winter/zima 2004/2005 - Pavlova hiša
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Im März 1944 okkupierten die Deutschen Ungarn, womit sie auch das<br />
Schicksal der Juden besiegelten. Den Nazis und ihren ungarischen<br />
Helfern gelang es mit Mitteln, die die staatliche Behörde zur Verfügung<br />
stellte, in weniger als vier Monaten, Ungarn (mit Ausnahme von<br />
Budapest) „judenrein“ zu machen. Nirgendwo in Europa, wo die Nazis<br />
herrschten, gab es einen ähnlichen Prozess. Während des Holocausts<br />
verloren mehr als eine halbe Million Menschen mit ungarischer<br />
Staatsbürgerschaft, die man zu den Juden zählte, ihr Leben.<br />
Tapolca, Keszthely, Zalaszentgrótu und Sümeg. Auf der Liste<br />
fehlte Nagykanizsa, weil es dort bereits ein Internierungslager gab.<br />
Nagykanizsa liegt in einem Gebiet des Komitats Zala, das man<br />
Anfang April 1944 zum Manövergebiet des Heeres erklärte. Wegen<br />
der aufgezählten Gründe begann man mit der Vertreibung, die auch<br />
das Prekmurje und Medžimurje sowie die Bezirke Doljna Lendava,<br />
Čakovec, den südlichen Teil des Komitats Somogy und Prelog erfasste.<br />
8740 Juden wurden gefangen genommen.<br />
Obwohl die Verordnung über die Übersiedelung von Juden erst<br />
am 26. April 1944 verabschiedet wurde, erarbeiteten deutsche und<br />
ungarische Funktionäre, die sich um das Programm der Endlösung<br />
bemühten, schon am 4. April die Details der Gettoisierung. Bei der<br />
Errichtung der Gettos waren ihnen die „reichen Erfahrungen“ der<br />
anderen europäischen Länder eine Hilfe, die von den Nazis besetzt<br />
worden waren. Weil Lászlo Endre erst am 9. April offiziell zum<br />
Innenminister ernannt wurde, war das Dokument (6163/1944 B. M.)<br />
mit der Unterschrift von Lászlo Bakya versehen und wurde am 7. April<br />
als streng vertraulich herausgegeben. In der Verordnung, die man den<br />
Vertretern der lokalen Organe der Staatsmacht zuschickte, wurden<br />
die einzelnen Schritte im Zusammenhang mit der Gettoisierung,<br />
Konzentration und Deportation der Juden angeführt: „Die ungarische<br />
königliche Herrschaft wird in kurzer Zeit den Staat von allen Juden<br />
reinigen. Die Säuberung verordne ich nach Gebieten, die jüdische<br />
Bevölkerung ist, unabhängig von Geschlecht und Alter, in Sammellager<br />
zu überführen. In Städten und größeren Orten wird später ein Teil der<br />
Juden in jüdischen Bauten, die die Polizeiorgane bestimmen werden,<br />
bzw. in Gettos untergebracht.“ Das Dokument bestimmte auch, dass das<br />
Sammeln der Juden die zuständige Gebietspolizei und die ungarischen<br />
königlichen Gendarmen auszuführen hatten. Baky befahl in seiner VII.<br />
(1944/6136) geheimen Verordnung vom 4. April allen Bürgermeistereien,<br />
der Polizei und der Gendarmerie, zusammen mit den jüdischen<br />
Organisationen Listen der Juden vorzubereiten. Sie hatten 48 Stunden<br />
zur Verfügung, um die Listen mit Personen jüdischer Herkunft, mit<br />
ihren Familienmitgliedern und mit Angabe des Wohnortes und<br />
Berufes in vierfacher Ausführung vorzulegen. Sie arbeiteten unter der<br />
Führung des ungarischen Kommandos für die Entjudisierung und<br />
in enger Zusammenarbeit mit Eichmanns „Sonderkommando“, ihr<br />
Führer war der Oberstleutnant der Gendarmerie, László Ferenczy. Im<br />
Plan für die Gettoisierung und Deportation waren sechs nach Gebieten<br />
getrennte „Säuberungsaktionen“ vorgesehen. Der Staat wurde in sechs<br />
Aktionszonen eingeteilt, zu jeder gehörten ein oder zwei Gendarmerie-<br />
Gebiete. Die Geschichte des Komitats Zala wurde Teil der V. Zone.<br />
Die Verordnung Nr. 18.024 vom 4. Mai 1944 des Bürgermeisterstel<br />
lvertreters bestimmte die Gründung von Gettos in Zalaegerszeg,<br />
Am 26. April 1944 kam ein Abgesandter der ungarischen Regierung<br />
nach Lendava und erließ den Befehl, die Juden in der Synagoge zu<br />
versammeln. Die ungarischen Gendarmeriebeamten forderten<br />
die lokale jüdische Bevölkerung auf, sich bis zum Abend im<br />
Gebetshaus zu melden. Sie durften nur ein 25 kg schweres Paket mit<br />
Nahrungsmitteln, warmer Kleidung und Schuhwerk, geeignet für<br />
Fußmärsche, mitnehmen. 57 jüdische Familien wurden über Nacht<br />
in der Synagoge eingesperrt. Auch auf die Toilette, die im Hof lag,<br />
begleiteten sie die Gendarmeriebeamten. Viele versteckten dort ihr<br />
Gold bzw. Geld sowie die Wertsachen, die sie bei sich hatten. Am<br />
nächsten Tag führte man die Juden von Lendava nach Čakovec und<br />
übergab sie der Gestapo. Von dort überstellten sie die Deutschen in<br />
verschlossenen Viehwaggons nach Nagykanizsa.<br />
Zwischen dem 26. und 28. April 1944 brachte man die Juden des<br />
Komitats Zala, das Sammeln dauerte nur drei Tage, in Nagykanizsa<br />
an drei verschiedenen Orten unter. In die Wirtschaftsschule<br />
presste man 600 – 700 Menschen, vor allem aus der Umgebung von<br />
Nagykanizsa, Prekmurje und Medžimurje. In die Handelsschule, den<br />
Kindergarten und das Altersheim quetschte man ca. 600 Menschen<br />
und in die Synagoge sowie in der Hauptstraße 500 – 600 Personen<br />
aus Nagykanizsa. Die Gettos glichen Internierungslagern und<br />
waren vollkommen voneinander getrennt. Zuerst wurden die Juden<br />
von den Deutschen bewacht, dann von den Gendarmeriebeamten.<br />
Lajos Hegyi, damaliger Bürgermeisterstellvertreter, tat alles, um das<br />
Leid der Juden zu mildern. Er unterhielt sich mehrmals mit dem<br />
Vorsitzenden des jüdischen Rates, Dr. Jenő Halphen, und besorgte<br />
größere Mengen an Nahrungsmitteln. Er erreichte auch, dass zur<br />
Untersuchung des Gesundheitszustandes der Menschen ein Amtsarzt<br />
die Lager besuchte. Bereits am 28. April wurde die erste Gruppe, ca.<br />
800 Personen, aus dem Lager abgeführt.<br />
In Nagykanizsa waren die Juden von Lendava nur wenige Tage<br />
beisammen, denn mit einem Transport, in dem Menschen<br />
verschiedenen Alters waren, von 17 bis 60 Jahren, führte man sie<br />
nach Auschwitz. Als sie im Lager ankamen, traten sie durch ein Tor,<br />
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