winter/zima 2004/2005 - Pavlova hiša
winter/zima 2004/2005 - Pavlova hiša
winter/zima 2004/2005 - Pavlova hiša
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
lesen, dass im Jahre 1793 im Prekmurje schon 60 Juden lebten, 1831<br />
schon 207, am meisten davon in Murska Sobota, und zwar 98. 1853,<br />
nach zwanzig Jahren, hat sich die Zahl mit 383 Juden fast verdoppelt,<br />
davon lebten in Murska Sobota 180, in Lendava 120, die restlichen in<br />
9 Ortschaften. In dieser Zeit wird in Murska Sobota eine Synagoge<br />
erwähnt, aller Wahrscheinlichkeit nach befand sie sich im ehemaligen<br />
Kučan-Haus bei der jetzigen Bushaltestelle.<br />
Von Jahr zu Jahr wuchs die Zahl der Juden in den bereits erwähnten<br />
Städten und auch immer mehr in den Ortschaften.<br />
Ethnographisch gesehen gibt es unter den Juden drei Gruppen,<br />
hauptsächlich nach dem Ursprungsland gegliedert. Die Aschkenasim<br />
sind aus Deutschland, die Sephardim aus Spanien und die sogenannten<br />
östlichen Gruppen (’Edot haMizra’h) aus den verschiedenen<br />
Ländern Afrikas und Asiens. Tatsächlich gibt es keine wesentlichen<br />
Unterschiede zwischen den Aschkenasim und Sephardim bezüglich<br />
des religiösen Ritus. Es handelt sich vielmehr um verschiedene<br />
Sprachen, die sie in Hinblick auf den Einfluss des Heimatlandes, in<br />
dem sie lebten, verwendeten. So haben die Sephardim Altspanisch,<br />
Ladino, als Grundlage, die Aschkenasim aber ein verzerrtes Deutsch,<br />
bzw. eine Mischung aus deutschen, slawischen und hebräischen<br />
Wörtern, genannt Jiddisch.<br />
Die Juden des Prekmurje waren Aschkenasim. So werden die<br />
deutschen Juden genannt und jene, die unter die deutsche jüdische<br />
Kultur kamen, weiters die Juden im Osten, die mit ihnen verwuchsen.<br />
Man fand heraus, dass 90 % der Juden Aschkenasim sind.<br />
Bezüglich des Ritus’ (religiösen Ritus’) kann nicht behauptet werden,<br />
dass die Aschkenasim im Wesentlichen anders sind als die Sephardim,<br />
so zählen sich z. B. die chassidischen Juden ihrem Ritus nach zu den<br />
Sephardim, bezüglich der Einteilung aber zu den Aschkenasim.<br />
In der ungarischen Gesellschaft bildeten die Juden zusammen<br />
mit den Bürgern ein liberales Element. Der Hauptgegner des<br />
Liberalismus war der ungarische Katholizismus und so war auch<br />
der ungarische Katholizismus der Volksgruppenminderheiten, den<br />
die nationalbewussten Geistlichen vertraten. So war es auch im<br />
Prekmurje.<br />
Dieser Antisemitismus war damals sogar dem Staate nützlich, denn<br />
er verhalf ihm weitaus mehr zur Madyarisierung als das bestehende<br />
Kleinbürgertum. Trotzdem spielte er im Prekmurje keine so unschöne<br />
Rolle wie zum Beispiel in der Slowakei oder in den Unterkarpaten<br />
in Russland, wo das Aussaugen der jüdischen Wirte Teil des<br />
Assimilierungsplanes der ungarischen Regierung war.<br />
Im Prekmurje gab es keinen ausgeprägten Antisemitismus, weder<br />
auf nationaler noch auf religiöser Ebene, vielleicht ein wenig aus<br />
sozialen Gründen, Neid, weil sie reich waren und sich sehr schnell<br />
in der Gegend und in der Zeit zurecht zu finden wussten und dem<br />
entsprechend finanziell und organisatorisch Fortschritte machten.<br />
Aus den teilweise erhaltenen Standesregistern der Juden von Murska<br />
Sobota ist heraus zu lesen, dass sich die Juden in der zweiten Hälfte des<br />
19. Jahrhunderts auch aus dem benachbarten Österreich, vor allem<br />
aus der Steiermark und dem Burgenland im Prekmurje ansiedelten.<br />
Von 92.416 Bewohnern des Prekmurje waren 1921 nur 642 Juden,<br />
davon lebten in Murska Sobota 179 (oder 6 %), in Lendava 259 (oder<br />
8,6 %). In der Stadt hat sich der Prozentsatz des Verhältnisses im<br />
Vergleich zur Vorkriegszeit erhalten. Viele zogen vom Land in die Stadt<br />
oder nach Kroatien und in andere Orte, aus Lendava übersiedelten<br />
viele nach Ungarn.<br />
Die Juden des Prekmurje gerieten in eine gute Gegend, vor allem als<br />
Händler, Fleischer und Wirte, das gilt für beide erwähnten Städte<br />
und die umliegenden Dörfer. In den Dörfern vereinigte der Jude oft<br />
in seinem Gewerbe gleich zwei oder drei der erwähnten Tätigkeiten.<br />
Es ist nicht notwendig genauer zu erörtern, warum gerade diese<br />
Tätigkeit. Es gibt mehrere Gründe: die bereits etablierte Tradition,<br />
der bedeutende Handels- und Transitweg, dann die ziemlich<br />
dichte Besiedelung, gleichzeitig aber auch das Fehlen von bzw. die<br />
große Entfernung zu den Einkaufszentren für die Befriedigung der<br />
grundlegendsten Lebensbedürfnisse. Sogar in Hinblick auf Lokale<br />
gab es keine Schwierigkeiten, denn das Lokal war zumeist Küche und<br />
sogar Schlafzimmer des Händlers, als Einrichtung reichte ein Pult<br />
oder ein gewöhnlicher Tisch, ein improvisiertes Regal, eine Waage,<br />
ein Hohlmaß. Das war auch schon alles. Im Lager war ein Fass<br />
Petroleum, ein Fass Essig, 50 – 100 kg Salz in Blöcken, Zündhölzer,<br />
Tabak, Seife und Schnaps. Mancherorts verlief der Verkauf auch in<br />
Naturalien – Ware gegen Ware. So bekam der Händler Bohnen, Eier,<br />
Weizen oder Mehl uvm.<br />
Die Städte Murska Sobota und Lendava waren schon im Mittelalter<br />
äußerst wichtige Standorte, vor allem was die Verkehrsverbindungen<br />
betrifft. Solch ein Standort ist gleichzeitig ideal für die Entstehung<br />
und Entwicklung von Handel, Gastwirtschaft und sogar Fabriken.<br />
113