winter/zima 2004/2005 - Pavlova hiša
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Ähnlich liegt die Sache ja im Fernsehen, speziell in FS1, wo<br />
es Länge mal Breite Thriller, Western, Horror, Äkschn, Sex<br />
and Crime, Mord und Vergewaltigung, Krieg und Prügelei<br />
gibt. Das Programm wird immer mehr zu einer Hochschule<br />
der Gewalt, noch dazu brutal und schnoddrig synchronisiert.<br />
Dem österreichischen Film geht es daneben nicht gut.<br />
Und so schlittern wir immer mehr in einen Masseneintopf.<br />
Den darf sogar in Amerika eine machtlose Minderheit, die<br />
Narrenfreiheit hat, kritisieren. Neil Postman gehörte dazu<br />
mit seinem Buch „Wir amüsieren uns zu Tode“, in dem er<br />
das amerikanische Fernsehgeschäft kritisierte, wo alles lustig<br />
sein muss, wo es nur mehr Entertainment gibt, Information<br />
ist Infotainment und Education wird Edutainment.<br />
Alles muss Spaß machen. Auf diese Weise werden die Leute<br />
von ihren eigenen Problemen abgelenkt, sind ruhig gestellt,<br />
sie können konsumieren und das reicht ihnen. Job<br />
und Konsum, so platt wie nur möglich.<br />
spräche mit Amerikanern haben mich verblüfft, als nach<br />
spätestens fünf Minuten vom Geld die Rede war. Leitmotiv<br />
Geld, Geldgier, überhaupt Gier, Lebensgier. Das braucht<br />
Geld, das braucht x-beliebige Beschäftigung, einen Job. Die<br />
Befriedigungskette dieser Massenkultur heißt dann: job<br />
- money - fast food - mass events - fun - sex around the<br />
clock. Ein unsäglich hohler Lifestyle, in neuer deutscher<br />
Rechtschreibung „laifs tajl“. Wenn es dabei auf die Sprache<br />
ankommt, genügt Partyenglisch, zwei- oder dreihundert<br />
Wörter. Shakespeare braucht es wirklich keinen mehr.<br />
Entertainment um jeden Preis. Das wird den Leuten bei<br />
uns medial intensiv eingetrommelt. Am besten geht das<br />
über die Schiene Unterhaltung. Ö3 sendet zum Beispiel<br />
bis zum Überdruss anglo-amerikanische Musik. Österreichische<br />
Künstler, Musiker, Sänger haben wenig Chancen<br />
dranzukommen. Da wird um teures Geld eine Menge<br />
Kitsch importiert und die Österreicher stehen daneben.<br />
Wenn österreichische Hörer/innen hohe Beiträge zahlen,<br />
müssten auch viel mehr Künstler und Künstlerinnen aus<br />
Österreich ins Programm kommen.<br />
Es gibt immer wieder Verhandlungen in der Welthandelsorganisation<br />
über die Abschaffung von Zöllen. Da sind<br />
natürlich die mächtigen USA daran interessiert, alle Zölle<br />
abzuschaffen, die sie behindern. Im freien Handel kommt<br />
der Stärkere durch. Da gibt es aber einen heftigen Widerstand<br />
von Europäern, die dafür eintreten, die audiovisuelle<br />
Kultur davon auszunehmen. Die Amerikaner hätten ungeheures<br />
Interesse, ihre Filme und ihre industrielle Volksmusik<br />
zollfrei über Europa hernieder prasseln zu lassen. Diese<br />
Ausnahme für Kultur, die exception culturelle, wurde von<br />
Europäern, an der Spitze von den Franzosen, mit Zähnen<br />
und Klauen verteidigt und das muss so bleiben.<br />
Was ist Kultur? Vielleicht sollte ich an dieser Stelle eine von<br />
vielen möglichen Definitionen von Kultur bringen, die jener<br />
ähnlich ist, die sich der Europarat für seine Arbeit gesetzt<br />
hat. „Kultur ist alles, was dem Individuum erlaubt,<br />
sich gegenüber der Welt, der Gesellschaft und auch gegenüber<br />
dem heimatlichen Erbe zurecht zu finden. Alles, was<br />
den Menschen anregt, seine schöpferischen Kräfte zu entdecken<br />
und zu entfalten; Kultur sind Werke und Ereignisse,<br />
die der Mensch mit diesen Kräften schafft. Kultur ist<br />
alles, was dazu führt, dass der Mensch seine Lage besser begreift,<br />
um sie unter Umständen verändern zu können.“ Das<br />
ist eine Definition, die offenbar mit dem kulturgeschichtlichen<br />
Phänomen der Aufklärung zu tun hat. Sie hat mit<br />
klarer Sicht zu tun. Da muss ich ein paar Bemerkungen ein-<br />
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