„It's Our Community“ – Eine Beschreibung unterschiedlicher ...
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„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong><br />
<strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Rogerio Amaro, Emily Fennell,<br />
Oli Henman, Frank Heuberger,<br />
Veronique Jochum, David Lopez<br />
Danksagung<br />
Wir möchten den Unterstützern dieses<br />
Projekts, der Calouste Gulbenkian Stiftung<br />
und NESTA, danken, die diese Arbeit<br />
erst möglich gemacht und dabei stets<br />
Verbesserungen angeregt haben.<br />
Ein besonderer Dank gilt Fiona Talcott,<br />
die im Sommer 2011 die Studie zur<br />
Festlegung des für „It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong><br />
geltenden Untersuchungsrahmens<br />
zusammengestellt hat, die dann<br />
Grundlage für diese Arbeit bildete.<br />
Darüber hinaus zog dieser Bericht großen<br />
Gewinn aus den wertvollen Beiträgen und<br />
Anregungen des Gutachters dieses Projekts,<br />
Ian Duke von MAG (Micah Gold Associates).<br />
Vielen Dank auch an Cristina Castellano,<br />
Brodie und Ellie Ferreira Marques.<br />
Ein Dank geht auch an Louisa Hooper,<br />
Hugo de Seabra und Miguel Maghalaes von<br />
der Calouste Gulbenkian Stiftung, die uns<br />
ihre Zeit so freigiebig und bereitwillig zur<br />
Verfügung gestellt haben.<br />
Darüber hinaus sind wir auch den Mitgliedern<br />
des Leitungsausschusses sehr zu Dank<br />
verpflichtet, die uns über das ganze<br />
Projekt hinweg sehr stark durch anregende<br />
Erkenntnisse und Ratschläge unterstützt<br />
haben: Steve Moore, Andrew Laird, Neil<br />
Berry, Allison Smith, Alice Casey, Kate Burls,<br />
Peter Couchman, Micah Gold, Tim Pope,<br />
Neena Bhati und David Hunter.<br />
Ein großes Dankeschön geht auch an<br />
all jene, die uns ihre Zeit während der<br />
Beratungsworkshops in London und Paris zur<br />
Verfügung gestellt und einen Beitrag zu dieser<br />
Arbeit geleistet haben.<br />
Abschließend gilt ein großer Dank all jenen,<br />
die für die untersuchten kommunalen<br />
Projekte verantwortlich waren und ihre<br />
Zeit für die zahlreichen Interviews geopfert<br />
haben, durch welche dieser Bericht erst<br />
möglich gemacht wurde.<br />
Über „It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong><br />
Über diesen Bericht 3<br />
Hintergrund 4<br />
Die Untersuchung 5<br />
Länderspezifische Kontexte 7<br />
Frankreich 7<br />
Deutschland 8<br />
Portugal 10<br />
Vereinigtes Königreich 11<br />
Über die Fallstudien 13<br />
Die Fallstudien 14<br />
Frankreich 14<br />
E-Commerce, Rhône Alpes und<br />
La Bourgogne 14<br />
Wasserzentrum Le Razay 14<br />
‘Tell us your story’, Paris 15<br />
Deutschland 15<br />
Die Wiesbaden Stiftung (BSW) 15<br />
Die Kooperative „Elektrizitatswerke<br />
Schonau“ (EWS) 15<br />
Partnersenioren in Schulen (Senior<br />
Partners in Schools, SiS) 16<br />
Portugal 17<br />
Associação para o Desenvolvimento<br />
do Concelho de Moura (Vereinigung<br />
zur Entwicklung der Gemeinde von<br />
Moura) (ADC MOURA) 17<br />
Associação Tempo de Mudar para o<br />
Desenvolvimento do Bairro dos Lóios<br />
(Vereinigung “Time for a Change” zur<br />
Entwicklung von Lóios) (ATM) 17<br />
Associação para a Valorização<br />
Ambiental da Alta de Lisboa<br />
(Vereinigung für umweltbezogene<br />
Verbesserungen in<br />
Alta de Lisboa (AVAal) 17<br />
Cooperativa “Terra Chã” <strong>–</strong><br />
Desenvolvimento Local, Artesanato<br />
e Serviços, (“Terra Chã” Cooperative<br />
<strong>–</strong> Lokalentwicklung, Handwerk und<br />
Dienstleistungen) 18<br />
Vereinigtes Königreich (England) 18<br />
Die Kohlenstoff-Kooperative<br />
(Carbon Co-op) 18<br />
Die Eisenbahnpartnerschaft der<br />
Kommune von Marston Vale (MVCRP) 19<br />
Organiclea 19<br />
Die Untersuchungsergebnisse 20<br />
Die Anfänge 20<br />
Der Anfang 25<br />
Fort- und Weiterentwicklung 31<br />
Schlussbetrachtung und Empfehlungen 34
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Über<br />
It’s <strong>Our</strong> Community<br />
Über diesen Bericht<br />
In dieser Studie untersuchen wir die<br />
Realität kommunalen Besitzes im<br />
Vereinigten Königreich, Frankreich,<br />
Portugal und Deutschland. In allen<br />
Fällen haben wir einen Blick auf Beispiele<br />
von Kommunen geworfen, die auf lokaler<br />
Ebene eigenständig die Ausführung von<br />
Dienstleistungen, Projekten und anderer<br />
Leistungen übernommen haben. Diese<br />
Fallstudien wurden ausgewählt, da sie<br />
Ansätze zu repräsentieren scheinen, die<br />
sowohl dahingehend aussagekräftig sind,<br />
was in diesen Ländern im Bereich der<br />
Zivilgesellschaft vor sich geht, als auch<br />
Einsichten in die ländertypischen Kontexte<br />
bzw. Möglichkeiten zur Nachahmung<br />
dieser bieten.<br />
Aufgrund der Tatsache, dass wir<br />
Untersuchungen über vier Länder hinweg<br />
durchgeführt haben, waren wir in der<br />
Tiefe, in die wir gehen konnten, etwas<br />
eingeschränkt. Demgegenüber basiert die<br />
Idee dieser Studie darauf, die Breite der in<br />
den Ländern zu findenden Ansätze wie auch<br />
die darin schlummernden Problemfelder<br />
aber auch Chancen, die sich uns gegenüber<br />
zeigten, auszuloten und zu nutzen. Wir<br />
hoffen, dass dieser Forschungsbericht<br />
zu mehr und reichhaltigeren Daten und<br />
Erkenntnissen führen wird. Zur Unterstützung<br />
dieses Vorhabens haben wir auf der Domain<br />
www.itsourcommunity.eu einen „It’s <strong>Our</strong><br />
<strong>Community“</strong> Bereich eingerichtet und dort<br />
die Informationen zu vielen verschiedenen<br />
Fallstudien und Ereignissen präsentiert.<br />
Der Beginn dieser Studie markierte auch<br />
gleichzeitig den Beginn vieler Gespräche und<br />
Konversationen, die über die Netzwerke in<br />
den einzelnen Ländern selbst wie auch über<br />
ganz Europa hinweg geführt wurden.<br />
Die aus den Fallstudien gewonnenen<br />
Ergebnisse deuten auf viele gemeinhin<br />
bestehende Problematiken wie auch Chancen<br />
hin, denen sich kommunale Initiativen<br />
bezüglich des Beginns eines Projekts (Der<br />
Anfang), der Aufbau bzw. die Formalisierung<br />
des entsprechenden Ansatzes (Sich<br />
etablieren) und der langfristig anvisierten<br />
Nachhaltigkeit und Beständigkeit (Fort- und<br />
Weiterentwicklung) gegenübersehen.<br />
Basierend auf den uns durch die Fallstudien<br />
gewonnenen Erkenntnissen kommt diese<br />
Untersuchung grundsätzlich zu der Ansicht,<br />
dass weitere Arbeiten notwendig sind, um:<br />
Kommunalen Organisationen bei der<br />
Formalisierung und Weiterentwicklung<br />
zu helfen<br />
• Es benötigt noch mehr Unterstützung zum<br />
Aufbau entsprechender Infrastrukturen,<br />
um kommunale Organisationen zu bei<br />
der Formalisierung und Stärkung ihrer<br />
Aktivitäten zu unterstützen.<br />
<strong>Eine</strong> nachhaltige und vielschichtige<br />
Finanzierung sicherzustellen<br />
• Verbesserung der Einstellung zur<br />
unternehmerischen Sozialverantwortung<br />
und Erhalt entsprechender Gelder auf<br />
Basis dieses Ansatzes.<br />
• Errichtung entsprechender Foren auf<br />
lokaler Ebene.<br />
• Bereitstellung von Beratungsangeboten<br />
für Unternehmen.<br />
• Bereitstellung von Schulungsmöglichkeiten<br />
für kommunale Organisationen, die das<br />
Ziel verfolgen, sich zu autonomen sozialen<br />
Unternehmen zu entwickeln.<br />
Mit der Schaffung von Anreizen für<br />
kommunale Eigenverantwortung<br />
fortzufahren<br />
• Bereitstellung ‘positiver’ Anreize für<br />
kommunale Eigenverantwortung.<br />
• Anerkennung des sozialen Werts im<br />
Beschaffungs- und Finanzierungsprozess.<br />
3
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Sowohl Potenziale als auch Fähigkeiten<br />
zu entwickeln<br />
• Ausweitung der Unterstützungsleistungen<br />
zum Ausbau von Potenzialen auf<br />
benachteiligte Kommunen.<br />
• Einführung von Verantwortlichkeiten<br />
und Verantwortungsbereichen.<br />
• Erleichterung des Wissenstransfers<br />
zwischen den Kommunen.<br />
Hintergrund<br />
Die aktuelle Situation in Europa ist durch eine<br />
zunehmende Neuerwägung der Rolle des<br />
Staates, der Märkte und der Zivilgesellschaft<br />
geprägt, die in einer Weise vonstattengeht,<br />
die einige Jahre zuvor so noch nicht möglich<br />
gewesen wäre. Für diesen Wandel gibt es<br />
verschiedene zugrundeliegender Ursachen,<br />
die wir allerdings nicht alle in diesem<br />
Forschungsbericht abdecken können. Die<br />
wichtigsten Faktoren lassen sich aber wie<br />
folgt zusammenfassen:<br />
• Die aktuelle Finanzkrise, die die<br />
Schwierigkeiten deutlich gemacht<br />
hat, denen sich alle europäischen<br />
Volkswirtschaften in einer von<br />
Globalisierung und weltweitem<br />
Wettbewerb gekennzeichneten Welt<br />
gegenübersehen;<br />
• Der demographische Wandel, der<br />
sicherstellt, dass sich die Prioritäten<br />
bestimmter Dienstleistungssektoren<br />
in Richtung bestimmter<br />
Bevölkerungsteile verschieben;<br />
• Umweltfaktoren wie z. B. die Realität<br />
des Klimawandels, die hohen Kosten für<br />
fossile Brennstoffe und die Notwendigkeit<br />
vielschichtiger Energieformen machen sich<br />
bemerkbar;<br />
• <strong>Eine</strong> sich wandelnde Einstellung zur Rolle<br />
der Zivilgesellschaft hin zur Einnahme<br />
einer weit engagierteren Rolle des Bürgers,<br />
die zur gewünschten Architektur lokaler<br />
Dienstleistungen führen soll.<br />
Diese Änderungen machen sich in den<br />
verschiedenen Ländern auf unterschiedliche<br />
Weisen bemerkbar. Dennoch besteht<br />
kein Zweifel daran, dass sich viele Teile<br />
Europas ähnlichen oder sogar gleichen<br />
Herausforderungen gegenübersehen.<br />
Gleichzeitig ringen im Lichte dieser<br />
Herausforderungen viele Regierungen<br />
wie auch die Europäische Kommission um<br />
konstruktive Lösungen, die die Erbringung<br />
entsprechender Dienstleistungen nachhaltig<br />
und in innovativen Weisen sicherstellen. Die<br />
Europäische Kommission hat ein Paket von<br />
Reformen aufgelegt, die darauf ausgerichtet<br />
sind, einige innovative Wege nach vorn zu<br />
bereiten. Diese Reformen laufen unter dem<br />
Namen „Social Business Initiative“ 1 und<br />
zielen darauf ab, positive Änderungen zu<br />
identifizieren, die entsprechend eingeleitet<br />
werden können, um der Zivilgesellschaft<br />
die Erbringung entsprechend erforderlicher<br />
Dienstleistungen zu ermöglichen und<br />
Wege für Innovationen in diesen Bereichen<br />
zu eröffnen. In diesem Prozess muss<br />
entsprechendes Fachwissen mit den<br />
Erfahrungen aus dem Vergangenen und der<br />
Gegenwart zur Formulierung zukünftiger<br />
Ansätze effektiv kombiniert werden.<br />
Ein Ergebnis diese Untersuchung soll sein,<br />
potenzielle Lösungen zu identifizieren, die<br />
von Bürgern und Organisationen gemeinsam<br />
in den entsprechenden europäischen<br />
Ländern genutzt werden können. Die<br />
Arbeit wurde mit den Partnern in einer<br />
Reihe europäischer Länder in gemeinsamer<br />
Zusammenarbeit entwickelt und soll<br />
zu allererst informieren und inspirieren<br />
und weniger ein vollständiges Bild der<br />
lokalen Möglichkeiten zur Erbringung der<br />
Dienstleistungen zeichnen.<br />
Das Ziel des Projekts „It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong><br />
ist es, ein Verständnis dahingehend zu<br />
schaffen, wie Kommunen in ganz Europa<br />
lokale Dienstleistungen und Initiativen<br />
erbringen bzw. durchführen. Es ist<br />
klar, dass es in Europa tief verwurzelte<br />
Traditionen gibt, dies sich zuweilen stark<br />
voneinander unterscheiden, und viele der<br />
beschriebenen Modelle sind gerade wegen<br />
dieser sich über viele Jahre entwickelten<br />
unterschiedlichen praktischen Erfahrungen,<br />
die im Bereich kommunaler Autonomie<br />
und Dienstleistungserbringung gemacht<br />
wurden, so enorm wertvoll. Insbesondere<br />
untersuchten wir Beispiele aus dem<br />
4
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Vereinigten Königreich, Frankreich, Portugal<br />
und Deutschland. Das Projekt wird durch die<br />
Calouste Gulbenkian Stiftung und NESTA<br />
unterstützt und durch das Big Society<br />
Network in Partnerschaft mit der NCVO<br />
bereitgestellt.<br />
Die Forschungspartner in jeder der<br />
Länder haben die Untersuchungen in ihren<br />
jeweiligen länderspezifischen Kontexten<br />
mit dem Ziel durchgeführt, Erkenntnisse<br />
zu Möglichkeiten wie auch Hindernissen<br />
einer kommunalen Eigenverantwortung<br />
zu gewinnen.<br />
Die Untersuchung<br />
Das Ziel des Projekts „It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong><br />
war es, nützliche Erkenntnisse rund um<br />
das Potenzial zur Entwicklung, Erneuerung<br />
und dem Transfer von Ideen im Bereich<br />
kommunaler Eigenverantwortung mit<br />
verschiedenen europäischen Partnern zu<br />
gewinnen. Hierbei haben wir versucht,<br />
sowohl förderliche Faktoren wie auch<br />
allgemeine Hindernisse für eine kommunale<br />
Eigenverantwortung in jedem unserer<br />
Länder zu verstehen.<br />
Die Forschungsteams des Projekts „It’s<br />
<strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> haben in jedem der<br />
Länder ausführliche qualitative Interviews<br />
mit denjenigen Personen durchgeführt,<br />
die inspirierende kommunale Initiativen<br />
auf die Beinen gestellt haben. Neben der<br />
interviewbasierten Forschung haben wir zur<br />
teilnehmenden Forschung auch Workshops<br />
mit den Verantwortlichen der kommunalen<br />
Projekte in Frankreich und dem Vereinigten<br />
Königreich abgehalten.<br />
Die Untersuchung basierte auf 13<br />
unterschiedlichen Fallstudien mit lokalen<br />
Kommunen in Frankreich, dem Vereinigten<br />
Königreich, Portugal und Deutschland.<br />
Hierdurch konnten wir ein gemeinsames<br />
Verständnis dahingehend entwickeln, was<br />
kommunale Eigenverantwortung in Europa<br />
eigentlich ist, und darüber hinaus wichtige<br />
Empfehlungen für Politiker, kommunale<br />
Gruppen und interessierte Einzelpersonen<br />
ausarbeiten. Unsere begleitende Webseite<br />
www.itsourcommunity.eu fasst die<br />
praktischen Lektionen des Projekts<br />
zusammen und beschreibt die Fallstudien in<br />
detaillierterer Form und bietet so wichtige<br />
Hinweise für kommunale Gruppen, die<br />
nach entsprechenden Anregungen und<br />
Ratschlägen suchen.<br />
Diese auf Fallstudien basierende<br />
Untersuchung arbeitet mit Beispielen aus<br />
jedem der Länder zu den im Folgenden<br />
aufgeführten Themenbereichen. Diese<br />
wurden während der Konferenz in London<br />
im November 2011 unter Mitwirkung von<br />
Vertretern der Zivilgesellschaft aus jedem<br />
der einzelnen Länder im Vorfeld bestimmt.<br />
Natürliche Ressourcen<br />
Projekte, die natürliche Ressourcen zum<br />
Vorteil der Kommune nutzbar machen, wie<br />
z. B. die Produktion von Lebensmitteln oder<br />
die Erzeugung von Energie.<br />
Unsere Beispiele umfassen: Organiclea, eine<br />
kommunale Kooperative zur Produktion von<br />
Nahrungsmitteln aus biologischem/r Anbau<br />
bzw. Haltung und die „Elektrizitätswerke<br />
Schönau“ (EWS), eine Kooperative im<br />
Bereich erneuerbarer Energien.<br />
Soziale Unterstützung<br />
Projekte, die Einzelpersonen basierend auf<br />
deren Bedürfnissen unterstützen. Hierbei<br />
werden die entsprechenden Personen stark<br />
in die entsprechende Leistung einbezogen.<br />
Unsere Beispiele umfassen: „Tell Us Your<br />
Story“, ein kommunales Projekt, welches mit<br />
asylsuchenden Kindern und Partnersenioren<br />
in Schulen zusammenarbeitet, ein Projekt,<br />
welches verschiedene Generationen<br />
mit einbezieht und ältere Menschen in<br />
Klassenräume bringt, um im Falle von<br />
Konflikten zu vermitteln.<br />
Universelle Dienstleistungen<br />
Projekte, die eine Dienstleistung für<br />
alle Personen in der Kommune zur<br />
Verfügung stellen.<br />
Unsere Beispiele umfassen: „Mid Vale<br />
Community Rail Partnership“, eine<br />
kommunale Eisenbahnlinie, und „ATM“,<br />
ein kommunale Anwohnervereinigung,<br />
die die Einbindung von Anwohnern an<br />
der kommunalen Entwicklung unterstützt.<br />
5
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Was ist kommunale<br />
Eigenverantwortung?<br />
Für ein länderübergreifendes Projekt<br />
wie dieses, das Länder mit ziemlich<br />
unterschiedlichen historischen, sozialen und<br />
politischen Hintergründen umfasst, besteht<br />
eine Schwierigkeit darin, eine gemeinsame<br />
Definition des Begriffes kommunaler<br />
Eigenverantwortung zu finden. <strong>Eine</strong> solche<br />
Definition muss breit genug sein, um nicht<br />
nur die Nuancen in den Motivationen<br />
einzubeziehen, wie sie zwischen den Ländern<br />
bestehen, sondern auch die lokalen Ansätze<br />
auf kommunaler Ebene ordnungsgemäß zu<br />
berücksichtigen.<br />
Um die Erfahrungen und Modelle in<br />
Europa zu vergleichen, haben wir eine<br />
gemeinsame Vorstellung von dem Begriff<br />
‘kommunale Eigenverantwortung im<br />
Dienstleistungsbereich’ entwickelt. Wir<br />
haben eine sehr breite Arbeitsdefinition<br />
von kommunaler Eigenverantwortung<br />
zusammengestellt, um einen offenen<br />
Ansatz zu ermutigen, welcher so wenig wie<br />
möglich ausschließt, und um sicherzustellen,<br />
dass wir den vollen Umfang potenzieller<br />
Innovationen erfassen:<br />
Kommune <strong>–</strong> Einzelpersonen, die etwas<br />
gemeinsam haben (Interessen oder lokale<br />
Dinge) oder die aufgrund einer gemeinsamen<br />
Sache zusammengehören.<br />
Eigenverantwortung <strong>–</strong>die tatsächliche oder<br />
wahrgenommene Fähigkeit zur Nutzung,<br />
Beeinflussung, Kontrolle, Ausübung und/<br />
oder Inanspruchnahme der Vorteile<br />
von etwas (z. B. einer Dienstleistung),<br />
dies kann auf Basis einer per Gesetz<br />
zustehenden Eigenverantwortung oder<br />
einfach durch eine wahrgenommene oder<br />
ausgeübte Eigenverantwortung sein,<br />
die durch Teilhabe und bedeutungsvolle<br />
Beiträge entsteht. In dieser Untersuchung<br />
kann sich Eigenverantwortung auch auf<br />
Eigenverantwortung von Organisationen<br />
beziehen wie auch auf Eigenverantwortung<br />
bei der Ausführung von Abläufen<br />
(einschließlich des Entwurfs und dem<br />
Treffen von Entscheidungen).<br />
Die Studie kommt zu dem Ergebnis,<br />
dass kommunale Eigenverantwortung in<br />
Wirklichkeit, d. h. wenn wir uns die Länder<br />
ansehen, ein sehr stark fließender Begriff ist,<br />
und eine Definition flexibel genug sein muss,<br />
um Projekt zu umfassen, die kurzfristig durch<br />
kommunale Aktivitäten entstehen und später<br />
aber dauerhaft kommunalen Interessen<br />
dienen. Wir haben versucht, uns nicht zu<br />
stark auf ein bestimmtes Rechtsmodell von<br />
Eigenverantwortung zu fixieren (zum Bsp.<br />
auf die Kooperative, sogenannte „Mutuals“,<br />
Vereinigungen usw.). Wir gehen davon aus,<br />
dass einige der besten Initiativen Elemente<br />
kooperativer Ansätze zeigen werden,<br />
aber unter verschiedenen Rechtsformen<br />
eingetragen sein können. Weiter glauben wir,<br />
dass die Art, in der eine Organisation mit den<br />
Mitgliedern einer Kommune arbeitet, und die<br />
Arten, in denen die breitere Gemeinschaft<br />
das Projekt annimmt und unterstützt, die<br />
besten Nagelproben für eine kommunale<br />
Initiative sind.<br />
Was sich gezeigt hat ist, dass es in all den<br />
Ländern bestimmte Gemeinsamkeiten in<br />
Bezug auf die Motivationen und Triebkräfte<br />
gibt, auf Basis welcher die Kommunen<br />
solche Initiativen beginnen. Alle unsere<br />
Fallstudien sind lokale Lösungen zu breit<br />
angelegten Problemstellungen, die sich in<br />
ganz Europa zeigen. Beispiele dafür sind<br />
z. B. die alternde Bevölkerung, der<br />
Klimawandel, Energieknappheit und die<br />
Schwächung der Konjunktur.<br />
6
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Länderspezifische Kontexte<br />
Frankreich<br />
In Frankreich wird kommunale<br />
Eigenverantwortung als ESS (Economie<br />
Sociale et Solidaire oder „Sozialund<br />
Solidarwirtschaft“) bezeichnet.<br />
Sozialwirtschaft wird durch die Fokussierung<br />
auf das allgemeine oder kollektive<br />
Interesse, demokratische Führung, offene<br />
Mitgliedschaften, eingeschränkte Profitabilität<br />
und die Besinnung auf lokale Wurzeln und die<br />
Mobilisierung der Bürger definiert.<br />
Die Sozialwirtschaft hat in Frankreich<br />
eine lange Geschichte. Sie beginnt mit<br />
Geburt der Industriegesellschaft, die zu<br />
neuen sozialen Bedürfnissen führte, für<br />
die dann Sorge getragen werden musste.<br />
Organisationen in der ESS waren zumeist<br />
im Dienstleistungssektor aktiv.<br />
In den 1970er Jahren entwickelten<br />
soziale Unternehmen aufgrund der<br />
steigenden Arbeitslosigkeit und<br />
Armut neue Aktivitäten im Bereich der<br />
Dienstleistungen für arbeitslose und arme<br />
Menschen: Unternehmen im Bereich<br />
Integration, Finanzdienstleistungen, sozialer<br />
Ladeneinrichtungen und Restaurants etc.<br />
Diese Organisationen sehen sich immer<br />
öfter der Solidarwirtschaft (économie<br />
solidaire) zugehörig.<br />
Die Strategie der Regierung in Sachen<br />
Sozialwirtschaft änderte sich im Jahre 2002<br />
drastisch. Vor und insbesondere zwischen<br />
den Jahren 1997 und 2002 war die Regierung<br />
gegenüber der Sozialwirtschaft sehr<br />
unterstützend eingestellt und es wurde eine<br />
sogenannte DIES-Initiative (Interministeriale<br />
Delegation für soziale Innovation und<br />
Sozialwirtschaft) unter der Führung des<br />
Premierministers und eines dafür zuständigen<br />
Staatssekretärs (implementiert im Jahr 2000)<br />
eingerichtet, welche für die Koordination<br />
entsprechender auf die Sozialwirtschaft als<br />
Ganzes zugeschnittener Maßnahmen und<br />
Programme verantwortlich waren.<br />
Seit 2002 wird die Sozialwirtschaft als<br />
solches nicht länger als eigenständiger<br />
Sektor angesehen, und die nationale Politik<br />
wurde hauptsächlich nur auf Vereinigungen<br />
ausgerichtet. DIES wurde unter die Autorität<br />
des Ministeriums für Jugend, Sport und<br />
Vereinsleben gesetzt. Die Prioritäten des<br />
Ministeriums sind: die bessere Anerkennung<br />
von Vereinigungen, Wertschätzung<br />
ehrenamtlicher Arbeit und Unterstützung für<br />
die Aktivitäten der Vereinigungen. Auch sind<br />
öffentliche Subventionen für Vereinigungen<br />
auf nationaler Ebene stark zurückgegangen.<br />
Im Februar 2006 wurde DIES zum<br />
wiederholten Male reformiert und unterliegt<br />
nun der Autorität des Ministeriums für Arbeit,<br />
sozialen Zusammenhalt und Wohnungsbau<br />
und wird als Interministeriale Delegation<br />
für Innovation, soziale Experimente und<br />
Sozialwirtschaft. bezeichnet. Darüber<br />
hinaus wurde auch ein nationaler Beirat für<br />
Sozialwirtschaft (CNES) gegründet, der bis<br />
zum heutigen Tage allerdings noch nicht<br />
zusammengekommen ist.<br />
Die mangelnde politische Anerkennung<br />
für die Sozialwirtschaft in den vergangenen<br />
Jahren hat den sozialen Unternehmen bei<br />
weitem nicht geholfen, die Schwierigkeiten<br />
zu überwinden, die diese bei der<br />
Rekrutierung und Schulung qualifizierten<br />
Personals hatten. Darüber hinaus wird der<br />
Sektor auch stark durch das wirtschaftliche<br />
Klima beeinflusst, wodurch Organisationen<br />
oft an mangelnden Finanzmitteln leiden.<br />
Dies trifft besonders dann zu, wenn über<br />
Subventionen auf jährlicher Basis<br />
entschieden wird, denn hierdurch ist es<br />
sehr schwierig, mittelfristige Programme<br />
aufzubauen und umzusetzen.<br />
7
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Man könnte argumentieren, dass in<br />
Frankreich die Herausforderung darin<br />
besteht, eine neue Vorgehensweise in<br />
Richtung einer neuen DIES und CNES<br />
einzuschlagen, welche einen wirklichen<br />
Dialog zwischen öffentlichen Behörden<br />
und Vertretern aller Familien der<br />
Sozialwirtschaft fördert, um letztlich<br />
eine angemessene öffentliche Politik zu<br />
ermöglichen.<br />
Man könnte argumentieren, dass<br />
personenbezogene Dienstleistungen<br />
insbesondere aufgrund unerfüllter<br />
Bedürfnisse, die mit einer alternden<br />
Bevölkerung zusammenhängen, für die<br />
Sozialwirtschaft einen Wachstumsbereich<br />
darstellen. Tatsache ist allerdings, dass als<br />
Ergebnis einer Regierungspolitik, im Zuge<br />
welcher sozialen Unternehmen nicht die<br />
erforderliche Unterstützung gewährt wird,<br />
den ihre soziale Rolle verdient, nun sehr<br />
große Privatunternehmen in die Branche<br />
eindringen. Aus diesem Grund ist ein<br />
ungleicher Wettbewerb zu befürchten.<br />
Andere Wachstumsbereiche für soziale<br />
Unternehmen in Frankreich umfassen die<br />
Sektoren Fair Trade und Umweltdienste. 2<br />
Zum Zeitpunkt, an dem dieser Bericht<br />
verfasst wurde, hat Präsident Hollande einen<br />
Minister für Sozialwirtschaft ernannt. Es ist<br />
eines der ersten Male, dass die Regierung der<br />
Sozialwirtschaft explizit eine Erwähnung hat<br />
zukommen lassen. Da extra ein zuständiger<br />
Minister ernannt wurde, könnte dies als<br />
Beweis des Interesses der Regierung von<br />
Hollande an der Rolle gewertet werden, die<br />
die Sozialwirtschaft in der Wiederbelebung<br />
der Wirtschaft einnehmen kann.<br />
Deutschland<br />
Der gemeinnützige Sektor in Deutschland<br />
ist eine Ansammlung von Organisationen,<br />
die formal, privat, nicht auf Gewinn<br />
ausgerichtet, selbstbestimm und<br />
freiwillig sind.<br />
In der Geschichte des deutschen<br />
Wohlfahrtstaates gab es immer eine<br />
enge Verbindung zwischen staatlichen<br />
Institutionen als Garant des Gemeinwohls<br />
und Zivilgesellschaftsorganisationen,<br />
insbesondere in der Form von<br />
gemeinnützigen Vereinigungen. Bezüglich<br />
der Erbringung der Vorteile und<br />
Dienstleistungen des Wohlfahrtsstaates<br />
besteht hier eine lange Geschichte der<br />
Auslagerung staatlicher Verantwortlichkeiten<br />
an große Wohltätigkeitsorganisationen wie z.<br />
B. das Rote Kreuz. Das Subsidiaritätsprinzip,<br />
welches seinen Ursprung in den Reibungen<br />
zwischen Weltlichkeit und Religion hat,<br />
entwickelte sich vollständig nach dem<br />
2. Weltkrieg. Dessen Haupteigenschaft<br />
besteht darin, dass es im Bereich sozialer<br />
Dienste gemeinnützigen Dienstleistungen<br />
gegenüber öffentlichen Dienstleistungen<br />
eine Priorität einräumt. Dies erleichterte<br />
die Entstehung und Entwicklung großer<br />
Wohltätigkeitsorganisationen. Um die ihnen<br />
zugewiesenen Aufgaben auszuführen, sind<br />
die Wohltätigkeitsorganisationen zum Bezug<br />
öffentlicher Gelder berechtigt, um in der Lage<br />
zu sein, die entsprechenden Dienstleistungen<br />
ordnungsgemäß aufrechtzuerhalten. 3<br />
In den 1990-er Jahren stellen wir in<br />
Deutschland einen allgemeinen Wandel<br />
in Richtung des Grundsatzes eines<br />
aktivierenden Sozialstaats, der das<br />
Prinzip freiwilliger Arbeit und die damit<br />
zusammenhängende Infrastruktur unterstützt<br />
und fördert. Heute sind diese Infrastrukturen<br />
einer bürgerlichen Beteiligung noch immer<br />
hochgradig von der Finanzierung öffentlicher<br />
Budgets abhängig. Darüber hinaus gibt es<br />
allerdings auch Finanzmittel von Stiftungen.<br />
Besonders aktiv sind die Robert Bosch<br />
Stiftung und der Generali Zukunftsfond. Diese<br />
betrachten bürgerliches Engagement als eine<br />
Kernaufgabe. Bei individuellen Projekten, die<br />
nicht an laufenden Finanzierungen teilhaben,<br />
spielen hauptsächlich Spendengelder und<br />
8
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Patenschaften eine Rolle. Schätzungen<br />
zufolge liegt Anteil der öffentlichen<br />
Finanzierung für den dritten Sektor bei ca.<br />
50 %, während der Finanzierungsanteil von<br />
öffentlichen Finanzmitteln auf drei Viertel<br />
der Gesamteinnahmen der ehrenamtlichen<br />
Infrastrukturen zur bürgerlichen Einbindung<br />
geschätzt wird.<br />
Heute verändert sich das Gleichgewicht<br />
der Verantwortlichkeiten aufgrund des<br />
aktuellen wirtschaftlichen Klimas. Der<br />
Staat zieht sich teilweise aus seiner<br />
Verantwortung zurück und die Rolle großer<br />
Dienstleistungsorganisationen und des<br />
privaten Sektors vergrößert sich weiter.<br />
Aus diesem Grund kann vermehrt ein<br />
Bedeutungszuwachs für den unabhängigen<br />
Sektor wie z. B. kommunale Initiativen<br />
beobachtet werden.<br />
Von der Bundesregierung wurde im<br />
Jahre 2010 eine sogenannte Nationale<br />
Strategie zur Einbindung der Bürger<br />
(National Engagement Strategy) gestartet,<br />
welche die Grundlagen einer möglichen<br />
Unterstützung und deren Instrumente für<br />
den ehrenamtlichen Sektor im Allgemeinen<br />
und teilweise für den unabhängigen Sektor<br />
darlegte. Bspw. bietet sie symbolische<br />
Unterstützung für den Ansatz kommunaler<br />
Stiftungen (ein Bsp. dieser erscheint in<br />
unserer Fallstudie <strong>–</strong> Die Wiesbaden Stiftung<br />
(BSW)). Darüber hinaus umfasst die Strategie<br />
neue Ansätze zu anderen Problematiken<br />
wie soziale Investitionen, Förderung von<br />
sozial eingestellten Geschäftsleuten und<br />
Wertschätzung sozialer Dienstleistungen.<br />
Der unabhängige Sektor wird also verstärkt<br />
von der Regierung angehalten, sich stärker<br />
auf die Bereitstellung von Dienstleistungen<br />
zu konzentrieren. Die damit verbundenen<br />
Schwierigkeiten umfassen:<br />
• <strong>Eine</strong> hohe Abhängigkeit von öffentlichen<br />
Finanzmitteln: Eigenfinanzierung durch<br />
Spenden, Stiftungen und ähnliche Mittel<br />
sind noch immer unterentwickelt.<br />
• Die Dominanz großer und mächtiger<br />
Vereinigungen<br />
• Der steigende Druck nach Professionalität<br />
innerhalb des Dienstleistungsbereiches 4<br />
Ein Problem liegt darin, dass es im Markt<br />
momentan wenig Unterstützung für den<br />
unabhängigen Sektor gibt. Die Regierungen<br />
des Bundes und der Länder stehen unter<br />
Druck, unterstützende Infrastrukturen für<br />
kommunale Organisationen bereitzustellen,<br />
sodass sie sich selbst im Markt etablieren<br />
können, um letztlich eine Mehrwertleistung<br />
zu erbringen.<br />
9
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Portugal<br />
Die Begriffe „Sozialwirtschaft“, „Sozial- und<br />
Solidarwirtschat“ und „Solidarwirtschaft“<br />
werden genutzt, um Organisationen<br />
zu beschreiben, die den kommunalen<br />
Zusammenhalt fördern zugleich aber auch<br />
während Waren und Dienstleistungen<br />
bereitstellen. Die portugiesische<br />
sozialwirtschaften Organisationen haben<br />
viele verschiedene Rechtsformen wie<br />
z. B. Vereinigungen, Stiftungen, lokale<br />
Entwicklungsorganisationen (die das Ziel<br />
haben, Menschen in ländlichen Gebieten zu<br />
helfen), gemeinnützige Vereinigungen und<br />
Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs).<br />
Der Wohlfahrtsstaat wurde erst spät in<br />
Portugal eingeführt und diese „erzwungenen“<br />
Kommunen mussten ihre eigenen informellen<br />
kommunalen Solidarsysteme entwickeln,<br />
die dem sozialen Schutz der Bevölkerung<br />
dienten. Im Vergleich mit den anderen drei<br />
Ländern ist der Bereich der portugiesischen<br />
Zivilgesellschaft in einem höheren Maß für<br />
die Erbringung sozialer Dienstleistungen<br />
verantwortlich. Portugal konnte, verglichen<br />
mit den anderen Ländern, einige Erfolge in<br />
der Ausbreitung und Annahme kommunaler<br />
Entwicklungsprojekte verzeichnen.<br />
Es ist allerdings nicht so, dass es im<br />
Sektor keine Herausforderungen bzw.<br />
Problemstellungen gibt, und es existieren<br />
historische, politische und wirtschaftliche<br />
Sachverhalte, die das Dasein kommunaler<br />
Initiativen behindern.<br />
Das Prinzip der Demokratie ist in Portugal<br />
relative neu. Dadurch könnte man<br />
argumentieren, dass es dort weniger<br />
Offenheit für die Ideen einer bürgerlichen<br />
Einbindung gibt, die diesen Initiativen<br />
zugrunde liegen.<br />
Weiterhin führte die momentan in Portugal<br />
durchlebte Wirtschaftskrise zu einem<br />
höheren Maß an Misstrauen der Bürger<br />
gegenüber ihrer Regierung und deren<br />
Fähigkeit, das Land gut zu regieren. Die<br />
Krise bedeutet, dass auch andere Akteure<br />
beteiligt sind: der IMF (Internationaler<br />
Währungsfonds), die ECB (Europäische<br />
Zentralbank) und die EC (Europäische<br />
Kommission). Dies führte zu einer weiteren<br />
Verringerung des Vertrauens in bürgerlichen<br />
Initiativen.<br />
Budgetbeschränkungen werden durch<br />
einen umfassenden Rückzug der Rolle des<br />
Staates in der Wirtschaft begleitet. Inspiriert<br />
wird diese Entwicklung von neo-liberalen<br />
Idealen, die die öffentliche Politik und<br />
Finanzierungsprogramme zu beeinflussen<br />
drohen, die zuvor von solchen Initiativen<br />
unterstützt wurden.<br />
Offensichtlich haben diese Faktoren auch<br />
eine gegenteilige Wirkung, was wiederum<br />
Räume und Möglichkeiten für die sogenannte<br />
partizipatorische Demokratie eröffnet und<br />
günstige Bedingungen für Initiativen und<br />
kommunale Organisationen schafft (siehe<br />
folgende Fälle). Allerdings bleiben viele<br />
Herausforderungen weiter bestehen.<br />
<strong>Eine</strong> Antwort auf diese Problematiken<br />
könnte das Konzept und die Praktiken der<br />
Solidarwirtschaft liegen, die sich in den<br />
letzten 30 Jahren entwickelte und in Portugal<br />
kürzlich an Zugkraft gewonnen hat. Dies ist<br />
ein Konzept, das sich im Einklang mit der<br />
Sozialwirtschaft befindet, aber einige andere<br />
Problematiken durch z. B. die Öffnung des<br />
Sektors für eine breitere Einbindung lokaler<br />
Kommunen adressiert, wodurch „soziale<br />
Sicherheitsnetze“ für einige der sich durch<br />
die globalen Herausforderungen ergebenden<br />
Probleme erstellt werden.<br />
10
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Vereinigtes Königreich<br />
Kommunale und organisierte<br />
Dienstleistungen und Organisationen waren<br />
schon immer ein wesentlicher Kernbereich<br />
der Zivilgesellschaft und des damit in<br />
Verbindung stehenden Lebens, in welcher die<br />
Menschen entsprechend zusammenkommen<br />
und gemeinsam das Allgemeinwohl und/oder<br />
gemeinschaftliche Vorteile organisieren. Die<br />
Mehrheit dieser Initiativen wurde unabhängig<br />
von den Vorgaben der Regierung errichtet.<br />
Vielmehr haben sich die Menschen selbst<br />
mobilisiert, um die lokalen Bedürfnisse und<br />
Interessen, um die sie sich sorgen, in ihren<br />
Kommunen zu verbessern bzw. zu bedienen.<br />
In den vergangenen Jahren haben wir eine<br />
wachsende Anzahl kommunaler Initiativen<br />
beobachten können, die sich um eine andere<br />
Art des Konsums, d.h. einen nachhaltigeren<br />
Ansatz, drehen. Diese waren oft innovativ<br />
und symbolisierten einen großen Appetit<br />
nach sozialem Wandel. Die sogenannte<br />
Übergangsbewegung hat im Vereinigten<br />
Königreich und auf der ganzen Welt großes<br />
Aufsehen ausgelöst. Übergangsstädte<br />
haben Initiativen in vielen Bereichen<br />
eingeleitet wie z. B. dem Energiesektor,<br />
im Nahrungsmittelbereich, Abfallwesen,<br />
Transportwesen und Wohnungsbau. Oft<br />
zitierte Beispiele sind Totnes, Lewes und<br />
Brixton. In den vergangenen 20 Jahren haben<br />
wir auch die Entwicklung des kommunalen<br />
Personennahverkehrs und kommunaler<br />
Partnerschaften, ehrenamtlich geführte<br />
Ladeneinrichtungen und kommunale „Pubs“<br />
beobachten können. Dies trifft insbesondere<br />
in ländlichen Gebieten aufgrund des<br />
Rückzuges bestimmter Dienstleistungen wie<br />
Läden, Postfilialen und Verkehrsmitteln zu.<br />
Nach Angaben des Netzwerkes „Plunkett<br />
Community Shop Network“ sind gegenwärtig<br />
über 270 kommunale Ladeneinrichtungen im<br />
Vereinigten Königreich im Einzelhandel tätig.<br />
Obgleich der Sektor der Zivilgesellschaft<br />
im Vereinigten Königreich ziemlich<br />
unabhängig existiert, hat er über das<br />
vergangene Jahrzehnt ein gestiegenes<br />
Interesse von Politikern und politischen<br />
Entscheidungsträgern verzeichnen<br />
können. Dies war insbesondere in den<br />
vergangenen zwei Jahren der Fall, seit die<br />
Regierungskoalition an die Macht kam.<br />
Vor 2010 zielten eine Reihe politischer<br />
Maßnahmen und Ansätze, die von der<br />
Labour Regierung eingeleitet wurden,<br />
darauf ab, das kommunale Engagement<br />
und Weiterentwicklung insbesondere auf<br />
lokaler Ebene zu fördern. Die sogenannte<br />
„Lokalagenda“ der Regierung war hochgradig<br />
mit der allumfassenden Zielstellung<br />
zur Reformierung der öffentlichen<br />
Dienstleistungen verbunden.<br />
Die Dezentralisierung der Macht und die<br />
gestärkten lokalen Kommunen sind auch<br />
wesentliche Themen der sogenannten „Big<br />
Society Agenda“ der Koalitionsregierung, die<br />
drei wichtige Standpfeiler hat:<br />
• Soziales Handeln: Ermutigung und<br />
Motivation der Menschen, in der<br />
Gesellschaft eine aktivere Rolle<br />
einzunehmen.<br />
• Kommunale Entwicklung: Übertragung<br />
größerer Machtbefugnisse zur<br />
Entscheidungsfindung und Gestaltung<br />
ihrer eigenen Bereiche an Kommunalräte<br />
und nachbarschaftliche Gremien.<br />
• Öffnung öffentlicher Dienstleistungen:<br />
es wurde Wohltätigkeitsorganisationen,<br />
sozialen Unternehmen, privaten<br />
Unternehmen und genossenschaftlichen<br />
Kooperativen ermöglicht, öffentliche<br />
Dienstleistungen zu erbringen.<br />
11
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Seit 2010 gab es eine Menge Maßnahmen,<br />
um diese Ziele voranzutreiben. Von<br />
besonderer Bedeutung für dieses Projekt<br />
ist der sogenannte „Localism Act“, welcher<br />
im November 2011 die Zustimmung des<br />
Parlamentes erhielt. Dieses neue Gesetz<br />
verleiht Kommunen wie auch Einzelpersonen<br />
zusätzliche Rechte und Machtbefugnisse<br />
zur Ausschreibung und Durchführung<br />
lokaler Dienste.<br />
Es wurde das kommunale<br />
Organisationsprogramm eingerichtet,<br />
um kommunale Maßnahmen auf<br />
nachbarschaftlicher Ebene zu unterstützen<br />
und lokalen Kommunen zu helfen,<br />
entsprechend erforderliche Fähigkeiten<br />
bzw. das entsprechende Wissen zu erwerben,<br />
um lokale Problemstellungen in Angriff<br />
zu nehmen und aus den im „Localism Bill“<br />
enthaltenen neuen Rechten Vorteile zu ziehen.<br />
Trotz dieser politischen Richtlinien zeigt sich<br />
noch immer ein Bild verschiedener Probleme,<br />
die mit kommunaler Eigenverantwortung<br />
eingehergehen. Für die meisten Menschen<br />
ist die „Big Society Agenda“ untrennbar<br />
mit dem verbunden, was in der Wirtschaft<br />
passiert. Gemeint ist hier eine Zeit<br />
der großen Instabilität für kommunale<br />
Organisationen, da sich die Zivilgesellschaft<br />
den öffentlichen Ausgabenkürzungen<br />
anpasst, die wiederum Auswirkungen auf<br />
Einzelpersonen und Kommunen wie auch<br />
lokale Behörden, gesetzliche Dienstleister<br />
und zivilgesellschaftliche Organisationen<br />
haben. Der „Civil Society Almanac“ des<br />
Vereinigten Königreichs geht davon<br />
aus, dass dies, falls diese Kürzungen<br />
auf lokale Wohltätigkeitsorganisationen<br />
übertragen werden, einen Rückgang<br />
der von lokalen Regierungen für<br />
Wohltätigkeitsorganisationen aufgewendeten<br />
Gelder von ca. £800 Million pro Jahr bis zum<br />
Ende dieses Zeitraumes bedeuten würde.<br />
Darüber hinaus besteht eine weitere<br />
Problematik, insbesondere hervorgerufen<br />
durch die sinkenden öffentlichen Budgets,<br />
darin, die Qualität der Dienstleistungen<br />
überhaupt sicherzustellen. Aus der „Place“<br />
Umfrage, die Menschen über ihre Meinungen<br />
über lokale Dienste befragte, wissen wir<br />
auch, dass umso schlechter ein Gebiet<br />
wirtschaftlich dasteht, desto weniger<br />
Menschen wahrscheinlich bürgerliches<br />
Engagement und ehrenamtliches Verhalten<br />
zeigen. Auf Basis dieser Erkenntnis, besteht<br />
wirkliche Besorgnis dahingehend, dass sich<br />
das bürgerliche Engagement wahrscheinlich<br />
eher in Bereichen entwickelt, wo die Nöte<br />
bzw. der Bedarf am geringsten sind.<br />
12
À propos de It’s <strong>Our</strong> Community<br />
Über die Fallstudien<br />
Die unten stehenden Fallstudien wurden<br />
durch Mitarbeit von Vertretern aus der<br />
Zivilgesellschaft aus jedem der Partnerländer<br />
ausgewählt. Es wurde erwartet, dass die<br />
ausgewählten Fallstudien interessante<br />
Erkenntnisse bereitstellen könnten, die in<br />
anderen Kontexten anwendbar sein könnten.<br />
Wir erwarten nicht, dass die Fallstudien<br />
alle allgemeingültig sind und beliebig (…<br />
ohne Adaptation…) auf ein anderes Land<br />
übertragen werden können, allerdings gibt<br />
es aber auch allgemeine Lehren und Aspekte<br />
jeder Fallstudie, die auf andere Länder<br />
ausgedehnt werden können bzw. auf diese<br />
übertragbar sind.<br />
Es war nicht Zweck dieses Projekts, die<br />
Fallstudien länderspezifisch nach deren<br />
Übertragbarkeit bzw. Allgemeingültigkeit<br />
zu zergliedern. Allerdings haben wir damit<br />
begonnen, die Übertragbarkeit für einige<br />
der Beispiele zu untersuchen. Zum Bsp.<br />
haben die Teilnehmer im Pariser Workshop<br />
festgestellt, dass der Ansatz des Ansatzes<br />
deutscher bürgerlicher Stiftungen innerhalb<br />
anderer Kontexte nützlich sein kann. Das<br />
von der Fallstudie der Wiesbaden Stiftung<br />
(BSW) angenommene Modell könnte sehr<br />
einfach auf andere Länder angewendet<br />
werden und ist auch schon in vielen anderen<br />
Ländern vorhanden (Vereinigte Staaten,<br />
England). Allerdings ist die Struktur der<br />
bürgerlichen Stiftungen / kommunalen<br />
Stiftungen nicht überall die gleiche. Wo eine<br />
Stiftung auch ein Dienstleister einer sozialen<br />
Institution (zum Bsp. ein Krankenhaus) ist,<br />
ist die Arbeit einer bürgerlichen Stiftung <strong>–</strong><br />
z. B. in England oder den USA <strong>–</strong> ernsthaft<br />
beschränkt und muss in vielerlei Hinsicht<br />
wie ein Unternehmen agieren. Es kann auch<br />
angenommen werden, dass dies dann den<br />
Umfang der eigenen gemeinnützigen Zwecke<br />
einschränkt. Hier scheint das deutsche Modell<br />
flexibler und vielseitiger zu sein.<br />
Wir können uns vorstellen, dass der Ansatz<br />
der bürgerlichen Stiftungen z. Bsp. in<br />
Portugal funktioniert, wo es eine angesehene<br />
Kampagne zur Verringerung der Anzahl von<br />
Stiftungen gegeben hat, die auf nationaler<br />
Ebene agieren. Es kann argumentiert werden,<br />
dass es lokal verwurzelte Organisationen<br />
einfacher haben werden, Spendengelder<br />
zu erwirtschaften.<br />
Im Londoner Workshop wurde festgestellt,<br />
dass der kommunale Personennahverkehr<br />
vielleicht nicht den gleichen<br />
Attraktivitätsgrad hat wie in Frankreich,<br />
wo die Privatisierung des öffentlichen<br />
Personennahverkehrs auf größeren<br />
Widerstand gestoßen ist.<br />
Die unten stehenden Fallstudien sind<br />
ausschließlich Zusammenfassungen,<br />
enthalten aber einige diskussionswürdige<br />
Punkte innerhalb des Abschnitts und<br />
Empfehlungen. Um ein höheres Maß<br />
an Austausch über die Anwendbarkeit<br />
in anderen Kontexten anzuregen, der<br />
hoffentlich zu Verbesserungen in der Praxis<br />
führt, erscheinen die Fallstudien in allen<br />
Einzelheiten auf der „It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong><br />
Webseite, die unter folgendem Link zu<br />
finden ist: www.itsourcommunity.eu<br />
13
À propos de It’s <strong>Our</strong> Community<br />
Die Fallstudien<br />
Frankreich<br />
E-Commerce, Rhône Alpes und<br />
La Bourgogne<br />
Dieses Projekt errichtete ein innovatives<br />
soziales Unternehmen zur Entwicklung von<br />
online-basierten Angeboten für die lokale<br />
Sozialwirtschaft in den Regionen Rhone<br />
Alpes und Burgund. Alle Partner waren<br />
etablierte sozialwirtschaftliche Akteure, die<br />
vom Ressourcenzentrum AROBASE und<br />
der regionalen Plattform zum lebenslangen<br />
Lernen, La Ligue de l’Enseignement de<br />
Bourgogne, in Partnerschaft mit zwei<br />
transnationalen Partnern, IFREFORR (Italien)<br />
und ASFZ (Ungarn), geleitet wurden.<br />
Das Ziel des Projekts war es, zu untersuchen,<br />
wie die Sozialwirtschaft die Potenziale<br />
im Bereich neuer E-commerce-Dienste<br />
nutzen kann, vorhanden E-commerce-<br />
Schulungsmöglichkeiten zu testen und<br />
eine Reihe beruflicher Normen zu errichten<br />
(zur Verwendung in ganz Europa), um das<br />
Berufsbild eines ‘e-commerce operators’<br />
zu generieren.<br />
Der Kernansatz des Projekts bestand darin,<br />
die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für<br />
benachteiligte Personen zu identifizieren,<br />
d. h. die Fähigkeiten zu identifizieren, das<br />
sogenannte Online-Arbeiter benötigen,<br />
bzw. die lokalen Wirtschaftspotenziale<br />
zu identifizieren, die den Online-<br />
Handel nutzen könnten. Dies umfasst<br />
insbesondere lokal produzierte Weine<br />
und Nahrungsmittel, den Online-Vertrieb<br />
von Ausrüstungsgegenständen für die<br />
Nahrungsmittelproduktion und eine<br />
Vielzahl lokaler Handwerksprodukte.<br />
Das Ziel des Projekts war es, die<br />
Stigmatisierung von benachteiligten Personen<br />
zu bekämpfen. Zu diesem Zweck bekämpft<br />
das Projekt die Unterrepräsentation von<br />
Personen mit geringen Qualifikationen und<br />
anderen Benachteiligungen in dem Sektor.<br />
Das Projekt fördert den Menschen und<br />
dessen menschliche Eigenschaften bei der<br />
Entwicklung der Wirtschaft. Dies geschieht<br />
konkret durch flexible Online-Arbeit, gepaart<br />
mit individueller Betreuung<br />
und sozialer Beratung, wobei gleichzeitig<br />
ein Produktivitätsmaß aufrecht erhalten<br />
wird, das hinsichtlich der wirtschaftlichen<br />
Leistung keine Kompromisse zulässt. Im<br />
ersten Zyklus des Projekts wurden 13<br />
„e-commerce operators“ in Frankreich und<br />
17 weitere in Italien und Ungarn mittels der<br />
gleichen Online-Plattform geschult.<br />
Wasserzentrum Le Razay<br />
Dieses Projekt konzentriert sich auf den<br />
freien Zugang für die Kommune und die<br />
direkte Beteiligung am Management von<br />
Erholungseinrichtungen. Das Wasserzentrum<br />
befindet sich im Herzen der Halbinsel<br />
Guérandaise, 800 m vom Strand entfernt<br />
in einem Park von ca. fünf Hektar, und ist in<br />
zwei Teile unterteilt: ein im Außenbereich<br />
gelegenes Dorf und Kinderzentrum für<br />
Urlaubscamps.<br />
Im Jahre 1998 wurde eine entsprechende<br />
Kampagne gestartet, um einen abgedeckten,<br />
beheizbaren Swimmingpool zur Verwendung<br />
durch die Kommune zu bauen und dadurch<br />
den Tourismus und im lokalen Bereich die<br />
Möglichkeiten zum Aufbau von Unternehmen<br />
im Freizeitbereich zu fördern. Von der<br />
lokalen Behörde wurde im Jahre 2000 das<br />
entsprechende Budget festgelegt, worauf<br />
die Durchführung des Projekts mit direkter<br />
Hilfe der Kommune gestartet wurde. Im<br />
Jahre 2004 wurde die Anzahl der lokalen<br />
Verantwortlichkeiten, die am Management<br />
beteiligt waren, erweitert, sodass diese<br />
nun 22 Bereiche umfassten. Gleichzeitig<br />
wurden die Ressourcen ausgebaut und ein<br />
kommunales Forum eingerichtet, welches<br />
die Vision zur Endnutzung definierte, was<br />
wiederum eine sehr breite Einbindung der<br />
lokalen Anwohner bedeutete. Dieses Projekt<br />
ermöglichte es der Kommune, den Bau<br />
lokaler Einrichtungen im eigenen Sinn zu<br />
beeinflussen und einen Ort des gemeinsamen<br />
sozialen Miteinanders zu errichten.<br />
14
À propos de It’s <strong>Our</strong> Community<br />
‘Tell us your story’, Paris<br />
‘Tell us your story’ (Raconte-nous ton<br />
histoire) ist eine lokale kommunale<br />
Organisation, die Filme und Medien nutzt,<br />
um jungen Migranten Möglichkeiten<br />
aufzuzeigen und einzuräumen. Sie stellt<br />
die folgenden Dinge in den Mittelpunkt: a)<br />
Aufbau von Vertrauen der jungen Leute<br />
durch Kommunikation und b) die Entwicklung<br />
von Fähigkeiten unter Anwendung<br />
filmischer Mittel, die zu größeren beruflichen<br />
Möglichkeiten führen können. Dieses Projekt<br />
erschuf (aus entwicklungspsychologischer<br />
Sicht) in der lokalen Kommune eine Art von<br />
Eigenverantwortlichkeit, während sich die<br />
betreffenden Personen noch immer von<br />
ihrer lokalen kommunalen Organisation<br />
geschützt fühlten. Das Ziel des Projekts ist<br />
es, menschliche Werte zu entwickeln, lokale<br />
soziale Netzwerke zu vertiefen wie auch<br />
Integrationsproblematiken (einschließlich<br />
sozialer und religiöser Unterschiede)<br />
durch einen Geist der Offenheit und<br />
Zusammenarbeit zu überwinden.<br />
Die Organisation wird als lokale Vereinigung<br />
betrieben, ist aber in der Lage, die<br />
Führungsstruktur durch eine breitere<br />
Einbindung der kommunalen Mitglieder<br />
auszuweiten. Die lokale Kommune wird<br />
aktiv zur Teilnahme ermutigt und spielt in<br />
der Vorgabe der strategischen Richtung<br />
und Auswahl des Führungsmodells eine<br />
dynamische Rolle. Dies umfasst auch<br />
regelmäßige Rückmeldungen zu den<br />
breiteren Auswirkungen des Projekts<br />
im lokalen Bereich.<br />
Deutschland<br />
Die Wiesbaden Stiftung (BSW)<br />
Die Wiesbaden Stiftung (BSW) ist eine<br />
bürgerliche Stiftung, die im September<br />
2003 auf Ansinnen von Einzelpersonen und<br />
gemeinnützigen Vereinigungen gegründet<br />
wurde. Gleichzeitig wird sie von der Stadt<br />
als eine Art kommunale Stiftung der Bürger<br />
von Wiesbaden zugunsten ihrer Stadt<br />
und der Region unterstützt. Sie wurde aus<br />
dem Wunsch heraus gegründet, eine neue<br />
unabhängige Plattform für ehrenamtliche<br />
Dienste in der Stadt zu errichten, um die<br />
Ideen und Interessen der Bürger öffentlicher<br />
zu machen und um die Chancen ihrer<br />
Umsetzung zu erhöhen. Zu Beginn gab es<br />
21 Gründungsspenden mit einem Start-up-<br />
Kapital von ca. 200.000 Euro. Momentan<br />
besitzt die bürgeliche Stiftung Werte von<br />
ca. einer Millionen Euro.<br />
Die BSW ist politisch und finanziell<br />
unabhängig. In den vergangenen fünf Jahren<br />
wurden so verschiedene Projekte eingeleitet<br />
und organisiert. Einige von diesen waren<br />
Vorbild für ähnliche bürgerliche Stiftungen in<br />
anderen Städten in Deutschland. Momentan<br />
unterstützen ca. 90 Spender die Stiftung.<br />
Sie haben die gleichen Rechte wie die<br />
entsprechenden Interessensvertreter,<br />
können aber nicht allein entscheiden, welche<br />
Projekte ausgeführt werden. Der Vorstand ist<br />
verantwortlich für das Treffen entsprechender<br />
Entscheidungen. Die Stiftung beteiligt<br />
die kommunalen Interessensvertreter an<br />
der Stimulierung neuer Projekte und trifft<br />
sich regelmäßig mit Mitgliedern externer<br />
kommunaler Vereinigungen.<br />
Die Vision der Stiftung ist es, alle schon<br />
vorhandenen Projekte in nachhaltige Projekte<br />
zu verwandeln und die Menschen aus der<br />
lokalen Zivilgesellschaft so auszubilden,<br />
dass sie Entscheidungen zusammen mit<br />
den Führern der Stadt treffen können (wie<br />
auch Planern und Architekten), um die<br />
die Qualität des Stadtlebens für alle zu<br />
verbessern. Die Erwartung ist, dass sich<br />
die BSW auch in Zukunft als willkommene<br />
Plattform für bürgerliches Engagement in<br />
der Stadt etablieren kann und Gespräche zu<br />
Problematiken stimuliert, die die Stadt nicht<br />
adressieren kann oder will.<br />
Die Kooperative „Elektrizitatswerke<br />
Schonau“ (EWS)<br />
Die Kooperative „Elektrizitätswerke Schönau“<br />
(EWS) betreibt das Energieversorgungsnetz<br />
in Schönau, im Schwarzwald (Baden<br />
Württemberg), und beliefert landesweit<br />
mehr als 100.000 Haushalte, Geschäfte<br />
und Industrieunternehmen mit sauberer<br />
Elektrizität . Die EWS stammen aus<br />
einer bürgerlichen Vereinigung und<br />
sind verpflichtet, strenge ökologische<br />
Vorschriften einzuhalten. Das Management<br />
und die Miteigentümer sind nicht auf die<br />
15
À propos de It’s <strong>Our</strong> Community<br />
Maximierung des Profits fokussiert, sondern<br />
konzentrieren sich darauf, in eine nachhaltige<br />
Energieerzeugung und -versorgung zu<br />
investieren. Das Modell bricht die traditionelle<br />
Beziehung zwischen Energielieferanten und<br />
Kunden auf, indem die Bürger von Kunden<br />
zu Partnern werden <strong>–</strong> als Miterzeuger, als<br />
Interessenvertreter und als Mitentscheider<br />
(Basisdemokratie).<br />
Die kombinierten Einrichtungen der EWS<br />
(Energie- und Wärmeanbindung, Solar,<br />
kleine Wasserkraft- und Biogasanlagen wie<br />
auch zwei Windturbinen) haben zusammen<br />
ein Leistungssoll von 9,6 MW und einen<br />
erwarteten Jahresertrag von ca. 15 Million<br />
kWh Elektrizität. Im Vergleich mit der<br />
herkömmlichen Elektrizitätserzeugung spart<br />
dies 7.500 Tonnen CO2 und verhindert die<br />
Produktion von 12.000 g radioaktiven Abfalls.<br />
Durch das Bemühen der Bürgerinitiative<br />
wurde etwas Neues erreicht, das bis dahin<br />
als absolut unmöglich galt: Die<br />
Bereitstellung von Energie durch ein<br />
Elektrizitätsunternehmen im Besitz<br />
der Bürger an eine Gemeinde und eine<br />
ganze Region. Mit Kreativität, diversen<br />
Partnerschaften und Kooperationen,<br />
mit Transparenz und besonders mit<br />
demokratischer Legitimität und der<br />
Unterstützung der Öffentlichkeit wurde<br />
die Idee einer dezentralisierten ökologischen<br />
Energieversorgung gegen den massiven<br />
Widerstand von Regierung und Wirtschaft<br />
realisiert.<br />
Das Schönauer Modell spielt eine<br />
Vorreiterrolle, wenn es darum geht,<br />
umsetzbare Lösungen aufzuzeigen, wie<br />
man dezentralisierte Versorgungsstrukturen<br />
umsetzt. Darüber hinaus hat der Erfolg<br />
der EWS das Entstehen zahlreicher<br />
Energiekooperativen in ganz Deutschland<br />
inspiriert.<br />
Partnersenioren in Schulen (Senior<br />
Partners in Schools, SiS)<br />
Die Idee des SiS besteht darin, ältere<br />
Bürger als Schulmediatoren zu schulen,<br />
um Kindern und jungen Leuten in Schulen<br />
zu helfen, eigene Konflikte ohne Gewalt zu<br />
lösen und um ihre persönlichen und sozialen<br />
Kompetenzen zu stärken. Der innovative<br />
Beitrag des SiS liegt im praktischen Einfluss<br />
auf die Schulen, als außenstehender Partner<br />
in der Schulhierarchie eingebunden und<br />
anerkannt zu werden. Die Schule kann als<br />
eine Art hybride Organisation angesehen<br />
werden, d. h. teilweise staatlich, teilweise als<br />
soziales Unternehmen, und wird mehr in die<br />
Zivilgesellschaft eingebettet.<br />
Das Projekt begann anfänglich im Jahr 2001<br />
in zwei Schulen in Berlin und wird nun mit<br />
der Teilnahme von 250 Partnersenioren<br />
allein in Berlin in über 50 Schulen in Berlin<br />
durchgeführt. Das Projekt hilft den Schulen,<br />
externen Partnern offen gegenüber zu<br />
stehen und mit diesen zusammenzuarbeiten.<br />
Momentan wird das Projekt in 11 anderen<br />
deutschen Bundesstaaten eingeführt.<br />
Die Mitglieder des SiS sind ältere Menschen,<br />
die ihre Zeit und Lebenserfahrungen dem<br />
Kontext der bürgerlichen Einbindung und<br />
ehrenamtlichen Arbeit widmen. Sie bilden<br />
eine Brücke zwischen den älteren und<br />
jüngeren Generationen. Dies fördert die<br />
Entwicklung eines besseren Verständnisses<br />
zwischen Jung und Alt, eine gewaltfreie<br />
Konfliktlösung in Schulen, bessere<br />
Schulabschlüsse und lebenslanges Lernen<br />
für die Partnersenioren.<br />
16
À propos de It’s <strong>Our</strong> Community<br />
Portugal<br />
Associação para o Desenvolvimento do<br />
Concelho de Moura (Vereinigung zur<br />
Entwicklung der Gemeinde von Moura)<br />
(ADC MOURA)<br />
ADC MOURA ist eine kommunale<br />
Vereinigung mit Sitz in der Gemeinde von<br />
Moura, einer ländlichen Region im Südosten<br />
von Portugal, der historisch bedingt arm<br />
und unterentwickelt ist. Die Vereinigung<br />
wurde 1993 von lokalen kommunalen<br />
Arbeitern und Anwohnern gegründet, um<br />
dem Rückgang der kleinen Dörfer der<br />
Region entgegenzuwirken und die lokale<br />
Entwicklung und kommunale Einbindung zu<br />
fördern. ADC Moura ist eine gemeinnützige<br />
Organisation, die von den Grundsätzen<br />
einer „lokalen Entwicklung“, der „Sozialund<br />
Solidarwirtschaft“ und „gleichen<br />
Möglichkeiten“ inspiriert ist.<br />
Die wichtigsten Ziele von ADC Moura lauten:<br />
durch die Förderung von Unternehmen,<br />
lokalen Wirtschaftseinheiten und<br />
Anstellungsverhältnissen einen Beitrag zur<br />
wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und<br />
Innovation von ländlichen und schwachen<br />
Territorien zu leisten; die natürlichen<br />
und kulturellen Güter zu bewahren und<br />
zu schätzen; das Umweltbewusstsein<br />
durch Bildung zu schärfen; den<br />
gleichberechtigten Zugang zu allen sozialen,<br />
bildungstechnischen, gesundheitlichen und<br />
kulturellen Dienstleistungen zu ebnen und<br />
zu sichern; den sozialen Zusammenhalt und<br />
die Einbindung der Bürger zu fördern.<br />
Im Großen und Ganzen besteht der Zweck<br />
darin, die integrierte lokale Entwicklung (über<br />
verschiedene Bereiche) in den betreffenden<br />
ländlichen Gebieten zu fördern. Das Ziel ist<br />
es, dass die gesamte Kommune profitiert und<br />
dass durch gezielte Projekte die schwachen<br />
unterrepräsentierten Gruppen und Menschen<br />
wie z. B. ländlichen Kommunen (kleinen<br />
Dörfer, die unter Abwanderung leiden),<br />
Kommunen der Sinti und Roma, die sich<br />
inoffiziell in der Gemeinde niedergelassen<br />
haben, und Schüler, Studenten und Eltern<br />
unterstützen.<br />
Associação Tempo de Mudar para o<br />
Desenvolvimento do Bairro dos Lóios<br />
(Vereinigung “Time for a Change” zur<br />
Entwicklung von Lóios) (ATM)<br />
ATM ist eine gemeinnützige Organisation, die<br />
von Anwohnern und lokalen Geschäftsleuten<br />
von Lóios gegründet wurde, um die<br />
Interessen der Kommune sicherzustellen.<br />
Loios ist eine öffentliche soziale Wohnanlage<br />
im Bezirk Marvila, Lissabon. Ein Großteil<br />
der Wohnsiedlung wird seit 1977 von der<br />
Lissaboner Gemeindeverwaltung verwaltet,<br />
ein anderer Teil wurde später gebaut<br />
und befindet sich noch immer unter der<br />
Verwaltung der zentralen Regierungsorgane,<br />
die für den Wohnungsbau und<br />
städtischen Wiederaufbau verantwortlich<br />
ist. In der Nachbarschaft existiert<br />
wohngemeinschaftliche Kooperative.<br />
ATM verwaltet Dienste wie z. B. den<br />
Kindergarten und die Vorschule von<br />
“Tempo de Mudar”, die von der Lissaboner<br />
Gemeindeverwaltung errichtet wurde,<br />
und ist für die Förderung der politischen,<br />
wirtschaftlichen und anstellungstechnischen<br />
Interessen der Kommunen und<br />
Entwicklungen im Bereich Kultur, Sport und<br />
Erholung verantwortlich.<br />
ATM befasst sich mit den Werten und der<br />
Mission einer lokalen Entwicklung und<br />
versucht dabei, einen Beitrag zum Wohl der<br />
Kommune und städtischen Nachhaltigkeit zu<br />
leisten. Dies geschieht durch die Einbindung<br />
und Motivation von Anwohnern und<br />
Geschäftsleuten und durch Partnerschaften<br />
mit öffentlichen Wohngesellschafften und/<br />
oder Regierungsbehörden.<br />
Associação para a Valorização Ambiental<br />
da Alta de Lisboa (Vereinigung für<br />
umweltbezogene Verbesserungen in<br />
Alta de Lisboa (AVAal)<br />
AVAal ist eine gemeinnützige Organisation,<br />
die im Jahre 2009 gegründet wurde<br />
und aufgrund verschiedener Interessen<br />
von Personen entstand, die in Alta de<br />
Lisboa zusammenkamen. Alta de Lisboa<br />
ist ein neues Wohngebiet im nördlichen<br />
Teil von Lissabon, das eine Mischung<br />
17
À propos de It’s <strong>Our</strong> Community<br />
aus sozialen Wohnungen (die gebaut<br />
wurden, um Anwohner aus ehemaligen<br />
prekären Wohngegenden oder Slums<br />
wiedereinzugliedern) und Wohnungen<br />
bzw. Häusern in Privatbesitz ist, die auf<br />
die obere Mittelklasse ausgerichtet ist. Das<br />
Gebiet ist 10 Jahre alt und bietet ca. 2000<br />
Anwohnern Platz.<br />
AVAal führt die folgenden Hauptaktivitäten<br />
aus: Förderung städtischer<br />
landwirtschaftlicher Aktivitäten im<br />
Landwirtschaftspark von Alta de Lisboa;<br />
Organisation von Workshops, Konferenzen<br />
und praktischen Unterrichtseinheiten<br />
zu bürgerlichem Umweltschutz und<br />
Permakulturen; Durchführung anderer<br />
Projekte, die bürgerlichen Umweltschutz<br />
und die Motivationen der Anwohner<br />
in der kommunalen Entwicklung<br />
zusammenbringen. Bsp. sind die<br />
Organisation von Schulbauernhöfen,<br />
Versammlung (soziales Wohnen) der<br />
Mieter, Pflege der Allgemeinplätze der<br />
Gebäude und freiwillige Reinigung der<br />
Nachbarschaft etc.<br />
Die wichtigsten Zielstellungen von AVAal<br />
bestehen darin, die Ziele zur nachhaltigen<br />
Entwicklung, kommunalen Entwicklung<br />
und Einbindung der Bürger in der<br />
Stadtentwicklung zu kombinieren.<br />
Cooperativa “Terra Chã” <strong>–</strong> Desenvolvimento<br />
Local, Artesanato e Serviços, (“Terra Chã”<br />
Cooperative <strong>–</strong> Lokalentwicklung, Handwerk<br />
und Dienstleistungen)<br />
Die wichtigsten Aktivitäten der Kooperative<br />
Terra Chã finden in und um das Dorf<br />
von Chãos statt, welches sich im Herzen<br />
von Portugal (ca. 100 km im Norden von<br />
Lissabon) in der Gemeinde von Rio Maior<br />
befindet. Diese Aktivitäten umfassen das<br />
Gebirgsgebiet der Serra d’Aire e Candeeiros,<br />
welches ein Nationalpark mit einer Fläche von<br />
ca. 600 km2 ist. Die Kooperative beschäftigt<br />
sechs bezahlte und eine Reihe freiwilliger<br />
Arbeiter.<br />
Die Aktivitäten und Dienstleistungen<br />
von Terra Chã’s sind sehr verschieden<br />
und umfassen folgende Prozesse:<br />
Dienstleistungen im Gastgewerbe<br />
(Unterbringung und Restaurant);<br />
naturnaher Tourismus wie z. B. Wandern<br />
und Spaziergänge, Tierbeobachtungen,<br />
Abenteuersport (Abseilen, Bergsteigen)<br />
und Höhlenforschung; weidewirtschaftliche<br />
Aktivitäten (z. B. Halten einer Herde von<br />
120 Ziegen der Kommune); biologische<br />
Aktivitäten wie z. B. Bienenzucht/<br />
Bienenhaltung (mit einem Netzwerk<br />
von Bienenzüchtern und einer zentralen<br />
kommunalen Honigproduktion);<br />
Handwerkskunst; Webeworkshops; Unterricht<br />
in ICT und Erwachsenenbildung.<br />
Die Aktivitäten werden mit dem Ziel<br />
ausgeführt, entsprechende Bedingungen für<br />
eine nachhaltige Entwicklung in der Region,<br />
insbesondere zur Bewahrung der Natur, zu<br />
erschaffen. Terra Chã versucht auch, lokale<br />
Güter und das lokale Erbe anzuerkennen<br />
und zu fördern und die Lebensqualität<br />
der Kommune zu verbessern und die<br />
smarte Verteilung lokaler Ressourcen zu<br />
ermöglichen.<br />
Vereinigtes Königreich (England)<br />
Die Kohlenstoff-Kooperative (Carbon<br />
Co-op)<br />
Die Kohlenstoff-Kooperative ist eine<br />
Kooperative zum Vorteil der Kommune,<br />
die die Entwicklung von Maßnahmen<br />
zur Kohlenstoffverringerung fördert und<br />
die darauf abzielt, die Komplexität der<br />
Verringerung des Energieverbrauchs<br />
von Haushalten zu entmystifizieren. Die<br />
Kohlenstoff-Kooperative arbeitet auf<br />
Straßen- und Nachbarschaftsebene und<br />
ermöglicht es Haushalten, Straßenzügen<br />
und Nachbarschaften in unproblematischer<br />
Weise zusammenzukommen, um ihre Häuser<br />
durch den Kauf von kohlenstoffarmen<br />
und energiesparender Ausrüstungen<br />
nachzurüsten. Da sich die Kooperative im<br />
Besitz ihrer Mitglieder befindet, werden alle<br />
erwirtschafteten Gewinne auch wieder in die<br />
Kooperative reinvestiert.<br />
Das Hauptziel der Kohlenstoff-Kooperative<br />
ist es, die Kontrolle in der Erzeugung und<br />
Nutzung von Energie zu übernehmen,<br />
18
À propos de It’s <strong>Our</strong> Community<br />
um die Menschen dabei zu unterstützen,<br />
einen nachhaltigeren Lebensstil zu<br />
führen. Dies soll dadurch umgesetzt<br />
werden, indem untersucht wird, wie die<br />
Menschen auf verschiedene Weise ihre<br />
Kohlenstoffemissionen reduzieren können.<br />
Zu Beginn steht hier die Verringerung des<br />
Energiebedarfs der Haushalte, die durch<br />
eine klare und einfache Kommunikation<br />
(ohne Fachsprache) ermöglicht wird, um<br />
Einzelpersonen so in die Lage zu versetzen,<br />
die Änderungen auch umsetzen zu können.<br />
Die Glaubwürdigkeit und das Maß an<br />
Vertrauen, die die Kooperative bei den<br />
Kommunen und den Behörden gewonnen<br />
hat, sind deren größte Leistungen. Die<br />
Kooperative hat tausenden Menschen in der<br />
südlichen Region von Manchester geholfen,<br />
den Kohlenstoffverbrauch im Haushalt zu<br />
verringern. Dies geschah durch die Erstellung<br />
von Handbüchern, durch Workshops zum<br />
Thema Energiesparen und Ausflügen<br />
mit Bussen zu den innovativsten und<br />
nachhaltigsten Häusern in der Umgebung<br />
von Manchester.<br />
Die Eisenbahnpartnerschaft der Kommune<br />
von Marston Vale (MVCRP)<br />
Die Eisenbahnlinie Marston Vale von<br />
Bedford nach Bletchley ist eine von<br />
vielen Eisenbahnlinien in England,<br />
die vom Verkehrsministerium als<br />
kommunaler Eisenbahndienst deklariert<br />
wurden. Wie alle anderen kommunalen<br />
Eisenbahnpartnerschaften fungiert auch die<br />
kommunale Eisenbahnpartnerschaft Marston<br />
Vale als Bindeglied zwischen den lokalen<br />
Kommunen und der Eisenbahnbranche, um<br />
bessere bahnbezogene Dienstleistungen<br />
erbringen zu können.<br />
Die Linie von Bletchley nach Bedford litt viele<br />
Jahre an zu geringen Investitionsmitteln und<br />
einem Rückgang der Zahl der Zugreisenden.<br />
Im Jahr 1998 trafen sich verschiedene<br />
lokale Behörden und die Eisenbahnbranche<br />
inoffiziell unter der Federführung der Gruppe<br />
zur Eisenbahnentwicklung Marston Vale, um<br />
mögliche Verbesserungen zu diskutieren.<br />
Die Linie wurde im November 2006 vom<br />
damaligen Eisenbahnminister offiziell als<br />
kommunaler Eisenbahndienst bezeichnet.<br />
Im Februar 2007 wurde die MVCRP formell<br />
gegründet.<br />
Die wichtigsten Ziele von MVCRP sind:<br />
die Erhöhung der Fahrgastzahlen und<br />
verbesserte Profilentwicklung der Marston<br />
Vale Linie, die Maximierung der kommunalen<br />
Einbindung, die Entwicklung und Förderung<br />
des Bahnreiseverkehrs für Anwohner,<br />
Besucher, geschäftliche Nutzer und<br />
Schulkinder, die Schaffung von Möglichkeiten<br />
für lokale Kommunen zur Verbesserung<br />
ihres wirtschaftlichen, sozialen und<br />
umweltbezogenen Wohlergehens und die<br />
Entwicklung der Eisenbahn, um diese mittelbis<br />
langfristig auf eine nachhaltigere Basis<br />
zu stellen.<br />
Die Arbeit des MVCRP hat zum Anstieg<br />
der Fahrgastzahlen beigetragen <strong>–</strong> die<br />
Schirmherrschaft der Linie hat sich deutlich<br />
über dem nationalen Trend entwickelt und<br />
steigt auch weiter an. Durch ihr dauerhaftes<br />
Bemühen um die kommunale Einbindung<br />
sehen sowohl Nutzer als auch die breitere<br />
Kommune die Linie in einem positiveren Licht.<br />
Organiclea<br />
Organiclea ist eine Arbeiterkooperative zum<br />
Anbau und Vertrieb von Nahrungsmitteln.<br />
Die Kooperative befindet sich im Bezirk von<br />
Waltham Forest im Nordosten von London<br />
und ist innerhalb der lokalen Kommune<br />
tätig. Sie kann vier wachsende Standorte<br />
im Gebiet, ein Programm zur Lieferung von<br />
Fast-Food-Produkten und einem Marktstand<br />
auf der lokalen Haupteinkaufsstraße<br />
aufweisen. Das Einkommen beläuft sich<br />
aus dem Verkauf der eigenen Produkte,<br />
durch Subventionsmittel und gesetzliche<br />
Verträge mit lokalen Gesundheits- und<br />
Sozialorganisationen auf ca. £250.000.<br />
Organiclea begann in einer sehr informellen<br />
Weise <strong>–</strong> es wurde von vier bis fünf Personen<br />
gegründet, die sich entschieden haben,<br />
ein Stück Land zu finden, um ihre eigenen<br />
Nahrungsmittel anzubauen. Mit Wachsen der<br />
Organisation hat sich auch deren Mission in<br />
die Richtung erweitert, eine stärkere lokale<br />
Nahrungsmittelwirtschaft aufzubauen und<br />
Maßnahmen in Richtung einer gerechteren<br />
und nachhaltigeren Gesellschaft einzuleiten.<br />
19
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Die wichtigste Zielstellung von Organiclea<br />
ist es, Nahrungsmittel lokal zu produzieren<br />
und zu vertreiben und andere dazu zu<br />
inspirieren bzw. zu unterstützen, Gleiches<br />
zu tun. Die Kooperative hofft, die lokale<br />
Wirtschaft durch die Bereitstellung von<br />
Anstellungsmöglichkeiten, Möglichkeiten<br />
zur persönlichen Weiterentwicklung,<br />
Schulungen und die Arbeit in Partnerschaften<br />
mit anderen lokalen Organisationen<br />
und Unternehmen zu stimulieren. Ihre<br />
Aktivitäten fallen unter drei Bereiche:<br />
Anbau von Nahrungsmitteln, Vertrieb der<br />
Nahrungsmittel und die Ausweitung von<br />
Projekten auf marginalisierte Mitglieder der<br />
lokalen Kommune.<br />
Organiclea war in der Lage, viele<br />
verschiedene Interessenvertreter einzubinden<br />
und regte die Nutzung und Entwicklung<br />
einer Reihe von Möglichkeiten an, die<br />
vom Gartenbau bis hin zu geschäftlichen<br />
Interessen reichen. Alle dieser Aktivitäten<br />
bleiben dabei stets auf die Kommune<br />
fokussiert. Die drei Projektbereiche der<br />
Organisation umfassen die Arbeit mit<br />
Freiwilligen, Kunden und Partnern aus<br />
dem Gebiet.<br />
Die Untersuchungsergebnisse<br />
Die Fallstudien zeigen, dass sich selbst unter<br />
ziemlich verschiedenen länderspezifischen<br />
Kontexten eine ganze Reihe allgemeingültiger<br />
Problematiken und Möglichkeiten für eine<br />
kommunale Initiative zeigen, auf Basis<br />
welche dieser sich entwickeln und gedeihen<br />
können. Dieser Abschnitt untersucht einige<br />
der Komponenten, die über alle Fallstudien<br />
hinweg zu finden sind, und die es den<br />
Kommunen ermöglicht haben, sich von<br />
ihren anfänglichen Wurzeln zu offiziellen<br />
Entitäten zu entwickeln und eine langfristige<br />
nachhaltige und blühende Entwicklung<br />
einzuschlagen.<br />
Die Anfänge<br />
Die Motivationen<br />
Das große Interesse an den kommunalen<br />
Initiativen kommt teilweise von einem<br />
gestiegenen Bewusstsein von den großen<br />
und komplexen Problemen, denen sich die<br />
Kommunen in ganz Europa gegenübersehen.<br />
Es ist heute eine allgemein vertretene<br />
Annahme, dass die Lösungen zu diesen<br />
Problematiken nicht einfach durch<br />
allgemeine „top-down“ Maßnahmen<br />
sondern eher durch lokal ausgerichtete<br />
von Bürgern unternommene Reaktionen<br />
und Verhaltensänderungen adressiert<br />
werden können.<br />
Kommunale Projekte sind kontextspezifisch,<br />
sie reagieren auf den Wunsch oder die<br />
Motivation einer Kommune, deren Interessen<br />
und Werte oder versuchen, eine Lücke<br />
zu schließen oder ein Problem zu lösen.<br />
Viele der „It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> Fallstudien<br />
wurden als Antwort auf größere soziale/<br />
wirtschaftliche/kulturelle „Probleme“<br />
entwickelt, die sich in ganz Europa zeigen.<br />
Diese umfassen:<br />
• Wirtschaftlich <strong>–</strong> eine fragile Finanzsituation<br />
und hohe Schulden für Regierungen,<br />
Unternehmen, Kommunen und<br />
Haushalte, hohe Arbeitslosigkeit<br />
und Unterbeschäftigung und eine<br />
zurückgehende wirtschaftlich aktive<br />
Bevölkerung.<br />
• Sozial <strong>–</strong> hohe und viele Dimensionen<br />
an Armut und Ausschluss, erhöhte<br />
Verletzlichkeit von Jung und Alt,<br />
schlecht ausgebildete und vorzeitige<br />
Schulabgänger, Rassismus und eine noch<br />
immer etablierte Geschlechtertrennung.<br />
• Umwelt <strong>–</strong> eine übergroße Abhängigkeit<br />
von fossilen Brennstoffen, ein erhöhter<br />
globaler Wettbewerb im Bereich<br />
natürlicher Ressourcen und die<br />
Auswirkungen des Klimawandels.<br />
20
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Die Fallstudien zeigen, wie Bürger<br />
zur Teilnahme an einem Projekt<br />
motiviert werden können, wenn es<br />
klare Verbindungen zwischen dem<br />
gibt, was sie tun und den zwingenden<br />
Problematiken des Tagesgeschäfts. Im<br />
Fall der Energiekooperative EWS war<br />
die Initiative in der Lage, die Aktualität<br />
bürgerlicher Energiekonzepte, die<br />
Stimmung nach der Katastrophe von<br />
Chernobyl und das Wohlwollen der Bürger<br />
von Schönau bezüglich der Kampagne<br />
für eine nuklearfreie und nachhaltige<br />
Energieversorgung auszunutzen. Der Erwerb<br />
des lokalen Energieversorgungsnetzes<br />
war eine außergewöhnliche Leistung und<br />
wäre ohne die Bemühungen der 750<br />
Einzelpersonen und tausend anderen<br />
Aktiven durch die bundesweite Kampagne<br />
„Ich bin ein Störfall“ nicht möglich gewesen.<br />
Das Projekt zur Kohlenstoff-Kooperative im<br />
Vereinigten Königreich ist eine vergleichbare<br />
Antwort auf ähnliche umweltbezogene<br />
Problematiken, welche durch den Erwerb<br />
von kohlenstoffarmer und energiesparender<br />
Ausrüstung durch die Kommune<br />
gekennzeichnet ist.<br />
Zwei der portugiesischen Beispiele, ADC<br />
MOURA und Terra Chã, haben gezeigt, dass<br />
Bürger aufgrund ihrer Besorgnis motiviert<br />
waren, dass ihre ländliche Kultur aufgrund<br />
der Massenabwanderung aus den kleinen<br />
Dörfern verloren gehen könnte. Gleichzeitig<br />
waren sie über die daraus resultierenden<br />
Auswirkungen auf das lokale Erbe, die<br />
Lebensqualität und die Wirtschaft besorgt.<br />
Das französische Bsp. „Tell Us Your Story“<br />
galt als Basisansatz zur Lösung einiger<br />
der durch Immigration hervorgerufenen<br />
Problematiken. Die 30 freiwilligen Mitglieder<br />
der Kommune arbeiten mit jungen<br />
Immigranten und unterstützen durch diese<br />
Arbeit das Wohlergehen der gesamten<br />
Kommune.<br />
Maßnahmen von oben (top-down) oder<br />
von unten (bottom up)?<br />
Durch ein Verständnis, woher die Initiative<br />
für das kommunale Projekt eigentlich<br />
stammt, können wir eine Unterscheidung<br />
zwischen den „top-down“ (von der<br />
Regierung verordnet) und „bottom-up“<br />
(von der Kommune verordnet) Aktivitäten<br />
treffen. Größtenteils stammen die „It’s<br />
<strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> Fallstudien aus „bottomup“<br />
Initiativen, was allerdings nicht<br />
heißt, die Rolle der Regierung an der<br />
Unterstützung der Bewegung in Richtung<br />
lokalerer kommunaler Projekte und<br />
Lösungen zu sozialen, wirtschaftlichen und<br />
umweltbezogenen Problemen, denen wir<br />
uns in ganz Europa gegenübersehen, bzw.<br />
ihre Rolle in der Bereitstellung praktischer<br />
Unterstützungsleistungen, die eingeleitet<br />
werden, um solche Projekte in Gang zu<br />
bringen, zu schmälern.<br />
Der „Top down“ Einfluss kann in zwei<br />
Kategorien unterteilt werden:<br />
1. Positive Maßnahmen: die Behörde<br />
leitet Maßnahmen ein, um einen Anreiz<br />
für kommunale Eigenverantwortung<br />
zu schaffen, z. B. gemeindliche<br />
Steuervergünstigungen, Behördenzeiten,<br />
Subventionen und Verträge.<br />
2. Negative Maßnahmen: Maßnahmen von<br />
Behörden wie z. B. die Aussetzung eines<br />
Dienstes oder Einsparungen, die ein<br />
Vakuum erschaffen, das nach Empfinden<br />
der Kommune zu füllen ist.<br />
In einigen der europäischen Länder fördern<br />
politische Entscheidungen und neue<br />
Gesetze ein erhöhtes Maß an kommunaler<br />
Eigenständigkeit im Bereich der Erbringung<br />
von Dienstleistungen. Auch Regierungen<br />
suchen vermehrt nach neuen Ansätzen, wie<br />
die oben dargelegten Herausforderungen in<br />
Wegen adressiert werden können, die eine<br />
größere Einbindung der Kommune in der<br />
Erbringung und Verwaltung von Diensten<br />
ermöglicht und sogar fördert.<br />
21
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Darüber hinaus müssen, da die<br />
Regierungsentscheidungen zum Abbau<br />
ihrer nationalen Defizite eine Verringerung<br />
öffentlicher Ausgaben bedingen,<br />
die kommunalen Dienstleistungen<br />
unweigerlich die Kosten dafür tragen<br />
müssen. Insbesondere werden in ganz<br />
Europa diejenigen Dienstleistungen, die<br />
die physische, mentale, kulturelle und<br />
soziale Kompetenz von Einzelpersonen<br />
verbessern sollten, damit diese wieder<br />
vollständig an der Gesellschaft teilnehmen<br />
und unabhängige Leben führen können,<br />
ernsthaft durch aktuelle wirtschaftliche<br />
Umstände herausgefordert bzw. gefährdet.<br />
Verstärkt wird diese Tendenz durch eine<br />
gestiegene Nachfrage aufgrund einer<br />
alternden Bevölkerung und eine höhere<br />
Arbeitslosigkeit. Die Zivilgesellschaft muss<br />
hier in verstärktem Maße Verantwortung<br />
tragen, d.h. einschreiten, um die Erbringung<br />
regulärer staatlicher Dienstleistungen<br />
nicht nur zu erbringen sondern auch<br />
weiterzuentwickeln, um neue, lokale<br />
kostengünstigere Lösungen bereitzustellen.<br />
Von all den Ländern in diesem Bericht wurde<br />
die Finanzkrise am ehesten von Portugal<br />
gespürt, welches sich in einem geringeren<br />
Vertrauen der Bürger in ihre Regierung<br />
zeigte. Hierdurch konnte diese durch<br />
entsprechende demokratische Prozesse<br />
nicht mehr die bisher gekannten<br />
Wirkungen erzielen.<br />
Der Rückgang der Staatsausgaben aus<br />
budgetbezogenen Gründen und die<br />
politischen Sparmaßnahmen, die durch<br />
die troika 9 auferlegt wurden, werden durch<br />
einen umfassenden Rückgang der Rolle<br />
des Staates in der Wirtschaft begleitet. Es<br />
kann tatsächlich vorausgesagt werden, dass<br />
Beiträge der öffentlichen Politik und sozialer<br />
Finanzierungsprogramme in der nahen<br />
Zukunft zurückgehen werden und größere<br />
Schwierigkeiten bezüglich der Nachhaltigkeit<br />
sozialer Projekte und Organisationen mit<br />
sich bringt.<br />
In der Geschichte des deutschen<br />
Wohlfahrtsstaates hat es schon immer<br />
eine enge Zusammenarbeit zwischen<br />
staatlichen Institutionen als Garant des<br />
Allgemeinwohls und zivilgesellschaftlichen<br />
Organisationen (insbesondere in Form<br />
von Wohltätigkeitsvereinigungen) als<br />
Dienstleister und Vorteilserbringer des<br />
Wohlfahrtstaates gegeben. In Frankreich<br />
stellen wir eine vermehrte Anwendung des<br />
hybriden Projektansatzes fest, der Projekte<br />
nutzt, die gemeinsam mit dem öffentlichen<br />
Sektor und der Sozialwirtschaft entwickelt<br />
wurden. Wenn Bürger zusätzliche Dienste<br />
erbringen, die in Zusammenhang mit<br />
Ausbildung oder Gesundheit (Dienste,<br />
die als sozial nützlich angesehen werden)<br />
stehen, werden diese für gewöhnlich von<br />
öffentlichen Institutionen unterstützt, die<br />
entsprechende Verantwortungsstrukturen<br />
etablieren wollen. Die staatliche Einbindung<br />
sollte die Autonomie des einzelnen Projekts<br />
allerdings nicht einschränken, aber es<br />
existieren dennoch viele Organisationen auf<br />
Basis dieses hybriden Modells, in welchem<br />
der Staat in seiner Rolle als unabhängiger<br />
Gutachter noch oft als verantwortliche<br />
Institution fungiert.<br />
Im Vereinigten Königreich versucht die<br />
„Big Society Agenda“ der Koalitionsregierung<br />
die Zivilgesellschaft zu fördern, indem<br />
Kommunen neue Rechte wie z. B. das Recht<br />
zur Ausschreibung und Durchführung von<br />
lokalen behördlichen Dienstleistungen<br />
gegeben wurden.<br />
22
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Lokale Werte<br />
<strong>Eine</strong> kommunale Initiative muss mit den<br />
Ressourcen und Werten arbeiten, die<br />
schon in der lokalen Kommune vorhanden<br />
sind. <strong>Eine</strong> erfolgreiche Organisation bzw.<br />
Initiative arbeitet mit den entsprechenden<br />
Vertriebspunkten des jeweiligen lokalen<br />
Bereiches und erkennt, was die Werte der<br />
lokalen Kommune sind, um diese als lokale<br />
Ressource im eigenen Sinne zu entwickeln.<br />
Werte und Ressourcen können physische<br />
Gegenstände wie z. B. Gebäude oder auch<br />
nicht physische Dinge wie z. B. kulturelle und<br />
gemeinsame Traditionen oder menschliche<br />
Eigenschaften wie z. B. die Fähigkeiten einer<br />
Person und Erfahrungen (dieser Punkt wird<br />
in weiteren Details im Abschnitt Menschen<br />
beschrieben) sein. Durch diese Studie haben<br />
wir verschiedene Wege identifiziert, in denen<br />
eine kommunale Initiative mit lokalen Werten<br />
und Ressourcen arbeitet:<br />
Manchmal sind diese Werte schon<br />
vorhanden und bieten ein starkes<br />
Fundament, auf dem Sie Ihr Projekt<br />
aufbauen können…<br />
Zum Bsp. begann die Kooperative Terra Chã<br />
als eine Organisation, die sich der Bewahrung<br />
volkstümlicher Werte, von Musik und Tanz<br />
verschrieben hat, wie sie typisch für dieses<br />
lokale Gebiet sind. Mit einem Fundament,<br />
das darauf basiert, was die Anwohner an<br />
diesem Gebiet mögen, kann die Organisation<br />
über ihre anfänglichen Aufgabenstellungen<br />
hinausgehen und an den Punkt gelangen, an<br />
dem eine nachhaltige positive Zukunft für<br />
die Region über verschiedene Interessen und<br />
Dienstleistungsbereiche hinweg sichergestellt<br />
werden kann.<br />
Manchmal dient eine kommunale Initiative<br />
dazu, vorhandene aber bedrohte Werte zu<br />
schützen…<br />
Zum Bsp. wurde die MVCRP als Antwort<br />
auf die sich verringernde Fahrgastzahlen<br />
einer lokalen Eisenbahnlinie und die<br />
Bedrohung, dass die Linie eines Tages einmal<br />
geschlossen werden könnte, erschaffen.<br />
Durch das dauerhafte Bemühen des Vereins<br />
zur kommunalen Einbindung sehen sowohl<br />
Nutzer als auch die gesamte Kommune die<br />
Linie nun in einem positiveren Licht.<br />
Manchmal sind diese Werte latent<br />
vorhanden und das kommunale Projekt<br />
hilft, diese zu Tage zu fördern...<br />
Zum Bsp. erkannte das „Tell Us Your<br />
Story“ Projekt die Notwendigkeit,<br />
bestimmte Fähigkeiten und Hintergründe<br />
junger Menschen in den lokalen<br />
Immigrantenkommunen zum Vorteil der<br />
ganzen Kommune zu Tage zu fördern. Im<br />
Falle der Partnersenioren in Schulen arbeitet<br />
das Projekt daran, die Zeit und Erfahrung<br />
älterer Menschen freizuschalten, um junge<br />
Menschen bei der Lösung von Konflikten in<br />
der Schule zu unterstützen.<br />
Manchmal versucht die Organisation<br />
Werte anzusprechen, die momentan in der<br />
Kommune nicht vorhanden sind…<br />
Im Falle des Wasserzentrums reagierten die<br />
Kommune und die lokale Behörde bspw. auf<br />
fehlende Bade- und Freizeiteinrichtungen,<br />
die in der lokalen Kommune nicht verfügbar<br />
waren.<br />
Menschen<br />
Unsere Fallstudien zeigen die Bedeutung<br />
eines stark ausgeprägten Kapitalstocks als<br />
Basis, von welcher aus man kommunale<br />
Projekte aufbauen kann. Organisationen<br />
können nur verwirklicht werden, wenn es die<br />
richtigen Menschen im richtigen Kontext und<br />
zur richtigen Zeit schaffen, ordnungsgemäß<br />
zusammenzuarbeiten. Bei jeder der in den<br />
Fallstudie behandelten Organisationen gab<br />
es zu Beginn eine kleine inoffizielle Gruppe<br />
von Menschen, die gleiche Interessen und<br />
Sorgen teilten und die entschieden haben,<br />
auf eine gemeinsame Zielstellung hin<br />
zusammenzuarbeiten.<br />
Ein erfolgreiches kommunales Projekt<br />
sollte somit folgende Elemente beinhalten:<br />
• <strong>Eine</strong> eng verbundene Kerngruppe von<br />
kommunalen Mitgliedern mit einer<br />
gemeinsamen Ambition.<br />
• <strong>Eine</strong> Reihe engagierter, gut verbundener<br />
Einzelpersonen, die in der Lage sind, als<br />
Sprecher für das Projekt aufzutreten und<br />
die Energie der Kommune abzurufen.<br />
23
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
• <strong>Eine</strong> etwas größere Bevölkerungszahl,<br />
die dem Unterfangen unterstützend<br />
gegenübersteht.<br />
Unsere Fallstudien unterstreichen die<br />
Bedeutung einer Reihe gemeinsamer<br />
Kerninteressen als Motivation, auf Basis<br />
welcher sich die kommunale Initiative<br />
entwickeln kann. EWS war das Projekt einer<br />
eng verbundenen Gruppe aus einer kleinen<br />
Kommune, die die Gefahr von mit Kernkraft<br />
betriebenen Kraftwerken erkannte und<br />
erneuerbare Energiequellen als eine sichere<br />
Alternative identifizierte. Diese kleine und gut<br />
verbundene Gruppe nutzte ihren Einfluss, um<br />
die Kommune (und schließlich andere über<br />
diese hinaus) für dieses Thema zu begeistern.<br />
In einigen der Fallstudien drehte sich<br />
das kommunale Interesse darum, einen<br />
kommunalen Wert zu bewahren oder<br />
zu pflegen, der entweder bedroht oder<br />
verschüttet war. Im Fall des MVCRP<br />
Projekts war eine Gruppe von Mitarbeitern,<br />
die in verschiedenen Organisationen<br />
arbeiteten, über die potenzielle Schließung<br />
der Marston Vale Eisenbahnlinie besorgt<br />
und wollten Wege finden, wie man dieses<br />
Ereignis abwenden konnte. Beim Projekt<br />
Wasserzentrum herrschte ein Mangel an<br />
kommunalen Schwimmeinrichtungen,<br />
und die Anwohner waren besorgt, dass es<br />
nicht genug Ansätze gab, um den Kindern<br />
dauerhaft das Schwimmen lernen bzw.<br />
entsprechendes Training zu ermöglichen.<br />
Manchmal entsteht die Motivation<br />
der Menschen in der Kommune durch<br />
ein Nichtvorhandensein gewisser<br />
Mitwirkungsmöglichkeiten (keine Stimme<br />
oder Einbindung im Allgemeinen) oder das<br />
Bedürfnis zur Errichtung einer Organisation,<br />
die sich von den Behörden unterscheidet<br />
und unabhängig von diesen existiert.<br />
ATM wurde gegründet, um politisch die<br />
Rechte der Kommune gegenüber den<br />
Interessen der Mitarbeiter und Vertreter der<br />
Wohnungsbaugenossenschaft zu behaupten,<br />
um an der Identifizierung lokaler Probleme<br />
und Lösungen teilzunehmen, um lokale<br />
Entwicklungsinitiativen zu unterstützen und<br />
das Wohl der Kommune zu verbessern.<br />
Über die gemeinsamen Motivationen und<br />
Interessen hinaus teilten die zu Beginn<br />
beteiligten Personen eine gemeinsame Vision<br />
und gemeinsame Werte. Die Mitglieder der<br />
Organiclea glaubten an alternative Modelle<br />
zur Produktion und zum Vertrieb von<br />
Nahrungsmitteln (die sich vom Mainstream<br />
unterschieden), und im Fall der Kohlenstoff-<br />
Kooperative hatten die Menschen<br />
den gemeinsamen Glauben in soziale<br />
Gerechtigkeit und die Notwendigkeit zur<br />
Verringerung der Kohlenstoffverringerung.<br />
Für jede der durch die Fallstudie behandelten<br />
Organisation bildeten sich die Initiativen in<br />
den Anfangstagen auf Basis der Fähigkeiten,<br />
die jeder der Mitglieder der Kommune in das<br />
Projekt einbrachten, heraus. Zum Bsp. ist<br />
es eher unwahrscheinlich, dass das MVCRP<br />
ohne das Wissen der entsprechenden<br />
Mitarbeiter über die kommunale Einbindung,<br />
das partnerschaftliche Arbeiten und den<br />
Personennahverkehr erfolgreich gewesen<br />
und als kommunale Eisenbahnlinie offiziell<br />
anerkannt worden wäre. In ähnlicher Weise<br />
ist die Kohlenstoff-Kooperative darauf<br />
angewiesen, Zugang zu technologischen<br />
Know-how zu haben.<br />
Es ist essentiell, dass kommunale Projekte<br />
in einer Weise organisiert werden, dass<br />
die Bandbreite der lokalen Interessen und<br />
Fähigkeiten stark genutzt werden. Im Fall von<br />
AVAal, dem städtischen landwirtschaftlichen<br />
Projekt, waren die Aktivitäten besonders<br />
breit angelegt, um eine Vielzahl von<br />
Fähigkeiten und Interessen abdecken zu<br />
können. Dies reichte von Projekten wie einem<br />
Mehrgenerationen-Gemüsegarten bis hin<br />
zur Beratung der kommunalen Mitglieder,<br />
wie man in eigenen Hängekörben und<br />
Blumentöpfen Pflanzen züchtet. Die Vision<br />
für die Zukunft von AVAal ist es, das Konzept<br />
eines bürgerlichen Umweltschutzes zu<br />
fördern, welches sich als „soziale Entwicklung<br />
auf Basis von Maßnahmen versteht, die Wert<br />
für die Umwelt in lokalen Kommunen haben“.<br />
Gleichzeitig sollten auch verschiedene Wege<br />
einer möglichen Einbindung angeboten<br />
werden, die zudem in Abhängigkeit der<br />
Fähigkeiten und Wünsche der Menschen,<br />
die sie zur Arbeit in dem Projekt hatten, auf<br />
24
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
verschiedenen Ebenen stattfinden konnte.<br />
Wir untersuchen diesen Punkt weiter unten<br />
im Abschnitt Fort- und Weiterentwicklung.<br />
Stufen der Einbindung<br />
Ein Projekt muss von einem beträchtlichen<br />
Teil der breiteren Kommune begeistert<br />
angenommen werden. Im Falle der<br />
kommunalen BSW Stiftung bestand zu<br />
Beginn die Angst, dass BSW aufgrund der<br />
Konkurrenzsituation bezüglich des Erhalts<br />
der schon beschränkten Finanzmittel<br />
eher als Konkurrent der im Gebiet schon<br />
vorhandenen Vereinigungen angesehen<br />
werden könnte. Allerdings sehen die aktiven<br />
Bürger nun, da die Organisation langsam<br />
integriert ist, die Organisation eher als eine<br />
Institution, die die Interessen der breiteren<br />
Kommune reflektiert, d. h. nicht diktiert.<br />
Und durch diesen erfrischenden Ansatz zur<br />
Finanzmittelbeschaffung und einer eher<br />
konstruktiven Beziehung mit den staatlichen<br />
Behörden sorgt die Organisation für die<br />
Bereitstellung der so dringend benötigten<br />
Finanzmittel und Ressourcen für die lokalen<br />
Projekte.<br />
Führung<br />
Trotz der Tatsache, dass kommunale<br />
Eigenverantwortung per Definition die<br />
Nutzung eines Modells des gleichmäßig<br />
verteilten Führungseinflusses bedeutet,<br />
suggerieren die erfolgreichen Fallstudien<br />
in diesem Projekt, dass es noch immer ein<br />
Bedürfnis nach starkem Führungsverhalten<br />
und dynamischen Führungspersönlichkeiten<br />
gibt. Diese Personen können ruhigere<br />
Menschen sein, müssen aber gut in ihrer<br />
Kommune integriert sein.<br />
Der Anfang<br />
Der richtige Ansatz<br />
Die Wahl der richtigen Organisationsform,<br />
die auch gut auf den Kontext, die Menschen<br />
und die Zielstellungen des Projekts<br />
zugeschnitten ist, kann für kommunale<br />
Gruppen ein gewaltiger Schritt sein. Dieser<br />
besteht darin, die Organisation von ihren<br />
informellen aber dynamischen Anfängen<br />
als kommunale Kampagne oder Initiative<br />
hin zu etwas offiziellerem weiterzuentwickeln.<br />
Der Ansatz muss entsprechend ausgebaut<br />
werden, darf aber die Anstrengungen der<br />
Kommune und die bevorstehenden<br />
Aufgaben nicht behindern.<br />
Tendenzen in Richtung einer bestimmten<br />
Organisationsform können teilweise<br />
durch den Staat in Form finanzieller und<br />
rechtlicher Anreize beeinflusst werden. In<br />
der Vergangenheit haben Regierungen,<br />
um Wirtschaftswachstum, Innovation,<br />
größere Eigenverantwortung und<br />
Kostenverringerungen herbeizuführen,<br />
neue Rechtsformen erschaffen, auf Basis<br />
welcher Organisationen ihre Dienstleistungen<br />
erbringen können. In Portugal gründete die<br />
Regierung im Jahre 1996/98 eine Sozial-/<br />
Solidarkooperative und im Vereinigten<br />
Königreich wurde 2005 die „Community<br />
Interest Company“ als Rechtsform<br />
geschaffen, die eine Art beschränktes<br />
Unternehmen darstellt, welches allein zum<br />
Wohl der Mitglieder der Kommune tätig ist. 11<br />
Die vier verbreitetsten Arten der<br />
kommunalen Organisationsformen in<br />
Europa sind Kooperativen, sogenannte<br />
„Mutuals“, Vereinigungen und soziale<br />
Unternehmen. Alle haben unterschiedliche<br />
Qualitäten und kommen in Abhängigkeit<br />
der Zielstellungen der Kommune zustande<br />
(z. B. durch die Übernahme eines schon<br />
vorhandenen Dienstes oder die Bereitstellung<br />
einer innovativen Lösung, die eine von<br />
der Kommune identifizierte Lücke in der<br />
Dienstleistungserbringung schließt).<br />
25
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Kooperativen<br />
Kooperativen können in Bezug auf ihre<br />
Rechtsformen, die Besitzverhältnisse<br />
und die Führungsstrukturen sehr stark<br />
variieren. Allerdings sind sie unabhängig<br />
der jeweiligen Ausprägung das Modell<br />
zur Führung der Kommune, das am<br />
demokratischsten und am wenigsten<br />
hierarchisch ist.<br />
Trotz dieser großen Vielseitigkeit haben<br />
Kooperativen doch eine ganze Reihe<br />
gemeinsamer Grundsätze. Beispiele sind<br />
die freiwillige und offene Mitgliedschaft,<br />
die demokratische Mitgliederkontrolle<br />
und die Mitgliedereinbindung durch<br />
monetäre Beiträge.<br />
Zwei der Fallstudien aus dem Vereinigten<br />
Königreich sind Kooperativen: Organiclea<br />
ist eine Kooperative von Arbeitern, und<br />
die Kohlenstoff-Kooperative ist eine<br />
Kooperative zum Wohl der Kommune.<br />
Beide Organisationen haben sich für die<br />
Form einer Kooperative entschieden,<br />
nachdem sie schon einige Jahre aktiv<br />
waren. Vor ihrer Existenz als Kooperative<br />
wurden Projekte eher in informeller<br />
Weise betrieben. Allerdings wurde mit<br />
dem Wachstum und der Anstellung<br />
bezahlter Mitarbeiter eine gewisse<br />
Formalisierung erforderlich. Die gewählte<br />
Organisationsform reflektiert die<br />
Kernwerte und Vision der Organisationen.<br />
Das Modell der Kooperative impliziert,<br />
dass die Organisation bei einer größeren<br />
Menge der an der Entscheidungsfindung<br />
beteiligten Personen und mehr<br />
Transparenz flacher ist. Bei Organiclea<br />
waren alle Mitglieder der Kooperative an<br />
der Verabschiedung der strategischen<br />
Ausrichtung der Organisation beteiligt,<br />
aber die tagtäglich anfallenden<br />
Entscheidungen wurden auf Projektebene<br />
getroffen, zu der die Freiwilligen beitragen<br />
konnten, sofern sie dies wollten. Für<br />
die Kohlenstoff-Kooperative ist das<br />
Kooperativen-Modell sehr neu (Juli 2011)<br />
und sie befindet sich noch immer dabei,<br />
auszuarbeiten, wie man am besten<br />
vorgeht, sodass die Mitglieder so effektiv<br />
wie möglich beitragen können. So wird<br />
z. B. in Betracht gezogen, thematische<br />
Untergruppen zu nutzen, um die<br />
Arbeitslast zu teilen und die Verteilung<br />
auf Basis entsprechender Interessen und<br />
Fähigkeiten selbst organisieren zu lassen.<br />
Auch haben wir festgestellt, dass Kunden<br />
durch das von der EWS Kooperative<br />
entwickelte Modell zu Partnern,<br />
Mitproduzenten, Interessenvertretern und<br />
Mitentscheidern werden können.<br />
Was das Modell einer<br />
Kooperative bietet<br />
• Stellt klare Rollen und<br />
Verantwortlichkeiten für die<br />
Mitglieder sicher<br />
• Stellt sicher, dass die Mitglieder eine<br />
Eigenverantwortung für das Projekt<br />
empfinden<br />
Ermöglicht eine enge Zusammenarbeit<br />
• Kann Anreize für Beteiligungen bieten <strong>–</strong><br />
Shareholding<br />
Mutuals<br />
Ein „Mutual“ ist eine Organisation,<br />
bei welcher der primäre Zweck darin<br />
besteht, Vorteile für Mitglieder bzw. eine<br />
entsprechend definierte Kommune zu<br />
schaffen. Es gibt zwei Arten von Mutuals,<br />
die erste Art sind Organisationen, die<br />
keine externen Interessenvertreter haben<br />
und den Mitgliedern der Kommune zum<br />
Eigenvorteil gehören. Die zweite Art<br />
der Mutuals dient der Entwicklung einer<br />
entsprechend definierten Kommune.<br />
Das Mitglied zieht einen bestimmten<br />
Vorteil aus bzw. hat einen ‘Anteil’ am<br />
Unternehmen. Dies geschieht nur nominal<br />
und der Anteil kann nicht gegen Geld oder<br />
andere Gewinnarten eingetauscht werden.<br />
26
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Was das Modell der Mutuals bietet<br />
• Möglichkeit für Mitglieder zur<br />
Inanspruchnahme von Dienstleistungen<br />
• Vertrauen, dass Mitglieder die<br />
Eigenverantwortung für das Projekt<br />
spüren<br />
Vereinigungen<br />
<strong>Eine</strong> Vereinigung ist eine Gruppe von<br />
Einzelpersonen, die als Freiwillige<br />
eine Vereinbarung eingehen, um eine<br />
Institution (oder Organisation) mit dem<br />
Zweck einer Zielerreichung zu gründen.<br />
Vereinigungen sind für Gewöhnlich<br />
die größte Art von Organisation und<br />
werden in den europäischen Ländern<br />
oft als die populärste Form angesehen.<br />
Vereinigungen decken eine große<br />
Bandbreite an Aktivitäten ab und<br />
involvieren sowohl kleine als auch große<br />
Organisationen und Netzwerke. In<br />
vielen Ländern sind keine Formalitäten<br />
notwendig, um eine Vereinigung zu<br />
gründen. Allerdings kann zur Gründung<br />
einer Vereinigung in einigen dieser<br />
Länder eine Mindestanzahl von<br />
Personen erforderlich sein. Manche<br />
Gerichtsbarkeiten erfordern sogar, dass<br />
die Vereinigung bei einer offiziellen<br />
Behörde eingetragen wird. Einige<br />
Vereinigungen nehmen darüber hinaus<br />
eine Rechtsform an (sie werden z. B. zu<br />
einem beschränktem Unternehmen),<br />
sodass sie für die Mitglieder der<br />
Vereinigung Verträge mit einer<br />
beschränkten Haftung eingehen können.<br />
Im Allgemeinen entstanden die<br />
portugiesischen Vereinigungen, um<br />
die tiefe Verbindung mit den Regionen<br />
zu vertiefen, wo die entsprechenden<br />
Initiativen ursprünglich entstanden.<br />
Die Initiativen sind oft hochgradig<br />
lokal orientiert, und die Vereinigungen<br />
können sich um eine Reihe bestimmter<br />
Kernwerte und -ressourcen herum<br />
organisieren, dabei aber genug Flexibilität<br />
behalten, sodass die Organisation stets<br />
anpassungsfähig bleibt.<br />
Die drei portugiesischen Vereinigungen<br />
basieren, speziell beim Lösen der<br />
Probleme der Kommune, beim Treffen<br />
von Entscheidungen und bei der<br />
Durchführung innovativer Experimente,<br />
auf der zentralen Idee des aktiven Bürgers<br />
und partizipatorischen Demokratie.<br />
Was das Modell einer Vereinigung<br />
bietet<br />
•<br />
von Freiwilligen geführt wird<br />
•<br />
<strong>Eine</strong> Organisationsstruktur, die primär<br />
<strong>Eine</strong>n mehr oder weniger informelleren,<br />
fließenden Ansatz<br />
Alle portugiesischen Beispiele<br />
identifizieren sich selbst als Vereinigungen,<br />
die den Zweck zur lokalen Entwicklung<br />
dienen. Das Modell der Vereinigung ist<br />
stark auf Freiwilligenarbeit fokussiert<br />
und gestattet kommunalen Gruppen,<br />
auf diejenigen Probleme und<br />
Bedürfnisse zu reagieren, die für das<br />
Wohl und die Entwicklung ihrer<br />
Kommunen wesentlich sind.<br />
27
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Soziale Unternehmen<br />
Es gibt aber auch eine Menge anderer<br />
Organisationsformen, die zwar nicht unter<br />
die spezielle Kategorie der ‘kommunalen<br />
Eigenverantwortung’ fallen, aber oft in<br />
der gleichen Bedeutung genutzt werden.<br />
Insbesondere ist das Modell des ‘sozialen<br />
Unternehmens’ eine wichtige Option für<br />
öffentliche Dienste und kann wie folgt<br />
definiert werden: ‘… ein Unternehmen<br />
primär mit sozialen Zielstellungen,<br />
dessen Überschüsse grundsätzlich für<br />
diesen Zweck in das Unternehmen oder<br />
die Kommune reinvestiert werden, und<br />
welches nicht ausschließlich durch das<br />
Bedürfnis zur Gewinnmaximierung für<br />
die Interessensvertreter und Eigentümer<br />
angetrieben wird.’<br />
Der eingetragene Status als<br />
Wohltätigkeitsorganisation ist nur eine<br />
der Rechtsstrukturen, die für soziale<br />
Unternehmen möglich sind.<br />
Zwei der französischen Fallstudien<br />
stellen einen Versuch zur Entwicklung<br />
einer kommunalen Initiative dar,<br />
der durch den Ansatz der sozialen<br />
Unternehmen durchgeführt werden<br />
sollte. Obgleich die Projekte von einer<br />
Wohltätigkeitsorganisation bzw. im Falle<br />
des E-commerce-Projekts von einer<br />
Schulungsorganisation geleitet werden,<br />
gab es den ernstgemeinten Versuch,<br />
die betreffende Kommune am Wachstum<br />
und der Entwicklung des Projekts zu<br />
beteiligen.<br />
Was das Modell eines sozialen<br />
Unternehmens bietet<br />
• Ein Geschäftsmodell, das auf dem<br />
Prinzip der Erzielung von Gewinnen<br />
basiert<br />
• Bessere Möglichkeiten zur Zahlung<br />
angemessener Löhne an die Mitarbeiter<br />
• Deckt Kosten und stellt die finanzielle<br />
Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit<br />
sicher<br />
28
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Auf welche Weise sollte der<br />
kommunale Ansatz erfolgen?<br />
Es ist wichtig, sich nicht zu stark nur auf die<br />
Organisationsform zu fixieren. Die Definition<br />
von kommunalem Besitz ist in Wirklichkeit<br />
eher fließend. Die Wahl der Struktur kann<br />
nicht der einzige Garant für den Erfolg sein,<br />
denn tatsächlich sind einige Kooperativen<br />
oder Mutuals schlechte Beispiele für<br />
kommunalen Besitz.<br />
Die Fallstudien zeigen, wie verschieden<br />
die Wirklichkeiten in Sachen kommunalem<br />
Besitz sein können, und die Wahrheit ist,<br />
dass kommunale Eigenverantwortung weit<br />
mehr ist als der Wert, den die Kommune<br />
dem Projekt zuschreibt, das Maß, in dem<br />
diese denkt, daran beteiligt zu sein, und die<br />
Bemühungen der Organisation, die diese<br />
zur Einbindung der Kommune anstrengt. Ein<br />
Verständnis des Konzepts der kommunalen<br />
Eigenverantwortung muss stets auch<br />
berücksichtigen, wie Menschen in der<br />
Kommune die Organisation erfahren<br />
und wahrnehmen.<br />
Ein klares Bsp. eines geradlinigen und<br />
überschaubaren Modells kommunalen<br />
Besitzes ist die Kohlenstoff-Kooperative,<br />
eine Kooperative zum Vorteil der Kommune,<br />
die sich im Besitz ihrer Mitglieder befindet.<br />
Die Menschen aus der lokalen Kommune<br />
sind an der Initiative beteiligt und können<br />
für den Vorstand stimmen und neue<br />
Entwicklungsmöglichkeiten vorschlagen.<br />
Allerdings dreht sich kommunale<br />
Eigenverantwortung nicht nur um die<br />
Organisationsform und die Besitzstrukturen,<br />
es geht vielmehr darum, Dinge in einer<br />
bestimmten Weise zu tun. Am Grund der<br />
Arbeit der Kohlenstoff-Kooperative steht<br />
bspw. das sehr starke Bemühen um die<br />
Einbindung der Kommune, was wiederum<br />
der Aspekt ist, der allen Fallstudien<br />
gemein ist.<br />
In den portugiesischen Fällen treten die<br />
Kommunen nicht so stark in formalisierten<br />
Organisationsformen auf, dennoch sind<br />
die Organisationen gut organisiert und<br />
haben ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt,<br />
Menschen bei Bedarf zu vereinigen<br />
und diesen ein Forum zu bieten. Im Fall<br />
von ADC Moura hat die Organisation,<br />
obwohl die formale Einbindung der<br />
Bürger in die Leitung der Organisation<br />
eher eingeschränkt ist, verschiedene<br />
Möglichkeiten geschaffen, durch welche<br />
sie einen breiteren repräsentativen Anteil<br />
der Kommune erreichen kann, der sich<br />
dann auch an entsprechenden Maßnahmen<br />
und Entscheidungen beteiligt und diese<br />
durchführt. Zum Bsp. werden in jedem der<br />
Dörfer regelmäßige Treffen abgehalten, bei<br />
denen gleichzeitig Aktivitäten für Kinder<br />
angeboten werden, sodass die Eltern am<br />
Treffen teilnehmen können, während die<br />
Kinder unterhalten werden.<br />
Auf den ersten Blick ist das E-Commerce-<br />
Projekt ein Ansatz eines einfachen sozialen<br />
Unternehmens, aber bei Übergabe der Mittel<br />
an die Nutzer zur Entwicklung ihrer eigenen<br />
Projekte scheinen die Organisation und die<br />
Ergebnisse eher kommunale Eigenschaften<br />
zu tragen.<br />
Es ist wichtig, Wege zu finden, in welchen<br />
man die Menschen in dir Führung der<br />
Organisation einbindet, ohne dass ihnen<br />
dies lästig ist. Gleichermaßen ist die Klarheit<br />
des Zwecks und des Führungsstils wichtig,<br />
insbesondere in den Anfangsjahren, wenn<br />
es noch keine Erfolgsgeschichten gibt, mit<br />
welchen man die Menschen überzeugen und<br />
deren Vertrauen gewinnen kann. In jeder der<br />
Fallstudien hat eine bestimmte Gruppe von<br />
Mitgliedern, oft die Gründungsmitglieder,<br />
eine wichtige Rolle in Sachen Führung und<br />
bei der Vorgabe der Entwicklungsrichtung<br />
gespielt. Hier besteht die Aufgabe<br />
darin, ein Gleichgewicht zwischen der<br />
allgemeinen Einbindung der Kommune bei<br />
Entscheidungen und dem schnellen und<br />
bestimmten Treffen von Entscheidungen<br />
zu finden. Es ist hier wichtig, von Anfang<br />
an die Art, in welcher die Einbindung der<br />
breiteren Kommune erfolgt, klar und deutlich<br />
zu formulieren. Dies kann bspw. dadurch<br />
geschehen, dass die Menschen durch<br />
Aushänge, Informationsblätter oder auf<br />
Sitzungen entsprechend informiert werden.<br />
29
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Hierdurch wird gleichzeitig sichergestellt,<br />
dass die Kommune die Auswirkungen ihrer<br />
Bemühungen deutlich sehen kann. Zudem<br />
sind entsprechende Möglichkeiten zu<br />
schaffen, die die unterschiedlichen Zeitpläne<br />
und Interessen der Menschen, die sich gerne<br />
beteiligen möchten, berücksichtigen.<br />
Jede Organisation bindet die lokale<br />
Kommune auf unterschiedliche<br />
Weisen ein und hat in der Kommune<br />
zahlreiche Interessenvertreter und<br />
Anspruchsberechtigte. Meist wollen<br />
Menschen am Projekt beteiligt werden, um<br />
ihre eigenen Interessen verfolgen zu können.<br />
Kommunale Organisationen können Erfolg<br />
haben, wenn sie den Menschen gestatten,<br />
sich am Punkt ihres eigenen Interesses<br />
einzubringen, und darüber hinaus auch den<br />
Spaß und die Freude an den Tätigkeiten in<br />
den Mittelpunkt stellen. AVal bietet bspw.<br />
eine Vielzahl einfallsreicher und angenehmer<br />
Möglichkeiten an, über welche die Kommune<br />
an der Konversation ihres lokalen Gebiets<br />
beteiligt werden kann (wie z. B. durch<br />
Mehrgenerationen-Projekte, Exkursionen und<br />
städtische Bauerhöfe bzw. landwirtschaftliche<br />
Einheiten.<br />
<strong>Eine</strong> weitere bewährte Methode ist es,<br />
die Kommune bei der Beurteilung der<br />
Initiative wie auch der Verarbeitung der<br />
gemachten Erfahrungen mit einzubeziehen.<br />
<strong>Eine</strong> kommunale Initiative sollte den<br />
Mitgliedern einer Kommune entsprechenden<br />
Möglichkeiten anbieten, um über ihre<br />
Erfahrungen mit der Organisation zu<br />
berichten und Feedback zu geben und somit<br />
zu deren Verbesserung beizutragen.<br />
Kommunale Eigenverantwortung ist etwas,<br />
das anfänglich aus den oben genannten<br />
Gründen entsteht und sich dann über die<br />
Zeit hinweg mit fortschreitender Etablierung<br />
der Organisation weiterentwickelt. Die<br />
Einbindung der Kommune ist somit ein<br />
dauerhafter Prozess mit einem kumulativen<br />
Effekt. Die aus den Fallstudien gewonnenen<br />
Erfahrungen zeigen, dass sich die<br />
Unterstützerbasis einer Organisation mit<br />
der Zeit erhöht, sofern die Einbindung<br />
der Kommune ordnungsgemäß und in<br />
einer Weise erfolgt, die den Motivationen<br />
und Lebensumständen der Menschen<br />
Rechnung trägt. So war Organiclea<br />
bspw. durch Entwicklung eines lokalen<br />
Nahrungsmitteltreffpunkts, der ein<br />
umfangreiches Angebot an Nahrungsmitteln<br />
und damit in Verbindung stehender<br />
Aktivitäten anbietet, in der Lage, eine<br />
Vielzahl verschiedener Interessenvertreter<br />
einzubinden, wodurch natürlich viele<br />
verschiedene Fähigkeiten zur Verfügung<br />
standen, die vom Gartenbau bis hin zu<br />
wirtschaftlichen Interessen reichten. Alle<br />
diese Aktivitäten bleiben dabei aber stets<br />
auf die Kommune fokussiert.<br />
Es wird Zeit brauchen, die tatkräftigsten<br />
und geschäftigsten Kommunenmitglieder,<br />
die für Gewöhnlich schon zeitig an der<br />
Entwicklung des Projekts teilnehmen, mit der<br />
breiteren Kommune zusammenzubringen.<br />
Das Prinzip der Einbindung erinnert oft<br />
an das sogenannte Schneeballprinzip,<br />
welches zu Anfangs mit den motivierten<br />
Gründerpersonen, die oft gut vernetzt sind<br />
und die Kunde über das Projekt zu den<br />
Nachbarn, Kollegen und Freunden tragen,<br />
beginnt, die dann das gleiche mit ihren<br />
eigenen Kontakten machen werden.<br />
30
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Fort- und Weiterentwicklung<br />
Wie bei allen anderen Organisationen ist<br />
auch hier die finanzielle Nachhaltigkeit eine<br />
besondere Herausforderung, welche der<br />
Kontext der Wirtschaftskrise zudem noch<br />
befeuert. Die Nachhaltigkeit hängt stark<br />
davon ab, dass sichergestellt ist, dass die<br />
Organisationen nicht von einer bestimmten<br />
bzw. einzigen Finanzierungsart abhängen.<br />
Viele unserer Fallstudien waren darauf<br />
bedacht, eine gute und ausgewogene<br />
Mischung an Finanzierungsmitteln<br />
aufzubauen, welche für Gewöhnlich die<br />
Generierung von Einkommen aus Verkäufen<br />
und Gebühren, durch Verträge und<br />
Subventionen umfasst.<br />
Nach Sicherstellung der finanziellen<br />
Nachhaltigkeit kommt die Nachhaltigkeit<br />
in der Einbindung der Menschen, d.h. ob<br />
diese motiviert und begeistert bleiben oder<br />
ob sie die Zeit haben, der Organisation die<br />
Unterstützung gedeihen zu lassen, die diese<br />
benötigt. Dies ist allerdings von Person zu<br />
Person verschieden und erfordert, dass<br />
die Organisationen ihre Mitarbeiter und<br />
Unterstützer ausreichend gut kennen, um<br />
deren Interessen immer berücksichtigen und<br />
bedienen zu können und auf der anderen<br />
Seite auch ein gutes Verständnis davon<br />
zu haben, was diese Personen anzubieten<br />
haben. Oft ist es für lokale Kommunen<br />
wichtig, eine vorteilhafte Partnerschaft mit<br />
anderen Institutionen sicherzustellen, die in<br />
dem Bereich arbeiten, und unsere Fallstudien<br />
zeigen verschiedene Wege, in welchen dies<br />
möglich gemacht wurde.<br />
Verschiedene Finanzierungsstrukturen<br />
In einer Zeit schrumpfender Budgets<br />
und Unsicherheiten im Bereich lokaler<br />
Dienste waren die erfolgreichen Fallstudien<br />
gezwungen, in ihrem Finanzierungsansatz<br />
beweglich und flexibel zu bleiben. Starke<br />
kommunale Netzwerke sollten bei der<br />
Sicherung der Unterstützungsleistungen und<br />
Finanzierungen aus verschiedenen Quellen<br />
helfen, sei es Zeit durch ehrenamtliche Arbeit,<br />
lokale Philanthropen oder Partnerschaften.<br />
Der Ansatz der kommunalen Stiftungen<br />
ist ein gutes Bsp. für einen flexiblen<br />
Umgang mit lokalen Finanzierungsmitteln.<br />
Die Stiftung bringt oftmals verschiedene<br />
Finanzierungsquellen innerhalb einer<br />
flexiblen Organisation zusammen, die auf<br />
die Einbindung der Kommune fokussiert<br />
ist und sicherstellen kann, dass die<br />
Finanzmittel in einer Weise verteilt werden,<br />
die die Erwartungen der Kommune<br />
reflektiert. Wenn sich Organisationen<br />
mit Ambitionen zur Vergrößerung ihrer<br />
Stiftungsunternehmungen tragen,<br />
benötigen sie oftmals die Unterstützung<br />
der Kommune, die wiederum bzw. durch<br />
die Bereitstellung neuer Instrumente zur<br />
Finanzmittelbeschaffung sichergestellt<br />
werden kann. Ein Bsp. sind die „Freunde der<br />
BSW“. Dies ermutigt Mitgliedschaften bzw.<br />
die Aufnahme von Einzelpersonen aus der<br />
Kommune, von welchen dann ein kleiner<br />
Mitgliedsbeitrag für die Arbeit der Stiftung<br />
erhoben werden kann.<br />
Im Gegensatz zur relativ sicheren<br />
Finanzposition der kommunalen<br />
Stiftung, fehlt im Bsp. des Projekts der<br />
Partnersenioren in Schulen (SiS), das<br />
über eine kurzfristige Projektfinanzierung<br />
hinausgeht, noch immer eine stabile<br />
Finanzierung, die die Arbeit der<br />
Vereinigung auf eine solide Basis<br />
stellen könnte. Die vorrübergehenden<br />
Finanzierungsmittel stammen von<br />
Unternehmen, einem Lotteriefonds,<br />
aus Mitgliedergebühren und dem<br />
Bundesministerium für Familien, Senioren,<br />
Frauen und Jungend. Partnerschaften<br />
mit gesetzlichen Dienstleistern werden<br />
als Möglichkeit angesehen, um die<br />
Nachhaltigkeit des Projekt sicherzustellen.<br />
Mit der Abteilung für Ausbildung des<br />
Berliner Stadtsenats wurde bspw. eine<br />
entsprechende Kooperationsvereinbarung<br />
geschlossen. Weiterhin wird untersucht,<br />
wie aus wohltätigen Spenden das meiste<br />
herauszuholen ist. Als Organisationsform<br />
wurde die gemeinnützige Vereinigung<br />
ausgewählt, nicht zuletzt, weil es<br />
hierdurch überhaupt möglich wurde,<br />
Spenden zu sammeln und des Status der<br />
Steuerfreistellung zu erhalten.<br />
31
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Die drei Fallstudien des Vereinigten<br />
Königreichs hatten Zugang zu einer<br />
Reihe finanzieller und nicht finanzieller<br />
Unterstützungsleistungen. MVRP bspw.<br />
wird von seinen Partnerorganisationen wie<br />
z. B. dem Schienenbetreiber finanziert, der<br />
zum Marketing und Kommunikationsbudget<br />
beiträgt. Einige Partner sind nicht in<br />
der Lage, finanzielle Beiträge zu leisten,<br />
unterstützen aber stattdessen in Form<br />
von Sachleistungen. Ursprünglich wurden<br />
sowohl Organiclea als auch die Kohlenstoff-<br />
Kooperative in einem sehr kleinen Umfang<br />
betrieben und waren beide eigenfinanziert.<br />
Dann erhielten sie Subventionsgelder für<br />
bestimmte Projekte und wuchsen ab diesem<br />
Punkt. Unterstützende Institutionen sind<br />
der „Big Lottery Fund“ (der die lokalen<br />
Nahrungsmittelprogramme finanziert), Nesta<br />
(die den „North-West Innovation Fund“ mit<br />
dem Stadtrat von Manchester kofinanziert),<br />
das Netzwerk für sozialen Wandel (Network<br />
for Social Change) und lokale Behörden.<br />
Einige der Bsp. aus den Fallstudien basieren<br />
auf einem unternehmerischen Ansatz<br />
und hoffen, durch die Generierung von<br />
Einnahmen aus der Initiative autark und<br />
selbstversorgend zu sein. Das E-Commerce-<br />
Projekt generiert z. B. Einkommen durch<br />
Internet-Geschäfte und onlinebasierte<br />
Schulungsprogramme.<br />
Berücksichtigung der Interessen<br />
der Menschen<br />
Die Sicherstellung der Nachhaltigkeit einer<br />
kommunalen Initiative wie auch der Tatsache,<br />
dass der anfängliche Enthusiasmus der<br />
Kommune zur Umsetzung der Projekte in<br />
ein nachhaltiges und organisierbares Maß<br />
umgewandelt wird, bleibt auch über die Zeit<br />
hinweg ein äußerst bedeutendes Ziel. Die<br />
regelmäßige Einbindung der Öffentlichkeit<br />
hilft dem Projekt, für die Kommune interessant<br />
und relevant zu bleiben. Für die Organisation<br />
ist es hilfreich, kommunale Bereiche zu<br />
erreichen, die bisher weder als Konsumenten<br />
noch als Mitgestalter in die Initiative<br />
eingebunden waren.<br />
ADC Moura unterstützt die Teilnahme<br />
verschiedener kommunaler Gruppen sehr<br />
stark und versucht sicherzustellen, dass jeder<br />
Versuch einer Einbindung vorteilhaft sowohl<br />
für die entsprechende Einzelperson wie auch<br />
die Kommune ist. Die Organisation bindet<br />
die breitere Kommune über Foren ein und<br />
unternimmt besondere Anstrengungen, um<br />
auch selten gehörte Gruppen wie z. B. die<br />
Kommune der Sinti und Roma zu erreichen.<br />
<strong>Eine</strong>r der wesentlichsten Erfolgsfaktoren für<br />
unsere Fallstudien ist die Selbstbestimmung<br />
und Motivation derjenigen Menschen, die<br />
sehr stark und eng eingebunden sind. Und<br />
eine regelmäßige Kommunikation mit der<br />
Kommune stellt sicher, dass die Organisation<br />
dauerhaft die Erwartungen der Menschen,<br />
ihre Interessen und Motivationen erkennen<br />
und erfüllen kann. In allen Fallstudien<br />
ist deren Einbindung etwas, was sie tief<br />
beschäftigt und das ihre persönlichen Werte<br />
widerspiegelt. All dies ist besonders wichtig,<br />
dass sichergestellt ist, dass die Fähigkeiten,<br />
das Wissen und die Expertise, die innerhalb<br />
Ihrer Kommune vorhanden sind, auch<br />
abgerufen werden können.<br />
Dies ist insbesondere bemerkenswert im<br />
Fall von Organiclea und der Kohlenstoff-<br />
Kooperative, die beide durch eine<br />
Weltanschauung aufbauen, die auf sozialer<br />
Gerechtigkeit basiert. Ein anderer wichtiger<br />
Faktor für den Erfolg waren die Fähigkeiten<br />
der Menschen und der Organisationen,<br />
verschiedene Fähigkeiten einzubringen,<br />
die sich einander ergänzen. Diese waren<br />
z. B. die Fähigkeit zur Einbindung der<br />
Erfahrungen aus vorherigen kommunalen<br />
Maßnahmen, bestimmte wirtschaftliche<br />
Managementfähigkeiten und einige<br />
hochspezialisierte technischen Fähigkeiten.<br />
Bei der Terra Chã Initiative war es durch die<br />
kleine Größe der Kommune und familiären<br />
Strukturen möglich, enge Beziehungen<br />
aufzubauen, wodurch die Entwicklung der<br />
Arbeit unterstützt wurde.<br />
Oft ist natürlich ein Kompromiss zu machen<br />
zwischen der nachhaltigen Entwicklung der<br />
Organisation, die in der Lage ist zu wachsen<br />
und Entscheidungen zu treffen, und den<br />
Erwartungen der Kommune hinsichtlich<br />
der durch die Organisation ermöglichten<br />
kommunalen Einbindung. Durch das Wachsen<br />
der Organisation entsteht die Notwendigkeit<br />
zur Etablierung formalisierter Strukturen, die<br />
32
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
diese Einbindung regeln kann. Dies eröffnet<br />
transparente Kanäle für die Beiträge der<br />
Kommune und hilft sicherzustellen, dass das<br />
kommunale Interesse über die Zeit hinweg<br />
aufrechterhalten wird. Für die Kohlenstoff-<br />
Kooperative bestand die Herausforderung<br />
darin, die Zeit, die benötigt wurde,<br />
Erfahrungen und Wissen aufzubauen, das<br />
Vertrauen der Menschen zu gewinnen und in<br />
einer nachhaltigen Art und Weise zu wachsen,<br />
entsprechend auszubalancieren, sprich, den<br />
anfänglichen Enthusiasmus der Unterstützer<br />
und Freiwilligen zu dämpfen und Verständnis<br />
zu schaffen, dass Erfolge Zeit brauchen.<br />
Die zur Verfügung stehende Kerngruppe<br />
von 10-12 engagierten Freiwilligen, die sich<br />
gegenseitig unterstützten und die Arbeitslast<br />
teilen, hat der Organisation geholfen, in genau<br />
der richtigen Geschwindigkeit zu wachsen.<br />
Gleichfalls kann die Kohlenstoff-Kooperative,<br />
da ihr erst kürzlich Finanzmittel für eine<br />
Teilzeitstelle für ein Jahr zugesprochen<br />
wurde, die Lücke zwischen der Position einer<br />
Organisation, die von Freiwilligen geleitet wird,<br />
und der Weiterentwicklung in eine autarke<br />
selbstorganisierte Organisation schließen.<br />
Aufbau von Partnerschaften/<br />
Zusammenarbeit<br />
Der Erfolg der Fallstudien hängt oft<br />
von deren allgemeiner Ausrichtung zur<br />
Einbindung ab, die nicht nur die lokalen<br />
Kommunen sondern auch eine Vielzahl<br />
anderer Interessenvertreter, Freiwillige und<br />
kommunale Organisationen, Unternehmen,<br />
Dienstleister, lokale Behörden und andere<br />
Körperschaften öffentlichen Rechts,<br />
Spendeninstitutionen, Dachorganisationen<br />
oder andere Organisationen, die irgendwo<br />
anders ähnliche Dinge tun, einbezieht. Durch<br />
ihre Präsenz und die Bemühungen in all<br />
diesen verschiedenen Ebenen waren die<br />
Organisationen in der Lage, ein besseres<br />
Verständnis für ihre Arbeit und auf Vertrauen<br />
basierende Beziehungen aufzubauen.<br />
Diese Partnerschaften werden im<br />
Allgemeinen in vielen verschiedenen Weisen<br />
begründet, allerdings scheint die Art dieser<br />
Begründungsform für die Nachhaltigkeit<br />
der Projekte und dauerhaft angebotenen<br />
Lösungen eine Rolle zu spielen.<br />
Partnerschaften bringen in verschiedener<br />
Weise Unterstützungsleistungen oder<br />
Ressourcen ein, seien es finanzielle,<br />
technische oder logistische Mittel<br />
(Räume, Unterstützung in der Verwaltung,<br />
Ausrüstung), Informationen oder<br />
Dienstleistungen etc.<br />
Partnerschaften können auch dabei<br />
helfen, den lokalen Bezug der öffentlichen<br />
Dienstleistungen und Ressourcen<br />
(von Zentralregierungen bzw. lokalen<br />
Regierungen und privaten Unternehmen)<br />
zu fördern und in Richtung einer<br />
kommunalen Autonomie zu verschieben,<br />
d. h. die Kommune wird im Allgemeinen<br />
in der Ausschreibung und Beauftragung<br />
der Projekte an der Organisation und<br />
Durchführung dieser beteiligt.<br />
Im Falle des Wasserzentrums wurde das<br />
Budget nach einer durch die Kommune<br />
eingeleiteten Initialisierungskampagne von<br />
der lokalen Behörde freigeschaltet, und<br />
es wurde zu Organisationszwecken eine<br />
Partnerschaft zwischen der Kommune und<br />
der Behörde aufgebaut. Das Projekt soll für<br />
die gesamte Region Vorteile im Bereich der<br />
Gesundheitsversorgung, bei wirtschaftlichen<br />
Angelegenheiten und im Abbau der<br />
Arbeitslosigkeit bringen.<br />
Sowohl Organiclea als auch MVCRP können<br />
sich auf Menschen verlassen, die regelmäßig<br />
freiwillig für sie arbeiten und die unschätzbare<br />
Unterstützungsleistungen erbringen. Zudem<br />
profitieren sie auch von einem starken<br />
Netzwerk an wichtigen Verbindungen,<br />
das sie unterstützt und auf welches sie<br />
bei Bedarf zurückgreifen können. Diese<br />
Verbindungen vereinen lokale Anwohner mit<br />
Menschen, die in anderen Organisationen<br />
(z. B. Bibliotheksmitarbeiter, die bei<br />
Veranstaltungen des MVCRP aushelfen)<br />
arbeiten. Unterstützende Leistungen werden<br />
gleichfalls durch Dachorganisationen erbracht.<br />
Zum Bsp. haben andere Kooperative des<br />
Vereinigten Königreichs Organiclea bei der<br />
Prüfung der eigenen Satzung geholfen, und<br />
MVCRP konnte von der Erfahrung und den<br />
Ratschlägen der AoCRP (Vereinigung of<br />
Community Rail Partnerships) profitieren.<br />
33
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Die bürgerliche Stiftung Wiesbaden hat<br />
sich in der Stadt selbst als eine Plattform<br />
etabliert, in der Bürger ihre Meinungen<br />
zu städtischen Problemstellungen sagen<br />
können. Die Plattform bietet Gehör für all<br />
jene Belange, die die öffentlichen Behörden<br />
nicht bedienen können. Die Stiftung<br />
trifft sich bei sogenannten Sitzungen<br />
„am runden Tisch“ und bespricht dort all<br />
jene Problemstellungen, die außerhalb<br />
der Interessen oder des sogenannten<br />
Komfortbereichs der lokalen Behörden<br />
liegen. Die Stiftung ist in der Lage, die<br />
Mitglieder der Kommune an diesem Dialog<br />
zu beteiligen, da die Menschen, die oftmals<br />
schon in eigenen Clubs und Gesellschaften<br />
aktiv sind, basierend auf ihren Interessen<br />
und Motivationen angesprochen werden.<br />
Dies bietet den lokalen Behörden einen<br />
unabhängigen Partner und stellt sicher,<br />
dass die Stiftung eine relevante und<br />
einflussreiche Stimme für die Belange<br />
der lokalen Kommune bleibt.<br />
Schlussbetrachtung und<br />
Empfehlungen<br />
In allen untersuchten Ländern gibt es<br />
starke und einzigartige Beispiele von<br />
Menschen, die unabhängig voneinander<br />
zusammenkommen, um Maßnahmen<br />
einzuleiten, die ihre lokalen Kommunen<br />
bereichern. Auch haben wir beobachtet,<br />
dass die Regierungen die Bedeutung<br />
kommunaler Ansätze wie auch die Rolle,<br />
die die Kommunen bei der Bekämpfung<br />
einiger der globalen Probleme, denen wir<br />
ausgesetzt sind, einnehmen, immer stärker<br />
anerkennen. Die folgenden Empfehlungen<br />
basieren auf den Problematiken und<br />
allgemeinen Themen, die im vorherigen<br />
Kapitel identifiziert wurden.<br />
Basierend auf den Untersuchungen mit<br />
kommunalen Gruppen in jedem der vier<br />
Länder sollen unten stehende Inhalte<br />
Empfehlungen dazu geben, was vorhanden<br />
sein muss, um die richtigen Bedingungen<br />
für dauerhaft wirksame kommunale<br />
Maßnahmen zu ermöglichen. Zudem sollen<br />
auch Rückschlüsse auf die von Regierungen<br />
auszuführenden Maßnahmen gezogen<br />
werden, mit Hilfe welche die entsprechenden<br />
lokalen Ansätze in einen nationalen Kontext<br />
eingebunden und genutzt werden können.<br />
Die Arbeit zur Schaffung einer Umgebung,<br />
in welcher die Gesamtheit der Maßnahmen<br />
größer ist als die Summe ihre Teile, d. h. in<br />
Richtung einer Wirklichkeit, in der lokale<br />
innovative Lösungen den Klimawandel<br />
bekämpfen und die so sehr benötigten<br />
Dienstleistungen sicherstellen und<br />
wirtschaftlichen und kulturellen Reichtum<br />
erschaffen.<br />
Einfache Gestaltung des Übergangs<br />
kommunaler Organisationen in<br />
formellere Strukturen<br />
Die Entwicklung von einer losen Vereinigung<br />
hin zu einer formalen Rechtseinheit<br />
ist schwierig, zeitaufwändig und kann<br />
Personen, die das Projekt anfänglich<br />
gestartet haben, abschrecken. Sie kann<br />
aber auch als Herausforderung gesehen<br />
werden, die entsprechende bzw. richtige<br />
Struktur zu finden, durch welche der Ethos<br />
der Organisation auch in der neuen Form<br />
aufrechterhalten werden kann. Es ist ein<br />
höheres Maß an Unterstützung notwendig,<br />
um Organisationen bei der Umsetzung<br />
dieses Übergangs zu unterstützen.<br />
Regierungen bieten Unternehmen<br />
traditionell in der Aufbauphase praktische<br />
Unterstützungsleistungen an, dies gilt aber<br />
weniger für kommunale Initiativen.<br />
Es gibt offensichtliche Vorteile, die es<br />
mit sich bringt, wenn sich eine Kommune<br />
mobil und effektiv entwickelt. Aufgrund<br />
der damit verbundenen Komplexitäten<br />
und Schwierigkeiten, die darin liegen,<br />
diese Dinge ordnungsgemäß auszuführen,<br />
muss mehr Unterstützung in Sachen einer<br />
entsprechenden Infrastruktur geleistet<br />
werden, um kommunale Organisationen<br />
bei der Formalisierung und offiziellen<br />
Ausrichtung ihrer Aktivitäten zu<br />
unterstützen.<br />
34
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Sicherstellung nachhaltiger und<br />
vielschichtiger Finanzierungsmethoden<br />
Die finanzielle Nachhaltigkeit ist ein<br />
Schlüsselbelang für alle. <strong>Eine</strong> Gruppe<br />
wächst häufig mit der Unterstützung<br />
von Subventionen. Allerdings kann die<br />
Verfügbarkeit solcher Finanzierungen<br />
nicht immer garantiert werden (und<br />
insbesondere nicht in diesem momentanen<br />
wirtschaftlichen Klima), wodurch entweder<br />
schon laufende Maßnahmen gefährdet oder<br />
zukünftige Aktivitäten eingeschränkt werden.<br />
Darüber hinaus verringert das allgemeine<br />
wirtschaftliche Klima auch die Möglichkeiten<br />
zur Entwicklung <strong>unterschiedlicher</strong> und<br />
vielschichtiger Einkommensströme. Der<br />
Versuch der Etablierung nachhaltiger<br />
Strukturen kann oft zu einer kurzfristigen<br />
Finanzierung (nicht strategisch bzw.<br />
langfristig) führen, die nicht sehr<br />
vielschichtig ist.<br />
Wenn der private Sektor wieder anspringt,<br />
gibt es natürlich wieder mehr, was getan<br />
werden kann. So kann bspw. das erhöhte Maß<br />
an unternehmerischer Sozialverantwortung<br />
(corporate social responsibility (CSR))<br />
zu kommunale Investitionen bzw.<br />
zum Aufbau von Partnerschaften mit<br />
Unternehmen und anderen privaten Einheiten<br />
führen. Regierungen sollten versuchen,<br />
leistungsstarke Anreize zu schaffen,<br />
um kommunale Finanzierungen durch<br />
Unternehmen auf lokaler Ebene zu erhöhen.<br />
Auf der Ebene der lokalen Regierungen<br />
könnte dies problemlos durch die<br />
Erschaffung eines entsprechenden<br />
auf lokaler Ebene agierenden Forums<br />
ermöglicht werden. Die Fallstudie<br />
Wiesbaden Stiftung (BSW) hebt hervor,<br />
wie philanthropische Ansätze besser<br />
lokal ausgerichtet werden können, indem<br />
Spendenaktionen durch die Einbindung<br />
der breiteren Kommune auf lokale Projekte<br />
zugeschnitten werden.<br />
Auf nationaler bzw. europäischer Ebene<br />
besteht das Bedürfnis nach mehr Beratung<br />
und dem Aufbau entsprechender Strukturen,<br />
die den Unternehmen ermöglichen, ihre<br />
eigenen Ressourcen effektiver einzusetzen.<br />
Auch gibt es noch Entwicklungsmöglichkeiten<br />
für bessere Beratungsleistungen, um die<br />
finanzielle Nachhaltigkeit der kommunalen<br />
Organisationen zu unterstützen. Kommunale<br />
Organisationen, die die Ambition haben,<br />
autonome soziale Unternehmen zu werden<br />
(die ihre eigenen Einkommen und Mittel<br />
generieren), müssen durch entsprechende<br />
Schulungsmöglichkeiten unterstützt werden.<br />
Schaffung dauerhafter Anreize für<br />
kommunale Eigenverantwortung<br />
Wir haben gesehen, dass viele kommunale<br />
Organisationen eine Art „von der Hand<br />
in den Mund“ Dasein führen. Hier ist ein<br />
Wandel notwendig, um sicherzustellen,<br />
dass die kommunalen Initiativen besser<br />
ausgestattet und unterstützt werden, um in<br />
eine Position zu bringen, die eine erfolgreiche<br />
Bewerbung um lukrativere und langfristigere<br />
Finanzierungen und Verträge ermöglicht.<br />
Das zentrale Unterfangen dieser<br />
Organisationen besteht im sozialen Wert,<br />
den diese schaffen. Wie aber kann dieser<br />
weitläufiger anerkannt und geschätzt<br />
werden? Diese Organisationen reagieren<br />
oft auf entweder ein Versagen des Marktes<br />
oder auf ein Versagen der öffentlichen<br />
Dienstleister. Auch gibt es signifikante<br />
Barrieren in diesen Märkten bzw. sogar beim<br />
Eintritt in diese Märkte. Wo sogenannte<br />
‘negative’ Maßnahmen von Regierungen<br />
eingeleitet werden, die ein entsprechendes<br />
Vakuum erschaffen, sollte dies durch<br />
‘positive’ Anreize für kommunalen Besitz<br />
kompensiert werden.<br />
Im Vereinigten Königreich versucht dies das<br />
„Right to Challenge“ zu adressieren, wird<br />
aber wohl nur einen Beauftragungsprozesse<br />
auslösen, der stets die entsprechenden<br />
Amtsinhaber bevorzugt.<br />
In Portugal existieren Strukturen, die ‘Private<br />
Institution of Social Solidar’ genannt werden<br />
und welche von Steuerbefreiungen und<br />
einem einfachen Zugang zu öffentlichen<br />
Daten und Informationen profitieren.<br />
35
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
Wohltätigkeitsorganisationen profitieren<br />
zwar schon von gewissen Begünstigungen,<br />
dennoch gibt es aber Gründe, sowohl die<br />
Form der Organisationen, die Vorteile<br />
daraus ziehen, als auch den Umfang dieses<br />
Vorteils zu ändern und erweitern, indem<br />
der soziale Wert im Beschaffungs- und<br />
Finanzierungsprozess anerkannt wird.<br />
Die EWS Fallstudie scheint einen anderen<br />
Ansatz zu empfehlen, in welchem ein<br />
Referendum dahingehend abgehalten<br />
wurde, das traditionelle Monopol der<br />
Energieversorgung abzulösen. Hier waren<br />
die kommunalen Organisationen in der<br />
Lage, die Herzen und auch die Ratio der<br />
breiteren Bevölkerung durch effektive auf<br />
lokale Belange ausgerichtete Kampagnen<br />
zu gewinnen, die eine große Bedeutung für<br />
die Mitglieder der lokalen Kommune hatten.<br />
Auch sollte diese Tatsache stets im Zuge<br />
des es Beschaffungsprozesses<br />
Berücksichtigung finden.<br />
Entwicklung von Potenzialen und<br />
Fähigkeiten<br />
Der öffentliche Sektor hat den kommunalen<br />
Initiativen viel zu bieten, was die Entwicklung<br />
bestimmter Fähigkeiten und anderer<br />
Ressourcen betrifft. Da, wie wir beobachten,<br />
lokale Regierungen als Reaktion auf<br />
das wirtschaftliche Klima immer kleiner<br />
werden (also auch als Auftraggeber<br />
Bedeutung verlieren), benötigen Kommunen<br />
entsprechende Unterstützung und<br />
Hilfestellungen, um die Erbringung der<br />
lokalen Dienste innovativer gestalten zu<br />
können. Wenn benachteiligte Kommunen<br />
zielgerichteter unterstützt werden, sprich<br />
deren Potenziale zielgerichteter aufgebaut<br />
werden, hilft dies sicherzustellen, dass<br />
Ausgabenkürzungen nicht zu größeren<br />
Ungleichheiten in den Kommunen führen.<br />
Zuweilen kann die lokale Regierung eine Rolle<br />
einnehmen, in welcher sie entsprechende<br />
neue Verantwortungsbereiche schafft,<br />
sprich sie muss beurteilen, wo Dienste an die<br />
Kommune ausgelagert werden können, um<br />
die Entwicklung der Dienste zur Zufriedenheit<br />
der Öffentlichkeit sicherzustellen.<br />
Größere Anerkennung muss auch den<br />
eindrucksvollen Führungsfähigkeiten, die<br />
den besten kommunale Initiativen zu Eigen<br />
sind, gezollt werden. Weiterhin müssen wir<br />
ein besseres Verständnis davon erlangen,<br />
wie wir diese Erkenntnisse teilen und<br />
weitergeben können und wie im Teufelskreis<br />
der Transformation ein Erfolg zu einem<br />
anderen führen kann. Es sollten Ansätze<br />
vorhanden sein bzw. entwickelt werden,<br />
um den Wissenstransfer zwischen den<br />
Kommunen zu vereinfachen und um<br />
Kommunen eine Plattform zu geben, auf<br />
der sie die gute Arbeit, die sie tun, auch<br />
öffentlich präsentieren können.<br />
36
„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
1<br />
http://ec.europa.eu/internal_market/social_business/index_en.htm<br />
2 Viel vom Instituts Österreichs zur KME-Forschung (2007): Study<br />
on Practices and Policies in the Social Enterprise Sector in Europe<br />
3<br />
4<br />
6<br />
Volunteering across Europe, SPES, Italien 2010<br />
Ibid<br />
(Statistiken vom Dezember 2009)<br />
9<br />
11<br />
Das Dreierkomitee aus Europäischer Kommission, Europäischer<br />
Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds, das die<br />
finanzielle Rettung von Portugal organisiert<br />
Spear, Roger (2009) “European perspectives on social enterprise”<br />
in Paul Hunter (ed) Social Enterprise for Public Service: How Does<br />
the Third Sector Deliver?<br />
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„It’s <strong>Our</strong> <strong>Community“</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>unterschiedlicher</strong> Strategien und Ansätze<br />
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