winter/zima 2004/2005 - Pavlova hiša
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sie hatten alle Rechte der anderen Mitglieder, sie wurden aber aller<br />
Verpflichtungen entbunden) und evidentierte Mitglieder (Söhne<br />
ordentlicher Mitglieder, die jünger als 24 Jahre waren, die mit dem<br />
18. Lebensjahr das Tätigkeits- und Wahlrecht erworben hatten und,<br />
wenn sie sich verpflichteten, den Mitgliedsbeitrag zahlen und alle<br />
Verpflichtungen erfüllen würden).<br />
Der Verein hatte auch eigene Einkünfte, die sich durch<br />
Einschreibgebühren, Mitgliedsbeiträge, Sterbegeld, Kirchenbeiträge,<br />
Zinsen aus den Fonds und Kranzspenden ergaben.<br />
An der Wand der kürzlich renovierten Totenkapelle befinden sich zwei<br />
Gedenktafeln. Auf der einen ist folgende Aufschrift: „Zum Gedenken<br />
an die Begrabenen auf dem Friedhof in Beltinci.“ Die zweite Tafel<br />
trägt eine wertvolle Mitteilung, die lautet: „Dieses Totenhaus wurde<br />
im 30. Jahr der verdienstvollen Tätigkeit des Jakab Schwarz, der<br />
Vorsitzender des Vereins Hevra Kadisch war, im 5666. synagogischen<br />
Jahr beziehungsweise im Jahr 1906 unter der Führung geschickter<br />
Vorsteher und der gewissenhaften Aufsicht des Bauausschusses<br />
erbaut …“<br />
Nur wenige Juden von Lendava überlebten den Zweiten Weltkrieg<br />
und kehrten zurück. Auf dem Friedhof von Dolga vas stellte man<br />
einen einfachen Grabstein aus weißem Marmor im Gedenken an all<br />
jene auf, die nicht zurückkehrten und deren sterbliche Überreste für<br />
immer in der fremden Erde in der Umgebung von Auschwitz liegen.<br />
Das einzige Schmuckelement auf dem Gedenkstein ist ein geknickter,<br />
trockener Baumstamm, der das Schicksal der Juden unserer Stadt<br />
symbolisiert.<br />
Die Familie Blau. Als Erster aus der Familie Blau zog der Großvater<br />
von Lajos Blau, Sándor Blau, mit seiner Frau nach Doljna Lendava. Das<br />
war im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Sie eröffneten das Gasthaus<br />
in der jetzigen Bahnhofstraße/Kolodvorska ulica. Neben dem Gasthaus<br />
hatten sie auch einen Garten. Deswegen und wegen der guten Speisen<br />
und Getränke wurden viele Feste in Blaus Gasthaus gefeiert. Sándor<br />
Blau und seine Frau Hána starben schon vor dem Zweiten Weltkrieg.<br />
Beide sind auf dem Friedhof von Dolga vas begraben.<br />
Ihr Sohn Henrik Blau wurde 1875 in Petišovci geboren. Er machte eine<br />
Lehre als Kaufmann und eröffnete sein erstes Geschäft im Brenner-<br />
Haus in Doljna Lendava um das Jahr 1902 herum. Ab 1907 hatte er<br />
28 Jahre lang ein Geschäftslokal im Tomko-Haus in Pacht. Mit seiner<br />
Frau Malvina (geboren im Jahr 1882 in Páki, Ungarn) hatte er drei<br />
Kinder: Lajos und Jenöj, der Apotheker lernte und im März 1945 bei<br />
der Zwangsarbeit im Ort Ágfalva Selbstmord beging, und die Jüngste,<br />
Margit, die nach Zalaegerszeg heiratete, von wo sie mit ihrem Mann,<br />
einem Buchhändler, ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert<br />
wurde, wo beide umkamen.<br />
Lajos Blau wurde am 28. Juli 1903 in Doljna Lendava geboren, wo er<br />
die Grund- und Bürgerschule besuchte; 1921 maturierte er auf der<br />
höheren Handelsschule in Zalaegerszeg. Dann lebte er zweieinhalb<br />
Jahre als Volontär in Wien, wo er Deutsch lernte. Man berief ihn zum<br />
Heer und er kehrte als Leutnant zurück. 1925 gründete er zusammen<br />
mit Béla Eppinger ein Unternehmen, in dem bis zum Jahr 1933<br />
Regenschirme produziert wurden; während der Jahre 1933 – 1935<br />
führten beide die Unterwäsche-Fabrik Jadran. 1928 gründeten Lajos<br />
Blau und Jenő Bartos eine Strickerei. 1934 kaufte die Familie Blau<br />
ein Haus in der Hauptstraße in Doljna Lendava. Lajos Blau heiratete<br />
im Sommer 1935 die Tochter des Dr. Mór Preis, Magda; drei Jahre<br />
später, am 24. März 1938, wurde ihre Tochter Lívia Zsuzsanna<br />
geboren, jedoch hielt das Familienglück nicht lange an. Im selben Jahr<br />
verlegten sie nämlich die Strickerei wegen der nahenden Deutschen<br />
nach Karlovac in der Hoffnung, dass sie dort Hitlers Macht nicht<br />
erreichen würde. Leider irrten sie sich. Magda und Livia, Mutter und<br />
Tochter, deportierte man zusammen mit anderen Juden aus Lendava<br />
nach Auschwitz, von wo sie nicht mehr zurückkehrten.<br />
Der Ehemann bzw. Vater Lajos Blau überlebte den Krieg als<br />
Kriegsgefangener. Am 22. April 1941 hatte man auch ihn, der Offizier<br />
der jugoslawischen königlichen Armee war, in ein Gefangenenlager<br />
gebracht, 6–7 km entfernt von Osnabrück, wohin man noch ca.<br />
5000 andere jugoslawische Offiziere überstellte. Die Juden wurden<br />
als gefährliche Elemente isoliert, trotzdem durften sie sich im Lager<br />
frei bewegen und während der viereinhalb Jahre der Gefangenschaft<br />
den Leuten daheim schreiben. Zum Onkel und gleichzeitigen Partner<br />
Jenő Bartos in Karlovac kehrte Lajos am 5. September 1945 zurück. Er<br />
wohnte und arbeitete bei ihm. 1946 lernte er Klara Kelemen, geboren<br />
in Čakovec, kennen, die den Holocaust überleben konnte, indem sie<br />
sich versteckte; sie verlor aber Mann und Sohn. Nach der Rückkehr<br />
nach Lendava im April 1948 heiratete Herr Blau Klara Keleman.<br />
Gemeinsame Kinder gab es nicht. Klara Blau starb im Mai 1997,<br />
ihr Mann folgte ihr im Jänner 1998. Beide ruhen auf dem jüdischen<br />
Friedhof von Dolga vas.<br />
Weg in die Krise und in den Holocaust. Mit dem Friedensvertrag von<br />
Paris, unterzeichnet am 4. Juni 1920, war die Abtrennung des heutigen<br />
Prekmurje von Ungarn bestätigt. Die Siegesmächte ignorierten in<br />
hohem Maße die Selbstbestimmung, die Wilson vertreten hatte. Der<br />
historische Staatskörper wurde zerteilt und die Grenzen festgesetzt,<br />
ohne die demographischen, topographischen oder ökonomischen<br />
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