winter/zima 2004/2005 - Pavlova hiša

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03.11.2013 Aufrufe

Die slowenische Bevölkerung in Mureck Ein Interview mit Dieter Dorner å Text Elisabeth Arlt Wirft man einen Blick auf die Geschichte der Stadt Mureck und ihrer Umgebung, so scheint dort keine slowenischsprachige Bevölkerung existiert zu haben. Dass dem aber keineswegs so ist, weiß der bekannte Radiomoderator Dieter Dorner, der, da er selbst in Mureck lebt, viel über die slowenische Besiedelung der Murecker Gegend erzählen kann. Bis zum Jahr 1919 gehörten alle Gemeinden auf heute slowenischer Seite zum Pfarrsprengel Mureck. Deshalb war es bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts üblich, dass in Mureck Messen in slowenischer Sprache gelesen wurden. Das kann als besonderer Service an der slowenischen Bevölkerung gesehen werden, die in der Stadt Mureck nachweislich nicht ansässig war. Vielmehr war es üblich, dass sich slowenischsprachige Menschen bei den größeren Bauern als Gesinde oder in der Stadt als Dienstboten verdingten und nach getaner Arbeit wieder in ihre Wohnorte über jenseits der Mur zurückkehrten. In den früheren Jahrhunderten waren die meisten der Slowenischsprachigen in der Landwirtschaft tätig, kaum jemand gehörte dem Bürgerstand an. Einen interessanten Überblick über die Dörfer, die zum Pfarrgebiet Mureck gehörten, findet man im südlichen Seiteneingang der Pfarrkirche von Mureck, wo eine Gedenktafel an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs erinnert, auf der alle Dörfer auf heute slowenischer Seite, die damals zur Murecker Pfarre gehörten, verzeichnet sind. Signal: Es gab und gibt also grundsätzlich keine Slowenen in Mureck? Dorner: An und für sich ja. Es ist so, dass ein Teil des Gebietes über den Windischen Büheln Pfarrgebiet von Mureck war. Es hat z. B. auch die Kirche von Maria Schnee zum Pfarrgebiet von Mureck dazugehört, die Kirche von Sankt Anna, von Sveta Ana, ist von einem Murecker gegründet worden. Davon gibt es noch ein Votivbild in der Sakristei von Sveta Ana, wo darauf hingewiesen wird. Dann hat es eine Kapelle gegeben, vis-à-vis von der heutigen Grenze, am sogenannten Einsiedelberg. Die ist dann abgetragen worden, vom Baumaterial der Einsiedlerkapelle ist die Kirche von Maria Schnee gebaut worden. Man weiß aus Aufzeichnungen, dass der Murecker Pfarrer die Begräbnisse immer beim roten Kreuz in Frattendorf, in Fratja vas, abgeholt hat. Bis dorthin ist er dem Leichenzug entgegengegangen. Das rote Kreuz wurde jetzt am 1. Mai wieder aufgestellt, denn es ist nach 1945 verschwunden. Man weiß auch, dass offensichtlich die Kapuziner in Mureck und Gosdorf sehr freundlich den sogenannten Windischen gegenüber gewesen sein müssen, denn die Klosterkirche wurde - das zeigen Aufzeichnungen - heftig von den Windischen frequentiert, die natürlich auch entsprechende Geld- und Opferspenden hier gelassen haben. Es haben die Forschungen des Herrn Krautgasser ergeben, dass den Murecker Pfarrer das offensichtlich sehr gestört hat, weil ihm diese Einnahmen entgangen sind, und er hat dann die sogenannte Patrizika- 118

Signal: Gab es in der Gegend um Mureck so etwas wie eine slowenische Kultur? Dorner: In den Familien hier auf der Murecker Seite glaube ich nicht, nachdem es ja hier nie Slowenisch sprechende Leute gegeben hat. Die reichen Bürger haben drüben in den Windischen Büheln ihre Besitzungen gehabt, wie es auch üblich war in den Städten damals in der Untersteiermark. Dort hat die deutsche Bevölkerung gelebt und man hat die ansässige Bevölkerung dann als Arbeitskräfte gebraucht oder missbraucht. pelle neben der Kirche gebaut, die dem Heiligen Patrizius, einem Bauernheiligen, geweiht ist. Da gibt es Aufzeichnungen meines Großonkels, des Komponisten Sepp Amschl, der schreibt, dass sein Vater, der Organist in der Kirche war, in Mureck im Organistenhaus, das direkt an die Patrizikapelle angebaut ist, gewohnt hat. Der Onkel Sepp schreibt, dass er als 12jähriger um 1890 herum am Sonntag in der Kapelle - dort gab es keine Orgel - die slowenischen Lieder angestimmt hat, und er wurde auch vom Vater gelobt, weil er das offensichtlich sehr gut gemacht hat. Das ist ein Beweis dafür, dass es bis in diese Zeit hinein in der Patrizikapelle slowenische Messen gegeben haben muss. Ob auch in der Pfarrkirche slowenische Messen abgehalten wurden, ist nicht überliefert. Allerdings gab es einen Pfarrer mit Namen Lopič, dessen Grabstein noch heute an der Mauer um die Kirche angebracht ist. Damit ist der Nachweis erbracht, dass es zumindest einen slowenischen Pfarrer in Mureck gab. Es war damals auch üblich, slowenischsprachige Pfarrer in deutschsprachigen Gebieten einzusetzen. Vom Pfarrer Lopič ist auch überliefert, dass er sich vehement gegen die Umbenennung des Murecker Hauptplatzes in Bismarckplatz gewehrt hat. Signal: Gibt es am Murecker Friedhof Spuren slowenischer Geschichte? Dorner: Am Friedhof gab es das, ich kann mich noch an einen Grabstein gut erinnern, der dann aber, nachdem das Grab aufgelassen worden war, verschwunden ist. Ich bin da leider zu spät gekommen, obwohl ich dieses Zeugnis gerne erhalten gesehen hätte, aber leider ist da die Zeit darüber hinweggegangen. Signal: Haben die Menschen dort alle Deutsch gesprochen? Dorner: An und für sich schon, das war ja auch der Grund, warum ich – wir haben ja einen Besitz in Slowenien drüben, in den Windischen Büheln - nie richtig Slowenisch gelernt habe, da es ja heute noch viele Familien drüben gibt, die durchaus auch zuhause untereinander Deutsch sprechen, und deshalb war die Notwendigkeit nie da, diese Sprache erlernen zu müssen. Ich tue es heute freiwillig und gerne. Signal: Herr Dorner, ich danke Ihnen für das Gespräch. SLOVENSKO Slovensko prebivalstvo v Cmureku / Murecku Intervju z Dieterjem Dornerjem Če pogledamo na zgodovino mesta Cmurek in njegovo okolico, se zdi, da tam ni obstajalo slovensko govoreče prebivalstvo. Da pa ni tako, ve znani radijski moderator Dieter Dorner, ki lahko, ker sam živi v Cmureku, veliko pove o tamkajšnjem slovenskem prebivalstvu. Do leta 1919 so spadale občine, ki so zdaj na slovenski strani, k župnijskemu okrožju Cmurek. Zaradi tega je bilo do začetka 20. stoletja običajno, da so pridige brali v slovenskem jeziku. To lahko vzamemo kot poseben servis za slovensko prebivalstvo, ki – kot je dokazano – ni živelo v mestu Cmurek. Bilo pa je običajno, da so slovensko govoreči ljudje služili pri večjih kmetih ali v mestu kot služinčad ali posli in po opravljenem delu so se vrnili v svoja bivališča onkraj Mure. V prejšnjih stoletjih je bila večina slovensko govorečih zaposlena v kmetijstvu, komaj kdo je pripadal meščanskemu stanu. Zanimiv pregled vasi, ki so spadale k županiji Cmurek, najdemo na južnem stranskem vzhodu župnijske cerkve v Cmureku, kjer spominska tabla spominja na padle vojake prve svetovne vojne in na kateri so zapisane vasi, ki so danes na slovenski strani. 119

Signal: Gab es in der Gegend um Mureck so etwas wie eine<br />

slowenische Kultur?<br />

Dorner: In den Familien hier auf der Murecker Seite glaube<br />

ich nicht, nachdem es ja hier nie Slowenisch sprechende<br />

Leute gegeben hat. Die reichen Bürger haben drüben in den<br />

Windischen Büheln ihre Besitzungen gehabt, wie es auch<br />

üblich war in den Städten damals in der Untersteiermark.<br />

Dort hat die deutsche Bevölkerung gelebt und man hat die<br />

ansässige Bevölkerung dann als Arbeitskräfte gebraucht<br />

oder missbraucht.<br />

pelle neben der Kirche gebaut, die dem Heiligen Patrizius,<br />

einem Bauernheiligen, geweiht ist. Da gibt es Aufzeichnungen<br />

meines Großonkels, des Komponisten Sepp Amschl,<br />

der schreibt, dass sein Vater, der Organist in der Kirche war,<br />

in Mureck im Organistenhaus, das direkt an die Patrizikapelle<br />

angebaut ist, gewohnt hat. Der Onkel Sepp schreibt,<br />

dass er als 12jähriger um 1890 herum am Sonntag in der<br />

Kapelle - dort gab es keine Orgel - die slowenischen Lieder<br />

angestimmt hat, und er wurde auch vom Vater gelobt, weil<br />

er das offensichtlich sehr gut gemacht hat. Das ist ein Beweis<br />

dafür, dass es bis in diese Zeit hinein in der Patrizikapelle<br />

slowenische Messen gegeben haben muss. Ob auch in<br />

der Pfarrkirche slowenische Messen abgehalten wurden, ist<br />

nicht überliefert.<br />

Allerdings gab es einen Pfarrer mit Namen Lopič, dessen<br />

Grabstein noch heute an der Mauer um die Kirche angebracht<br />

ist. Damit ist der Nachweis erbracht, dass es zumindest<br />

einen slowenischen Pfarrer in Mureck gab. Es<br />

war damals auch üblich, slowenischsprachige Pfarrer in<br />

deutschsprachigen Gebieten einzusetzen. Vom Pfarrer<br />

Lopič ist auch überliefert, dass er sich vehement gegen die<br />

Umbenennung des Murecker Hauptplatzes in Bismarckplatz<br />

gewehrt hat.<br />

Signal: Gibt es am Murecker Friedhof Spuren slowenischer<br />

Geschichte?<br />

Dorner: Am Friedhof gab es das, ich kann mich noch an<br />

einen Grabstein gut erinnern, der dann aber, nachdem das<br />

Grab aufgelassen worden war, verschwunden ist. Ich bin da<br />

leider zu spät gekommen, obwohl ich dieses Zeugnis gerne<br />

erhalten gesehen hätte, aber leider ist da die Zeit darüber<br />

hinweggegangen.<br />

Signal: Haben die Menschen dort alle Deutsch gesprochen?<br />

Dorner: An und für sich schon, das war ja auch der Grund,<br />

warum ich – wir haben ja einen Besitz in Slowenien drüben,<br />

in den Windischen Büheln - nie richtig Slowenisch gelernt<br />

habe, da es ja heute noch viele Familien drüben gibt, die<br />

durchaus auch zuhause untereinander Deutsch sprechen,<br />

und deshalb war die Notwendigkeit nie da, diese Sprache<br />

erlernen zu müssen. Ich tue es heute freiwillig und gerne.<br />

Signal: Herr Dorner, ich danke Ihnen für das Gespräch.<br />

SLOVENSKO<br />

Slovensko prebivalstvo v Cmureku / Murecku<br />

Intervju z Dieterjem Dornerjem<br />

Če pogledamo na zgodovino mesta Cmurek in njegovo okolico, se zdi,<br />

da tam ni obstajalo slovensko govoreče prebivalstvo. Da pa ni tako,<br />

ve znani radijski moderator Dieter Dorner, ki lahko, ker sam živi v<br />

Cmureku, veliko pove o tamkajšnjem slovenskem prebivalstvu.<br />

Do leta 1919 so spadale občine, ki so zdaj na slovenski strani, k<br />

župnijskemu okrožju Cmurek. Zaradi tega je bilo do začetka 20.<br />

stoletja običajno, da so pridige brali v slovenskem jeziku. To lahko<br />

vzamemo kot poseben servis za slovensko prebivalstvo, ki – kot<br />

je dokazano – ni živelo v mestu Cmurek. Bilo pa je običajno, da so<br />

slovensko govoreči ljudje služili pri večjih kmetih ali v mestu kot<br />

služinčad ali posli in po opravljenem delu so se vrnili v svoja bivališča<br />

onkraj Mure. V prejšnjih stoletjih je bila večina slovensko govorečih<br />

zaposlena v kmetijstvu, komaj kdo je pripadal meščanskemu stanu.<br />

Zanimiv pregled vasi, ki so spadale k županiji Cmurek, najdemo<br />

na južnem stranskem vzhodu župnijske cerkve v Cmureku, kjer<br />

spominska tabla spominja na padle vojake prve svetovne vojne in na<br />

kateri so zapisane vasi, ki so danes na slovenski strani.<br />

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