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winter/zima 2004/2005 - Pavlova hiša

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den einige Katzerl hierhin, die anderen dorthin verschenkt. Ein organisatorischer Aufwand war es für sie hier<br />

oben, in einem kleinen Weiler im Kanaltal unweit der italienisch-slowenischen Staatsgrenze, jedes Mal. Etwas<br />

besorgt um die beiden Tiere, aber dennoch von der Richtigkeit ihres Handelns überzeugt, meint sie: „Ist halt<br />

auch ein Luxus!“ und krault der „Katzenomi“ das Fell. Die hat das ganze schon hinter sich und lässt sich die<br />

ungeteilte Aufmerksamkeit für den Moment gerne gefallen.<br />

Obwohl einer der größten Verkehrkorridore Europas, das Kanaltal, gerade einmal 5 Kilometer entfernt liegt,<br />

scheint in diesem Weiler die Zeit still zu stehen. Seit 4 Jahrzehnten lebt Frau Kristina hier oben, mit sagenhaftem<br />

Ausblick auf den Mangart, die Ponzen und den Travnik – drei imposante Gipfel der Julischen Alpen. Aufgewachsen<br />

ist sie unten im Tal, in der Ortschaft Fusine in Valromana, oder auf deutsch Weissenfels, oder auf<br />

slowenisch Bela Peč. Ihr Mann hat sie dann auf seine Wirtschaft hier oben mitgenommen. Heute teilt sie sich<br />

das Privileg auf diese Naturkulisse nur noch mit einem Nachbarn, denn ihr Martin sowie die Frau des Herrn<br />

Simmerl sind schon vor einigen Jahren verstorben. Nur mehr zwei der sechs Wirtschaften sind damit ständig<br />

bewohnt, doch langweilig wird es Frau Kristina trotzdem nicht. Da gibt es die vielen Forstarbeiter, die hier unterwegs<br />

sind. Ständig ziehen Wanderer und neuerdings auch Mountainbiker an ihrem Haus vorbei, und gerade<br />

ist ihre Tochter, die nach Pisa geheiratet hat, auf Besuch. Und natürlich gibt es die beiden Familien, die hier ihre<br />

Wochenendhäuser haben. Claudio aus Triest und seine Familie werden klarerweise auf Italienisch begrüßt.<br />

Kommen Sieglinde oder Daniela aus Graz, deren Omi bzw. Uromi hier lebte, werden sie so wie ich mit Frau<br />

Kristinas wundervollem, kärntnerisch gefärbtem Deutsch bezaubert, einem Dialekt, denn Frau Kristina auch<br />

an ihre beiden Kinder weitergeben konnte.<br />

Einige Tage später und nur wenige Kilometer weiter westlich im Kanaltal sitze ich auf der Veranda der Fremdenpension<br />

„Pr’Krajncu“. Ich unterhalte mich mit dem Hausherrn, Herrn Rudi Bartaloth. Auch der Talboden<br />

rund um das Dorf Valbruna/Wolfsbach/Ovčja vas gibt einen dieser beeindruckenden Ausblicke auf die Julischen<br />

Alpen frei, diesmal auf die Felswände des Wischbergs und des Montasch. Über die riesigen Rohre, die<br />

100 Meter entfernt gerade unterirdisch verlegt werden und einmal die inzwischen dritte Erdgaspipeline darstellen<br />

sollen, die durchs Kanaltal führt, schauen Hausherr und ich souverän hinweg: Schließlich verschwindet<br />

bald alles im Boden und wird damit garantieren, dass dieser Ausblick niemals verbaut wird. Mehr Sorgen bereitet<br />

Herrn Bartaloth da der regnerische August. Gerade einmal 6 bis 8 Wochen dauert im Kanaltal die Sommersaison,<br />

und von einem Hitzesommer wie 2003, der zusätzliche Gästescharen bescherte, können die Touristiker<br />

im Kanaltal heuer nur träumen. Mit seinen Gästen, die, wie er mir erzählt, im Sommer hauptsächlich aus<br />

Italien kommen, unterhält er sich naturgemäß in der Landessprache. Schließlich schaut auch noch seine Tochter<br />

vorbei, die mich auf Italienisch und Slowenisch begrüßt. Und wir beide unterhalten uns: auf Slowenisch.<br />

Das Kanaltal, die Einkaufstadt Tarvis, die Autobahn und die neue Pontebbana ... in der Gegend, in der die Dächer<br />

plötzlich aus rostrot lackiertem Blech sind, denken die meisten Österreicher aufgrund der italienischen<br />

Wegweiser, Reklamen und Mautstationen an die ersten Anzeichen von Urlaub: Und trotz der beeindruckenden<br />

Gebirgskulisse – sofern man sie ob der vielen Tunnel überhaupt wahrnehmen kann – bleibt das Kanaltal<br />

ein lästiger, zeitraubender Zwischenort auf dem Weg in den heiß ersehnten Süden. Zwiespältige Gefühle birgt<br />

dann die Rückreise durchs Tal, wenn den Österreichern die Felsabhänge links und rechts, das Flussbett der Fella<br />

in der Mitte, verkünden: Vorbei ist‘s mit dem Süden! (Slowenen erleben diese Empfindung des Heimkommens<br />

für gewöhnlich schon viel früher, irgendwo in der friulanischen Ebene vor Palmanova – nämlich dort,<br />

wo sich je nach Wetter der Karstrand und die Gipfel der Östlichen Julier abzeichnen ...)<br />

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