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winter/zima 2004/2005 - Pavlova hiša

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Wir in Slowenien, die in Brüssel?<br />

Eine Studie vor und nach dem EU-Beitritt zeigt: Wirklich wichtige Themen<br />

wurden medial ausgeklammert<br />

å Text<br />

Gabriele Russ<br />

„Zuerst Feiern, danach der Tag der Wahrheit“: Auch in Slowenien ist nur drei Monate nach den euphorischen<br />

Feiern anlässlich des EU-Beitritts Ernüchterung eingekehrt. Die Parallelen zu österreichischen Verhältnissen<br />

sind verblüffend. Was aus den hoch gesteckten Erwartungen des einstmals in der EU wohlwollend erwarteten<br />

südlichen Nachbarn geworden ist, fasst eine führende Tageszeitung so zusammen – die Bürger finden Brüssel<br />

„zum Gähnen“. Eine substanzielle Auseinandersetzung mit den wirklich wichtigen Themen – etwa mit der<br />

Frage nach der „Balkan-Vergangenheit“ und ihrer Bewältigung, mit der Rolle des Nationalismus oder den sich<br />

aufdrängenden Fragen nach der Identität des kleinen Landes in der neuen europäischen Geografie – wurde in<br />

den Medien weitgehend ausgeklammert. Stattdessen dominierte der Gefühls-Journalismus.<br />

Déjà-vu in den Medien. Gurkenkrümmung, Normmaße für Bierkrüge, ungebremste organisierte Kriminalität,<br />

wirtschaftliches Unter-die-Räder-Kommen, Zerschellen im großen Ozean eines undefinierbar gewordenen<br />

europäischen Einheitsbreis – in Österreich wurde Mitte der 90er Jahre viel politisches Kleingeld mit diesen<br />

Schlagworten gemacht. Und dann auch noch der Euro.<br />

Annähernd zehn Jahre später ist – zumindest aus der medialen Perspektive – vor dem und rund um den EU-<br />

Beitritt Sloweniens alles beim Alten geblieben: Die führenden Medien des Landes blieben weitgehend in oberflächlichen<br />

Diskussionen über das historische Ereignis stecken. Die veröffentlichte Meinung kreiste auch beim<br />

südlichen Nachbarn genau um jene Perspektiven, für die der scheidende EU-Kommissar Franz Fischler kein<br />

Verständnis finden konnte: „Wir da in Österreich – die in Brüssel“, befand Fischler zum Abschied, 1 das sei<br />

keine der Gemeinschaft angemessene Haltung, auch wenn er sich an der schlechten Stimmung in Österreich<br />

gegenüber der EU mitunter „mitschuldig“ 2 fühle.<br />

Populismus, Rührseligkeit und Schwarz-Weiß-Malerei. Der Studiengang „Journalismus und Unternehmenskommunikation“<br />

an der FH JOANNEUM hat sich der Mechanismen in der öffentlichen Meinung rund um<br />

den EU-Beitritt am 1. Mai intensiv angenommen. Worauf würden die rund zwei Millionen Einwohner hoffen,<br />

welche Ängste, welche Ressentiments würden aufkeimen? Welche Rolle spielt die Frage der Identität in einem<br />

Land, das gerade einmal 15 Jahre lang als souveräner, unabhängiger Staat stolz auf seine Eigenständigkeit sein<br />

durfte, ehe es sich der EU-Staatengemeinschaft anschloss?<br />

Öffentliche Meinung ist vielfach veröffentlichte Meinung. Die Medienbeobachtung konzentrierte sich deshalb<br />

auf die drei Monate vor und die drei Monate nach dem EU-Beitritt. Ins Visier genommen wurden die<br />

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