Wohltätigkeitsorganisationen<br />

übertragen werden, einen Rückgang<br />

der von lokalen Regierungen für<br />

Wohltätigkeitsorganisationen aufgewendeten<br />

Gelder von ca. £800 Million pro Jahr bis zum<br />

Ende dieses Zeitraumes bedeuten würde.<br />

Darüber hinaus besteht eine weitere<br />

Problematik, insbesondere hervorgerufen<br />

durch die sinkenden öffentlichen Budgets,<br />

darin, die Qualität der Dienstleistungen<br />

überhaupt sicherzustellen. Aus der „Place“<br />

Umfrage, die Menschen über ihre Meinungen<br />

über lokale Dienste befragte, wissen wir<br />

auch, dass umso schlechter ein Gebiet<br />

wirtschaftlich dasteht, desto weniger<br />

Menschen wahrscheinlich bürgerliches<br />

Engagement und ehrenamtliches Verhalten<br />

zeigen. Auf Basis dieser Erkenntnis, besteht<br />

wirkliche Besorgnis dahingehend, dass sich<br />

das bürgerliche Engagement wahrscheinlich<br />

eher in Bereichen entwickelt, wo die Nöte<br />

bzw. der Bedarf am geringsten sind.<br />

12


À propos de It’s <strong>Our</strong> Community<br />

Über die Fallstudien<br />

Die unten stehenden Fallstudien wurden<br />

durch Mitarbeit von Vertretern aus der<br />

Zivilgesellschaft aus jedem der Partnerländer<br />

ausgewählt. Es wurde erwartet, dass die<br />

ausgewählten Fallstudien interessante<br />

Erkenntnisse bereitstellen könnten, die in<br />

anderen Kontexten anwendbar sein könnten.<br />

Wir erwarten nicht, dass die Fallstudien<br />

alle allgemeingültig sind und beliebig (…<br />

ohne Adaptation…) auf ein anderes Land<br />

übertragen werden können, allerdings gibt<br />

es aber auch allgemeine Lehren und Aspekte<br />

jeder Fallstudie, die auf andere Länder<br />

ausgedehnt werden können bzw. auf diese<br />

übertragbar sind.<br />

Es war nicht Zweck dieses Projekts, die<br />

Fallstudien länderspezifisch nach deren<br />

Übertragbarkeit bzw. Allgemeingültigkeit<br />

zu zergliedern. Allerdings haben wir damit<br />

begonnen, die Übertragbarkeit für einige<br />

der Beispiele zu untersuchen. Zum Bsp.<br />

haben die Teilnehmer im Pariser Workshop<br />

festgestellt, dass der Ansatz des Ansatzes<br />

deutscher bürgerlicher Stiftungen innerhalb<br />

anderer Kontexte nützlich sein kann. Das<br />

von der Fallstudie der Wiesbaden Stiftung<br />

(BSW) angenommene Modell könnte sehr<br />

einfach auf andere Länder angewendet<br />

werden und ist auch schon in vielen anderen<br />

Ländern vorhanden (Vereinigte Staaten,<br />

England). Allerdings ist die Struktur der<br />

bürgerlichen Stiftungen / kommunalen<br />

Stiftungen nicht überall die gleiche. Wo eine<br />

Stiftung auch ein Dienstleister einer sozialen<br />

Institution (zum Bsp. ein Krankenhaus) ist,<br />

ist die Arbeit einer bürgerlichen Stiftung <strong>–</strong><br />

z. B. in England oder den USA <strong>–</strong> ernsthaft<br />

beschränkt und muss in vielerlei Hinsicht<br />

wie ein Unternehmen agieren. Es kann auch<br />

angenommen werden, dass dies dann den<br />

Umfang der eigenen gemeinnützigen Zwecke<br />

einschränkt. Hier scheint das deutsche Modell<br />

flexibler und vielseitiger zu sein.<br />

Wir können uns vorstellen, dass der Ansatz<br />

der bürgerlichen Stiftungen z. Bsp. in<br />

Portugal funktioniert, wo es eine angesehene<br />

Kampagne zur Verringerung der Anzahl von<br />

Stiftungen gegeben hat, die auf nationaler<br />

Ebene agieren. Es kann argumentiert werden,<br />

dass es lokal verwurzelte Organisationen<br />

einfacher haben werden, Spendengelder<br />

zu erwirtschaften.<br />

Im Londoner Workshop wurde festgestellt,<br />

dass der kommunale Personennahverkehr<br />

vielleicht nicht den gleichen<br />

Attraktivitätsgrad hat wie in Frankreich,<br />

wo die Privatisierung des öffentlichen<br />

Personennahverkehrs auf größeren<br />

Widerstand gestoßen ist.<br />

Die unten stehenden Fallstudien sind<br />

ausschließlich Zusammenfassungen,<br />

enthalten aber einige diskussionswürdige<br />

Punkte innerhalb des Abschnitts und<br />

Empfehlungen. Um ein höheres Maß<br />

an Austausch über die Anwendbarkeit<br />

in anderen Kontexten anzuregen, der<br />

hoffentlich zu Verbesserungen in der Praxis<br />

führt, erscheinen die Fallstudien in allen<br />

Einzelheiten auf der „It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong><br />

Webseite, die unter folgendem Link zu<br />

finden ist: www.itsourcommunity.eu<br />

13


À propos de It’s <strong>Our</strong> Community<br />

Die Fallstudien<br />

Frankreich<br />

E-Commerce, Rhône Alpes und<br />

La Bourgogne<br />

Dieses Projekt errichtete ein innovatives<br />

soziales Unternehmen zur Entwicklung von<br />

online-basierten Angeboten für die lokale<br />

Sozialwirtschaft in den Regionen Rhone<br />

Alpes und Burgund. Alle Partner waren<br />

etablierte sozialwirtschaftliche Akteure, die<br />

vom Ressourcenzentrum AROBASE und<br />

der regionalen Plattform zum lebenslangen<br />

Lernen, La Ligue de l’Enseignement de<br />

Bourgogne, in Partnerschaft mit zwei<br />

transnationalen Partnern, IFREFORR (Italien)<br />

und ASFZ (Ungarn), geleitet wurden.<br />

Das Ziel des Projekts war es, zu untersuchen,<br />

wie die Sozialwirtschaft die Potenziale<br />

im Bereich neuer E-commerce-Dienste<br />

nutzen kann, vorhanden E-commerce-<br />

Schulungsmöglichkeiten zu testen und<br />

eine Reihe beruflicher Normen zu errichten<br />

(zur Verwendung in ganz Europa), um das<br />

Berufsbild eines ‘e-commerce operators’<br />

zu generieren.<br />

Der Kernansatz des Projekts bestand darin,<br />

die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für<br />

benachteiligte Personen zu identifizieren,<br />

d. h. die Fähigkeiten zu identifizieren, das<br />

sogenannte Online-Arbeiter benötigen,<br />

bzw. die lokalen Wirtschaftspotenziale<br />

zu identifizieren, die den Online-<br />

Handel nutzen könnten. Dies umfasst<br />

insbesondere lokal produzierte Weine<br />

und Nahrungsmittel, den Online-Vertrieb<br />

von Ausrüstungsgegenständen für die<br />

Nahrungsmittelproduktion und eine<br />

Vielzahl lokaler Handwerksprodukte.<br />

Das Ziel des Projekts war es, die<br />

Stigmatisierung von benachteiligten Personen<br />

zu bekämpfen. Zu diesem Zweck bekämpft<br />

das Projekt die Unterrepräsentation von<br />

Personen mit geringen Qualifikationen und<br />

anderen Benachteiligungen in dem Sektor.<br />

Das Projekt fördert den Menschen und<br />

dessen menschliche Eigenschaften bei der<br />

Entwicklung der Wirtschaft. Dies geschieht<br />

konkret durch flexible Online-Arbeit, gepaart<br />

mit individueller Betreuung<br />

und sozialer Beratung, wobei gleichzeitig<br />

ein Produktivitätsmaß aufrecht erhalten<br />

wird, das hinsichtlich der wirtschaftlichen<br />

Leistung keine Kompromisse zulässt. Im<br />

ersten Zyklus des Projekts wurden 13<br />

„e-commerce operators“ in Frankreich und<br />

17 weitere in Italien und Ungarn mittels der<br />

gleichen Online-Plattform geschult.<br />

Wasserzentrum Le Razay<br />

Dieses Projekt konzentriert sich auf den<br />

freien Zugang für die Kommune und die<br />

direkte Beteiligung am Management von<br />

Erholungseinrichtungen. Das Wasserzentrum<br />

befindet sich im Herzen der Halbinsel<br />

Guérandaise, 800 m vom Strand entfernt<br />

in einem Park von ca. fünf Hektar, und ist in<br />

zwei Teile unterteilt: ein im Außenbereich<br />

gelegenes Dorf und Kinderzentrum für<br />

Urlaubscamps.<br />

Im Jahre 1998 wurde eine entsprechende<br />

Kampagne gestartet, um einen abgedeckten,<br />

beheizbaren Swimmingpool zur Verwendung<br />

durch die Kommune zu bauen und dadurch<br />

den Tourismus und im lokalen Bereich die<br />

Möglichkeiten zum Aufbau von Unternehmen<br />

im Freizeitbereich zu fördern. Von der<br />

lokalen Behörde wurde im Jahre 2000 das<br />

entsprechende Budget festgelegt, worauf<br />

die Durchführung des Projekts mit direkter<br />

Hilfe der Kommune gestartet wurde. Im<br />

Jahre 2004 wurde die Anzahl der lokalen<br />

Verantwortlichkeiten, die am Management<br />

beteiligt waren, erweitert, sodass diese<br />

nun 22 Bereiche umfassten. Gleichzeitig<br />

wurden die Ressourcen ausgebaut und ein<br />

kommunales Forum eingerichtet, welches<br />

die Vision zur Endnutzung definierte, was<br />

wiederum eine sehr breite Einbindung der<br />

lokalen Anwohner bedeutete. Dieses Projekt<br />

ermöglichte es der Kommune, den Bau<br />

lokaler Einrichtungen im eigenen Sinn zu<br />

beeinflussen und einen Ort des gemeinsamen<br />

sozialen Miteinanders zu errichten.<br />

14


À propos de It’s <strong>Our</strong> Community<br />

‘Tell us your story’, Paris<br />

‘Tell us your story’ (Raconte-nous ton<br />

histoire) ist eine lokale kommunale<br />

Organisation, die Filme und Medien nutzt,<br />

um jungen Migranten Möglichkeiten<br />

aufzuzeigen und einzuräumen. Sie stellt<br />

die folgenden Dinge in den Mittelpunkt: a)<br />

Aufbau von Vertrauen der jungen Leute<br />

durch Kommunikation und b) die Entwicklung<br />

von Fähigkeiten unter Anwendung<br />

filmischer Mittel, die zu größeren beruflichen<br />

Möglichkeiten führen können. Dieses Projekt<br />

erschuf (aus entwicklungspsychologischer<br />

Sicht) in der lokalen Kommune eine Art von<br />

Eigenverantwortlichkeit, während sich die<br />

betreffenden Personen noch immer von<br />

ihrer lokalen kommunalen Organisation<br />

geschützt fühlten. Das Ziel des Projekts ist<br />

es, menschliche Werte zu entwickeln, lokale<br />

soziale Netzwerke zu vertiefen wie auch<br />

Integrationsproblematiken (einschließlich<br />

sozialer und religiöser Unterschiede)<br />

durch einen Geist der Offenheit und<br />

Zusammenarbeit zu überwinden.<br />

Die Organisation wird als lokale Vereinigung<br />

betrieben, ist aber in der Lage, die<br />

Führungsstruktur durch eine breitere<br />

Einbindung der kommunalen Mitglieder<br />

auszuweiten. Die lokale Kommune wird<br />

aktiv zur Teilnahme ermutigt und spielt in<br />

der Vorgabe der strategischen Richtung<br />

und Auswahl des Führungsmodells eine<br />

dynamische Rolle. Dies umfasst auch<br />

regelmäßige Rückmeldungen zu den<br />

breiteren Auswirkungen des Projekts<br />

im lokalen Bereich.<br />

Deutschland<br />

Die Wiesbaden Stiftung (BSW)<br />

Die Wiesbaden Stiftung (BSW) ist eine<br />

bürgerliche Stiftung, die im September<br />

2003 auf Ansinnen von Einzelpersonen und<br />

gemeinnützigen Vereinigungen gegründet<br />

wurde. Gleichzeitig wird sie von der Stadt<br />

als eine Art kommunale Stiftung der Bürger<br />

von Wiesbaden zugunsten ihrer Stadt<br />

und der Region unterstützt. Sie wurde aus<br />

dem Wunsch heraus gegründet, eine neue<br />

unabhängige Plattform für ehrenamtliche<br />

Dienste in der Stadt zu errichten, um die<br />

Ideen und Interessen der Bürger öffentlicher<br />

zu machen und um die Chancen ihrer<br />

Umsetzung zu erhöhen. Zu Beginn gab es<br />

21 Gründungsspenden mit einem Start-up-<br />

Kapital von ca. 200.000 Euro. Momentan<br />

besitzt die bürgeliche Stiftung Werte von<br />

ca. einer Millionen Euro.<br />

Die BSW ist politisch und finanziell<br />

unabhängig. In den vergangenen fünf Jahren<br />

wurden so verschiedene Projekte eingeleitet<br />

und organisiert. Einige von diesen waren<br />

Vorbild für ähnliche bürgerliche Stiftungen in<br />

anderen Städten in Deutschland. Momentan<br />

unterstützen ca. 90 Spender die Stiftung.<br />

Sie haben die gleichen Rechte wie die<br />

entsprechenden Interessensvertreter,<br />

können aber nicht allein entscheiden, welche<br />

Projekte ausgeführt werden. Der Vorstand ist<br />

verantwortlich für das Treffen entsprechender<br />

Entscheidungen. Die Stiftung beteiligt<br />

die kommunalen Interessensvertreter an<br />

der Stimulierung neuer Projekte und trifft<br />

sich regelmäßig mit Mitgliedern externer<br />

kommunaler Vereinigungen.<br />

Die Vision der Stiftung ist es, alle schon<br />

vorhandenen Projekte in nachhaltige Projekte<br />

zu verwandeln und die Menschen aus der<br />

lokalen Zivilgesellschaft so auszubilden,<br />

dass sie Entscheidungen zusammen mit<br />

den Führern der Stadt treffen können (wie<br />

auch Planern und Architekten), um die<br />

die Qualität des Stadtlebens für alle zu<br />

verbessern. Die Erwartung ist, dass sich<br />

die BSW auch in Zukunft als willkommene<br />

Plattform für bürgerliches Engagement in<br />

der Stadt etablieren kann und Gespräche zu<br />

Problematiken stimuliert, die die Stadt nicht<br />

adressieren kann oder will.<br />

Die Kooperative „Elektrizitatswerke<br />

Schonau“ (EWS)<br />

Die Kooperative „Elektrizitätswerke Schönau“<br />

(EWS) betreibt das Energieversorgungsnetz<br />

in Schönau, im Schwarzwald (Baden<br />

Württemberg), und beliefert landesweit<br />

mehr als 100.000 Haushalte, Geschäfte<br />

und Industrieunternehmen mit sauberer<br />

Elektrizität . Die EWS stammen aus<br />

einer bürgerlichen Vereinigung und<br />

sind verpflichtet, strenge ökologische<br />

Vorschriften einzuhalten. Das Management<br />

und die Miteigentümer sind nicht auf die<br />

15


À propos de It’s <strong>Our</strong> Community<br />

Maximierung des Profits fokussiert, sondern<br />

konzentrieren sich darauf, in eine nachhaltige<br />

Energieerzeugung und -versorgung zu<br />

investieren. Das Modell bricht die traditionelle<br />

Beziehung zwischen Energielieferanten und<br />

Kunden auf, indem die Bürger von Kunden<br />

zu Partnern werden <strong>–</strong> als Miterzeuger, als<br />

Interessenvertreter und als Mitentscheider<br />

(Basisdemokratie).<br />

Die kombinierten Einrichtungen der EWS<br />

(Energie- und Wärmeanbindung, Solar,<br />

kleine Wasserkraft- und Biogasanlagen wie<br />

auch zwei Windturbinen) haben zusammen<br />

ein Leistungssoll von 9,6 MW und einen<br />

erwarteten Jahresertrag von ca. 15 Million<br />

kWh Elektrizität. Im Vergleich mit der<br />

herkömmlichen Elektrizitätserzeugung spart<br />

dies 7.500 Tonnen CO2 und verhindert die<br />

Produktion von 12.000 g radioaktiven Abfalls.<br />

Durch das Bemühen der Bürgerinitiative<br />

wurde etwas Neues erreicht, das bis dahin<br />

als absolut unmöglich galt: Die<br />

Bereitstellung von Energie durch ein<br />

Elektrizitätsunternehmen im Besitz<br />

der Bürger an eine Gemeinde und eine<br />

ganze Region. Mit Kreativität, diversen<br />

Partnerschaften und Kooperationen,<br />

mit Transparenz und besonders mit<br />

demokratischer Legitimität und der<br />

Unterstützung der Öffentlichkeit wurde<br />

die Idee einer dezentralisierten ökologischen<br />

Energieversorgung gegen den massiven<br />

Widerstand von Regierung und Wirtschaft<br />

realisiert.<br />

Das Schönauer Modell spielt eine<br />

Vorreiterrolle, wenn es darum geht,<br />

umsetzbare Lösungen aufzuzeigen, wie<br />

man dezentralisierte Versorgungsstrukturen<br />

umsetzt. Darüber hinaus hat der Erfolg<br />

der EWS das Entstehen zahlreicher<br />

Energiekooperativen in ganz Deutschland<br />

inspiriert.<br />

Partnersenioren in Schulen (Senior<br />

Partners in Schools, SiS)<br />

Die Idee des SiS besteht darin, ältere<br />

Bürger als Schulmediatoren zu schulen,<br />

um Kindern und jungen Leuten in Schulen<br />

zu helfen, eigene Konflikte ohne Gewalt zu<br />

lösen und um ihre persönlichen und sozialen<br />

Kompetenzen zu stärken. Der innovative<br />

Beitrag des SiS liegt im praktischen Einfluss<br />

auf die Schulen, als außenstehender Partner<br />

in der Schulhierarchie eingebunden und<br />

anerkannt zu werden. Die Schule kann als<br />

eine Art hybride Organisation angesehen<br />

werden, d. h. teilweise staatlich, teilweise als<br />

soziales Unternehmen, und wird mehr in die<br />

Zivilgesellschaft eingebettet.<br />

Das Projekt begann anfänglich im Jahr 2001<br />

in zwei Schulen in Berlin und wird nun mit<br />

der Teilnahme von 250 Partnersenioren<br />

allein in Berlin in über 50 Schulen in Berlin<br />

durchgeführt. Das Projekt hilft den Schulen,<br />

externen Partnern offen gegenüber zu<br />

stehen und mit diesen zusammenzuarbeiten.<br />

Momentan wird das Projekt in 11 anderen<br />

deutschen Bundesstaaten eingeführt.<br />

Die Mitglieder des SiS sind ältere Menschen,<br />

die ihre Zeit und Lebenserfahrungen dem<br />

Kontext der bürgerlichen Einbindung und<br />

ehrenamtlichen Arbeit widmen. Sie bilden<br />

eine Brücke zwischen den älteren und<br />

jüngeren Generationen. Dies fördert die<br />

Entwicklung eines besseren Verständnisses<br />

zwischen Jung und Alt, eine gewaltfreie<br />

Konfliktlösung in Schulen, bessere<br />

Schulabschlüsse und lebenslanges Lernen<br />

für die Partnersenioren.<br />

16


À propos de It’s <strong>Our</strong> Community<br />

Portugal<br />

Associação para o Desenvolvimento do<br />

Concelho de Moura (Vereinigung zur<br />

Entwicklung der Gemeinde von Moura)<br />

(ADC MOURA)<br />

ADC MOURA ist eine kommunale<br />

Vereinigung mit Sitz in der Gemeinde von<br />

Moura, einer ländlichen Region im Südosten<br />

von Portugal, der historisch bedingt arm<br />

und unterentwickelt ist. Die Vereinigung<br />

wurde 1993 von lokalen kommunalen<br />

Arbeitern und Anwohnern gegründet, um<br />

dem Rückgang der kleinen Dörfer der<br />

Region entgegenzuwirken und die lokale<br />

Entwicklung und kommunale Einbindung zu<br />

fördern. ADC Moura ist eine gemeinnützige<br />

Organisation, die von den Grundsätzen<br />

einer „lokalen Entwicklung“, der „Sozialund<br />

Solidarwirtschaft“ und „gleichen<br />

Möglichkeiten“ inspiriert ist.<br />

Die wichtigsten Ziele von ADC Moura lauten:<br />

durch die Förderung von Unternehmen,<br />

lokalen Wirtschaftseinheiten und<br />

Anstellungsverhältnissen einen Beitrag zur<br />

wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und<br />

Innovation von ländlichen und schwachen<br />

Territorien zu leisten; die natürlichen<br />

und kulturellen Güter zu bewahren und<br />

zu schätzen; das Umweltbewusstsein<br />

durch Bildung zu schärfen; den<br />

gleichberechtigten Zugang zu allen sozialen,<br />

bildungstechnischen, gesundheitlichen und<br />

kulturellen Dienstleistungen zu ebnen und<br />

zu sichern; den sozialen Zusammenhalt und<br />

die Einbindung der Bürger zu fördern.<br />

Im Großen und Ganzen besteht der Zweck<br />

darin, die integrierte lokale Entwicklung (über<br />

verschiedene Bereiche) in den betreffenden<br />

ländlichen Gebieten zu fördern. Das Ziel ist<br />

es, dass die gesamte Kommune profitiert und<br />

dass durch gezielte Projekte die schwachen<br />

unterrepräsentierten Gruppen und Menschen<br />

wie z. B. ländlichen Kommunen (kleinen<br />

Dörfer, die unter Abwanderung leiden),<br />

Kommunen der Sinti und Roma, die sich<br />

inoffiziell in der Gemeinde niedergelassen<br />

haben, und Schüler, Studenten und Eltern<br />

unterstützen.<br />

Associação Tempo de Mudar para o<br />

Desenvolvimento do Bairro dos Lóios<br />

(Vereinigung “Time for a Change” zur<br />

Entwicklung von Lóios) (ATM)<br />

ATM ist eine gemeinnützige Organisation, die<br />

von Anwohnern und lokalen Geschäftsleuten<br />

von Lóios gegründet wurde, um die<br />

Interessen der Kommune sicherzustellen.<br />

Loios ist eine öffentliche soziale Wohnanlage<br />

im Bezirk Marvila, Lissabon. Ein Großteil<br />

der Wohnsiedlung wird seit 1977 von der<br />

Lissaboner Gemeindeverwaltung verwaltet,<br />

ein anderer Teil wurde später gebaut<br />

und befindet sich noch immer unter der<br />

Verwaltung der zentralen Regierungsorgane,<br />

die für den Wohnungsbau und<br />

städtischen Wiederaufbau verantwortlich<br />

ist. In der Nachbarschaft existiert<br />

wohngemeinschaftliche Kooperative.<br />

ATM verwaltet Dienste wie z. B. den<br />

Kindergarten und die Vorschule von<br />

“Tempo de Mudar”, die von der Lissaboner<br />

Gemeindeverwaltung errichtet wurde,<br />

und ist für die Förderung der politischen,<br />

wirtschaftlichen und anstellungstechnischen<br />

Interessen der Kommunen und<br />

Entwicklungen im Bereich Kultur, Sport und<br />

Erholung verantwortlich.<br />

ATM befasst sich mit den Werten und der<br />

Mission einer lokalen Entwicklung und<br />

versucht dabei, einen Beitrag zum Wohl der<br />

Kommune und städtischen Nachhaltigkeit zu<br />

leisten. Dies geschieht durch die Einbindung<br />

und Motivation von Anwohnern und<br />

Geschäftsleuten und durch Partnerschaften<br />

mit öffentlichen Wohngesellschafften und/<br />

oder Regierungsbehörden.<br />

Associação para a Valorização Ambiental<br />

da Alta de Lisboa (Vereinigung für<br />

umweltbezogene Verbesserungen in<br />

Alta de Lisboa (AVAal)<br />

AVAal ist eine gemeinnützige Organisation,<br />

die im Jahre 2009 gegründet wurde<br />

und aufgrund verschiedener Interessen<br />

von Personen entstand, die in Alta de<br />

Lisboa zusammenkamen. Alta de Lisboa<br />

ist ein neues Wohngebiet im nördlichen<br />

Teil von Lissabon, das eine Mischung<br />

17


À propos de It’s <strong>Our</strong> Community<br />

aus sozialen Wohnungen (die gebaut<br />

wurden, um Anwohner aus ehemaligen<br />

prekären Wohngegenden oder Slums<br />

wiedereinzugliedern) und Wohnungen<br />

bzw. Häusern in Privatbesitz ist, die auf<br />

die obere Mittelklasse ausgerichtet ist. Das<br />

Gebiet ist 10 Jahre alt und bietet ca. 2000<br />

Anwohnern Platz.<br />

AVAal führt die folgenden Hauptaktivitäten<br />

aus: Förderung städtischer<br />

landwirtschaftlicher Aktivitäten im<br />

Landwirtschaftspark von Alta de Lisboa;<br />

Organisation von Workshops, Konferenzen<br />

und praktischen Unterrichtseinheiten<br />

zu bürgerlichem Umweltschutz und<br />

Permakulturen; Durchführung anderer<br />

Projekte, die bürgerlichen Umweltschutz<br />

und die Motivationen der Anwohner<br />

in der kommunalen Entwicklung<br />

zusammenbringen. Bsp. sind die<br />

Organisation von Schulbauernhöfen,<br />

Versammlung (soziales Wohnen) der<br />

Mieter, Pflege der Allgemeinplätze der<br />

Gebäude und freiwillige Reinigung der<br />

Nachbarschaft etc.<br />

Die wichtigsten Zielstellungen von AVAal<br />

bestehen darin, die Ziele zur nachhaltigen<br />

Entwicklung, kommunalen Entwicklung<br />

und Einbindung der Bürger in der<br />

Stadtentwicklung zu kombinieren.<br />

Cooperativa “Terra Chã” <strong>–</strong> Desenvolvimento<br />

Local, Artesanato e Serviços, (“Terra Chã”<br />

Cooperative <strong>–</strong> Lokalentwicklung, Handwerk<br />

und Dienstleistungen)<br />

Die wichtigsten Aktivitäten der Kooperative<br />

Terra Chã finden in und um das Dorf<br />

von Chãos statt, welches sich im Herzen<br />

von Portugal (ca. 100 km im Norden von<br />

Lissabon) in der Gemeinde von Rio Maior<br />

befindet. Diese Aktivitäten umfassen das<br />

Gebirgsgebiet der Serra d’Aire e Candeeiros,<br />

welches ein Nationalpark mit einer Fläche von<br />

ca. 600 km2 ist. Die Kooperative beschäftigt<br />

sechs bezahlte und eine Reihe freiwilliger<br />

Arbeiter.<br />

Die Aktivitäten und Dienstleistungen<br />

von Terra Chã’s sind sehr verschieden<br />

und umfassen folgende Prozesse:<br />

Dienstleistungen im Gastgewerbe<br />

(Unterbringung und Restaurant);<br />

naturnaher Tourismus wie z. B. Wandern<br />

und Spaziergänge, Tierbeobachtungen,<br />

Abenteuersport (Abseilen, Bergsteigen)<br />

und Höhlenforschung; weidewirtschaftliche<br />

Aktivitäten (z. B. Halten einer Herde von<br />

120 Ziegen der Kommune); biologische<br />

Aktivitäten wie z. B. Bienenzucht/<br />

Bienenhaltung (mit einem Netzwerk<br />

von Bienenzüchtern und einer zentralen<br />

kommunalen Honigproduktion);<br />

Handwerkskunst; Webeworkshops; Unterricht<br />

in ICT und Erwachsenenbildung.<br />

Die Aktivitäten werden mit dem Ziel<br />

ausgeführt, entsprechende Bedingungen für<br />

eine nachhaltige Entwicklung in der Region,<br />

insbesondere zur Bewahrung der Natur, zu<br />

erschaffen. Terra Chã versucht auch, lokale<br />

Güter und das lokale Erbe anzuerkennen<br />

und zu fördern und die Lebensqualität<br />

der Kommune zu verbessern und die<br />

smarte Verteilung lokaler Ressourcen zu<br />

ermöglichen.<br />

Vereinigtes Königreich (England)<br />

Die Kohlenstoff-Kooperative (Carbon<br />

Co-op)<br />

Die Kohlenstoff-Kooperative ist eine<br />

Kooperative zum Vorteil der Kommune,<br />

die die Entwicklung von Maßnahmen<br />

zur Kohlenstoffverringerung fördert und<br />

die darauf abzielt, die Komplexität der<br />

Verringerung des Energieverbrauchs<br />

von Haushalten zu entmystifizieren. Die<br />

Kohlenstoff-Kooperative arbeitet auf<br />

Straßen- und Nachbarschaftsebene und<br />

ermöglicht es Haushalten, Straßenzügen<br />

und Nachbarschaften in unproblematischer<br />

Weise zusammenzukommen, um ihre Häuser<br />

durch den Kauf von kohlenstoffarmen<br />

und energiesparender Ausrüstungen<br />

nachzurüsten. Da sich die Kooperative im<br />

Besitz ihrer Mitglieder befindet, werden alle<br />

erwirtschafteten Gewinne auch wieder in die<br />

Kooperative reinvestiert.<br />

Das Hauptziel der Kohlenstoff-Kooperative<br />

ist es, die Kontrolle in der Erzeugung und<br />

Nutzung von Energie zu übernehmen,<br />

18


À propos de It’s <strong>Our</strong> Community<br />

um die Menschen dabei zu unterstützen,<br />

einen nachhaltigeren Lebensstil zu<br />

führen. Dies soll dadurch umgesetzt<br />

werden, indem untersucht wird, wie die<br />

Menschen auf verschiedene Weise ihre<br />

Kohlenstoffemissionen reduzieren können.<br />

Zu Beginn steht hier die Verringerung des<br />

Energiebedarfs der Haushalte, die durch<br />

eine klare und einfache Kommunikation<br />

(ohne Fachsprache) ermöglicht wird, um<br />

Einzelpersonen so in die Lage zu versetzen,<br />

die Änderungen auch umsetzen zu können.<br />

Die Glaubwürdigkeit und das Maß an<br />

Vertrauen, die die Kooperative bei den<br />

Kommunen und den Behörden gewonnen<br />

hat, sind deren größte Leistungen. Die<br />

Kooperative hat tausenden Menschen in der<br />

südlichen Region von Manchester geholfen,<br />

den Kohlenstoffverbrauch im Haushalt zu<br />

verringern. Dies geschah durch die Erstellung<br />

von Handbüchern, durch Workshops zum<br />

Thema Energiesparen und Ausflügen<br />

mit Bussen zu den innovativsten und<br />

nachhaltigsten Häusern in der Umgebung<br />

von Manchester.<br />

Die Eisenbahnpartnerschaft der Kommune<br />

von Marston Vale (MVCRP)<br />

Die Eisenbahnlinie Marston Vale von<br />

Bedford nach Bletchley ist eine von<br />

vielen Eisenbahnlinien in England,<br />

die vom Verkehrsministerium als<br />

kommunaler Eisenbahndienst deklariert<br />

wurden. Wie alle anderen kommunalen<br />

Eisenbahnpartnerschaften fungiert auch die<br />

kommunale Eisenbahnpartnerschaft Marston<br />

Vale als Bindeglied zwischen den lokalen<br />

Kommunen und der Eisenbahnbranche, um<br />

bessere bahnbezogene Dienstleistungen<br />

erbringen zu können.<br />

Die Linie von Bletchley nach Bedford litt viele<br />

Jahre an zu geringen Investitionsmitteln und<br />

einem Rückgang der Zahl der Zugreisenden.<br />

Im Jahr 1998 trafen sich verschiedene<br />

lokale Behörden und die Eisenbahnbranche<br />

inoffiziell unter der Federführung der Gruppe<br />

zur Eisenbahnentwicklung Marston Vale, um<br />

mögliche Verbesserungen zu diskutieren.<br />

Die Linie wurde im November 2006 vom<br />

damaligen Eisenbahnminister offiziell als<br />

kommunaler Eisenbahndienst bezeichnet.<br />

Im Februar 2007 wurde die MVCRP formell<br />

gegründet.<br />

Die wichtigsten Ziele von MVCRP sind:<br />

die Erhöhung der Fahrgastzahlen und<br />

verbesserte Profilentwicklung der Marston<br />

Vale Linie, die Maximierung der kommunalen<br />

Einbindung, die Entwicklung und Förderung<br />

des Bahnreiseverkehrs für Anwohner,<br />

Besucher, geschäftliche Nutzer und<br />

Schulkinder, die Schaffung von Möglichkeiten<br />

für lokale Kommunen zur Verbesserung<br />

ihres wirtschaftlichen, sozialen und<br />

umweltbezogenen Wohlergehens und die<br />

Entwicklung der Eisenbahn, um diese mittelbis<br />

langfristig auf eine nachhaltigere Basis<br />

zu stellen.<br />

Die Arbeit des MVCRP hat zum Anstieg<br />

der Fahrgastzahlen beigetragen <strong>–</strong> die<br />

Schirmherrschaft der Linie hat sich deutlich<br />

über dem nationalen Trend entwickelt und<br />

steigt auch weiter an. Durch ihr dauerhaftes<br />

Bemühen um die kommunale Einbindung<br />

sehen sowohl Nutzer als auch die breitere<br />

Kommune die Linie in einem positiveren Licht.<br />

Organiclea<br />

Organiclea ist eine Arbeiterkooperative zum<br />

Anbau und Vertrieb von Nahrungsmitteln.<br />

Die Kooperative befindet sich im Bezirk von<br />

Waltham Forest im Nordosten von London<br />

und ist innerhalb der lokalen Kommune<br />

tätig. Sie kann vier wachsende Standorte<br />

im Gebiet, ein Programm zur Lieferung von<br />

Fast-Food-Produkten und einem Marktstand<br />

auf der lokalen Haupteinkaufsstraße<br />

aufweisen. Das Einkommen beläuft sich<br />

aus dem Verkauf der eigenen Produkte,<br />

durch Subventionsmittel und gesetzliche<br />

Verträge mit lokalen Gesundheits- und<br />

Sozialorganisationen auf ca. £250.000.<br />

Organiclea begann in einer sehr informellen<br />

Weise <strong>–</strong> es wurde von vier bis fünf Personen<br />

gegründet, die sich entschieden haben,<br />

ein Stück Land zu finden, um ihre eigenen<br />

Nahrungsmittel anzubauen. Mit Wachsen der<br />

Organisation hat sich auch deren Mission in<br />

die Richtung erweitert, eine stärkere lokale<br />

Nahrungsmittelwirtschaft aufzubauen und<br />

Maßnahmen in Richtung einer gerechteren<br />

und nachhaltigeren Gesellschaft einzuleiten.<br />

19


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Die wichtigste Zielstellung von Organiclea<br />

ist es, Nahrungsmittel lokal zu produzieren<br />

und zu vertreiben und andere dazu zu<br />

inspirieren bzw. zu unterstützen, Gleiches<br />

zu tun. Die Kooperative hofft, die lokale<br />

Wirtschaft durch die Bereitstellung von<br />

Anstellungsmöglichkeiten, Möglichkeiten<br />

zur persönlichen Weiterentwicklung,<br />

Schulungen und die Arbeit in Partnerschaften<br />

mit anderen lokalen Organisationen<br />

und Unternehmen zu stimulieren. Ihre<br />

Aktivitäten fallen unter drei Bereiche:<br />

Anbau von Nahrungsmitteln, Vertrieb der<br />

Nahrungsmittel und die Ausweitung von<br />

Projekten auf marginalisierte Mitglieder der<br />

lokalen Kommune.<br />

Organiclea war in der Lage, viele<br />

verschiedene Interessenvertreter einzubinden<br />

und regte die Nutzung und Entwicklung<br />

einer Reihe von Möglichkeiten an, die<br />

vom Gartenbau bis hin zu geschäftlichen<br />

Interessen reichen. Alle dieser Aktivitäten<br />

bleiben dabei stets auf die Kommune<br />

fokussiert. Die drei Projektbereiche der<br />

Organisation umfassen die Arbeit mit<br />

Freiwilligen, Kunden und Partnern aus<br />

dem Gebiet.<br />

Die Untersuchungsergebnisse<br />

Die Fallstudien zeigen, dass sich selbst unter<br />

ziemlich verschiedenen länderspezifischen<br />

Kontexten eine ganze Reihe allgemeingültiger<br />

Problematiken und Möglichkeiten für eine<br />

kommunale Initiative zeigen, auf Basis<br />

welche dieser sich entwickeln und gedeihen<br />

können. Dieser Abschnitt untersucht einige<br />

der Komponenten, die über alle Fallstudien<br />

hinweg zu finden sind, und die es den<br />

Kommunen ermöglicht haben, sich von<br />

ihren anfänglichen Wurzeln zu offiziellen<br />

Entitäten zu entwickeln und eine langfristige<br />

nachhaltige und blühende Entwicklung<br />

einzuschlagen.<br />

Die Anfänge<br />

Die Motivationen<br />

Das große Interesse an den kommunalen<br />

Initiativen kommt teilweise von einem<br />

gestiegenen Bewusstsein von den großen<br />

und komplexen Problemen, denen sich die<br />

Kommunen in ganz Europa gegenübersehen.<br />

Es ist heute eine allgemein vertretene<br />

Annahme, dass die Lösungen zu diesen<br />

Problematiken nicht einfach durch<br />

allgemeine „top-down“ Maßnahmen<br />

sondern eher durch lokal ausgerichtete<br />

von Bürgern unternommene Reaktionen<br />

und Verhaltensänderungen adressiert<br />

werden können.<br />

Kommunale Projekte sind kontextspezifisch,<br />

sie reagieren auf den Wunsch oder die<br />

Motivation einer Kommune, deren Interessen<br />

und Werte oder versuchen, eine Lücke<br />

zu schließen oder ein Problem zu lösen.<br />

Viele der „It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> Fallstudien<br />

wurden als Antwort auf größere soziale/<br />

wirtschaftliche/kulturelle „Probleme“<br />

entwickelt, die sich in ganz Europa zeigen.<br />

Diese umfassen:<br />

• Wirtschaftlich <strong>–</strong> eine fragile Finanzsituation<br />

und hohe Schulden für Regierungen,<br />

Unternehmen, Kommunen und<br />

Haushalte, hohe Arbeitslosigkeit<br />

und Unterbeschäftigung und eine<br />

zurückgehende wirtschaftlich aktive<br />

Bevölkerung.<br />

• Sozial <strong>–</strong> hohe und viele Dimensionen<br />

an Armut und Ausschluss, erhöhte<br />

Verletzlichkeit von Jung und Alt,<br />

schlecht ausgebildete und vorzeitige<br />

Schulabgänger, Rassismus und eine noch<br />

immer etablierte Geschlechtertrennung.<br />

• Umwelt <strong>–</strong> eine übergroße Abhängigkeit<br />

von fossilen Brennstoffen, ein erhöhter<br />

globaler Wettbewerb im Bereich<br />

natürlicher Ressourcen und die<br />

Auswirkungen des Klimawandels.<br />

20


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Die Fallstudien zeigen, wie Bürger<br />

zur Teilnahme an einem Projekt<br />

motiviert werden können, wenn es<br />

klare Verbindungen zwischen dem<br />

gibt, was sie tun und den zwingenden<br />

Problematiken des Tagesgeschäfts. Im<br />

Fall der Energiekooperative EWS war<br />

die Initiative in der Lage, die Aktualität<br />

bürgerlicher Energiekonzepte, die<br />

Stimmung nach der Katastrophe von<br />

Chernobyl und das Wohlwollen der Bürger<br />

von Schönau bezüglich der Kampagne<br />

für eine nuklearfreie und nachhaltige<br />

Energieversorgung auszunutzen. Der Erwerb<br />

des lokalen Energieversorgungsnetzes<br />

war eine außergewöhnliche Leistung und<br />

wäre ohne die Bemühungen der 750<br />

Einzelpersonen und tausend anderen<br />

Aktiven durch die bundesweite Kampagne<br />

„Ich bin ein Störfall“ nicht möglich gewesen.<br />

Das Projekt zur Kohlenstoff-Kooperative im<br />

Vereinigten Königreich ist eine vergleichbare<br />

Antwort auf ähnliche umweltbezogene<br />

Problematiken, welche durch den Erwerb<br />

von kohlenstoffarmer und energiesparender<br />

Ausrüstung durch die Kommune<br />

gekennzeichnet ist.<br />

Zwei der portugiesischen Beispiele, ADC<br />

MOURA und Terra Chã, haben gezeigt, dass<br />

Bürger aufgrund ihrer Besorgnis motiviert<br />

waren, dass ihre ländliche Kultur aufgrund<br />

der Massenabwanderung aus den kleinen<br />

Dörfern verloren gehen könnte. Gleichzeitig<br />

waren sie über die daraus resultierenden<br />

Auswirkungen auf das lokale Erbe, die<br />

Lebensqualität und die Wirtschaft besorgt.<br />

Das französische Bsp. „Tell Us Your Story“<br />

galt als Basisansatz zur Lösung einiger<br />

der durch Immigration hervorgerufenen<br />

Problematiken. Die 30 freiwilligen Mitglieder<br />

der Kommune arbeiten mit jungen<br />

Immigranten und unterstützen durch diese<br />

Arbeit das Wohlergehen der gesamten<br />

Kommune.<br />

Maßnahmen von oben (top-down) oder<br />

von unten (bottom up)?<br />

Durch ein Verständnis, woher die Initiative<br />

für das kommunale Projekt eigentlich<br />

stammt, können wir eine Unterscheidung<br />

zwischen den „top-down“ (von der<br />

Regierung verordnet) und „bottom-up“<br />

(von der Kommune verordnet) Aktivitäten<br />

treffen. Größtenteils stammen die „It’s<br />

<strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> Fallstudien aus „bottomup“<br />

Initiativen, was allerdings nicht<br />

heißt, die Rolle der Regierung an der<br />

Unterstützung der Bewegung in Richtung<br />

lokalerer kommunaler Projekte und<br />

Lösungen zu sozialen, wirtschaftlichen und<br />

umweltbezogenen Problemen, denen wir<br />

uns in ganz Europa gegenübersehen, bzw.<br />

ihre Rolle in der Bereitstellung praktischer<br />

Unterstützungsleistungen, die eingeleitet<br />

werden, um solche Projekte in Gang zu<br />

bringen, zu schmälern.<br />

Der „Top down“ Einfluss kann in zwei<br />

Kategorien unterteilt werden:<br />

1. Positive Maßnahmen: die Behörde<br />

leitet Maßnahmen ein, um einen Anreiz<br />

für kommunale Eigenverantwortung<br />

zu schaffen, z. B. gemeindliche<br />

Steuervergünstigungen, Behördenzeiten,<br />

Subventionen und Verträge.<br />

2. Negative Maßnahmen: Maßnahmen von<br />

Behörden wie z. B. die Aussetzung eines<br />

Dienstes oder Einsparungen, die ein<br />

Vakuum erschaffen, das nach Empfinden<br />

der Kommune zu füllen ist.<br />

In einigen der europäischen Länder fördern<br />

politische Entscheidungen und neue<br />

Gesetze ein erhöhtes Maß an kommunaler<br />

Eigenständigkeit im Bereich der Erbringung<br />

von Dienstleistungen. Auch Regierungen<br />

suchen vermehrt nach neuen Ansätzen, wie<br />

die oben dargelegten Herausforderungen in<br />

Wegen adressiert werden können, die eine<br />

größere Einbindung der Kommune in der<br />

Erbringung und Verwaltung von Diensten<br />

ermöglicht und sogar fördert.<br />

21


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Darüber hinaus müssen, da die<br />

Regierungsentscheidungen zum Abbau<br />

ihrer nationalen Defizite eine Verringerung<br />

öffentlicher Ausgaben bedingen,<br />

die kommunalen Dienstleistungen<br />

unweigerlich die Kosten dafür tragen<br />

müssen. Insbesondere werden in ganz<br />

Europa diejenigen Dienstleistungen, die<br />

die physische, mentale, kulturelle und<br />

soziale Kompetenz von Einzelpersonen<br />

verbessern sollten, damit diese wieder<br />

vollständig an der Gesellschaft teilnehmen<br />

und unabhängige Leben führen können,<br />

ernsthaft durch aktuelle wirtschaftliche<br />

Umstände herausgefordert bzw. gefährdet.<br />

Verstärkt wird diese Tendenz durch eine<br />

gestiegene Nachfrage aufgrund einer<br />

alternden Bevölkerung und eine höhere<br />

Arbeitslosigkeit. Die Zivilgesellschaft muss<br />

hier in verstärktem Maße Verantwortung<br />

tragen, d.h. einschreiten, um die Erbringung<br />

regulärer staatlicher Dienstleistungen<br />

nicht nur zu erbringen sondern auch<br />

weiterzuentwickeln, um neue, lokale<br />

kostengünstigere Lösungen bereitzustellen.<br />

Von all den Ländern in diesem Bericht wurde<br />

die Finanzkrise am ehesten von Portugal<br />

gespürt, welches sich in einem geringeren<br />

Vertrauen der Bürger in ihre Regierung<br />

zeigte. Hierdurch konnte diese durch<br />

entsprechende demokratische Prozesse<br />

nicht mehr die bisher gekannten<br />

Wirkungen erzielen.<br />

Der Rückgang der Staatsausgaben aus<br />

budgetbezogenen Gründen und die<br />

politischen Sparmaßnahmen, die durch<br />

die troika 9 auferlegt wurden, werden durch<br />

einen umfassenden Rückgang der Rolle<br />

des Staates in der Wirtschaft begleitet. Es<br />

kann tatsächlich vorausgesagt werden, dass<br />

Beiträge der öffentlichen Politik und sozialer<br />

Finanzierungsprogramme in der nahen<br />

Zukunft zurückgehen werden und größere<br />

Schwierigkeiten bezüglich der Nachhaltigkeit<br />

sozialer Projekte und Organisationen mit<br />

sich bringt.<br />

In der Geschichte des deutschen<br />

Wohlfahrtsstaates hat es schon immer<br />

eine enge Zusammenarbeit zwischen<br />

staatlichen Institutionen als Garant des<br />

Allgemeinwohls und zivilgesellschaftlichen<br />

Organisationen (insbesondere in Form<br />

von Wohltätigkeitsvereinigungen) als<br />

Dienstleister und Vorteilserbringer des<br />

Wohlfahrtstaates gegeben. In Frankreich<br />

stellen wir eine vermehrte Anwendung des<br />

hybriden Projektansatzes fest, der Projekte<br />

nutzt, die gemeinsam mit dem öffentlichen<br />

Sektor und der Sozialwirtschaft entwickelt<br />

wurden. Wenn Bürger zusätzliche Dienste<br />

erbringen, die in Zusammenhang mit<br />

Ausbildung oder Gesundheit (Dienste,<br />

die als sozial nützlich angesehen werden)<br />

stehen, werden diese für gewöhnlich von<br />

öffentlichen Institutionen unterstützt, die<br />

entsprechende Verantwortungsstrukturen<br />

etablieren wollen. Die staatliche Einbindung<br />

sollte die Autonomie des einzelnen Projekts<br />

allerdings nicht einschränken, aber es<br />

existieren dennoch viele Organisationen auf<br />

Basis dieses hybriden Modells, in welchem<br />

der Staat in seiner Rolle als unabhängiger<br />

Gutachter noch oft als verantwortliche<br />

Institution fungiert.<br />

Im Vereinigten Königreich versucht die<br />

„Big Society Agenda“ der Koalitionsregierung<br />

die Zivilgesellschaft zu fördern, indem<br />

Kommunen neue Rechte wie z. B. das Recht<br />

zur Ausschreibung und Durchführung von<br />

lokalen behördlichen Dienstleistungen<br />

gegeben wurden.<br />

22


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Lokale Werte<br />

<strong>Eine</strong> kommunale Initiative muss mit den<br />

Ressourcen und Werten arbeiten, die<br />

schon in der lokalen Kommune vorhanden<br />

sind. <strong>Eine</strong> erfolgreiche Organisation bzw.<br />

Initiative arbeitet mit den entsprechenden<br />

Vertriebspunkten des jeweiligen lokalen<br />

Bereiches und erkennt, was die Werte der<br />

lokalen Kommune sind, um diese als lokale<br />

Ressource im eigenen Sinne zu entwickeln.<br />

Werte und Ressourcen können physische<br />

Gegenstände wie z. B. Gebäude oder auch<br />

nicht physische Dinge wie z. B. kulturelle und<br />

gemeinsame Traditionen oder menschliche<br />

Eigenschaften wie z. B. die Fähigkeiten einer<br />

Person und Erfahrungen (dieser Punkt wird<br />

in weiteren Details im Abschnitt Menschen<br />

beschrieben) sein. Durch diese Studie haben<br />

wir verschiedene Wege identifiziert, in denen<br />

eine kommunale Initiative mit lokalen Werten<br />

und Ressourcen arbeitet:<br />

Manchmal sind diese Werte schon<br />

vorhanden und bieten ein starkes<br />

Fundament, auf dem Sie Ihr Projekt<br />

aufbauen können…<br />

Zum Bsp. begann die Kooperative Terra Chã<br />

als eine Organisation, die sich der Bewahrung<br />

volkstümlicher Werte, von Musik und Tanz<br />

verschrieben hat, wie sie typisch für dieses<br />

lokale Gebiet sind. Mit einem Fundament,<br />

das darauf basiert, was die Anwohner an<br />

diesem Gebiet mögen, kann die Organisation<br />

über ihre anfänglichen Aufgabenstellungen<br />

hinausgehen und an den Punkt gelangen, an<br />

dem eine nachhaltige positive Zukunft für<br />

die Region über verschiedene Interessen und<br />

Dienstleistungsbereiche hinweg sichergestellt<br />

werden kann.<br />

Manchmal dient eine kommunale Initiative<br />

dazu, vorhandene aber bedrohte Werte zu<br />

schützen…<br />

Zum Bsp. wurde die MVCRP als Antwort<br />

auf die sich verringernde Fahrgastzahlen<br />

einer lokalen Eisenbahnlinie und die<br />

Bedrohung, dass die Linie eines Tages einmal<br />

geschlossen werden könnte, erschaffen.<br />

Durch das dauerhafte Bemühen des Vereins<br />

zur kommunalen Einbindung sehen sowohl<br />

Nutzer als auch die gesamte Kommune die<br />

Linie nun in einem positiveren Licht.<br />

Manchmal sind diese Werte latent<br />

vorhanden und das kommunale Projekt<br />

hilft, diese zu Tage zu fördern...<br />

Zum Bsp. erkannte das „Tell Us Your<br />

Story“ Projekt die Notwendigkeit,<br />

bestimmte Fähigkeiten und Hintergründe<br />

junger Menschen in den lokalen<br />

Immigrantenkommunen zum Vorteil der<br />

ganzen Kommune zu Tage zu fördern. Im<br />

Falle der Partnersenioren in Schulen arbeitet<br />

das Projekt daran, die Zeit und Erfahrung<br />

älterer Menschen freizuschalten, um junge<br />

Menschen bei der Lösung von Konflikten in<br />

der Schule zu unterstützen.<br />

Manchmal versucht die Organisation<br />

Werte anzusprechen, die momentan in der<br />

Kommune nicht vorhanden sind…<br />

Im Falle des Wasserzentrums reagierten die<br />

Kommune und die lokale Behörde bspw. auf<br />

fehlende Bade- und Freizeiteinrichtungen,<br />

die in der lokalen Kommune nicht verfügbar<br />

waren.<br />

Menschen<br />

Unsere Fallstudien zeigen die Bedeutung<br />

eines stark ausgeprägten Kapitalstocks als<br />

Basis, von welcher aus man kommunale<br />

Projekte aufbauen kann. Organisationen<br />

können nur verwirklicht werden, wenn es die<br />

richtigen Menschen im richtigen Kontext und<br />

zur richtigen Zeit schaffen, ordnungsgemäß<br />

zusammenzuarbeiten. Bei jeder der in den<br />

Fallstudie behandelten Organisationen gab<br />

es zu Beginn eine kleine inoffizielle Gruppe<br />

von Menschen, die gleiche Interessen und<br />

Sorgen teilten und die entschieden haben,<br />

auf eine gemeinsame Zielstellung hin<br />

zusammenzuarbeiten.<br />

Ein erfolgreiches kommunales Projekt<br />

sollte somit folgende Elemente beinhalten:<br />

• <strong>Eine</strong> eng verbundene Kerngruppe von<br />

kommunalen Mitgliedern mit einer<br />

gemeinsamen Ambition.<br />

• <strong>Eine</strong> Reihe engagierter, gut verbundener<br />

Einzelpersonen, die in der Lage sind, als<br />

Sprecher für das Projekt aufzutreten und<br />

die Energie der Kommune abzurufen.<br />

23


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

• <strong>Eine</strong> etwas größere Bevölkerungszahl,<br />

die dem Unterfangen unterstützend<br />

gegenübersteht.<br />

Unsere Fallstudien unterstreichen die<br />

Bedeutung einer Reihe gemeinsamer<br />

Kerninteressen als Motivation, auf Basis<br />

welcher sich die kommunale Initiative<br />

entwickeln kann. EWS war das Projekt einer<br />

eng verbundenen Gruppe aus einer kleinen<br />

Kommune, die die Gefahr von mit Kernkraft<br />

betriebenen Kraftwerken erkannte und<br />

erneuerbare Energiequellen als eine sichere<br />

Alternative identifizierte. Diese kleine und gut<br />

verbundene Gruppe nutzte ihren Einfluss, um<br />

die Kommune (und schließlich andere über<br />

diese hinaus) für dieses Thema zu begeistern.<br />

In einigen der Fallstudien drehte sich<br />

das kommunale Interesse darum, einen<br />

kommunalen Wert zu bewahren oder<br />

zu pflegen, der entweder bedroht oder<br />

verschüttet war. Im Fall des MVCRP<br />

Projekts war eine Gruppe von Mitarbeitern,<br />

die in verschiedenen Organisationen<br />

arbeiteten, über die potenzielle Schließung<br />

der Marston Vale Eisenbahnlinie besorgt<br />

und wollten Wege finden, wie man dieses<br />

Ereignis abwenden konnte. Beim Projekt<br />

Wasserzentrum herrschte ein Mangel an<br />

kommunalen Schwimmeinrichtungen,<br />

und die Anwohner waren besorgt, dass es<br />

nicht genug Ansätze gab, um den Kindern<br />

dauerhaft das Schwimmen lernen bzw.<br />

entsprechendes Training zu ermöglichen.<br />

Manchmal entsteht die Motivation<br />

der Menschen in der Kommune durch<br />

ein Nichtvorhandensein gewisser<br />

Mitwirkungsmöglichkeiten (keine Stimme<br />

oder Einbindung im Allgemeinen) oder das<br />

Bedürfnis zur Errichtung einer Organisation,<br />

die sich von den Behörden unterscheidet<br />

und unabhängig von diesen existiert.<br />

ATM wurde gegründet, um politisch die<br />

Rechte der Kommune gegenüber den<br />

Interessen der Mitarbeiter und Vertreter der<br />

Wohnungsbaugenossenschaft zu behaupten,<br />

um an der Identifizierung lokaler Probleme<br />

und Lösungen teilzunehmen, um lokale<br />

Entwicklungsinitiativen zu unterstützen und<br />

das Wohl der Kommune zu verbessern.<br />

Über die gemeinsamen Motivationen und<br />

Interessen hinaus teilten die zu Beginn<br />

beteiligten Personen eine gemeinsame Vision<br />

und gemeinsame Werte. Die Mitglieder der<br />

Organiclea glaubten an alternative Modelle<br />

zur Produktion und zum Vertrieb von<br />

Nahrungsmitteln (die sich vom Mainstream<br />

unterschieden), und im Fall der Kohlenstoff-<br />

Kooperative hatten die Menschen<br />

den gemeinsamen Glauben in soziale<br />

Gerechtigkeit und die Notwendigkeit zur<br />

Verringerung der Kohlenstoffverringerung.<br />

Für jede der durch die Fallstudie behandelten<br />

Organisation bildeten sich die Initiativen in<br />

den Anfangstagen auf Basis der Fähigkeiten,<br />

die jeder der Mitglieder der Kommune in das<br />

Projekt einbrachten, heraus. Zum Bsp. ist<br />

es eher unwahrscheinlich, dass das MVCRP<br />

ohne das Wissen der entsprechenden<br />

Mitarbeiter über die kommunale Einbindung,<br />

das partnerschaftliche Arbeiten und den<br />

Personennahverkehr erfolgreich gewesen<br />

und als kommunale Eisenbahnlinie offiziell<br />

anerkannt worden wäre. In ähnlicher Weise<br />

ist die Kohlenstoff-Kooperative darauf<br />

angewiesen, Zugang zu technologischen<br />

Know-how zu haben.<br />

Es ist essentiell, dass kommunale Projekte<br />

in einer Weise organisiert werden, dass<br />

die Bandbreite der lokalen Interessen und<br />

Fähigkeiten stark genutzt werden. Im Fall von<br />

AVAal, dem städtischen landwirtschaftlichen<br />

Projekt, waren die Aktivitäten besonders<br />

breit angelegt, um eine Vielzahl von<br />

Fähigkeiten und Interessen abdecken zu<br />

können. Dies reichte von Projekten wie einem<br />

Mehrgenerationen-Gemüsegarten bis hin<br />

zur Beratung der kommunalen Mitglieder,<br />

wie man in eigenen Hängekörben und<br />

Blumentöpfen Pflanzen züchtet. Die Vision<br />

für die Zukunft von AVAal ist es, das Konzept<br />

eines bürgerlichen Umweltschutzes zu<br />

fördern, welches sich als „soziale Entwicklung<br />

auf Basis von Maßnahmen versteht, die Wert<br />

für die Umwelt in lokalen Kommunen haben“.<br />

Gleichzeitig sollten auch verschiedene Wege<br />

einer möglichen Einbindung angeboten<br />

werden, die zudem in Abhängigkeit der<br />

Fähigkeiten und Wünsche der Menschen,<br />

die sie zur Arbeit in dem Projekt hatten, auf<br />

24


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

verschiedenen Ebenen stattfinden konnte.<br />

Wir untersuchen diesen Punkt weiter unten<br />

im Abschnitt Fort- und Weiterentwicklung.<br />

Stufen der Einbindung<br />

Ein Projekt muss von einem beträchtlichen<br />

Teil der breiteren Kommune begeistert<br />

angenommen werden. Im Falle der<br />

kommunalen BSW Stiftung bestand zu<br />

Beginn die Angst, dass BSW aufgrund der<br />

Konkurrenzsituation bezüglich des Erhalts<br />

der schon beschränkten Finanzmittel<br />

eher als Konkurrent der im Gebiet schon<br />

vorhandenen Vereinigungen angesehen<br />

werden könnte. Allerdings sehen die aktiven<br />

Bürger nun, da die Organisation langsam<br />

integriert ist, die Organisation eher als eine<br />

Institution, die die Interessen der breiteren<br />

Kommune reflektiert, d. h. nicht diktiert.<br />

Und durch diesen erfrischenden Ansatz zur<br />

Finanzmittelbeschaffung und einer eher<br />

konstruktiven Beziehung mit den staatlichen<br />

Behörden sorgt die Organisation für die<br />

Bereitstellung der so dringend benötigten<br />

Finanzmittel und Ressourcen für die lokalen<br />

Projekte.<br />

Führung<br />

Trotz der Tatsache, dass kommunale<br />

Eigenverantwortung per Definition die<br />

Nutzung eines Modells des gleichmäßig<br />

verteilten Führungseinflusses bedeutet,<br />

suggerieren die erfolgreichen Fallstudien<br />

in diesem Projekt, dass es noch immer ein<br />

Bedürfnis nach starkem Führungsverhalten<br />

und dynamischen Führungspersönlichkeiten<br />

gibt. Diese Personen können ruhigere<br />

Menschen sein, müssen aber gut in ihrer<br />

Kommune integriert sein.<br />

Der Anfang<br />

Der richtige Ansatz<br />

Die Wahl der richtigen Organisationsform,<br />

die auch gut auf den Kontext, die Menschen<br />

und die Zielstellungen des Projekts<br />

zugeschnitten ist, kann für kommunale<br />

Gruppen ein gewaltiger Schritt sein. Dieser<br />

besteht darin, die Organisation von ihren<br />

informellen aber dynamischen Anfängen<br />

als kommunale Kampagne oder Initiative<br />

hin zu etwas offiziellerem weiterzuentwickeln.<br />

Der Ansatz muss entsprechend ausgebaut<br />

werden, darf aber die Anstrengungen der<br />

Kommune und die bevorstehenden<br />

Aufgaben nicht behindern.<br />

Tendenzen in Richtung einer bestimmten<br />

Organisationsform können teilweise<br />

durch den Staat in Form finanzieller und<br />

rechtlicher Anreize beeinflusst werden. In<br />

der Vergangenheit haben Regierungen,<br />

um Wirtschaftswachstum, Innovation,<br />

größere Eigenverantwortung und<br />

Kostenverringerungen herbeizuführen,<br />

neue Rechtsformen erschaffen, auf Basis<br />

welcher Organisationen ihre Dienstleistungen<br />

erbringen können. In Portugal gründete die<br />

Regierung im Jahre 1996/98 eine Sozial-/<br />

Solidarkooperative und im Vereinigten<br />

Königreich wurde 2005 die „Community<br />

Interest Company“ als Rechtsform<br />

geschaffen, die eine Art beschränktes<br />

Unternehmen darstellt, welches allein zum<br />

Wohl der Mitglieder der Kommune tätig ist. 11<br />

Die vier verbreitetsten Arten der<br />

kommunalen Organisationsformen in<br />

Europa sind Kooperativen, sogenannte<br />

„Mutuals“, Vereinigungen und soziale<br />

Unternehmen. Alle haben unterschiedliche<br />

Qualitäten und kommen in Abhängigkeit<br />

der Zielstellungen der Kommune zustande<br />

(z. B. durch die Übernahme eines schon<br />

vorhandenen Dienstes oder die Bereitstellung<br />

einer innovativen Lösung, die eine von<br />

der Kommune identifizierte Lücke in der<br />

Dienstleistungserbringung schließt).<br />

25


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Kooperativen<br />

Kooperativen können in Bezug auf ihre<br />

Rechtsformen, die Besitzverhältnisse<br />

und die Führungsstrukturen sehr stark<br />

variieren. Allerdings sind sie unabhängig<br />

der jeweiligen Ausprägung das Modell<br />

zur Führung der Kommune, das am<br />

demokratischsten und am wenigsten<br />

hierarchisch ist.<br />

Trotz dieser großen Vielseitigkeit haben<br />

Kooperativen doch eine ganze Reihe<br />

gemeinsamer Grundsätze. Beispiele sind<br />

die freiwillige und offene Mitgliedschaft,<br />

die demokratische Mitgliederkontrolle<br />

und die Mitgliedereinbindung durch<br />

monetäre Beiträge.<br />

Zwei der Fallstudien aus dem Vereinigten<br />

Königreich sind Kooperativen: Organiclea<br />

ist eine Kooperative von Arbeitern, und<br />

die Kohlenstoff-Kooperative ist eine<br />

Kooperative zum Wohl der Kommune.<br />

Beide Organisationen haben sich für die<br />

Form einer Kooperative entschieden,<br />

nachdem sie schon einige Jahre aktiv<br />

waren. Vor ihrer Existenz als Kooperative<br />

wurden Projekte eher in informeller<br />

Weise betrieben. Allerdings wurde mit<br />

dem Wachstum und der Anstellung<br />

bezahlter Mitarbeiter eine gewisse<br />

Formalisierung erforderlich. Die gewählte<br />

Organisationsform reflektiert die<br />

Kernwerte und Vision der Organisationen.<br />

Das Modell der Kooperative impliziert,<br />

dass die Organisation bei einer größeren<br />

Menge der an der Entscheidungsfindung<br />

beteiligten Personen und mehr<br />

Transparenz flacher ist. Bei Organiclea<br />

waren alle Mitglieder der Kooperative an<br />

der Verabschiedung der strategischen<br />

Ausrichtung der Organisation beteiligt,<br />

aber die tagtäglich anfallenden<br />

Entscheidungen wurden auf Projektebene<br />

getroffen, zu der die Freiwilligen beitragen<br />

konnten, sofern sie dies wollten. Für<br />

die Kohlenstoff-Kooperative ist das<br />

Kooperativen-Modell sehr neu (Juli 2011)<br />

und sie befindet sich noch immer dabei,<br />

auszuarbeiten, wie man am besten<br />

vorgeht, sodass die Mitglieder so effektiv<br />

wie möglich beitragen können. So wird<br />

z. B. in Betracht gezogen, thematische<br />

Untergruppen zu nutzen, um die<br />

Arbeitslast zu teilen und die Verteilung<br />

auf Basis entsprechender Interessen und<br />

Fähigkeiten selbst organisieren zu lassen.<br />

Auch haben wir festgestellt, dass Kunden<br />

durch das von der EWS Kooperative<br />

entwickelte Modell zu Partnern,<br />

Mitproduzenten, Interessenvertretern und<br />

Mitentscheidern werden können.<br />

Was das Modell einer<br />

Kooperative bietet<br />

• Stellt klare Rollen und<br />

Verantwortlichkeiten für die<br />

Mitglieder sicher<br />

• Stellt sicher, dass die Mitglieder eine<br />

Eigenverantwortung für das Projekt<br />

empfinden<br />

Ermöglicht eine enge Zusammenarbeit<br />

• Kann Anreize für Beteiligungen bieten <strong>–</strong><br />

Shareholding<br />

Mutuals<br />

Ein „Mutual“ ist eine Organisation,<br />

bei welcher der primäre Zweck darin<br />

besteht, Vorteile für Mitglieder bzw. eine<br />

entsprechend definierte Kommune zu<br />

schaffen. Es gibt zwei Arten von Mutuals,<br />

die erste Art sind Organisationen, die<br />

keine externen Interessenvertreter haben<br />

und den Mitgliedern der Kommune zum<br />

Eigenvorteil gehören. Die zweite Art<br />

der Mutuals dient der Entwicklung einer<br />

entsprechend definierten Kommune.<br />

Das Mitglied zieht einen bestimmten<br />

Vorteil aus bzw. hat einen ‘Anteil’ am<br />

Unternehmen. Dies geschieht nur nominal<br />

und der Anteil kann nicht gegen Geld oder<br />

andere Gewinnarten eingetauscht werden.<br />

26


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Was das Modell der Mutuals bietet<br />

• Möglichkeit für Mitglieder zur<br />

Inanspruchnahme von Dienstleistungen<br />

• Vertrauen, dass Mitglieder die<br />

Eigenverantwortung für das Projekt<br />

spüren<br />

Vereinigungen<br />

<strong>Eine</strong> Vereinigung ist eine Gruppe von<br />

Einzelpersonen, die als Freiwillige<br />

eine Vereinbarung eingehen, um eine<br />

Institution (oder Organisation) mit dem<br />

Zweck einer Zielerreichung zu gründen.<br />

Vereinigungen sind für Gewöhnlich<br />

die größte Art von Organisation und<br />

werden in den europäischen Ländern<br />

oft als die populärste Form angesehen.<br />

Vereinigungen decken eine große<br />

Bandbreite an Aktivitäten ab und<br />

involvieren sowohl kleine als auch große<br />

Organisationen und Netzwerke. In<br />

vielen Ländern sind keine Formalitäten<br />

notwendig, um eine Vereinigung zu<br />

gründen. Allerdings kann zur Gründung<br />

einer Vereinigung in einigen dieser<br />

Länder eine Mindestanzahl von<br />

Personen erforderlich sein. Manche<br />

Gerichtsbarkeiten erfordern sogar, dass<br />

die Vereinigung bei einer offiziellen<br />

Behörde eingetragen wird. Einige<br />

Vereinigungen nehmen darüber hinaus<br />

eine Rechtsform an (sie werden z. B. zu<br />

einem beschränktem Unternehmen),<br />

sodass sie für die Mitglieder der<br />

Vereinigung Verträge mit einer<br />

beschränkten Haftung eingehen können.<br />

Im Allgemeinen entstanden die<br />

portugiesischen Vereinigungen, um<br />

die tiefe Verbindung mit den Regionen<br />

zu vertiefen, wo die entsprechenden<br />

Initiativen ursprünglich entstanden.<br />

Die Initiativen sind oft hochgradig<br />

lokal orientiert, und die Vereinigungen<br />

können sich um eine Reihe bestimmter<br />

Kernwerte und -ressourcen herum<br />

organisieren, dabei aber genug Flexibilität<br />

behalten, sodass die Organisation stets<br />

anpassungsfähig bleibt.<br />

Die drei portugiesischen Vereinigungen<br />

basieren, speziell beim Lösen der<br />

Probleme der Kommune, beim Treffen<br />

von Entscheidungen und bei der<br />

Durchführung innovativer Experimente,<br />

auf der zentralen Idee des aktiven Bürgers<br />

und partizipatorischen Demokratie.<br />

Was das Modell einer Vereinigung<br />

bietet<br />

•<br />

von Freiwilligen geführt wird<br />

•<br />

<strong>Eine</strong> Organisationsstruktur, die primär<br />

<strong>Eine</strong>n mehr oder weniger informelleren,<br />

fließenden Ansatz<br />

Alle portugiesischen Beispiele<br />

identifizieren sich selbst als Vereinigungen,<br />

die den Zweck zur lokalen Entwicklung<br />

dienen. Das Modell der Vereinigung ist<br />

stark auf Freiwilligenarbeit fokussiert<br />

und gestattet kommunalen Gruppen,<br />

auf diejenigen Probleme und<br />

Bedürfnisse zu reagieren, die für das<br />

Wohl und die Entwicklung ihrer<br />

Kommunen wesentlich sind.<br />

27


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Soziale Unternehmen<br />

Es gibt aber auch eine Menge anderer<br />

Organisationsformen, die zwar nicht unter<br />

die spezielle Kategorie der ‘kommunalen<br />

Eigenverantwortung’ fallen, aber oft in<br />

der gleichen Bedeutung genutzt werden.<br />

Insbesondere ist das Modell des ‘sozialen<br />

Unternehmens’ eine wichtige Option für<br />

öffentliche Dienste und kann wie folgt<br />

definiert werden: ‘… ein Unternehmen<br />

primär mit sozialen Zielstellungen,<br />

dessen Überschüsse grundsätzlich für<br />

diesen Zweck in das Unternehmen oder<br />

die Kommune reinvestiert werden, und<br />

welches nicht ausschließlich durch das<br />

Bedürfnis zur Gewinnmaximierung für<br />

die Interessensvertreter und Eigentümer<br />

angetrieben wird.’<br />

Der eingetragene Status als<br />

Wohltätigkeitsorganisation ist nur eine<br />

der Rechtsstrukturen, die für soziale<br />

Unternehmen möglich sind.<br />

Zwei der französischen Fallstudien<br />

stellen einen Versuch zur Entwicklung<br />

einer kommunalen Initiative dar,<br />

der durch den Ansatz der sozialen<br />

Unternehmen durchgeführt werden<br />

sollte. Obgleich die Projekte von einer<br />

Wohltätigkeitsorganisation bzw. im Falle<br />

des E-commerce-Projekts von einer<br />

Schulungsorganisation geleitet werden,<br />

gab es den ernstgemeinten Versuch,<br />

die betreffende Kommune am Wachstum<br />

und der Entwicklung des Projekts zu<br />

beteiligen.<br />

Was das Modell eines sozialen<br />

Unternehmens bietet<br />

• Ein Geschäftsmodell, das auf dem<br />

Prinzip der Erzielung von Gewinnen<br />

basiert<br />

• Bessere Möglichkeiten zur Zahlung<br />

angemessener Löhne an die Mitarbeiter<br />

• Deckt Kosten und stellt die finanzielle<br />

Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit<br />

sicher<br />

28


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Auf welche Weise sollte der<br />

kommunale Ansatz erfolgen?<br />

Es ist wichtig, sich nicht zu stark nur auf die<br />

Organisationsform zu fixieren. Die Definition<br />

von kommunalem Besitz ist in Wirklichkeit<br />

eher fließend. Die Wahl der Struktur kann<br />

nicht der einzige Garant für den Erfolg sein,<br />

denn tatsächlich sind einige Kooperativen<br />

oder Mutuals schlechte Beispiele für<br />

kommunalen Besitz.<br />

Die Fallstudien zeigen, wie verschieden<br />

die Wirklichkeiten in Sachen kommunalem<br />

Besitz sein können, und die Wahrheit ist,<br />

dass kommunale Eigenverantwortung weit<br />

mehr ist als der Wert, den die Kommune<br />

dem Projekt zuschreibt, das Maß, in dem<br />

diese denkt, daran beteiligt zu sein, und die<br />

Bemühungen der Organisation, die diese<br />

zur Einbindung der Kommune anstrengt. Ein<br />

Verständnis des Konzepts der kommunalen<br />

Eigenverantwortung muss stets auch<br />

berücksichtigen, wie Menschen in der<br />

Kommune die Organisation erfahren<br />

und wahrnehmen.<br />

Ein klares Bsp. eines geradlinigen und<br />

überschaubaren Modells kommunalen<br />

Besitzes ist die Kohlenstoff-Kooperative,<br />

eine Kooperative zum Vorteil der Kommune,<br />

die sich im Besitz ihrer Mitglieder befindet.<br />

Die Menschen aus der lokalen Kommune<br />

sind an der Initiative beteiligt und können<br />

für den Vorstand stimmen und neue<br />

Entwicklungsmöglichkeiten vorschlagen.<br />

Allerdings dreht sich kommunale<br />

Eigenverantwortung nicht nur um die<br />

Organisationsform und die Besitzstrukturen,<br />

es geht vielmehr darum, Dinge in einer<br />

bestimmten Weise zu tun. Am Grund der<br />

Arbeit der Kohlenstoff-Kooperative steht<br />

bspw. das sehr starke Bemühen um die<br />

Einbindung der Kommune, was wiederum<br />

der Aspekt ist, der allen Fallstudien<br />

gemein ist.<br />

In den portugiesischen Fällen treten die<br />

Kommunen nicht so stark in formalisierten<br />

Organisationsformen auf, dennoch sind<br />

die Organisationen gut organisiert und<br />

haben ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt,<br />

Menschen bei Bedarf zu vereinigen<br />

und diesen ein Forum zu bieten. Im Fall<br />

von ADC Moura hat die Organisation,<br />

obwohl die formale Einbindung der<br />

Bürger in die Leitung der Organisation<br />

eher eingeschränkt ist, verschiedene<br />

Möglichkeiten geschaffen, durch welche<br />

sie einen breiteren repräsentativen Anteil<br />

der Kommune erreichen kann, der sich<br />

dann auch an entsprechenden Maßnahmen<br />

und Entscheidungen beteiligt und diese<br />

durchführt. Zum Bsp. werden in jedem der<br />

Dörfer regelmäßige Treffen abgehalten, bei<br />

denen gleichzeitig Aktivitäten für Kinder<br />

angeboten werden, sodass die Eltern am<br />

Treffen teilnehmen können, während die<br />

Kinder unterhalten werden.<br />

Auf den ersten Blick ist das E-Commerce-<br />

Projekt ein Ansatz eines einfachen sozialen<br />

Unternehmens, aber bei Übergabe der Mittel<br />

an die Nutzer zur Entwicklung ihrer eigenen<br />

Projekte scheinen die Organisation und die<br />

Ergebnisse eher kommunale Eigenschaften<br />

zu tragen.<br />

Es ist wichtig, Wege zu finden, in welchen<br />

man die Menschen in dir Führung der<br />

Organisation einbindet, ohne dass ihnen<br />

dies lästig ist. Gleichermaßen ist die Klarheit<br />

des Zwecks und des Führungsstils wichtig,<br />

insbesondere in den Anfangsjahren, wenn<br />

es noch keine Erfolgsgeschichten gibt, mit<br />

welchen man die Menschen überzeugen und<br />

deren Vertrauen gewinnen kann. In jeder der<br />

Fallstudien hat eine bestimmte Gruppe von<br />

Mitgliedern, oft die Gründungsmitglieder,<br />

eine wichtige Rolle in Sachen Führung und<br />

bei der Vorgabe der Entwicklungsrichtung<br />

gespielt. Hier besteht die Aufgabe<br />

darin, ein Gleichgewicht zwischen der<br />

allgemeinen Einbindung der Kommune bei<br />

Entscheidungen und dem schnellen und<br />

bestimmten Treffen von Entscheidungen<br />

zu finden. Es ist hier wichtig, von Anfang<br />

an die Art, in welcher die Einbindung der<br />

breiteren Kommune erfolgt, klar und deutlich<br />

zu formulieren. Dies kann bspw. dadurch<br />

geschehen, dass die Menschen durch<br />

Aushänge, Informationsblätter oder auf<br />

Sitzungen entsprechend informiert werden.<br />

29


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Hierdurch wird gleichzeitig sichergestellt,<br />

dass die Kommune die Auswirkungen ihrer<br />

Bemühungen deutlich sehen kann. Zudem<br />

sind entsprechende Möglichkeiten zu<br />

schaffen, die die unterschiedlichen Zeitpläne<br />

und Interessen der Menschen, die sich gerne<br />

beteiligen möchten, berücksichtigen.<br />

Jede Organisation bindet die lokale<br />

Kommune auf unterschiedliche<br />

Weisen ein und hat in der Kommune<br />

zahlreiche Interessenvertreter und<br />

Anspruchsberechtigte. Meist wollen<br />

Menschen am Projekt beteiligt werden, um<br />

ihre eigenen Interessen verfolgen zu können.<br />

Kommunale Organisationen können Erfolg<br />

haben, wenn sie den Menschen gestatten,<br />

sich am Punkt ihres eigenen Interesses<br />

einzubringen, und darüber hinaus auch den<br />

Spaß und die Freude an den Tätigkeiten in<br />

den Mittelpunkt stellen. AVal bietet bspw.<br />

eine Vielzahl einfallsreicher und angenehmer<br />

Möglichkeiten an, über welche die Kommune<br />

an der Konversation ihres lokalen Gebiets<br />

beteiligt werden kann (wie z. B. durch<br />

Mehrgenerationen-Projekte, Exkursionen und<br />

städtische Bauerhöfe bzw. landwirtschaftliche<br />

Einheiten.<br />

<strong>Eine</strong> weitere bewährte Methode ist es,<br />

die Kommune bei der Beurteilung der<br />

Initiative wie auch der Verarbeitung der<br />

gemachten Erfahrungen mit einzubeziehen.<br />

<strong>Eine</strong> kommunale Initiative sollte den<br />

Mitgliedern einer Kommune entsprechenden<br />

Möglichkeiten anbieten, um über ihre<br />

Erfahrungen mit der Organisation zu<br />

berichten und Feedback zu geben und somit<br />

zu deren Verbesserung beizutragen.<br />

Kommunale Eigenverantwortung ist etwas,<br />

das anfänglich aus den oben genannten<br />

Gründen entsteht und sich dann über die<br />

Zeit hinweg mit fortschreitender Etablierung<br />

der Organisation weiterentwickelt. Die<br />

Einbindung der Kommune ist somit ein<br />

dauerhafter Prozess mit einem kumulativen<br />

Effekt. Die aus den Fallstudien gewonnenen<br />

Erfahrungen zeigen, dass sich die<br />

Unterstützerbasis einer Organisation mit<br />

der Zeit erhöht, sofern die Einbindung<br />

der Kommune ordnungsgemäß und in<br />

einer Weise erfolgt, die den Motivationen<br />

und Lebensumständen der Menschen<br />

Rechnung trägt. So war Organiclea<br />

bspw. durch Entwicklung eines lokalen<br />

Nahrungsmitteltreffpunkts, der ein<br />

umfangreiches Angebot an Nahrungsmitteln<br />

und damit in Verbindung stehender<br />

Aktivitäten anbietet, in der Lage, eine<br />

Vielzahl verschiedener Interessenvertreter<br />

einzubinden, wodurch natürlich viele<br />

verschiedene Fähigkeiten zur Verfügung<br />

standen, die vom Gartenbau bis hin zu<br />

wirtschaftlichen Interessen reichten. Alle<br />

diese Aktivitäten bleiben dabei aber stets<br />

auf die Kommune fokussiert.<br />

Es wird Zeit brauchen, die tatkräftigsten<br />

und geschäftigsten Kommunenmitglieder,<br />

die für Gewöhnlich schon zeitig an der<br />

Entwicklung des Projekts teilnehmen, mit der<br />

breiteren Kommune zusammenzubringen.<br />

Das Prinzip der Einbindung erinnert oft<br />

an das sogenannte Schneeballprinzip,<br />

welches zu Anfangs mit den motivierten<br />

Gründerpersonen, die oft gut vernetzt sind<br />

und die Kunde über das Projekt zu den<br />

Nachbarn, Kollegen und Freunden tragen,<br />

beginnt, die dann das gleiche mit ihren<br />

eigenen Kontakten machen werden.<br />

30


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Fort- und Weiterentwicklung<br />

Wie bei allen anderen Organisationen ist<br />

auch hier die finanzielle Nachhaltigkeit eine<br />

besondere Herausforderung, welche der<br />

Kontext der Wirtschaftskrise zudem noch<br />

befeuert. Die Nachhaltigkeit hängt stark<br />

davon ab, dass sichergestellt ist, dass die<br />

Organisationen nicht von einer bestimmten<br />

bzw. einzigen Finanzierungsart abhängen.<br />

Viele unserer Fallstudien waren darauf<br />

bedacht, eine gute und ausgewogene<br />

Mischung an Finanzierungsmitteln<br />

aufzubauen, welche für Gewöhnlich die<br />

Generierung von Einkommen aus Verkäufen<br />

und Gebühren, durch Verträge und<br />

Subventionen umfasst.<br />

Nach Sicherstellung der finanziellen<br />

Nachhaltigkeit kommt die Nachhaltigkeit<br />

in der Einbindung der Menschen, d.h. ob<br />

diese motiviert und begeistert bleiben oder<br />

ob sie die Zeit haben, der Organisation die<br />

Unterstützung gedeihen zu lassen, die diese<br />

benötigt. Dies ist allerdings von Person zu<br />

Person verschieden und erfordert, dass<br />

die Organisationen ihre Mitarbeiter und<br />

Unterstützer ausreichend gut kennen, um<br />

deren Interessen immer berücksichtigen und<br />

bedienen zu können und auf der anderen<br />

Seite auch ein gutes Verständnis davon<br />

zu haben, was diese Personen anzubieten<br />

haben. Oft ist es für lokale Kommunen<br />

wichtig, eine vorteilhafte Partnerschaft mit<br />

anderen Institutionen sicherzustellen, die in<br />

dem Bereich arbeiten, und unsere Fallstudien<br />

zeigen verschiedene Wege, in welchen dies<br />

möglich gemacht wurde.<br />

Verschiedene Finanzierungsstrukturen<br />

In einer Zeit schrumpfender Budgets<br />

und Unsicherheiten im Bereich lokaler<br />

Dienste waren die erfolgreichen Fallstudien<br />

gezwungen, in ihrem Finanzierungsansatz<br />

beweglich und flexibel zu bleiben. Starke<br />

kommunale Netzwerke sollten bei der<br />

Sicherung der Unterstützungsleistungen und<br />

Finanzierungen aus verschiedenen Quellen<br />

helfen, sei es Zeit durch ehrenamtliche Arbeit,<br />

lokale Philanthropen oder Partnerschaften.<br />

Der Ansatz der kommunalen Stiftungen<br />

ist ein gutes Bsp. für einen flexiblen<br />

Umgang mit lokalen Finanzierungsmitteln.<br />

Die Stiftung bringt oftmals verschiedene<br />

Finanzierungsquellen innerhalb einer<br />

flexiblen Organisation zusammen, die auf<br />

die Einbindung der Kommune fokussiert<br />

ist und sicherstellen kann, dass die<br />

Finanzmittel in einer Weise verteilt werden,<br />

die die Erwartungen der Kommune<br />

reflektiert. Wenn sich Organisationen<br />

mit Ambitionen zur Vergrößerung ihrer<br />

Stiftungsunternehmungen tragen,<br />

benötigen sie oftmals die Unterstützung<br />

der Kommune, die wiederum bzw. durch<br />

die Bereitstellung neuer Instrumente zur<br />

Finanzmittelbeschaffung sichergestellt<br />

werden kann. Ein Bsp. sind die „Freunde der<br />

BSW“. Dies ermutigt Mitgliedschaften bzw.<br />

die Aufnahme von Einzelpersonen aus der<br />

Kommune, von welchen dann ein kleiner<br />

Mitgliedsbeitrag für die Arbeit der Stiftung<br />

erhoben werden kann.<br />

Im Gegensatz zur relativ sicheren<br />

Finanzposition der kommunalen<br />

Stiftung, fehlt im Bsp. des Projekts der<br />

Partnersenioren in Schulen (SiS), das<br />

über eine kurzfristige Projektfinanzierung<br />

hinausgeht, noch immer eine stabile<br />

Finanzierung, die die Arbeit der<br />

Vereinigung auf eine solide Basis<br />

stellen könnte. Die vorrübergehenden<br />

Finanzierungsmittel stammen von<br />

Unternehmen, einem Lotteriefonds,<br />

aus Mitgliedergebühren und dem<br />

Bundesministerium für Familien, Senioren,<br />

Frauen und Jungend. Partnerschaften<br />

mit gesetzlichen Dienstleistern werden<br />

als Möglichkeit angesehen, um die<br />

Nachhaltigkeit des Projekt sicherzustellen.<br />

Mit der Abteilung für Ausbildung des<br />

Berliner Stadtsenats wurde bspw. eine<br />

entsprechende Kooperationsvereinbarung<br />

geschlossen. Weiterhin wird untersucht,<br />

wie aus wohltätigen Spenden das meiste<br />

herauszuholen ist. Als Organisationsform<br />

wurde die gemeinnützige Vereinigung<br />

ausgewählt, nicht zuletzt, weil es<br />

hierdurch überhaupt möglich wurde,<br />

Spenden zu sammeln und des Status der<br />

Steuerfreistellung zu erhalten.<br />

31


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Die drei Fallstudien des Vereinigten<br />

Königreichs hatten Zugang zu einer<br />

Reihe finanzieller und nicht finanzieller<br />

Unterstützungsleistungen. MVRP bspw.<br />

wird von seinen Partnerorganisationen wie<br />

z. B. dem Schienenbetreiber finanziert, der<br />

zum Marketing und Kommunikationsbudget<br />

beiträgt. Einige Partner sind nicht in<br />

der Lage, finanzielle Beiträge zu leisten,<br />

unterstützen aber stattdessen in Form<br />

von Sachleistungen. Ursprünglich wurden<br />

sowohl Organiclea als auch die Kohlenstoff-<br />

Kooperative in einem sehr kleinen Umfang<br />

betrieben und waren beide eigenfinanziert.<br />

Dann erhielten sie Subventionsgelder für<br />

bestimmte Projekte und wuchsen ab diesem<br />

Punkt. Unterstützende Institutionen sind<br />

der „Big Lottery Fund“ (der die lokalen<br />

Nahrungsmittelprogramme finanziert), Nesta<br />

(die den „North-West Innovation Fund“ mit<br />

dem Stadtrat von Manchester kofinanziert),<br />

das Netzwerk für sozialen Wandel (Network<br />

for Social Change) und lokale Behörden.<br />

Einige der Bsp. aus den Fallstudien basieren<br />

auf einem unternehmerischen Ansatz<br />

und hoffen, durch die Generierung von<br />

Einnahmen aus der Initiative autark und<br />

selbstversorgend zu sein. Das E-Commerce-<br />

Projekt generiert z. B. Einkommen durch<br />

Internet-Geschäfte und onlinebasierte<br />

Schulungsprogramme.<br />

Berücksichtigung der Interessen<br />

der Menschen<br />

Die Sicherstellung der Nachhaltigkeit einer<br />

kommunalen Initiative wie auch der Tatsache,<br />

dass der anfängliche Enthusiasmus der<br />

Kommune zur Umsetzung der Projekte in<br />

ein nachhaltiges und organisierbares Maß<br />

umgewandelt wird, bleibt auch über die Zeit<br />

hinweg ein äußerst bedeutendes Ziel. Die<br />

regelmäßige Einbindung der Öffentlichkeit<br />

hilft dem Projekt, für die Kommune interessant<br />

und relevant zu bleiben. Für die Organisation<br />

ist es hilfreich, kommunale Bereiche zu<br />

erreichen, die bisher weder als Konsumenten<br />

noch als Mitgestalter in die Initiative<br />

eingebunden waren.<br />

ADC Moura unterstützt die Teilnahme<br />

verschiedener kommunaler Gruppen sehr<br />

stark und versucht sicherzustellen, dass jeder<br />

Versuch einer Einbindung vorteilhaft sowohl<br />

für die entsprechende Einzelperson wie auch<br />

die Kommune ist. Die Organisation bindet<br />

die breitere Kommune über Foren ein und<br />

unternimmt besondere Anstrengungen, um<br />

auch selten gehörte Gruppen wie z. B. die<br />

Kommune der Sinti und Roma zu erreichen.<br />

<strong>Eine</strong>r der wesentlichsten Erfolgsfaktoren für<br />

unsere Fallstudien ist die Selbstbestimmung<br />

und Motivation derjenigen Menschen, die<br />

sehr stark und eng eingebunden sind. Und<br />

eine regelmäßige Kommunikation mit der<br />

Kommune stellt sicher, dass die Organisation<br />

dauerhaft die Erwartungen der Menschen,<br />

ihre Interessen und Motivationen erkennen<br />

und erfüllen kann. In allen Fallstudien<br />

ist deren Einbindung etwas, was sie tief<br />

beschäftigt und das ihre persönlichen Werte<br />

widerspiegelt. All dies ist besonders wichtig,<br />

dass sichergestellt ist, dass die Fähigkeiten,<br />

das Wissen und die Expertise, die innerhalb<br />

Ihrer Kommune vorhanden sind, auch<br />

abgerufen werden können.<br />

Dies ist insbesondere bemerkenswert im<br />

Fall von Organiclea und der Kohlenstoff-<br />

Kooperative, die beide durch eine<br />

Weltanschauung aufbauen, die auf sozialer<br />

Gerechtigkeit basiert. Ein anderer wichtiger<br />

Faktor für den Erfolg waren die Fähigkeiten<br />

der Menschen und der Organisationen,<br />

verschiedene Fähigkeiten einzubringen,<br />

die sich einander ergänzen. Diese waren<br />

z. B. die Fähigkeit zur Einbindung der<br />

Erfahrungen aus vorherigen kommunalen<br />

Maßnahmen, bestimmte wirtschaftliche<br />

Managementfähigkeiten und einige<br />

hochspezialisierte technischen Fähigkeiten.<br />

Bei der Terra Chã Initiative war es durch die<br />

kleine Größe der Kommune und familiären<br />

Strukturen möglich, enge Beziehungen<br />

aufzubauen, wodurch die Entwicklung der<br />

Arbeit unterstützt wurde.<br />

Oft ist natürlich ein Kompromiss zu machen<br />

zwischen der nachhaltigen Entwicklung der<br />

Organisation, die in der Lage ist zu wachsen<br />

und Entscheidungen zu treffen, und den<br />

Erwartungen der Kommune hinsichtlich<br />

der durch die Organisation ermöglichten<br />

kommunalen Einbindung. Durch das Wachsen<br />

der Organisation entsteht die Notwendigkeit<br />

zur Etablierung formalisierter Strukturen, die<br />

32


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

diese Einbindung regeln kann. Dies eröffnet<br />

transparente Kanäle für die Beiträge der<br />

Kommune und hilft sicherzustellen, dass das<br />

kommunale Interesse über die Zeit hinweg<br />

aufrechterhalten wird. Für die Kohlenstoff-<br />

Kooperative bestand die Herausforderung<br />

darin, die Zeit, die benötigt wurde,<br />

Erfahrungen und Wissen aufzubauen, das<br />

Vertrauen der Menschen zu gewinnen und in<br />

einer nachhaltigen Art und Weise zu wachsen,<br />

entsprechend auszubalancieren, sprich, den<br />

anfänglichen Enthusiasmus der Unterstützer<br />

und Freiwilligen zu dämpfen und Verständnis<br />

zu schaffen, dass Erfolge Zeit brauchen.<br />

Die zur Verfügung stehende Kerngruppe<br />

von 10-12 engagierten Freiwilligen, die sich<br />

gegenseitig unterstützten und die Arbeitslast<br />

teilen, hat der Organisation geholfen, in genau<br />

der richtigen Geschwindigkeit zu wachsen.<br />

Gleichfalls kann die Kohlenstoff-Kooperative,<br />

da ihr erst kürzlich Finanzmittel für eine<br />

Teilzeitstelle für ein Jahr zugesprochen<br />

wurde, die Lücke zwischen der Position einer<br />

Organisation, die von Freiwilligen geleitet wird,<br />

und der Weiterentwicklung in eine autarke<br />

selbstorganisierte Organisation schließen.<br />

Aufbau von Partnerschaften/<br />

Zusammenarbeit<br />

Der Erfolg der Fallstudien hängt oft<br />

von deren allgemeiner Ausrichtung zur<br />

Einbindung ab, die nicht nur die lokalen<br />

Kommunen sondern auch eine Vielzahl<br />

anderer Interessenvertreter, Freiwillige und<br />

kommunale Organisationen, Unternehmen,<br />

Dienstleister, lokale Behörden und andere<br />

Körperschaften öffentlichen Rechts,<br />

Spendeninstitutionen, Dachorganisationen<br />

oder andere Organisationen, die irgendwo<br />

anders ähnliche Dinge tun, einbezieht. Durch<br />

ihre Präsenz und die Bemühungen in all<br />

diesen verschiedenen Ebenen waren die<br />

Organisationen in der Lage, ein besseres<br />

Verständnis für ihre Arbeit und auf Vertrauen<br />

basierende Beziehungen aufzubauen.<br />

Diese Partnerschaften werden im<br />

Allgemeinen in vielen verschiedenen Weisen<br />

begründet, allerdings scheint die Art dieser<br />

Begründungsform für die Nachhaltigkeit<br />

der Projekte und dauerhaft angebotenen<br />

Lösungen eine Rolle zu spielen.<br />

Partnerschaften bringen in verschiedener<br />

Weise Unterstützungsleistungen oder<br />

Ressourcen ein, seien es finanzielle,<br />

technische oder logistische Mittel<br />

(Räume, Unterstützung in der Verwaltung,<br />

Ausrüstung), Informationen oder<br />

Dienstleistungen etc.<br />

Partnerschaften können auch dabei<br />

helfen, den lokalen Bezug der öffentlichen<br />

Dienstleistungen und Ressourcen<br />

(von Zentralregierungen bzw. lokalen<br />

Regierungen und privaten Unternehmen)<br />

zu fördern und in Richtung einer<br />

kommunalen Autonomie zu verschieben,<br />

d. h. die Kommune wird im Allgemeinen<br />

in der Ausschreibung und Beauftragung<br />

der Projekte an der Organisation und<br />

Durchführung dieser beteiligt.<br />

Im Falle des Wasserzentrums wurde das<br />

Budget nach einer durch die Kommune<br />

eingeleiteten Initialisierungskampagne von<br />

der lokalen Behörde freigeschaltet, und<br />

es wurde zu Organisationszwecken eine<br />

Partnerschaft zwischen der Kommune und<br />

der Behörde aufgebaut. Das Projekt soll für<br />

die gesamte Region Vorteile im Bereich der<br />

Gesundheitsversorgung, bei wirtschaftlichen<br />

Angelegenheiten und im Abbau der<br />

Arbeitslosigkeit bringen.<br />

Sowohl Organiclea als auch MVCRP können<br />

sich auf Menschen verlassen, die regelmäßig<br />

freiwillig für sie arbeiten und die unschätzbare<br />

Unterstützungsleistungen erbringen. Zudem<br />

profitieren sie auch von einem starken<br />

Netzwerk an wichtigen Verbindungen,<br />

das sie unterstützt und auf welches sie<br />

bei Bedarf zurückgreifen können. Diese<br />

Verbindungen vereinen lokale Anwohner mit<br />

Menschen, die in anderen Organisationen<br />

(z. B. Bibliotheksmitarbeiter, die bei<br />

Veranstaltungen des MVCRP aushelfen)<br />

arbeiten. Unterstützende Leistungen werden<br />

gleichfalls durch Dachorganisationen erbracht.<br />

Zum Bsp. haben andere Kooperative des<br />

Vereinigten Königreichs Organiclea bei der<br />

Prüfung der eigenen Satzung geholfen, und<br />

MVCRP konnte von der Erfahrung und den<br />

Ratschlägen der AoCRP (Vereinigung of<br />

Community Rail Partnerships) profitieren.<br />

33


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Die bürgerliche Stiftung Wiesbaden hat<br />

sich in der Stadt selbst als eine Plattform<br />

etabliert, in der Bürger ihre Meinungen<br />

zu städtischen Problemstellungen sagen<br />

können. Die Plattform bietet Gehör für all<br />

jene Belange, die die öffentlichen Behörden<br />

nicht bedienen können. Die Stiftung<br />

trifft sich bei sogenannten Sitzungen<br />

„am runden Tisch“ und bespricht dort all<br />

jene Problemstellungen, die außerhalb<br />

der Interessen oder des sogenannten<br />

Komfortbereichs der lokalen Behörden<br />

liegen. Die Stiftung ist in der Lage, die<br />

Mitglieder der Kommune an diesem Dialog<br />

zu beteiligen, da die Menschen, die oftmals<br />

schon in eigenen Clubs und Gesellschaften<br />

aktiv sind, basierend auf ihren Interessen<br />

und Motivationen angesprochen werden.<br />

Dies bietet den lokalen Behörden einen<br />

unabhängigen Partner und stellt sicher,<br />

dass die Stiftung eine relevante und<br />

einflussreiche Stimme für die Belange<br />

der lokalen Kommune bleibt.<br />

Schlussbetrachtung und<br />

Empfehlungen<br />

In allen untersuchten Ländern gibt es<br />

starke und einzigartige Beispiele von<br />

Menschen, die unabhängig voneinander<br />

zusammenkommen, um Maßnahmen<br />

einzuleiten, die ihre lokalen Kommunen<br />

bereichern. Auch haben wir beobachtet,<br />

dass die Regierungen die Bedeutung<br />

kommunaler Ansätze wie auch die Rolle,<br />

die die Kommunen bei der Bekämpfung<br />

einiger der globalen Probleme, denen wir<br />

ausgesetzt sind, einnehmen, immer stärker<br />

anerkennen. Die folgenden Empfehlungen<br />

basieren auf den Problematiken und<br />

allgemeinen Themen, die im vorherigen<br />

Kapitel identifiziert wurden.<br />

Basierend auf den Untersuchungen mit<br />

kommunalen Gruppen in jedem der vier<br />

Länder sollen unten stehende Inhalte<br />

Empfehlungen dazu geben, was vorhanden<br />

sein muss, um die richtigen Bedingungen<br />

für dauerhaft wirksame kommunale<br />

Maßnahmen zu ermöglichen. Zudem sollen<br />

auch Rückschlüsse auf die von Regierungen<br />

auszuführenden Maßnahmen gezogen<br />

werden, mit Hilfe welche die entsprechenden<br />

lokalen Ansätze in einen nationalen Kontext<br />

eingebunden und genutzt werden können.<br />

Die Arbeit zur Schaffung einer Umgebung,<br />

in welcher die Gesamtheit der Maßnahmen<br />

größer ist als die Summe ihre Teile, d. h. in<br />

Richtung einer Wirklichkeit, in der lokale<br />

innovative Lösungen den Klimawandel<br />

bekämpfen und die so sehr benötigten<br />

Dienstleistungen sicherstellen und<br />

wirtschaftlichen und kulturellen Reichtum<br />

erschaffen.<br />

Einfache Gestaltung des Übergangs<br />

kommunaler Organisationen in<br />

formellere Strukturen<br />

Die Entwicklung von einer losen Vereinigung<br />

hin zu einer formalen Rechtseinheit<br />

ist schwierig, zeitaufwändig und kann<br />

Personen, die das Projekt anfänglich<br />

gestartet haben, abschrecken. Sie kann<br />

aber auch als Herausforderung gesehen<br />

werden, die entsprechende bzw. richtige<br />

Struktur zu finden, durch welche der Ethos<br />

der Organisation auch in der neuen Form<br />

aufrechterhalten werden kann. Es ist ein<br />

höheres Maß an Unterstützung notwendig,<br />

um Organisationen bei der Umsetzung<br />

dieses Übergangs zu unterstützen.<br />

Regierungen bieten Unternehmen<br />

traditionell in der Aufbauphase praktische<br />

Unterstützungsleistungen an, dies gilt aber<br />

weniger für kommunale Initiativen.<br />

Es gibt offensichtliche Vorteile, die es<br />

mit sich bringt, wenn sich eine Kommune<br />

mobil und effektiv entwickelt. Aufgrund<br />

der damit verbundenen Komplexitäten<br />

und Schwierigkeiten, die darin liegen,<br />

diese Dinge ordnungsgemäß auszuführen,<br />

muss mehr Unterstützung in Sachen einer<br />

entsprechenden Infrastruktur geleistet<br />

werden, um kommunale Organisationen<br />

bei der Formalisierung und offiziellen<br />

Ausrichtung ihrer Aktivitäten zu<br />

unterstützen.<br />

34


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Sicherstellung nachhaltiger und<br />

vielschichtiger Finanzierungsmethoden<br />

Die finanzielle Nachhaltigkeit ist ein<br />

Schlüsselbelang für alle. <strong>Eine</strong> Gruppe<br />

wächst häufig mit der Unterstützung<br />

von Subventionen. Allerdings kann die<br />

Verfügbarkeit solcher Finanzierungen<br />

nicht immer garantiert werden (und<br />

insbesondere nicht in diesem momentanen<br />

wirtschaftlichen Klima), wodurch entweder<br />

schon laufende Maßnahmen gefährdet oder<br />

zukünftige Aktivitäten eingeschränkt werden.<br />

Darüber hinaus verringert das allgemeine<br />

wirtschaftliche Klima auch die Möglichkeiten<br />

zur Entwicklung <strong>unterschiedlicher</strong> und<br />

vielschichtiger Einkommensströme. Der<br />

Versuch der Etablierung nachhaltiger<br />

Strukturen kann oft zu einer kurzfristigen<br />

Finanzierung (nicht strategisch bzw.<br />

langfristig) führen, die nicht sehr<br />

vielschichtig ist.<br />

Wenn der private Sektor wieder anspringt,<br />

gibt es natürlich wieder mehr, was getan<br />

werden kann. So kann bspw. das erhöhte Maß<br />

an unternehmerischer Sozialverantwortung<br />

(corporate social responsibility (CSR))<br />

zu kommunale Investitionen bzw.<br />

zum Aufbau von Partnerschaften mit<br />

Unternehmen und anderen privaten Einheiten<br />

führen. Regierungen sollten versuchen,<br />

leistungsstarke Anreize zu schaffen,<br />

um kommunale Finanzierungen durch<br />

Unternehmen auf lokaler Ebene zu erhöhen.<br />

Auf der Ebene der lokalen Regierungen<br />

könnte dies problemlos durch die<br />

Erschaffung eines entsprechenden<br />

auf lokaler Ebene agierenden Forums<br />

ermöglicht werden. Die Fallstudie<br />

Wiesbaden Stiftung (BSW) hebt hervor,<br />

wie philanthropische Ansätze besser<br />

lokal ausgerichtet werden können, indem<br />

Spendenaktionen durch die Einbindung<br />

der breiteren Kommune auf lokale Projekte<br />

zugeschnitten werden.<br />

Auf nationaler bzw. europäischer Ebene<br />

besteht das Bedürfnis nach mehr Beratung<br />

und dem Aufbau entsprechender Strukturen,<br />

die den Unternehmen ermöglichen, ihre<br />

eigenen Ressourcen effektiver einzusetzen.<br />

Auch gibt es noch Entwicklungsmöglichkeiten<br />

für bessere Beratungsleistungen, um die<br />

finanzielle Nachhaltigkeit der kommunalen<br />

Organisationen zu unterstützen. Kommunale<br />

Organisationen, die die Ambition haben,<br />

autonome soziale Unternehmen zu werden<br />

(die ihre eigenen Einkommen und Mittel<br />

generieren), müssen durch entsprechende<br />

Schulungsmöglichkeiten unterstützt werden.<br />

Schaffung dauerhafter Anreize für<br />

kommunale Eigenverantwortung<br />

Wir haben gesehen, dass viele kommunale<br />

Organisationen eine Art „von der Hand<br />

in den Mund“ Dasein führen. Hier ist ein<br />

Wandel notwendig, um sicherzustellen,<br />

dass die kommunalen Initiativen besser<br />

ausgestattet und unterstützt werden, um in<br />

eine Position zu bringen, die eine erfolgreiche<br />

Bewerbung um lukrativere und langfristigere<br />

Finanzierungen und Verträge ermöglicht.<br />

Das zentrale Unterfangen dieser<br />

Organisationen besteht im sozialen Wert,<br />

den diese schaffen. Wie aber kann dieser<br />

weitläufiger anerkannt und geschätzt<br />

werden? Diese Organisationen reagieren<br />

oft auf entweder ein Versagen des Marktes<br />

oder auf ein Versagen der öffentlichen<br />

Dienstleister. Auch gibt es signifikante<br />

Barrieren in diesen Märkten bzw. sogar beim<br />

Eintritt in diese Märkte. Wo sogenannte<br />

‘negative’ Maßnahmen von Regierungen<br />

eingeleitet werden, die ein entsprechendes<br />

Vakuum erschaffen, sollte dies durch<br />

‘positive’ Anreize für kommunalen Besitz<br />

kompensiert werden.<br />

Im Vereinigten Königreich versucht dies das<br />

„Right to Challenge“ zu adressieren, wird<br />

aber wohl nur einen Beauftragungsprozesse<br />

auslösen, der stets die entsprechenden<br />

Amtsinhaber bevorzugt.<br />

In Portugal existieren Strukturen, die ‘Private<br />

Institution of Social Solidar’ genannt werden<br />

und welche von Steuerbefreiungen und<br />

einem einfachen Zugang zu öffentlichen<br />

Daten und Informationen profitieren.<br />

35


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Wohltätigkeitsorganisationen profitieren<br />

zwar schon von gewissen Begünstigungen,<br />

dennoch gibt es aber Gründe, sowohl die<br />

Form der Organisationen, die Vorteile<br />

daraus ziehen, als auch den Umfang dieses<br />

Vorteils zu ändern und erweitern, indem<br />

der soziale Wert im Beschaffungs- und<br />

Finanzierungsprozess anerkannt wird.<br />

Die EWS Fallstudie scheint einen anderen<br />

Ansatz zu empfehlen, in welchem ein<br />

Referendum dahingehend abgehalten<br />

wurde, das traditionelle Monopol der<br />

Energieversorgung abzulösen. Hier waren<br />

die kommunalen Organisationen in der<br />

Lage, die Herzen und auch die Ratio der<br />

breiteren Bevölkerung durch effektive auf<br />

lokale Belange ausgerichtete Kampagnen<br />

zu gewinnen, die eine große Bedeutung für<br />

die Mitglieder der lokalen Kommune hatten.<br />

Auch sollte diese Tatsache stets im Zuge<br />

des es Beschaffungsprozesses<br />

Berücksichtigung finden.<br />

Entwicklung von Potenzialen und<br />

Fähigkeiten<br />

Der öffentliche Sektor hat den kommunalen<br />

Initiativen viel zu bieten, was die Entwicklung<br />

bestimmter Fähigkeiten und anderer<br />

Ressourcen betrifft. Da, wie wir beobachten,<br />

lokale Regierungen als Reaktion auf<br />

das wirtschaftliche Klima immer kleiner<br />

werden (also auch als Auftraggeber<br />

Bedeutung verlieren), benötigen Kommunen<br />

entsprechende Unterstützung und<br />

Hilfestellungen, um die Erbringung der<br />

lokalen Dienste innovativer gestalten zu<br />

können. Wenn benachteiligte Kommunen<br />

zielgerichteter unterstützt werden, sprich<br />

deren Potenziale zielgerichteter aufgebaut<br />

werden, hilft dies sicherzustellen, dass<br />

Ausgabenkürzungen nicht zu größeren<br />

Ungleichheiten in den Kommunen führen.<br />

Zuweilen kann die lokale Regierung eine Rolle<br />

einnehmen, in welcher sie entsprechende<br />

neue Verantwortungsbereiche schafft,<br />

sprich sie muss beurteilen, wo Dienste an die<br />

Kommune ausgelagert werden können, um<br />

die Entwicklung der Dienste zur Zufriedenheit<br />

der Öffentlichkeit sicherzustellen.<br />

Größere Anerkennung muss auch den<br />

eindrucksvollen Führungsfähigkeiten, die<br />

den besten kommunale Initiativen zu Eigen<br />

sind, gezollt werden. Weiterhin müssen wir<br />

ein besseres Verständnis davon erlangen,<br />

wie wir diese Erkenntnisse teilen und<br />

weitergeben können und wie im Teufelskreis<br />

der Transformation ein Erfolg zu einem<br />

anderen führen kann. Es sollten Ansätze<br />

vorhanden sein bzw. entwickelt werden,<br />

um den Wissenstransfer zwischen den<br />

Kommunen zu vereinfachen und um<br />

Kommunen eine Plattform zu geben, auf<br />

der sie die gute Arbeit, die sie tun, auch<br />

öffentlich präsentieren können.<br />

36


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

1<br />

http://ec.europa.eu/internal_market/social_business/index_en.htm<br />

2 Viel vom Instituts Österreichs zur KME-Forschung (2007): Study<br />

on Practices and Policies in the Social Enterprise Sector in Europe<br />

3<br />

4<br />

6<br />

Volunteering across Europe, SPES, Italien 2010<br />

Ibid<br />

(Statistiken vom Dezember 2009)<br />

9<br />

11<br />

Das Dreierkomitee aus Europäischer Kommission, Europäischer<br />

Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds, das die<br />

finanzielle Rettung von Portugal organisiert<br />

Spear, Roger (2009) “European perspectives on social enterprise”<br />

in Paul Hunter (ed) Social Enterprise for Public Service: How Does<br />

the Third Sector Deliver?<br />

37


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />

Partners<br />

Supported By


„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!